INHALT

VORWORT

In den letzten Jahren sind in Deutschland mehrere Reporte zu Schwerpunktthemen erschienen, die in der öffentlichen Diskussion Beachtung finden. Neben dem seit vielen Jahren erscheinenden Menschenrechtsreport von amnesty international oder dem Grundrechtereport vor allem der Humanistischen Union gehen auch die alternativen Energieversorger oder auch der Umweltverband NABU mit seinem Artenschutzreport an die Öffentlichkeit. Doch für die Thematik, die eigentlich alle Bereiche des gesellschaftlichen wie auch des alltäglichen Lebens eines jeden Menschen betrifft, nämlich die Tierrechte, fehlte es bislang an einem Jahresreport. So schließt PETA Deutschland e.V., als Schwesterorganisation der weltweit größten Tierrechtsorganisation PETA USA, diese Lücke und bringt mit dem Jahr 2015 den alljährlichen Tierrechtsreport heraus. Zwar hat es immer mal wieder in der Vergangenheit diverse Tierschutzberichte gegeben, doch eben unregelmäßig und eben Tierschutzberichte und keinen Tierrechtsreport. Tierrechte haben unmittelbar und mittelbar mit Menschenrechten, Welthunger, Umweltverschmutzung, Klimawandel, Wasserknappheit, Bodenerosion, Regenwaldrodungen, Artenschutz, Biodiversität, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, menschlichen Erkrankungen oder dem Rechtsfrieden zu tun, der durch die Ausbeutung der Tiere in vielerlei Hinsicht nachhaltig gestört ist in Deutschland. Der Tierrechtsreport soll dem entgegenwirken.

Harald Ullmann

2. Vorsitzender von PETA Deutschland e.V.

Stuttgart, im Juli 2015

EINLEITUNG

Tierrechte sind, immer mehr auch im Bewusstsein der Öffentlichkeit, zu einem der am häufigsten, auch polarisierend, diskutierten Themen in Deutschland geworden; es geht eben nicht mehr „nur“ um Tierschutz, sondern um die Rechte von Tieren. In nahezu allen Lebensbereichen sind Tierrechte virulent, sei es im Bekleidungssektor (Leder, Pelz, Daunen, Seide, Wolle u.a.), bei der Ernährung (Fleisch, Milch, Eier, Butter, Gelatine u.a.), der Wissenschaft und Industrie (Tierversuche, Kosmetik- und Pflegeprodukte, Medikamente u.a.), dem Freizeit-, Unterhaltungs- und Vergnügungssektor (Tiere in Filmen, auf den Theaterbühnen, in der Kunst, im Zirkus, im Zoo, Jagd u.a.) und letztlich auch im unmittelbaren persönlichen Umfeld, der privaten Tierhaltung (Zootierfachhandel, Baumärkte mit Lebendtierverkauf, Handel mit Exoten, Tierheime u.a.). Jeden Tag, mehrmals, sind unsere Entscheidungen unmittelbar mit Tierrechten verbunden, ob mit den Lebensmitteln auf den Tellern, dem Kauf von Haushalts-, Kosmetikoder Pflegeprodukten oder der Freizeitgestaltung. Überall begegnen uns Tiere oder auch nur das, was aus Tieren hergestellt worden ist. Auch dass die Tierrechte unmittelbar mit der Welthunger-Situation, der Klimakatastrophe, dem Wassermangel und der globalen Umweltzerstörung verbunden sind, ist nachgewiesen und einer breiten Öffentlichkeit bewusst.

