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Autoren: Jana Mänz
Herausgeber: Ulrich Dorn
Programmleitung: Jörg Schulz
art & design: www.ideehoch2.de
"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“
Hermann Hesse, "Stufen"
50 mm | f/2,8 | 1/5000 s | ISO 200
Die Natur bietet eine unvorstellbare Fülle an Inspirationsmöglichkeiten. Diese mit der Kamera festzuhalten, ist ein einzigartiger Moment. Die Liebe zur Natur und zur Fotografie verdanke ich meinem Vater. Ebenso den Gedanken, meinen eigenen Ideen zu folgen und mich nicht der Masse anzupassen. Aus diesem Grund versuche ich, mit einer recht puristischen Fotoausrüstung meine Leidenschaft umzusetzen. Daher geht es in diesem Buch weniger um technische Finessen und aufwendigste Ausrüstung, sondern darum, mit allen Sinnen die Natur zu spüren und die kleinen Details des Lebens zu erkennen. Fotografie ist doch so viel mehr als nur das Einsetzen ausgefeilter Kameratechnik.
All das verdanke ich meinem Vater, einer großartigen, gefühlvollen und gebildeten Persönlichkeit. Ein Mann, der gegen den Strom schwamm und dabei niemals seine Ästhetik und Mitmenschlichkeit verlor. Diese humanistische Grundhaltung ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens und meiner Art, zu fotografieren. Ohne deren Prägung wäre dieses Buch wohl nicht so entstanden. Ich habe mich hierbei oft gefragt, was alles erlaubt, was richtig ist.
Die Antwort darauf ist so einfach: „In der Fotografie ist alles erlaubt.“ Wir setzen uns selber Grenzen und stellen Regeln auf, die uns in unserer Kreativität einschränken. In diesem Sinn habe ich versucht, alle meine Ideen und Gedanken aufzuschreiben, die mich inspiriert haben. Es ist mir eine Freude, meine Erfahrungen weiterzugeben.
Jana Mänz, im Januar 2014
Die Landschafts- und Naturfotografie ist meine Passion, meine Leidenschaft. Angefangen hat alles während meines Geografiestudiums in Jena, als die Fotografie zu meinem wichtigsten Werkzeug wurde, um geografische Elemente zu beschreiben und zu dokumentieren. Im Laufe der Jahre wollte ich aber nicht nur einfache Dokumentarfotos machen, sondern solche, die weit über das Beschreibende hinausgehen. Sie sollten zum Träumen anregen und eine Tiefe haben, die sich einprägt. Denn Fotos können mehr als nur dokumentieren. Sie können uns in unbekannte Welten versetzen.
Auf diesem Weg habe ich viele Dinge ausprobiert. Das reicht von der reinen Analogfotografie, dessen hehres Ziel es war und nach wie vor ist, ein Foto so aufzunehmen, dass es nach dem Entwickeln einfach nur perfekt ist, bis hin zu den verschiedensten digitalen Techniken, die es mir erlauben, aus einer Vielzahl von Nullen und Einsen ein Bild zu kreieren, das ich mir während der Aufnahmesituation innerlich vorgestellt habe. Dabei geht es mir nicht darum, die „Wahrheit“ abzubilden, sondern den Moment zu interpretieren. Das sind hohe Anforderungen, denen ich gerecht werden möchte.
50 mm | f/13 | 1/125 s | ISO 400
Ich lade Sie ein, mich ein Stück dieses vielschichtigen, manchmal auch holprigen Wegs zu begleiten. Doch egal wie weit wir gehen, wir lernen immer wieder etwas Neues hinzu. Das Schöne an der Natur- und Landschaftsfotografie ist die große Vielfalt und deren Veränderungen. Es ist das Wetter, das Wachstum der Pflanzen, die täglichen Gezeiten, die die Küste formen, die Jahreszeiten, die geologischen Prozesse, die wir, wenn wir genau hinschauen, auch im Kleinen entdecken können – und letztlich gehören auch wir Menschen dazu.
All diese Komponenten machen die Naturfotografie zu einem besonderen Erlebnis. Es gibt kein Foto, das dem anderen gleicht, da sich die Natur stetig wandelt. Und wir brauchen nicht viel dafür. Die Kamera und mögliches Zubehör sind nur Mittel zum Zweck. Viel wichtiger ist Ihre Intuition, Ihr Ideenreichtum, viel Zeit und Muße, und am allerwichtigsten ist die Gabe, die Dinge zu sehen. Letzteres ist nicht ganz so einfach. Dem einen mag es schneller gelingen, ein anderer braucht mehr Zeit, aber lernen kann es jeder.
