Cover

Die Originalausgabe ist 2016 unter dem Titel The Pursuit of Power. Europe 18151914 bei Allen Lane, Penguin Random House UK erschienen.

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Copyright © Richard J. Evans, 2016

Copyright © 2018 Deutsche Verlags-Anstalt, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Covermotiv: © akg-images, Bild-Nr. AKG71404 Revolution 1848/49: Straßenkämpfe in Berlin am 18. / 19. März 1848

Karten: Andras Bereznay

Lektorat: Jonas Wegerer

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

Gesetzt aus der Berling Nova Text Pro

ISBN 978-3-641-18871-9
V003

www.dva.de

In memoriam

Eric Hobsbawm

(1917 – 2012)

Vorwort

Dieses Buch ist eine Geschichte Europas von 1815 bis 1914 und schließt in der Reihe »Penguin History of Europe« an den Band The Pursuit of Glory (»Das Streben nach Ruhm«) an, der die Zeit zwischen 1648 und 1815 behandelt. Wie der Autor dieses Buches, mein Kollege hier in Cambridge Tim Blanning, richtig anmerkt, setzt jede Darstellung eines Abschnitts der europäischen Geschichte zwangsläufig mit einem willkürlich gewählten Zeitpunkt ein, aber manche sind willkürlicher als andere. Wir sprechen gewohnheitsmäßig vom »19. Jahrhundert« oder vom »20. Jahrhundert«, doch jedem Historiker ist klar, dass der Zeitabschnitt von 1801 bis 1900 oder von 1901 bis 2000 jenseits der rein chronologischen keine historische Bedeutung hat. Die Geschichte ist voller unabgeschlossener Entwicklungen, und selbst bei Ausbruch oder am Ende großer Kriege, die so häufig als Endpunkt geschichtlicher Werke über einen bestimmten Abschnitt der europäischen Vergangenheit herangezogen werden (so auch hier), bleiben viele Fragen offen. Die verschiedenen Aspekte der Geschichte folgen ihrer je eigenen Chronologie, so dass eine Jahreszahl, die in der Politik-, Militär- oder Diplomatiegeschichte bedeutsam ist, in der Sozial-, Wirtschafts- oder Kulturgeschichte möglicherweise kaum eine Rolle spielt. Französische Historiker der Annales-Schule haben sich angewöhnt, von einer »unbeweglichen Geschichte« (histoire immobile) zu sprechen, die in vielen Teilen Europas bis weit in die Neuzeit hinein fortgedauert hat: Obwohl das Ancien Régime politisch betrachtet Ende des 18. Jahrhunderts am Ende war, hatte das wirtschaftliche und gesellschaftliche Ancien Régime bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein Bestand. Bis dahin dauerte es beispielsweise, ehe die Leibeigenschaft fast überall in Europa von der Bildfläche verschwunden war. Und das demographische Muster von hohen Geburtenraten und Sterbeziffern begann, sich (abgesehen von Frankreich) erst während des sogenannten »demographischen Übergangs« der Jahrzehnte nach 1850 zu wandeln. Umgekehrt blieb die Industrialisierung bis in jene Zeit hinein ein auf kleine Bereiche der europäischen Wirtschaft beschränktes Randphänomen. Ja, einige Historiker – insbesondere Arno Mayer in seinem Buch Adelsmacht und Bürgertum. Die Krise der europäischen Gesellschaft, 1848 – 1914 (1981) – haben argumentiert, die traditionelle Adelselite habe ihre vorherrschende Stellung bis hin zum Ersten Weltkrieg verteidigt, so dass sich trotz aller oberflächlichen Turbulenzen auch auf politischer Ebene wenig geändert habe. Doch Mayers Sichtweise hat sich unter Historikern nicht durchgesetzt: Im Europa des 19. Jahrhunderts gab es sehr wohl Wandel, nicht nur politisch, sondern auch in anderen Lebensbereichen.

Mancher kam sogar zum Schluss, der ergiebigste Betrachtungszeitraum sei das »Zeitalter der Revolutionen«, wie Eric Hobsbawm den ersten Band seiner Geschichte der Jahre 1789 bis 1914 betitelte (The Age of Revolution, 1962). Übernommen wurde die Periodisierung Hobsbawms von Jonathan Sperber, der in seinem Buch Revolutionary Europe (2000) dieselbe Zeitspanne wählte wie Hobsbawm für seinen ersten Band: 1789 bis 1848. Doch die Entscheidung für diesen Zeitabschnitt hat ihren Preis, denn was folgte, war ein ganz anderes Europa, das sich sehr viel schwieriger mit einem einzigen Interpretationsrahmen fassen lässt. Es ist kein Zufall, dass Sperbers Folgeband Europe 1850 – 1914 (2008) einen langen Untertitel hat, der (zweifellos unbewusst) von den Schwierigkeiten des Autors zeugt, ein verbindendes Thema zu finden: Progress, Participation and Apprehension (»Fortschritt, Partizipation und dunkle Vorahnungen«). Hobsbawm schrieb zwei weitere Bände, The Age of Capital (1975; dt. Die Blütezeit des Kapitals), der die Jahre 1848 bis 1875 abdeckt, sowie The Age of Empire (1987; dt. Das imperiale Zeitalter), der die Geschichte bis zum Ersten Weltkrieg nachzeichnet. Wer sich vornimmt, eine Geschichte Europas im 19. Jahrhundert zu verfassen, kommt an diesen drei bahnbrechenden Büchern, die alles andere überragen, was über diese Epoche geschrieben worden ist, nicht vorbei. Und mit seiner verblüffenden Gabe, innovative Begriffe zu prägen, bezeichnete Hobsbawm die gesamte Epoche, die seine Trilogie behandelt, als das »lange 19. Jahrhundert« – ein Vorbild, dem viele Lehrbücher und Einführungen gefolgt sind, etwa William Simpson und Martin Jones in Europe 1783 – 1914 (2000). Allerdings ist das lange 19. Jahrhundert eine janusköpfige Epoche, wird sie doch von den Revolutionen von 1848 in zwei sehr ungleiche Hälften geteilt. Da nimmt es nicht wunder, dass viele Historiker, die über die Zeitspanne von der Französischen Revolution oder dem Sturz Napoleons bis zum Ersten Weltkrieg geschrieben haben, gar nicht erst den Versuch machten, ein übergreifendes Thema zu finden, und sich stattdessen, um das Beispiel von R. S. Alexanders politischer Geschichte zu nehmen, für nichtssagende Titel wie Europe’s Uncertain Path (2012) entschieden.

