EIN   R E I C H    DER    S C H A T T E N

 

 

(VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN—BUCH 5)

 

 

 

 

MORGAN RICE

 

 

 

AUS DEM ENGLISCHEN VON MARIA BÖTTCHER

Morgan Rice

 

Morgan Rice ist die #1 Besteller- und USA Today Bestseller-Autorin der 17 Bände umfassenden epischen Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, der neuen #1 Bestseller Fantasy-Serie VON KÖNIGEN  UND ZAUBERERN, der #1 Bestseller-Serie DER WEG DER VAMPIRE (bestehend aus derzeit 11 Bänden) und der #1 Bestseller-Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptische Thriller-Serie. Morgans Bücher sind verfügbar als Hörbücher und Printeditionen und wurden bisher in mehr als 25 Sprachen übersetzt.

 

Morgan freut sich, von Ihnen zu hören, darum zögern Sie nicht und besuchen Sie www.morganricebooks.com, und melden Sie sich für den Email-Verteiler an. Erhalten Sie so Zugang zu kostenlosen Giveaways, der kostenlosen App und den neusten exklusiven Informationen. Folgen Sie Morgan auch auf Facebook und Twitter um nichts zu verpassen!

Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern

 

„Wenn Sie gedacht haben, dass es nach dem Ende der Serie DER RING DER ZAUBEREI keinen Grund mehr zum Leben gibt, haben Sie sich getäuscht. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN, hat Morgan Rice den verheißungsvollen Auftakt einer weiteren brillanten Serie veröffentlicht, die uns in eine Welt der Trolle und Drachen, voller Heldenmut, Ehre, Tapferkeit, Magie, und dem Glauben an das Schicksal eintauchen lässt. Morgan ist es wieder einmal gelungen starke Charaktere zu erschaffen, die wir nur zu gerne auf jeder Seite anfeuern… Wärmstens empfohlen für die Bibliothek aller Leser, die Fantasy-Geschichten lieben.“

--Books and Movie Reviews, Roberto Mattos

 

„DER AUFSTAND DER DRACHEN ist von Anfang an ein voller Erfolg…. Eine großartige Fantasy Geschichte… Sie beginnt, ganz wie es sein sollte, mit den Lebensqualen eines der Protagonisten und geht schön in einen weiteren Kreis von Rittern, Drachen, Magie, Monstern und Schicksal über… Das Buch beinhaltet alles, was zu einer guten Fantasy-Geschichte gehört, von Kriegern und Schlachten bis zu Konfrontationen der Protagonisten mit sich selbst… Empfohlen für alle, die gerne epische Fantasy mit starken, glaubwürdigen jungen Erwachsenen als Protagonisten mögen.“

--Midwest Book Review, D. Donovan, eBook Reviewer

 

„Eine action-geladene Fantasy-Geschichte, die den Fans von Morgan Rices vorherigen Büchern und den Liebhabern von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini gefallen dürfte… Fans von Fantasy-Geschichten für junge Erwachsene werden dieses jüngste Werk von Rice verschlingen und um mehr betteln.“

--The Wanderer, A Literary Journal (über Der Aufstand der Drachen)

 

„Eine fantasievolle Fantasy-Geschichte, die Elemente von Mystik und Intrige in die Handlung einwebt. In Queste der Helden geht es um Mut und um das Erkennen des Sinns des Lebens, was zu Wachstum, Erwachsenwerden und Vortrefflichkeit führt… Für alle, die gehaltvolle Fantasy-Abenteuer suchen bieten die Hauptfiguren, ihre Waffen und die Handlung eine Reihe von Begegnungen, die sich auf Thors Entwicklung weg von einem verträumten Kind zu einem jungen Erwachsenen konzentrieren, bei denen er sich schier unlösbaren Aufgaben gegenüber findet... Das ist nur der Anfang von etwas, das verspricht, eine epische Serie für junge Erwachsene zu werden.”

--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)

 

„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten die für sofortigen Erfolg nötig sind: Anschläge und Gegenanschläge, Mysterien, edle Ritter und blühende Beziehungen die sich mit gebrochenen Herzen, Täuschung und Betrug abwechseln. Die Geschichten werden sie über Stunden in ihrem Bann halten und sind für alle Altersstufen geeignet. Eine wunderbare Ergänzung für das Bücherregal eines jeden Liebhabers von Fantasy Geschichten.”

--Books and Movie Reviews, Roberto Mattos

 

„In diesem aktionsgeladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Serie Der Ring der Zauberei (die 17 Bücher umfasst) stellt Rice den Lesern den 14-jährigen Thorgrin „Thor“ McLeod vor, dessen Traum es ist, sich der Silber-Legion anzuschließen, den Elite-Rittern, die dem König dienen. Rices Schreibstil ist solide und die Geschichte fasziniert.“

--Publishers Weekly

 

 

Bücher von Morgan Rice

 

VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (BAND #1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (BAND #2)

DAS GEWICHT DER EHRE (BAND #3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (BAND #4)

EIN REICH DER SCHATTEN (BAND #5)

DIE NACHT DER VERWEGENEN (BAND #6)

 

DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (BAND #1)

MARSCH DER KÖNIGE (BAND #2)

LOS DER DRACHEN (BAND #3)

RUF NACH EHRE (BAND #4)

SCHWUR DES RUHMS (BAND #5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT(BAND #6)

