Ralph ging auf Deck zwischen Helen und Schehanna, während der Dampfer träge an den nahen Sandabhängen vorbeiglitt.
Als die Sonne den Horizont berührte, wandte Schehanna sich zum Gehen. Helen streckte die Hand aus, um sie zurückzuhalten, erinnerte sich aber im selben Augenblick, daß es ihre Andachtsstunde sei.
Ralph lehnte sich gegen die Reling und sah ihr nach, wie sie mit ihren gleitenden Schritten durch die Menge der Passagiere ging, die sich nach dem Mittagessen Bewegung machten. Als ihr weißes Kleid in der Kajüte verschwunden war, nahmen Ralph und Helen ihre Wanderung längs der Deckstühle unter den Kajütenfenstern wieder auf.
Stewards in weißen Jacken gingen geschäftig mit Erfrischungen hin und her. Aus dem Damensalon, dessen Fenster offen standen, erklang geschicktes Klavierspiel von einem Dilettanten. Elektrisches Licht wurde angezündet, Bridge-Partien kamen in Gang, und das Leben ging in neuer Gruppierung weiter.
Ralph zog Helen mit nach vorn, hier aber drang der Lärm der Passagiere der zweiten Kajüte, die unten walzten, zu ihnen herauf. Da führte er sie auf das Kapitänsdeck hinauf, wo seine Doppelkajüte lag, die einzige, die frei gewesen war, als sie in Port Said an Bord gingen.
Abbas war im Begriff alles für die Nacht zu richten. Ralph ließ ihn auf Deck zwischen den Rettungsbooten Stühle aufstellen und schickte ihn dann fort.
Sie setzten sich und blickten schweigend über die Menzaleh-See, die sich meilenweit nach Westen erstreckte.
Noch glühte der Horizont, plötzlich aber versank das Licht in der Dunkelheit hinter dem verblassenden See. Gedämpftes Sausen ertönte aus der Ferne; eine Wolke erhob sich vom Wasserspiegel, wie ein Schleier, der vom Winde erfaßt und fortgetragen wird, sie fing das schwindende Himmelslicht auf ihrem Rücken auf und glitt flüchtend auf die Stelle zu, wo die Sonne verschwunden war. Es waren Vogelschwärme, die von der Watstelle aufflogen und sich in der Nacht verloren.
Ihre Gemüter glitten ineinander, ohne Worte. Er nahm ihre Hand, die so dicht neben der seinen niederhing, und sie wußte, daß jetzt kommen würde, was sie seit jenem Tage, als sie krank in der weißen Villa gelegen, bis zu jener wunderbaren Nacht in Schehannas Zelt aus ganzer Seele gewünscht hatte. Jene Nacht, als sein Leben in Gefahr war, und Schehanna, die den Herrn des Lebens kannte, ihr Gebet in das ihre eingeschlossen und ihr den Preis verkündete, – als sie dem unbekannten Gott sein Leben abgekauft hatte. Wenn sie jetzt das Versprechen brach, das sie blind gegeben hatte, dann würde er von neuem von Unglück betroffen werden; jeder Kuß von ihren Lippen, würde eine Falle sein.
»Helen, wollen Sie meine Frau werden?«
Sie klammerte sich mit beiden Händen an die Reling des Schiffes, beugte den Kopf und flüsterte:
»Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
Sie beugte sich herab und blickte in den Kanal, von dessen dunklem Spiegel die entzündeten Himmelslichter ihr entgegenblinkten.
Er wartete, aber es kam keine Antwort.
Waren der Druck ihrer Hand, die Wärme ihrer Stimme nur eine Gabe, die eine gütige Frau jedem schenkt, der in ihr Leben tritt? – War alles das, was er aus ihren Worten gehört zu haben meinte, nur der Widerhall von Tönen aus seiner eigenen Seele?
Hätte er seinen Arm um sie gelegt und ihr ohne Zögern ins Ohr geflüstert: Helen, warum wollen Sie es leugnen – ich weiß ja, daß Sie mich lieben – dann hätte sie vielleicht die Kraft gehabt, sich loszureißen, es zu leugnen aber wäre sie nicht imstande gewesen.
Jetzt machte sein Zweifel es ihr leichter. Sie konnte jeden seiner Gedanken nachempfinden, und als er seine Frage wiederholte, antwortete sie ohne Zögern:
»Ich liebe Sie nicht.«
Sie sah von der Seite, daß seine Hand fester um die Reling griff, und sie fühlte, wenn sie nur eine Minute noch zögerte, dann mußte sie die Arme um seinen Hals schlingen und ihr Wort zurücknehmen.
Hastig wandte sie sich zum Gehen.
Sie wollte »gute Nacht« sagen, aber die Stimme versagte ihr den Dienst. Sie wußte nicht, wie sie an den Hunderten von unbeschäftigten Blicken, die ihr von den Liegestühlen folgten, vorbeigekommen war, ohne ihre Gemütsbewegung zu verraten.
In ihrer Kajüte warf sie sich aufs Bett und bohrte den Kopf in die Kissen, um das Weinen zu ersticken, das sie schüttelte.
Schehanna aber hörte sie dennoch. Den Blick auf die schwache Dämmerung des Kajütenfensters geheftet, flüsterte sie das Gebet der guten Worte, der guten Gedanken und der guten Taten für Helens verwundetes Herz.
Weder Helen noch Schehanna erschienen beim ersten Frühstück.
Ralph hatte die ganze Nacht wach gelegen und gesonnen und gesonnen. Jetzt, wo er zwischen den leeren Plätzen saß, sah er ein, was er getan hatte.
Er hatte durch sein unerfahrenes Vorgehen die Kameradschaft zwischen ihnen gestört. Jetzt blieb ihm nur eines übrig: sich zurückziehen und sie in Ruhe lassen. Das erwartete sie von ihm als Kavalier; sie würde nicht zu Tisch kommen, bevor sie die Gewißheit hatte, daß er seinen Fehler einsah und Schritte tat, um ihn wieder gutzumachen. Sie hatte ganz recht. Was aber konnte er tun, ohne sie dem neugierigen Geklatsch der Gesellschaft an Bord auszusetzen, die nichts Besseres zu tun hatte, als sich mit dem lieben Nächsten zu beschäftigen.
Er stand auf, ging ins Lesezimmer und setzte sich zum Schreiben.
»Liebes Fräulein Herz!
Ich habe mich so plump wie ein Schuljunge benommen. Verzeihen Sie mir. Sobald wir an Land sind, werde ich aus Ihrem Leben verschwinden, an Bord aber läßt es sich nicht machen. Ich werde das erste und zweite Frühstück in meiner Kajüte einnehmen, schlage Ihnen aber vor, daß wir wie bisher alle drei zusammen Mittag essen, um kein Geklatsch herauszufordern. Sind Sie nicht damit einverstanden, bin ich bereit, unter dem Vorwand krank zu sein, auf meinem Deck zu bleiben. Nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, ich habe Beschäftigung genug. Wenn Sie heute nicht zum Mittagessen kommen, gehe ich davon aus, daß Sie lieber allein essen wollen.
