Erstmals erschienen im Jahr 1820
Umschlaggestaltung, Überarbeitung:
Daniel Neuner
1. Auflage 2015
Charlotte von Ahlefeld (geborene von Seebach) wurde am 6.12.1781 in Stedten bei Weimar als Tochter des Regimentskommandanten Alexander Christoph August von Seebach und dessen Ehefrau Albertine Wilhelmine von Ingersleben geboren.
Sie begann bereits in ihrer Jugend zu schreiben und sollen die Gedichte, die sie als zehnjährige verfasste, sogar Goethe beindruckt haben.
Ihr erster Roman „Liebe und Trennung oder merkwürdige Geschichte der unglücklichen Liebe zweier fürstlicher Personen jetziger Zeit“ erschien 1798.
Im selben Jahr, am 21.5.1798, heiratete sie den wohlhabenden Gutsbesitzer Johann Rudolf von Ahlefeld und wurde die Trauung von Johann Gottfried Herder in Weimar vollzogen. Dieser Ehe entstammen ihre drei Söhne Friedrich (1799–1862), Erich (1800–1853) und Hermann (1806–1855).
Im Jahr 1799 veröffentlichte sie ihren zweiten Roman „Maria Müller“ der bei seinem Publikum sehr gut ankam und schnell zum Erfolg wurde. Insgesamt veröffentlichte die deutsche Schriftstellerin mehr als 30 Romane und einen Gedichtband, meist unter Pseudonymen (Elisa Selbig, Ernestine, Natalie, Verfasserin der Erna, Verfasserin der Felicitas, Verfasserin der Marie Müller, C.).
Ihre Ehe mit Johann Rudolf von Ahlefeld hielt nur bis zum Jahr 1807 in dem sie sich wegen dessen „Untreue und Heftigkeit“ von ihm trennte und fortan als freie Schriftstellerin lebte.
Charlotte starb am 27. Juli 1849 in Bad Teplitz - wo noch heute ein Denkmal zu ihren Ehren steht – begraben wurde sie allerdings in Prag.
Meiner
geliebten Schwester
Amalia v. Stein
geborene v. Seebach
freundlich gewidmet
Du hast, liebe Amalie, schon in früher Jugend so nachsichtsvoll mich und die bunten Seifenblasen ertragen, mit denen meine Fantasie zu spielen pflegte, und als uns das Schicksal im Lenz unserer Jahre trennte, und fern von Dir mir meinen Wohnplatz im Norden anwies, bist Du mir teilnehmend im Geiste gefolgt zur neuen Heimat, und hast mich fortgeliebt in den Erinnerungen der Vergangenheit, so wie in den Schöpfungen, durch die ich meine einsamen Stunden zu beleben suchte. Es hat Dich gefreut, wenn Du in Taschenbüchern und Zeitschriften den Namen, oder wenigstens die Arbeiten Deiner Schwester fandest, und so mittelmäßig sie auch vielleicht waren, schien es Deiner herzlichen Parteilichkeit für mich doch eine Gunst des Glücks zu sein, dass ich – um mit Tasso zu reden – sagen und singen konnte, was ich dachte, und wie es mir ums Herz war.
Dies schwesterliche Wohlwollen, nicht nur gegen mich, sondern auch gegen die schwachen Versuche meiner Feder, macht mich so kühn, diese Erzählungen, von welchen Du mehrere schon einzeln kennst, Dir jetzt gesammelt zu widmen. Nimm sie so freundlich auf, wie Du sonst so manchen Blumenstrauß von meiner Hand empfingst, den ich anspruchslos Dir pflückte, und lass den weiten Raum der zwischen uns liegt, nicht unsere Gemüter trennen, die in der Ehrfurcht für die Gräber, welche uns gemeinschaftlich heilig sind, ein neues, wiewohl sehr dunkles Band umschlingt, stark genug uns wechselseitig fürs ganze Leben an einander zu knüpfen.
Im Februar 1821
Am Ufer der Ostsee grünt ein heimliches Plätzchen, am Abhang eines Hügels, der die wogenden Fluten überschaut. Eine schlanke Buche webt ihren Schatten wie einen dunklen Schleier über zwei große, bemooste Felsenstücke, die mir schon oft eine freundliche Ruhestätte gewährten. Manchen Abend sah ich gedankenvoll hier verbleichen – vor mir das Meer, mit seinen bald leise, bald rauschend bewegten Wellen – links die Stadt, deren Glockengeläute schwermütig auf den Schwingen der Lüfte zu mir herüber dringt – rechts ein Dorf, das mit seinen roten Ziegeldächern hell aus dem grünen Gebüsch hervorschimmert, das wie ein weiter Kranz es umfasst. Da gehen mir die Bilder der Vergangenheit in stiller Wehmut vorüber, und die Träne, die sie fördern, fließt mild; denn die Aussicht, in der mein Auge schwelgt, öffnet nicht bloß dem Blick, sondern auch dem Gemüt eine unermessliche Weite, in der des Kummers Riesengestalt zu einem flüchtigen Schatten zusammen sinkt. An der nimmer stockenden Regung des Meeres stärkt sich mein Glaube an das Unendliche, Unvergängliche, Ewige, das – wenn wir es als Zweck unserer Bestimmung ahnen – uns tröstend aus der Tiefe der Mutlosigkeit erhebt, indem es unser eigenes Ich, mit all den Lasten die es beugen, nur wie ein unbedeutendes Sandkorn des Ufers erscheinen lässt.
So saß ich auch einst in ernste Träume versunken, und glaubte mich allein, als eine leise Bewegung dicht hinter mir mich zum Umsehen bewog. Ich erblickte ein junges, dürftig gekleidetes Mädchen, mit einem interessanten, aber bleichen Gesicht, das sich in geringer Entfernung von mir nieder gesetzt hatte, und mit dem Ausdruck einer stillen, ruhigen Trauer hinaus auf die Wasserfläche schaute, die sich flüsternd vor uns ausdehnte. Zu ihren Füssen stand ein Krug mit Milch, und ein Korb mit Gartenkräutern – allein nicht die Schwere ihrer Bürde, nicht die Ermüdung eines vielleicht weiten Weges schien sie zum Ausruhen bewogen zu haben. Es war, als hielte eine schmerzliche Erinnerung sie an dieses Plätzchen gefesselt – als hefte Furcht und Hoffnung ihr Auge so unbeweglich an die blaue Ferne des Meeres, und als habe die Welt ihrer Träume sie der irdischen entrückt.
Ich betrachtete sie mit immer steigendem Anteil. Denn sie war nicht schön, aber der Gram, der in ihren Zügen mit der Fülle blühender Jugend kämpfte, die Sehnsucht, die Geduld, die stille Ergebung, die ich in ihren Blicken wahrnahm, weckten mein innigstes Mitleid mit dem ungekannten Schicksal, das ihr in dem Alter der Hoffnung nur den Wermutskelch des Schmerzes zu reichen schien.
