Inhalt

  1. Titel
  2. Impressum
  3. Vorwort
  4. 1. Die Nimmersatten: Wie die öffentlich-rechtliche Geldmaschinerie aus den Fugen geriet
  5. Eisernes Sparen und die Wirklichkeit
  6. Bezahlt wird immer: Die ARD-ZDF-Steuer ab 2013
  7. Der vergessene Auftrag: Information, Bildung, Beratung, Unterhaltung
  8. Zahnloser Tiger: Die Finanzkommission KEF
  9. Pokerface ARD und ZDF: Niemand lässt sich in die Karten schauen
  10. Kaufen macht Spaß: Der unersättliche Appetit nach Inhalten
  11. Selbstherrlichkeit in den Chefetagen
  12. Vorbild Frankreich und Spanien: Der Werbeverzicht
  13. Im Dickicht der Beteiligungen
  14. Eine Liebesbeziehung: Die Sender und die Politik
  15. 2. Hollywood, wir kommen!: Das undurchsichtige Geschäft mit den Fernsehinhalte
  16. Der Absturz des »Ufo« im Skandalsender MDR
  17. Wie sich korrupte Manager am Kinderkanal bereichern
  18. Wie eine NDR-Managerin an sich selbst verkauft
  19. Die Degeto in Schieflage
  20. Warum ARD und ZDF in Hollywood in der zweiten Reihe sitzen
  21. Die Expansion der kommerziellen Töchter in die USA
  22. Peter Pan in Cannes: ZDF-Geschäfte mit Börsenunternehmen
  23. Das Hollywood der Gebührenzahler: Bavaria Film
  24. Die tiefroten Zahlen der Cinemedia
  25. Studio Hamburg in schwierigem Fahrwasser
  26. Reine Privatsache
  27. 3. Wer wird Millionär?: Wie Moderatoren und Medienmanager lukrative Geschäfte mit ARD und ZDF betreiben
  28. Doppelt verdient hält länger: Starmoderatoren im Gebührenfernsehen
  29. Doppelt kassieren: Der Fall der RTL-Ikone Günther Jauch bei der ARD
  30. Dukatenesel: Markus Lanz als Wetten, dass..?-Moderator und Produzent
  31. Trommeln für den Börsengang: Johannes B. Kerner und sein Einsatz für Air Berlin
  32. Altersheim Hollywood: Günter Struve und sein ARD-Büro in Los Angeles
  33. Heimatmelodie: Warum sich das ZDF an einem Bezahlsender in Polen beteiligt
  34. Transparenz, nein danke: ARD und ZDF im Visier von Transparency International
  35. 4. Komödienstadel: Welchen Luxus sich Rundfunkanstalten gönnen
  36. Draufzahlgeschäft Bundesliga
  37. Fußballmonopol, Quote, Marktversagen
  38. Das schlechte Gewissen: Alles Fußball oder was?
  39. Dabei sein ist alles! ARD und ZDF bei den Olympischen Spielen in London
  40. Alles digital: Zuschauerbeglückung mit neuen Digitalkanälen
  41. Der Tabubruch: Ein ehemaliger Gründungsintendant redet Tacheles
  42. Kampf gegen die Vergreisung: Der Wunsch nach einem Jugendkanal
  43. Tatort Köln-Bocklemünd: Die Mutation der GEZ zur Beitragszentrale
  44. MDR-Fernsehballett im Kaukasus: Geburtstagstänze für einen Despoten
  45. Bambi: Der MDR und Burdas großer Starauflauf
  46. Selbstbefruchtung: Die Preisvergabe des Adolf-Grimme-Instituts
  47. Sparen nach schwäbischer Art
  48. 5. Lost in Translation: Die absurde Eroberung des Internets
  49. »Alles Weitere finden Sie im Internet unter Tagesschau.de«
  50. Bürokratisches Monstrum: der Dreistufentest
  51. Das Wunder von Dresden
  52. ARD und ZDF planen das YouTube Deutschlands
  53. Misslungener Schulterschluss
  54. Das Duell mit den Verlegern
  55. Facebook zu Diensten
  56. 6. Politischer Frühschoppen: Die gefährliche Symbiose des Gebührenfernsehens mit der Politik
  57. Die Mär von der Staatsferne
  58. Politisches Lehrtheater auf dem Mainzer Lerchenberg
  59. Kniefall vor der Politik: Der Fall des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender
  60. Everybody’s Darling: Ulrich Wilhelm – vom Merkel-Sprecher zum Senderchef
  61. Nur eine Formsache: Die Wiederwahl der WDR-Intendantin Monika Piel
  62. In aller Freundschaft: Wie die Politik das Gebührenfernsehen fördert
  63. Scheinheiliges Sparen
  64. Teure Kakophonie der Medienwächter
  65. Der Rundfunkstaat im Staat – Ein Besuch beim ORF in Wien
  66. 7. Alles unter Kontrolle?: Vorschläge gegen das Verprassen von Gebühren
  67. Freiheit statt Obrigkeitsstaat: Das Internet macht die Grundversorgung überflüssig
  68. Aus zwei mach eins? Wie die ARD/ZDF-Steuer gesenkt werden kann
  69. Das Milliardenspiel: Wie der Teufelskreis durchbrochen werden kann
  70. Eine Zukunftsoption: Das freiwillige öffentlich-rechtliche Bezahlfernsehen
  71. Mehr Transparenz: Der Gebührenzahler als Aktionär von ARD und ZDF
  72. Auf schwedische Art: Der Kampf gegen Bestechung und Geldverschwendung
  73. Aus für Parteigänger: Die notwendige Entpolitisierung des Gebührenrundfunks
  74. Fair Trade: Die Privatisierung der kommerziellen Töchter von ARD und ZDF
  75. Wie die Sender zu Qualität zurückfinden können
  76. 8. Besseres Fernsehen für weniger Geld
  77. Dank
  78. Anmerkungen
  79. Literatur
  80. Personenregister