Ralph Cunning.«
Indem er das Kuvert schloß, hörte er durch das offene Fenster einen Passagier zu einem anderen sagen: »Der Berg drüben mit dem zackigen Gipfel ist der Sinai.«
Er hob seinen Blick zu dem wilden Felsen hinter dem öden Land. Sein Leben erschien ihm so leer wie die Landschaft. Als er ihren Namen auf das Kuvert schrieb, stand ihr teures Gesicht so lebendig vor ihm, daß er fühlte, wie schwer es ihm werden würde, die Bande zu lösen, die sich so fest um sein Herz gewickelt hatten. Sein Blick verdunkelte sich, und bevor er es zu hindern vermochte, fiel eine Träne in die feuchte Tinte, und die Schrift floß aus, so daß er ein neues Kuvert schreiben mußte.
Er schickte Abbas mit dem Brief nach unten, und kurz darauf sah er Schehanna aus der Kajüte auf sich zukommen.
»Fräulein Helen liegt mit Kopfschmerzen zu Bett, hofft aber, daß sie zum Mittagessen kommen kann.«
Ralph blickte ihr forschend ins Gesicht, ob sie etwas wüßte. Sie preßte ihre schmalen Hände gegen die Brust, wie sie zu tun pflegte, wenn ihr Gemüt in Bewegung war. In den großen scheuen Augen war nichts Ungewöhnliches zu lesen, um den Mund aber bebte es wie von einem frischen Schmerz. Er sandte sie mit einem Gruß zurück und wandte sich ab.
»Was jetzt?« dachte er und ließ seinen Blick über das Promenadendeck gleiten, wo die Reisenden in Liegestühlen der Ruhe pflegten. Ganz hinten in der Reihe saß ein Chinese in einem dunkelblauen Seidenkaftan; das gelbliche Pergamentgesicht starrte unter dem Mandarin-Käppchen unbeweglich zu den roten Bergen hinüber. Er sah aus, als ob er schliefe. Ralph aber hatte bei Tisch den auffallend lebendigen Blick hinter den schmalen Lidern in dem starren Gesicht bemerkt. Jemand hatte gesagt, daß er der Gesandte einer Großmacht sei, den die neue republikanische Regierung zurückgerufen habe. Seine Frau saß schweigend und unbeweglich neben ihm, in einem sackförmigen Seidenkostüm, das ebenso schwarz und blank war wie ihr Haar, das mit einem Nackenkamm von großen Perlen aufgesteckt war.
Dort spazierte der riesengroße Fürst von und zu Schreckenburg mit einem österreichischen Baron, der sich beehrt fühlte und Mühe hatte, mit dem Fürsten Schritt zu halten. Die Affenarme des Fürsten reichten ihm bis an die Knie; alles an ihm war so unnatürlich in die Länge gezogen, daß es aussah, als ob es ihm schwerfiele, alles das, was im eigentlichen Sinn seines war, zusammenzuhalten. Ob es mit seinem Fürstentum wohl ebenso ist, dachte Ralph.
Am anderen Ende des Promenadendecks winkten zwei junge Amerikaner mit ihren Shuffleboard-Schaufeln einer jungen frischen Landsmännin, die auf sie zueilte. Unter Lachen und Scherzen wurde das Deck mit Kreide eingeteilt und das Spiel begann.
Ralph ärgerte sich über ihr lautes Benehmen. Sie spielten gerade vor Helens Kajüte, die mit Kopfschmerzen drinnen lag. Sollte er hingehen und sie bitten, ihren Spielplatz zu verlegen?
Er unterließ es. Sie würden den Landsmann in ihm wittern. Alles das, was er fliehen wollte, war hier in seiner unmittelbar in Nähe. Er brauchte nur ein paar Schritte zu tun und würde mitten drin sein. Das war ja die Fifth-Avenue – der Benzingeruch ihrer Automobile haftete ihnen noch an. Und dort, hinter der Wand in ihrer unmittelbaren Nähe, klopfte der Puls einer anderen Welt, einer wesentlicheren und wertvolleren, in zwei Frauenseelen, die so verschieden an Ursprung, Vorzeit, Sprache und Kultur waren, wie Menschen es nur sein können, und dennoch so innig vereint. Es war ihm nicht vergönnt in ihre Welt einzudringen; er war durch seine Vergangenheit gebunden, gelangte nicht weiter als bis zu seinen lärmenden Landsleuten, die sich vor Helens Kajüte belustigten.
Er ging auf sein Deck hinauf, streckte sich in dem Stuhl, starrte zu den öden Bergen hinüber und fühlte sich unsagbar einsam.
Dort blieb er den ganzen Tag. Abbas kam herauf, ohne daß Ralph nach ihm geklingelt hatte, unter dem Vorwand, sein Messer zu suchen, in Wirklichkeit aber hatte Schehanna ihn geschickt, damit er sich nach seinem Herrn umsehen sollte; sie konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht vergessen, als sie ihm Helens Bescheid gebracht hatte.
Ralph schickte ihn fort und ließ sich das Mittagessen in seine Kajüte bringen.
Helen war nachmittags aufgestanden und hatte an der Mittagstafel teilgenommen. Nach dem Essen begab sie sich auf das Kapitänsdeck, von Schehanna gefolgt.
Ralph merkte schon von weitem, wer sich näherte. Während Schehanna an der Treppe stehenblieb, von dem blühenden Oleander gefesselt, der aus der Kajüte des Kapitäns auf Deck gestellt war, ging Helen mit ausgestreckter Hand auf Ralph zu und sagte:
»Lassen Sie uns Freunde sein.«
Wie sie dort stand, warm und hingebungsvoll, der Puls unter dem festen, runden Hals klopfend, der Mund zwischen Lächeln und Weinen bebend, die zitternde Falte zwischen den Brauen, und die großen, dunkelgrauen Augen von dem weichen, flammenden Haar eingerahmt, das von der Wärme an der Schläfe klebte, – so hatte sie an jenem Abend im Marmarameer vor ihm gestanden, als sie ihm von ihrem Leben erzählte.
Er sah sie an und dachte: Diesen Kopf soll ich nie zwischen meinen Händen halten! Er sah sie an und dachte, wie kann sie nur glauben, daß ich mich mit so wenig begnügen würde.
Er schüttelte den Kopf und sagte:
»Es ist am besten für uns beide, wenn wir uns trennen.«
Es war ihm Ernst, nicht mal ihre Hand hatte er genommen.
Während sie in der Nacht wachgelegen hatte, war es ihr ein Trost gewesen, daß sie ihn morgen und alle Tage wiedersehen, seine Stimme hören und ihm nah sein würde. Was schadete es, daß sie nicht die Seine wurde? – Er aber war klüger, stärker, gewohnt, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Und sie sah jetzt an seinem festgeschlossenen Mund, daß er recht hatte. Es gab keine Frist für ihr Opfer. Wollte sie ihr Versprechen halten, dann mußten sie sich trennen.