Ein leichtes Geräusch, das ich veranlasste, machte, dass sie mich bemerkte. Sie schien überrascht durch meine Nähe, doch erwiderte sie meinen freundlichen Gruß, und kehrte, indem sie sich schnell fasste, ihr Auge der Aussicht wieder zu, an der es so voll Inbrunst hing. Ich redete sie an. Die Schönheit des stillen Abends und das frische Grün der Kräuter in ihrem Korbe, leitete bald ein Gespräch ein, das sie mit bescheidener Freimütigkeit fortsetzte. Sie sagte mir, dass sie in der Stadt diene, und von ihrer Herrschaft oft in das benachbarte Dorf geschickt werde, um Milch und Gemüse zu holen.
Und jedes Mal, wenn ich an dieser Stelle vorüber gehe, fuhr sie fort, ist mir, als wenn es in mir spräche: setz dich nieder. Ich schaue dann das Wasser an, vor dem ich doch einen so großen Widerwillen habe, und mache meine Betrachtungen darüber, so dass ich oft die Zeit vergesse, und von meiner Herrschaft ausgescholten werde, wenn ich so spät nach Hause komme.
Und was sind das für Betrachtungen, meine Liebe? fragte ich.
Ja, antwortete sie, mit dem zutraulichen Lächeln der Unschuld auf ihren Lippen, es ist wohl vermessen, wenn ein Mädchen, wie ich, an den Einrichtungen des lieben Gottes etwas tadelt. Aber ich denke oft, warum hat er nur das Meer erschaffen, das so vieles verschlingt, und so manchen in die Fremde winkt, aus der er nimmer wiederkehrt? Wenn diese ungeheuere Strecke fester Boden wäre – o wie mancher, der sich jetzt arm und unstet in der Welt herum treibt, könnte darauf eine Heimat finden, die ihn ernährte.
Das ist wohl wahr, versetzte ich, aber auch auf dem Meere findet mancher seine Heimat, wenn gleich unter stürmenden Gefahren. Diese Schiffe, die mit weißen Segeln dahin schweben, gleich stolzen Schwänen, als hätten sie Flügel – sie sind die Brücke, die uns mit fernen Weltteilen verbindet, und die kühnen Menschen, welche sie führen, bringen mit Leichtigkeit die Schätze aller Länder zu uns herüber, und ihr mutiges Beginnen gibt ihnen wie dem Landmann, Brot und sichern Erwerb.
Das Mädchen seufzte, und ihr Auge wurde nass. Ach – möchten alle Länder meinetwegen ihre Schätze behalten, sagte sie. Und wenn sie mir auch vom Glück beschert wären – ich möchte sie nicht. Wenn nur mein Schatz wieder käme. Den hat auch die falsche See von mir weg gelockt, und wer weiß, ob sie mir ihn wieder gibt.
In ihrem Ton drückte sich eine Wehmut aus, die das Innerste meines Herzens ergriff. Wer ist dein Schatz? fragte ich mit Teilnahme. Erzähle mir von ihm, mein Kind! Kann ich dir auch nicht helfen, so erleichtert es doch oft das beklommene Gemüt, wenn es dem Gram, der es stumm zu Boden beugen würde, Worte leiht, die in lindernden Klagen seine Tiefe aussprechen.
Sie lächelte unter den herabrollenden Tränen, als wolle sie mir danken. Heinrich heißt mein Bräutigam, sagte sie. Wir waren Nachbarskinder, und hatten uns lieb seit unserer ersten Kindheit. Seine Eltern starben sehr bald, und hinterließen nichts. Er müsste also als Schiffsjunge schon früh sein bisschen Brot verdienen, und als er älter wurde, ging er als Matrose zur See.
Anfangs sah ich wohl besorgt, aber nicht betrübt ihn von dannen ziehen. Ich dachte: was tuts? Er geht seinem Beruf nach. Aber jedes Mal, wenn er wieder kam, wurde er mir lieber, und mit jeder neuen Reise verdoppelte sich meine Angst um ihn, und meine Sehnsucht, ihn wieder zu sehn. Oft zitterte ich seinetwegen, wenn der Sturm tobte, und er unterwegs war – aber immer kam er glücklich heim, und dann hatte ich alle Bangigkeit vergessen, oder ich verbarg sie wenigstens vor ihm, denn er lachte mich über meine Sorgen aus, lobte mir sein wildes Leben, und segelte keck wieder fort, ich mochte ihn bitten, so viel ich wollte.
Meine Mutter ist Witwe, und hat dort im Dorfe ein kleines Haus. Wir lebten fromm und fleißig, wiewohl oft betrübt, denn es kam ein Unglück nach dem andern über uns, das uns schwer zu tragen fiel. Erst starb unsere Kuh, die uns ernähren half, und wir hatten nicht so viel, um eine andere zu kaufen. Doch gute Nachbaren standen uns bei, so viel sie konnten – wir litten dennoch keinen Mangel.
Dieser Unfall hätte sich also verschmerzen lassen, aber nun wurde meine Mutter blind. Die flinke, rasche Frau konnte nichts mehr tun – ja sie konnte nicht einmal mehr ungeführt von einer Stelle des Hauses zur andern gehen. Meiner Schwester und mir wurde es nun sehr schwer, sie zu ernähren, doch verzagten wir nicht. Ich baute meine Hoffnung fest auf Gott und Heinrich. Die, dacht' ich, werden dir schon helfen! Heinrich war mit seinem Schiffe auf dem mittelländischen Meere. Ungeduldig harrt' ich auf seine Wiederkunft. Er kam – Allen Erwerb seiner Reise, den sauren Lohn jahrelanger Mühe und Gefahr gab mir das treue Herz, um damit meiner armen Mutter zu pflegen.
Nun geh ich nur noch ein einziges Mal zur See, sagte er, vergnügt über die Freude, mit der ich ihn bewillkommte, und dann will ich auf dem Lande mein Heil versuchen. Wir wollen dann bei deiner Mutter wohnen, und froh wie die Engel im Himmel leben. Ich arbeite im Tagelohn, bis ich mir ein kleines Grundstück kaufen kann. Wir sind beide jung, rasch und fleißig – wer weiß, wir können wohl am Ende noch einmal reich werden. Und sind wir auch Zeitlebens zur Armut bestimmt, so soll uns das doch wenig kümmern. Zufriedenheit und ein reines Gewissen sind die schönsten Güter auf Erden – mit ihnen ist man glücklich, auch bei trockenem Brot, in einer baufälligen Hütte.
Wie mir zu Mute wurde, als er das sagte, kann ich nicht beschreiben. Gern wäre ich ihm um den Hals gefallen, und hätte gesagt: führe jetzt schon diesen Plan aus, Heinrich, und vertrau dich nicht wieder dem wilden Wasser – aber ich schämte mich, und wollte beherzt scheinen, wie er. Ach! hätte ich ihn doch mit tausend Tränen gebeten, bei mir zu bleiben! Vielleicht hätte er meinem Verlangen nachgegeben, und ich brauchte nun nicht da zu sitzen, und dem Kummer nachzuhängen, der mir noch das Herz brechen wird.
Der reiche Kaufmann Wandel – Sie werden wohl von ihm gehört haben – hatte damals wieder ein neues Schiff erbauen lassen. Als es vom Stapel laufen sollte, stand ich mit Heinrich dicht daneben, und wie nun der ungeheuere Kasten anfing, sich zu bewegen, und dann schnell wie der Blitz von seinem Gerüst herab ins Wasser rauschte, das sich weit auftat, es zu empfangen, und rings umher der Schaum spritze – da warf Heinrich jauchzend seinen Hut in die Höhe, und rief: es geht doch nichts über die Schifffahrt!
