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© für die Originalausgabe und das eBook: 2017 LangenMüller in der

F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagillustration: Olaf Gulbransson, »Die Lösung der Krise« (1924, Ausschnitt)

Satz und eBook-Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-7844-8328-3

Inhalt

Einführung

Vorwort von Pfarrer Rainer M. Schießler

Mein Thoma

Andreas Vöst oder: »Der Pfaff lacht mir ins G’sicht!«

Der Simplicissimus oder: »Ich will kränken. So bitter, als ich es herausbringe.«

Die Zentrumspartei oder: »Der ärgste Verräter am Volkswohle ist das Zentrum!«

Der Bayerische Bauernbund oder: »Unsere Hauptgegner san de Herrn vom Zentrum.«

Sittlichkeitsprediger oder: »Hungerkünstler, die heimlich essen«

Die Filserbriefe oder: »Die Bolidik ist ein Kambf von der weldlichen Obrikeid mit der geischtlingen Obrikeid.«

Die Seelsorger oder: »Ich trage ein behagliches Bild vom katholischen Pfarrherrn im Herzen.«

Ein Fundstück oder: »Trauriges Schicksal einer mohammedanischen Missionsgesellschaft«

Und heute oder: »Das Schimpfen will ich temperieren.«

Einführung

Ludwig Thoma wird am 21. Januar 1867 in Oberammergau geboren, es ist die Heimat seiner Mutter, wohin diese zur Entbindung gefahren war. Am gleichen Tag wird er nachmittags um drei Uhr von Pfarrer Josef Aloys Daisenberger mittels Taufe in den Schoß der katholischen Kirche aufgenommen. Diese katholische Kirche blieb ihm stets Heimat und war ihm, im Gegensatz zur evangelischen, auch die liebere. So schreibt Thoma über die protestantische Beerdigung von Helene Taschner, der 1919 verstorbenen Gattin seines Künstlerfreundes Ignaz Taschner, in Mitterndorf bei Dachau an Maidi von Liebermann: »Leider war die Beerdigung protestantisch. Nämlich leider, weil sie in Mitterndorf naturgemäß stillos war. Hierher gehört das Katholische. (…) Die (katholische, Anm. d. Verf.) Beerdigung von Ignaz war ein Bild und eine Dichtung. (…) Der Pfarrer damals sprach so bäuerlich unliterarisch, so prächtig naiv – der protestantische roch nach Theater, sprach schöne Worte. Ich mag sie doch nicht die Worte Gottes. Unser Griwes-Grawes, das Lateinische (…) hat Stil. (…) Das Katholische ist weiche Begleitung in Moll zum eigenen Schmerz, das Protestantische ist eine Vorführung und zwingt uns von eigenen Gedanken und Träumereien weg zur Aufmerksamkeit.«

Am 26. August 1921 stirbt der nur 54-jährige Ludwig Thoma in seinem Haus »Auf der Tuften« oberhalb des Tegernsees, und am 29. desselben Monats wird er mit allen Ehren der katholischen Kirche auf dem dortigen Friedhof beerdigt. Was nicht selbstverständlich war, denn der Ortsgeistliche hatte zuvor erst im Münchner Ordinariat nachfragen lassen, ob er denn Thoma überhaupt christlich beerdigen lassen dürfe. Warum?

Mit Thoma war zugleich der schärfste und größte Kritiker der katholischen Zentrumspartei gestorben. Denn beginnend mit seinem Eintritt als Redakteur der satirischen Wochenzeitschrift Simplicissimus, von seinen Lesern auch liebevoll Simpl genannt, führte Thoma einen erbitterten Kampf gegen die politisierenden Priester der Zentrumspartei, war für eine radikale Trennung von Kirche und Staat nach französischem Vorbild. Aber auch die moralisierende und spießige protestantische Kirche in Preußen und in deren Gefolge die aufblühenden Sittlichkeitsvereine der damaligen Zeit, welche immer wieder versuchten, die damals ohnehin nur spärliche Presse- und Kunstfreiheit einzuengen, waren Ziel seines beißenden Spotts, was ihm 1906 sogar eine sechswöchige Gefängnisstrafe wegen Beleidigung einbrachte.

Zum 150. Geburtstag möchte ich nun Thomas Kirchenkritik, die er so vielfältig verpackt äußerte – Gedicht, Glosse, Komik, Roman, Erzählung, Satire, Kommentar: Ihm war jedes Mittel recht –, möchte ich dieses Kernmotiv seines literarischen und satirischen Schaffens herausgehoben vorstellen, garniert mit Karikaturen der wunderbaren Simplicissimus-Zeichner.