Der Schmerz überwältigte sie, nicht nur ihr eigener, sondern auch seiner, ja, vor allem seiner; sie versagte ihm ja, was ihm gehörte, was ihr Wille ihm ganz zu geben bereit war. Sie ließ ihm die bittere Demütigung zuteil werden, daß er sich geirrt, daß sein Herz in etwas gelebt hatte, was nie war und nie werden sollte, während sie selbst das süße Bewußtsein seiner Liebe behielt und dessen, was hätte sein können, wenn nicht –
Ihr Schmerz wandelte sich in Trotz. Was bedeutete ein Versprechen an eine Macht, die sie nicht kannte? – War sie ihrer selbst mächtig gewesen, als sie es gegeben hatte? – Ralph wäre gewiß auch ohnedem gesund geworden. Sollte sie ihm alles erzählen, ihn selbst die Verantwortung tragen lassen? – Oh, er würde lachen, würde sie in seine Arme nehmen und furchtlos die Mächte herausfordern, die ihn bedrohten. Er würde seiner Liebe wegen freudig sein Leben aufs Spiel setzen. – – –
Nein, nein – die Angst vor jener entsetzlichen Nacht, als das Unsichtbare nah war, packte sie so heftig, daß sie sich umwandte und die Hand nach Schehanna ausstreckte, als wolle sie sie um Hilfe anrufen.
Schehanna sah und verstand. Sie eilte herbei und brach das lange Schweigen, indem sie Ralph bat, ihnen seine Kajüten zu zeigen.
Als Helen zu Bett gegangen war, sagte sie sich selbst, daß sie aus Liebe zu ihm stark sein müsse.
Sie vermieden jedes Gespräch, das ihre Gedanken zurückführen konnte. Er unterdrückte alle Wärme, die in unbewachten Augenblicken in ihm aufsteigen wollte; sie folgte ihm getreulich darin und tat ihr Bestes, damit die Stimmung ungezwungen und munter wurde. Schehanna war für sie beide ein Ableiter; an sie richteten sie das Wort, wenn der Augenblick sie zu entwaffnen drohte.
Es wurde mit jedem Tage wärmer.
Helen litt häufig an Kopfschmerz, der Mattigkeit und Willenlosigkeit im Gefolge hatte. Sie warf sich auf ihrer Koje hin und her, ohne Ruhe zu finden, während draußen, nur durch eine dünne Wand von ihr getrennt, das Leben auf Deck mit Spiel und Scherz seinen gewohnten Gang ging.
Die beiden jungen Amerikaner hatten sich wieder den Platz vor ihrer Kajüte als Spielplatz ausgesucht. Der eine machte seiner schlanken Landsmännin den Hof, Helen konnte hören, was sie sich aus ihrem Leben in der Heimat anvertrauten. Der andere hatte eine klangvolle Stimme und ein offenes Knabenlachen, das beruhigend auf Helens Gemüt wirkte.
Eines Tages stellte er sich Ralph als Sekretär eines Vergnügungsausschusses vor, der sich zur Veranstaltung von Preisspielen gebildet hatte, Shuffleboard, Ringwerfen, Zweikampf zwischen Herren, Bridgespiel für ältere Herrschaften und noch mancherlei. Die Preise sollten am Tage des Kapitänmittags an die Sieger verteilt werden.
Ralph lehnte kurz, fast unwillig ab; Helen tat der verblüffte Ausdruck im Gesicht des jungen Amerikaners leid und sie lächelte freundlich, um Ralphs Schroffheit wieder gutzumachen. Als sie sich mit Kopfschmerzen entschuldigte, meinte der junge Mann, daß Sport dagegen gerade gut sei.
Er drang in sie, und als Ralph ihn mit einem unwilligen Blick musterte, überkam sie eine plötzliche Lust, Ralph ein wenig eifersüchtig zu machen. Sie zeichnete sich als Teilnehmer im Shuffleboard-Spiel, bei dem sie so häufig Zeuge gewesen war.
Helen spielte zusammen mit Herrn Millney, seinem Freund und ihrer jungen Landsmännin. Ralph sah von weitem zu, mißmutig und stumm. Ihr Lachen schnitt ihm ins Herz, und er ärgerte sich über sich selbst.
Er gab sich die größte Mühe, seinen Mißmut zu unterdrücken, wenn Helen beim Mittagessen lebhaft wurde und von dem Spiel des Vormittags erzählte. Sie übertrieb ein wenig und gab genau auf seine Miene acht; es war das Weib in ihr, das trotz Gelübde und Vorsatz sein Recht forderte. Es gewährte ihr einen armseligen Genuß, wenn sie sah, wie die Eifersucht sich durch einen unfreiwilligen Blitz in seinem Auge, einen unbewachten Zug seines Mundes verriet. Das war alles, was sie von ihrer verbotenen Liebe genießen durfte.
Ihr Spiel war gefährlicher als sie ahnte. Ralph war eine zu schwere Natur und verstand sich zu wenig auf Frauen, um zu begreifen, was in ihr vorging. Er horchte auf ihr Lachen, folgte dem Spiel ihrer Augen und wachte über die halbvertraulichen Worte, die sie mit dem Amerikaner und seiner Gesellschaft wechselte. Er grübelte über das, was sie gesagt hatte, wenn er allein auf seinem Deck über die Reling gebeugt stand und dem gleißenden Meerleuchten im dunklen Wasser folgte. Er wog und prüfte, und wenn sie zusammen waren, stellte er ihr Fragen, die er sich ausgedacht hatte, um ihre Seele zu ergründen.
Er fand, daß sie gegen Millney mit der hübschen Stimme ebenso offen war, wie gegen ihn. Wahrscheinlich saßen sie abends zusammen und vertrauten sich ihr Leben und ihre Gedanken an, wie er und Helen es getan hatten. Der Harvard-Student, Sohn eines reichen Mannes, der niemals Sklave der Arbeit gewesen war, verstand sich gewiß besser auf Frauen als er. Bald bereute er seine Zweifel an der Tiefe ihres Wesens und tat ihr im geheimen Abbitte. Bald wappnete er sich mit Stolz und sagte sich, daß er nichts verloren habe, wenn sie so leichten Kaufes zu haben sei.
Um die Gedanken an Helen von sich abzuschütteln, begann er sich den anderen Passagieren zu nähern. Er blieb im Rauchsalon sitzen, rauchte und trank und nahm an den Wetten über die Schnelligkeit des Dampfers teil. Er sprach von dem drohenden Weltkrieg; er näherte sich, auf die Gefahr hin erkannt zu werden, zeitig gealterten Landsleuten, die von demselben Tyrann gezeichnet waren, der auch den Fuß auf seinen Nacken gesetzt hatte, und unterhielt sich mit ihnen über die Überschwemmung, die den westlichen Staaten von Chinesen und Japanern drohte. – Wenn er aber spät in der Nacht auf sein Deck kam und sich in seinen Liegestuhl warf, schüttelte er all das, wovor er geflohen war und was seine Fangarme von neuem nach ihm ausstrahlte, von sich ab, und Helen aus der weißen Villa stieg mild und strahlend vor ihm auf, wie an jenem Abend, als sie ihr Leben vor ihm entfaltete und sagte: »So einsam bin ich, daß ich einem Fremden mein Herz öffnen muß.«
»Mir sind Sie keine Fremde« – hatte er geantwortet. Und er griff durch die Luft, wie er damals nach ihrer Hand gegriffen hatte.
An Bord fand ein Maskenball statt. Alle kamen in Kostümen zum Festessen, ausgenommen der Chinese und die ernsten Geschäftsleute, die sich nicht stören lassen wollten.