Mir aber wurde das Herz schwer – ich hätte fast weinen mögen, so trübselige Gedanken kamen mir in den Sinn. Ach Heinrich, sagt' ich, juble nicht so, wer weiß, was noch aus dem Schiffe wird, vielleicht bringt es manchen ins Unglück, der sich ihm anvertraut. Possen! versetzte er lachend, zu Glück und Ehren wird es manchen bringen, aber nicht ins Unglück. Ich wollte nur, dass ich mit segeln dürfte, wenn es ausgerüstet wird. Ich schwieg still, aber es tat mir in der Seele leid, dass er das wünschte, denn mir war so wunderbar beklommen, als sähe ich es vor meinen Augen scheitern, und im Sturm versinken.
Als es nun fertig war, wurde es der Gewinn genannt, und nach Indien bestimmt. Lauter ausgesuchte Leute wählte Herr Wandel, um es zu bemannen. Auch mein Heinrich, dessen ehrliches, freundliches Gesicht jedermann gefiel, wurde ihm empfohlen, und er ließ ihm unter vorteilhaften Bedingungen antragen, die Reise mit zu machen.
Als er zu mir kam, und sagte, er sei entschlossen, es zu tun, überfiel mich ein Zittern am ganzen Körper, und es schwindelte mir vor den Augen. Er dachte, ich wäre krank, und bemühte sich so liebevoll, mir beizustehen, dass ich mich vor Rührung des Weinens nicht erwehren konnte. Was hast du denn? fragte er mich mit Tränen im Auge. – Ach Heinrich! schluchzte ich, mir ist so bang um dich, wenn du nun wiederum von mir weg gehst!
Sei doch kein Kind, Margaretha! sagte er ernsthaft. Ich gehe ja nur von dir, um den Anfang unserer Einrichtung zu gewinnen. Können wir mit leeren Händen unsere Wirtschaft anfangen? Sieh, wie kümmerlich sich deine gute Mutter behelfen muss. Da sitzt sie, und weiß nicht, ob es Tag oder Nacht ist, wenn wir es ihr nicht sagen. Die liebe Sonne dünkt ihr beschwerlich, denn sie fühlt nur, wie sie sengt, und sieht das helle Licht nicht, das sie ausströmt – dicke Finsternis ist es rings um sie her. Und dabei fehlt ihr so manches, was ihren Zustand versüßen könnte. Sollte ich nicht mein Leben getrost noch einmal wagen, um ihres ein wenig sorgenfreier zu machen? Und glaubst du, dass Gott nicht mit mir sein wird, wenn ich in so frommen Absichten gehe?
Ja, geh! rief ich, und weinte nicht mehr. Sein Segen wird dich begleiten, und auf uns ruhen, wenn du wiederkehrst, um dann immer bei mir zu bleiben! Eine wunderbare Freudigkeit war in mich gekommen, und eine Hoffnung, wie ich sie nie so stark und kräftig in meiner Brust gefunden hatte. Bald darauf ging die Reise wirklich vor sich. Ich ertrug den Abschied mit Fassung. Hier an dieser Buche umarmte ich ihn zum letzten Mal – hier blieb ich sitzen, als er in einem kleinen Boot mit noch zwei anderen Gefährten von mir weg dem großen Schiffe zu ruderte. Ich hörte von weiten das dumpfe Geräusch, wie sie die Anker lichteten – sah dann, wie der Wind die Segel ausblies, und wie es immer weiter fortrückte – und als mir in der Dämmerung der letzte Schimmer verschwand, dacht' ich erst mit Schrecken an meine arme Mutter, die allein zu Hause war, und wartete, dass ich ihr das Abendessen reichen würde.
Ich kam wie im Traum nach Hause, verrichtete meine Geschäfte, und weinte mich herzlich dabei aus. Es war mir lieb, dass meine Schwester auf ein paar Tage in ein anderes Dorf gegangen war, und dass niemand sah, wie betrübt ich war. Mit der Mutter sprach ich freundlich, doch merkte sie wohl den Jammer, den ich bezwingen wollte, und redete mir zu, bis ich mich endlich beruhigte.
Wir lebten eine Weile still und traurig fort – da fiel meine Mutter in eine schwere Krankheit. Wir konnten nichts mehr verdienen, denn sie brauchte Tag und Nacht Wartung und Pflege. Alles was von unsern Sachen nur einigermaßen etwas wert war, mussten wir verkaufen, um ihr nur die nötigen Arzneien zu verschaffen. Das war eine traurige Zeit! Ich weiß nicht, wie ich sie würde ertragen haben, hätte mich nicht der Gedanke an Heinrich unterstützt, wenn ich fast vergehen wollte in meinem Kummer. Als sie wieder genesen war, hielt sie es für das Beste, wenn Eine von uns in Dienste ginge. Wir wollten ungern von ihr weg, aber als ich einsah, dass es unsere Not erleichtern würde, entschloss ich mich dazu, und vermietete mich dort in der Stadt, wo ich nun schon über ein Jahr diene.
Vergebens hoffte ich indessen auf Nachricht von Heinrich, oder auf seine Wiederkunft. Als er nun fünfzehn Monate weg war, konnte ich es nicht länger aushalten. Ich zog an einem Sonntage meine besten Sachen an, ging in die Kirche, und betete recht aus vollem Herzen zu Gott. Hernach fühlte ich mich mutig – jede Bangigkeit schwand – nur allein die Angst um Heinrich konnte ich nicht überwinden.
Nach der Kirche ging ich dreist zum Kaufmann Wandel. Ich hatte es noch nie über mich gewinnen können, bei ihm nachzufragen, weil er mir als ein rauer, harter Mann geschildert war. Ich ließ fragen, ob ich vorkommen dürfe, und endlich erlaubte er es. Er saß in einem prächtigen Saale auf einem Lehnstuhl und frühstückte. Neben ihm saß seine verheiratete Tochter, die Madame Goldenstein, und stickte. Mir wurde ganz heiß und beklommen, als er mich so mürrisch ansah, aber endlich fasste ich mir ein Herz, und fragte nach Heinrich. Lieber Gott! er wusste gar nicht mehr wer das war. Als ich ihm nun erzählte, dass er ja auf seinem Schiffe, der Gewinn, mit nach Indien gesegelt sei, wurde sein Gesicht noch viel verdrießlicher, als vorher, so dass ich recht erschrak. Du kommst mir eben recht, du Närrin, sagte er, mich an den Schaden zu erinnern, den ich wahrscheinlich gelitten habe. Es muss verunglückt sein, denn sonst wäre es wieder zurück, oder ich hätte doch Nachricht davon. Wollte der Himmel, ich hätte das schwere Geld wieder, das es mich kostet, so möchte dein Liebhaber meinetwegen zum Henker sein. Ich entsetzte mich vor dieser lieblosen Rede – Tränen kamen mir in die Augen – ich konnte kein Wort mehr hervorbringen.