Tierrechte sind zum einen mit Empathie verbunden, bedingen sich sogar teilweise, zum anderen mit Gewaltfreiheit und einer veganen, also tierproduktfreien und damit leidfreien Lebensweise. Während auch rein anthropozentrische Gründe für eine vegane Lebensweise sprechen, sind die Tierrechte allein auf die Belange der leidensfähigen Mitgeschöpfe konzentriert. Körperliche Unversehrtheit und die Würde sind grundlegende Rechte, die den Tieren genauso zustehen wie dem Menschen. Eine Grenzziehung dahin, wie die Tierschutz- und eben nicht die Tierrechtsgesetzgebung es in Deutschland vorgibt, dass „nur“ Wirbeltiere unter den eigentlich ethisch ausgelegten, in der Wirklichkeit jedoch zum Nutzen der Menschen ausgelegten Tierschutz fallen sollen, kennen die Tierrechte nicht, auch wirbellose Tiere (z.B. Hummer, Thun-, oder Tintenfische, Krabben, Insekten, Bienen, Raupen etc.) haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Der Tierrechtsreport 2015 gibt einen Einblick in die wichtigsten Bereiche der Tierrechte, die auch in der gesellschaftlichen Diskussion im Fokus stehen. Es gibt viele Tierschutzverbände, aber nach wie vor nur wenige Tierrechtsorganisationen, die die „Befreiung der Tiere“ um ihrer selbst willen vertreten und vorantreiben. Dieser Report bietet Einblicke in diese Arbeit.

1 | Ein Marderhund im winzigen Drahtgitterkäfig einer Pelzfarm in China. Die Tiere werden weltweit insbesondere für Pelzkrägen an Parkas getötet.

2 | Auf großen Pelzfarmen, wie hier in China, sind Zehntausende Nerze, Marderhunde oder Füchse auf engstem Raum eingesperrt.

3 | Auf Pelzmärkten werden die Tiere lebendig feilgeboten. Die Pelzfarmer zertrümmern den Tieren mit Eisenstangen den Schädel, was einige Tiere jedoch noch mehrere Minuten überleben.

4 | Am Rande des chinesischen Pelzmarkts werden einige Marderhunde teils noch lebendig gehäutet. © PETA / Manfred Karremann

BEKLEIDUNG

PELZTIERZUCHT UND PELZHANDEL IN DEUTSCHLAND

HISTORIE UND AKTUELLER STAND

Die gewerbliche Zucht von Tieren zur Gewinnung von Pelzen begann in Deutschland in den 1920er Jahren. Hierzulande wurden über die letzten Jahrzehnte meist Amerikanische Nerze, Iltisse, Füchse, Sumpfbiber und Chinchillas auf Farmen gezüchtet. In den 80er und 90er Jahren wurden hierzulande noch um die 400.000 Tiere für Pelz getötet.1

Im Dezember 1999 traten die vom Europarat erarbeiteten Empfehlungen für das Halten von Pelztieren in Kraft.2 Der Wissenschaftliche Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der Kommission der Europäischen Gemeinschaften stellte jedoch im Dezember 2001 in seinem Bericht zur Pelztierhaltung erhebliche Defizite aus Tierschutzsicht fest.3 Diese resultierten insbesondere aus unzureichenden Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere, weshalb das Bundesministerium Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem Bundesrat 2005 einen Verordnungsvorschlag mit konkreten Verbesserungsvorschlägen zuleitete, der auch neue Studien mit einbezog. Die Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung trat 2006 in Kraft. Damit hatte das Parlament nach knapp 15 Jahren Beratungszeit erstmalig Haltungsvorgaben für sogenannte Pelztiere beschlossen. Nach einer Übergangszeit von 5 Jahren traten am 11. Dezember 2011 die Änderungen in Kraft, dass zum Beispiel Nerzkäfige nicht mehr übereinander gestapelt sein durften, und jedem Nerz musste eine Grundfläche von mindestens einem Quadratmeter zur Verfügung stehen.4

Viele Nerzfarmbetreiber schlossen aufgrund dieser Haltungsverschärfungen bis 2011 ihren Betrieb. Die verbliebenen 12 Nerzfarmer reichten bei den zuständigen Verwaltungsgerichten jedoch Klage gegen die von den jeweiligen Kreisen zuvor angeordnete Auflösung der Nerzzucht ein, da die Betreiber sich weigerten aufzurüsten. Aktuell werden nach einigen außergerichtlichen Vergleichen und Nerzfarmschließungen nur noch 8 Nerzfarmen in Deutschland aktiv betrieben mit schätzungsweise noch 100.000 Tieren.5 Die Nerzfarmen befinden sich im Norden und Osten Deutschlands sowie eine Farm in Nordrhein-Westfalen. Lediglich ein Farmer in Sachsen-Anhalt ist den Aufforderungen der Verordnung nachgekommen und hat einen Teil seiner Käfige 2012 nachträglich vergrößert.6 Ein letztinstanzliches Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht zur von den Züchtern obemängelten Verfassungsmäßigkeit der Pelztierhaltungsvorgaben steht in den laufenden Verfahren noch aus.

