Fermentierte Lebensmittel sind echte Superfoods: Gemüse, Milch, Brot und Co., die mithilfe von Bakterien verwandelt werden, sind aromatischer, nährstoffreicher, besser bekömmlich und helfen sogar beim Abnehmen. Ernährungsexpertin Annette Sabersky zeigt in einfachen Schritten, wie das Fermentieren funktioniert, gibt Tipps zum Gelingen und Einkaufshilfen für alle, die keine Zeit zum Selbermachen haben.
Annette Sabersky
Einfach
fermentieren
Gesund durch
fermentiertes Superfood –
Alle Basics, Rezepte
und Einkaufstipps
Wilhelm Heyne Verlag
München
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Originalausgabe 03/2017
Copyright © 2017 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Redaktion: Sabrina Kiefer
Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, München – Zürich, unter Verwendung eines Fotos von Marion Grillparzer
Satz: Leingärtner, Nabburg
e-ISBN: 978-3-641-19797-1
V002
www.heyne.de
Inhalt
Vorgeschmack
I. Fermento-Lebensmittel: Warum sauer luftig macht und wie Bakterien Kakaobohnen knacken
Die Hauptakteure
Wild und spontan oder kontrolliert?
Alltägliche Fermentos: Tee, Kaffee, Schokolade
Kraut, Gemüse & Co.
Soja & Co.: Hülsenfrüchte fermentieren – harte Schale, zarter Kern
Getreide fermentieren: von Brot bis Porridge
Joghurt, Kefir und andere Milchprodukte
Alles Käse!
Wurst und Fisch
Fermentierte Getränke
II. Gesunde Fermentos: Warum Kraut bekömmlicher ist als Kohl und Joghurt auch Menschen mit Laktoseunverträglichkeit bekommt
Kein Wunderbrunnen für Vitamin B12
Bessere Verträglichkeit durch Fermentation
Beispiel Laktoseabbau
Auch Käse wird bekömmlicher
Beispiel Gluten
Milchsäurebakterien knacken Gluten
Beispiel FODMAPs
Beispiel Phytinsäure
Schadstoffkiller
Langes Leben durch Fermentos?
Das Mikrobiom
Stress lass nach
Was die Darmflora stört
Weniger Hygiene ist manchmal mehr
Fast Food vermindert gesunde Darmbakterien
Gesunde Milchsäurebakterien
Milchsäurebakterien in der Medizin
Cholesterin im Lot
Schutz vor Allergien
Ein heißes Thema: Fermentos und Krebs
Schützen »gute« Bakterien vor Übergewicht?
Antibiotika machen dick
»Gute« Bakterien in der Diskussion
Der Weisheit letzter Schluss
III. Fermentos einkaufen: Der feine Unterschied. Von Slow-Käse und Fix-Brot. So erkennen Sie gute Qualität
Milchsaures Gemüse
Alles aus Hülsenfrüchten
Brot
Milchprodukte
Käse
Veganer Käse und Milchersatzprodukte
Wurst
Matjes
Getränke
Kombucha
IV. Das Fermento-Prinzip: Das Einmaleins der täglichen Ernährung mit Joghurt, Sauergemüse & Co.
Das Fermento-Prinzip
Schärfen Sie Ihr Bewusstsein für fermentierte Lebensmittel
Essen Sie täglich Fermentos
Genießen Sie kleine, feine Mengen
Essen Sie bunt
Testen Sie die Bekömmlichkeit
V. Basic-Rezepte: Einfache Anleitungen für Käse, Kraut und Kombucha, die jedem gelingen
Milchsaures Gemüse, Kimchi und Kraut
Hilfreiches Zubehör
Karotten mit Ingwer
Tomaten mit Basilikum und Knoblauch
Knoblauch-Sauerkraut
Spitzkohl mit frischer Minze
Kimchi
Rote-Bete-Kraut
Brot und Porridge
Hilfreiches Zubehör
Roggenbrot mit fertigem Sauerteigextrakt
Roggenbrot mit selbst hergestelltem Sauerteig
Hafer-Porridge
Hirse-Porridge
Buchweizen-Porridge
Joghurt und Kefir – klassisch und vegan
Hilfreiches Zubehör
Frischer Joghurt
Joghurt aus dem Backofen
Sojajoghurt
Kefir
Veganer Kefir
Käse und eine vegane Alternative
Hilfreiches Zubehör
Frischkäse und Hartkäse
Veganer Cashewkäse
Getränke – von Kombucha bis Holunderblütensekt
Hilfreiches Zubehör
Kombucha
Ingwerlimonade mit Ingwer-Bug
Brotdrink (Kwass)
Apfel-Cidre
Holunderblütensekt
Adressen, Links und Literatur
Ausgewählte Literatur
Vorgeschmack
Wo man nur hinhört, es blubbert und brodelt, es wird fermentiert. Christoph Hauser, Küchenchef des Berliner Restaurants Herz & Niere, etwa serviert seinen Gästen raffiniert fermentierte Pastinake zu gebratener Leber, dazu einen Salat mit selbst vergorenem Essig. Leon Benedens und Paul Seelhorst vom Start-up Fairment haben ihre Passion in Kombucha gefunden. Auf Messen und in Workshops erklären sie, wie aus Tee, etwas Zucker und dem Kombucha-Teepilz ein erfrischendes Getränk wird. Dazu bieten sie auch das nötige Equipment an und haben verschiedene Kombucha-Drinks im Angebot. Bei der »KrautBraut«, die eigentlich Cathrin Brandes heißt, kann man das Fermentieren von Gemüse von der Pike auf lernen – in Kursen und per Facebook. Und im neuen Zentrum für Fermentation in Leipzig treffen sich Fermentierungs-Fans, tauschen sich aus und lernen die Herstellung von Ingwerbier und Kimchi.
