Barbara Sher

Für deine Träume ist es nie zu spät

Durchstarten in der zweiten Lebenshälfte

Aus dem Englischen von Bettina Lemke

Deutscher Taschenbuch Verlag

Deutsche Erstausgabe 2014

Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

© 1998 Barbara Sher c/o International Creative Management Delacorte Press

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

It’s only too late if you don’t start now.

How to create your second life after 40

Deutschsprachige Ausgabe:

© 2014 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

Umschlagkonzept: Balk & Brumshagen

Umschlagbild: Martina Kerl, ARTPOOL, München

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

eBook ISBN 978-3-423-42334-2 (epub)

ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-26035-0

Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website

www.dtv.de/ebooks

Dem Leben

Einleitung

Wie fänden Sie es, morgen aufzuwachen und sich jung und furchtlos zu fühlen, voller kreativer Energie, ohne sich Sorgen darüber zu machen, was andere denken, genau zu wissen, was Sie mit Ihrem Leben anfangen möchten, mit der unerschütterlichen Absicht, es auch umzusetzen?

Das mag wie eine unrealistische Hoffnung klingen, vor allem für jemanden, der sich gerade in der Lebensmitte befindet. Die Zukunft kommt Ihnen wie eine einzige Talfahrt vor. Noch einmal jung sein? Sie denken wahrscheinlich eher, dass Sie sich glücklich schätzen können, wenn Sie so langsam wie möglich altern, nicht wahr? Die Richtung, die das Leben ab 40 nimmt, ist so klar vorgegeben, dass Sie gar nicht verstehen können, warum wir überhaupt darüber sprechen.

Sie sind nicht der einzige Mensch Ihres Alters, der das so sieht. Ich erkenne die gleiche Gewissheit im Gesicht jedes Newcomers, der gerade die mittleren Jahre erreicht hat.

»Es ist eine Tatsache. Die Party ist vorbei. Ich hatte einmal Träume, aber jetzt ist es dafür zu spät. Ich habe noch ein paar Jahre in guter Gesundheit, und dann muss ich mich auf das Schlimmste gefasst machen. Es ist an der Zeit, der bitteren Wahrheit ins Auge zu sehen: Ich werde nie mehr jung sein.«

Entspricht das ziemlich genau dem, was Sie denken?

Dann habe ich eine Überraschung für Sie.

Sie biegen zwar von Ihrem Weg ab und gehen einen neuen Pfad entlang. Und in der Tat ist dies eine der bedeutendsten Wendungen in Ihrem Leben. Aber sobald Sie um die Ecke biegen, werden Sie erstaunt darüber sein, was Sie sehen.

Sie bewegen sich keineswegs auf einen Niedergang zu. Im Gegenteil. Sie stehen kurz vor einem großartigen Neubeginn. Die Ära, die vor Ihnen liegt, unterscheidet sich so stark von Ihren ersten 40 Jahren, dass es absolut gerechtfertigt ist, sie als Ihr zweites Leben zu bezeichnen.

Es ist keine Variante dessen, was vorher war, das sollten Sie wissen. Ihr zweites Leben ist eine andere Welt, es unterscheidet sich so stark von Ihrem ersten Leben wie die Universität von der Grundschule. Und es beginnt, sobald Sie den Illusionen Ihrer Jugend, die Ihr erstes Leben beherrscht haben, nicht länger aufsitzen.

Ich meine die Illusionen, die die Lebensmitte Ihnen zu rauben scheint: Die Illusion der Jugend und Schönheit. Sie versprachen Ihnen die große Liebe, Glanz und Gloria. Die süße Ahnung einer nie endenden Zukunft mit unerschöpflichen Möglichkeiten. Die Überzeugung, nie alt zu werden (weil nichts schlimmer sein könnte) und nie zu sterben. Keine dieser Vorstellungen kann angesichts der verstreichenden Zeit allzu lange überdauern, dennoch verspüren Sie den Impuls, möglichst lange daran festzuhalten.

Und das ist keine gute Idee.

Wenn Sie sich an diese Illusionen klammern, sind Sie sich der Möglichkeiten, die Sie in Ihrem zweiten Leben erwarten, womöglich jahrelang nicht bewusst. Dann werden Sie irgendwann zurückblicken und sagen: »Warum habe ich das vor 15 Jahren nicht erkannt? Ach, was hätte ich in dieser Zeit alles tun können.«

Lassen Sie mich daher Folgendes laut und deutlich sagen: Ihr erstes Leben gehört der Natur. Ihr zweites Leben gehört Ihnen.

Kultur und Biologie werden nun allmählich einen immer schwächeren Einfluss auf Sie haben, und Ihr wahres Selbst wird zum Vorschein kommen. Durch das Älterwerden verlieren Sie reell gesehen nichts. Sie nähern sich vielmehr einem Leben, das mit Sicherheit bewusster, fokussierter, kreativer und energievoller ist als alles, was Sie bisher kannten. Und es ist unmöglich, ein so aufregendes Leben zu führen, bevor man über 40 ist.

Falls Sie dies voller Zynismus und Zweifel lesen oder meinen, ich würde in schöngefärbte Allgemeinplätze abdriften, sollten Sie das noch einmal überdenken. Ich bin eine knallharte Realistin. Ich neige nie dazu, die Dinge durch eine rosafarbene Brille zu sehen. Im Gegenteil. Ich war genauso überrascht darüber wie jeder andere, was ich jenseits der Lebensmitte entdeckte. Und ich prophezeie Ihnen, Sie werden ebenso überrascht sein, während Sie weiterlesen.

Aber warum fällt es uns so schwer zu erkennen, dass uns gute Zeiten bevorstehen? Warum leiden wir so sehr unter dem beginnenden Verlust unserer Jugend? Ich habe einige Zeit über diese Fragen nachgedacht, und als ich die Antwort erkannte, musste ich beinahe lachen. Denn das, was unsere Blindheit verursacht, ist so versteckt und gleichzeitig so offensichtlich, dass es mir fast wie ein Trick vorkommt.

Die Natur will, dass es uns zuwider ist, älter zu werden. Es ist Teil unserer Biologie, Angst davor zu haben. Denn wenn alles nach der Lebensmitte widerlich wirkt, wehren wir uns automatisch dagegen, älter zu werden. Und wie Sie bald erkennen werden, sind wir auf diese Weise viel nützlicher für unsere Spezies.

Im Moment leuchtet diese Erklärung Ihnen vielleicht noch nicht ein, aber später wird sie das. Und wahrscheinlich ist Ihre gegenwärtige Situation dadurch noch keinen Deut leichter zu ertragen. Denn aus welchem Grund auch immer, irgendetwas ist schiefgelaufen. Das sagt Ihnen Ihr Gefühl. Es war nicht vorgesehen, dass Sie aufhören, jung zu sein. Jetzt noch nicht. Es gab so vieles, was noch passieren sollte, so vieles, was sich nicht so entwickelte, wie Sie es erwartet hatten. Sie haben den Eindruck, die Würfel seien gefallen, mehr sei für Sie nicht drin. Der Lack wird bereits morgen ab sein. Sie haben sich von Ihrem Leben entliebt.

Ich möchte Ihnen gerne zeigen, wie Sie sich wieder neu in Ihr Leben verlieben können.