Kommen Sie mit auf eine wunderbare Reise durch die Landschafts- und Naturfotografie. Lassen Sie sich inspirieren, probieren Sie neue Dinge aus und verzweifeln Sie nicht an der Vielzahl der Bilder, die jeden Tag millionenfach ins Netz gestellt werden und einem das Gefühl geben, dass es kein Motiv mehr gibt, das noch nicht fotografiert wurde. Viel wichtiger ist es doch, dass Sie Ihre eigenen fotografischen Stärken entdecken und ausbauen, dass Sie Spaß daran haben, was Sie machen, unabhängig davon, ob Sie die Landschaftsfotografie nur für sich betreiben wollen oder einem öffentlichen Publikum präsentieren möchten.
In der Vorbereitungsphase zu diesem Buch habe ich lange mit mir gehadert bei der Überlegung, wie ich persönlich Natur- und Landschaftsfotografie definiere und unter welchem Aspekt ich die Fotos für das Buch aussuchen soll. Neben meiner romantischen, künstlerischen Ader als Fotodesignerin ist ein anderer Teil meines Herzens sehr mit der Naturwissenschaft verbunden. Dieser Teil meines Verstands sagt mir, dass es die romantischen, verklärten Natur- und Landschaftsaufnahmen nicht gibt, denn die Welt wird seit Jahrtausenden vom Menschen umgestaltet. Selbst die entlegensten Gebiete unserer Erde unterliegen zunehmend dem globalen Wandel. In Europa wurden schon zu Zeiten der Römer die ursprünglichen Urwälder für den Siedlungs- und Schiffsbau abgeholzt. Seitdem bestimmen Ackerbau und Zersiedelung die Kulturlandschaften. Flüsse wurden begradigt und verlegt, Seen entstanden aus Tagebaugebieten, Berge wurden für Erzvorkommen gesprengt und umgestaltet – nicht nur in Europa.
Selbst die Prärieindianer Nordamerikas haben seit Jahrhunderten Brandrodung betrieben, um ihre Nahrungsgrundlage zu sichern. Durch das Abbrennen entstand so erst die baumlose Prärie, deren frisches Gras die großen Bisonherden jedes Jahr wieder aufs Neue anzog.
Wenn ich mir Bilder aus dem Monument Valley in Nordamerika anschaue, dann bin ich von der Einsamkeit und Ursprünglichkeit der Landschaft begeistert. Doch das ist nicht der Spiegel der Realität, denn ein Großteil der Bilder ist so aufgenommen, dass man die kilometerlangen Zäune, Landstraßen und die verarmten Navajo-Siedlungen nicht sieht.
Befreien Sie sich von dem Gedanken, völlig unberührte Naturfotos machen zu können. Versuchen Sie stattdessen, die vom Menschen geschaffenen Elemente mit einzubeziehen. Oder – retuschieren Sie diese im Rahmen der Bildnachbearbeitung weg, wenn Sie sie als störend empfinden. Letzteres war für mich ein Schritt, für den ich Jahre gebraucht habe, immer im Hinterkopf, dass Fotografie Dinge so darstellen muss, wie diese in Wirklichkeit sind.
Doch ist die Realität so, wie ich sie sehe? Hätte ich nicht einfach nur einen Schritt weitergehen müssen, um die störenden Strommasten oder den im Vordergrund liegenden Müllbeutel nicht mit auf dem Bild zu haben?
Sie sehen, nur ein kleiner Schritt, nur eine kleine Bewegung der Kamera kann die Aussage des Motivs grundlegend verändern. Daher habe mich dazu entschlossen, in diesem Buch Fotos zu zeigen, die von all dem, was unsere Kulturlandschaft heute ausmacht, geprägt sind. Hierbei habe auf Fotos verzichtet, die dem Trend kommerzieller Landschaftsfotografie entsprechen, auch im Bewusstsein, nicht allen zu gefallen. Seien Sie mutig, fotografieren Sie so, wie es Ihnen gefällt.
Braunkohlentagebau
50 mm | f/9 | 1/320 s | ISO 200
Die hier gezeigten Aufnahmen vereinen einen Aspekt: die Darstellung der Landschaftsveränderung durch den Menschen. Damit alle Details erkennbar sind, wurden beide Fotos mit Blende 9 aufgenommen, die für durchgehende Schärfentiefe sorgt. Wichtig im ersten Bild ist die Einbindung der Personen. Es beinhaltet einen sehr emotionalen Aspekt, in dem es zeigt, wie fest der Vater seinen Sohn an der Kante zum Braunkohlentagebau umfasst und gleichzeitig etwas erklärt. Das Bild habe ich auf gleicher Höhe wie die sitzenden Personen gemacht. Die Hand des Vaters führt den Blick des Betrachters direkt in den Tagebau hinein.