RITUS DER SCHWERTER (BAND #7)

GEWÄHR DER WAFFEN (BAND #8)

HIMMEL DER ZAUBER (BAND #9)

MEER DER SCHILDE (BAND #10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (BAND #11)

LAND DES FEUERS (BAND #12)

DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)

DER EID DER BRÜDER (BAND #14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN(BAND #15)

DAS TOURNIER DER RITTER (BAND #16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (BAND #17)

 

DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)

ARENA TWO --  ARENA ZWEI (BAND #2)

 

DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (BAND #1)

VERGÖTTERT (BAND #2)

VERRATEN (BAND #3)

BESTIMMT (BAND #4)

BEGEHRT (BAND #5)

VERMÄHLT (BAND #6)

GELOBT (BAND #7)

GEFUNDEN (BAND #8)

ERWECKT (BAND #9)

ERSEHNT (BAND #10)

BERUFEN (BAND #11)

 

 

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Copyright © 2015 by Morgan Rice

 

Alle Rechte vorbehalten. Mit den im U.S. Copyright Act von 1976 erlaubten Ausnahmen ist es nicht gestattet, jeglichen Teil dieser Publikation in jeglicher Form oder über jegliche Mittel ohne die vorherige Erlaubnis des Autors zu vervielfältigen, zu verteilen oder zu übertragen, oder in einer Datenbank oder einem Abrufsystem zu speichern.

 

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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig

 

Copyright für das Bild auf dem Umschlag by St. Nick, unter Lizenz von Shutterstock.com.

 

Aus dem Englischen von Maria Böttcher.

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INHALT

 

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG

 

Das Leben ist nur ein wandelnder Schatten, ein armer Spieler,

Der seine Stunde auf der Bühne sich abtobt und spreizt,

Und dann nicht mehr gehört wird.

 

 

--William Shakespeare, Macbeth

KAPITEL EINS

 

Der Befehlshaber der königlichen Wache stand oben auf dem Wachturm und sah auf die hunderten Wärter unter sich, auf die jungen Soldaten, die die Flammen unter seinem strengem Auge bewachten und seufzte verstimmt. Er war ein guter Mann, gut genug Bataillone anzuführen, und genau deswegen hatte der Kommandant das Gefühl, dass es eine Beleidigung war, dass er hier stationiert war und hier am letzten Zipfel von Escalon eine Gruppe von Kriminellen überwachen musste, die gerne Soldaten genannt wurden. Dies waren keine Soldaten – es waren Sklaven, Kriminelle, Jungen, alte Männer, die Ungewollten der Gesellschaft, alle dazu verdammt eine Mauer aus Flammen zu bewachen, die sich in tausend Jahren noch nie verändert hatte. Es war nichts anderes als ein verherrlichtes Gefängnis und er hatte etwas Besseres verdient. Er hatte es verdient überall, nur nicht hier zu sein, zum Beispiel als Wächter der königlichen Tore von Andros.

Der Befehlshaber schaute kaum interessiert nach unten als ein weiterer Tumult aufkam. Es war bereits der Dritte an diesem Tag. Es schien, dass sich diesmal zwei zu große Jungen um ein Stück Fleisch stritten. Ein schreiendes Publikum aus weiteren Jungen umkreiste sie und feuerte sie an. Das war das einzige Spannende auf das sie sich hier freuen konnten. Sie waren alle zu gelangweilt vom Herumstehen und Bewachen der Flammen und waren verzweifelt ihren Blutdurst zu stillen – und er ließ sie ihren Spaß haben. Wenn sie sich gegenseitig umbrachten, umso besser – dann gäbe es weniger Jungen auf die er aufpassen musste.

Es ertönte ein Schrei als einer der Jungen den Anderen umbrachte indem er ihm einen Dolch ins Herz stieß. Der Körper des Jungen wurde schlaff und die Anderen feierten seinen Tod. Schnell durchsuchten sie seine Leiche nach allem, was von Wert sein konnte. Wenigstens war es ein gnädiger und schneller Tod gewesen, viel besser als der Langsame hier draußen, dem sie entgegen sahen. Der Sieger trat nach vorne, schob die anderen beiseite, beugte sich nach unten und schnappte sich das Stückchen Brot, welches sich in der Jackentasche des Toten befand und stopfte es in seine Eigene.

Dies war nur ein weiterer, normaler Tag hier an den Flammen und der Kommandant brannte vor Demütigung. Er verdiente das nicht. Er hatte nur einen einzigen Fehler begangen: Er hatte einmal einen direkten Befehl missachtet und als Bestrafung hatten sie ihn hierher geschickt. Es war ungerecht. Was würde er dafür geben zurückkehren zu können und den einen Fehler seines Lebens ändern zu können. Das Leben, dachte er, konnte zu streng, zu absolut, zu gemein sein.

Der Kommandant, drehte sich wieder ergeben zu seinem Schicksal um und schaute wieder auf die Flammen. Ihr immer währendes Knistern hatte, selbst nach all den langen Jahren, etwas verlockend Hypnotisierendes. Es war so wie in das Gesicht von Gott selbst zu starren. Als er sich in ihrem Glanz verlor, wunderte er sich über die Natur des Lebens. Es fühlte sich alles so sinnlos an. Seine Rolle hier – all die Rollen dieser Jungen – fühlte sich so sinnlos an. Die Flammen gab es schon seit tausenden von Jahren und sie würden niemals versiegen. Und so lange sie brannten, konnten die Trolle niemals durchkommen. Marda könnte genauso gut auf der anderen Seite des Meeres liegen. Wenn es nach ihm ginge, würde er die besten dieser Jungen zusammensuchen und sie woanders in Escalon stationieren, wie zum Beispiel an den Küsten, wo sie wirklich gebraucht wurden. Und all die Kriminellen unter ihnen würde er zum Tode verurteilen.