Über weite Strecken des 20. Jahrhunderts erachteten Historiker den Aufstieg der Nationalstaaten und die Konflikte zwischen ihnen als die zentralen Merkmale der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Der Triumph des Nationalismus ließ neue politische und kulturelle Gebilde entstehen und entfachte Revolten gegen große, als unzeitgemäß erscheinende Vielvölkerreiche, Aufstände gegen die Unterdrückung durch andere Nationen oder den Ehrgeiz, andere Nationen zu beherrschen. Dieses Modell des Nationalstaats wurde im 20. Jahrhundert in die ganze Welt exportiert, was seine Entstehung im Europa des 19. Jahrhunderts um so wichtiger erscheinen ließ. Einst sahen Historiker diesen Prozess in einem positiven Licht und feierten in ihren Darstellungen die Einigung Italiens und Deutschlands, die Entstehung eines tschechischen und polnischen Nationalgefühls und andere Ergebnisse, die das Zeitalter des Nationalismus zeitigte. Als sich nationale und ethnische Rivalitäten allerdings im gigantischen Flächenbrand des Zweiten Weltkriegs entluden, erschien der Aufstieg des Nationalismus in einem weit düstereren Licht – eine Sichtweise, die von den Balkankriegen der 1990er Jahre verfestigt wurde. Seither jedoch leben wir in einem Zeitalter der fortschreitenden Globalisierung: Seit die Barrieren aus der Zeit des Kalten Kriegs gefallen sind, haben internationale Institutionen, weltumspannende Kommunikationsnetze, multinationale Firmen und viele weitere Einflüsse dafür gesorgt, dass nationale Grenzen zusehends durchlässig geworden und wir alle zu einer Weltgemeinschaft vereint worden sind. Seit der Jahrhundertwende hat das auch unseren Blick auf die Vergangenheit verändert, unter Historikern setzt sich zunehmend eine globale Perspektive durch. Der Ruf nach einer Weltgeschichtsschreibung an sich ist nichts Neues: Er wurde bereits in den 1970er Jahren laut, namentlich seitens des französischen Historikers Marc Ferro, und war schon in der Idee einer »Universalgeschichte« inbegriffen, wie sie im 19. Jahrhundert Leopold von Ranke und im 20. Jahrhundert Arnold Toynbee und William H. McNeill betrieben. Eine Globalgeschichte jedoch, die die verschiedenen Teile der Welt zueinander in Beziehung setzt, anstatt nur ihre je eigene Geschichte zu erzählen, ist erst in jüngerer Zeit entstanden, als Historiker sich Fragestellungen wie den Auswirkungen des Imperialismus auf die Volkswirtschaften, Gesellschaften, Kulturen und politischen Systeme Europas (vor allem, aber nicht nur, auf Großbritannien) zugewandt haben, dem interaktiven Geflecht globaler Wirtschaftsbeziehungen, das Europa mit anderen Erdteilen verband, sowie der Entstehung von Weltreichen als europaweitem Prozess, und nicht als spezifischem Phänomen in einzelnen europäischen Ländern. Zugleich haben Historiker eifrig die Geschichte einzelner Nationen im globalen Kontext neu geschrieben und dabei die Auswirkungen der europäischen Diaspora – der Millionen Europäer, die auf andere Kontinente emigriert sind – auf das »Mutterland« ebenso herausgearbeitet wie die Anreicherung des europäischen Nationalismus mit Elementen der Rassentheorie, die mit der Erfahrung der Kolonisation Afrikas oder Asiens einherging, und die Entwicklung einer globalen Geopolitik zu einem Schlüsselfaktor in den Beziehungen europäischer Staaten untereinander.