Windpark
50 mm | f/9 | 1/40 s | ISO 200
Das zweite Landschaftsbild zeigt die Integration eines kleinen Windparks in die Landschaft. Hier haben mich vor allem der Farbkontrast und die Linienführung angesprochen. Die grüne Ackerlinie führt den Betrachter direkt auf die Windräder zu, die parallel zum Horizont angeordnet sind und gleichzeitig mit ihren mächtigen Flügeln den dunklen Wolken trotzen. Dieses Bild ist Bestandteil meiner Fotoausstellung „Magische Momente Muldental (Sachsen)“. Es wurde von vielen Besuchern aufgrund der Windräder abgelehnt. Einige fragten sogar ganz offen, warum ich diese hässlichen Windräder nicht wegretuschiert hätte. Doch allein dadurch, dass ich das nicht getan habe, hat dieses Foto zur Diskussion und zum Nachdenken angeregt.
Vor ein paar Jahren habe ich im Frühling eine geführte Orchideenwanderung im Leutratal bei Jena besucht. Die zum Teil sehr seltenen Orchideen wachsen an den Muschelkalkhängen innerhalb des Landschaftsschutzgebiets. Sie sind teilweise so klein und zierlich, dass man sie ohne fachkundliche Führung nicht finden würde. Wir waren in einer größeren Gruppe unterwegs, und sobald eine Orchidee gefunden war, wurde sie ausführlich erklärt. Alle hielten Abstand und bildeten einen Kreis um die Blüte. Und dann passierte das Unglaubliche: Nachdem die Erklärung zu Ende war und es weiterging, trampelten einige aus der Gruppe die Orchidee nieder. Sicherlich nicht aus Bösartigkeit, sondern eher aus Gedankenlosigkeit. Wie oft habe ich als Landschaftsfotografin auch erlebt, dass andere Fotografen mir nicht nur einfach ins Bild liefen, sondern in den geschützten Raum eindrangen, dass sie Pflanzen herausrissen oder den Tieren bis auf den Pelz rückten, um sie zu fotografieren.
Dabei gehen einige „Naturfotografen“ noch einen Schritt weiter, indem sie Insekten mit Kältespray besprühen, damit diese unbeweglich sind und sie das perfekte Makro aufnehmen können. Für ein Foto ein anderes Lebewesen zu quälen oder sogar zu töten, finde ich persönlich abstoßend und lehne diese Art der Fotografie komplett ab. Jeder Fotograf sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein, wenn er Tiere und Pflanzen in ihrem Lebensraum fotografiert – und nicht nur, wenn dieser als Naturschutzgebiet gekennzeichnet ist.
Gerade die Landschafts- und Naturfotografie kann Orte und Lebewesen dokumentieren, die vielleicht vom Aussterben bedroht sind. Unsere Fotos sind wichtig für die nachfolgenden Generationen, die womöglich nur noch die Bilder sehen werden.
Sie sehen, Naturfotografie ist mehr als nur draufhalten und knipsen, Naturfotografie kann einen Beitrag zur Erhaltung der Schönheit unseres Planeten leisten. Gleichzeitig können die Fotos unsere Wahrnehmung verändern und, wenn wir Glück haben, das Handeln anderer beeinflussen.
Versuchen Sie dabei, nicht nur einfach schöne Naturfotos zu machen, sondern informieren Sie sich auch darüber und halten Sie fest, was Sie fotografiert haben. Wie heißt die fotografierte Pflanze, das Tier? Wie heißt die Landschaft, wodurch wurde sie geprägt? Was sehen Sie auf dem Bild, sind es einfach nur Berge, oder ist es vielleicht ein erloschener Vulkan, der einmal ausgebrochen ist und eine stark zerklüftete Caldera zeigt? Recherchieren Sie, Sie werden erstaunt sein, was die Natur zu erzählen hat, und wenn Sie Glück haben, fotografieren Sie eine Pflanze oder ein Tier, das sehr selten ist. Das ist für jeden Naturfotografen der berühmte Sechser im Lotto.
Geltinger Birk
50 mm | f/9 | 1/400 s | ISO 200
GPS aktivieren
Das obere Bild ist im Landschaftsschutzgebiet Geltinger Birk an der Ostsee entstanden. Es ist ein reines Dokumentarfoto. Diese mache ich gern, um Informationen über Ort und Name festzuhalten. Wenn ich fotografisch in für mich unbekannten Gegenden unterwegs bin, aktiviere ich mein GPS. Durch Lightroom und dessen Kartenfunktion weiß ich, wo ich das Foto gemacht habe. Das GPS hilft mir zusätzlich dabei, genaue geografische Namen und Beschreibungen zu dokumentieren.