Das klingt wie ein hehres Ziel, das ist mir bewusst. Es gibt viele Bücher und Zeitschriftenartikel, die Ihnen helfen wollen, mit den beängstigenden Veränderungen fertigzuwerden. Aber wir müssen nicht mit dem Leben fertigwerden. Wir sollten vielmehr einen neuen Weg finden, es zu leben. Sie fühlen sich zu jung für die Bücher, die Ihnen sagen, wie Sie Ihr Leben im Ruhestand führen sollen. Selbst ich fühle mich zu jung dafür.

Wenn große Denker wie Carl Gustav Jung uns sagen, es sei an der Zeit, das Tempo zu drosseln und den Generationen nach uns etwas weiterzugeben, und wenn Erik Erikson erklärt, die Kreativität sei vorbei, und es sei an der Zeit, sich zu pflegen, frage ich: »Zu wem sprechen Sie?«

Nichts ist vorbei. Es ist an der Zeit, einen Film zu drehen oder den Meeresboden zu erforschen. Oder eine Lyrikzeitschrift ins Leben zu rufen. Oder Medizin zu studieren. Oder eine Bank zu gründen. Oder irgendetwas anderes zu tun, wofür Sie genug Verstand und Begabung haben.

In einer Sache aber sind die großen Denker sich einig, und darin stimme auch ich mit ihnen überein:

Es ist an der Zeit, sich nicht länger zu wünschen, man könnte die Uhr anhalten. Sie haben spannende Dinge zu tun und sollten lernen, auf eine ganz neue Weise zu leben. Daher ist es wichtig, Ihre Angst vor der Zukunft so schnell wie möglich zu überwinden. Gelingt Ihnen das nicht, werden Sie wertvolle Jahre vergeuden, in denen Sie den Verlust Ihrer Jugend betrauern oder – noch schlimmer – versuchen, daran festzuhalten.

Stellen Sie sich einmal das folgende allzu typische Szenario vor: Sie wachen eines Tages auf und sind 40. Sie erleiden einen Schock und kämpfen die nächsten 10 oder 15 Jahre mit allen Mitteln gegen die »Abwärtsspirale« an. Sie beginnen, im Fitnessstudio zu trainieren, und lassen sich das Gesicht liften; Sie träumen davon, in einem roten Geländewagen quer durch Ihren Geburtstagskuchen hindurchzufahren oder mit jemandem durchzubrennen, der nur halb so alt ist wie Sie. Wenn Sie sich trotz alledem nicht jung fühlen – und genau das wird der Fall sein –, beschließen Sie vielleicht sogar, all ihre weltlichen Besitztümer zu verkaufen, ein Segelboot oder ein Wohnmobil zu erwerben und im Sonnenuntergang zu entschwinden.

In der Anfangszeit scheint vielleicht nichts davon eine schlechte Idee zu sein, aber dann wachen Sie eines Morgens auf und müssen sich trotzdem überlegen, wovon Sie leben wollen.

Doch nach einigen Jahren erkennen Sie möglicherweise, dass all Ihre Ängste vor dem Älterwerden unbegründet waren und Sie ein viel besseres Leben erhalten haben, als Sie je gedacht hatten. So ergeht es vielen Menschen.

Das Problem dabei ist Folgendes: Möglicherweise merken Sie das erst mit Ende 50 oder Ende 60.

Möchten Sie wirklich so lange warten?

»Das wäre so, als würde man einen zehntägigen Urlaub bezahlen, aber erst am siebten Tag anreisen«, sagte eine Freundin einmal zu mir.

Wenn die Jahre bis dahin eine gute Zeit waren, würde ich sagen, na und? Aber das sind sie nicht. In der Regel sind sie freudlos, stressig und geprägt von einer inneren Unruhe und dem Gefühl, verlassen und vom Schicksal hintergangen worden zu sein. Das hat mir meine persönliche Erfahrung gezeigt sowie die Geschichten, die andere Leute mir erzählt haben. Nur wenige Menschen blicken voller Freude auf diese Zeit zurück.

Stellen wir uns nun ein anderes Szenario vor.

Sie erreichen die Lebensmitte ohne jeglichen inneren Widerstand. Sie wissen, in welch besondere Phase Sie nun eintreten. Sie erkennen, was für eine gefährliche Illusion Ihr Gefühl der Unsterblichkeit war. Sie achten auf Ihre Träume, um zu entscheiden, wie Sie leben möchten. Sie beginnen, die Bücher zu schreiben, die in Ihrem Inneren sind, oder Sie gehen zum Theater und werden Schauspielerin, so wie Sie es schon immer wollten. Oder Sie werden Arktisforscher oder Geschäftsinhaberin. Oder Sie gründen ein Gemeinschaftsprojekt in Ihrer Nachbarschaft, an das Sie schon immer geglaubt haben. Oder Sie ziehen los und erkunden die Orte der Welt, die Sie schon immer sehen wollten.

Mit anderen Worten, Sie beginnen, Ihr Leben zu leben, damit es dem entspricht, wer Sie wirklich sind. Sie begegnen Ihren Träumen mit einer neuen Achtung und verfolgen sie mit klarem Geist, weil Sie nichts beweisen müssen. Sie versuchen nicht, jemanden zu beeindrucken. Der erste Punkt auf Ihrer Prioritätenliste lautet: »Das Leben finden, für das ich geboren wurde.« Alles andere kommt danach.

Die Falle hat sich geöffnet, und Sie sind frei. All die Ängste wie etwa älter zu werden, weniger schön und nicht erfolgreich zu sein oder nicht gebraucht zu werden, verschwinden. Sie müssen nicht aus Ihrem Leben aussteigen und wie der späte Gauguin in die Südsee flüchten, weil das Gefühl, gefangen zu sein, verschwunden ist.

An dessen Stelle taucht Ihr ureigentliches Selbst auf.

Ein Selbst, das Sie seit Ihrer Kindheit nicht mehr gesehen haben – sofern es überhaupt jemals der Fall war. Es zeigt Ihnen, wer Sie waren, bevor die Pubertät Sie für immer verändert und eine ganze Bergkette aus Schmerzen und Zwängen vor Ihnen aufgebaut hat – so hoch, dass Sie das ursprüngliche Geschöpf, das Sie einmal waren, völlig aus den Augen verloren. Doch wenn diese Seite in Ihnen wieder zum Vorschein kommt, werden Sie dieses Mal das Wissen und die Unabhängigkeit besitzen, die Sie als Kind nicht hatten. Es ist ein neues Leben und nun haben Sie die Wahl, wie Sie es verbringen wollen.

Ist das nicht ein schönes Szenario?

Sie können es haben.

Warum sollten Sie daran festhalten, wie Sie waren – und was Ihnen eigentlich nie wirklich entsprach –, und damit Ihre Jahre vergeuden? Zeitverschwendung ist die Vergeudung von Begabung. Eine Vergeudung von Glück. Ich kann Sie nicht in Ruhe lassen und abwarten, bis Sie dies vielleicht irgendwann selbst einmal erkennen. Ich möchte Sie aufrütteln. Daher werden Sie mich immer wieder sehr deutlich sagen hören: Wenn Ihnen vor der Lebensmitte graut, haben Sie einen großen Fehler gemacht. Schlagen Sie so schnell wie möglich das erste Kapitel dieses Buches auf und beginnen Sie gleich damit, es zu lesen.