Der Kommandant vergaß wie so oft die Zeit und verlor sich im Glanz der Flammen. Und erst spät am Tag blinzelte er plötzlich alarmiert auf. Er hatte etwas gesehen, etwas, was er nicht ganz verstehen konnte und rieb sich die Augen. Er glaubte schon, er hätte Wahnvorstellungen. Und doch, als er weiter Ausschau hielt stellte er fest, dass er wirklich etwas gesehen hatte. Die Welt veränderte sich tatsächlich vor seinen Augen.

Ganz langsam wurde das immer präsente Knacken still, das Knacken für das er jeden Moment seit seiner Ankunft gelebt hatte. Die Hitze, die die Flammen ausstrahlten war auf einmal verschwunden. Ihm lief ein Schauer über den Rücken, ein wirklicher Schauder, es war das erste Mal seitdem er hier war. Und während er zuschaute sah er wie die immer währende leuchtend rote und orange Säule aus Flammen, die immer in seinen Augen gebrannt und Tag und Nacht geleuchtet hatte, verschwand.

Sie verschwand einfach.

Der Kommandant rieb sich wieder verwundert die Augen. Träumte er? Vor ihm sah er, wie die Flammen immer kleiner wurden und auf den Boden sanken, wie ein Vorhang, der hinabfiel. Und eine Sekunde später, war nichts mehr zu sehen.

Nichts.

Ihm blieb der Atem weg. Panik und Ungläubigkeit kamen in ihm auf. Er sah zum ersten Mal auf die andere Seite: Marda. Er hatte einen klaren, ungehinderten Blick. Es war ein Land voller Schwärze – schwarze, unfruchtbare Berge, schwarze, schroffe Felsen, schwarzer Boden, tote, schwarze Bäume. Es war ein Land, was er niemals hätte sehen sollen. Ein Land, was niemand in Escalon sehen sollte.

Eine erstaunte Stille legte sich über die Jungen, die zum ersten Mal aufhörten sich zu streiten. Sie alle standen erstarrt wie im Schock dort, drehten sie sich um und gafften.  Die Flammenwand war verschwunden und dort auf der anderen Seite stand ihnen eine gierige Armee aus Trollen gegenüber, die das Land und den gesamten Horizont erfüllte.

Eine Nation.

Das Herz des Kommandanten sank ab. Dort, nur wenige Meter entfernt stand eine Nation der schlimmsten Kreaturen, die er jemals gesehen hatte, zu groß, grotesk und missgebildet hatten sie alle riesige Hellebarden in den Händen und warteten geduldig auf ihren Moment. Millionen von ihnen starrten zurück auf die Soldaten und sahen genauso überrascht aus, bis ihnen endlich dämmerte, dass nichts mehr zwischen ihnen und Escalon stand.

Die beiden Nationen standen sich gegenüber: Die Trolle strahlten Sieg und die Menschen Panik aus. Denn gerade einmal hundert Menschen sahen sich Millionen von Trollen gegenüber.

Ein Schrei durchbrach die Stille. Er kam von Seiten der Trolle, ein Triumphschrei, der von einem großen Donnern begleitet wurde, als die Trolle angriffen. Sie rumpelten wie eine Herde Büffel über die Ebene, erhoben ihre Hellebarden und durchtrennten die Köpfe der von Panik angetriebenen Jungen, die nicht einmal den Mut hatten wegzurennen. Es war eine Welle des Todes, eine Welle der Zerstörung.

Der Kommandant selbst stand dort auf seinem Turm, zu geschockt um irgendetwas zu tun, sogar zu geschockt um sein Schwert zu ziehen, als ihn die Trolle ihn angriffen. Einen Moment später spürte er wie er fiel, denn der wütende Mob hatte ihn vom Turm gestoßen. Er fühlte, wie er in den Armen eines Trolls landete und schrie als er von den Klauen anderer Trolle ergriffen und in Stücke gerissen wurde.

Und als er dort sterbend lag und wusste was auf Escalon zu kam, fuhr ihm ein letzter finaler Gedanke durch den Kopf: Der Junge, der erstochen worden war, der für ein Stück Brot sterben musste, war der Glücklichste von ihnen allen gewesen.

KAPITEL ZWEI

 

Diedre hatte das Gefühl, dass ihre Lungen zerquetscht wurden, als sie sich immer wieder tief unter Wasser überschlug. Sie brauchte dringend Luft. Sie versuchte sich zu orientieren, war aber dazu nicht in der Lage, da sie immer wieder und wieder von den massiven Wellen umhergeschleudert wurde und die Welt sich immer wieder um sie drehte. Mehr als alles andere wollte sie tief einatmen, ihr ganzer Körper schrie nach Sauerstoff, doch sie wusste wenn sie das tat würde das ihren sicheren Tod bedeuten.