Hans-Peter Siebenhaar

DIE NIMMERSATTEN

Die Wahrheit über das
System ARD und ZDF

BASTEI ENTERTAINMENT

Umschlaggestaltung: Pauline Schimmelpenninck, Büro für Gestaltung, Berlin

Umschlagmotiv: © missbehavior.de

E-Book-Produktion: Greiner & Reichel, Köln

Vorwort

»Nein, schreib das Buch nicht!«, empfahl mir ein langjähriger Kollege, als ich gerade ansetzte, die süßliche Himbeer-Tartelette im Düsseldorfer Bistro »Münstermann« zum Abschluss unseres Mittagessens zu vertilgen. Seine klare Ansage stieß mir sauer auf. Denn all jene, denen ich schon vorher von meiner Buchidee erzählt hatte, über das absurde System von ARD und ZDF schreiben zu wollen, hatten mir ebenfalls gebetsmühlenartig abgeraten. »Da machst du dir nur Feinde. Du weißt selbst, wie nachtragend die sind«, hielt er mir entgegen. »Da werden dir die Türen in Zukunft für immer verschlossen sein.« Ähnliches hatte ich bereits von langjährigen Freunden aus dem Mediengeschäft gehört. Sogar meine Mutter wollte mir das Projekt ausreden: »Muss das denn sein?«, fragte sie mich mit sorgenvoller Miene.

Schon als Student hatte ich als freier Autor für den Hörfunk des Bayerischen Rundfunks (BR) das paradiesische System der Öffentlich-Rechtlichen kennen gelernt. Damals, als die Herren Redakteure noch mit Fahrer zu den Terminen chauffiert wurden. Für die Recherchen zu einem meiner Features im Radio Bayern 2 mit dem Titel »Revue der Explosionen« war dem Sender nichts zu teuer, nichts zu aufwendig. Ich freute mich über die Großzügigkeit. Um eine Bombenexplosion von drei Sekunden aufzunehmen, tourten wir damals mit einem Übertragungswagen samt Toningenieur zum Truppenübungsplatz Manching bei Ingolstadt. Ich ließ die Mikrofone aufstellen, die Truppe trat mit ihrem Mannschaftsführer in Reih und Glied an und brachte anschließend im sandigen Boden des Bundeswehrgeländes eine Explosion zustande, die meterhoch den Sand in dem ansonsten trostlosen Gelände durch die Luft wirbelte. Ich war von den drei Sekunden, die wir aufgenommen hatten, begeistert. Nur der Toningenieur nicht. Der Knall war ihm zu dumpf.