Folgendes werden Sie finden:

Das erste Buch »Natur und Instinkt: Ihr erstes Leben« handelt davon, wo Sie sich im Moment befinden und wie Sie dorthin gekommen sind. Es wird Ihnen einige wichtige Erkenntnisse darüber vermitteln, was Sie all die Jahre angetrieben hat und warum Sie nun Angst vor der Lebensmitte haben. Wie eine Frau aus einem meiner Workshops einmal sagte: »Ich habe das Gefühl, in ein schreckliches Geheimnis eingeweiht worden zu sein!« Um welches Geheimnis geht es? Ich werde Ihnen einen großen Teil davon verraten: Als Sie dachten, Sie würden tun, was Sie wollten, handelte es sich in der Regel darum, was die Natur wollte. In Ihren frühen Teenagerjahren legte die Natur einen Schalter um, und Sie sprangen in ein Hamsterrad hinein; Sie machten sich mit wehenden Fahnen auf die Suche danach, was alle anderen wollten: Liebe, Erfolg, Unsterblichkeit. Auf einmal schienen diese Dinge unbestreitbar die einzigen lohnenden Ziele zu sein. Und Sie wollen sie auch heute noch erreichen.

Daher erwarten Sie im ersten Buch einige ernüchternde Erkenntnisse. Viele der Überzeugungen, an denen Sie bisher am meisten festgehalten haben, werden darin auf den Kopf gestellt. Glauben Sie, dass die Zeit zu schnell vergeht und Ihnen Ihre Jahre stiehlt? Dann werden Sie das Gegenteil herausfinden. Meinen Sie, die Sterblichkeit raube Ihnen Ihr Leben? Sie werden begreifen, dass sie Ihnen Ihr Leben in Wirklichkeit schenkt. Alles, was Sie erkannt zu haben meinten – die Bedeutung des Alterns, dass schön zu sein bedeutet, glücklich zu sein, dass die romantische Liebe der allergrößte Schatz ist, dass der Erfolg das Beste und die Niederlage das Schlimmste ist, was Ihnen passieren kann, sogar die wahren Gründe Ihrer Midlife-Crisis –, all das wird sich für immer verändern.

Sie werden herausfinden, warum Sie Illusionen aufgesessen sind, die sich als Wahrheit maskiert haben, und eine neue Achtung gegenüber der größten Stückeschreiberin von allen entwickeln: der Natur. Sie werden, mit anderen Worten, erkennen, wo Sie sich die letzten 25 Jahre befunden haben.

Und jedes Mal, wenn eine der Illusionen in sich zusammenstürzt, werden Sie freier dafür werden, Sie selbst zu sein. Dann wird Ihnen Ihr zweites Leben mit all seinen großartigen Möglichkeiten in die Hände fallen wie ein Gewinnerlos bei einer Lotterie.

Das zweite Buch »Ihr ursprüngliches Selbst zurückfordern: Ihr zweites Leben« wird Ihnen zeigen, wie Sie sich von den Überbleibseln Ihrer Vergangenheit lösen und Ihr zweites Leben einfordern. In Ihrem ersten Leben haben Sie viele persönliche Rechte abgetreten, weil Sie um Liebe und Ansehen kämpften und dachten, Sie müssten es tun. Sie haben das Recht preisgegeben, ein Individuum mit einem eigenen persönlichen Stil zu sein, das Recht, Nein zu sagen, Ihre Zeit so zu nutzen, wie Sie es für richtig hielten, Ihr Leben so zu leben, dass es dem entsprach, wer Sie sind. Aber nun sollten Sie damit beginnen, sich diese persönlichen Rechte wieder zu nehmen.

Sie werden dafür kämpfen müssen. Seit Ihrer Kindheit waren Sie mit Zustimmung und Ablehnung konfrontiert – großen Kräften, die speziell dafür geschaffen wurden, Sie auf Linie zu halten. Mittlerweile sind sie nicht mehr so real, wie sie scheinen, aber Sie haben sie verinnerlicht, daher sind diese Kräfte so mächtig wie eh und je. Sie befürchten immer noch, bestraft oder abgelehnt zu werden oder sich auf schmerzliche Weise schuldig zu fühlen, wenn Sie sagen, was Sie denken, und Ihre eigenen Entscheidungen fällen. In der Liebe, so meinen Sie, müssen Sie Ihr Leben den geliebten Menschen opfern. Und Sie befürchten, alleine zurückzubleiben, wenn Sie Ihre eigenen Träume verfolgen. Sie werden feststellen, dass nichts davon wahr ist.

Und wenn Sie keine Angst mehr davor haben, Ihr Leben zurückzufordern, werden Sie bereit sein, Ihr eigenes zweites Leben zu führen. Sie werden sich auf eine Forschungsreise begeben, um Ihre Begabungen zu entdecken und sie in Ihren Alltag einzubringen. Und Sie werden sich selbst mit Ihrer eigenen Originalität und Produktivität überraschen. Vielleicht kommt Ihnen die folgende Aussage ziemlich gewagt vor, aber ich bin sicher, dass Sie mir am Ende dieses Buches zustimmen werden: Die Ziele, die Sie in Ihrem zweiten Leben verfolgen, können Sie zu wahrer Größe führen, da sie auf Ihren ureigentlichen Begabungen basieren und nicht durch die Hindernisse Ihrer Jugend blockiert werden.

Nicht nur zu Glück, sondern zu Größe.

Denn wenn Sie sich weigern, Ihre Zukunft dadurch zu vergeuden, dass Sie versuchen, Ihre Vergangenheit zurückzuerlangen, wird etwas Großartiges geschehen. Sie werden sich darauf freuen, jeden Morgen aufzustehen, weil Sie das Leben lieben und nicht irgendeinen Menschen, in den Sie sich verknallt haben. Sie werden alles um Sie herum mit offenen Augen betrachten und nicht mit dem Tunnelblick eines Jägers, der nach Beute späht. Sie werden begeistert davon sein, was Sie erschaffen. Denn ohne Zweifel und innere Konflikte, die Ihnen Ihre Energie rauben, ohne Angst vor Ablehnung, die Sie übervorsichtig macht, werden Sie nur so dahingleiten. Sie werden Dinge erschaffen, die außer Ihnen wohl niemand entstehen lassen könnte. Und Sie werden feststellen, dass nichts mehr Spaß macht als die harte Arbeit, die Sie von Herzen gerne tun. Besonders aber werden Sie die wertvollen Stunden des absoluten Nichtstuns genießen, die Sie sich genehmigen.

Na, wie klingt dieses zweite Leben?

Ich mache keine haltlosen Versprechungen. Wenn Sie andere Bücher von mir kennen, wissen Sie das bereits. Kommen Sie also mit mir, damit wir mit Ihrer Fortbildung beginnen können. Es gibt einige faszinierende Dinge, die ich Ihnen gerne zeigen möchte.