Ein Pelzfarmverbot wird von Tierrechtlern und Tierschützern intensiv seit den 80er Jahren für die Bundesrepublik gefordert. Bei seiner Novelle des Tierschutzgesetzes schlug der Bundesrat 2012 sogar ein Pelzfarmverbot vor, da Pelze Luxusgüter seien, die sich funktional durch Kunstpelze ersetzen ließen. „Es besteht kein vernünftiger Grund, Pelztiere zur Pelzgewinnung zu halten und zu töten“, folgerte dazu der schriftführende Agrarausschuss des Bundesrates.7 Das Pelzfarmverbot wurde jedoch durch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag aus dem Gesetzesentwurf gestrichen.8

In Deutschland existiert bis heute keine spezifische nationale Deklarationspflicht von Echtpelzen, die verständliche und deutliche Angaben zur verwendeten Tierart, der Herkunft des Tieres und Tierhaltung sowie der Art der Gewinnung macht, wie sie etwa seit 2014 in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben ist.9 Nach der seit Mai 2012 gültigen EU-Verordnung Nr. 1007/2011 müssen Textilien nur mit dem Hinweis versehen werden „Enthält nichttextile Bestandteile tierischen Ursprungs“.10 Seit dem 9. November 2014 ist diese Angabe nach einer Übergangszeit verpflichtend für Modehändler. Eine weiterführende Initiative von Animals Liberty für eine detailliertere Kennzeichnungspflicht bei echten Pelzprodukten lehnte die Bundesregierung bei einer Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages am 13. Oktober 2014 ab und verwies auf die bestehende EU-Verordnung und deren Evaluation. Im Winter 2014 fand PETA beispielsweise eine nicht deklarierte Mütze mit Fellbommel der deutschen Strickwarenfirma Stöhr, bei der die Laboranalyse Marderhund als Tierart ergab.

Der Handel mit Echtpelzen ist in Deutschland weitestgehend legal. Mit der EU-Verordnung 1007/2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen wurde in Europa ein weitgehendes Handelsverbot für Robbenprodukte beschlossen und ist 2010 in Deutschland in Kraft getreten.11 Vorangegangen waren jahrzehntelange Proteste von Tierschutzgruppen aus ganz Europa. Das WTO-Schiedsgericht lehnte die Klage von Kanada und Norwegen gegen die EU-Verordnung im Mai 2014 mit der Begründung ab, dass eine Regulierung aufgrund der moralischen Vorbehalte der EU-Bürger gegen das Robbentöten für Pelze zulässig ist.12 Lediglich die Ausnahmeregel für den Handel der Inuit müsse überarbeitet werden, und die EU und Kanada einigten sich auf eine Überarbeitung bis Oktober 2015.13 Zudem ist der Import und Handel von Hunde- und Katzenpelzen seit 2008 in Deutschland untersagt.14 Ausschlaggebend hierfür waren Recherchen von PETA in China, die den dortigen Handel mit Pelzen von Hunden und Katzen aufgedeckt hatten.15 Die EU hat zudem seit 1995 den Einsatz von Tellereisen bei der Fallenjagd verboten sowie den Import von Pelzen, die mit Hilfe von nicht humanen Tellereisen gefangen wurden, untersagt.16

Die erfolgreichsten Modeketten in Deutschland sind nach Protesten von Tierrechtlern in den 90er Jahren bis heute mittlerweile pelzfrei. Die umsatzstärksten Firmen wie Otto Group, H&M, C&A oder ESPRIT verkaufen ausschließlich moderne Kunstpelze. Wegen des Verkaufs von Echtpelz stehen Modehäuser wie Peek & Cloppenburg Düsseldorf, Breuninger, Wöhrl oder das Label Bogner und Marc Cain jedoch weiterhin in der Kritik von Tierrechtlern und es kommt zu bundesweiten Demonstrationen vor entsprechenden Filialen.

