Der Autor

PD Dr. med. habil. Andreas Schwarzkopf, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Krankenhaushygiene. Betreibt mit seiner Frau Claudia Schwarzkopf, Krankenhaushygienikerin, das Institut Schwarzkopf, das als Dienstleister für das Gesundheitswesen und die Industrie zum Thema Mikroben und Viren tätig ist und Seminare zur Hygiene anbietet.

Andreas Schwarzkopf

Virale Pandemien am Beispiel SARS-CoV-2

Hintergründe – Maßnahmen – Prävention

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-00-039400-3

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-039401-8

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mobi:   ISBN 978-3-17- 039403-2

Vorwort

 

 

 

Diese Broschüre ist eine aktuelle Einführung in die Problematik von Pandemien durch virale Erreger. Obwohl man mit Fug und Recht sagen kann, dass auch das Humane Immundefizienz Virus (HIV) pandemisch auftritt, wurde hier eine Einschränkung auf Influenzaviren und SARS-CoV-2 vorgenommen. Dies ist berechtigt, denn beide Erreger haben die gleichen Übertragungswege, erfordern ähnliche Schutzmaßnahmen und gefährden nahezu die gleichen Risikogruppen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Broschüre ist SARS-CoV-2 gerade einmal 5 Monate bekannt, so dass in den Angaben hierzu Abstriche gemacht werden müssen.

Diese Broschüre wurde in der gebotenen Eile fertiggestellt und doch so sorgfältig wie möglich recherchiert. Mein besonderer Dank geht hier an meine Ehefrau Claudia Schwarzkopf, die mich dabei unermüdlich unterstützt hat.

Weiterhin möchte ich allen denen danken, die durch ihre Anfragen an die Institut Schwarzkopf GbR die Inhalte dieser Broschüre inspiriert haben sowie meiner Lektorin, Frau Alexandra Schierock, für die erfreuliche und unkomplizierte Zusammenarbeit.

Im Mai 2020

PD Dr. med. A. Schwarzkopf

 

 

 

 

 

 

Beispiele oder wichtige Grundlagen sind mit nebenstehendem Balken bzw. in Kästen dargestellt, Originalzitate aus den im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen finden sich eingerückt im Text, Hervorhebungen in kursiver Schrift.

Inhalt

 

 

 