Sicher ist vieles, vor allem das Tagespolitische dieser Jahre, heute weniger bedeutsam und kann weggelassen werden. Aber das Verbleibende ist nach wie vor lesenswert und zeigt uns vor allem einen wunderbaren, sprachgewaltigen Autor. Das wird immer noch komisch sein, auch sehr ernst, bewegend, erregend und in manchem noch verblüffend aktuell.

Aber Thoma ist auch der Autor der Heiligen Nacht, der bis heute gern gelesenen und vorgetragenen Weihnachtsgeschichte. Ein grundehrlicher Text mit einer tiefen, katholischen und fast naiven Frömmigkeit. Ein Ungläubiger war er also nicht, und auch an positiven Beispielen von echten, den Menschen in Hingabe verpflichteten Seelsorgern lässt er es in seinen Texten nicht fehlen. Aber die Institution Kirche und deren fehlende, irrende und politisierende Vertreter hasste er, frei nach dem Zitat des früheren Münchner Kardinals Julius Döpfner (1913-1976): »Oh Schifflein Petri, von wie viel Nieten wirst du zusammengehalten!«

Überhaupt, nicht nur gegenüber den Kirchen ist der Autor und Mensch Ludwig Thoma voller Widersprüche. Ein Zerrissener! Er macht es uns nicht leicht, dieser »schwierige Bayer«. Einerseits ist er der von Kurt Tucholsky zum zehnjährigen Simplicissimus-Jubiläum gefeierte Satiriker: »Was dieser grobe und kräftige Mensch in diesen dreizehn Jahren geleistet hat, ist ungeheuer. Er hat überhaupt erst wieder eine gute politische Satire geschaffen, vorbildlich in der Form, rücksichtslos im Inhalt. Wir haben allen Grund, diesem einzigen Künstler dankbar zu sein; er hat unendlich viel Gutes getan. Er schlägt, und die Getroffenen stehen nicht wieder auf. Er lacht, und der Blamierte kann sich in den Erdboden verkriechen.« Andererseits pöbelt er ab 1919 bis zu seinem Tod für ein paar Zigarren als Honorar als anonymer Leitartikler eines Provinzblatts namens Miesbacher Anzeiger auf die übelste und auch antisemitischste Weise gegen die aktuelle Politik der jungen Weimarer Republik. Sein »Dreinhauen, daß die Fetzen fliegen« – wie er 1900 seine Satiredefinition rechtfertigt in einem Brief an Dagny Langen, der Frau seines Simpl-Verlegers Albert Langen – ist zu einem wütenden, geifernden, hysterischen Um-sich-Schlagen verkommen. Ein Ludwig Thoma, der uns heute erschreckt zusammenzucken lässt und tief verstört. Seine große sprachliche und satirische Begabung hatte er für die falsche Sache eingesetzt und gerade die unverwechselbare Diktion und Wucht seiner Miesbacher-Artikel haben ihn schon für seine Zeitgenossen als Autor entlarvt, seiner gewollten Anonymität zum Trotz. Und so wandte sich auch Tucholsky enttäuscht von diesem späten Thoma ab: »Was für ein Spießer!«

Das mag sicher auch der Grund sein, warum man sich heute scheut, seinen 150. Geburtstag größer zu begehen, als es Ludwig Thoma und seinem Werk doch angemessen wäre. So gibt es bis dato noch keine wirkliche Gesamtausgabe, ganz zu schweigen von einer kritischen und kommentierten. Und es ist eine feine Ironie der Literaturgeschichte, dass ausgerechnet seine Artikel des Miesbacher Anzeigers 1989 als einzige von dem Regensburger Historiker Wilhelm Volkert kommentiert editiert wurden. Immer wurden auch die bisherigen »Gesamtausgaben« redigiert, das heißt, es wurde gekürzt und ausgewählt, meist nach Zeitgeist und persönlicher Haltung des Herausgebers. Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht die korrigierende und lenkende Hand der Thoma-Erbin unterschätzt werden: Die Jüdin Maidi von Liebermann war seine letzte, große Liebe, die bis zu ihrem Tod 1971 starken Einfluss auf die Veröffentlichungen genommen hatte, um das Bild ihres »guten Ludwig« nicht zu trüben. Eine Haltung, die viele Germanisten und Thoma-Kenner der Nachkriegszeit gerne mit ihr teilten. Lediglich der frühere bayrische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD, 1887-1980), der einst als Gymnasiast heimlich den Simplicissimus gelesen hatte, erinnerte zu Thomas 100. Geburtstag auch an diesen späten Thoma: »Die Sünden, die er als Mitarbeiter des ›Miesbacher Anzeigers‹ beging, können ihm kaum verziehen werden.« In der letzten »Gesamtausgabe« des Piper Verlags aus dem Jahr 1968 findet man dann ganze zwei und zudem sehr harmlose Thoma-Artikel aus dem Miesbacher Anzeiger, im Einführungsteil von Hermann Proebst sehr umständlich und unangemessen erklärt und entschuldigt. Und das, obwohl schon in der NS-Zeit eine komplette Sammlung dieser Texte erschienen war!