In besonderem Maße beeinflusst ist mein Ansatz in diesem Buch von dem deutschen Historiker Jürgen Osterhammel, der in seinem Werk Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (2009) im Gegensatz zum Eurozentrismus von Hobsbawms Trilogie einen wahrhaft weltgeschichtlichen Ansatz verfolgt. Die einzelnen Kapitel befassen sich mit einer erstaunlichen Vielfalt von Themen wie »Gedächtnis und Selbstbeobachtung«, Zeit, Raum, Mobilität, Lebensstandards, Städte, »Frontiers«, Macht, Revolutionen, Staat, Energie, Arbeit, »Netze«, Hierarchien, Wissen, »Zivilisierung«, Religion und vielem mehr. Osterhammel befasst sich gezielt mit übergreifenden Themen, Verbindungen zwischen unterschiedlichen Erdteilen, parallelen Entwicklungen und globalen Prozessen. Allerdings geht die argumentative, reflektierende Präsenz des Autors über den Horizont der Menschen, über die er schreibt, in der Regel deutlich hinaus. Auch verbringen historische Überblicksdarstellungen häufig zu viel Zeit damit, die allgemeinen Interpretationslinien darzulegen, anstatt zu versuchen, sie aus dem Leben und den Erfahrungen von Zeitgenossen herauszupräparieren. In einem knappen Lehrbuch, dessen Hauptzweck darin besteht, Studenten auf Prüfungen vorzubereiten, mag das nachvollziehbar sein. Doch in einem umfassenderen Werk wie dem vorliegenden, das sich in erster Linie an eine breite Leserschaft richtet, ist glücklicherweise Platz, um auf Details einzugehen, die einen Eindruck von der Atmosphäre jener Zeit in ihrer Fremdheit und gleichzeitigen Vertrautheit vermitteln, und wann immer möglich die Zeitgenossen selbst zu Wort kommen zu lassen.

Andere, nicht weniger ambitionierte globalhistorische Werke, die etwa zur selben Zeit entstanden sind wie das von Osterhammel, haben sich dem 19. Jahrhundert mit einem anderen Ansatz genähert, der auf der Erkenntnis beruhte, dass es sich hier um eine Epoche handelt, in der Europa eine globale Führungsrolle übernahm und andere Teile der Welt beherrschte wie in keiner anderen. Historiker wie der jüngst verstorbene Chris Bayly in seinem beeindruckenden Buch The Birth of the Modern World (2004; dt. Die Geburt der modernen Welt) und John Darwin in seiner meisterhaften Untersuchung weltumspannender Reiche, After Tamerlane (2007; dt: Der imperiale Traum) haben mit einer Fülle vergleichender Analysen aufgezeigt, dass Anfang des 18. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Kulturen überall auf dem Globus in nahezu jeder Hinsicht, vom Lebensstandard bis hin zu kulturellen Errungenschaften, gleichauf waren. Das Mogulreich in Indien, das Qing-Imperium in China, die großen vorkolonialen Reiche wie das Königreich Dahomey und seine Nachbarn in Afrika, das Osmanische Reich und andere Staaten waren Europa um 1700 im Wesentlichen ebenbürtig.

1815 war das nicht mehr der Fall. Europa hatte sich vom Rest der Welt abgesetzt – nicht wie manche Historiker, insbesondere Niall Ferguson in seinem weit ausholenden Buch Civilization (2011; dt. Der Westen und der Rest der Welt), behauptet haben, wegen seiner intrinsischen Überlegenheit, sondern wegen ganz konkreter historischer Umstände. Europa konnte seinen Vorsprung bis in die Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts hinein aufrechterhalten und ausbauen, doch dann holten die Verfolger zusehends auf. Im Ersten Weltkrieg geriet die Vormachtstellung Europas ins Wanken; nach dem Zweiten Weltkrieg war sie endgültig dahin und mit ihr die weltumspannenden europäischen Kolonialreiche. Diese Phase der globalen Hegemonie ist die entscheidende Rechtfertigung dafür, die Jahre von 1815 bis 1914 als eigenständigen, bedeutsamen Abschnitt der europäischen Geschichte anzusehen. Im Lauf des Buches werden immer wieder der globale Kontext betont und Ereignisse und Prozesse auf anderen Kontinenten in die Darstellung eingeflochten, um besser erklären zu können, was sich in Europa in jenen Jahrzehnten ereignete.

Globale Geschichte heißt zugleich transnationale Geschichte. Viele Geschichten Europas bestehen aus im Wesentlichen unverbundenen Darstellungen der einzelnen Nationalgeschichten. In diese Kategorie fällt Europe in the Nineteenth Century (1927) von Arthur Grant und Harold Temperley, wie auch William Simpson und Martin Jones’ Europe 1783 – 1914 (2000), das getrennte Kapitel über Frankreich, Deutschland, Italien, Russland und das Habsburgerreich enthält. Die Geschichte Europas (2000) des deutschen Historikers Michael Salewski trägt den Untertitel Staaten und Nationen von der Antike bis zur Gegenwart und ist eine Abfolge von Geschichten einzelner Länder und ihrer Beziehungen zueinander. Dadurch verliert der Leser weitgehend aus den Augen, was (und ob überhaupt etwas) Europa als Ganzes verband, was die verschiedenen Länder gemeinsam hatten oder welche länderübergreifenden Prozesse sie prägten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die alteingeführte und noch immer unvollständige Oxford History of Modern Europe, in der (mit Ausnahme der vier Bände, die für bestimmte Epochen die zwischenstaatlichen Beziehungen beschreiben) jeder Band einem einzelnen Land gewidmet ist. Und doch war Europa, wie ich in diesem Buch aufzuzeigen hoffe, nicht nur eine Ansammlung von sich weiterentwickelnden Einzelstaaten, es hatte auch als Ganzes ein unverkennbares Gesicht. Und zwar nicht als geographische Einheit; zumal die Ostgrenzen Europas unklar und schwer zu definieren waren und die gesellschaftlichen und kulturellen Grenzen im Zuge der Massenauswanderung in andere Erdteile mehr und mehr verwischt wurden. Dies vorausgeschickt lässt sich Europa am besten als eine Region beschreiben, die gesellschaftlich, wirtschaftlich, politisch und kulturell zahlreiche gemeinsame Merkmale aufweist und sich von Großbritannien und Irland im Westen bis nach Russland und zum Balkan im Osten erstreckt.