Knabenkraut
50 mm | f/2,8 | 1/6400 s | ISO 400
Das Bild selbst habe ich Ende Mai ganz früh am Morgen auf der Insel Rügen in der Nähe von Middelhagen aufgenommen. Ich habe von den Orchideen mehrere Aufnahmen gemacht. Diese ist eher eine dokumentarische Aufnahme, da ich die Blüte mithilfe einer großen Blende freigestellt habe. Ich habe die ganze Pflanze mit Stängel und Blatt fotografiert, sodass ich sie später am Bildschirm exakt bestimmen konnte. Die Wiese habe ich durch Zufall auf einer Wanderung am Bodden entdeckt. Ich wusste gar nicht, dass auf Rügen Orchideen in solch einer Pracht blühen. In diesen Momenten bin ich dankbar, dass ich immer mit offenen Augen unterwegs bin.
Was blüht denn da?
Das untere Bild zeigt die Orchideenart „Knabenkraut“ (Breitblättriges Knabenkraut, Dactylorhiza fistulosa). Ich bin keine Pflanzenkennerin, aber zur Bestimmung habe ich „Was blüht denn da?“ im Wagen immer dabei. Ein Buch, das mich schon seit meiner Kindheit, mittlerweile in einer farbigen Fotoausgabe, begleitet – ISBN: 978-3440114902. Zu Hause trage ich dann die genaue Bezeichnung in die EXIF-Daten des Bildes ein. Dazu verwende ich Lightroom und dessen Bibliotheksfunktion.
Jeder von uns kennt es, dieses dunkle tiefe Loch, das da in einem flüstert: „Ich weiß nicht, was ich fotografieren soll. Alles ist langweilig, mit fehlen die Ideen.“ Diese Kreativblockade ist nicht von jetzt auf gleich abzuschalten. Umso wichtiger ist es dann, dass man diese Phase einfach durchlebt und sich nicht dagegen sträubt.
Mein persönliches Rezept: die Kamera einfach mal für ein paar Tage in der Ecke verstauben zu lassen. Ohne Kamera spazieren gehen und sich mit einer anderen Sache beschäftigen. Lesen Sie, denn oft kommen dabei die tollsten Ideen, und es geht wieder aufwärts.
Inspirationen finden sich in dieser Phase überall, häufig in Zeitschriften, die nur am Rande mit Fotografie zu tun haben. Stöbern Sie doch einfach einmal in den vielen Gartenzeitschriften, im National Geographic, in der GEO oder in Fachzeitschriften aus dem Naturbereich. Sie dienen der Inspiration und geben vielleicht Hinweise darauf, wo und zu welcher Jahreszeit man diese Tiere im Wald sehen kann.
Aber nicht nur durch das Anschauen fremder Fotos wird der Blick geschult. Sie lernen, fotografisch besser zu sehen . Unstimmigkeiten, Unschärfen und manchmal mangelhafte Bildbearbeitung fallen dann sofort ins Auge. Achten Sie einmal darauf, wie oft Fotos mit einem schiefen Horizont ins Netz gestellt werden. Sie werden überrascht sein.
Gleichzeitig bekommen Sie ein Gefühl dafür, ab wann Sie ein Foto als ästhetisch empfinden oder aber denken, dass es langweilig ist. Diese Erfahrungen sammeln wir natürlich nicht von heute auf morgen, sondern erst mit der Zeit, wir müssen diese Dinge zunächst selbst erfahren. Die Wintermonate eignen sich besonders dafür, Bilder in Ruhe anzuschauen und zu genießen.
Kreativübung
Kaufen Sie sich eine Handvoll schöner Garten- und Naturzeitschriften beziehungsweise sammeln Sie sie eine Weile. Vielleicht bestellen Sie sich ja auch ein paar kostenlose Gartenkataloge. Schneiden Sie sich Ihre Lieblingsmotive heraus und kleben Sie daraus eine große Collage zusammen. Schauen Sie am Ende genau hin: Erkennen Sie Gemeinsamkeiten an den Motiven, im Bildstil, der Bildbearbeitung? Probieren Sie, diese Fotos nachzustellen.
Schmuckkörbchen
50 mm | f/2,8 | 1/2000 s | ISO 800
Die Schmuckkörbchen, auch Cosmea genannt, gehören zu meinen Lieblingsblumen. Vor den Toren meiner Heimatstadt gibt es einen Biobauern, der ein großes Blumenbeet zum Selberflücken angelegt hat, unter anderem auch ein Feld mit den Cosmea-Blumen. Diese habe ich am späten Abend im Gegenlicht der untergehenden Herbstsonne fotografiert. Ich habe mit Absicht eine große Blende von 2,8 verwendet, damit ich nicht nur schöne Bokehs im Hintergrund habe, sondern damit das freihändig aufgenommene Bild nicht verwackelt und ich gleichzeitig mit der Unschärfe spielen kann. Aufgrund des Abendlichts habe ich die ISO-Empfindlichkeit auf 800 erhöht.