Sein berühmtes Gedicht aus dem Jahr 1906 An die Sittlichkeitsprediger zu Köln am Rheine, für das Thoma zu seiner Haftstrafe verurteilt wurde, taucht ebenfalls in dieser »Gesamtausgabe« nicht auf! Desgleichen anderes aus der Feder dieses ungemein fleißigen Autors, insbesondere viele seiner politischen und/oder satirischen Gedichte, Beiträge und Aufsätze für die Zeitschrift März, die Süddeutschen Monatshefte und eben den Simplicissimus.

Der März war eine linksliberale Halbmonatszeitschrift für deutsche Kultur (München 1907-1917). Zu den Herausgebern gehörten u.a. Ludwig Thoma, Hermann Hesse und Albert Langen. Theodor Heuss, der erste Bundespräsident, war ab 1913 Chefredakteur. Die Süddeutschen Monatshefte (München, 1904-1936) waren erst eine liberale, dann ab dem Ersten Weltkrieg zunehmend nationalistische Zeitschrift als Ausdruck eines süddeutschen Kulturpatriotismus.

Und es soll auch Aufgabe dieses Buches sein, manch Unbekanntes und doch die Zeitläufe Überdauerndes von Thoma zum Thema »Pfaffen, Pfarrer und Pastoren« vorzustellen.

Unersetzlicher Quell hierzu ist hier die Monacensia-Abteilung der Stadtbibliothek München, deren Schatzbewahrerinnen Elisabeth Tworek und Christine Hannig ich für ihre Hilfe danke. Dank ebenfalls den Vielen, die in den Vorjahren zur Thoma-Forschung Wesentliches beigetragen haben, wie etwa Bernhard Gajek, Gertrud Rösch, Martha Schad, Norbert Göttler, Gerd Thumser und natürlich Richard Lemp, der als Archivar das umfangreiche Werk Thomas erst zugreifbar gemacht hat.

Wieder einmal gab es eine große und tüchtige Unterstützung durch meine Lektorin, Gabriele Rieth-Winterherbst.

Und großen Dank an meine Frau Eva-Maria, die mich schon wieder mal mit Thoma teilen musste, lieber mit mir nach Venedig gefahren wäre, aber mir doch immer eine gute Ratgeberin und Kritikerin ist.

Und nicht zu vergessen der LangenMüller Verlag, einst der Verlag Ludwig Thomas und des Simplicissimus, der seinen Star-Autor der früheren Jahre nicht vergessen hat.

Eine besondere Freude ist es mir, dass der katholische und Ur-Münchner Stadtpfarrer Rainer Maria Schießler von St. Maximilian ein Vorwort geschrieben hat. Hochwürden Schießler, er mag diesen Titel, kennt zum einen seinen Thoma, ist aber auch genau der Seelsorger und Priester, wie ihn sich dieser gewünscht hatte und ihn in seinen Texten immer wieder fordert: Mit Güte und Klugheit dem Menschen, seinen Sorgen und Anliegen verpflichtet, nicht dem Kirchenrecht, nicht einer Moral – was immer das sein mag –, nicht einer Politik. Pfarrer Schießlers Gottesdienste sind voll! Warum wohl?