Auch ich selbst bin ein großer Fan von »Fermentos«, wie ich milchsaures Gemüse, Sauermilchprodukte und gutes Sauerteigbrot nenne. Solange ich denken kann, habe ich Joghurt selbst gemacht, das eine oder andere Roggenbrot gebacken und in jedem Frühjahr Holunderblütensekt angesetzt. Das Fermentieren fasziniert mich einfach.
Im Grunde ist das Fermentieren von Lebensmitteln nichts Neues. Es ist eine traditionelle Technik, um Lebensmittel haltbar, genießbar und bekömmlicher zu machen. Immer gehen dabei Mikroorganismen zu Werke – sie vergären Rohstoffe, knacken sie und bauen sie ab und um. Weil dies letztendlich eine Form des Verfalls von Rohstoffen ist, spricht der Fermentationsexperte Sandor Ellix Katz auch von »kontrolliertem Verrotten«.
Das klingt nicht wirklich appetitanregend. Doch tatsächlich entstehen durch Fermentation ganz neue, spannende Aromen. Von Natur aus milde Lebensmittel wie Milch und Gemüse erhalten zum Beispiel eine feine Säure. Die an sich faden, eiweißreichen Sojabohnen oder Hülsenfrüchte überraschen plötzlich mit verführerisch würzigen Umami-Noten und der traditionell hergestellte Matjes wird dank Mikroorganismen butterweich und köstlich.
Das alles wusste auch schon Uroma. Heute werden die traditionellen Rezepte und Anleitungen zur Fermentation jedoch neu interpretiert. Das Sauerkraut kommt mit Algen, Knoblauch und Gewürzen ins Glas, Joghurt und Käse werden nicht mehr nur aus Kuhmilch hergestellt, sondern auch als vegane Varianten mit Sojamilch, und die fernöstliche Würzpaste fermentiert mit Cashewkernen statt Sojabohnen. Schließlich verwenden die Köche des Kopenhagener Nordic Food Lab für ihre Version der traditionellen Sojasauce auch gerne mal proteinreiche Heuschrecken(!).
Fermentation ist so angesagt wie nie. Das bestätigt auch die Ernährungswissenschaftlerin und Trendforscherin Hanni Rützler, die Fermentation als einen der großen aktuellen Food-Trends ausgemacht hat. Noch sieht sie sie zwar vor allem in den Händen der großen Küchenchefs, die ihren Gästen fermentierte Köstlichkeiten auftischen, doch langsam hält der Trend auch Einzug in die Privatküchen. Rund 160 000 Videos beschäftigen sich auf YouTube mit dem Thema Fermentation, und zahlreiche Websites zeigen Hobbyköche beim Kohlraspeln, Sauerteigkneten und Joghurtmachen.
Superfood
Ich habe den Esskulturforscher Gunther Hirschfelder gefragt, woher die neue Lust am Fermentieren kommt. Er sieht dafür gleich mehrere Gründe. Zum einen seien die Lebensmittel, die da gebraut werden, sehr gesund. »Sauerkraut ist ein Universalheilmittel, mit dem man heil und nachhaltig durch den Winter kommt«, erklärt er. Es strotzt tatsächlich nur so vor gesunden Milchsäurebakterien, liefert zahlreiche Ballaststoffe und ist damit ein echtes Superfood – nicht nur im Winter. Vor allem für den Darm sind die sauren Produkte wertvoll. Wie groß das aktuelle Interesse am Thema Darmgesundheit ist, belegt die Vielzahl der Gesundheitsratgeber, die sich damit beschäftigen. Hierzu passen Fermentos perfekt. Oft sind sie besser bekömmlich als das Rohprodukt – und damit eine Alternative für Menschen mit Unverträglichkeiten und Allergien. Wird Milch fermentiert, kommt es zum Abbau von Laktose, jener Substanz, die immer mehr Frauen, Männern und Kindern Probleme bereitet. Bei der traditionellen (länger dauernden) Teiggärung wird Gluten, das für eine »Wampe« und verschiedene Erkrankungen verantwortlich sein soll, gespalten – und Brot somit möglicherweise für den einen oder anderen besser bekömmlich.