Ralph hatte bestimmt, daß er sich fernhalten wollte, und er hoffte im geheimen, daß auch Helen nicht teilnehmen würde, ebenso wie Schehanna, deren Religion sie von solchen Festen ausschloß. Bei Tisch aber erzählte sie ihm, daß sie in einem Kostüm von Schehanna kommen würde und bat ihn, auch an dem Ball teilzunehmen. Er schlug es kurz ab. Am nächsten Tage aber, als das Mittagessen sich näherte, änderte er seinen Entschluß. Der Gedanke, daß Millney ihr Kavalier werden würde, stimmte ihn im letzten Augenblick um. Er lieh sich Abbas' nationalen Festanzug, einen Kaftan aus gestreifter Seide, den er nicht mehr trug, seit er gelernt hatte, nach dem Paradies Europa zu streben.
Helen war strahlend schön in dem einfachen weißen Kostüm mit der dunkelvioletten Mäanderborte. Sie hatte sich vorgenommen, das Vergangene in dieser einen warmen Nacht zu vergessen, jung und ausgelassen zu sein, wie in ihren ersten Studententagen. Indem sie mit Ralph zu Tisch ging, bildete sie sich ein, daß er ein Fremder sei – sein Kostüm unterstützte sie darin – ohne Sorge und ohne Verantwortung, jung wie sie selbst, mit Fest im Herzen.
Ihre Freude steckte ihn an, und der Champagner tat das seine. Er wurde heiter und ausgelassen. Jetzt sah sie das Knabenlachen wieder in dem scharfen Profil, das sie den ersten Abend, als sie beisammen waren, so angezogen hatte. Sie freute sich darüber und senkte es in ihr Herz. Ihre Wangen röteten sich, sie wandte sich dem strahlenden Saal, dem Leben zu, das ihr von überall entgegensprudelte. Sie grüßte mit ihrem Glas zu Millney hinüber; Ralph vergaß seine Eifersucht und grüßte auch, und Millney versäumte aus seinem Glas zu trinken, so erstaunt war er über die Veränderung, die mit Helens verdrießlichem Begleiter vorgegangen war.
Als der Tanz begann und sein Arm zum erstenmal um ihrer Taille lag, als sein Blick dem ihren begegnete, der feucht wurde, als habe er eine wunde Stelle in ihrem Innern berührt, da fiel ihm ein Satz ein, den er mal irgendwo gelesen oder gehört hatte: Eine Frau muß genommen, nicht überredet werden. Und er beschloß, alles Gewesene über Bord zu werfen, sich ihr ohne scheue Anbetung zu nähern, den Kampf aufzunehmen und sie zu gewinnen, koste es, was es wolle.
Sie fühlte es. Ueberwältigt von Glück und Schmerz und zugleich Angst, schloß sie die Augen. »Nur diesen einen Abend,« gelobte sie sich in ihrem Herzen. Dann gab sie sich ganz dem Tanz in seinem Arm hin.
Schehanna erwachte und richtete sich mit klopfendem Herzen auf. Der Schweiß rann ihr in Tropfen über den Hals. Sie meinte, daß sie auf aufgeregter See triebe; ein kalter Wind strich über ihren Scheitel, gellendes Kreischen von dunklen Geistern klang ihr in den Ohren. Noch unter der Verzauberung des Traumes stehend, starrte sie auf den schwachen Schein, der durch die gelbe Gardine fiel. Schließlich aber wurde die Verzauberung von dem Schnurren des elektrischen Windfächers gebrochen. Von dem Fächer rührte der kalte Hauch auf ihrer Stirn her – und plötzlich wußte sie Bescheid. Es waren nicht Aeshmas Geister, die vor ihren Ohren kreischten, sondern das Schiffsorchester, das zum Tanz spielte, so daß sie es bis in die Fingerspitzen hinein fühlte.
Wie ist es nur möglich, dachte sie bei sich, daß ihnen das Freude macht! – Ob es nicht eher eine Sitte ist, um ruhelose Geister zu verscheuchen, die des Nachts das Schiff umschweben?
Sie stand auf und kleidete sich an. Als sie die Tür öffnete, blieb sie geblendet stehen beim Anblick des Lebens, das am anderen Ende des Decks wirbelte. Sie sah die roten und weißen Lichter an der Takelung, sah das schwirrende Spiel von bunten Gestalten, die sich in der Lichtfülle drehten. Sie sah die blanken Hörner der Musikanten blitzen; von ihnen gingen die Schreie aus, die ihr in den Ohren gellten.
Was mag das bedeuten, dachte sie und glitt näher, wie eine Maus, die wehrlos vom Licht angezogen wird.
Sie stieß mit dem Knie gegen einen Liegestuhl, der außer der Reihe stand. Aus der Dunkelheit über der hohen Reling faßte der Monsun nach ihrem Haar, das sie in der Eile nicht aufgesteckt hatte. Der heiße Wind verstärkte noch das Fieber in ihrem Blut. Ein Steward eilte mit einer Schüssel Butterbröte für den Rauchsalon vorbei; er warf ihr einen erstaunten Blick zu, als er den Ausdruck in ihren Augen sah; sie zog sich scheu an die Reling zurück, wo das Licht nicht hinreichte.
In der Tür zur Salontreppe sah sie Abbas. Er stand auf einem erschlichenen Platz und reckte den Hals. Sein Mund war geöffnet und er blinzelte mit großen blanken Augen in die wunderbare Herrlichkeit. Er sah sie, als sie vorbeiglitt, aber er achtete ihrer nicht; die wundervoll lächelnden europäischen Frauen hatten sie schon längst in den Schatten gedrängt.
Dort drinnen schwangen sie sich mit glühenden Wangen, mit Augen, die im Rausch des Tanzes strahlten. Die weißen Hälse hinter der dünnen Umhüllung bebten im Takt zum Tanze; er beneidete die Hände, die um die schlanken Taillen greifen, die Augen, die unter die Hülle spähen durften. Die Hände zitterten ihm vor Erregung. Das war das Paradies Europa, das ihm zum Klang der Pauken und Trompeten sein Glück und seine Lust offenbarte; das waren die strahlenden Houris, nach denen seine drusischen Träume sich sehnten. So nah war er, daß er zu ihnen hineinsehen konnte – und dennoch so fern.
Schehanna hatte ihren Kopf gegen das blaffende Segeltuch gelehnt, das zum Schutz gegen den Wind ausgespannt war. Sie stand im Dunkeln, der Tanz unterm Lichterglanz, die wirbelnden Paare in dem bunten Putz schlugen wie eine Brandung gegen ihre Seele.
Wie sie sich zulächelten, während sie sich durch den Raum wiegten – die Frauen in den Armen der Männer, das Gesicht zu ihnen emporgehoben, Brust gegen Brust wogend, die Lippen geöffnet, als atmeten sie süßen Duft.
Wirken denn Töne Wunder, dachte sie, daß alle Feindschaft der Liebe weicht? – Schweben die Geister des Lichts über ihnen?
Sie sah einen glühenden Kopf begehrend über eine halb entblößte Brust gebeugt. Sie sah ein Weib mit blanken Augen, das seinen Hals einem flammenden Blick darbot, wie Durstende einem gefüllten Becher entgegenlächeln.