Michael Lerchenberg

© Josef Bendedikt Engl

Vorwort von Pfarrer Rainer M. Schießler

Meine erste Berührung mit dem Begriff »Pfaffe« überhaupt fand im Gymnasium in der Oberstufe statt. Es war bereits bekannt, dass ich Geistlicher werden wollte, und wenn ich wieder mal zu deutlich den Unterricht störte, rief mir der Lehrer vor der versammelten Klasse zu: »O mei, Pfaff’, bei dir seh ich schwarz mit’m Beichtgeheimnis!« Die Bezeichnung Pfaffe blieb mir bis zum Abi. In der Nachforschung erfuhr ich, dass sich erst mit der Reformation, deren 500-jähriges Jubiläum wir in 2017 begehen, aus der respektablen Wortableitung vom lateinischen »pastor«, der Hirte, die eher beleidigende Form als Schimpfwort entwickelte. Sie war vor allem für alle jene geistlichen Herren gedacht, die sehr gut bestellt sich von kirchlichen Pfründen ernährten, die eigentliche seelsorgliche Arbeit gerne ruhen ließen, ihrer Ausbildung wegen konsequent von oben auf die Menschen herunterschauten und sich ergießen konnten in gescheitem und alles niederbügelndem Gerede. Johann Wolfgang Goethe sagt es so: »Hab euch nun gesagt des Pfaffen Geschicht, wie er alles nach seinem Gehirn einricht, wie er will Berg und Tal vergleichen, alles Raue mit Gips und Kalk verstreichen und endlich malen auf das Weiß sein Gesicht oder seinen Steiß.«

Heute, nach 30 Jahren im Priesteramt – Priesterrock wäre ein unangemessenes Bild, da wir nur selten noch wirklich »berockt« und dann nur in liturgischen Funktionen herumlaufen –, kann ich sagen: Nicht nur, dass wir Priester ohnehin immer weniger werden, der Pfaffe stirbt auch ideologisch aus! Das Bild des oben beschriebenen Geistlichen sollte es heute an sich nicht mehr geben. Gerade das Zweite Vatikanische Konzil hat den Priester als ein »instrumentum ecclesiae«, ein Sakrament zum Heil des Menschen klar und deutlich beschrieben. Überheblichkeit kann kein anstrebenswertes Ziel mehr sein, um heute noch Geistlicher zu werden, sondern ausschließlich der Dienst am Menschen. Gerade auch die Aufdeckungen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal seit 2010 haben an diesem transparenten und glaubwürdigen Priesterbild mitgewirkt und uns neu die Augen geöffnet.

Mit den Beschreibungen eines Ludwig Thoma, wie sie dieses wunderbare Buch zusammenfassen, berühren wir praktisch zwei Welten: Da ist eine Gott sei Dank vergangene frühere Welt, in der überhebliche Geistliche die Menschen regelrecht traktierten, und da gibt es die Welt der Sehnsucht nach echten, glaubwürdigen und glaubhaften solidarischen Priestern, die ihren Platz ganz nah beim Menschen eingenommen haben. Eine intensive Katharsis, also Reinigung in den vergangenen 100 Jahren hat diesen Priesterstand ergeben. Und die nächste Reform steht schon dringend an: die Befreiung des Priesteramtes von menschlich gesetzten Umklammerungen, die den Zugang für viele Berufene unmöglich machen. So wie Thomas Wunsch nach wirkungsvollen Priestern, mit echter Spiritualität ausgestattet, wird auch diese Noch-Vision einmal Wirklichkeit werden.

Viel Freude an diesem Buch wünsche ich allen Lesern.

Pfarrer Rainer M. Schießler

© Richard Graef

Mein Thoma

In meiner Jugendzeit unterschied man in Bayern noch zwischen Volksschauspielern und einem »Thoma-Schauspieler«. Ein Thoma-Stück gut zu spielen, eine Thoma-Figur glaubhaft, unsentimental und nicht karikierend darzustellen galt als nicht einfach und als die hohe Schule des bayrischen Volkstheaters. Wastl Witt, Therese Giehse, Christa Berndl, Ruth Drexel, Carl Wery, Hans Baur, Gustl Bayrhammer, Karl Obermayr, Eva Vaitl, Fritz Strassner und der geniale Willy Rösner sind nur eine kleine Auswahl dieser Spitzenschauspieler, deren Kunst ich erst am Radio und später in Theater und Fernsehen auch in Thoma-Stücken erlebte. Mit ein paar von ihnen konnte ich dann, inzwischen selbst Schauspieler, noch zusammenarbeiten – und von ihnen lernen. Heute ist das anders, schon weil Thoma kaum mehr auf unseren Bühnen aufgeführt wird. Und so gibt es sie nicht mehr, die Thoma-Schauspieler.