Zum anderen macht es auch großen Spaß, Gemüse zu raspeln, Lake anzurühren und Brotteig zu kneten. Das Selbermachen bringe Befriedigung und somit Entspannung, weiß Hirschfelder. Dazu komme der Reiz des Ungewissen, der Do-it-yourself-Fans noch nach Feierabend zu Kohlkopf und Messer greifen lässt – denn beim Fermentieren ist letztendlich nie vorhersehbar, was am Ende dabei herauskommen wird. Das Ergebnis hängt immer auch von der Rohware (bio oder konventionell?), der Temperatur (zu warm oder zu kalt?) und von der hauseigenen Mikroflora ab. Selbst wenn alles klappt, bleibt noch die bange Frage: Schmeckt es auch wirklich? Ist das Kraut sauer oder mild? Kann ich es Familie und Freunden anbieten?
Zu guter Letzt schwinge bei allem immer auch ein bisschen Konsumkritik mit, so Hirschfelder. Wer Kraut und Kombucha selbst ansetzt, hat eine gewisse Handhabe gegen all die Lebensmittelmultis, die einheitliches, immer gleich schmeckendes Dosenessen, Tiefkühlkost und Fast Food in die Regale stellen. Beim Selbermachen weiß man, was man hat!
Das Fermento-Prinzip
Aber was ist mit jenen fermentierten Produkten, die es fertig zu kaufen gibt? Salami, Roggenbrot, Sauerkraut und Joghurt – alle entstehen traditionell mithilfe von Gärung. Rund 30 Prozent unserer Lebensmittel sind fermentiert, schätzt die Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM). Es stellt sich die Frage, ob auch all die Supermarkt-Fermentos gesund, frei von Zusätzen und damit bekömmlicher sind oder durch Fix-Verfahren die Qualität leidet.
Darauf und auf viele weitere Fragen gibt dieses Buch Antwort. Zunächst werden Lebensmittel unter die Lupe genommen, die mithilfe der Fermentation hergestellt werden. Ein Kapitel mit Einkaufstipps hilft dabei, im Supermarkt die Übersicht zu behalten und die guten Fermentos von jenen, die im Fix-Verfahren hergestellt wurden, zu unterscheiden.
Auch die vielen gesundheitlichen Vorzüge gut fermentierter Produkte sollen beleuchtet werden: Welchen Nutzen haben sie für den Darm, welchen bei Unverträglichkeiten und Allergien? Schließlich geht es auch um die Frage: Wie viel Fermentiertes ist gesund? Dazu gibt es seitens der Wissenschaft bislang keine klaren Empfehlungen. Darum habe ich, basierend auf meinen Gesprächen mit Experten, das sogenannte Fermento-Prinzip entwickelt – eine Ernährungsweise, die den Fokus auf den regelmäßigen Verzehr von Sauermilchprodukten, gutem Brot, feinem Käse und natürlich milchsaurem Gemüse legt.
Schließlich kommt auch das Kulinarische nicht zu kurz. Im letzten Kapitel habe ich für Sie Rezepte für verschiedene Fermento-Gruppen zusammengestellt: Gemüse, Getreide, Milchprodukte und vegane Alternativen sowie Getränke. Sie sind für Einsteiger gedacht und somit ausführliche Basic-Anleitungen, die Schritt für Schritt die Herstellung erklären. Darüber hinaus gibt es jede Menge Tipps für die erforderlichen Gefäße und Gerätschaften – damit haben Sie alle Informationen zur Hand, um selbst mit dem Fermentieren loslegen zu können.
Alle Rezepte wurden mehrfach in meiner eigenen Fermento-Küche erprobt. An manches habe ich mich (noch) nicht herangewagt: An das Fermentieren von Fleisch und Fisch – denn ich habe großen Respekt vor diesen doch empfindlichen, leicht verderblichen Lebensmitteln. Doch das Erforschen der übrigen Fermentos hat umso mehr Spaß gemacht. Zum Leidwesen meiner Familie roch es in der Küche auch mal etwas streng, ein paarmal sprudelte der vorwitzige Sekt unkontrolliert aus der Flasche und verursachte eine Überschwemmung, und das riesige Kombucha-Glas mit dem wabbeligen Pilz sorgte hin und wieder für Irritationen. Doch dafür kamen Familie und Freunde in den Genuss von leckerem Brot, cremigem Joghurt, knackigem Sauergemüse und dem einen oder anderen Gläschen Holunderblütensekt. Die Recherche und Tests für dieses Buch machten auch die Autorin um viele Aromen reicher.
Annette Sabersky im Dezember 2016