Sophia Maria Flores
Überschreitung der Grenzlinie
Ein Transgender-Leben in Deutschland. Selbstbeschreibung
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Inhaltsverzeichnis
Titel
1. Mit Haut und Haar
2. Auf nach Canossa
3. Was du schwarz auf weiß besitzt
4. Ödipus in der Gagfah-Siedlung
5. Thanatos in der Mansardenstube
6. Ist das nicht schrecklich?
7. Zauberei auf dem Buckel eines Mädchens
8. Ungleiche unter Gleichen
9. Nur fliegen ist schöner
10. Kleider machen Leute
11. Du sollst dir kein Bild machen
12. Tausendsassa und Fälscher
13. Nur nicht auffallen
14. Schwarze Katze im finsteren Tunnel
15. Der Geist aus der Flasche
16. Die den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit
17. Wachstation
Impressum neobooks
Ich bin (vor vielen Jahren und in der DDR) mit einer genetisch vererbten und vererbbaren Hautkrankheit auf die Welt gekommen, einer Ichthyosis, einer Fischschuppenhaut. Unter den Erbkrankheiten mit autosomal-dominantem Erbgang zählt sie zu den selteneren, jeder Hunderttausendste leidet darunter. Leidet — das ist kein gunstbuhlerisches Wort, es trifft den Kern. Bei der Fischschuppenhaut entwickelt sich die Hornschicht der Haut übermäßig, manchmal bildet sie schmutzig grün oder braun verfärbte, verhärtete Platten, besonders im Bereich der Gelenke, für gewöhnlich aber wirkt sie dem Schuppenpanzer der Fische, dem Schuppengeflecht der Schlangen nicht unähnlich. Alleine das würde ausreichen, die Haut zu hassen, weil sie bei den Mitmenschen Befremden erregt (wer denkt dabei — wenn er etwa zu meiner Generation gehört — nicht an den Film »Der Amphibienmensch«?). Aber darüber hinaus verschafft sie mir auch noch physische Plagen: Dort, wo sie Falten bildet und obendrein stark beansprucht wird, reißen ihr bei nasskaltem Wetter klaffende Wunden, durch die man manchmal bis auf die Knochen blicken kann. Vor allem die Knöchel an Fingern und Füßen sind betroffen, so dass es ein paar Mal schon so weit gekommen war, dass ich weder ohne Schmerzen laufen noch ein Stück Papier zwischen den Fingern halten konnte. Und wenn ich zu schwitzen beginne, verbreitet die Haut über den gesamten Körper ein Gefühl, als würde ich mich in einem riesigen Nagelkasten um und um wälzen; überall sticht und piekt es, und weil ich mich in der Öffentlichkeit dagegen nicht wehren kann, indem ich mich kratze, ohne in Verdacht au geraten, von Flöhen befallen zu sein, versuche ich's auf der Straße, in der Bahn mit Selbstbeherrschung, mit Autosuggestion, und gerate dann in einen Zustand von Trance.
Dies erzähle ich so ausführlich, um klarzustellen, welche Rolle meine Haut in meinem Leben spielt, nämlich eine der Hauptrollen. Auf alles, was mit Problemen der Haut au schaffen hat, reagiere ich besonders sensibel, nicht nur in Hinblick auf mich selbst, sondern grundsätzlich. Erscheinen mir womöglich deshalb jene Arztpraxenschilder in den Seitengassen der Städte, dort wo der Putz verwittert, so suspekt: Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten? Haut & Geschlecht, dass dies irgendwie zueinander in Beziehung steht, irgendwie miteinander verknüpft sein muss, habe ich schon immer unterschwellig wahrgenommen. Damit meine ich nicht den kosmetischen Aspekt, nicht »Skin, Sex, Society and Symbolism" (nach einem Buchtitel von Wendy Cooper, New York 1971), sondern ich meine den genetischen Aspekt, etwa dergestalt, dass »auch in den Geschlechtschromosomen, und hier fast ausschließlich im X-Chromosom, ... eine Reihe von heute bekannten Erbfaktoren« liegt (wie es damals in H.-A. Freyes Humangenetik. Einführung in die Erblehre des Menschen von 1978 hieß, allerdings war klar, dass diese Erbfaktoren mit der Geschlechtsbestimmung primär nichts zu tun haben).