Sie schloss die Augen und weinte, ihre Tränen vermischten sich mit dem Wasser und sie fragte sich, ob diese Hölle jemals enden würde. Ihren einzigen Trost fand sie, wenn sie an Marco dachte. Sie hatte ihn gesehen. So wie sie war er unter Wasser gezogen worden, er hatte ihre Hand gehalten und sie drehte sich nun um und suchte nach ihm. Und doch, als sie sich umschaute sah sie nichts, nichts außer Schwärze und Wellen aus schäumendem, bedrängendem Wasser, die sich über sie ergossen. Marco, dachte sie, war längst tot.

Diedre wollte weinen, dennoch wischte der Schmerz ihr Selbstmitleid beiseite und ließ sie nur ans Überleben denken. Immer wenn sie dachte, dass die Welle nicht stärker werden konnte, warf die Welle sie erneut um und zog sie mit so einer Wucht zu Boden, dass sie das Gefühl hatte das Gewicht der gesamten Welt läge auf ihr. Sie wusste, sie würde nicht überleben.

Wie ironisch dachte sie, hier zu sterben, in ihrer Heimatstadt, von einer riesigen Welle zu Tode zerquetscht, die vom pandesischen Kanonenfeuer erzeugt worden war. Sie wäre lieber anders gestorben. Sie konnte mit fast allen Arten von Tod umgehen – nur nicht mit Ertrinken.

Sie konnte diesen schlimmen Schmerz, das Zappeln nicht ertragen, nicht den Mund öffnen zu können und diesen einen Atemzug zu nehmen, nachdem sich jeder Zentimeter ihres Körpers so sehnte.

Sie spürte wie sie schwächer wurde und gab sich langsam dem Schmerz hin – und genau dann, als sie merkte, wie sich ihre Augen langsam schlossen, als sie wusste, dass sie es nicht mehr länger aushielt, merkte sie wie sie auf einmal schnell nach oben raste, die Welle trug sie mit derselben Kraft nach oben mit der sie sie auch nach unten gedrückt hatte. Sie raste in Eigendynamik wie ein Katapult nach oben in Richtung Oberfläche, das Sonnenlicht war bereits zu sehen, der Druck ließ ihr beinahe das Trommelfell zerplatzen.

Zu ihrer Überraschung kam sie einen Moment später an die Oberfläche. Sie keuchte und atmete tief ein, dankbarer als jemals zuvor in ihrem Leben. Sie schnappte nach Luft, atmete erneut tief ein und bereits einen Moment später wurde sie zu ihrem Schock erneut unter die Wasseroberfläche gezogen. Dieses Mal hatte sie jedoch genug Sauerstoff, um ein bisschen länger überleben zu können und glücklicherweise wurde sie auch nicht so weit nach unten gedrückt.

Sie kam bald wieder nach oben, durchbrach die Oberfläche und nahm einen weiteren tiefen Atemzug, bevor sie wieder nach unten gezogen wurde. Jedes Mal war es anders, die Welle wurde schwächer und als sie wieder an die Oberfläche kam, fühlte sie, dass die Welle das Ende der Stadt erreichte und langsam auslief.

Diedre sah wie sie die Stadtgrenzen überquerte und an allen bedeutenden Gebäuden vorbeikam, die nun alle unter Wasser standen. Sie wurde wieder unter Wasser gezogen, diesmal jedoch langsam genug, dass sie unter Wasser die Augen öffnen und so die ganzen großen Gebäude unter sich sehen konnte, die einstmals die Stadt ausgemacht hatten. Sie sah dutzende von Körpern, wie Fische, im Wasser an ihr vorbeischwimmen. Körper, deren tote Ausdrücke sie bereits aus dem Gedächtnis zu löschen versuchte.

Schließlich, sie wusste nicht wieviel Zeit bereits vergangen war, kam Diedre wieder an die Oberfläche und dieses Mal endgültig. Sie war stark genug, gegen die letzte, schwache Welle zu kämpfen, die sie wieder nach unten ziehen wollte und mit einem letzten Tritt konnte sie sich an der Oberfläche halten. Das Wasser vom Hafen war zu weit ins Landesinnere gespült worden, es gab keinen Ort mehr an den es fließen konnte und Diedre spürte wie sie auf eine Weide geschleudert wurde, als sich das Wasser langsam zurück in Richtung Meer zurückzog und sie dort auf dem Gras allein zurückließ.

Diedre lag dort auf dem Bauch mit dem Gesicht im nassen Gras und stöhnte vor Schmerzen. Sie schnappte immer noch nach Luft, ihre Lungen brannten. Sie atmete mehrmals tief ein und genoss jeden Atemzug. Sie schaffte es gerade so sich umzudrehen und über ihre Schulter zu schauen und war geschockt, dass da, wo einstmals eine großartige Stadt gethront hatte, nun nichts weiter als ein Meer war. Sie konnte nur den höchsten Teil des Glockenturms ausmachen, der einige Meter aus dem Wasser ragte, welcher ursprünglich hundert Meter hoch in die Luft geragt hatte.

Sie war so unglaublich erschöpft und endlich ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Als sie dort so lag, ließ sie ihr Gesicht auf den Boden fallen und allen Schmerz der schrecklichen Ereignisse zu. Sie konnte sich nicht bewegen, auch wenn sie es versuchte.