»Doch damals war ich so viel älter,

heute bin ich jünger.«

Bob Dylan ›My Back Pages‹

ERSTES BUCH

NATUR UND INSTINKT: IHR ERSTES LEBEN

Teil eins

Sie sind hier

»Ich hasse es, erwachsen zu sein. Es nervt mich extrem, Dinge lernen zu müssen, die mich nicht interessieren.«

(Zufällig mitgehörte Bemerkung)

Kapitel 1

Keine Panik, es ist nur eine Midlife-Crisis

»Ich bin jetzt 40, und 40 Jahre sind ein ganzes Leben; es ist ein extrem hohes Alter. Nach 40 weiterzuleben ist ungehörig, ekelhaft, unmoralisch! Wer lebt nach 40 schon weiter? Geben Sie mir eine ernsthafte und ehrliche Antwort! Ich werde es Ihnen sagen – Gauner und Narren.«

Fjodor Dostojewski

»Erst mit über 40 begann ich mich jung zu fühlen.«

Henry Miller

Sie haben Ihr Leben ziemlich gut auf der Reihe. Sie haben einen ordentlichen Beruf, ein schönes Zuhause, einen liebevollen Partner. Vielleicht arbeiten Sie im mittleren Managementbereich, haben einen netten Ehemann und zwei sehr selbstständige Kinder. Oder Sie haben Ihre eigene Firma und kommen insgesamt gut zurecht. Sie haben bestimmte Ziele erreicht und akzeptieren, dass andere unerreichbar sind. Ihr Leben ist vielleicht nicht perfekt, aber es ist besser als das vieler anderer Leute. Jedenfalls schien es bis jetzt immer in Ordnung zu sein.

Aber irgendetwas stimmt nicht. Sie haben so viel von dem, was Sie wollten, dass es Ihnen gut gehen müsste. Aber die Begeisterung von einst ist nicht mehr vorhanden. Das Leben müsste sich eigentlich erfüllter anfühlen. Stattdessen ist das Gefühl der Leere nicht zu leugnen. Haben Sie einen schrecklichen Fehler gemacht? Waren Sie auf dem falschen Weg? Oder ist einfach alles vorbei, und Sie werden zu dem großen Haufen der Mittvierziger abgeschoben, die schon bald out sind? Die Zeiten wunderbarer Möglichkeiten sind scheinbar vorüber. Ab nun werden die immer gleichen Dinge sich wiederholen, alles wird sich ähneln. Allerdings mit einer Ausnahme: Ihre Gesundheit wird sich zunehmend verschlechtern. Wenn Sie Glück haben, nur langsam.

Doch bevor Sie eine Anzahlung für Ihren Alterswohnsitz leisten, sollten Sie etwas wissen. Das Leben ist mit dem Ende der ersten Lebenshälfte genauso wenig vorbei wie nach dem Abschluss des Gymnasiums. Sie lassen lediglich eine Welt hinter sich und betreten eine ganz andere. Sie wachsen allmählich über die erste Lebensphase hinaus und befinden sich mitten in einem größeren Transformationsprozess, der Sie zu einem viel interessanteren Lebensabschnitt führen wird.

Sie befinden sich in einem Übergangsprozess und nicht auf einer Talfahrt.

Sie sollten sich den Unterschied unbedingt klarmachen. Wenn Sie erkennen, worum es sich bei diesem Umbruch tatsächlich handelt, können Sie einige teure, unnötige Fehler sowie die Vergeudung wertvoller Zeit vermeiden. Wenn Sie nicht verstehen, was geschieht, werden Sie unweigerlich zurückwollen. Sie werden versuchen, eine Möglichkeit zu finden, sich vor der Zukunft zurückzuziehen.

Doch es handelt sich um einen Transformationsprozess, das verspreche ich Ihnen. Und die richtige Richtung liegt genau vor Ihnen.

* * *

Was ist eine Midlife-Crisis? Und sind Sie sicher, dass Sie eine haben?

Versuchen Sie die folgenden Fragen zu beantworten, dann werden Sie es wissen.

  1. Ertappen Sie sich manchmal dabei, dass Sie stundenlang in Ihrem Büro am Schreibtisch sitzen und ins Leere starren oder davon tagträumen, wo Sie lieber wären?
  2. Empfinden Sie hin und wieder Neid gegenüber Ihren Kollegen zwischen zwanzig und dreißig, weil sie so viele Ideen haben und so enthusiastisch sind?
  3. Stellen Sie ein wieder aufflammendes Interesse an extremen Mannschaftssportarten wie Basketball bei sich fest? Bestehen Sie darauf, mit jüngeren Leuten zu spielen, und sind Sie deprimiert, wenn Sie nicht mit deren Leistungsniveau mithalten können? Sind Sie wütend auf sich selbst, wenn Sie am nächsten Morgen mit Rückenschmerzen aufwachen?
  4. Stellen Sie fest, dass die Frauen oder Männer, die Sie attraktiv finden, immer das gleiche Alter haben – obwohl Sie selbst älter werden – und dass nun ein Altersunterschied von 20 Jahren besteht? Sind Sie verwirrt, wenn Sie junge attraktive Menschen sehen, weil Sie nicht wissen, ob Sie mit ihnen schlafen oder ihnen die Zigarette aus dem Mund nehmen wollen?
  5. Betrachten Sie sich jeden Abend intensiv im Spiegel, fahnden Sie gezielt nach neuen Falten in Ihrem Gesicht und geraten in Panik, wenn Sie eine entdecken? Lesen Sie Anzeigen für Schönheitsoperationen und speichern Sie heimlich die Telefonnummern der Chirurgen in einer Datei? Wenn jemand von seinem Gesichtslifting erzählt, bitten Sie ihn dann um genauere Informationen?
  6. Haben Sie in Bezug auf Ihren Beruf, Ihren Wohnort oder Ihre Ehe das Gefühl – »Ich bin schon viel zu lange hier. Ich komme nie mehr weg, wenn ich nicht bald den Absprung schaffe«?
  7. Ertappen Sie sich voller Entsetzen dabei, dass Sie jungen Leuten ungebetene Ratschläge erteilen und Dinge sagen wie: »Als ich in Ihrem Alter war …«?
  8. Haben Sie das Gefühl, dass Sie die Chancen, bestimmte Dinge zu tun, verpasst haben? Erinnern Sie sich manchmal daran, dass Sie immer vorhatten, ein Jahr lang in Paris zu leben oder Ihr Glück im Showbusiness, mit Modeln oder mit Sport zu versuchen?
  9. Glauben Sie, dass Sie und Ihr Partner durch Ihre Kinder zu Betreuern und Arbeitstieren geworden sind und Sie sich nicht mehr daran erinnern können, wie man Spaß hat?
  10. Empfinden Sie ein gewisses Bedauern darüber, dass Sie nicht zu der Person geworden sind, die Sie sich vorgestellt hatten, oder mit 40 nicht das Leben führen, das Ihren einstigen Erwartungen entspricht?

Falls Sie auch nur eine dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, lautet die Diagnose: positiv. Sie haben eine Midlife-Crisis.

Was ist eine Midlife-Crisis überhaupt? »Man hat eine, wenn man schließlich dort ankommt und feststellt, dass es dort kein Dort gibt«, sagte eine Freundin einmal frei nach Gertrude Stein.

Etwas Eigenartiges ist passiert, als hätte der Wind plötzlich nachgelassen und als bewege das Boot sich nicht mehr vorwärts. Es scheint, als befände sich all das, was Sie als Ihr Leben, als Ihre Bestimmung bezeichnen, in einer Krise. Auf den ersten Blick ist es schwer zu erkennen, was diese Gefühle verursacht. Ihre Energie und Ihre Wertvorstellungen haben sich nicht verändert. Und mit großer Wahrscheinlichkeit sind Sie genauso stark und gesund wie vor zehn Jahren. Aber Ihre ganze Welt beginnt anders auszusehen. Alles, was Sie sehen und fühlen, verleiht Ihnen die Gewissheit, dass irgendein Spiel, an dem Sie Ihr ganzes Leben lang teilgenommen haben, seinem Ende zugeht und bald vorbei sein wird. Alles, was Sie auf dem Weg vor sich sahen, alles, was Sie angestrebt und sich erhofft haben – Erfolg, Bewunderung, Liebe, Macht, Abenteuer –, ist entweder verschwunden oder wirkt nicht mehr annähernd so toll wie bisher.