Indem ich einen möglichst transnationalen Ansatz wähle, trete ich ganz bewusst in die Fußstapfen von Lord Acton, der Ende des 19. Jahrhunderts die Cambridge Modern History begründete. In der Planungsphase dieses ehrgeizigen Unterfangens schrieb Acton an die mitwirkenden Autoren:

Universalgeschichte ist etwas anderes als die Summe der Einzelgeschichten, und sie sollte zuallererst, in ihrer unverwechselbaren Essenz, als Zeitalter der Renaissance, der Reformation, der Religionskriege, des Absolutismus, der Revolutionen etc. betrachtet werden. Die einzelnen Länder mögen zur allgemeinen Entwicklung beitragen oder nicht […] aber man sollte die Aufmerksamkeit nicht zu breit streuen, indem man Frankreich und Deutschland Portugal, Siebenbürgen und Island gegenüberstellt […]. Mein Plan besteht darin, die bloße Aneinanderreihung von Nationalgeschichten zu durchbrechen und so weit als möglich alles Länderübergreifende und Universelle einzubeziehen.

Leider starb Acton, bevor er dieses ambitionierte Projekt in die Tat umsetzen konnte, und als die Cambridge Modern History schließlich veröffentlicht wurde, herausgegeben vom effizienteren, aber konventioneller denkenden Sir Adolphus Ward, verfolgte sie im Wesentlichen doch einen Land-für-Land-Ansatz und spiegelte damit die national geprägte Perspektive der jüngeren Generation von Historikern wider, die in einem Europa lebten, dessen politische und kulturelle Atmosphäre sich gewandelt hatte. Erst mit dem Fall des Kommunismus, der Erweiterung der Europäischen Union um weite Teile Osteuropas und dem neuerlichen Fortschreiten der Globalisierung wurde es wieder möglich, wahrhaft europäische Geschichte zu schreiben. Allerdings ist es heute nicht mehr denkbar, diese wie Grant, Temperley und ihre Kollegen andernorts mit der Geschichte der nationalen Politik und der internationalen Beziehungen gleichzusetzen. Spätestens seit den 1970er Jahren hat die historische Forschung ihr Gesichtsfeld nach und nach erweitert, so dass es nun nahezu jeden Aspekt menschlicher Aktivität in der Vergangenheit einschließt. Schon Hobsbawms Age of Revolution aus den frühen 1960ern enthielt Kapitel über Religion, Weltanschauungen, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft und vieles mehr. Wie man an der Liste der Themen Osterhammels ablesen kann, hat die Geschichtswissenschaft ihren Horizont seither noch weiter ausgedehnt, zuletzt auf die Landschafts- und Umweltgeschichte. Hobsbawm konnte seine Themen mit Hilfe einer überwölbenden Meta-Erzählung verbinden, in deren Fokus die Entwicklung und der prägende Einfluss des Kapitalismus stand. Im frühen 21. Jahrhundert, einer Zeit, in der große Erzählungen in Verruf geraten sind, genießen Historiker dieses Privileg nicht mehr: Das Maximum, was wir tun könnten, so drückt es Tim Blanning aus, sei das Nachzeichnen von »Entwicklungslinien«.

Zwei der wichtigsten Entwicklungslinien, die Blanning für die Jahre 1648 bis 1815 herausarbeitet – »die unaufhaltsam fortschreitende Eroberung der Hegemonie durch den Staat« und »die Entstehung einer neuen Form von kulturellem Raum: der öffentlichen Sphäre« –, zogen sich auch durch das 19. Jahrhundert. Sie entwickelten eine Wirkmächtigkeit und Dominanz, wie sie im 18. Jahrhundert nahezu unvorstellbar waren. Die staatlichen Strukturen, die nach 1815 in der Zeit der Restauration entstanden, wären Europäern, die dreißig Jahre zuvor gelebt haben, in mancherlei Hinsicht noch ziemlich vertraut vorgekommen, auch wenn der Schein vielfach trog. Noch waren die Macht des Staates und seine Einmischung in das Leben der Menschen vergleichsweise begrenzt. Trotz des plastischen Vorbilds der Französischen Revolution beschränkte sich die politische Partizipation des Volkes nach wie vor auf ein Minimum. Noch immer stand die »öffentliche Sphäre« fast ausschließlich der kleinen Schicht der Gebildeten und deren Institutionen offen, von den periodisch erscheinenden Veröffentlichungen bis hin zum Kaffeehaus oder Lesezirkel. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs jedoch hatte sich der Staat gewandelt. Zum einen gab es das allgemeine Männer- und in manchen Teilen Europas sogar Frauenwahlrecht sowie direkte Einflussmöglichkeiten des Volkes auf die nationale, regionale und lokale Politik, nicht zuletzt über organisierte politische Parteien. Auf der anderen Seite war es in Bereichen von der Bildung bis zur Gesundheit, vom Militärdienst bis zur Sozialarbeit zu einem enormen Zuwachs der Kontrollmöglichkeiten des Staates über seine Bürger gekommen.