Es wurde ihr schwarz vor den Augen. Aeshma-Daeva beschattete das Licht mit ihren Fledermausflügeln. Diven schwebten wie Fliegen mit Feuerschwingen hin und her, bis sie einen Weg zwischen den heißen Lippen fanden, und das Lächeln zu Grimassen verwandelten. Sie sah gequälte Seelen durch Dunkelheit gejagt, prunkende Kostüme wurden zu schimmernden Leichenkleidern, und das Begehren in den blanken Augen leuchtete wie Glut durch das tiefe Dunkel.
Sie wollte fliehen, das Entsetzen aber machte sie starr, und das Gebet erreichte ihre Lippen nicht.
Da merkte sie, wie etwas an ihrer Seele rührte, und sie sah Ralph und Helen drüben an der Kajütenwand vorbeigehen.
Sie sah das Lächeln um ihren Mund und den Blick in seinen Augen, während er sie vom Tanz fort zu dem menschenleeren Deck führte, das sich vorn in der Dunkelheit verlor.
Sie sah, wie Helens Lippen den seinen erwartungsvoll entgegenzitterten, und sie hörte ihr lautloses Gebet, »nur dieses eine Mal«. Sie sah Jahi, die böse Versucherin, ganz in ihrer Nähe schweben, ihre Seele beugte sich Helens zu –
Da stieß Schehanna einen Schrei aus und sank zu Boden.
Die Musik hielt inne, der Tanz brach ab. Ralph trug sie, von Helen gefolgt, in ihre Kajüte.
Vor dem Mittagessen fuhren Helen und Schehanna zur Esplanade hinaus, wo Reisende aller Länder sich trafen, um den Sonnenuntergang überm Meer erglühen zu sehen.
In zwei langen Reihen glitten die leichten Rickschaws über den breiten Fahrweg zwischen der Stadt und dem Gall Face Hotel. Der Strom, der hinausging, floß neben dem Strom, der zurückkehrte.
Helen sah viele Gesichter, die sie vom Dampfer her kannte. Es war ein Winken und Lächeln. »Wie geht's?« – »Herrlich, nicht wahr?« klang es im Vorbeifahren. Seidenstoffe schimmerten in hellen Farben, Parfüms lösten sich von heißer Frauenhaut und trieben mit der Luft. Zwischen einem Wirrwarr von Seelenkontakten wurden Blicke entzündet und verlöschten wieder, Lächeln des Wiedererkennens, Seufzer der Erinnerung von hastig rückwärtsschauenden Herzen lebten für einen kurzen Augenblick auf und wurden von einem neuen Anschlag, einem neuen Ton verdrängt.
Helen fühlte sich vom Strom ergriffen und mitgerissen. Es war, als ob eine Hand den Griff um ihr Herz gelöst habe. Sie vergaß Schehanna, die hinter ihr fuhr, vielleicht weil sie zum erstenmal von ihr vergessen worden war. Schehanna saß mit weitgeöffneten Augen da, die dennoch nichts sahen, ihr Blick war auf die Welt hinter dem Vorhang gerichtet. Sie hatte nachts im Traum Navsari und den rinnenden Fluß gesehen, und Dasturan Dastur hatte sie zu sich gewinkt. Jetzt lächelte sie in der sicheren Erwartung, daß sie dem Priester aller Priester begegnen würde; die Stadt hatte sicher einen Adaran, es galt nur, ihn zu finden.
Das Blut schoß Helen in die Wangen: Ralph kam ihnen entgegengefahren. In seinem weißen Anzug saß er unter der schmalen Kalesche. Das Sonnenlicht fiel ihm in einem schrägen Gürtel vom Knie bis zur Brust.
Sie hatte noch gerade Zeit, den mißmutigen Ausdruck in seinen Augen zu erspähen, als er sie entdeckte, und an dem Wechsel in seinem Blick sah sie, wie ihre eigene Wärme sein Gemüt entfachte.
Ralph berührte den rechten Arm des Kulis mit seinem Stock; sein Wagen bog aus der Reihe und schloß sich Helens an.
Die formellen Worte, die sie zum Gruß wechselten, wurden fast von der Woge gesprengt, die in ihnen emporschlug. Ralph brach das Eis. Es wirkte wie eine Befreiung, als er sagte, und seine Stimme klang heller als sonst:
»Kommen Sie morgen mit nach Kandy – lassen Sie uns Paradinyja, den Garten des Paradieses, zusammen sehen!«
Sie fühlte sich so überrumpelt, daß sie nichts zu sagen vermochte; aber sie nickte und ihre Augen wurden dunkel.
»Ich hole Sie morgen um acht Uhr ab.«
Er ließ seinen Wagen zurücklenken und grüßte, ohne ihrem Blick zu begegnen. Im Schwunge nickte er Schehanna zu, sie aber sah ihn nicht, hatte nichts gesehen: sie saß zurückgelehnt, die Hände über der Brust zusammengepreßt, der Blick verschleiert, ein stilles Lächeln auf den Lippen.
Es wurde Schlafenszeit, ohne daß Helen Schehanna ein Wort über den geplanten Ausflug gesagt hatte; sie konnte sich nicht entschließen, ob sie sie mitnehmen sollte oder nicht. Als der Morgen kam, faßte sie einen schnellen Entschluß und sagte durch die offene Tür:
»Ich fahre heute nach Kandy. Du kannst inzwischen nach deinem Adaran suchen. Der Portier wird dir gewiß sagen können, wohin du dich fahren lassen mußt.«
Sie sagte es wie ein Schulmädchen, das zu einem Stelldichein geht, und nannte Ralphs Namen nicht. Sie fürchtete, daß Schehanna in der Tür erscheinen und sie mit dem angstvoll fragenden Blick betrachten würde, der ihren Willen lähmte. Schehanna aber zeigte sich nicht, ihre Gedanken weilten bei ihrem Traum.
Es wurde ein herrlicher Tag.
Sie fuhren durch Pettah, die Stadt der Eingeborenen, wo ein reger Verkehr von Händlern war, die zum Markt wollten; eine hohle Tonne aus Segeltuch oder geflochtenem Stroh, mit Bambusbändern zwischen vier Räder gespannt, das war die ganze Beförderung. Der Kutscher saß halbnackt in der Tonnenöffnung, mit den Beinen zwischen den Ochsenschwänzen baumelnd; mitten in der Tonne lag die Familie zwischen Obst und Gemüse.
Frauen, die zur Arbeit eilten, mit ihren Säuglingen auf der Hüfte, trugen ein weißes Hemd lose über der Brust, und bunte Röcke, die im Gürtel zusammengerafft waren; die torfbraunen Arme waren bis an die Schultern nackt. Der Singhalese, der mit der Würde eines freien Mannes dahinschlenderte, trug sein Haar zierlich in Knoten, mit Nackenkamm aufgesteckt; auch er trug einen Rock, der Oberkörper aber wurde von einer weißen, einreihig geknöpften Jacke verdeckt. Der Tamule dagegen trug nichts weiter auf seiner schweißglänzenden, schokoladenfarbigen Haut als ein vielfach geschlungenes Lendentuch, das ihm bis über die Mitte des Schenkels fiel.