Dieser Zustand wird nicht durch ein Scheitern verursacht, und er wird nicht durch Erfolg geheilt. Wenn Sie nicht an Ihre Ziele gelangt sind oder beruflich oder privat noch einmal von vorne anfangen mussten, fühlen Sie sich vielleicht entmutigt. Aber selbst diejenigen, die ihre Ziele erreicht haben – die eine perfekte Liebe gefunden haben, Erfolg hatten, der Welt gezeigt haben, wie toll sie sind, und wertvolle Beiträge für die Allgemeinheit geleistet haben –, auch sie stellen fest, dass etwas fehlt.

»Alles ist so ernüchternd«, sagte mir eine erfolgreiche Casting-Verantwortliche. »Mein Leben ist zwar ganz in Ordnung, aber früher habe ich stets erwartungsvoll in die Zukunft geblickt. Und jetzt sehe ich dort überhaupt nichts mehr.«

»Wahrscheinlich muss ich es eben akzeptieren«, meinte eine Universitätsdekanin. »Ich konnte es nicht erwarten, meine Ziele zu verwirklichen, und schließlich hatte ich alles erreicht. Aber es ist irgendwie so normal. Es ist lediglich ein weiterer Baustein. Ich nehme an, das gehört zum Erwachsenwerden dazu.«

»Ich glaube einfach, dass sich der Rest um traurige Dinge drehen wird wie das Älterwerden, die eigenen Eltern zu verlieren, lauter schreckliche Sachen«, sagte ein 40-jähriger Journalist.

»Alles, was ich vor mir sehe, ist ein Weniger der gleichen Dinge«, sagte ein 43-jähriger Geschäftsführer. »Weniger Kraft, weniger Jugend, weniger Sex, weniger Zeit – bis die Party vorbei ist oder ich zu alt bin, um darauf zu tanzen. Ich liebe meine Frau und meine Kinder, aber ich habe den starken Drang, etwas Gefährliches zu tun, wie zum Beispiel, mich in meine 20-jährige Sekretärin zu verlieben.«

»Ich habe das Gefühl, ich stecke in meinem Job und meinem Leben fest«, sagte eine berufstätige Mutter, die gerade 45 geworden war. »Meine Kinder brauchen mich bald nicht mehr so viel, und beruflich komme ich auch nicht weiter. Habe ich jetzt 20 weitere Jahre mit dem ewig gleichen Alltagstrott vor mir?«

Sie haben sich noch nie so gefühlt. Was ist passiert? Ich werde es Ihnen sagen. Ihre Zukunft hat sich gerade verändert. Bisher lag eine endlose Zeit vor Ihnen, erfüllt von der Magie der Möglichkeiten. Sie hatten das Gefühl, dass die Befriedigung und Erfüllung, um die Sie kämpften, sich früher oder später einstellen würden.

Tja, und nun ist dieses Früher bereits vorbei, und das Später ist gerade aufgetaucht.

Das ist ziemlich beängstigend, nicht wahr? Ich möchte Ihnen etwas sagen, das Sie in all den Jahren, in denen Sie an Ihrer Karriere gebastelt und sich ein Zuhause geschaffen haben, nicht wissen konnten. Das bisherige Leben war nur eine Aufwärmübung. Jetzt kommt der gute Teil.

Ja, natürlich. Das Altern hat seine Vorteile. Nichts für ungut. Ich kann Ihr spöttisches Grinsen erahnen. Schon wieder jemand, der Ihnen einen Trostpreis verspricht – eine goldene Uhr etwa –, wenn die guten Zeiten zu Ende gehen. Nein, das meine ich damit keineswegs.

Die Wahrheit ist, es gibt jemanden in Ihnen, der bisher noch nicht zum Zug gekommen ist, der darauf gewartet hat, in Aktion zu treten und ein neues Leben zu gestalten. Jemand, der bisher noch keine Möglichkeit dazu hatte.

Nichts von alldem, was Ihnen gesagt wurde, hat darauf hingedeutet. Ganz im Gegenteil. Jedes Einzelne Ihrer Beweisstücke, jeder Hinweis, den Sie zur Verfügung haben, belegt, dass es zu Ende geht, dass die Abwärtsspirale beginnt.

Ich habe mich genauso gefühlt wie Sie. Ich hatte ein paar sehr unangenehme Jahre, in denen ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich allen Widerständen zum Trotz einem Fitnessclub beitreten oder mir einen Schaukelstuhl kaufen und lernen sollte, in Würde alt zu werden. Wenn ich überhaupt an die Zukunft dachte (was ich zu vermeiden versuchte), kam mir lediglich Folgendes in den Sinn: »Ist das alles, was aus meinem Leben geworden ist? Ist dies das endgültige Ergebnis? Ist das Spiel wirklich schon vorbei?«

Und dann drängte sich scheinbar zufällig eine sehr schwierige Dekade mit voller Wucht in mein Leben hinein. Jahre vergingen. Ich war auf eine Achterbahn aufgesprungen und raste so schnell dahin, dass ich mein Dilemma – Gesichtslifting und Schaukelstuhl? – komplett vergaß und nur noch betete, lebend wieder aus dem Ganzen herauszukommen. Von Midlife-Crisis keine Spur. Ich war zu beschäftigt. Ich eilte mit einer Entschlossenheit vorwärts, die ich nie zuvor erlebt hatte. Anstatt mich zu beklagen, wie schwer alles war, gründete ich eine Firma und stürzte mich in eine impulsive Ehe. Ein paar Jahre lang brannten beide Projekte auf heißer Flamme, aber dann gerieten sie ins Stocken und fanden nach einer Reihe verwirrender und schmerzlicher Ereignisse ein Ende. Zum Schluss saß ich benommen auf einem Scherbenhaufen, unfähig, klar zu erkennen, was geschehen war. Ich dachte überhaupt nicht daran, was eventuell als Nächstes kommen könnte. Meine finanziellen und emotionalen Ressourcen waren vollkommen erschöpft. Es war alles vorbei. Das dachte ich jedenfalls.

Doch als der Rauch sich lichtete und ich es schaffte, wieder auf die Füße zu kommen, geschah etwas Verblüffendes. Ich fühlte mich weder leer noch vermisste ich irgendetwas. Soweit ich mich erinnern konnte, fühlte ich mich zum ersten Mal nicht mehr einsam.

Am Erstaunlichsten aber war: Ich fühlte mich nicht mehr alt.

Das war völlig unlogisch. Ein Jahrzehnt war vergangen, doch ich fühlte mich um drei Jahrzehnte jünger. Was, um alles auf der Welt, war los? Ich kam mir eher wie die Elfjährige vor, die ich einmal gewesen war, als wie eine Frau in der Lebensmitte, die ihre besten Jahre hinter sich hatte. Nur dieses Mal war ich, anders als die Elfjährige, frei, alles zu tun, wozu ich Lust hatte!