Ja, Julchen! sagte er zu seiner Tochter, das wäre ein großer Schaden für mich, wenn das Schiff untergegangen wäre. Hernach könnte nichts aus der Badereise werden, die ich dir versprochen habe.
O Papa, das wäre unbillig, antwortete sie. Was geht mich denn ihr Schiff an? Ich bin ja nicht Schuld, wenn es verloren ist; warum sollte ich denn also darunter leiden? Und voriges Jahr verloren Sie ja auch durch den großen Bankerott in Hamburg sechs tausend Thaler, und ließen mich doch reisen.
Ein solches Schiff baue ich auch mit sechs tausend Thaler nicht wieder, sagte er, und wenn alle Jahre so ein Verlust kommt – das kann einen auf die Hefen bringen, und zur Sparsamkeit nötigen.
Die Madame Goldenstein machte ein so böses Gesicht, dass mir ganz angst und bange wurde. Ich blieb an der Türe stehen, und wusste nicht, ob ich gehen, oder warten sollte. Es kam jemand und rief den Alten ab – er ging an mir vorüber, ohne etwas weiter zu sagen – ach, er hatte keinen Begriff davon, mit wie viel Trübsal im Herzen ich da stand! Als er fort war, dachte ich, seine Tochter wird wohl eher des Mitleids fähig sein. Sie ist eine Frau, und vielleicht weiß sie aus Erfahrung, wie weh es tut, von dem getrennt zu sein, den man lieb hat.
Ich wandte mich also zu ihr, und bat, sie möge mir es doch wissen lassen, wenn irgendeine Nachricht von dem Schiffe käme, auf dem meine einzige Hoffnung beruhe. Setzen Sie sich an meine Stelle, sagt' ich zu ihr, wie betrübt wäre Ihnen wohl zu Mute, wenn Sie um Ihren Mann in einer solchen Ungewissheit zittern müssten, und die schreckliche Möglichkeit vor Augen sähen, dass er in dem tiefen Wasser sein Grab gefunden hätte?
Sie stand zornig auf, und warf die Arbeit bei Seite. Nun, damit würde mir eben kein Possen geschehen, fuhr sie mich an. Jetzt lasse Sie mich zufrieden. Ich weiß nichts von dem Schiffe, und habe mehr zu tun, als mich um Matrosenliebschaften zu bekümmern! Damit rauschte sie zur Tür hinaus, und schlug sie heftig hinter sich zu.
Ich war wie versteinert von so vieler Härte und Unempfindlichkeit. Wenn alle reiche Frauen so denken, so lobe ich mir auch im Unglück meine Armut, sprach ich bei mir selbst. Was hilft alles Geld und Gut bei einem so harten und feindlichen Herzen?
Ich ging. Auf der Treppe begegnete mir der junge Herr Wandel, und hielt mich auf, als ich hinab steigen wollte. Wen suchst du mein Kind? fragte er freundlich. Willst du vielleicht mit mir sprechen, so komm in mein Zimmer, da kann ich dich besser anhören, wie hier. Ich sagte, ich hätte ein Anliegen an seinen Herrn Vater gehabt; aber er zog mich mit sich fort, und da er so liebreich aussah, ging ich auch gern mit ihm, und dachte; der ist viel besser als Vater und Schwester!
Als ich in seine Stube trat, wurde mir ganz wunderlich zu Mute. Vor den Fenstern hingen rohseidene Gardinen, und die Sonne strahlte so feurig durch, dass Alles schimmerte, wie vom Abendroth beschienen. Nackende Menschen von Stein ausgehauen, standen rings umher an den Wänden, und wo ich auch die Augen hinrichtete, sah ich nichts als sie, denn sogar aus den großen Spiegeln, in denen ich mich selbst vom Kopf bis zu den Füßen erblickte, schauten sie mit ihren starren, stieren Augen auf mich.
Er liebkoste mich, und sagte: kleines Närrchen! dir stehen ja Tränen in den Augen. Wahrscheinlich hast du Hilfe und Unterstützung bei meinem Vater gesucht; aber da bist du unrecht angekommen, denn Freigebigkeit ist seine Tugend nicht. Er hat ein hartes Herz – meines ist viel weicher, denn ich könnte um keinen Preis ein so liebes Mädchen weinen sehen. Dabei zog er mich zu sich, und wollte mich küssen.
Das war mir nun doch beinahe zu viel, indessen dacht' ich noch nichts Arges, und antwortete bloß: es sei nicht meine Absicht gewesen, mir etwas zu erbitten, denn die Arbeit meiner Hände ernähre mich auf eine redliche Weise. Ich hätte nur Nachricht einziehen wollen von meinem Bräutigam, der nun schon über Jahr und Tag auf einem Schiffe seines Vaters nach Indien gereist sei, ohne etwas von sich hören zu lassen, weshalb ich natürlicher Weise sehr bekümmert wäre.
Er schien bewegt, und sah mich mitleidig an. Das musst du dir nicht zu Herzen nehmen, mein liebes Kind! sprach er. Solche Bursche machen es nicht anders; bei ihnen heißt es: aus den Augen, aus dem Sinn. Schon mancher, der zu Hause ein treues Liebchen hatte, suchte sich in der Fremde ein anderes, und war lustig und guter Dinge, ohne zu bedenken, wie viele Tränen seinetwegen daheim vergossen wurden. Das Klügste, was ein Mädchen in einer solchen Lage tun kann, ist: Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
Ich wurde böse, dass er so schlecht von Heinrich dachte, und sagte: dass Sie so reden mag Ihnen Gott vergeben. Sie kennen Heinrich nicht – sonst würden nicht so schnöde Worte über Ihre Zunge kommen.
Was ist es denn nun mehr? antwortete er immer dreister. Wir sind ja nicht deswegen auf der Welt, dass wir uns grämen sollen, sondern um froh zu sein, und das Leben zu genießen. Hat dein Liebster sich an eine Schwarze gehängt, oder haben ihn die Fische gefressen – ei nun, so such dir einen andern. Ich selbst, liebe Kleine, bin gar nicht abgeneigt, dir seine Stelle zu ersetzen. Du sollst Geld und schöne Kleider haben, wie sie dir dein Heinrich nimmer schaffen könnte, wenn du nur zum Lohn dafür ein wenig freundlich gegen mich sein willst.
Jetzt fiel es wie ein Flor von meinen Augen, und seine schwarzen Absichten wurden mir klar. Ich stieß ihn von mir mit all' der Kraft, die mir der Zorn gab. Ungeheuer! schrie ich, und wenn du noch zehnmal reicher – und wenn du der König selbst wärest, so solltest du doch so nicht zu mir sprechen.
Ich riss mich los von ihm, und wollte hinaus, er stellte sich aber vor die Tür, und suchte mich zu besänftigen. Doch ich hörte nicht mehr auf ihn, stieß ihn auf die Seite, und eilte wie ein gejagtes Reh hinunter.
Mein Gesicht glühte, das Herz schlug mir gewaltig – nie in meinem ganzen Leben war ich so in Wut geraten, wie damals. Auf der Hausflur stand eines von den Dienstmädchen, die mich so höhnisch und verächtlich ansah, dass es mir auffiel. Nun, Junfer, sagte sie, wie hat es Ihr bei dem jungen Herrn gefallen? Ihr Bräutigam würde sich nicht freuen, wenn er das wüsste, denn so ein Besuch schickt sich eben nicht sonderlich für ein ehrbares Mädchen.