Einige Augenblicke später schlief sie schon und war, auf einem verlassenen Feld am Ende der Welt, kaum noch am Leben.

Und doch, irgendwie war sie am Leben.

 

*

 

 „Diedre”, sagte eine Stimme und sie wurde sanft angestupst.

Diedre öffnete langsam ihre Augen, verwundert, dass die Sonne bereits unterging. Ihr war eiskalt, ihre Sachen waren immer noch nass, sie versuchte sich zu orientieren und fragte sich, wie lange sie hier wohl bereits gelegen hatte und ob sie tot oder am Leben war. Da war die Hand wieder und schüttelte sie an der Schulter.

Diedre sah nach oben und zu ihrer großen Erleichterung sah sie Marco. Er war am Leben, sie war überglücklich ihn zu sehen. Er sah verdroschen aus, abgezehrt, zu bleich und so als ob er um hundert Jahre gealtert war. Und doch war er am Leben. Irgendwie hatte er es geschafft zu überleben.

Marco kniete neben ihr und lächelte mit traurigen Augen auf sie herab. Seine Augen schienen nicht mit der gleichen Lebensstärke wie zuvor zu strahlen.

„Marco”, antwortete sie schwach, überrascht von ihrer eigenen krächzenden Stimme.

Sie sah einen Kratzer auf der Seite seines Gesichts und streckte ihre Hand besorgt danach aus.

„Du siehst genauso schlimm aus, wie ich mich fühle”, sagte sie.

Er half ihr auf die Beine und sie kam auf die Füße, ihr Körper schmerzte von den ganzen Schnitten und Verletzungen, die sie an den Armen und Beinen hatte. Sie suchte jeden Knochen ab und es schien so als ob nichts gebrochen war.

Diedre nahm einen tiefen Atemzug und stählte sich, als sie sich umdrehte und hinter sich blickte. Und so wie sie es erwartet hatte, sah sie sich einem Albtraum gegenüber: Ihre geliebte Stadt war verschwunden. Es gab nichts mehr außer dem Meer. Das Einzige, was noch zu sehen war, war der Glockenturm. Am Horizont dahinter sah sie eine Flotte aus schwarzen pandesischen Schiffen, die immer weiter und weiter ins Landesinnere segelten.

„Wir können hier nicht bleiben”, sagte Marco mit drängender Stimme. „Sie kommen.”

 „Wohin sollen wir gehen?” fragte sie hoffnungslos.

Marco starrte ausdruckslos zurück und wusste es offensichtlich auch nicht.

Diedre sah nach draußen auf den Sonnenuntergang und versuchte zu denken. Das Blut pochte in ihren Ohren. Jeden, den sie kannte und liebte war tot. Sie hatte das Gefühl, dass es nichts gab, wofür es sich zu leben lohnte. Wohin kannst du noch gehen, wenn deine Stadt zerstört wurde? Wenn das Gewicht der Welt auf dir liegt?

Diedre schloss ihre Augen, schüttelte voller Trauer ihren Kopf und wünschte sich alles weg. Ihr Vater, das wusste sie, lag dort tot. Seine Soldaten waren alle tot. Die Menschen, die sie ihr ganzes Leben gekannt und geliebt hatte, waren dank dieser pandesischen Monster tot. Es gab nun niemanden mehr, der sie aufhalten konnte. Welchen Grund gab es noch weiter zu machen?

Diedre brach weinend zusammen. Sie dachte an ihren Vater und fiel auf die Knie, sie fühlte sich zerstört. Sie weinte und weinte und wollte selbst sterben und wünschte sich, sie wäre gestorben und verfluchte den Himmel, dass sie weiterleben musste. Warum hätte sie nicht einfach mit der Welle ertrinken können? Warum hatte sie nicht einfach wie die anderen umgebracht werden können? Warum war sie zum Leben verflucht worden?

Sie fühlte eine beruhigende Hand auf der Schulter.

„Es ist schon in Ordnung, Diedre”, sagte Marco sanft.

Diedre zuckte beschämt zusammen.

„Es tut mir leid”, sagte sie schließlich weinend. „Es ist nur…mein Vater…Ich habe nun nichts mehr.”

„Du hast alles verloren”, sagte Marco mit schwerer Stimme. „Und ich auch. Auch ich will nicht weitermachen. Aber wir müssen. Wir können nicht hier liegen und sterben. Es würde sie nicht ehren. Es würde alles entehren wofür sie gelebt und gekämpft haben.”

In der langen Stille die folgte setzte sich Diedre langsam aufrecht hin und realisierte, dass er Recht hatte. Und als sie nach oben in Marcos braune Augen blickte und sah, wie er sie voller Mitleid ansah, realisierte sie, dass sie doch jemanden hatte. Sie hatte Marco. Sie hatte auch den Geist ihres Vaters, der auf sie hinabsah, sie beschützte und sich wünschte, dass sie stark war.

Sie zwang sich selbst, es abzuschütteln. Sie musste stark sein. Ihr Vater hätte gewollt, dass sie stark war. Selbstmitleid, das realisierte sie, würde niemandem helfen. Und genauso wenig würde dies ihr Tod.

Sie starrte zurück zu Marco und sie konnte mehr als nur Mitleid sehen – sie konnte auch die Liebe in seinen Augen erkennen.