Ich löste für mich die Klammer der Zurückhaltung auf und betone: primär nicht. Sekundär, tertiär, vielleicht doch. Jedenfalls schien es Ausnahmen zu geben. An dieser Stelle sei betont, dass wir hier von den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sprechen, also von einer Zeit, zu der an die Erfolge in der Genforschung, wie wir sie heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts kennen, noch nicht zu denken war, geschweige denn dass in der Gesellschaft ein allgemeines Bewusstsein für Transsexualität (Transgenderismus) und Intersexualität entwickelt gewesen wäre. Um so hellhöriger wurde ich, als in der DDR-Familienzeitschrift WOCHENPOST Mitte der sechziger Jahre der Bericht über einen Franzosen veröffentlicht wurde, der sich — ohne fremdes Zutun, wenn ich mich recht entsinne — von einem Kann in eine Frau verwandelte. Leider kann ich keine Quellenangabe mehr machen, jedoch ist der Bericht getreulich in meinem Gedächtnis optisch abgespeichert, ich habe ihn wohl mehrmals gelesen und muss mich im Nachhinein wundern, warum meine Eltern ihn nicht vor mir, der ich vielleicht dreizehn Jahre alt war, versteckt hielten bei all der Prüderie, die unseren Alltag ansonsten bestimmte. Dem dreispaltigen Text waren Reproduktionen dreier Fotos beigegeben. Ein etwa dreißigjähriger Mann im strengen Straßenanzug, der verstört und leicht pausbäckig ins Objektiv der Kamera blickt und ein drei- oder vierjähriges Mädchen an der Hand hält. Derselbe Mensch, nun auf dem Weg zur Frau, im hochgeschlossenen, engen Kostüm, auf eine gouvernantische Art hager, ohne das kleine Mädchen. Schließlich sie im petticoatgewuschelten, taillierten Sommerkleid, wahrscheinlich aus Kunstseide, wie sie lachend, scheinbar befreit ausschreitet und wieder das drei- oder vierjährige Mädchen wieder an der Hand führt. Es handelte sich wohl um den Fall einer der überaus seltenen Intersexformen, aber das ist jetzt meine nachträgliche Interpretation. Dass so etwas Überhaupt möglich war, beeindruckte mich sehr, denn schon damals wollte ich nicht länger ein Junge bleiben, hatte allerdings bereits gelernt, dass die geburtliche Geschlechtszuweisung unumkehrbar sei. Deswegen beeindruckte mich am allermeisten der Ärztekommentar. Solche Fälle, hieß es da, gingen einher mit Hautkrankheiten sowie mit Störungen der Nierenfunktion. Da hatte ich es wieder: Haut & Geschlecht. Beides war auf eine atavistische Weise miteinander verknüpft. Und wenn mir meine Ichthyosis zur Beweisführung nicht ausreichen sollte - diesmal wurde mir ein weiteres Argument frei Haus geliefert, ein urologisches. Damals kränkelte loh gerade an einer Nierenbeckenentzündung, obendrein war ich (übrigens bis ins frühe Erwachsenenalter) Bettnässer. Bedurfte es etwa weiterer schlagender Indizien dafür, dass auch ich auserwählt war, eines Tages das Geschlecht zu wechseln? Längst bevor ich diesen Artikel in der WOCHENPOST gelesen hatte, war ich besessen von dem Gedanken, eigentlich ein Mädchen zu sein. Jetzt endlich hatte man mir bewiesen: Das war nicht so verrückt, wie ich befürchtet hatte.
Täglich untersuchte ich meinen Körper nach etwaigen Veränderungen. Abends im Bett wünschte ich zu wissen, wie lang meine Haare sein würden, wenn ich da» 18. Lebensjähr erreicht habe (wozu man heute erklären muss, dass zu jener Zeit die Jungen meines Alters einen kurzen, ausrasierten Fassonschnitt zu tragen hatten, erst während der Pubertät, die mit den 68-er-Revolten zusammenfielen, ließen wir uns die Haare aus Protest schulterlang wachsen, machten damit aber an dem Gymnasium, das in der DDR »Erweiterte Oberschule« hieß, wenig Eindruck, weil wir einem quasi militärischen Drill unterlagen, weshalb man uns einfach befahl, zum Friseur zu gehen, widrigenfalls würden wir der Schule verwiesen).