Die von Blanning skizzierten, miteinander zusammenhängenden Prozesse Wirtschaftswachstum und Ausbau der Kommunikationswege beschleunigten sich im 19. Jahrhundert in einem Maße, das sich im 18. kein Mensch hätte vorstellen können. 1815 tauchten die Eisenbahn, die Telegraphie, das Dampfschiff und die Fotografie schemenhaft am historischen Horizont auf. 1914 schickte Europa sich an, in das Zeitalter der Telefone, Autos, Radios und Kinos einzutreten. 1815 befinden wir uns noch in einer Epoche mit Newton’schem Weltbild, gegenständlicher Kunst und klassischer Musik. 1914 hatte Einstein seine Relativitätstheorie formuliert, Picasso seine kubistischen Werke gemalt und Schönberg seine ersten atonalen Stücke komponiert. Zugleich trat Europa ganz unmittelbar in die Ära der Maschinengewehre, Panzer, U-Boote und Kampfflugzeuge ein. Der erste dokumentierte Luftangriff auf eine feindliche Stellung fand 1911 während der italienischen Invasion in Libyen statt, die ersten europäischen Konzentrationslager wurden in Südafrika von Briten und in Südwestafrika (Namibia) von Deutschen eröffnet. Diese Entwicklungen ließen bereits die ungeheure Gewalt und Zerstörungswut der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erahnen und sind daher eine Mahnung, das 19. Jahrhundert nicht wie die meisten Zeitgenossen als eine Epoche des linearen Fortschritts und der endlosen Verbesserungen zu betrachten. Der Fortschritt hatte seinen Preis, und – wie Ian Kershaw in Höllensturz zeigt, dem nächsten Band dieser Reihe – in der Folgeepoche zwischen 1914 und 1949 musste Europa dies leidvoll erfahren.

Was die Lebensumstände der großen Mehrheit der Europäer anbelangt, endet das Buch Blannings mit einem ziemlich düsteren Ausblick: Die Anfänge der Industrialisierung und das rasante Bevölkerungswachstum brachten »eine neue Form der Armut« mit sich – einer Armut, die »keine plötzliche Heimsuchung durch Hunger, Krieg oder Seuchen« darstellte, »sondern ein permanenter Zustand der Mangelernährung und Unterbeschäftigung« war. Tatsächlich gab es in Europa im 19. Jahrhundert vergleichsweise wenig Hungersnöte, Seuchen und Kriege. Zu erklären, warum das so war, wird eine der Aufgaben dieses Buches sein. Ein maßgeblicher Faktor waren in diesem Zusammenhang (wie bei so vielen Aspekten jener Zeit) die veränderten Beziehungen Europas zum Rest der Welt. Zwar kam es zu Hungersnöten, vor allem in Irland, Skandinavien und Russland, und auch zu Seuchen, namentlich zu periodisch über ganz Europa hinwegfegenden Choleraepidemien, doch waren diese weder so häufig noch so verheerend wie in mancher vorangegangenen Epoche, und Ende des Jahrhunderts gehörten sie in Europa weitgehend der Vergangenheit an.

Das bedeutet allerdings nicht, dass mit ihnen auch die soziale, wirtschaftliche und andere Formen der Ungleichheit verschwunden wären. Ein roter Faden, der sich durch dieses Buch zieht, ist die Beschreibung der Konturen der Ungleichheit, die sich im Lauf des 19. Jahrhunderts veränderten, indem ältere Formen, wie die Leibeigenschaft auf dem Land, von neuen abgelöst wurden, etwa der Lohnarbeit in der Fabrik. Das 19. Jahrhundert lässt sich als das Jahrhundert der Emanzipation schlechthin beschreiben. Millionen Menschen machten auf dem Weg zur Gleichberechtigung Fortschritte, darunter in wichtigen Aspekten die Mehrheit der Landbevölkerung, die Frauen und religiöse Minderheiten (insbesondere die Juden), dieses Buch zeichnet diese gewaltigen Veränderungen und wie sie zustande kamen detailliert nach. Doch wie die Jahre nach 1914 zeigen sollten, waren Gleichberechtigung und Emanzipation stets unvollständig und bedingt, und so gehört es zur Aufgabe des Historikers des 19. Jahrhunderts auch, die Einschränkungen zu beschreiben, die die Menschen während dieses großen Befreiungsprozesses erfuhren.