Quellen:

1 Haferbeck, Dr. Edmund (1990): Pelztierzucht: Das sinnlose Sterben. Echo Verlag.

2 Pelztier-Empfehlung v. 22.06.1999 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen www.coe.int/t/e/legal_affairs/legal_co-operation/biological_safety_and_use_of_animals/farming/Rec%20fur%20animals%20E%201999.asp (abgerufen am 06.02.2015)

3 Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz der Europäischen Kommission zum Tierschutz bei Pelztieren v. 12./13.12.2001 ec.europa.eu/food/animal/welfare/international/out67_en.pdf (abgerufen am 06.02.2015)

4 Dritte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, BR-Drs 437/05: dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP16/61/6191.html (abgerufen am 06.02.2015)

5 Übersichtskarte auf: pelz.peta.de/nerzfarmen-in-deutschland (abgerufen am 06.02.2015)

6 Antwortschreiben vom 10.12.2012 der Staatsanwaltschaft Stendal nach erfolgter Strafanzeige von PETA Deutschland e.V. gegen die B. GmbH in Grabow

7 Siehe BR-Empfehlung der Ausschüsse vom 25.06.2012, BR-Drucksache 300/1/12 unter DIP-Vorgang dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP17/451/45177.html

8 Antwort der Bundesregierung vom 29.08.2012 auf die Stellungnahme des Bundesrates - BT-Drucksache 17/10572 unter DIP-Vorgang dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP17/451/45177.html

9 Schweizer Pelzdeklaration beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV: www.blv.admin.ch/themen/handel_wild/05116/05181/index.html?lang=de

10 Artikel 12 EU-Textilkennzeichnungsverordnung www.textilkennzeichnungsverordnung.de/textilkennzeichnungsverordnung/index.html

11 Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (ABl. EG Nr. L 286 S. 36)

12 WTO Dispute DS400 www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/cases_e/ds400_e.htm & DS401 www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/cases_e/ds401_e.htm

13 WTO Dispute DS400 www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/cases_e/ds400_e.htm & DS401 www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/cases_e/ds401_e.htm

14 Verordnung (EG) Nr. 1523/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 über ein Verbot des Inverkehrbringens sowie der Ein- und Ausfuhr von Katzen- und Hundefellen sowie von Produkten, die solche Felle enthalten, in die bzw. aus der Gemeinschaft (ABl. EG Nr. L 343 S. 1)

15 ZDF 37° Grad Reportage: Kater Benny vermisst, 04.10.2005

16 Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. EGNr. L 308 S. 1)

1 | In den Schlachthäusern von Dhaka, Bangladesch, wird verängstigen Rindern ohne vorherige Betäubung ihre Kehle aufgeschnitten. © PETA / Manfred Karremann

2 | In China existieren spezielle Schlachthäuser für Hunde. Die Arbeiter versuchen mit Knüppeln den Schädel der Tiere zu zertrümmern, was häufig zu einem langsamen und qualvollen Tod führt. © PETA Asien

LEDERPRODUKTION

TIERRECHTE, MENSCHENRECHTE, UMWELTSCHUTZ

„Kunstleder wird so raffiniert hergestellt, dass es auf den ersten Blick nicht erkennbar ist“, sagte Thomas Schröer vom Verband der Deutschen Lederindustrie (VDL) 2014 gegenüber der dpa.1 Aus Sicht von Tieren wie Rindern, Ziegen, Schafen und Schweinen eine gute Nachricht. Denn die Haltung, der Transport und die Schlachtung der Tiere findet heutzutage meist in China, Indien oder Brasilien statt, also in Ländern, die entweder über gar kein oder nur mangelhaft vollzogenes Tierschutzgesetz verfügen.