Und heute geht es mir noch genauso. Je mehr Zeit ich in dieser neuen Lebensphase verbringe, desto mehr kommen mir meine früheren Jahre wie ein Sturm der Verwirrung und Verzweiflung vor. Ich habe mich nie als einen getriebenen Menschen empfunden – bis ich aufhörte, einer zu sein. Und es schockierte mich, als ich erkannte, wie bedürftig ich früher war. Jetzt fehlt mir zum ersten Mal nichts mehr. Ich will immer noch viel vom Leben: Ich möchte die Welt sehen, neue Leute kennenlernen, ein weiteres Buch schreiben, mich mit Geschichte beschäftigen, auf dem Laufenden bleiben, was das Leben meiner Kinder betrifft … viele Dinge. Aber die nörgelnde Bedürftigkeit ist verschwunden.

Wo ist dieser Hunger geblieben?

Als ich mich hinsetzte, um die Antwort auf diese Frage zu finden, erkannte ich einige sehr interessante Dinge über mich selbst.

Die erste Erkenntnis war, dass ich eine massive Midlife-Crisis gehabt hatte, mir dies aber überhaupt nicht klar gewesen war!

Und was war mit der ganzen Achterbahnfahrt, die mich die Probleme in der Lebensmitte hatte vergessen lassen? Sie war genau zu diesem Zweck da gewesen: damit ich all das vergaß! Nacheinander sah ich mir an, was geschehen war, als das Feuer so hell brannte. Und plötzlich war mir alles sonnenklar. Ich hatte jemanden geheiratet, der so schlecht zu mir passte, dass sogar er selbst entsprechende Bemerkungen darüber fallen ließ. Meine Firma war viel zu groß für eine Person, insbesondere für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern. Was, um Himmels willen, hatte ich mir nur dabei gedacht?

Aber als ich mich geschlagen geben musste und der ganze Spuk und die Achterbahnfahrt vorbei waren, wurde mir klar, dass die Panik, die ich unbewusst mit 40 empfunden hatte, unnötig gewesen war. Das Leben war keineswegs vorbei.

Während ich mich intensiv darum bemühte, um jeden Preis jung und vital zu bleiben, machte ich eine grundlegende Veränderung durch. Das Leben war nicht zu Ende. Das war eine falsche Annahme, basierend auf der Selbstherrlichkeit der Jugend. Ich machte lediglich eine natürliche Veränderung durch! Was ich nun erkannte, hatte ich überhaupt nicht erwartet: Ich landete an einem friedlichen, angenehmen Ort, mit weniger Angst und einer größeren inneren Ruhe, die ich so noch nie in meinem Leben empfunden hatte.

Wenn ich die ganze Zeit gewusst hätte, was mich tatsächlich erwartete, hätte ich keine Panik gehabt und wäre überhaupt nicht auf die Achterbahn aufgesprungen. Ich hätte mir viel Kummer ersparen und viel Zeitverschwendung vermeiden können. Seither ist das Leben so großartig geworden, dass ich mich selbst in den Hintern treten könnte, weil ich es so lange verpasst habe.

Warum nur wusste ich nicht, dass die Lebensmitte lediglich ein Übergang zu einer besseren Existenz ist? Ich hätte es wissen sollen. Meine Mutter war ein großes Vorbild für mich. Sie wusste, wie sie ihre Träume verwirklichen und uns alle miteinbeziehen konnte. Als sie 35 war, hatte sie die Nase voll vom Schneeschaufeln in Detroit und beschloss, sich Kalifornien einmal anzusehen. Gemeinsam mit meinem Vater kaufte sie einen Wohnwagen, und damit fuhren wir alle auf der Route 66 nach Kalifornien. Meine Eltern befanden, dass Kalifornien ihnen ganz gut gefiel, und so blieben wir dort. Die beiden eröffneten einen kleinen Laden, kauften ein Häuschen, und an den Wochenenden pflegte meine Mutter voller Freude ihren Blumengarten, der das ganze Jahr lang blühte. Mit weit über 80 Jahren traf sie immer noch ihre eigenen Entscheidungen, führte ein selbstständiges Leben und genoss es. Die Art und Weise, wie sie ihr Leben während und nach der Lebensmitte gestaltete, hatte überhaupt nichts Abschreckendes an sich. Warum hatte ich mir nicht von ihr abgeschaut, wie man das schaffte?

Die Antwort wird Sie nicht überraschen, denn wahrscheinlich ist es Ihnen genauso ergangen: Ich strebte kein Leben wie das meiner Mutter an. Ihr Leben gefiel ihr vielleicht, aber ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, das Gleiche für mich zu wollen. Auf mich wirkte sie schon immer alt. Ich dagegen würde nie alt sein. Ich orientierte mich stattdessen an John Lennon, denn es sah so aus, als würde er einen Weg finden, erwachsen zu werden und trotzdem für immer jung zu bleiben. Dann war er fort und wir hatten keine Chance mehr, zu sehen, wie sein Leben sich entwickelt hätte.

Wir haben es in Wirklichkeit verlernt, 40 oder 50 zu sein. Die Zeiten haben sich geändert und es gibt niemanden, der uns den Weg zeigen könnte. Wir versuchen daher immer wieder, neue Tricks zu erfinden. Einer davon tauchte vor nicht allzu langer Zeit während der letzten Wohlstandswelle auf, als die jungen Leute glaubten, sie würden so reich werden, dass sie nie an das Älterwerden denken müssten. Sie hatten vor, einfach größere Häuser und bessere Autos zu kaufen und sich mit 35 zur Ruhe zu setzen, um Vollblutpferde auf ihrer eigenen Ranch in Colorado zu züchten und Ski zu fahren, bis sie 90 waren. Dann ebbte die Welle des Wohlstands ab und ließ sie stranden – die Party war vorbei. Anstatt sich in der alterslosen Welt der Reichen und Berühmten zur Ruhe zu setzen, konnten sich die Leute nun nicht einmal mehr die Betriebskosten für ihre Eigentumswohnungen leisten. Makabre Witze kursierten: »Frage: Wie nennt man einen Broker mit einem BMW und einer 300 000-Dollar-Wohnung? Antwort: Kellner!« Die Leute konnten sich letztlich nicht freikaufen. Nun mussten sie damit klarkommen, älter zu werden wie jeder andere auch.

Selbst diejenigen, denen es gelang, ihre guten Jobs zu behalten, haben gelernt, dass niemand sicher ist. Die Regeln verändern sich ständig. Man wird von verschiedenen Seiten attackiert und hat Mühe, ständig über die Schulter zu blicken, um sich von hinten zu schützen. Außerdem kann man stets einer Downsizing-Maßnahme zum Opfer fallen. Die eigenen Ausgaben steigen und steigen. Einen vorzeitigen Ruhestand kann man sich abschminken. Man wird wie der eigene Vater zum Gehaltssklaven – und soll sich auch noch glücklich schätzen, wenn man überhaupt einen Job hat.

Das Leben entwickelt sich nie so, wie man es erwartet.

Die Gefühle, die uns in der Lebensmitte überkommen, flößen uns so viel Angst ein, dass wir uns Hals über Kopf wieder zurück in die Arena der Jugend werfen wollen. Ganz gewiss haben wir nicht vor, mit einer Welt zu kooperieren, die uns zu einem deprimierenden Altersdasein drängen will.

