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© 2016 Hans-Dieter und Elke Kaspar

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7412-2310-5

Abbildungsnachweis: Bärbel Wenzelburger (Stuttgart): →; Brigitte Wittkämper (Weil am Rhein): →, → oben, →, →, → oben, →, →, →, →, → unten, →, → oben, →; Recep Üstüner (Istanbul): → unten, →. Alle übrigen Fotografien stammen von den Autoren Titelbild: Löwenrelief aus Babylon

Inhaltsverzeichnis

Zu diesem Buch

Im August 1980 hatten wir die Gelegenheit an einer Rundreise durch den Irak teilzunehmen. Damals ahnten wir nicht, daß wir zu den letzten Touristen zählten, die dieses wundervolle Land noch besuchen konnten.

Schon unter dem Diktator Saddam Hussein, der damals erst kurz an der Macht war, wurde vieles gewaltsam verändert. Der lange und erfolglose Krieg gegen den Iran, die Besetzungen durch die Amerikaner und ihre Alliierten, der Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten und die Eroberungen und Zerstörungen des sogenannten „Islamischen Staats“ haben den Irak inzwischen völlig verändert. Das Land, das wir noch sehen konnten, gibt es heute so nicht mehr. Der Irak als Nation existiert nur noch auf der Landkarte.

Viele Kunstwerke – das kulturgeschichtliche Erbe dieses Landes -, die wir noch besichtigen konnten, sind inzwischen zerstört. Ganze Landstriche werden von den Terroristen beherrscht und sind nicht mehr zugänglich.

Schweinfurt, im Mai 2016

Unsere Reiseroute im Irak

Durch die Wüste

Ganz zeitig am Morgen starten wir in Damaskus. Bis nach Bagdad liegen mehr als 800 km vor uns. Die gut ausgebaute Straße führt größtenteils durch die Wüste.

Weit vor der eigentlichen Grenze liegt die syrische Grenzstation. Zwei Stunden dauert die Kontrolle. Dann geht es zur irakischen Grenze. Hier treffen die Fahrzeuge aus Damaskus und aus Amman zusammen. Dementsprechend katastrophal sind die Zustände: Busse, Lastwagen und überladene Personenwagen stauen sich hier. Nette Busfahrer bieten uns Obst als Erfrischung an. Die Kontrolle erinnert an die Zustände an der innerdeutschen Grenze, aber die Beamten sind freundlich. Trotzdem müssen wir alle Gepäckstücke öffnen.

Ohne Rücksicht auf die Bevölkerung wurden die Grenzen zwischen dem Irak und seinen Nachbarn von der Kolonialmächten England und Frankreich festgelegt. Die bekannte Archäologin, Forschungsreisende und Schriftstellerin Gertrude Bell war im Auftrag der britischen Regierung maßgeblich an der Grenzziehung beteiligt.

Müde und verschwitzt erreichen wir am Abend die Oasenstadt Rutba. Vor dem 2. Weltkrieg war der Ort nur ein unbedeutender britischer Militärstützpunkt.

Früh am nächsten Morgen geht die Fahrt weiter in Richtung Bagdad. Fast schnurgerade verläuft die Straße durch eine eintönige, fast vegetationslose Wüstenlandschaft.

Ramadi, die erste irakische Stadt, die wir kennenlernen, macht keinen einladenden Eindruck auf uns. Auf und neben den Straßen liegt Dreck in jeder erdenklichen Form. Im Mai 2015 wurde die Stadt vom IS überrannt, inzwischen aber von den Truppen der Regierung zurückerobert.

Durch die Wüste

Treffen in der Wüste: man fragt nach dem woher und dem wohin und freut sich über die Abwechslung

Gut 800 km liegen zwischen Damaskus und Bagdad

Ein überladener Kleinbus an der Grenzstation

Aqar Quf – die Hauptstadt der Kassiten

Erster Höhepunkt unserer Irakreise ist der Besuch von Aqar Quf. Hier hat der kassitische König Kurigalzu I. um 1390 v. Chr. auf dem Gebiet einer älteren babylonischen Siedlung seine Hauptstadt Dur Kurigalzu gegründet. Über die Kassiten-Könige ist nur wenig bekannt. Es existiert zwar eine Herrscherliste. Sie ist aber nicht vollständig und sagt wenig über die Chronologie und die Dauer der Regierungszeiten der einzelnen Monarchen aus. Obwohl die Kassiten etwa 400 Jahre lang Babylonien beherrscht haben, sind ihre Hinterlassenschaften äußerst spärlich.