Damals ahnte ich noch nicht, dass ich mein halbes Leben mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbringen sollte – nicht als unkündbarer Angestellter, sondern als unabhängiger Beobachter. Beim BR wollte ich schon damals nicht anheuern. Mit seinen komplizierten Intrigen, der politischen Vetternwirtschaft und der ausufernden Bürokratie – bitte mit drei Durchschlägen! – erschien mir als Student der Sender stinklangweilig. Die Böden rochen nach Linoleum, und die CSU hatte die Anstalt fest im Griff. So bin ich zu Zeiten, als die Bilder des Privatfernsehens gerade laufen lernten, zur Zeitung gegangen – unabhängig, frei und frech wollte ich berichten und kommentieren, vor allem über die damals boomende Medienbranche. Volontariat, anschließend Dissertation, dann schließlich Redakteur – den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte ich dabei immer fest im Blick. Seit über zwölf Jahren arbeite ich nun als Medienexperte des Handelsblatts in Düsseldorf. Bei meinen Reisen quer durch Deutschland habe ich mit allen ARD-Vorsitzenden und ZDF-Intendanten seit der Jahrtausendwende gesprochen und diskutiert. Manche haben sich wie Staatsmänner selbst zelebriert. Eigentlich gar nicht so absurd. Schließlich sind sie die Herrscher des größten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, das es jemals in der deutschen Geschichte gab.

Ich gehöre zu einer Generation, die nur mit ARD, ZDF und den Dritten aufgewachsen ist. Das prägt. Karl-Heinz Köpcke war als Tagesschau-Moderator noch der heimliche Regierungssprecher. Um 20 Uhr lauschte die Nation, welche Wohltaten Bonn mal wieder beschlossen hatte. Zum Abschluss des Fernsehabends wurde die Nationalhymne gespielt. Im Bayerischen Rundfunk gab es noch die Bayernhymne gratis dazu, die ich ohnehin als gebürtiger Franke nur schwer ertragen konnte. Anschließend gab es nur Rauschen.

Ich las damals lieber Bücher. Denn öffentlich-rechtliches Fernsehen – wenn auch schon in Farbe – war sterbenslangweilig. Dieter Thomas Heck sagte immer noch in Affengeschwindigkeit Schnulzensänger am frühen Samstagabend im ZDF an, Hans Rosenthal sprang bei Dalli Dalli noch einen halben Meter in die Luft, und Wim Thoelke tauschte mit den Animationsfiguren Wum & Wendelin laue Kalauer aus. Wir aber hörten Einstürzende Neubauten und sahen Apocalypse Now und fanden die Late-Night-Show von David Letterman aus den USA cool. ARD und ZDF – das war das Fernsehen der anderen.

Heute geht es jungen Menschen ähnlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk vergreist. Das Durchschnittsalter der Zuschauer von ARD und ZDF liegt jenseits der 60 Jahre, bei den Dritten sieht es noch schlimmer aus. Politiker sprechen immer von der Mitte der Gesellschaft. Wenn es die geben sollte, dann haben sich ARD und ZDF davon meilenweit entfernt. Steif, konventionell, schnulzig – das Gebührenfernsehen erreicht nur noch einen Teil der Gesellschaft. Und der Unmut darüber wächst.

Noch vor fünf Jahren gab es zu kritischen Beiträgen über das schiefe System von ARD und ZDF noch zweigeteilte Meinungen. Die eine Hälfte der Leser verstand nicht, warum die Öffentlich-Rechtlichen kritisiert wurden, denn die Privaten würden ohnehin nur Schmutz und Schund senden, der anderen Hälfte war die Kritik nicht fundamental und radikal genug. Sie hatten alle Sympathie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verloren. Heute hat sich das Blatt komplett gewendet. Die Reaktionen fallen durchwegs negativ aus. Angesichts der vielen Skandale um Bestechung, Vetternwirtschaft und Misswirtschaft haben die Nimmersatten offenbar in weiten Teilen der Gesellschaft den Rückhalt verloren. In einer Zeit, in denen Staaten wie Griechenland und Spanien in den wirtschaftlichen Abgrund blicken, wirkt der aus GEZ-Gebühren finanzierte Selbstbedienungsladen der Rundfunkanstalten wie ein Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert. Doch dieser Eindruck täuscht.