Sie fuhren durch flache Flußwiesen, wo europäische Kühe bis an die Knie im Gras standen. Aus überschwemmten Gebieten ragten die hohen Halme des jungen Reis und zeichneten ein Netzwerk von Schattennadeln in das sonnenbeschienene Wasser. Ein Reiher, schwarz und weiß, mit geschwungenem Hals, spazierte anmutig nickend zwischen den Halmen. Ueber die Ebene strich in tiefem Flug eine Schar grauer Vögel, die von der Eisenbahn aufgestört worden waren. In einer Hecke von schwellenden, hochroten Blumen flogen kleine Papageien ein und aus. Dort waren Schwärme von Krähen, die ganz heimatlich schrien. Und klang es nicht von dunklen Punkten hoch oben in der Luft wie Lerchengezwitscher?
Sie frühstückten im Speisewagen. Während der Mahlzeit strichen die ersten kühlen Luftzüge durch die offenen Fenster; es war die Luft von den Bergen, denen sie sich jetzt in großen Kurven näherten.
Sie blickten in die wolkenlose Luft hinauf, die wie von Millionen frei in der Luft schwebender Kristalle glitzerte, und in deren Blau die fernen Berge sich mit weißen Gipfelzähnen festbissen.
»Sehen Sie den höchsten Gipfel dort,« sagte Ralph, »das ist der Adamsberg.«
Seine Hand berührte die ihre, als er sein Glas hob um zu trinken. Ihre Augen trafen sich, und sie wurden ganz benommen von dem Glanz ihrer Blicke, von dem festlichen Rausch, durch den die wunderbare Pracht der Erde ihr Gemüt erlöst hatte.
Und es geschah, daß sie beide im selben Augenblick dasselbe fühlten: daß sie zu etwas unübersehbarem Neuen emporgehoben wurden, worin ihre Seelen sich noch nicht zu entfalten vermochten.
Helen schloß die Augen. Ein plötzliches Schamgefühl zwang sie, sich vor seinem Blick zu decken; sie fühlte, daß ihr Wesen sich wehrlos dem seinen entgegenneigte. Und eine Ahnung stieg ihr aus der Tiefe ihrer Seele ins Bewußtsein und formte sich zu Worten: Nicht im Mann und nicht im Weib, sondern im Menschenpaar erreicht das Leben seine Vollkommenheit und geht den Weg zu Gott.
Paradinyja – ewiggrüner Garten des Paradieses, umsäumt von dem Fluß, der auf weißen Gipfeln entspringt! Die Quelle rieselt vom Weißen zum Grauen und vom Grauen zum Grünen, rieselt in besonnener Eile wie der, der ahnt, was er in seinem Schoß birgt; und ist sie bis dorthin gelangt, wo die Plantagen auf den Abhängen von der Sonne durchglüht werden, dann fließt sie ruhig und gelassen wie der, der fühlt, daß er reift – und gelangt sie hinab zu dem von neuem erschlossenen Eden, dann ist sie schwanger von keimenden Generationen, dann ist sie der Lebensfluß selber, der sich wie ein Kranz um das Heim der ewigen Kräuter legt. »Sieh, ich bewache den Nabel der Erde,« flüstert er. Und die schlanken, grünen Bambusriesen, die von Regenzeit zu Regenzeit in Hainen längs seines Ufers emporschießen, beugen sich über seinen Spiegel und flüstern: »auch wir wachen.«
Vor dem Garten war kein Flammentor und kein Cherub. Zwei uralte Gummibäume klammerten sich mit gerunzelten Riesenwurzeln an die Erde, als seien sie ungeheure Drachen, die vom Tode überrascht worden waren, während sie den Eingang bewachten, als wären sie in den letzten Zuckungen erstarrt.
Drinnen im Schutze ewiggrüner Riesenbäume war die Luft heiß und von Duft geschwängert: da waren Vanille, Kakao, Balsam. Und alle Töne der Natur klangen dort: der Orgelbaß der wuchtigen Kronen, die flüsternden Violinen des Laubwerks, das zitternde Cello des schlanken Bambus, wenn er seine Säbelblätter gegeneinander schliff, das zappelnde Tamburin des Gummilaubes. Das Flötenspiel der schwarzen Tropendrosseln zur Klarinette der Wasserquellen und die gellenden Trompetenschreie der roten Papageien – all die Laute, die Adam jeden Morgen weckten und die Sehnsucht in ihm gebaren, die zu einer goldenen Frucht von Lust und Glück, Eva genannt, reifte, während der Schmerz noch jenseits des Lebensflusses gefesselt lag.
Es glitzerte im Licht wie von Feuer, das Flügel bekommen hat; es knisterte wie von Harz über heißen Flämmchen. Lianen krochen in heißer Umschlingung an jungen Feigenstämmen hinauf, sich gierig nach schweren, zum Fallen bereiten Früchten reckend. Orchideen wimmelten wie lasterhafte Gedanken aus seltsamen und verwirrten Gemütern. Bougainvilles fluteten wie eine einzige rote Wolke. Hibiscus erglühte von hellroter Lust, und Lilien bogen sich in stillem Glück über ihre Stengel.
Dort wanderten sie – zwei Menschen – vereinigt wie das erste Paar, sich gegenseitig spiegelnd, stark und frei, und dennoch mit einem Willen zwischen sich, der seine Mauer unsichtbar trennend aufrichtete, wenn die Flammen ihrer Seele zusammenschlagen wollten.
»Was kann es sein?« dacht« Ralph und forschte in ihren Augen.
Und ihre Seele tastete gegen die Mauer und fragte:
»Ja, was kann es sein?«
Sie wechselten gleichgültige Worte über die Herrlichkeit des Gartens, die Hitze, das Licht – Worte, die das Schweigen ausfüllen, die Einsamkeit der Seele verdecken sollten. Hier, wo alle Lebenskräfte in vereinigter Fülle wirkten, wo Lebewesen nur getrennt waren, um zu einem höheren Zweck verbunden zu werden, hier gingen sie allein wie zwei Flammen, die nicht zueinander kommen konnten, obgleich ihre Körper von demselben Lebensdurst, der in allem um sie herum brannte, zueinander gezogen wurden.
Sie aßen Tiffin in Kandy – der uralten singhalesischen Hauptstadt. Nachher wanderten sie längs des Pfades um den stillen, blanken See, der unter Gärten träumt. Sie nickten den schönen, singhalesischen Frauen zu, die ihnen blumengeschmückt mit ihren Säuglingen begegneten, und die Frauen lächelten mit ihren sanften Augen.
Sie kamen zu dem Tempel, wo Buddhas heiliger Zahn aufbewahrt wird. Dort saß eine Familie von wallfahrenden Birmesen auf ihren Matten, den Kopf in den Schoß gebeugt, während die Finger über die stachligen Fruchtkerne des Rosenkranzes tasteten und die Seelen in stummer Anschauung des liegenden Buddhas versenkt waren. Es duftete von Tempelblumen, die vor der Statue geopfert, qualmte von Räucherhölzern, die für gläubige Seelen entzündet waren, die den seligen Gott nicht selbst erreichen konnten.
Sie fütterten die heiligen Schildkröten in dem tiefen Bassin hinter der zinnenbekränzten Tempelmauer. Sie gingen über die Brücke und lasen Buddhas Geschichte, die in Reliefs aus Granit erzählt wurde.