Die meisten von uns – und ich gehöre ebenfalls dazu – sind zu stur, um aus dem Spiel der Jugend auszusteigen, bis wir schließlich rausgeworfen werden. Es ist schade, Zeit damit zu vergeuden, gegen das Unvermeidliche anzukämpfen. Aber die meisten von uns können nicht anders, weil sie zu trotzig sind. Ich bedaure, dass ich Jahre vergeudet habe, aber ich wusste damals nicht, was ich hätte anders machen sollen. Jetzt sehe ich das Gesamtbild viel deutlicher und bin zu einer Erkenntnis gelangt.

Ich habe viele unsinnige Dinge getan, bevor ich 40 war, aber ich bereue sie jetzt nicht mehr annähernd so sehr wie früher. Denn mittlerweile glaube ich, dass die meisten unsinnigen Dinge, die wir tun, bevor wir 40 werden, unvermeidbar sind.

Aber die Dummheiten, die wir machen, nachdem wir 40 geworden sind, wären durchaus vermeidbar.

Sie können diese Dummheiten nur dann vermeiden, wenn Sie einige Ikonen radikal zu Fall bringen und einen Crashkurs in Sachen Realität absolvieren. Es ist an der Zeit, nicht länger an den ganzen Hype zu glauben, der um die Jugend, die Liebe und den Erfolg gemacht und von allen Seiten an Sie herangetragen wird. Denn dieser Hype hat Sie unmittelbar in einen »Altersschock« und sogar an den Rand der Hysterie getrieben.

Was hat die Lebensmitte nur an sich, dass sie Sie in einem solchen Maß erschreckt? Ungefähr mit 36 oder 37 Jahren haben Sie schlagartig etwas Seltsames erkannt: Genauso alt waren wahrscheinlich Ihre Eltern, als sie sich zum ersten Mal ihres Alters bewusst wurden.

»Ich hatte mir nie richtig klargemacht, welches Alter meine Mutter hatte, bis sie circa 37 war«, sagte mir eine Frau vor Kurzem. »Aber jetzt bin ich selbst in diesem Alter! Ich bin so alt wie meine eigene Mutter!«

Kein Wunder, dass diese Erkenntnis als Krise bezeichnet wird.

So weit, so klar. Aber was nun? Sie sollten manche Dinge an diesem Punkt in Ihrem Leben noch einmal neu überdenken.

Sie sollten die mythischen Vorstellungen darüber, was es heißt, erwachsen zu werden, beiseiteschieben, egal auf welche Weise sie entstanden sind. Denn die Krise ist ein Fake. Sie befinden sich keineswegs auf einer Talfahrt. Sie haben den Motor noch nicht einmal vollständig eingefahren.

Die Mythen über das Alter haben uns nicht darauf hingewiesen, dass eine völlig neue Energie freigesetzt wird, wenn die Ziele der jüngeren Jahre in den Hintergrund treten (etwa sich beruflich zu beweisen, einen Partner zu finden, den eigenen Kindern Schutz und Sicherheit zu bieten). All die Energie, die Sie dafür eingesetzt haben, um diese Sehnsüchte zu erfüllen und die Realität Ihrem Willen zu unterwerfen, ist nun frei und steht Ihnen zur Verfügung. Womöglich zum ersten Mal in Ihrem Leben können Sie diese Energie nutzen, um andere Ziele damit zu befeuern.

Sobald die Realität Ihre Illusionen aus dem Ring hinausboxt, werden Sie feststellen, dass Ihre verzweifelte Sehnsucht nach Liebe und Ruhm gleichzeitig damit verschwindet. Nun werden diese Träume wie Kinderspielzeuge wirken – die überdies sehr teuer waren. Wenn Ihr Blick klarer wird, werden Sie eine erstaunliche neue Lebensweise entdecken.

Es heißt »Die Jugend ist ein Geschenk der Natur, und das Alter ist ein Kunstwerk«. Wenn mit dem Kunstwerk ein trickreicher Kunstgriff gemeint ist, wie etwa der Einsatz von Make-up und Weichzeichnern, um die Spuren des Alters zu kaschieren, stimme ich der Aussage nicht zu. Aber ich interpretiere sie keineswegs auf diese Weise. Für mich bedeutet sie Folgendes: Wir lassen uns nicht länger von unserem Instinkt steuern und öffnen uns für andere Bewusstseinsebenen, die komplex, subtil, intensiv und voller Offenbarungen und Erkenntnisse sind. Die Kunst besteht darin, bekannte Dinge so zu betrachten, als wären sie neu – so wie ein Künstler sie sieht. Wir versuchen nicht länger, die Realität so hinzubiegen, dass sie unseren Vorstellungen entspricht, und begegnen unserem Kunstobjekt so, wie ein Künstler es tut, mit Achtung und Bewunderung. Unser Material ist das Leben, so wie es ist – und nicht so, wie wir es gerne hätten.

Denn wenn wir von unserem jugendlichen Drang ablassen, jedes Ergebnis kontrollieren zu wollen, können wir uns schließlich beherzt und ohne innere Konflikte auf all die Dinge stürzen, die uns wichtig sind. Zum ersten Mal sind wir nur noch dafür verantwortlich, was wir tun können. Der Rest ist Schicksal. Die Veränderung ist so radikal und spannend, dass wir es nie mehr bereuen werden, die Triebfedern der Jugend hinter uns zu lassen.

Transformationen wie diese sind zweifellos nervenaufreibend, aber sie läuten keineswegs ein Ende ein. Um mit Mark Twain zu sprechen, der Bericht über Ihren Tod war eine starke Übertreibung. Verkaufen Sie Ihre Firma daher nicht und brennen Sie nicht mit dem Babysitter nach Tahiti durch. Schließen Sie sich auch nicht mit einer an Ihrer Hand festgeklebten Fernbedienung für den Fernseher in einem abgedunkelten Zimmer ein. Es ist nichts Schlimmes passiert. Ihnen steht lediglich eine lebensverändernde Verschiebung Ihrer Perspektive bevor. Wenn Sie Ihre Angst ablegen, können Sie diese Transformation schneller hinter sich bringen, als Sie denken, und Ihr zweites Leben in Angriff nehmen, ohne viel Zeit zu verlieren.

Lassen Sie uns also damit beginnen, indem wir herausfinden, wo Sie im Moment stehen.

Übung 1

Was ich wirklich denke – die kosmischen Fragen

Wahrscheinlich möchten Sie diese Übung nicht machen, weil sie ziemlich ans Eingemachte geht. Es geht darum, sich ein paar Fragen zu stellen, über die man nicht gerne nachdenkt. Sie wissen schon, die großen Fragen: Warum bin ich hier? Wohin gehe ich? Was bedeutet das alles? Diese Themen machen uns Angst, und ich fordere Sie nur deshalb auf, sie an die Oberfläche zu bringen, weil Sie ohnehin ganz genau wissen, dass Sie sie ständig irgendwo im Hinterkopf haben. Anstatt mit ihnen alleine zu bleiben, sollten Sie sie zulassen, damit wir gemeinsam damit arbeiten können. Wir müssen uns jetzt, am Anfang des Buches, mit diesen Fragen beschäftigen, weil ich sie Ihnen am Ende noch einmal stellen werde. Und eins kann ich Ihnen versprechen: Egal wie Ihre Antworten aussehen oder ob Sie unfähig sind, auch nur eine Antwort darauf zu finden, Ihre Haltung gegenüber den Fragen wird sich verändern.