Ab 1. Januar 2013 wird durch die Einführung der Haushaltsgebühr das mediale Absurdistan bis auf den Sankt-Nimmerleins-Tag finanziert. Aus der Kirche kann jeder austreten, der den Glauben an Gott verloren hat, aus dem System von ARD und ZDF aber nicht. Vorbei die Zeit, in der Verzicht auf einen Fernseher oder Radio vor dem Bezahlen der GEZ-Gebühr geschützt hat.

Ein Grundprinzip unseres Staatswesens ist eine ständige Kosten-Nutzen-Analyse. Gerade in Zeiten des knappen Geldes müssen wir die Verwendung von Steuergeldern genau prüfen und gegebenenfalls alte Zöpfe abschneiden. Das gilt auch für ARD, ZDF und Deutschlandradio mit ihren 25 000 Angestellten und Zehntausenden an freien Mitarbeitern. Hinter der Worterfindung »Haushaltsgebühr« verbirgt sich nichts anderes als eine ARD-ZDF-Steuer. Doch eine detaillierte Rechenschaft legen die Anstalten und ihre Kontrolleure nicht ab. Ein undurchsichtiges System, das jährlich über 7,5 Milliarden Euro allein an Gebührengeldern verbrennt, ist entstanden.

Über Jahrzehnte haben sich ARD und ZDF gegen eine Ökonomie des Gebührenfernsehens erfolgreich gewehrt. Es war in den vergangenen Jahrzehnten komfortabel, darauf zu verweisen, dass man per Rundfunkstaatsvertrag den Auftrag zu Unterhaltung, Information und Bildung hat. Durch so eine bequeme Haltung kann man der zentralen Frage ausweichen, ob ARD und ZDF im Zeitalter von Apple, Google, YouTube und Facebook überhaupt noch in diesem Umfang notwendig sind. Allein schon die Frage gilt als Provokation. Darf sie überhaupt gestellt werden?

Ja, ich musste dieses Buch schreiben. Möglicherweise gibt es nun Beschwerdebriefe aus den Chefetagen? Möglicherweise wird die Wahrheitssuche über das System ARD und ZDF in Buchform von ihren Fernseh- und Radioprogrammen totgeschwiegen? Möglicherweise bleibt die eine oder andere Tür reformunwilliger Intendanten aus Ärger über die offengelegten Fakten für immer verschlossen? Doch das darf keine Rolle spielen – bei der Wahrheitssuche über das System der Nimmersatten.

Dieses Buch ist eine Reise durch den Kosmos des Gebührenfernsehens. Auf dieser Reise begegnet man korrupten Managern, die den Sinn für Recht und Gerechtigkeit verloren haben, selbstgefälligen Führungskräften, die in ihrem Expansionsdrang Millionen zum Fenster hinauswerfen, eigensüchtigen Politikern, die ARD und ZDF seit Jahren missbrauchen, aber auch vielen ganz normalen Menschen, die vor dem wuchernden System der Nimmersatten längst resigniert haben. Bei dieser Reise geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um Einblicke in eine für den Gebührenzahler fremde Welt. Die Einführung einer ARD-ZDF-Steuer im Januar 2013 ist ein Wendepunkt. Der Bürger kann dem System nicht mehr entrinnen. Doch vielleicht ist sie auch der Beginn einer gesellschaftlichen Debatte, welchen Sinn der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer digitalen Mediengesellschaft überhaupt noch macht. Dieses Buch soll ermutigen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fundamental zu überdenken und endlich zu handeln – außerhalb des politischen Mainstreams. Die radikalen Reformvorschläge am Ende sollen einen Beitrag zu einem längst überfälligen Neuanfang leisten.