Die globale Lederindustrie setzt schätzungsweise über 80 Milliarden US-Dollar im Jahr um.2 In Deutschland erzielte die Lederwaren- und Kofferindustrie einen Gesamtumsatz von 507,5 Millionen Euro. Für 2014 schätzte der Deutschen Lederwaren-Einzelhandels (BLE) das Marktvolumen von Lederwaren in Deutschland auf etwa 2,4 Mrd. Euro zu Endverbraucherpreisen.3 So deckte das Magazin Kassensturz im Schweizer Fernsehen illegale und betäubungslose Schlachtungen von Rindern und überfüllte Tiertransporte auf.4 Die genaue Herkunft der Rinderhäute lässt sich für die Hersteller von Lederschuhen meist nicht nachvollziehen. Hinzu kommen umweltschädigende Gerbereien, die die Arbeiter an Asthma, Ausschlägen und Lungenproblemen leiden lassen durch die Nutzung mehrerer giftiger Substanzen. Der Chemiecocktail wird häufig ungeklärt in angrenzende Flüsse und Gewässer geleitet, wodurch die Umwelt zerstört wird und Fische, Amphibien und Vögel sterben. Nach Schätzungen von PETA Indien werden im Land rund 30.000 illegale Schlachthöfe betrieben, in denen meist nachts Kühe aus der Milchindustrie getötet werden. In einzelnen Bundesstaaten wie Kerala oder Westbengalen sind zudem Kuhschlachtungen unter bestimmten Bedingungen legal.5 Nach Gesprächen mit PETA Indien, dem Ministerium und der Parlamentarierin Maneka Gandhi hat die Central Board of Secondary Education in Indien an über 18.000 Schuleinrichtungen die Empfehlung ausgesprochen, ein Verbot von Lederschuhen einzuführen.6

In China deckte PETA Asien die Hundelederindustrie auf. Einem verdeckten Ermittler gelang es, in der chinesischen Provinz Jiangsu Videoaufnahmen von Arbeitern bei der im regionalen Handel üblichen Schlachtung von Hunden zu machen. Ein Mitarbeiter sagte dem Ermittler, dass in der Einrichtung jeden Tag 100 bis 200 Hunde erschlagen und gehäutet werden. In Manufakturen werden die Hundehäute schließlich zu Damenhandschuhen verarbeitet und beispielsweise als „Schafsleder“ in die ganze Welt verkauft. Ein Fabrikbesitzer sagte dem Ermittler zum damaligen Zeitpunkt, er habe etwa 30.000 Stück des halbverarbeiteten Hundeleders auf Lager.7 China ist aktuell der größte Importeur, Verarbeiter und Exporteur von Tierhäuten. Durch die immense Abwasserverschmutzung durch Gerbereien sah sich die chinesische Regierung 2014 sogar gezwungen, eine gesetzliche Gewässerschutzregulierung zu beschließen, die bis zu 45 Prozent der rund 3000 chinesischen Gerbereien vermutlich nicht erfüllen könnten.8 Auch die Häute von deutschen Kühen gehen zur Weiterverarbeitung und Gerbung meist nach China, Thailand, Vietnam oder Pakistan, bis sie als fertige Lederprodukte wieder im Laden auch in Deutschland stehen.

Die Rückstände der Ledergerbung sind für Menschen eine allgegenwärtige Gesundheitsgefahr. Insbesondere das hochallergene und krebsauslösende Schwermetall Chrom(VI) findet sich immer wieder in Lederartikeln wie Schuhen oder Handschuhen. Auf Anfrage von PETA gab beispielsweise das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz an, dass von Januar 2012 bis Mitte 2014 199 Lederproben genommen wurden, wovon 29 Produkte wegen gefährlicher Chrom VI-Konzentrationen beanstandet werden mussten. In Baden-Württemberg wurden 16,8 Prozent der Ledererzeugnisse in den Jahren 2010 bis 2014 wegen giftigem Chrom(VI) bemängelt. Die Folge chrombelasteter Lederwaren sind häufig chronische Allergien mit extremen Hautausschlägen. Bereits eine halbe Million Menschen in Deutschland sollen laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung von einer derartigen Sensibilisierung betroffen sein.9

Das Angebot an tierfreien Schuhen oder Taschen vergrößerte sich 2014 kontinuierlich. Als erster großer internationaler Modekonzern brachte ESPRIT eine Damenschuhkollektion mit dem PETA-Approved Vegan-Logo in die Stores und in seinen Onlineshop. Lederfreie Schuhe von The No Animal Brand und gx by Gwen Stefani befeuern den Trend zu veganer Mode. Im Automobilsektor sind auf Anregung von PETA Deutschland die neuen smart-Modelle der Daimler AG in der Grundausstattung mit komplett lederfreier Innenausstattung erhältlich.10