Diskussionen und Kontroversen über Ungleichheit waren im 19. Jahrhundert ein zentraler Bestandteil der politischen Auseinandersetzung. Aufbauend auf dem Erbe der Französischen Revolution begannen sich immer mehr politische Denker und Akteure, über Mittel und Wege Gedanken zu machen, wie Ungleichheiten aus der Welt zu schaffen seien, und versuchten, diese praktisch umzusetzen. Das Spektrum der Lösungsansätze reichte dabei von aristokratischem Paternalismus im Sinne des »noblesse oblige« bis – am anderen Extrem – zu den Versuchen von Anarchisten, den Staat zu zerstören. Dabei gaben der Sozialismus, der Liberalismus, der Kommunismus, der Nationalismus und viele andere Lehren unterschiedlichen Methoden den Vorzug, wie die Menschen vom Joch der Unterdrückung und Ausbeutung zu befreien seien – je nachdem, wie sie dieses Joch definierten. Diejenigen, für die Stabilität und Hierarchien an erster Stelle standen, erkannten (oder jedenfalls die meisten von ihnen), dass es als Überlebensstrategie nicht ausreichte, sich an die alte Ordnung zu klammern; und so stürzten auch sie sich in die große Debatte über Ungleichheit. Religionsgemeinschaften gaben auf diesseitige Probleme, so sie nicht von vornherein zur Flucht ins Jenseits rieten, eine breite Palette an Antworten. All diesen Denkrichtungen gemeinsam war der Wunsch, Macht zu erlangen und auszuüben, damit sie ihre Ideen in die Tat umsetzen konnten. So wie Tim Blanning seine Geschichte Europas von 1648 bis 1815 mit The Pursuit of Glory (»Das Streben nach Ruhm«) betitelte und damit die Prioritäten der herrschenden politischen Elite jener Ära auf den Punkt brachte, trägt daher die englische Ausgabe dieses Buches den Titel The Pursuit of Power (»Das Streben nach Macht«).

Das Streben nach Macht zog sich im 19. Jahrhundert durch die gesamte Gesellschaft. Staaten griffen nach der Weltmacht, Regierungen trachteten nach imperialer Macht, Armeen arbeiteten an der Macht ihrer militärischen Schlagkraft, Revolutionäre verschworen sich, um die Macht an sich zu reißen, politische Parteien führten Wahlkämpfe, um an die Macht zu kommen, Banker und Industrielle strebten nach wirtschaftlicher Macht, Leibeigene und Teilbauern wurden nach und nach von der willkürlichen Macht des landbesitzenden Adels befreit. Der entscheidende gesellschaftliche Prozess, der das Jahrhundert prägte, war die Emanzipation riesiger gesellschaftlicher Gruppen von Unterdrückten von der Macht ihrer Unterdrücker, und das verbreitetste Beispiel dafür war die Emanzipation der Frauen aus dem Geflecht von Gesetzen, Sitten und Konventionen, in dem sie gefangen waren und das sie der Macht der Männer auslieferte. Und so wie Feministinnen um Gleichheit vor dem Gesetz kämpften, so streikten in der neuen Welt der Industrie Gewerkschaften für mehr Einfluss auf Löhne und Arbeitsbedingungen, in der Kunstwelt stellten Vertreter der Moderne die Macht der Akademien in Frage, und Schriftsteller erkoren Machtkämpfe innerhalb von Familien und anderen gesellschaftlichen Institutionen zu zentralen Themen ihrer Romane.

Die Gesellschaft baute im 19. Jahrhundert ihre Verfügungsgewalt über die Natur aus: Staaten erlangten die Macht, die Auswirkungen von Hunger und Naturkatastrophen wie Bränden und Fluten abzumildern. Medizinforscher strebten im Labor nach der Macht, Krankheiten zu heilen. Um die Macht der Menschheit über die Natur zu vergrößern, kanalisierten Ingenieure und Planer Flüsse, legten Sümpfe trocken, vertrieben Wildtiere und rodeten Wälder; sie bauten Städte und Metropolen, Eisenbahnen und Kanalsysteme, Schiffe und Brücken. Darüber hinaus entwickelten und erschlossen Wissenschaftler und Techniker neue Quellen von Macht, vom Wasserdampf bis zum elektrischen Strom, vom mechanischen Webstuhl bis zum Verbrennungsmotor. Diese Macht konnte formeller oder informeller Natur sein, auf Übereinkunft oder Mehrheitsbeschluss beruhen, mit Gewalt oder Überredung ausgeübt werden, sie konnte wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle, politische, religiöse, strukturelle oder eine Vielzahl anderer Formen annehmen. Je weiter das Jahrhundert fortschritt, desto mehr räumten die Menschen der Macht eine höhere Priorität ein als dem Ruhm, der Ehre und vergleichbaren Werten, die vor 1815 in den meisten Jahrhunderten bestimmend gewesen waren. Als die Europäer gegen Ende des Jahrhunderts ihre Hegemonie über ganze Erdteile zunehmend als Beweis für ihre Überlegenheit über deren Bewohner betrachteten, wurde Macht vermehrt auch in rassistischen Begriffen gefasst. Wie und warum es zu all dem kam und wie sich die sich rasant verändernde Machtbalance zwischen Europa, Asien, Afrika und anderen Erdteilen auf die Machtverhältnisse innerhalb Europas auswirkte (und umgekehrt) – derlei Themen stehen in diesem Buch im Fokus.