Nachdem der hethitische Großkönig Mursilis I. im Jahr 1595 v. Chr. Babylon überfallen und geplündert hat, übernahmen die Kassiten die Herrschaft über Babylonien. Bereits im 15. Jahrhundert v. Chr. gehörten sie zu den bedeutendsten Mächten in Vorderasien.

Auf dem von den Archäologen Tahar Baqir und Seton Lloyd in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts – allerdings nur zu einem geringen Teil - freigelegten Areal wurden der Komplex eines Palastes, zahlreiche Gräber und mehrere Tempel entdeckt. Der Palast war mit Wandgemälden geschmückt, von denen einige Szenen noch sichtbar waren. Zu den Funden zählten auch zahlreiche Schrifttafeln und mehrere Statuen aus gebranntem Lehm.

Das Wahrzeichen von Aqar Quf, die das Umland beherrschende Zikkurat, ein mehrstufiger Tempelturm mit einer Freitreppe, ist heute noch knapp 60 m hoch. Die biblische Überlieferung vom Turm von Babel geht vermutlich auf ein derartiges Bauwerk zurück.

Der Stufenturm von Aqar Quf zählt zu den besterhaltenen in Mesopotamien. Seine Grundfläche beträgt 69 x 67,7 m. Die Jahrtausende gut überdauert hat der stark verwitterte aus Lehmziegeln bestehende Kern des Stufentempels. Deutlich können wir die Schilflagen, die zur Stabilisierung zwischen die Ziegelsteine eingearbeitet wurden, erkennen. Die Substruktion und die Treppe wurden inzwischen erneuert.

Die Zikkurat von Aqar Quf

Die rekonstruierte Treppe der Zikkurat

Während wir die rekonstruierte Treppe zur unteren Plattform wählen, sind einheimische Jugendliche schon - gewandt wie Katzen - bis zur Spitze geklettert. Neben dem Stufenturm sind Reste der freigelegten Gräber und Tempelfundamente zu sehen. Auf einigen Ziegelsteinen sind die Abdrücke von Stempelinschriften noch sichtbar.

Jugendliche führen uns zu den Resten des Palastes der kassitischen Könige

Bagdad – die Stadt von Harun ar-Rashid

Am Nachmittag erreichen wir Bagdad. Die Vororte sind genauso verwahrlost wie Ramadi. Überall liegen Unrat, Gerümpel, Küchenabfälle und sogar tote Tiere herum. Die irakische Hauptstadt erstreckt sich am Mittellauf des Tigris, der sie in zwei Hälften teilt.

Bagdad wurde im Jahr 762 von dem Kalifen al-Mansur unter dem Namen Madinat al-Salam (Stadt des Friedens) gegründet. Die Stadt wurde kreisförmig angelegt und durch eine Doppelmauer, die von vier Toren unterbrochen wurde, geschützt. Den Mittelpunkt bildeten der Palast des Kalifen und die Moschee. Außerhalb der Umwehrung lagen die Basare und die Wohnquartiere.

Unter dem vor allem aus den Märchen von „Tausend und einer Nacht“ bekannten Kalifen Harun ar-Rashid erlebte Bagdad eine erste wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Er unterhielt nicht nur diplomatische Beziehungen zu Karl dem Großen, sondern schenkte ihm sogar einen Elefanten.

Wegen Streitigkeiten zwischen seiner türkischen Garde, die der Kalif al-Mutasim ins Land geholt hatte, und der Bevölkerung von Bagdad, verlegte er seine Residenz im Jahr 836 nach Samarra. Knapp 50 Jahre später wurde Bagdad unter der Herrschaft von Kalif al-Mutamid erneut zur Hauptstadt bestimmt.

Im 10. und 11. Jahrhundert zählte Bagdad zu den wichtigsten Städten der islamischen Welt. Im Jahr 1258 eroberten die Mongolen die Stadt und zerstörten sie. Der letzte Kalif wurde getötet und unter der Bevölkerung ein Blutbad angerichtet. 1401 wurde die Stadt von Timur Leng überfallen. 1508 kam Bagdad unter persische, ab 1534 unter osmanische Herrschaft. 1623 eroberten die Perser Bagdad zurück. Im Jahr 1638 wurde Bagdad endgültig osmanisch. Als Hauptstadt der Provinz Bagdad unterstand sie einem von Istanbul praktisch unabhängigen Pascha. Erst 1831 wurde Bagdad von osmanischen Truppen besetzt und direkt der Zentralverwaltung in Istanbul unterstellt.