Diese Worte schnitten mir tief in die Seele. Ich weinte heftig, denn dass man etwas Übles von mir denken könne, fiel mir nun erst ein, und mein guter Name war ja nächst Heinrich mein höchstes Gut auf Erden.
Es dauerte lange, ehe ich mich darüber beruhigte; doch mein reines Gewissen war mein Trost, und richtete mich mutig wieder auf, wenn Verdacht und Schmähungen mich nieder drückten. Bald wurde es mir völlig gleichgültig, was die Leute von mir dachten, und sprachen, denn der Kummer um Heinrich machte mich nachgerade blind und taub gegen alles Übrige. Ich habe es sogar über mich vermocht, von neuem in Wandels Haus nach ihm zu fragen, da es der einzige Ort ist, wo ich Auskunft über ihn erwarten darf. Jeden Sonntag nach der Kirche lausche ich, bis ich den Sohn ausreiten sehe. Dann gehe ich hin, und scheue nicht den auffahrenden Empfang, der mir von dem Alten und seiner Tochter zu Teil wird – nicht den Spott und die Grobheit der Dienstboten, die mich oft nicht vorlassen wollen. Mit unermüdlicher Geduld bleibe ich stehen, bis man mir sagt, dass keine Nachricht von ihm gekommen ist. Dann gehe ich mit schwerem Herzen weg, und weine – denn jedes Mal wird meine Hoffnung schwächer, ihn wieder zu sehn.
Große Tränen rollten still, als sie dies sagte, über ihre Wangen, die im Feuer der Erinnerung, das in ihrer Erzählung glühte, lieblich sich gerötet hatten. Sie schlug den schwermütigen Blick zur Erde, und wir schwiegen beide, tief gerührt – Aber als sie ihn wieder erhob, leuchtete eine sanfte Ergebung und ein so heiliger Frieden aus ihm hervor, wie nur ein so reines Wesen zu erringen vermag.
Ich fühlte schmerzlich die Ohnmacht meiner heißen Wünsche, ihr zu helfen. Ach! konnte ich dem Meer gebieten, dass vielleicht längst schon den Geliebten in seiner Tiefe verbarg, oder doch ihn in ferne Gegenden hingetrieben hatte, wo nicht die Stimme der Liebe und des Anteils ihn erreichen konnte? Ihre fromme, treue Neigung, und die zehrende Sehnsucht, an der, wie an einer sengenden Sonne, die frische Blühte ihrer Jugend welkte, erfüllte mich mit allen Regungen der Wehmut und des Mitleids, während die Gelassenheit, in der ihr tiefer, nicht tobender Schmerz sich aussprach, alle die andachtsvolle Achtung in mir erweckte, die das stille geduldige Leiden der Unschuld verdient.
Ihre Bekanntschaft war mir zu wert geworden, als dass ich sie hätte vergessen können. Ihre einfache Geschichte beschäftigte mich lebhaft, und ich machte es zu meinem angelegentlichsten Geschäft, ihren sinkenden Mut zu erheben, und ihre erlöschende Hoffnung an den Glauben einer gütigen Vorsicht wieder anzuzünden, die liebend über unseren Schicksalen wacht. Aber alles, was ich zu der Erleichterung und Aufheiterung ihres Zustandes beitragen konnte, waren nur kleine Unterstützungen, die ihre blinde Mutter nicht bloß bedurfte, sondern auch verdiente. Kämpfend mit Armut und Mangel, und die Augen von ewiger Nacht bedeckt, war doch das trübe Los ihres Kindes der bitterste Schmerz, den sie erlitt, und die Heiterkeit, die Margarethe in ihrer Nähe erheuchelte, vermochte nicht das richtige Gefühl des Mutterherzens zu täuschen. Diese ehrwürdige Frau verstärkte, als ich sie kennen lernte, durch die gottergebene Reinheit ihres Gemüts und durch ihren unverfälschten Sinn den geheimnisvollen Zug, der mich schon manchmal so mächtig zu den untern Ständen hinzog, in denen man Unverdorbenheit und Güte oft reiner antrifft, als in den höheren, welche stolz auf die trügerische Glätte ihrer Politur über jene hinweg sehen, als habe eine Auszeichnung des Himmels und nicht die Gunst des unbedeutenden Zufalls ihnen ihre glänzendere Stufe angewiesen.
Bald darauf machte ich eine Reise, die mich ein Jahr lang entfernt hielt, dass ich diese unglückliche aber achtenswerte Familie aus den Augen verlor. Als ich zurück kehrte, eilte ich, sie wieder zu sehn, aber ach, ich fand nur Susanne, die jüngere Schwester, die an den Gräbern ihrer Lieben trauerte.
Die Mutter war zuerst hinüber gegangen in jenes Land, wo ihre fromme Zuversicht hoffte, ihr erblindetes Auge werde vor einem reineren und helleren Lichte wieder aufgehen. Margarethe erfüllte die letzte Kindespflicht, und wachte an ihrem Lager mit treuer Pflege, bis sie den schweren Kampf vollendete. Eine unerklärliche Kraft unterstützte bei diesem traurigen Geschäft ihr gebrochenes Herz, in das tröstend die Ahnung einer baldigen Wiedervereinigung drang. Als aber der letzte Lebensfunke erloschen war, sank sie zerrüttet hin im herben Gefühl ihres Verlustes, der Heinrichs Andenken bitter ihr erneuerte. Die Überzeugung, dass auch er schon längst dahin sei, gesellte sich zu ihrem heftigen Schmerz um den Tod ihrer Mutter; – der immerwährende Gram hatte ihre Gesundheit leise untergraben, und wie die zarte Frühlingsblüte sich geräuschlos dem Sturm hingibt, der sie hinab weht in ihr frühes Grab, so sank auch sie ohne Wiederstreben in das Ihrige, das lange schon der Inbegriff ihrer frommen Gebete war.
Nur kurze Zeit erst schlummerte sie unter den Fliederbäumen des Kirchhofs, da schwebte aus der Ferne ein Schiff mit vollen Segeln daher – es war der Gewinn, der nach vielen glücklich überstandenen Gefahren aus Indien wiederkehrte, und mit sich brachte was sein Name versprach.
Heinrich stand auf dem Verdeck, und schaute mit trunkenem Blick die vaterländische Küste wieder. Immer näher wich der Nebel der Entfernung von ihren blauen Hügeln – immer näher kam er der geliebten Heimat, und seine Tränen flossen, während sein Herz mit freudigem Ungestüm sich regte. Endlich war der Hafen erreicht – das Schiff wirft Anker – Heinrichs Ungeduld stieg bis zu einer unerträglichen Höhe.
Geh, mein Sohn, sagte der biedere Schiffskapitän, der das innerliche Treiben der Sehnsucht in seinen Zügen las, nimm das Boot, und rudere hin, wo dich Freude erwartet.