„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“
Hermann Hesse, „Stufen“
Postprocessing
Das Bild wurde anschließend in Lightroom bearbeitet. Dabei habe ich den Kontrast erhöht, und um die Blumen noch mehr leuchten zu lassen, wurden die Bildecken zum Rand hin abgeschattet – sprich eine Vignettierung eingefügt.
Ohne Inspiration ist die Fotografie seelenlos. Doch Inspiration entsteht nicht einfach so von allein, und man kann sie auch nicht erzwingen. Ich rede aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass die Inspiration einem kleinen Vogel gleicht, der manchmal aus dem scheinbaren Nichts herbeigeflogen kommt, nur um dann kurze Zeit später wieder zu verschwinden. Oft kann ich diesen Vogel aber auch anlocken, indem ich ihn mit Literatur, mit Musik, mit Malerei oder auch mit inspirierenden Filmen füttere. Eine einzige Filmsequenz kann mich so begeistern, dass ich daraus eigene Traumbilder entwickle und sie in mir speichere.
Es ist in der Landschafts- und Naturfotografie kaum möglich, sofort loszulaufen und die Ideen umzusetzen. Das ist der Unterschied zu Fotografen aus dem Food- und Stillleben-Genre, die eine Idee sofort in ihrem Atelier aufbauen können. Manchmal dauert es Wochen oder Monate, bis sich die Gelegenheit ergibt, Ideen umzusetzen. Es kann aber auch passieren, dass die Inspiration einfach so aus mir herausfließt, dass ich an Ort und Stelle, wenn ich das Foto mache, ein Bild im Kopf habe, das ich dann im selben Augenblick umsetzen muss. Die Erfassung des Moments, seine Wahrnehmung, ist die Kraft, die die Bilder entstehen lässt. Dabei spielt meine eigene innere Verfassung, meine Gefühlswelt – von heiter und losgelöst bis hin zu Trauer und Verzweiflung – eine zentrale Rolle. Die Kombination aus Gefühl, Wahrnehmung und Inspiration gibt einem Bild erst die volle Aussagekraft.
Es ist nicht essenziell, welche Technik Sie benutzen, wichtig ist es, diese zu beherrschen. Sie müssen aus dem Bauch und Ihrer Erfahrung schöpfen, um zu entscheiden, in welchem Moment welche Blende genommen wird. Und wenn Sie sich unsicher sind, ob das Bild besser mit oder ohne durchgehende Schärfentiefe beziehungsweise das Motiv weiter rechts oder links platziert werden soll, dann kann man auch zwei oder drei Aufnahmen machen und später bei der Auswertung am Computer weniger gute Bilder löschen.
Gladiator
100 mm | f/8 | 1/640 s | ISO 400
Ich habe mich dafür entschieden, das Bild Mitte September in der frühen Nachmittagssonne aufzunehmen. Zu dieser Zeit wirft die Sonne nicht mehr zu harte Schatten. Vor Ort hatte ich nur das Bild von der Filmszene im Kopf, die ich aus ähnlicher Perspektive aufnehmen wollte. Es ist mir auch fast geglückt, nur das im September das Getreidefeld schon abgeerntet war. Das Foto selbst habe ich mit einem 100-mm-Makroobjektiv und Blende 8 fotografiert. Die Bäume sollten in der Tiefe noch erkennbar sein, aber gleichzeitig nicht übermäßig scharf hervortreten.
Screenshot aus dem Film „Gladiator“ mit Russell Crow in der Hauptrolle, Dreamworks, 2000.
Der Film „Gladiator“ mit Russell Crow gehört zwar nicht zu meinen Lieblingsfilmen, aber die Traumszene, in der der Hauptdarsteller seiner Familie entgegenläuft, mag ich sehr. Für diesen Traum hat der Regisseur eine überaus romantische Landschaft mit einer wunderschönen Lichtstimmung gewählt. Ich fand heraus, dass diese Szene in der Nähe von Pienza in der Toskana gedreht wurde.
Kreativübung
Schreiben Sie auf, was Sie inspiriert. Welche Bücher haben Sie zuletzt gelesen, die Sie beflügelt haben? Welcher Film gefällt Ihnen so sehr, dass Sie dort am liebsten einmal hinfahren würden, um sich die Landschaft anzuschauen? Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, legen Sie Ihre Lieblingsmusik ein, schließen Sie die Augen und stellen Sie sich eine Landschaft oder einen Ort in der Natur vor, an dem Sie sich wohlfühlen. Erlauben Sie sich diese Tagträume, und wenn einer dieser Orte bei Ihnen in der Umgebung ist, gehen Sie dort erst einmal ohne Kamera hin. Setzen Sie sich und beobachten Sie einfach nur. Diese Übung hilft mir oft dabei, kreative Löcher zu überwinden – Phasen, in denen mir nichts einfällt und in denen jedes Foto aus meiner Sicht misslingt.