Nicht ganz Herr ihrer Sinne lehnte sich Diedre mit klopfendem Herzen nach vorne und traf Marcos Lippen in einem unerwarteten Kuss. Für einen Moment spürte sie, wie sie in eine andere Welt transportiert wurde und all ihre Sorgen verschwanden.

Sie trat langsam zurück und schaute ihn geschockt an. Marco sah sie genauso verwundert an. Er nahm ihre Hand.

Und als er dies tat, voller Hoffnung, war sie wieder in der Lage klar zu denken – und ein Gedanke blitze in ihr auf. Es gab noch jemanden, eine Person und einen Ort an den sie gehen konnten.

Kyra.

Diedre fühlte wie ein Hoffnungsschimmer in ihr aufkeimte.

„Ich weiß, wohin wir gehen müssen“, sagte sie aufgeregt.

Marco sah sie fragend an.

„Kyra“, sagte sie. „Wir können sie finden. Sie wird uns helfen. Wo auch immer sie ist, sie kämpft. Wir können uns ihr anschließen.“

„Aber woher weißt du, dass sie am Leben ist?“ fragte er.

Diedre schüttelte mit dem Kopf.

 „Das weiß ich nicht“, antwortete sie. „Aber Kyra überlebt immer. Sie ist der stärkste Mensch, den ich je getroffen habe.“

„Wo ist sie?“ fragte er.

Diedre dachte nach und erinnerte sich an das letzte Mal als sie Kyra gesehen hatte, als sie nach Norden in Richtung des Turmes unterwegs gewesen war.

 „Der Turm von Ur“, sagte sie.

Marco sah sie überrascht an; dann erschien ein optimistischer Schimmer in seinen Augen.

„Die Wächter sind dort“, sagte er. „Und andere Krieger. Männer, die mit uns kämpfen können.“ Er nickte begeistert. „Eine gute Wahl“, fügte er hinzu. „Wir könnten in diesem Turm in Sicherheit sein. Und wenn deine Freundin dort ist, dann umso besser. Es ist ein Tagesmarsch von hier. Lass uns gehen. Wir müssen uns beeilen.“

Er nahm ihre Hand und ohne ein weiteres Wort gingen die beiden los. Diedre war mit einem neuem Gefühl von Optimismus erfüllt als sie in den Wald liefen und von dort irgendwo hin, immer in Richtung des Turmes von Ur.

 

KAPITEL DREI

 

Kyra wappnete sich als sie in das Feld aus Feuer schritt. Die Flammen schossen in den Himmel, versiegten aber genauso schnell wieder. Die Flammen wanden sich in vielen verschiedenen Farben und streichelten sie, als sie mit ausgestreckten Armen hindurchlief. Sie fühlte ihre Intensität, fühlte wie sie sie umschlangen, wie in einer dünnen Umarmung.

Sie wusste, dass sie in den Tod lief und dennoch konnte sie nirgendswo anders hin.

Und doch, unglaublicherweise fühlte sie keinen Schmerz. Sie verspürte ein Gefühl von Frieden, so als ob ihr Leben zu Ende ging.

Sie sah nach draußen durch die Flammen, sie sah ihre Mutter, die irgendwo dort am weiten Ende auf sie wartete, auf der anderen Seite des Feldes. Sie fühlte Frieden und sie wusste endlich, dass sie in der Umarmung ihrer Mutter sein würde.

Ich bin hier, Kyra, rief sie. Komm zu mir.

Kyra starrte in die Flammen und konnte nur das Gesicht ihrer Mutter ausmachen, es war fast durchscheinend und halb hinter einer Flammenwand versteckt. Sie lief tiefer in die knisternden Flammen und war nicht in der Lage anzuhalten, bis sie von allen Seiten umringt wurde.

Ein Brüllen drang durch die Luft, es war sogar lauter als das Geräusch der Flammen. Sie sah nach oben und war verwundert, dass sie einen Himmel voller Drachen sah. Sie kreisten und kreischten und als sie erneut nach oben blickte, sah sie wie ein riesiger Drache brüllte und nun zu ihr hinunterflog.

Kyra spürte wie der Tod kam.

Als der Drachen mit ausgestreckten Klauen näher kam, brach auf einmal der Boden unter ihr zusammen und Kyra merkte wie sie fiel und in Richtung Erde raste. Eine Erde, die voller Flammen war, ein Ort, an dem sie niemals entkommen konnte.

Kyra öffnete überrascht die Augen und atmete schwer. Sie sah sich um und fragte sich, wo sie war und fühlte den Schmerz in jedem Teil ihres Körpers. Sie spürte den Schmerz im Gesicht, ihre Wangen waren geschwollen und pochten und als sie langsam ihren Kopf anhob, da sie nicht richtig atmen konnte, stellte sie fest, dass sie mit dem Gesicht im Schlamm lag. Sie stemmte die Handflächen in die weiche Erde, erhob sich langsam, wischte sich den Schlamm vom Gesicht und fragte sich, was gerade passiert war.

Ein Brüllen durchschnitt die Luft. Kyra sah nach oben und fühlte wie eine Welle der Angst sie überkam, als sie etwas sehr Reales am Himmel erblickte. Die Luft war von Drachen erfüllt. Drachen aller Größen und Farben, sie kreisten, kreischten und spien voller Wut Feuer durch die Luft. Als sie sie beobachtete, sah sie wie ein Drache hinunterflog und einen Feuerwall Richtung Boden spie. Kyra sah sich wieder und wieder suchend um und ihr Herz setzte für einen Schlag aus, als sie realisierte, wo sie war: Andros.

