MIT ZIMMERPFLANZEN
Die Raumluft in unseren Häusern und Wohnungen ist oft stärker verunreinigt, als wir es für möglich halten. Haushaltsprodukte, synthetische Stoffe in Baumaterialien und Farben oder Möbeln geben unbemerkt flüchtige organische Verbindungen an die Umgebung ab, die der Gesundheit schaden können. Durch regelmäßiges Lüften lässt sich die Raumluft austauschen. Pflanzen mit luftreinigender Wirkung können zusätzlich den Sauerstoffgehalt und die Luftfeuchtigkeit erhöhen sowie Schadstoffe aus der Raumluft filtern.
Warum der Mensch von lebendigem Grün angezogen wird und sich damit umgeben will, ist Wissenschaftlern noch weitgehend ein Rätsel. Tatsache aber ist, dass Pflanzen ihm gut tun. Der amerikanische Forscher Dr. Bill Wolverton sollte 1984 im Auftrag der US-Raumfahrtbehörde NASA nach Wegen suchen, wie sich die Luft in Raumstationen verbessern lässt. Er setzte unterschiedliche Zimmerpflanzen in gasdichten Kammern verschiedenen Schadstoffen, zum Beispiel Formaldehyd, in hoher Konzentration aus. Im Ergebnis zeigte sich, dass bestimmte Pflanzen bestimmte Schadstoffe effektiv filtern können. Mit Messungen wies er nach, wie schnell die Schadstoffbelastung in den Kammern abnahm. In ihrer »Clean Air Study« stellte dann 1989 die NASA eine erste Liste von luftreinigenden Pflanzen zusammen (siehe Kapitel »Luftreinigende Pflanzen im Porträt«). Diese wandeln nicht nur Kohlendioxid in Sauerstoff um, sondern können auch die Konzentration von Formaldehyd, Benzol, Xylol, Trichlorethylen und anderen Schadgasen in geschlossenen Räumen verringern. In den vergangenen 20 Jahren haben international Arbeitsgruppen sich verstärkt diesem Thema gewidmet. Von den unterschiedlichsten Forschungseinrichtungen weltweit wurden die physikalisch-chemischen Wirkungen von Pflanzen auf das Raumklima untersucht. Heute ist man sich einig, dass Zimmerpflanzen das Raumklima verbessern, indem sie vor allem die Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffkonzentration erhöhen und somit den Anteil der schwebenden Staubpartikel verringern. Diese bilden nicht nur eine Staubschicht auf den Möbeln, sondern transportieren auch verschiedene Schadstoffe, die von Bodenbelägen, Teppichen oder Tapeten freigegeben werden. Enthält die Raumluft ausreichend Feuchtigkeit (über 40 Prozent) werden die Schadpartikel schwerer und setzen sich auf den Pflanzenblättern ab. Samtige Blätter wie beim Usambaraveilchen oder der Gerbera, aber auch mit Wachs überzogene Blätter wie beim Gummibaum oder Philodendron sind besonders effizient. Auch kleinblättrige Arten wie Birkenfeige und Zierspargel wirken als grüne Staubfilter. Studien zeigen, dass Zimmerpflanzen den Staubanteil in der Raumluft um bis zu 20 Prozent verringern können. Darüber hinaus sind sie in der Lage, toxische Stoffe aufzunehmen und umzuwandeln. Diese sind praktisch überall in unseren Wohnungen vorhanden und verursachen Beschwerden, u.a. Reizungen der Atemwege und Nasenschleimhäute. Untersuchungen ergaben, dass Menschen in begrünten Räumen seltener krank werden und weniger Stress empfinden, auch ihre Motivation ist erhöht, kurz: Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit lassen sich durch ein »grünes« Umfeld steigern.
Grünweiße Fenstergestaltung mit Phalaenopsis, Drachenbaum, Dieffenbachie, Flamingoblume, Efeu und Kalanchoe
Grünpflanzen wandeln über das Blattgrün (Chlorophyll) in ihren Blättern mithilfe von Sonnenlicht Kohlendioxid in Sauerstoff um. Zimmerpflanzen absorbieren in der Raumluft enthaltene Schadstoffe durch winzig kleine Öffnungen in den Blättern. Dort werden sie entweder aufgespalten oder über die Wurzeln ins Erdreich abgegeben, wo sie als Nährstoffe für symbiotische Mikroben dienen.
Zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffkonzentration trägt insbesondere die Dieffenbachie bei.
Durch den sogenannten Transpirationssog gibt eine Pflanze über ihre Blätter ständig Wasserdampf ab, wodurch rund um die Pflanze eine Luftströmung entsteht. Der Dampf steigt nach oben, die Zimmerluft wird nach unten in die Erde gezogen. Dort werden die in ihr enthaltenen Schadstoffe durch die Mikroben unschädlich gemacht. Diese Effekte lassen sich optimieren, indem man Pflanzen mit dichtem oder großem Blätterwerk wählt. Je mehr Blattoberfläche vorhanden ist, umso mehr Giftstoffe werden gefiltert. Zusätzlich sollte die Erdoberfläche des Blumentopfes von Blättern frei sein, damit die Luft gut zirkulieren kann. Darüber hinaus tragen Zimmerpflanzen zur natürlichen Luftbefeuchtung bei, denn mehr als 90 Prozent des Gießwassers werden von ihnen wieder an die Umgebung abgegeben. Abhängig von den Gießintervallen lässt sich mit Pflanzen die Luftfeuchtigkeit in Räumen um etwa 5 Prozent erhöhen. Bei trockener Heizungsluft im Winter ist das eine Wohltat für die Nasenschleimhäute und damit eine wirksame Vorbeugung gegen Erkältungen. Bei hohen Temperaturen im Sommer sorgt die Feuchtigkeitszufuhr für angenehme Kühle. Grundsätzlich lässt sich festhalten: je mehr Pflanzen, desto größer die Sauerstoff- und Befeuchtungsleistung. Pflanzen mit großer Blattoberfläche haben einen höheren Stoffwechsel und führen dementsprechend zu einer höheren Luftfeuchte.
Ein Beispiel dafür ist das Fensterblatt mit seinen großen, gelappten Blättern.
Pflanzen nehmen Gase über ihre Blätter auf. Sie werden von ihnen verarbeitet oder in ihre Wurzeln transportiert, wo sie den dort lebenden Mikroorganismen, sogenannten Wurzelmikroben, als Nahrung dienen. Auf diesem Weg werden auch schädliche Gase wie Formaldehyd oder Benzol über die Wurzelmikroben aufgenommen, zerlegt und damit unschädlich gemacht. Des Weiteren besitzen Pflanzen in ihren Blättern Enzyme, die Schadstoffe abbauen. Mit Pflanzen allein lässt sich schadstoffbelastete Raumluft allerdings nicht völlig reinigen. Um Schadstoffausgasungen aus Einrichtungsgegenständen, Materialien des Innenausbaus, Reinigungsmitteln oder Körperpflegeprodukten in der Raumluft zu verringern, ist vor allem ausreichendes und richtiges Lüften wichtig. Während der Heizperiode im Winter sollte man mehrmals täglich kurz und gründlich (maximal 10 Minuten) mit weit geöffneten Fenstern lüften. Es ist falsch, in der kalten Jahreszeit das Fenster nur zu kippen, weil dadurch ein vollständiger Luftaustausch viel zu lange dauert. Manchmal atmen wir in geschlossenen Räumen mehr Schadstoffe ein als draußen auf der Straße. Ein Grund dafür sind die modernen Fenster und Türen, die nahezu luftdicht schließen und somit Energie einsparen. Allerdings gelangt dadurch weniger Frischluft in die Innenräume. Deshalb ist es wichtig, das Lüftungsverhalten den neuen Gegebenheiten anzupassen.
Über eine hohe Entgiftungskapazität verfügen Bogenhanf (l.) und Gerbera (u.).
Um welche Schadstoffe geht es?
Manche Stoffe wirken erst ab einer bestimmten Konzentration schädlich (zum Beispiel Formaldehyd), andere sind bei langer Einwirkung schon in geringsten Mengen gefährlich (zum Beispiel Benzol). Die Schadstoffbelastung der Luft ist vielfach die Ursache von Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Appetitlosigkeit, kann darüber hinaus aber auch zu ernsthaften Erkrankungen führen. Durch einen hohen Gehalt an Kohlendioxid in der Luft wird die Atmung beeinträchtig, was auch einen gesunden Nachtschlaf unmöglich macht. Der Körper geht in einen »Sparflammen-Modus« und man wacht morgens gerädert auf.