Geodaten speichern
Wochen vor meiner Reise habe ich sehr ausführlich recherchiert, wo sich der gezeigte Feldweg mit den wunderschönen Zypressen befindet, und ich habe die Geodaten in Google Maps gespeichert. Diese konnte ich dann vor Ort mithilfe meines Smartphones wiederfinden.
Postprocessing
In Lightroom habe ich das Bild anschließend bearbeitet. Um den Filmlook nachzuempfinden, habe ich zum einen die Sättigung leicht verringert und gleichzeitig in die Teiltonung in den hellen Bereichen ein Gelb und in die dunklen Schatten Blau eingefügt. Anschließend habe ich das Bild auf das Filmformat 16:9 beschnitten.
Es gibt Filme, die leben von ihren gewaltigen Landschaftsaufnahmen. Dabei spielt es für mich keine Rolle, ob diese am Computer virtuell umgesetzt oder in der freien Natur gefilmt und überarbeitet wurden. Die Vorlage für die schwebenden Halleluja-Berge in dem Film „Avatar“ sind beispielsweise die faszinierenden Karstberge im Nationalpark Zhangjiajie in China. Die bizarren Formen mit ihrem außergewöhnlichen Bewuchs bilden eine grandiose, einmalige Naturlandschaft.
Gleichzeitig denke ich an die marokkanische Wüstenlandschaft, die die Hauptkulisse für den Film „Der englische Patient“ gewesen ist, oder die Landschaften Nordenglands, besser gesagt die Felsen im Stanage Edge im Peak-District-Nationalpark, die zu einem romantischen Drehort für den Film „Stolz und Vorurteil“ wurden. Aber man muss gar nicht weit fahren, um auch bei uns Drehorte zu finden, die die Fantasie beflügeln – wie zum Beispiel die berühmte Brücke „Prebischtor“ aus dem Film „Die Chroniken von Narnia“, die sich auf der tschechischen Seite des Nationalparks Sächsische Schweiz befindet.
Landschaftsaufnahmen in Fantasyfilmen begeistern mich, sodass es mir unbewusst passiert, dass ich Bilder mache, die aus einem Film stammen könnten. Als ich das Bild „Teufelsmauer“ einem Freund zeigte, war sein erster Kommentar: „Das sieht ja aus wie aus Herr der Ringe.“ Und tatsächlich, die Stimmung, das Mystische, trägt dazu bei, dass dieses Bild Assoziationen zu dem Film weckt. Dabei entsprach das vor Ort überhaupt nicht meiner Absicht.
Ebenso erging es mir bei der Landschaftsaufnahme aus den Dolomiten. Als ich das Bild in Lightroom öffnete und sah, wie die Sonne die Bergspitze und gleichzeitig im Tal eine kleine Ortschaft beleuchtete, zog ich gedanklich sofort einen Vergleich zu dem Schicksalsberg (Mount Doom) und den Orks, die unter Aufwendung von Feuer Wälder roden und das Metall für ihre Waffen schmieden.
Schicksalsberg
50 mm | f/9 | 1/400 s | ISO 200
Die Aufnahme „Schicksalsberg“ ist in den Dolomiten entstanden. Ursprünglich wollte ich an diesem Herbstsommerabend die Drei Zinnen, ein bekanntes Gebirgsmassiv in den Dolomiten, im Sonnenuntergang fotografieren. Die Aussichten waren an diesem Tag blendend, sodass ich am späten Nachmittag die Auffahrt über die private Gebirgsstraße wagte. Oben auf knapp 2.000 Metern angekommen, änderte sich das Wetter im Minutentakt. Aus einem strahlend blauen Himmel wurde eine neblige, dicke Suppe. Doch die Anfänge der schlechten Wetterlage ermöglichten es mir, diese stimmungsvolle Aufnahme vom gegenüberliegenden Gebirgsmassiv zu machen. Die Sonne leuchtete dabei auf die Bergspitze und in das Tal hinein. Wäre der Himmel wolkenlos geblieben, hätte diese Aufnahme nicht gemacht werden können.
Teufelsmauer
50 mm | f/2,8 | 1/6400 s | ISO 400
Ein ähnliches Wetterschicksal ereilte mich an der Teufelsmauer im Harz. Ursprünglich bin ich an einem wolkenlosen Sommertag losgefahren. Doch nur wenige Kilometer vor dem Harz türmten sich die dicken, grauen Wolken auf. Glück im Unglück war, dass die Wolken an diesem Tag recht schnell zogen und sich so Sonne und Wolken abwechselten. Die wolkenlose Version des Fotos ist jedoch wenig spektakulär, gar als langweilig zu bezeichnen. Ich habe aus dieser Position heraus am Vormittag gegen die Sonne fotografiert. Die Wolken haben dabei das Gegenlichtproblem gelöst und eine dramatische Kulisse geschaffen. Also nicht ärgern, wenn am Ort des Geschehens mal nicht die Sonne lacht.