Auf der Veranda des Hotels aßen sie zu Mittag, der Tropenhimmel funkelte über den roten Seidenschirmen und die Nacht trug ihnen kräutrige Düfte aus den dunklen Gärten zu.
Ralph sah nach der Uhr.
»Wir erreichen den Zug nicht mehr,« sagte er.
Er rief nach dem Kellner und bestellte ein Automobil.
Das Gefühl, ihm wehrlos entgegenzugleiten, ergriff sie von neuem. Sie merkte, daß sie auf ihrer Hut sein müsse – mehr vor sich als vor ihm.
Solange sie durch die Stadt fuhren und Licht aus Häusern und Laternen ihnen zublinkte, floß das Gespräch leicht und munter. Das Leben der Hütten glitt in bunten Bildern an ihnen vorbei; ein seltsames Kostüm, ein singender Bettler, eine todmüde Familie, die vor ihrer Strohhütte hockte und die Abendpfeife zu einer eintönigen Unterhaltung genoß. Als aber die Hütten den Plantagen und Hecken Platz machten, als nur der vereinzelte Lichtschein vom Herdfeuer einer einsamen Palmenhütte oder eines verspäteten Automobils vorbeihuschte, als die Nacht ihre Seelen einander zuwandte, da war es, als ob alle Gesprächsthemen sie plötzlich im Stich ließen.
Sie waren in der Gewalt der hohen Tropennacht, die von Leben bebt wie von Seelen, die entzündet werden und in Wechselspiel zwischen Augenblick und Ewigkeit erzittern.
Sie lauschten dem erhitzenden Gesang der Zikaden in der warmen Nacht; sie sahen Feuerwürmer wie winzige Flämmchen in den vorbeieilenden Gebüschen; die Flämmchen schwirrten zwischen den Blättern, fanden sich und vereinigten ihr Leben und ihr Licht zu einem doppeltleuchtenden Stern.
Sie merkten die Nähe der Bergwand durch die heiße Luft, die ihnen von dem sonnendurchglühten Fels entgegenschlug; auf der anderen Seite des Wagens kam die Luft kühl aus dem tiefen Abgrund.
Das Schweigen war wie ein atemloses Flüstern zwischen ihnen, das nach den richtigen Worten suchte; nach und nach aber wurden sie still. In der ruhevollen Vereinigung ihrer Seelen kamen sie einander näher als je, und ihre Hände fanden sich.
»Der Himmel brennt!« sagte Helen und zeigte auf den dunklen Grund, wo eine Zickzacklinie von Feuer flammte.
Ralph erklärte, daß man Wurzeln aus einem gerodeten Boden hoch oben auf dem Abhang verbrenne, um einer neuen Plantage Platz zu machen.
Helen konnte ihre Augen nicht von der flammenden Linie losreißen, sie war wie ein Zeichen am Himmel.
Ralph legte den Arm um ihre Schulter und zog sie behutsam an sich. Er merkte, wie es in ihr wogte, sie leistete keinen Widerstand. In ihrer Erregung aber war etwas Hilfloses, das sie in seinem Arm heilig machte.
So saßen sie, während sie an den letzten Plantagen vorbeisausten, die wie mit elektrischen Lämpchen übersät waren. Helen aber sah es nicht, sie hatte die Augen geschlossen. So saßen sie, während das Auto längs des Flusses unter hohen Kokuspalmen vorwärtsraste. Sie kamen an Hütten vorbei, wo Hunde wütend hinter der geflochtenen Wand bellten. Sie sahen den Lichtschein über der Stadt, und noch immer lag sie in seinem Arm. Sie fuhren über die gebrechliche Brücke, und der Wagen rüttelte so heftig auf den ausgefahrenen Balken, daß sie gegeneinander geworfen wurden.
Helen hob den Kopf und ihre Augen trafen sich. Sie waren wieder zwei, Ralph und Helen, mit der trennenden Mauer zwischen sich. Ihre Wangen glühten, sie löste ihre Hand aus der seinen, und Ralph bereute im selben Augenblick, daß er sie nicht geküßt hatte.
Der Mond war aufgegangen, er hing rot und dunstig über den Palmensilhouetten. Vor ihnen auf der Landstraße ertönten laute, aufgeregte Stimmen; sie befanden sich in der äußersten Vorstadt, wo Hütte neben Hütte lag.
Ralph reckte sich vor, um zu sehen, was los sei: Im selben Augenblick hielt der Chauffeur das Auto an.
Ein Tonnenwagen, der umgefallen war, sperrte den schmalen Weg. Der Zebuochse hatte sich niedergelegt und nahm seelenruhig den Schwall von Schimpfworten entgegen, den der halbnackte Tamule auf seinen Buckel herabregnen ließ. Die Wagenachse war beim Sturz gebrochen, und auf der Landstraße lag es voll von Früchten, die im Mondschein leuchteten. Einige spindeldürre Landsleute waren aus den nächsten Hütten gekommen; sie kratzten sich die Arme, keiner aber machte Miene zu helfen.
Es war nicht möglich vorbeizukommen. Der Chauffeur wollte über die Brücke zurückfahren, aber es war ein großer Umweg, und Helen schlug hastig vor, daß sie das letzte Stück Wegs zu Fuß gehen wollten.
Die Uhr war etwas nach elf. Aus einem mattengedeckten Haus erklang der eintönige Gesang einer melancholischen Frauenstimme; hinter einer geschlossenen Veranda zankten sich ein Mann und eine Frau, während ein Kind weinte.
Sie kamen an einem düsteren Tempel vorbei, mit gemalten, chinesischen Figuren auf der Vorderseite. Etwas weiter hin war eine Unterbrechung in der Häuserreihe. Ein dunkler Garten mit einem Eisengitter davor, viel zu vornehm für die einfache Umgebung. Als sie ganz nahe herangekommen waren, sahen sie ein niedriges, weißgekalktes Haus hinter den Gebüschen.
Während sie standen und es betrachteten, kam eine weiße Gestalt aus der dunklen Tür des weißen Hauses und bewegte sich durch den Garten auf sie zu.
Als sie in den Mondschein hinaustrat, faßte Helen Ralphs Arm: »Schehanna,« flüsterte sie.
Im selben Augenblick blieb die Gestalt stehen und hob den Kopf. Ihre Augen blitzten durch die Dunkelheit und sie nickte, als habe sie sie gerade jetzt erwartet.
»Er ist dort drinnen!«
Helen wurde tief ergriffen von der Feierlichkeit in ihrer Stimme, sie verstand, daß Schehanna ihren Adaran gefunden hatte.
Im selben Augenblick trat ein Mann aus der Tür. Er war barhäuptig, seine hohe, schmale Stirn leuchtete im Mondschein. Ein seltsam ergreifender Ernst lag über der Erscheinung, wie sie dort hochaufgerichtet unter den Sternen stand, die Hand um den langen, weißen Bart.
»Dasturan Dastur,« durchfuhr es Helen.
Er wandte sich und wurde ihrer ansichtig, zögerte eine Sekunde wie jemand, der sich auf etwas besinnt, das er nicht vergessen darf, und ging langsam durch den Garten auf das Gitter zu. Schehanna verneigte sich, die Hände vor der Brust, als er an ihr vorbeiging.