Gegliedert ist das Buch in acht Kapitel, die wiederum in jeweils zehn Abschnitte unterteilt sind. Die Kapitel 1, 3, 7 und 8 beschäftigen sich in erster Linie mit Politikgeschichte, die Kapitel 2 und 4 mit Wirtschafts- und Sozialgeschichte und die Kapitel 5 und 6 mit Themen, die im weiteren Sinne der Kulturgeschichte zuzuordnen sind. Das erste Kapitel ist der Geschichte der europäischen Politik von der endgültigen Niederlage Napoleons 1815 bis zu den letzten Nachbeben der Revolutionen von 1830 gewidmet. Das dritte Kapitel zeichnet die weiteren Entwicklungen bis zu den Revolutionen von 1848 nach sowie deren Nachwirkungen in der konfliktreichen und instabilen Phase bis zum Anfang der 1870er Jahre. Das siebte Kapitel analysiert, wie die Staaten Europas zwischen 1871 und 1914 auf die immer lauter werdenden Forderungen nach mehr Demokratie reagierten, und das achte und letzte Kapitel widmet sich der Unterwerfung (so unvollständig diese auch war) der meisten anderen Teile des Erdballs durch Europäer im Zeitalter des Imperialismus sowie den verheerenden Folgen, die diese mit dem heraufziehenden Ersten Weltkrieg für Europa selbst hatte. Zwischen den ersten beiden dieser chronologisch angelegten Kapitel findet sich eines zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa zwischen 1815 und 1848 – wobei eine umfassende Darstellung der wichtigsten Veränderung jener Jahre, der Bauernbefreiung in weiten Teilen des Kontinents, es erfordert, einige Entwicklungen in der ländlichen Welt bis 1914 nachzuverfolgen. Das vierte Kapitel beschreibt die wichtigsten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in Europa nach der Jahrhundertmitte und die massiven Veränderungen, die in jenen Jahren zu beobachten waren. Das fünfte Kapitel befasst sich über die ganze Epoche hinweg mit dem Versuch, die Natur einer menschengemachten Ordnung und Kontrolle zu unterwerfen – von den Wäldern, Flüssen und Bergen Europas bis hin zu den mannigfaltigen Bemühungen, die menschliche Natur in den Griff zu bekommen. Das sechste Kapitel charakterisiert das Jahrhundert im Gegensatz zum vorangegangenen Zeitalter der Vernunft als ein Zeitalter des Gefühls und nimmt dabei verschiedene Betätigungsfelder des menschlichen Geistes in den Blick, in denen sich dieser grundlegende Wesenszug manifestierte, von Religion und Glaube über Kultur und Bildung bis hin zum Menschenbild an sich.

Um die menschliche Dimension dieser Geschichte zu unterstreichen, beginnt jedes Kapitel mit der Lebensgeschichte eines Menschen, dessen Überzeugungen und Erfahrungen viele Themen aufwirft, die im Folgenden abgehandelt werden. Jede dieser acht Personen kommt aus einem anderen Land, und es sind vier Männer und vier Frauen. Diese Ausgewogenheit war mir wichtig. Schließlich stellten Frauen – wie in so ziemlich jeder anderen Epoche – mehr als die Hälfte der europäischen Bevölkerung. Ebenso bedeutsam ist ein weiteres grundlegendes Kennzeichen jenes Zeitalters, nämlich dass selbst am Vorabend des Ersten Weltkriegs die übergroße Mehrheit aller Europäer auf dem und vom Land lebten. Bauern und Grundbesitzer werden in europäischen Geschichten des 19. Jahrhunderts, vor allem in jenen, in denen der Aufstieg der Industriegesellschaft im Mittelpunkt steht, häufig zu Randfiguren degradiert. Dabei ist es meiner Ansicht nach völlig falsch, diese Millionen von Menschen als bloße Opfer des historischen Wandels darzustellen oder sie unter einer Rubrik abzuhandeln, die Marx als »Idiotie des Landlebens« bezeichnete.