Kreativübung
Wenn Sie meine Inspirationsquellen gesehen oder gelesen haben, dann überlegen Sie, welche Geschichten Ihre Fantasie beflügeln könnten. Wovon träumen Sie? Was sind die Geschichten, die Sie schon als Kind begeistert haben? Und welche Geschichten lassen Sie heute zum Kind werden? Scheuen Sie sich nicht davor, mit Ihrer Fantasie zu spielen. Ohne inneren Spieltrieb gibt es keine Fantasie, keine Inspiration und auch keine Kunst.
Die Naturfotografie ist keine Erfindung der letzten 20 Jahre. Obwohl die Porträtfotografie die Art der Fotografie war, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts als erste für Aufmerksamkeit sorgte, ist die Natur- und Landschaftsfotografie genauso alt. Allerdings war gerade in diesem Bereich das Prozedere früher etwas umständlich. Auf Planwagen wurden die Utensilien an den jeweiligen Ort gebracht. Unter anderem musste ein Landschaftsfotograf dabei ein Dunkelkammerzelt für das nasse Kollodiumverfahren mit sich führen, da die Platten vor Ort vorbereitet und sofort entwickelt werden mussten. Das war sehr aufwendig und schränkte die Mobilität der Fotografie stark ein. Einer der ersten Vertreter war der französische Landschaftsfotograf Maxime du Camp (1822–1894), der Fotoexkursionen durch den Orient organisierte (Bildtipp: „Sphinx and Pyramids“, 1850, Ägypten). Mit der Entwicklung der Kameratechnik unterlag auch die Landschaftsfotografie einem stetigen Wandel und emanzipierte sich dabei von der Malerei. Während die ersten Landschaftsfotografien noch als Vorlagen für die Landschaftsmalerei dienten, wandelte sich der funktionale Anspruch. Landschaftsfotos wurden nun auch für den militärischen, industriellen und kartografischen Bereich umgesetzt. Mit dem funktionalen Umbruch wurden gleichzeitig neue Stile ausprobiert. Albert Renger-Patzsch (1897–1966) war einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten neuen Sachlichkeit. Er beschränkte sich dabei auf die Anwendung von Licht, Optik und Aufnahmematerial und zeigte meist nur Nahaufnahmen von Pflanzen und Tieren (Bildtipp: „Rotbuchenwald im Herbst“, 1937). Manipulative Eingriffe und Veränderungen, die ein Bild künstlerischer machen sollten, lehnte er kategorisch ab und schuf damit ein neues Schönheitsprinzip, das die Ästhetisierung des Gegenstands zum Thema hatte. Während Renger-Patzsch ausschließlich naturalistisch arbeitete, war Bill Brandt (1904–1983) ein Landschaftsfotograf, der verfremdende Elemente in seine Fotografien einbrachte. Sein Spiel mit Licht und Schatten und ungewöhnlichen Perspektiven sind für seine Bilder charakteristisch. Er verband die Nüchternheit der technischen Fotografie mit der Irrealität des Expressionismus (Bildtipp: „Gull over river Thames“). Die Gegenwart der Landschaftsfotografie ist von vielen Strömungen gekennzeichnet. Ob analoge oder digitale Techniken, nüchterne, dokumentarische Landschaftsfotografie oder digitale Landschaftscomposings mit Fantasyelementen – es ist alles erlaubt. Am prominentesten ist die bisher wohl teuerste Landschaftsfotografie „The Rhine II, 1999“ von Andreas Gursky . Ein Bild – analog aufgenommen und digital bearbeitet –, in dem Bildelemente entfernt wurden und aus der Entfremdung kein Geheimnis gemacht wurde.
Elsterwinter
50 mm | f/8 | 1/400 s | ISO 400
Die heutige Landschaftsfotografie verdanken wir den Kartografen, den Geografen des 19. Jahrhunderts. Ohne ihren Wissensdurst, die Welt zu erforschen, sie zu kartieren und zu beschreiben, wäre die Naturfotografie sicher nicht das, was wir heute darunter verstehen. Leider sind so gut wie keine Daguerreotypien aus der Zeit erhalten, wie die des deutschen Chemikers Carl Eduard Biewend (1814–1888), der Landschaftsaufnahmen vom Harz anfertigte.
Der erste kommerziell ausgerichtete Landschaftsfotograf war Platt D. Babitt (1823–1849), der das Monopol erwarb, am schönsten Aussichtspunkt der Niagarafälle eine Daguerreotypkamera fest zu installieren und dort aus der immer gleichen Perspektive eine Landschaftsaufnahme mit wechselnden Personenporträts aufzunehmen.