Heinrich küsst ihm dankbar die Hände. Er nimmt sein mühsam erworbenes Eigentum, Margarethen froh zu überraschen. Schaukelnd tragen die flüsternden Wellen sein Boot ans Ufer, und aus den Zweigen der Buche, bei der er landet, begrüßen ihn säuselnd die seligsten Erinnerungen. Er fliegt der Hütte zu, die, wie er meint, sein Liebstes umfasst – o! wie ist es so still und so öde! Er klopft – kaum kann er vor den heftigen Schlägen seiner Brust vernehmen, ob man ihm antwortet. Endlich öffnet sich die Tür – Susanne tritt heraus, bleich, mit verweinten Augen, und auch stumm ein Bote des Unglücks.
Kaum erblickt sie ihn, den Totgeglaubten, so stößt sie ein lautes Geschrei aus, und ihre Sinne schwinden. Sie sinkt nieder. Schreckliche Ahnungen belasten sein Herz, doch überwindet er mit männlicher Fassung seine Angst, und hebt sie auf. Als sie wieder zu sich selbst kommt, bricht sie in Tränen aus, und nun erst bemerkt er die tiefe Trauer ihrer Kleidung, und die Grabesstille des Hauses. Was soll das bedeuten? fragt er mit bebendem Ton; ist jemand gestorben? Nicht wahr, die Mutter ist es? Margarethe nicht – – Margarethe lebt!
Nein, ruft Susanne mit lautem Schluchzen, sie ist auch tot – ich bin allein noch übrig! – Ein kalter Schauer rieselte bei diesen Worten ihm vom Haupt bis zu den Füssen – er stand, wie vom Blitz getroffen, still. Tot, sagte er dann leise, als könne er die Schreckensnachricht nicht begreifen, wirklich tot – und alles also vergebens!
Erst nach mehreren Stunden vermochte Susanne ihm die näheren Umstände von Margarethens Leiden und Sterben zu schildern, denn er saß wie in einem dumpfen Traum, und seine Augen blickten starr vor sich nieder. Endlich verlangte er ihr Grab zu sehn. Susanne führte ihn hin. Auf dem Hügel, der sich über ihr wölbte, sprosste schon junges Gras, und ein Rosmarinstock, den Susanne darauf gepflanzt hatte, stand in voller Blüte. Er brach einen Zweig davon, und steckte ihn auf seinen Hut – dann wandte er sich weg, um bitterlich zu weinen.
Susanne trieb ihn an, die Stätte des Schmerzes zu verlassen. Er folgte ihr geduldig bis vor die Hütte, wo er Abschied nahm. Nimm, sagte er, was ich mir erworben habe, und was ich mit deiner Schwester zu teilen gedachte, nimm – und sei glücklicher, als ich. Er ging – wenige Tage darauf schiffte er sich zu einer neuen Reise ein, und nimmer hat ihn seitdem der heimische Boden wieder gesehen.
Unter glänzenden Abwechslungen, war in einer deutschen, ziemlich bedeutenden Residenz der Karneval vorübergegangen, und vorzüglich hatte das Theater, diese Schule der Sitten, und zugleich dieser Spiegel der Toren und Weisen, die Gebildeteren der Gesellschaft auf das anmutigste unterhalten, als plötzlich in einem engeren Kreise derselben das Verlangen entstand, selbst in dramatischen Darstellungen aufzutreten.
Sehr leicht verband man sich zu diesem, so mannigfaches Vergnügen versprechenden Zwecke. Er war ein fröhlicher geselliger Vereinigungspunkt für Alle und schmeichelte noch jedem insbesondere nach seiner Individualität mit Aussichten und Hoffnungen, die der abgemessener Gang des täglichen Lebens nicht gestatten wollte. Denn die durch Konvenienz und eigene Schüchternheit beschränkte Jugend glaubte in den Proben sich einander traulicher nähern, und eine höhere Bedeutung in manches gehaltvolle Wort legen zu dürfen. Ältere Damen, von deren Wangen die Zeit bereits allen Blütenschimmer abgestreift hatte, meinten jetzt durch Kunst und vorteilhafte Beleuchtung von neuem – wenigstens in einer gewissen Entfernung – wieder aufzublühen; und heiter und erfreulich schien es den Meisten, aus ihrem Charakter heraus treten, und eine Rolle spielen zu können.
Unter den Männern war das Interesse ebenfalls lebhaft, und motiviert nach der Verschiedenheit ihrer Jahre, und ihrer Denkungsart. Die wenigsten kannten sich selbst. Einige, denen die Natur das Privilegium erteilt hatte, überall, teils durch ihre Gestalt, teils durch ihre Laune, Lachen zu erregen, hielten sich vollen Ernstes für das Erhabene geschaffen, und erblickten sich schon im Geist auf der Bühne in den rührendsten Heldenrollen der Tragödie. Andere, die im wirklichen Leben sich nie mit Lebhaftigkeit äußerten, glaubten jedoch, weil ihre ruhig besonnene Stimmung sich oft angenehm durch Scherz und Naivität angesprochen fühlte, es sei nichts leichter, als selbst naiv und scherzend aufzutreten, und wiederum andere hielten für Talent in sich, was nur Neigung war, und meinten, ein innerer Beruf winke ihnen aufs Theater, wo die Zuschauer dann schnell genug gewahr wurden, dass dieser innere Beruf sich eigentlich nicht weiter, als – hinter die Kulissen hätte erstrecken sollen.
Da indessen gesellige Freude der Hauptzweck ihres Bestrebens war, und eine gewisse Gutmütigkeit die Mitglieder dieses freundschaftlichen Vereins mehr oder weniger tolerant gegen ihre wechselseitigen Schwächen machte, störten kleine Fehlgriffe die allgemeine Heiterkeit nicht, und allmählich lernte man auch dem Urteile anderer vertrauen, und näherte sich nun einige Stufen mehr dem Gelungenen.
Mit den glänzendsten Anlagen zur Ausübung der dramatischen Kunst sowohl als auch im gewöhnlichen Leben in der noch wichtigeren Kunst zu gefallen, hatte die Natur unstreitig den Baron Sellbrok ausgestattet, denn eine schöne Gestalt, ein wohlklingendes Organ, und eine unwiderstehliche Beredsamkeit der Mienen zeichneten ihn nicht nur auf, sondern auch außer dem Theater auf eine höchst einnehmende Weise aus.
Ihm wurden, seit auch er sich mit diesem Zirkel verbunden hatte, einstimmig die bedeutendsten und empfindungsvollsten Rollen zugeteilt, und er wusste, – nicht von den Regeln der Kunst, sondern von seinem warmen Gefühl geleitet, – sie in einer Vortrefflichkeit darzustellen, durch die man mit der Mittelmäßigkeit seiner Mitspielenden versöhnt wurde.
Wenn er dann in der Fülle männlicher Schönheit, und von der Begeisterung dichterischer Liebe ergriffen, rings um sich her vergaß, und vergessen ließ, dass nur Täuschung es war, die mit allem Zauber der Wahrheit ihn durchglühte – da seufzten oft leise die, denen für den Augenblick die Flamme seines hohen Enthusiasmus gewidmet war, dass sein eignes Herz nicht so sprach, und dass das flüchtige Spiel sich nimmer in dauernden Ernst verwandeln wollte. Denn wenn der Vorhang gefallen war, trat Sellbrock wieder in die Schranken konventioneller Formen zurück, und vergebens waren die geheimen Wünsche holder Mädchen und Frauen, auch außer der Bühne die Sprache des glühenden Gefühls von ihm zu vernehmen, die er dort oft so hinreißend an sie richtete.