Das Buch ist dafür gedacht, dass man es von vorne bis hinten durchliest. Wer es als Nachschlagewerk nutzen will, findet hinten im Buch ein Register. Gemäß den Vorgaben in der Reihe »Penguin History of Europe« enthält dieses Buch weder Fuß- noch Endnoten. Wie jeder Autor einer Überblicksdarstellung stütze ich mich in erster Linie auf die Arbeit anderer; sofern man von Originalität sprechen kann, liegt diese in den vorgebrachten Argumentationen und Interpretationen sowie im Spektrum der behandelten Themen und den zwischen ihnen hergestellten Bezügen. Ich hoffe, die vielen Historiker, deren Spezialforschung und Schriften mir als Steinbruch dienten, werden es mir nachsehen, dass ich nirgends explizit auf ihre Werke verweise. Zumindest möge es mir gestattet sein, auf meine Quellen für die Biographien zu verweisen, die den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind (ausführliche Angaben siehe unter »Weiterführende Literatur«): Für Kapitel 1, Kathinka Nohl (Hg.), Tagebuch eines napoleonischen Fußsoldaten; für Kapitel 2, Boris B. Gorshkov (Hg. u. Übers.), A Life under Russian Serfdom, Budapest 2005; für Kapitel 3, Máire Cross und Tim Gray, The Feminism of Flora Tristan, Oxford 1992, sowie Jean Hawkes (Hg. u. Übers.), The London Journal of Flora Tristan, London 1992; für Kapitel 4, Hermynia zur Mühlen, Ende und Anfang, Berlin 1929; für Kapitel 5, Wendy Bracewell, Orientations, Budapest 2009; für Kapitel 6, Brita K. Stendhal, The Education of a Self-Made Woman, Lewiston (NY) 1994; für Kapitel 7, Martin Pugh, The Pankhursts, London 2001; und für Kapitel 8, Ivor N. Hume, Belzoni, Charlottesville (VA) 2011. Die übrigen längeren Zitate stammen aus Originalquellen, mit Ausnahme von Zitat 1 (Dirk Blasius, Der verwaltete Wahnsinn, Frankfurt 1980); Zitat 2, Zitat 3 (Andrew Scull, The Most Solitary of Afflictions, London 1993); Zitat 4 (John A. Davis, Conflict and Control, London 1988); Zitat 5. (F. S. L. Lyons, Charles Stewart Parnell, London 1977); Zitat 6 (Hartmut Pogge von Strandmann, ›Domestic Origins of Germany’s Colonial Expansion under Bismarck‹, Past and Present, Februar 1969); Zitat 7 (Franco Venturi, Roots of Revolution, London 1960); Zitat 8 (Edvard Radzinsky, Alexander II, New York 2005); und Zitat 9 (Adam Hochschild, Schatten über dem Kongo, Stuttgart 2000).

Mit der Niederschrift dieses Buches habe ich 2009 begonnen, aber seine Ursprünge liegen sehr viel weiter zurück, in jenen Jahrzehnten, in denen ich an verschiedenen Universitäten die Geschichte des 19. Jahrhunderts lehrte, ehe ich mein Interesse 1998 mit dem Wechsel nach Cambridge dem 20. Jahrhundert zuwandte. Glücklicherweise konnte ich so auf die vielen Vorlesungen zurückgreifen, die ich im Lauf der Jahre über Europa im 19. Jahrhundert gehalten habe, an der University of Stirling in Schottland, an der Columbia University in New York, an der University of East Anglia in Norwich, am Birkbeck College der University of London sowie zuletzt am Gresham College in London. Ich danke meinen Studenten an all diesen Universitäten, die in Vorlesungen und Seminaren geduldig meinen Gedanken gelauscht und mit ihren Kommentaren dazu beigetragen haben, meine Herangehensweise zu überprüfen und meine Argumentation auszufeilen oder zu verändern. Ohne wissenschaftliche Mitarbeiter hätte ich ein so breit angelegtes Projekt wie dieses niemals in so kurzer Zeit zum Abschluss bringen können; mein besonderer Dank gilt daher meinen ehemaligen Studenten Daniel Cowling, Niamh Gallagher, Rachel Hoffman, Susie Lada und Georgie Williams, die mir Material zur Verfügung gestellt haben. Die historische Fakultät und das Wolfson College der Cambridge University haben mir 2012 durch die Einräumung eines Forschungssemesters unendlich wertvolle Zeit geschenkt, und die hiesige Universitätsbibliothek war dank ihrer unerschöpflichen Ressourcen und hilfsbereiten Angestellten bei der Informationssuche zu vielen Themen meine erste Anlaufstelle.

Viele Freunde und Kollegen haben dieses Buch oder Teile davon gelesen, Verbesserungsvorschläge gemacht und meine Fehler korrigiert. Der herausragende Lektor Simon Winder von Penguin hat zahlreiche Ideen zur Verbesserung eingebracht. Wegen ihrer gründlichen Lektüre der Kapitel 1, 3 und 6 stehe ich tief in der Schuld von Rachel Hoffman ebenso wie in der von David Motadel, der viele Korrekturen zu den Kapiteln 2, 4 – 5 und 7 – 8 beigesteuert hat, von Joanna Bourke wegen ihrer scharfsinnigen Kommentare zu Kapitel 5 sowie von Tim Blanning, Lucy Riall und Astrid Swenson, die dankenswerterweise das ganze Manuskript gelesen haben. Sämtliche verbleibenden Fehler liegen allein in meiner Verantwortung. Cecilia Mackay war unendlich hilfreich bei der Auswahl der Abbildungen; diese orientieren sich an der Abfolge der Kapitel und sollen das Verständnis der behandelten Themen vertiefen. Die im Text erwähnten Gemälde und Bilder sind problemlos im Internet aufzufinden. Andras Bereznay hat sich einmal mehr als gelehrter und inspirierender Kartograph erwiesen. Richard Mason hat als Korrektor zahlreiche Fehler eliminiert und an vielen Stellen die Lesbarkeit des Textes entscheidend verbessert. Dank schulde ich auch dem für die Herstellung verantwortlichen Richard Duguid.

Und schließlich stehe ich wie immer tief in der Schuld von Christine Corton, die ihre eigene Arbeit ruhen ließ, um die Fahnen zu lesen, und die mir zusammen mit unseren Söhnen Matthew und Nicholas während des langen Entstehungsprozesses dieses Buches Kraft gegeben hat.

Richard J. Evans

Cambridge, im Mai 2016