Mit Aufkommen der Kalotypie erfreuten sich Landschaftsmotive immer größerer Beliebtheit, da diese vor allem als Vorlagen für Künstler entstanden. Einer der bekanntesten Malerfotografen war Gustav Le Gray , der sich an Malereien von Monet oder Courbet orientierte. Neben den Vorlagen für den Kunsthandel erfreuten sich Landschaftsbilder großer Beliebtheit, die als Souvenirs an Reisende verkauft wurden.
Warum dieser kurze Exkurs in die Geschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart? Alle Fotografen haben eins gemeinsam: Sie haben eine Grundhaltung zu ihrer Fotografie entwickelt und vertreten. Es geht nicht darum, ob die Bilder vordergründig gefallen, sondern welche Idee und Einstellung die Fotografen hatten und haben. Wenn Sie naturalistische, unveränderte Aufnahmen machen wollen – ob analog oder digital – oder lieber komplett digitale Werke erstellen und verändern möchten, dann stehen Sie dazu, und bleiben Sie Ihrem Konzept treu.
Wie erkläre ich Ihnen, wie Sie bessere Naturfotos machen können? Fragen Sie mich etwas Leichteres. Ich kann Ihnen erklären, wie Sie technisch bessere Fotos machen können, ich kann Ihnen die Kompositionsregeln nahebringen, und ich kann Ihnen viel über das Licht erzählen. Aber ich kann Ihnen nicht erklären, wo und wann Sie Ihr Motiv finden. Wie es aussieht, wo es sich versteckt. Wie Sie auf die Idee kommen und welche Geschichte Sie erzählen sollten.
Naturfotografie und Landschaftsfotografie sind keine künstlich erzeugten Sujets. Sie stellen sich auch nicht in Pose, und auf keinen Fall sind sie Wiederholungstäter. Jeder Moment, jede Situation ist einmalig und unwiderruflich vorbei, nicht reproduzierbar. Aber genau das ist es auch, was Naturaufnahmen einmalig macht. Das Modell im Studio kann jederzeit noch mal bestellt, auch ein Produkt kann immer wieder in der gleichen Position abfotografiert werden. Dementsprechend könnte ich natürlich auch immer wieder an dieselbe Stelle in der Natur fahren. Aber sie wird nie gleich aussehen. Sie wird sich verändern. Die Natur wandelt sich stetig, der Prozess ist unumkehrbar, aber wir haben die Chance, diese Veränderungen festzuhalten. Den magischen Moment zu manifestieren. Das ist das Besondere an der Naturfotografie und das Gegenteil zur Landschaftsmalerei.
Die Fotografie dokumentiert den Prozess in seiner Einmaligkeit. Das ist sicher auch das Geheimnis und der Grund dafür, dass es so viele Fotografen gibt, die die Landschaftsfotografie aus Passion betreiben. Weil sie die Natur lieben, die Vergänglichkeit des Augenblicks, die Einmaligkeit des einen Moments. Wer behauptet, Landschaftsfotografie sei die einfachste Art der Fotografie, der weiß nicht, wovon er spricht. Nach so mancher Meinung brauche ich mich nur in die Landschaft zu stellen und den Auslöser zu betätigen. Aber Naturfotografie ist mehr, es ist das Wahrnehmen, das Sehen, das Spüren. Ein besonderes Licht, ein Naturphänomen wie eine frostige Landschaft, die Einsamkeit, die Stille, eine friedlich grasende Rehgruppe, ein luftiges Gerangel zwischen zwei Kolkraben und einer Elster, das Aufsteigen und Singen der Lerche in einem Sommerfeld, ein Wanzenpaar auf einer Sommerblume.
Merken Sie es? Genau diese Emotionen suche ich. Dafür bin ich stundenlang in der Natur unterwegs, um vielleicht das Glück zu haben, einen dieser Momente zu erleben und festzuhalten. Das kann ich zwar nicht einfordern, aber ich kann lernen, Naturphänomene wahrzunehmen, sie zu fühlen. Ich kann lernen, den einen Augenblick gestalterisch in einer Fotografie umzusetzen. Allerdings wird es schwer, wenn Sie sich innerlich verschließen.
Alleenstraße im Winter
60 mm | f/8 | 1/25 s | ISO 400
Alleenstraße im Winter – Rügen im Winter ist ein Traum. Und ich habe zum ersten Mal erlebt, wie die Alleen komplett im Schnee versunken sind. Das Foto ist an einem sehr kalten Tag entstanden, der Schneesturm brachte alles zum Erliegen. Die Fahrspuren waren innerhalb von wenigen Minuten verschwunden, und ich hatte Zeit, diese Aufnahme zu machen. An diesem Tag musste ich meine Tour später allerdings dann doch abbrechen.
Liebespaar
60 mm Makro | f/9 | 1/125 s | ISO 400