Wenn Sie das Buch gelesen haben, werden Ihnen die Fragen nichts mehr ausmachen. Sie werden sich in ausgezeichnete Instrumente verwandeln, mit denen Sie gerne arbeiten werden.

Um der Übung ihren Schrecken zu nehmen, sollten Sie gleich damit loslegen. Nehmen Sie einen Stift zur Hand und schreiben Sie die Antworten auf, ohne darüber nachzudenken. Vielleicht werden die Ergebnisse Sie überraschen.

Die großen Fragen

Wohin gehe ich?

Habe ich meine Zeit bisher richtig genutzt?

Welche Perspektive habe ich?

Wovor habe ich am meisten Angst?

Was wünsche ich mir wirklich für meine Zukunft?

Wovon habe ich definitiv genug?

Was möchte ich auf keinen Fall bereuen müssen, wenn ich in späteren Jahren auf mein Leben zurückblicke?

Warum bin ich auf diesem Planeten?

Lesen Sie hier, was einige andere Leute auf diese Fragen geantwortet haben.

Len, 44, Börsenmakler:

Wohin gehe ich? Ich habe keine Ahnung. Die täglichen Katastrophen verschlingen meine ganze Zeit.

Habe ich meine Zeit bisher richtig genutzt? Das frage ich mich ständig. Ich denke häufig, dass ich etwas falsch gemacht haben muss, sonst wäre ich an einem besseren Platz gelandet.

Welche Perspektive habe ich? Tja, ich werde wohl nie ein Millionär werden. Ich hoffe einfach, dass ich den Status quo aufrechterhalten kann, aber das ist keine reizvolle Perspektive.

Wovor habe ich am meisten Angst? Nie herauszufinden, was ich eigentlich tun sollte.

Was wünsche ich mir wirklich für meine Zukunft? Ich weiß es nicht, aber Börsenmakler zu sein ist es nicht.

Wovon habe ich definitiv genug? Von der Unentschlossenheit. Nicht zu wissen, in welche Richtung ich mich bewegen soll.

Was möchte ich auf keinen Fall bereuen müssen, wenn ich auf mein Leben zurückblicke? Dass ich meine Zeit vergeudet habe. Dass ich eine bestimmte Frau nicht geheiratet habe.

Warum bin ich auf diesem Planeten? Diese Frage ist am schmerzvollsten. Ich weiß es nicht und ich befürchte, ich werde es nie wissen.

Gwen, 41, Buchhalterin, geschieden, keine Kinder:

Wohin gehe ich? Irgendwohin, wo es schöner ist als dort, wo ich herkomme. Irgendwohin, wo ich erfüllt bin, anstatt zu erfüllen.

Habe ich bisher das Richtige getan? Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich habe ich mein Potenzial aus Angst vor dem Scheitern und vor Zurückweisung nicht genutzt.

Welche Perspektive habe ich? Manchmal denke ich, es gibt neue Horizonte – etwa, dass ich lernen, lieben, leben werde. Aber dann denke ich, es wird genauso sein wie jetzt, nämlich frustrierend, mit ein paar guten Zeiten dazwischen. Wahrscheinlich werde ich einfach zusehen, wie mein Gesicht älter wird.

Wovor habe ich am meisten Angst? Dass dies schon alles gewesen ist, ich einsam und vergessen sein werde und ich mich nicht mehr entfalten werde.

Was wünsche ich mir wirklich für meine Zukunft? Alles. Ich möchte unabhängig und lebendig sein und mit einem Partner glücklich werden.

Wovon habe ich definitiv die Nase voll? Von Menschen, die unfähig sind zu lieben.

Was möchte ich auf keinen Fall bereuen müssen, wenn ich auf mein Leben zurückblicke? Dass ich keinen Liebespartner und nicht die richtige Tätigkeit für mich gefunden habe.

Warum bin ich auf diesem Planeten? Um das Beste daraus zu machen. Was immer das auch bedeuten mag.

Sophie, 44, ehemalige Sängerin in einer Jazzkneipe:

Wohin gehe ich? Ich habe keinen blassen Schimmer.

Habe ich meine Zeit bisher richtig genutzt? Ja, bisher schon.

Welche Perspektive habe ich? Ich bin mir nicht sicher, dass ich das wissen will.

Wovor habe ich am meisten Angst? Wie ich mich finanziell über Wasser halte.

Was wünsche ich mir wirklich für meine Zukunft? Glücklich zu sein.

Wovon habe ich definitiv genug? Von den letzten sechs Jahren voller Angst und von meiner Periode.

Warum bin ich auf diesem Planeten? Um Dinge zu entdecken und zu verstehen, damit ich eine Wahl treffen kann.

Randy, 52, Bibliothekar, geschieden:

Wohin gehe ich? Vorwärts. Aber ich weiß nicht, was mich dort erwartet.

Habe ich meine Zeit bisher richtig genutzt? Nein, weil ich dachte, alles würde immer so bleiben, wie es ist. Und nun habe ich meine Chancen verpasst.

Welche Perspektive habe ich? Keine Ahnung. Ich habe keine große Lust, darüber nachzudenken.

Wovor habe ich am meisten Angst? Vor dem Tod, wovor sonst?

Was wünsche ich mir wirklich für meine Zukunft? Geld und Sicherheit.

Wovon habe ich definitiv genug? Von Konsumartikeln.

Was möchte ich auf keinen Fall bereuen müssen, wenn ich auf mein Leben zurückblicke? Dass ich nicht glücklich genug war.

Warum bin ich auf diesem Planeten? Meine Eltern haben mich in diese Welt gesetzt.

Wenn einige dieser Antworten – oder Ihre eigenen – Sie dazu veranlasst haben »Autsch« zu sagen, kann ich das gut nachvollziehen. Sie sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass Ihre Antworten lediglich einen Anfangspunkt markieren. Sie werden sich fast augenblicklich verändern, sobald Sie erkennen, woher Ihre Einstellung wirklich kommt. Allerdings würde ich den Antworten bereits jetzt nicht zu sehr trauen. Machen Sie die folgende Übung, dann werden Sie verstehen, was ich meine.

Übung 2

Wie Ihre Haltung sich im Laufe der Jahre verändert

Bei dieser Übung geht es darum, frei zu assoziieren. Sie werden auf diese Weise erkennen, wie sich Ihr Standpunkt im Laufe der Zeit verändert hat. Sie können Ihre Antworten schriftlich festhalten oder sie in ein Diktiergerät sprechen.

Welche Bedeutung hatten die folgenden Begriffe und Redewendungen für Sie mit 5, 15, 25 Jahren und heute?

Potenzial

Eines Tages

Wenn ich erwachsen bin

Glücklich bis an ihr Lebensende

Verheiratete Leute mit einem guten Job

Lebensmitte

Reife

30 Jahre alt

40 Jahre alt

60 Jahre alt

Künstler

Geschäftsfrau

Cowboy/ Draufgänger

Die besten Jahre ihres Lebens

Unverheiratet

Wenn es Ihnen wie den meisten Menschen geht, haben all diese Begriffe zu jeder Zeit etwas anderes bedeutet. Das ist heute noch genauso. Wie die Zukunft für Sie aussieht, hat sehr viel damit zu tun, in welcher Lebensphase Sie sich gerade befinden.