  1. Vorwort
  2. Abkürzungsverzeichnis
  3. 1   Definitionen
  4. 1.1   Ausbreitung eines bestimmten Erregers
  5. 1.2   Bezeichnungen für Erkrankungen der Luftwege
  6. 1.3   Statistische Daten zu Erregern
  7. 2   Grundlagen der Virologie
  8. 2.1   Grundsätzlicher Aufbau
  9. 2.2   Zoonotische Viren
  10. 2.3   Weg durch die menschliche Zelle
  11. 2.4   Mögliche Verläufe der Infektion
  12. 2.5   Saisonales Auftreten
  13. 3   Grundlagen der Immunologie
  14. 3.1   Unspezifische zelluläre Abwehr
  15. 3.2   Spezialisierte Zellen als Helfer bei der Bekämpfung
  16. 3.2.1   B-Zellen
  17. 3.2.2   M-Zellen
  18. 3.2.3   T-Zellen
  19. 4   Was muss für ein Pandemie-fähiges Virus gegeben sein?
  20. 4.1   Neuheit
  21. 4.2   Geeignete Übertragungswege
  22. 4.3   Tenazität
  23. 4.4   Unspezifische Symptomatik
  24. 4.5   Risikogruppen
  25. 4.6   Grenzen der Ausbreitung
  26. 4.6.1   Genetische Immunität
  27. 4.6.2   Kreuzimmunität
  28. 4.6.3   Asymptomatische Verläufe
  29. 4.6.4   Abgeschlossen lebende Populationen
  30. 5   Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Influenzaviren und SARS-CoV-2
  31. 5.1   Klinische Bilder
  32. 5.1.1   Influenza
  33. 5.1.2   COVID-19
  34. 5.2   Zusammenfassende Gegenüberstellung
  35. 6   Wie wird eine Pandemie entdeckt?
  36. 6.1   Ein neues Krankheitsbild fällt auf
  37. 6.2   Ausrufen einer Pandemie durch die WHO
  38. 6.2.1   Phase 4
  39. 6.2.2   Phase 5
  40. 6.2.3   Phase 6, Pandemie-Phase
  41. 6.2.4   Übergeordnete Betrachtung
  42. 6.3   Nationale Folgen
  43. 7   Der Pandemieplan
  44. 7.1   Aufgaben
  45. 7.2   Ablauf am Beispiel SARS-CoV-2
  46. 7.3   Handelnde Strukturen
  47. 7.3.1   Bundesebene
  48. 7.3.2   Schnittstelle zu den Bundesländern
  49. 7.3.3   Rolle der Bundesländer
  50. 7.3.4   Rolle der Gesundheitsämter
  51. 8   Was leistet Persönliche Schutzausrüstung (PSA)?
  52. 8.1   Schutzmasken
  53. 8.1.1   FFP-Masken (Filtering Face Piece = partikelfiltrierende Halbmaske)
  54. 8.1.2   Mund-Nasen-Schutz (MNS)
  55. 8.1.3   MNS Marke Eigenbau?
  56. 8.1.4   Wiederaufbereitung von Schutzmasken
  57. 8.2   Schutzkittel
  58. 8.3   Schutzbrille
  59. 8.4   Haube
  60. 8.5   Handschuhe
  61. 8.6   Korrektes Anlegen der PSA
  62. 8.7   Korrektes Ablegen der PSA
  63. 9   Patientenschutz
  64. 10 Impfungen und Therapien
  65. 10.1 Influenza
  66. 10.1.1 Impfung
  67. 10.1.2 Therapie
  68. 10.2 COVID-19
  69. 10.2.1 Impfung
  70. 10.2.2 Therapie
  71. 11 Schutzkonzepte für stationäre Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
  72. 11.1 Pandemieplan für Krankenhäuser
  73. 11.1.1 Pandemieteam und dessen Aufgaben
  74. 11.1.2 Umgang mit erkrankten Mitarbeitern bzw. Kontaktpersonen
  75. 11.1.3 Isolierung
  76. 11.1.4 Spezielle Abteilungen
  77. 11.1.5 Kann man COVID-19-Patienten kohortieren?
  78. 11.1.6 Kann man Influenza-Patienten kohortieren?
  79. 11.2 Rehabilitationseinrichtungen
  80. 11.2.1 Ausbrüche
  81. 11.3 Stationäre Altenpflege
  82. 11.4 Tageskliniken
  83. 12 Ambulante Einrichtungen (z. B. Arztpraxis und MVZ, Dialysezentrum)
  84. 12.1 Arztpraxen, MVZ, Dialysezentrum
  85. 12.1.1 Erstellung einer Checkliste
  86. 12.1.2 Abfrage bei Patienten vor Ort
  87. 12.1.3 Schutzkleidungskonzept
  88. 12.1.4 Wann welche PSA?
  89. 12.1.5 Wegeführung und Wartezimmer
  90. 12.1.6 Behandlung
  91. 12.1.7 Hinweise für medizinische Laboratorien
  92. 12.1.8 Hinweise für Zahnarztpraxen
  93. 12.2 Ambulante Altenpflege
  94. 12.3 Rettungsdienst
  95. 13 Hinweise für Reinigungspersonal und andere Dienstleister (z. B. Patiententransport)
  96. 13.1 Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln
  97. 13.2 Aufbereitung von Reinigungsutensilien
  98. 13.3 Schutzkleidung
  99. 13.4 Einteilungen in Risikobereiche
  100. 13.5 Transport
  101. 13.6 Abfallentsorgung
  102. 14 Schulungen
  103. 14.1 Angst mindern
  104. 14.2 Schutzkleidung vorstellen, damit üben
  105. 14.3 Basishygiene in Erinnerung rufen
  106. 14.4 Ambulante Einrichtungen und (Not-) Aufnahme
  107. 15 Wie kann sich jeder Einzelne im Privatleben schützen?
  108. 16 Staatliche Anordnungen und deren Wirkung
  109. 17 Ethische Aspekte
  110. 18 Schlusswort und Ausblick
  111. Zitierte und weiterführende Literatur

Abkürzungsverzeichnis

 

 

 

AIDS

Acquired Immune Deficiency Syndrome

AOLG

Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden

ArbMedVV

Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

BfArM

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

BMASG/BMG

Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz/Bundesministerium für Gesundheit

BZgA

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

COPD

chronic obstructive pulmonary disease/Chronische obstruktive Lungenerkrankung

COVID

coronavirus disease

DFG

Deutsche Forschungsgemeinschaft

DGKH

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V.