Die Gräfin Hilmar hatte unter der Bedingung, dass ihre Tochter niemals mit spielen sollte, ihr Haus, dessen Lokal ganz dazu geeignet war, dem Liebhaber-Theater eingeräumt. Umsonst bemühte man sich, den Willen der strengen Mutter zu beugen, besonders da Fräulein Mariane als Zuschauerin einen sehr warmen Anteil an jeder Vorstellung nahm, und zuweilen ganz unverhohlen die Neigung verriet, tätig mit zu wirken. Ihre Schönheit, ihr edler Anstand, dem bei jungfräulicher Demuth doch eine gewisse Sicherheit nicht fehlte, und der liebliche, Herz-gewinnende Ton ihrer Stimme schien sie zu den ersten Rollen zu berechtigen. Mit der Literatur innig befreundet und vertraut, fand sie die duftendsten Blumen des Genusses in den Gefilden der Dichtkunst, und als Vorleserin ihrer Mutter wusste sie mit dem richtigen Takt, den nur ein zartes Gefühl verleiht, jede schöne Stelle so vorzutragen, wie sie gewiss der Dichter gedacht und empfunden hatte.
Alles dies wurde wohl erwogen, und in Anschlag gebracht, um zu beweisen, dass es eine Beleidigung der Kunst sei, wenn eine solche Priesterin sich weigere, ihr zu dienen. Doch die Gräfin wies die allgemeinen Bitten mit den Worten ab: »Ich habe hierüber meine eigenen Ansichten. Es mögen vielleicht Grillen sein, aber es würde mir doch weh tun, wenn Mariane sie nicht ehren wollte.«
Wie? wandte ihr Jemand ein, sollte es Ihnen, ganz gegen die Weise anderer Mütter keine Freude machen, die Talente Ihrer Tochter immer mehr ausgebildet, und bewundert zu sehn? Die Gräfin antwortete mit einem gutmütigen Lächeln: »Gern hör' ich Marianen im engen häuslichen Kreise vorlesen, und gern bemerke ich auch, wenn sie in Gesellschaften auftritt, dass ihr Benehmen sich ohne Schranken zwischen kindischer Blödigkeit, und einer allzu kühnen Dreistigkeit erhält. Aber mit sehr peinlichen Empfindungen würde ich an ihr auf dem Theater sehen, was im geselligen Leben mich erfreut, und ich hoffe, sie unterdrückt aus Liebe zu mir den übrigens sehr verzeihlichen und unschuldigen Wunsch, mit zu spielen.«
Mariane, die ohnehin das Muster der Töchter war, fügte sich, freundlich gehorchend, in diese Eigenheit ihrer Mutter und suchte auf eine andere Art ihr Scherflein der Teilnahme an dem allgemeinen Besten abzutragen. Denn sie nahm sich des ökonomischen Faches an, half tätig mit in der Garderobe der Damen, und wusste mit geschickter Hand und verständiger Anordnung die Reize ihrer Freundinnen zu erhöhen, während die Ihrigen, gleich dem Veilchen im verhüllenden Moose, nur im Verborgenen blühten, und willig den Triumpf entbehrten, öffentlich glänzend durch ihren Schimmer Alles um sich her zu überstrahlen.
So hatte man eine Zeitlang im fröhlichen Wechsel bald Thalien, bald Melpomenen gehuldigt, als das vereinte Streben der Gesellschaft sich einen kühneren Zweck vorsetzte, als vorher, und man entschlossen war, an Wallensteins Tod seine Kräfte zu üben.
Der Geburtstag einer allgemein verehrten Frau sollte durch diese Darstellung gefeiert werden, und jeder beeiferte sich, in den Geist der wohl verteilten Rollen einzudringen.
Schon war die letzte Probe gehalten, und eine glänzende Gesellschaft zum übermorgigen Tage geladen, um die Früchte einer langen und freudigen Anstrengung zu ernten, als das Fräulein, welches als Thecla auftreten sollte, plötzlich durch einen Eilboten aufs Land an das Krankenbett ihrer Mutter gerufen wurde.
Dieses unangenehme Ereignis drohte die Bemühungen mehrerer Wochen zu vereiteln – wenigstens ihren Erfolg auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben. Gleichwohl hatten alle Mitglieder trefflich memoriert, und brannten vor Begierde, in feurige Deklamationen auszuströmen, was sich dem Gedächtnisse so tief eingeprägt hatte, dass es ihnen auf jedem Schritte, gleich einem verborgenen Souffleur, statt der eignen Gedanken nur Schillers gehaltvolle Worte zuflüsterte.
Ungern gibt das menschliche Herz einen Plan auf, von dem es sich Genuss versprach. Hier war kein Einzelner gekränkt in seiner Hoffnung; die Mehrzahl lehnte sich, ein Komplott gegen den ungünstigen Zufall bildend, gegen die Hindernisse auf, die ihrer Absicht in den Weg traten, und da Mariane den wärmsten Anteil an dieser allgemeinen Bedrängnis nahm, und durch die Anmut ihres Wesens, so wie durch ihre genaue Bekanntschaft mit dem Dichter ganz geschaffen war, die unerwartet entstandene Lücke auszufüllen, so bestürmten Alle, der Einwilligung der Tochter gewiss, die Mutter mit Bitten, nur diesmal eine gefällige Ausnahme von ihrer strengen Regel zu machen.
Lange weigerte sich die Gräfin standhaft, doch endlich, als sie sah, dass auch Marianens schüchtern sie beobachtendes Auge mit bat, willigte sie ein, und verwandelte durch ihr Gewähren das leise Sehnen ihrer Tochter schnell in die rascheste Tätigkeit. Es bedurfte nur weniger Stunden, um ihrem scharfen Gedächtnis alles eigen zu machen, was Thecla zu sagen hatte, der Fleiß einiger Kammermädchen, und ihre eigne Mitwirkung schufen in einem nicht viel längeren Zeitraum den reizendsten Anzug, den wohl je eine adelige Jungfrau vergangener Jahrhunderte trug, und mit keiner andern Unruhe, als mit der, die die Begleiterin froher Erwartung ist, sah sie den Tag erscheinen, der zu der Vorstellung bestimmt war.
Der Morgen desselben ging heiter unter vielfachen Beschäftigungen hin; gegen Mittag sagte sie der Mutter ihre Rolle ohne Stocken, und mit einer Innigkeit her, die kein Werk der Kunst, sondern des zartesten Gefühls war. Als endlich die Dämmerung herab sank, wurde es lauter im Hause. Bediente liefen eilfertig hin und her, und ein Wagen kam nach dem andern heran gerollt, die Mitspielenden in dem ihnen angewiesenen Kostüm herbei zu bringen.
Bald sah man Wallenstein, bald die Piccolomini's im ritterlichen Schmucke, bald den Sterndeuter Semi in düsterer schwarzer Hülle, bald dir Mörder Deveroux und Macdonald mit dem erzwungenen brutalen Anstand, der in ihrem vorgeschriebenen Charakter lag, über die Galerien schreiten. Marianens Herz klopfte lauter, als gewöhnlich. Ihr schien die stille, gastliche Wohnung in einen Maskeraden-Saal verwandelt, und sie konnte sich selbst des wohlgewählten eignen Anzugs nicht mehr erfreuen, denn er kam ihr vor wie eine Mummerei, andere zu täuschen.