Nun kam alles zurück. Sie war auf Theon geflogen und nach Andros zurückgekehrt, um ihren Vater zu retten, als sie in der Luft von einer Horde Drachen angegriffen wurden. Sie waren aus dem Nichts am Horizont erschienen, hatten Theon gebissen und sie auf den Boden geworfen. Kyra realisierte, dass sie wohl ohnmächtig gewesen sein musste.

Nun war sie von einer Hitzewelle, von Schreien und von Chaos in der Hauptstadt geweckt worden. Sie sah sich um und realisierte, dass die Hauptstadt unter Flammen stand. Überall rannten Menschen um ihr Leben, sie schrien, als die Flammen wie Wellen, wie ein Sturm herabkamen. Es sah aus, als ob das Ende der Welt gekommen war.

Kyra hörte ein schweres Atmen und als sie Theon sah, wie er nah neben ihr auf der Seite verletzt auf dem Boden lag, sank ihr Herz hinab. Blut lief aus seinen Schuppen. Seine Augen waren geschlossen, seine Zunge hing auf der einen Seite aus dem Maul und er sah aus, als ob er fast tot war. Der einzige Grund, warum sie und Theon noch am Leben waren, war, dass sie beide von einem Schutthügel getarnt wurden. Sie waren wohl in ein Gebäude gefallen, das über ihnen zusammengebrochen war. Aber wenigstens hatte es sie versteckt und aus der Sichtweite der Drachen über ihnen gebracht.

Kyra wusste, dass sie und Theon hier so schnell wie möglich rauskommen mussten. Es blieb ihnen nicht viel Zeit, bevor sie entdeckt werden würden.

 „Theon!” drängte sie.

Sie drehte sich um und hievte den Schutt, der über ihr lag zur Seite. Endlich schaffte sie es, die großen Stücke von ihrem Rücken zu schieben und sich selbst zu befreien. Sie rannte rüber zu Theon und schaufelte hektisch den Schutt über ihm zur Seite. Sie war in der Lage die meisten der Felsen zur Seite zu rollen und doch als sie wieder und wieder schaufelte, um den schweren Felsen von ihm zu bekommen, der ihn hinunterdrückte, schaffte sie es nicht. Sie versuchte es wieder und wieder, aber so sehr sie es auch versuchte, sie kam nicht weiter.

Kyra rannte hinüber und ergriff Theons Gesicht, verzweifelt ihn zu wecken. Sie strich über seine Schuppen und zu ihrer Erleichterung öffnete Theon langsam seine Augen. Aber dann schloss er sie bereits wieder und sie fing noch heftiger an ihn zu schütteln.

 „Wach auf!” schrie Kyra. „Ich brauche dich!“

Theons Augen öffneten sich wieder leicht, dann drehte er den Kopf und sah sie an. Als er sie erkannte wurden der Schmerz und die Wut in seinen Augen weicher. Er versuchte sich zu drehen und hochzukommen, aber er war offensichtlich zu schwach; der Felsen drückte ihn nach unten.

Kyra stemmte wütend den Felsen zur Seite, aber dann brach sie weinend zusammen, als sie realisierte, dass sie ihn nicht würde bewegen können. Er würde hier sterben. Und sie auch.

Kyra hörte ein Brüllen, sah nach oben und erkannte, dass ein riesiger Drachen mit spitzen grünen Schuppen sie entdeckt hatte. Er brüllte vor Wut und begann in ihre Richtung zu fliegen.

Lass mich zurück.

Kyra hörte eine Stimme tief in sich wiederhallen. Theons Stimme.

Versteck dich. Lauf weit weg von hier. So lange du noch kannst.

„Nein!“ weinte sie zitternd und weigerte sich ihn zurückzulassen.

Geh, drängte er. Oder wir werden hier beide sterben.

„Dann sei es so, dann werden wir beide hier sterben!“ schrie sie. Eine eiserne Entschlossenheit überkam sie. Sie würde ihren Freund nicht im Stich lassen. Niemals.

Der Himmel verdunkelte sich. Kyra schaute nach oben und sah wie der riesige Drache mit ausgestreckten Krallen auf sie zukam. Er öffnete sein Maul und zeigte Reihen scharfer Zähne und sie wusste, dass sie nicht überleben würde. Aber es war ihr egal. Sie würde Theon nicht im Stich lassen. Der Tod würde sie nehmen, aber nicht die Feigheit. Sie hatte keine Angst vorm Sterben.

Nur davor schlecht zu leben.

 

KAPITEL VIER

 

Duncan lief humpelnd  mit den anderen durch die Straßen von Andros. Er versuchte alles um mit Aidan, Motley und dem jungen Mädchen Cassandra mitzuhalten, während Aidans Hund ihm in die Fersen kniff und ihn weiter drängte. Sein alter und treuer Kommandant Anvin hielt seinen Arm und sein neuer Knappe Septin war an seiner Seite. Anvin versuchte sein Bestes ihn anzutreiben, obwohl er selbst in schlechter Verfassung war. Duncan konnte sehen wie schlimm verletzt sein Freund war und es bedeutete ihm viel, dass er in diesem Zustand gekommen, sein Leben riskiert hatte und all den Weg gereist war, um ihn zu befreien.

