Die Erstellung dieses Gedichtbandes war für mich eine Zeitreise. Eigentlich eher die Betrachtung einer Zeitkapsel, in welcher ich Teile meiner persönlichen Entwicklung eingeschlossen und für viele Jahre beiseitegelegt hatte.
Schicksalsschläge, ungewisse Zukunftsperspektiven, Umzüge und Probleme, die auch ich nicht lösen konnte, standen vor mir wie unüberwindliche Berge oder lagen hinter mir und drückten mir Prägungen auf.
Die Frage nach Sinn trieb mich dabei immer wieder an und voran, doch bekam ich immer nur Teilantworten. Und ich fürchte, dass das ein Leben lang so ist und bleiben wird.
Sind dumme Menschen glücklicher? Auf jeden Fall! Weil sie es nämlich bewusst oder unbewusst versäumt haben, die existentiell wichtigsten Lebensfragen zu stellen. Werden die Dummen damit an die Wand fahren? Aber ja, natürlich, ganz bestimmt!
Das Leben an der Oberfläche ist keine Alternative, denn wir alle müssen uns früher oder später der letzten Wahrheit stellen. Dieses wurde mir schon in sehr jungen Jahren bewusst, doch habe ich inzwischen gelernt, das Leben als Zwischenstation zu etwas Höherem zu betrachten. Etwas, das unbeschreiblich gut ist und auf uns wartet. Etwas das jedoch den meisten Menschen verborgen ist und bleibt.
Worte, Gedichte, Texte und anderes sind nur sehr unzureichende Mittel.
Ich hoffe sehr, dass ich sie trotzdem genutzt habe, und dass das eine oder andere sich in den Netzmaschen meiner Gedichte verfangen hat. Und somit aus der Unsichtbarkeit des Meeres meiner Ideen auch für andere sichtbar gemacht werden konnte!
Sven Erik Gehrmann, im Herbst 2018.
War das Wichtigste Jahr meines Lebens, denn in diesem Jahr machte ich die wohl existentiellsten und wichtigsten Wandlungen durch, denen ein Mensch im Alter von gerade mal achtzehn Jahren unterworfen werden kann. Das alles vor der Hintergrundkulisse einer Welt, die Dank des Ost- Westkonfliktes zweier gegensätzlicher Gesellschafts- und Herrschaftsmodelle nur einen winzigen Schritt entfernt vom atomaren Holocaust stand. Einer Welt, in der Tschernobyl für den Auftakt nuklearen Grauens gesorgt hatte und in der ohnehin nichts mehr sicher schien. Im Januar 1987 passierte etwas sehr Einschneidendes: Mein Stiefbruder Christian verstarb im Alter von nur 14 (!) Jahren innerhalb weniger Tage. Todesursache: Leukämie und Gehirntumore! Letztere waren geplatzt, und an den Folgen der Blutungen verstarb mein 4 Jahre jüngerer Stiefbruder. Heutzutage erscheint es mir als sehr wahrscheinlich, dass er beim Spielen draußen eine Wolke radioaktiven Fallouts aus Tschernobyl abbekommen hatte. Das warf natürlich bohrende Fragen auf: Warum gerade er und nicht ich? Woher kommen wir wirklich? Wohin gehen wir, wenn es auch bei uns einmal so weit ist? Ich begann mit der Suche, und so kam auch ich im Herbst 1987 an einen Punkt, an dem ich vor dem lebendigen Gott und seinem Sohn kapitulierte. Zunächst bekam ich dadurch Frieden – aber das sollte erst der Anfang von etwas Größerem sein… Vor diesem Hintergrund sind auch Titel und Inhalt meines ersten Gedichtes „Apokalypse“ durchaus nachvollziehbar. Ich hatte schon vorher viele interessante Gedanken, aber das war der erste Versuch, sie aufzuschreiben.
Ich hatte im Mai 1988 gerade Abitur gemacht und stand nun vor dem Beginn meines Lebens. Im Gegensatz zu vielen anderen Klassenkameraden hatte ich noch gar keine Idee, was ich einmal beruflich machen würde. Deshalb machte ich erstmal Zivildienst. Und zwar bei der Lebenshilfe mit schwerund mehrfach behinderten Menschen. Diese Zeit war sehr prägend für mich, da mir jeden Tag vor Augen geführt wurde, wie gut es sein kann, „gesund“ und „normal“ zu sein. Schon früh durchschaute ich Sinn und Unsinn unserer Konsumgesellschaft und stellte hier vieles in Frage. Aber auch die Thematik einer kaputten fragilen Umwelt hat mich schon damals sehr beschäftigt-
Die Sirene heult
Menschen rennen, laufen, hasten, stolpern, fallen und sterben durcheinander
Häuser stürzen ein;