Ich aber habe ihn gespielt, wieder und wieder, bis heute. Irgendwie ist er mir nachgelaufen, hat mich als Interpret und Regisseur bis heute begleitet.

Angefangen hat es im Schultheater als »Zugführer« in Erster Klasse, diesem köstlichen Eisenbahn-Einakter, in dem Thomas Kultfigur, der königlich-bayrische Landtagsabgeordnete Josef Filser, sein Unwesen treibt. Später, in einer Liebhaberaufführung, war ich selbst der Filser, natürlich viel zu jung.

Ich hatte damals schon eine denkwürdige Aufführung des Stücks in einem Stadel eines Chiemgauer Bauernhofs erlebt. Publikum waren einerseits Münchner Bildungsbürger, größtenteils Juristen, und andererseits einheimische Bauern. Gelacht wurde viel, aber je nach Kenntnisstand und Beruf an vollkommen unterschiedlichen Stellen! Eine Beobachtung, die übrigens schon Ludwig Thoma selbst machen konnte.

Ich habe auch in diesen jungen Jahren schon seine Heilige Nacht vorgetragen – sicher sehr unfertig.

Aber dann, 1978 noch als junger Schauspielschüler, gab’s den Ritterschlag: Ich bekam Hauptrollen in den Verfilmungen der beiden Thoma-Romane Der Ruepp und Andreas Vöst. Im Ruepp den Bauernsohn Michi, der in Freising »auf geistlich studieren soll«, aber dies nicht kann und lieber Bauer sein will, und im Vöst den Theologiestudenten Sylvester Mang, der sich ebenfalls gegen den Priesterberuf entscheiden wird. Also schon mal zwei sogenannte Pfarrerlehrbuben. Später am Theater Die Lokalbahn und Der Wittiber. Ludwig Thomas Werk war mir vertraut. Und schließlich bin ich auch noch in Dachau geboren und bin dieser Stadt über die Familie meines Vaters bis heute verbunden. Dachau war ja die literarische Keimzelle des jungen Rechtsanwalts Thoma, und sein Werk und Andenken wurden dort von der rührigen Ludwig-Thoma-Gemeinde gehegt und gepflegt. Als dann 1988 Thomas Artikel im Miesbacher Anzeiger öffentlich diskutiert wurden, war das auch vorbei.

© Luisenburg-Festspiele Wunsiedel (Fotograf: Hannes Bessermann)

Als mich dann die Künstlerseelsorge der Erzdiözese München-Freising in den Neunzigerjahren um einen Abend bat – für Gottes Lohn –, machte ich zur Bedingung, dass ich das Thema selbst wählen dürfe. Der Abend hieß dann, zugegeben provokant: »Das Kleriker-Bild in den Werken von Ludwig Thoma«. Der anwesende Weihbischof Engelbert Siebler war von Thema und Inhalt not amused verständlicherweise, wie man später in diesem Buch lesen kann. Ich wurde in der Folge auch nie mehr von der Künstlerseelsorge – für Gottes Lohn – zu einer Lesung eingeladen. Aber dieser eine Abend wurde die Keimzelle für das jetzige Buch.

Ein zweiter entscheidender Schritt erfolgte 2006, als ich bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel Thomas Roman Der Wittiber dramatisierte und selbst die Hauptrolle spielte. Ich entwarf ein begleitendes Programm mit dem Titel »Ein schwieriger Bayer«, um dem Publikum auch den gespaltenen, schwierigen Menschen und problematischen Autor Ludwig Thoma vorzustellen, und tauchte somit zwangsläufig noch tiefer in die Materie ein. Über hundert Mal habe ich seitdem diesen Abend in Bayern und darüber hinaus gespielt, er ist als Hörbuch erschienen, und die anhaltende Nachfrage bestätigt das ungebrochene Interesse des Publikums an Thoma. Auch ein Abend mit ausgewählten Filserbriefen, ebenfalls ein Hörbuch geworden, bereitet mir und den Zuhörern viel Freude.

Nach »Prälat Hinter« und dem zornigen Nockherberg Bußprediger »Bruder Barnabas«, wie einst Thoma von der Politik gefürchtet, aber vom Publikum geliebt, jetzt also »Pfaffen, Pfarrer und Pastoren«. Sie scheinen mich nicht loszulassen, die geistlichen Herrn.