Die Empfindlichkeit von Menschen gegenüber Luftschadstoffen ist individuell verschieden. Manche reagieren bereits auf geringste Mengen mit Schlafstörungen, Atembeschwerden und verringerter Leistungsfähigkeit. Diese Symptome können aber auch Warnsignale für eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung sein.
Formaldehyd entweicht unter anderem aus Pressholz produkten, Papierwaren und Bodenversiegelungen sowie bei Verbrennungsvorgängen. In Innenräumen ist es in viel höherer Konzentration vorhanden als draußen. Es reizt die Rachen und Nasenschleimhäute und kann zu Hustenreiz und Atembeschwerden führen.
Benzol ist Bestandteil von Benzin, Öl, vielen Farben, Plastik und Gummiartikeln. Vergiftungssymptome sind Reizungen von Haut und Schleimhäuten, Schwindel, Kopf schmerzen und Übelkeit. Es gilt auch als krebserregend.
Trichlorethylen ist häufig auch ein Bestandteil von Druck farben, chemischen Reinigungsmitteln und Lacken. Es reizt die Schleimhäute und gilt ebenfalls als krebserregend.
Xylol ist eine organisch-chemische Kohlenwasserstoffverbindung. Man findet es als Lösungsmittelbestandteil von Lacken sowie als wichtigen Rohstoff für spezielle Anwendungen im Maler und Lackiererhandwerk. Zudem ist es an der Herstellung von Kunst- und Klebstoffen beteiligt.
Toluol ist wie Benzol Bestandteil von Klebstoffen und Farben.
Ammoniak ist eine gasförmige Verbindung von Stickstoff und entsteht hauptsächlich durch landwirtschaftliche Prozesse und intensive Tierhaltung. Es kann auch in Abbeizmitteln und Dichtungsmassen auf Silikonbasis enthalten sein.
Um sich weitgehend vor der Ausdünstung von Schadstoffen in Innenräumen zu schützen, sollte man unbedingt beim Kauf von Möbeln und Teppichen sowie bei der Wahl von Wandfarben auf Gütesiegel wie zum Beispiel »LGA-schadstoffgeprüft«, »Blauer Engel« oder »Öko- Control« achten. Die damit ausgezeichneten Produkte sind nicht frei von Schadstoffen, die Siegel garantieren aber, dass bei den Schadstoffemissionen Richtwerte eingehalten werden, die unterhalb der gesetzlich zulässigen Grenze liegen. Es ist zwar erwiesen, dass bestimmte Zimmerpflanzen Benzol, Formaldehyd, Trichlorethylen und andere Giftstoffe abbauen. Die zugrunde liegenden Mess-Ergebnisse wurden jedoch unter Laborbedingungen gewonnen. In alltäglichen Wohn- und Arbeitsräumen lässt sich dieser Effekt kaum messen. Selbst viele Grünlilien können beispielsweise ein Raucherzimmer nicht vom Nikotin entgiften. Für eine gesunde Raumluft ist deshalb erstes Gebot, Schadstoffquellen weitestgehend zu vermeiden bzw. zu entfernen. Dann lassen sich Pflanzen zusätzlich zur Luftreinigung wirkungsvoll einsetzen (die NASA-Studie empfiehlt eine Pflanze auf 9 m²). Sie tragen dazu vor allem – wie bereits erwähnt – durch das Binden von Staub bei. In Arbeitsräumen mit elektronischen Geräten wie Computern, die durch ihre Lüftungsventilatoren Staubpartikel aufwirbeln, wirkt sich dies wohltuend aus.
Westfenster mit verschiedenen Drachenbaum-Arten und Kletterfeige
DEN RICHTIGEN
Wer an seinen Zimmerpflanzen langfristig Freude haben will, muss ihnen einen Standort geben, der ihren Ansprüchen genügt. Der Großteil unserer Zimmerpflanzen bevorzugt einen hellen, warmen Platz und nicht zu trockene Luft. Einige brauchen eine halbschattige, warme und luftfeuchte Umgebung, anderen geht es nur an schattigen, kühlen Standorten gut. Welcher Standort den jeweiligen Bedürfnissen am besten genügt, muss vor Pflanzenauswahl und -kauf festgelegt werden.
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