Quellen:

1 www.focus.de/kultur/mode/mode-kunstleder-ist-fuer-laien-nicht-erkennbar_id_4240609.html (abgerufen am 02.04.2015)

2 Mwinyihija, Mwinyikione (2014): Emerging World Leather Trends and Continental Shifts on Leather and Leather goods Production. Leather and Leather Products Institute (LLPI-COMESA), Ethiopia. Vol. 1 (1), pp. 01–13

3 Lederwarenbranche: Durchwachsenes Jahr. Textilwirtschaft online vom 02.03.2015 http://www.textilwirtschaft.de/business/Lederwarenbranche-Durchwachsenes-Jahr_96095.html?a=1 (abgerufen am 02.04.2015)

4 Das große Leiden für unser Leder, Kassensturz vom 17.12.2014, SRF www.srf.ch/konsum/themen/konsum/das-grosse-leiden-fuer-unser-leder (abgerufen am 04.05.2015)

5 Ministry of Agriculture, Government of India: Main features of legislations enacted by the States / UTs on cow slaughter, Annex II (8), Paragraph 17.4: http://dahd.nic.in/ch2/an2.8.htm (abgerufen am 04.05.2015)

6 Veganblog.de/2014/02/27/lederschuhe-sollen-aus-indischen-schulen-verschwinden (abgerufen am 04.05.2015)

7 leder.peta.de (abgerufen am 04.05.2015)

8 Leatherbiz: China’s new wastewater standards could force 45% of tanneries there out of business. http://leatherbiz.com/fullitem.aspx?id=133485 (abgerufen am 04.05.2015)

9 BfR (2007): Chrom (VI) in Lederbekleidung und Schuhen problematisch für Allergiker! www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2007/10/chrom__vi__in_lederbekleidung_und_schuhen_problematisch_fuer_allergiker_-9570.html (Abgerufen am 05.05.2015)

10 PETA.de/die-neuen-smart-modelle-fortwo-und-forfour-mit-komplett-lederfreier

1 | Verletzte Schafe mit wenig Wollertrag wurden auf australischen Farmen vor den Augen ihrer Artgenossen erschossen oder sogar geschlachtet. © PETA USA

2 | Viele Arbeiter in australischen Schurställen schlugen unruhige Schafe während der Schur. © PETA USA

3 | In China werden Angorakaninchen unter extremen Schmerzenschreien lebendig gerupft. © PETA Asien

WOLLPRODUKTION UND MULESING

DAS BLUTIGE GEMETZEL

Eine internationale Undercover-Recherche von PETA USA deckte 2014 auf, dass Arbeiter in den USA und in Australien, dem weltgrößten Exportland für Wolle, Schafe während der Schur schlugen, traten, herumwarfen, auf ihnen herumtrampelten, sie verstümmelten und sogar töteten. Verletzte und unprofitable Schafe wurden vor den Augen ihrer Artgenossen erschossen und sogar geschlachtet. Die Ermittler besuchten über mehrere Monate stichprobenartig 19 verschiedene Schurställe in Australien und 14 Farmen in den USA.1 Heutzutage scheren spezialisierte Schurdienstleister die Mehrheit der Schafe in Australien. Allein „Down Under“ beobachteten die PETA USA-Ermittler 70 Arbeiter, die für neun verschiedene Schurdienstleister Schafe in den Bundesstaaten Victoria und New South Wales – Australiens top-wollproduzierende Staaten – und South Australien quälten. Pro Jahr können diese Arbeiter bis zu 4 Millionen Schafe scheren. Die Scherer werden dabei häufig nach Anzahl der geschorenen Schafe bezahlt, die Schur eines Schafes dauert im Schnitt nur 2 Minuten. Dies führt zu schneller, gewalttätiger Arbeit und kann zu schlimmen Schnittverletzungen an den Körpern der Schafe führen – auch am Penis, den Ohren oder im Gesicht. Klaffende Schnittverletzungen wurden betäubungslos mit Nadel und Faden zusammengenäht. Auch nach Deutschland gelangen Wollprodukte, die auf diese extrem tierquälerische Art gewonnen wurden.

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