Vor der halbgeöffneten Gittertür blieb er stehen und sagte mit lauter Stimme:
»Weh dem, der auf dem schmalen Weg stolpert!«
Helen fühlte seinen Blick bis ins Herz hinein.
Dann hob er die Hand zum Gruß, wandte sich und ging zum Haus zurück.
Schehanna lief zum Gitter, öffnete die Pforte und kam zu ihnen hinaus.
Ralph sah mit Erstaunen den strahlenden Ausdruck ihres Gesichts; so hatte er sie noch nie gesehen.
Sie erzählte aufgeregt von den Erlebnissen des Tages; plötzlich aber wurde sie auf den Ausdruck in Helens Augen aufmerksam und verstummte.
Die Straße lag öde und leer vor ihnen im Mondenschein. Sie gingen, ohne Richtung und Weg zu kennen, bis sie einen Marktplatz erreichten, wo sie Rickshaws sahen. Ralph weckte einen Kuli, der auf dem Boden seines Rickshaws schlief, den Kopf auf dem Sitz. Dann ging es im schnellen Trab zu Helens Hotel.
Ralph wollte sie in ihre Zimmer hinaufbegleiten, Helen aber lehnte es ab.
Er wunderte sich über ihr verändertes Wesen. Als er auf der Hoteltreppe stand, ihre Hand zum Lebewohl in der seinen, versuchte er in ihrem Blick zu lesen; aber es war zu dunkel.
»Dank für den schönen Tag!« flüsterte er.
Ihre Augen ruhten eine kurze Sekunde auf seinem Gesicht; er empfand einen unbestimmten Schmerz dabei.
Dann ließ sie seine Hand mit einem plötzlichen heftigen Druck los. Und die Hoteltür schloß sich hinter ihnen.
Es war schon spät am Vormittag, als Ralph aus einem Traum von Helen erwachte. Ihm hatte geträumt, daß sie in seinem Arm säße, den Kopf an seiner Schulter, und ihre Hand in der seinen, wie bei ihrer nächtlichen Fahrt. Der Traum war so lebendig gewesen, daß er den Kopf drehte, um ihr guten Morgen zu sagen – aber es war nur das Kopfkissen, das leicht und weich gegen seine Schulter lag.
»Sie muß und soll die meine werden!« sagte er laut und sprang aus dem Bett.
Er nahm das erste Frühstück in der Halle ein und fuhr dann zum Museum im Viktoria-Park, besah die Teufeltanz-Masken, die die Eingeborenen in alten Zeiten zur Vertreibung von Krankheiten benutzten, und studierte die Bewegungen des »lebenden Blattes« im Glasschrank.
Als er nach Hause kam, gab der Portier ihm einen Brief, den ein Bote vom Grand Hotel gebracht hatte.
Er war von Helen.
»Wenn Sie diesen Brief bekommen, bin ich mit Schehanna abgereist. Ich sage nicht wohin, damit Sie mir nicht folgen. Nur eines will ich Ihnen sagen: ich habe ein Gelübde getan, das ich weder Ihret- noch meinetwegen zu brechen wage. Darum muß ich fort. In der Hand des unbekannten Gottes liegt es, ob wir uns wiedersehen.
Dank für all die glücklichen Tage, ich werde sie nie vergessen. Helen.
Schehanna läßt Ihnen sagen, daß der Tag kommen wird, wo auch Sie sehen und verstehen werden.«
Ralph las den Brief noch einmal und steckte ihn zu sich. Dann schob er den verblüfften Portier einfach beiseite und ging ans Telephon.
»Hallo! – Sind Sie der Portier vom Grand-Hotel? – Hier Ralph Cunning, Galt Face Hotel! – Ist Fräulein Herz abgereist?«
Es dauerte eine Weile, bis der Hauptportier kam.
»Sie wissen es nicht? – Unsinn! – Wohin ist das Gepäck geschickt worden?«
Aber es glückte ihm nicht, einen Bescheid zu bekommen. Der Portier räumte ein, daß ihm Schweigen auferlegt sei.
Ralph telephonierte nach Cook. Dort erfuhr er, daß vor zehn Minuten ein Dampfer nach Tuticorin, der Endstation der südindischen Bahn, abgegangen sei.
Er eilte hinaus und sprang in einen Rickshaw, der vorm Hotel hielt. So schnell der Kuli laufen konnte, ging es über die Esplanade im glühenden Sonnenschein. Der Schweiß lief in Strömen über den braunen Hals des Läufers, seine Wolljacke klebte mit dunklen Stellen an seinem Rücken. Ralph schlug ein Geruch von ranzigem Oel, womit die Haut des Kulis eingerieben war, und von altem, staubgemischtem Schweiß ins Gesicht, aber er achtete des Gestankes nicht.
Die Glastüren in Cooks Bureau waren weit zu der breiten Treppe geöffnet. Ueber den Ladentischen summten die elektrischen Luftfächer, durch den hohen Raum ging ein ununterbrochener Zugwind. Trotzdem war es so warm, daß Ralph der Schweiß in kitzelnden Tropfen über den Hals lief. Er stellte sich dem Chef vor und erbat sich die Passagierliste des Dampfers, der eben nach Indien abgegangen war.
Herr Dickson, ein langer, magerer Engländer, mit tropenerschlafftem Blick, sah Ralph zuerst prüfend an und reichte ihm dann das Papier, indem er bemerkte, daß die Liste in Zeitungen veröffentlicht würde.
Ralph fand Helens und Schehannas Namen.
»Wann geht der nächste Dampfer?«
»Morgen zur selben Zeit.«
»Geben Sie mir die beste Kajüte.«
Während der Engländer notierte, trat ein Herr heran, der an der Kasse bezahlt hatte.
»Leben Sie wohl, Herr Dickson!« sagte er und streckte dem Chef eine kräftige, behaarte Hand hin.
»Leben Sie wohl, Herr Davis, guten Erfolg für Ihre Forschungen.«
Ralph blickte flüchtig auf. Es war ein kleiner untersetzter Herr mit schwarzem, glänzendem Haar, das in der Mitte gescheitelt war. Hinter der goldenen Brille musterten zwei braune, ungewöhnlich lebhafte und intelligente Augen Ralph mit fast aufdringlichem Interesse. »Broad Way,« dachte Ralph bei sich und blickte fast unwillig fort.
»Entschuldigen Sie, Herr Davis, habe ich Ihre Kajütennummer notiert?« rief Herr Dickson hinter dem Fremden her.
»Nr. 3,« rief Davis zurück.
»Danke sehr.«
Dickson zeigte auf den Plan, den er vor Ralph ausgebreitet hatte.
»Sie können Nr. 1 bekommen, Herr Cunning. Nr. 3, die Kajüte, die Ihr Landsmann belegt hat, ist freilich besser. Erstklassig sind übrigens beide Kajüten nicht. Auf dieser Route gehen nur alte Dampfer.«
»Das ist mir gleich.«
Ralph bekam seine Nummer und bezahlte an der Kasse.
Dann ging er auf den Zollkai hinaus, setzte sich im Schatten auf eine Bank und blickte übers Wasser. Kleine Motorboote schossen puffend über die schmutzigfette Wasserfläche, auf dem Wege von und zu den großen Dampfern, die auf der Reede vor Anker lagen.