Die bunt gewürfelte Gruppe rannte die, vom Krieg zerstörten, Straßen von Andros entlang. Überall um sie herum war Chaos und ihre Überlebenschancen standen schlecht. Auf der einen Seite war Duncan so erleichtert wieder frei zu sein und seinen Sohn wiederzusehen und so dankbar wieder mit all ihnen vereint zu sein. Und doch als er den Himmel absuchte, hatte er das Gefühl zwar das Gefängnis verlassen, aber in einen sicheren Tod geworfen worden zu sein. Der Himmel war voll von kreisenden Drachen, die hinabstürzten und Gebäude mit ihren Klauen wegwischten und die Stadt zerstörten, indem sie ihre schrecklichen Flammensäulen ausstießen. Ganze Straßenzüge standen in Flammen und blockierten ihren Fluchtweg. Eine Straße nach der anderen wurde unpassierbar und die Flucht aus der Hauptstadt schien immer unwahrscheinlicher.

Motley schien diese Hinterstraßen offensichtlich gut zu kennen. Er führte sie gekonnt und bog eine Straße nach der anderen ab. Überall fand er Abkürzungen und schaffte es die umherstreifenden Gruppen von Pandesiern zu umgehen, die das andere Hindernis ihrer Flucht darstellten. Aber auch Motley konnte trotz  seiner Gerissenheit die Drachen nicht umgehen und als sie in eine weitere Gasse einbogen stand auch diese bereits in Flammen. Sie alle blieben abrupt stehen, ihre Gesichter brannten von der Hitze und sie zogen sich zurück.

Duncan, in Schweiß gebadet, schaute zu Motley und dieses Mal konnte er keinen Trost darin finden, da auch Motley sich nun mit panischem Gesichtsausdruck suchend in alle Richtungen drehte.

 „Hier entlang!” sagte Motley schließlich.

Er drehte sich um und führte sie eine weitere Straße hinunter, sie duckten sich genau in dem Moment unter einem Steinbogen hindurch, als ein Drache direkt vor ihnen den Platz, auf dem sie gerade noch gestanden hatten, in Brand setzte.

Während sie rannten tat es Duncan in der Seele weh zu sehen, wie diese großartige Stadt zerstört wurde, dieser Ort den er einst geliebt und verteidigt hatte.  Er konnte nicht anders, er hatte das Gefühl, dass Escalon nie wieder zu seinem früheren Glanz zurückfinden würde und dass sein Heimatland für immer zerstört war.

Ein Schrei ertönte. Duncan schaute über seine Schulter zurück und sah dutzende von pandesischen Soldaten, die sie entdeckt hatten. Sie verfolgten sie, kamen immer näher und Duncan wussten, dass sie sie nicht besiegen – und sie auch nicht abhängen konnten.  Der Stadtausgang war immer noch weit und ihre Zeit war abgelaufen.

Auf einmal ertönte ein lautes Krachen – Duncan schaute nach oben und sah wie ein Drache den Glockenturm mit seinen Krallen zerstörte.

„Vorsicht!” schrie er.

Er griff nach vorne und zog Aidan und die anderen, kurz bevor die Brocken des Turmes genau neben ihnen einschlugen, aus dem Weg. Ein riesiges Stück landete mit einem ohrenbetäubenden Schlag direkt hinter ihm und wirbelte eine riesige Staubwolke auf.

Aidan sah voller Schock und Dankbarkeit zu seinem Vater hoch und Duncan war glücklich, dass er zumindest das Leben seines Sohnes gerettet hatte.

Duncan hörte gedämpfte Schreie, drehte sich um und realisierte voller Dankbarkeit, dass der heruntergefallene Schutt den Weg der Soldaten blockiert hatte.

Sie rannten weiter. Duncan hatte Schwierigkeiten mitzuhalten, die Erschöpfung und die Verletzungen seiner Gefangenschafft nagten an ihm; er war immer noch unterernährt, verwundet und geschlagen und jeder Schritt war eine schmerzhafte Anstrengung. Dennoch zwang er sich weiter zu machen und wenn es auch nur dafür war um sicherzustellen, dass sein Sohn und seine Freunde überlebten. Er konnte sie nicht enttäuschen.

Sie bogen an einer engen Biegung ab und erreichten eine Weggabelung. Sie blieben stehen und schauten zu Motley.

 „Wir müssen raus aus der Stadt!” schrie Cassandra frustriert Motley an. „Und du hast keine Ahnung wohin du läufst!”

Motley sah nach links und dann nach rechts und war offensichtlich verblüfft:

„Es gab hier die Straße hinunter ein Freudenhaus”, sagte er und schaute nach rechts. „Es führt aus der Stadt raus.”

 „Ein Freudenhaus?“ zischte Cassandra. „Schöne Gesellschaft suchst du dir.“

„Mir ist es egal, was für Gesellschaft du hast“, fügte Anvin zu, „solange es uns hier rausbringt.“

„Lasst uns nur hoffen, dass es nicht versperrt ist“, fügte Aidan hinzu.

„Lasst uns gehen!“ schrie Duncan,

Motley fing wieder an zu rennen und bog rechts ab. Er war untrainiert und keuchte.

Sie bogen ab und folgten Motley. Ihre ganze Hoffnung lag auf ihm, während er durch die Hinterstraßen der Hauptstadt rannte.