Endlich schlug die zum Anfang festgesetzte Stunde. Mit jedem Ton der Glocke goss sich ein höheres Leben in alle ihre Glieder, und fast hätte sie dem Himmel kniend gedankt, dass sie in den beiden ersten Akten nicht zu erscheinen brauchte.
Die Symphonie begann – der Vorhang flog auf. Wallenstein und Semi, in ernster Unterredung begriffen, unerschüttert vom glänzenden Gewühl der Zuschauer, sprachen ruhig und im tiefen Frieden was der Dichter ihnen in den Mund gelegt hatte.
Marianens Zuversicht kehrte halb und halb bei diesem Anblick zurück. Sie lauschte, in einer Seitenkulisse stehend, den mächtigen Fortschritten des Stückes, über dessen Riesengang sie allmählich ihre kindische Mutlosigkeit, erst belächelte, dann vergaß.
Als aber die Gräfin Terzky auftrat, so sicher, so einheimisch auf der Bühne, als wandle sie im eignen Wohnzimmer umher, wurde Mariane von neuem an sich selbst erinnert, und sie fühlte zaghaft, dass es ihr nicht gelingen werde, diese Unbefangenheit nachzuahmen.
Immer näher rückte der Moment, wo auch sie hervor sollte aus der schützenden Tiefe des verborgenen Hintergrundes, und unter dem Karmin, durch den man die zarte Rosenblüte ihrer Wangen verdoppelt hatte, wechselte in den Fieberschauern der Angst Todesblässe mit dunkler Glut.
Da ging der zweite Aufzug zu Ende, und nun, nun galt es.
Wie ein ausgesprochenes Todesurteil jede Lebenshoffnung schaudernd vernichtet, so erklang ihr der Aufruf »zu kommen, und sich mit Gräfin Terzky und Fräulein Neubrunn, scheinbar durch weibliche Arbeit beschäftigt, im Vorgrunde des Theaters zu ordnen.« Sie empfand einen entschiedenen Widerwillen zu gehorchen: doch die Stimme der Weigerung erstarb auf ihren bebenden Lippen, und fast bewusstlos ließ sie sich mit fortziehen.
Halb ihr ermunternd zuredend, halb dieser kindischen Furcht spottend, hatte Gräfin Terzky sie in einen Sessel geschoben. Dicht vor ihnen trennte die herabgelassene Gardine sie von dem Publikum, denn noch rauschte die Musik, die den Zwischenakt füllte. Aber wie das dumpfe Getöse eines fern erbrausenden Meeres, schallten einzelne Laute wohl bekannter Stimmen zu ihnen her, zur Belustigung der schon geübten, und zur völligen Verzweiflung der neu angehenden Schauspielerin. Ihre Lippen bewegten sich krampfhaft. Gräfin Terzky und Fräulein Neubrunn meinten – tief im Traum der Eitelkeit versunken – sie überhöre sich selbst noch einmal ihre Rolle, und so wurde das Zeichen des Anfangs gegeben, ohne dass man Marianens angstvoll erhobene, schweigend Einhalt tun wollende Hand bemerkte.
Langsam rollte die Leinwand empor, und jetzt – – o mit welchem Gemische von Entsetzen und Vernichtung schaute Mariane in die Fülle der Zuschauer herab, die ihr alle Blicke, gleich glühenden Pfeilen zuzusenden schienen.
Jetzt fing die Gräfin Terzky an:
»Ihr habt mich nichts zu fragen, Thecla? Gar nichts?
Schon lange wart' ich auf ein Wort von Euch,
Könnt Ihr's ertragen in so langer Zeit
Nicht einmal seinen Namen auszusprechen?
Wie? Oder wär ich jetzt schon überflüssig?
Und gäb' es andre Wege als durch mich? –
Gesteht mir, Nichte! habt Ihr ihn gesehen?«
Allein die Nichte gestand – Nichts. Sie wollte den Rosenmund öffnen: doch von der Tafel ihres Gedächtnisses hatte der Schrecken jedes vorher so tief eingeätzte Wort verwischt, und ein konvulsivisches Zittern war die ganze Antwort, die die intrigante Tante erhielt.
Jetzt fing auch diese, ungewohnt, sich aus dem Stegreif zu helfen, an, die Fassung zu verlieren. Nach einer über die Gebühr ausgedehnten Pause, während welcher sie immer wartete dass Thecla den Faden ihrer Rolle finden und ergreifen werde, fing sie, von Verlegenheit und Unwillen glühend, wieder an:
»Ihr habt mich nichts zu fragen, Thecla? Gar nichts«?
Doch das übel unterdrückte Gelächter einiger Zuschauer ließen ihr die Zeile kaum endigen, und machte auch sie – bestürzt und wütend, sich so ohne eigene Schuld aus dem dramatischen Sattel gehoben zu sehen – verstummen.
Für Marianen war das leise Murmeln, das zwischen Lachen und mitleidigen Flüstern schwankend, die Menge durchlief, zu viel. Wie die Rosenknospe, die ein Hagelschauer traf, sank ihr Haupt auf ihren Busen, der letzte Schimmer von Besinnung schwand, und eine tiefe Ohnmacht entzog sie den bitteren Gefühlen dieser schweren Augenblicke.
Jetzt schien die lächerliche Situation ins Ernsthafte über zu gehen. Es verbreitete sich eine allgemeine Bestürzung im Publikum, und die Gräfin eilte, ängstlich besorgt um die Gesundheit der Tochter, aufs Theater.
Doch Max Piccolamini, den Baron Sellbrock darzustellen bestimmt war, hatte keine Lust, seine Rechte auf die holde Thecla so leicht aufzugeben, als sie ihre Rolle aufgab. Hinter der Kulisse, wo er ihr Spiel beobachten wollte, war er einer der ersten, der ihren Fall bemerkte, und da die Gräfin Terzky zu sehr die Gegenwart des Geistes verloren hatte, um ihr beizustehen, so eilte er hinzu, fasste die Sinkende in seine Arme, und trug sie in ein stilles Nebenzimmer, wo er sie der Sorgfalt ihrer Mutter übergab.
Es bedurfte nur wenig Mühe, um Marianens entflohene Lebensgeister zurück zu rufen. Als sie die Augen wieder aufschlug, dünkt' es ihr, als habe sie geträumt. Doch Sellbrock, der im blanken Kürass, mit einem blendenden Spitzenkragen um den Hals, hoch geschmückt, und den ritterlichen Knebelbart um Kinn und Lippen gemalt, vor ihr stand, erinnerte sie schmerzlich an die Wirklichkeit.
Sie wischte schnell die künstliche Farbe von ihren Wangen, und verbarg dann tief erglühend vor Scham, und Tränen in den Augen, ihr Gesicht an dem Busen ihrer Mutter.
»Wie ist dir, mein Kind?« fragte die Gräfin sanft, »und was war dir, dass du uns diesen Schrecken machtest?«