DNA

Desoxyribonukleinsäure

FFP

Filtering Face Piece = partikelfiltrierende Halbmaske

GMK

Gesundheitsministerkonferenz

HIV

Humane Immundefizienz-Virus

IfSG

Infektionsschutzgesetz

KRINKO

Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention

LAGA

Länderarbeitsgemeinschaft Abfall

MERS

Middle East Respiratory Syndrome

MFA

Medizinische Fachangestellte

MNS

Mund-Nasen-Schutz

MVZ

Medizinisches Versorgungszentrum

NIV

Nicht invasive Beatmung

ÖGSV

Österreichische Gesellschaft für Sterilgutversorgung

PCR/RT-PCR

Polymerase-Kettenreaktion/Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion

PEI

Paul-Ehrlich-Institut

PEP

Postexpositionsprophylaxe

PSA

Persönliche Schutzausrüstung

RKI

Robert-Koch-Institut, dieses Bundesinstitut ist für die Infektionsverhütung in der Bundesrepublik Deutschland zuständig. Das Institut verfügt über mehrere Expertengruppen

RNA

Ribonukleinsäure

RSV

Respiratory Syncytial-Virus

SARS

severe acute respiratory syndrome/Schweres akutes Atemwegssyndrom

STIKO

Ständige Impfkommission

TRBA 250

Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe

WHO

World Health Organization/Weltgesundheitsorganisation

1          Definitionen

 

 

 

Die unkontrollierte oder schwer kontrollierbare Ausbreitung von Krankheitserregern sowie deren Einwirkung auf den Menschen hat eine eigene Terminologie.

1.1       Ausbreitung eines bestimmten Erregers

Ausbruch:

Gehäufte Anzahl von Infektionen, laut § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zwei oder mehr Fälle, in einer Einrichtung des Gesundheitsdienstes.

Epidemie:

Begrenzte Ausbreitung von Erregern, z. B. in einem Ort, in einem Landkreis oder Bundesland.

Erkrankungswelle, im Vergleich zur Ausgangssituation treten bestimmte Erkrankungsfälle mit einheitlicher Ursache vermehrt auf, der Prozess ist zeitlich und räumlich begrenzt (meist auf Infektionskrankheiten bezogen. (Robert Koch Institut 2015)

Pandemie:

Unbegrenzte, weltweite Ausbreitung von Erregern.

Eine neu, aber zeitlich begrenzt in Erscheinung tretende, weltweite starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und i. d. R. auch mit schweren Krankheitsverläufen. Bei einer fortgesetzten Mensch-zu-Mensch-Übertragung kann die WHO bereits vor dem Beginn, z. B. beim Auftreten eines neuartigen humanpathogenen Erregers oder einer aus gesundheitlicher Sicht sich zuspitzenden Gefahrensituation, eine »Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite« deklarieren. (Robert Koch Institut 2015)

Exit-Strategie:

Planung zur Rückführung von Kontakt- und Ausgangsperren und Ankurbelung der Wirtschaft.

Übersterblichkeit:

Erhöhte Todesrate gegenüber den über mehrere Jahre gemessenen Durchschnittsraten einzelner Bevölkerungsgruppen verglichen mit dem Bevölkerungsdurchschnitt oder die erhöhte Zahl von Sterbefällen in einem Zeitraum (z. B. Winter) gegenüber dem Durchschnittswert z. B. im Winter.

1.2       Bezeichnungen für Erkrankungen der Luftwege

Schnupfen:

Erkrankung der oberen Luftwege, ausgelöst z. B. durch Rhinoviren.

Grippaler Infekt:

Erkrankung der oberen Luftwege mit bronchialer Beteiligung, Temperaturerhöhung und Husten. Kann bei Risikopatienten durch bakterielle Zweitbesiedlung eine Pneumonie nach sich ziehen, wird z. B. durch Parainfluenzaviren durch das Respiratory Syncytial-Virus (RSV) ausgelöst.

Grippe oder Influenza:

Infekt der oberen und unteren Luftwege durch Influenzaviren, in Deutschland entweder Influenza A oder B, impfpräventabel, mit Einschränkungen therapierbar.

COVID-19:

Infektion durch das SARS-CoV-2 Virus, verläuft meist asymptomatisch, kann aber auch von schwacher Symptomatik bis zu einem tödlichen Lungenversagen führen.

Pneumonie:

Kann sowohl durch die Viren selbst (interstitielle Pneumonie oder Infektion des Lungengerüsts) als auch »trittbrettfahrende« Bakterien wie Haemophilus influenzae oder Streptococcus pneumoniae ausgelöst werden und stellt eine Komplikation dar. Beispiel für eine virale Pneumonie sowohl bei Säuglingen als auch bei alten Menschen ist das RS-Virus.

Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS):

Akute Atemnot durch schwere Lungenreaktion, meist beatmungspflichtig.

1.3       Statistische Daten zu Erregern