Viele, viele Jahre schleppte ich meine Geheimnisse mit mir herum als eine unsichtbare Last, die auf meine Schultern drückte. Nicht zuletzt auch deswegen, weil ich nicht wusste, was mit mir los war. Den Begriff ›Transsexualität‹ kannte ich nicht, er kam im Sprachgebrauch der DDR nicht vor. Noch heute glauben deshalb viele, dieser Staat habe gar keine Regelung zur Geschlechtsangleichung besessen. In Wirklichkeit jedoch war in der DDR bereits am 27. Februar 1976 eine »Verfügung zur Geschlechtsumwandlung von Transsexualisten« erlassen worden, während die BRD erst am 10. September 1980 nachzog, dann allerdings gleich in Form eines Gesetzes. Dass es im Osten Deutschlands für die Transsexuellen keine Öffentlichkeit gab, mag man im Nachhinein als fatal empfinden, denn die Betroffenen hatten auf diese Weise große Schwierigkeiten, die kompetenten Ansprechpartner zu finden, insofern sie überhaupt erst einmal zu einer Selbstdiagnose gelangt und auf einigermaßen verständnisvolle Hausärzte getroffen waren. Andererseits dürfte ihnen die allgemeine Unwissenheit der Bevölkerung in dieser Sache bei ihrer Sozialisierung im »neuen« Geschlecht förderlich gewesen sein, weil ihnen keine aus dem Voyeurismus entspringende Arroganz entgegenschlagen konnte, wie dies heute oft der Fall ist. Mir zumindest hat das große gesamtstaatliche Schweigen nicht geholfen. Vielleicht war ich in dieser Hinsicht ein wenig naiv oder zu unbeweglich. Lange Zeit versuchte ich, mit Hilfe von Fachliteratur, die ich in einer Spezialbuchhandlung meiner Heimatstadt erwarb, hinter die medizinischen Gründe für meine Befindlichkeit zu kommen und hatte mich dabei auf die Zytogenetik versteift. Leider traf alles, was ich dazu las, nie wirklich auf mich zu. Erst als im Vorfeld der bundesdeutschen Gesetzgebung Fernsehberichte zur Transsexualität gesendet wurden (ich erinnere mich an einen Beitrag, in dem eine wunderschöne Frau mit ihrem Auto die Grenze passierte und dem Beamten mit charmanter Geste und zierlicher Hand ihren Ausweis reichte, worauf der Mann versteinerte), fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Nun konnte ich nicht mehr anders. Ich musste mich mitteilen, widrigenfalls hätte es mich zerrissen.
Die erste, der ich den Offenbarungseid leistete, war meine Ehefrau. Allerdings vollzog sich meine Demaskierung in Etappen. Ich bin kein sehr draufgängerischer Mensch und scheue überdies, andere zu verletzen (sei es nun körperlich oder seelisch). Ich begann mit Rollentauschspielen beim Geschlechtsakt und bezog nach und nach die Verkleidungsszenerie mit ein. Meine Frau gestattete mir, innerhalb dieses stark eingegrenzten, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Ausschnittes unserer Wirklichkeit, einige ihrer Kleidungsstücke zu benutzen, ohne dass sie meine Identität als Mann hätte in Frage stellen müssen. Um weitere Verwirrung zu vermeiden, betonte sie das Clowneske des Rollentauschs und bediente sich aus meiner Garderobe mit Schlips und Jackett. Das nützte mir natürlich überhaupt nichts, weil ich mich nicht für verkleidet hielt, nicht für falsch gekleidet, und weil ich meine Versuche, mich auch nach außen hin meiner eigentlichen Identität zu nähern, durchaus nicht als ein Spiel empfand. So erhöhte ich, während ich bat, beim Beischlaf »unten liegen« zu dürfen, den Einsatz und raunte davon, dass ich lieber eine Frau wäre. Später zeigte ich meiner Frau die Winterhalbstiefel, die ich mir in einem An-&-Verkauf-Geschäft zugelegt hatte (Secondhand sagten wir damals noch nicht). Je mehr ich eiferte, desto mehr zog sie sich auf ihre professionelle Strategie der Gesprächsführung zurück (meine Frau arbeitete als Sozialfürsorgerin in einer städtischen Beratungsstelle). Sie lauschte mir aufmerksam, speicherte meine Wünsche protokollarisch in ihrem Gedächtnis und — unternahm nichts.
Ich litt zu dieser Zeit wahrscheinlich weniger unter der Transsexualität als darunter, »für nichts und wieder nichts« meine Seele auf dem silbernen Tablett dargereicht zu haben, denn meine Ehrlichkeit hatte mir nichts »eingebracht«. Damals glaubte ich noch an den kapitalfetischistischen Mythos, eine Leistung müsse zwangsläufig eine Gegenleistung nach sich ziehen. Weil ich — als geübter Televisionsvoyeur — auf eine Fortsetzung der begonnenen Serie drängte und gleichzeitig Unmengen an Alkohol konsumierte, um die Frau in mir zu ersäufen, setzte ich die Frau neben mir so unverschämt unter Druck, dass sie sich scheiden lassen wollte. Schon bewahrte sie die Gerichtsformulare in ihrem Schreibtisch auf. Aber die Vorstellung, uns voneinander zu trennen, hielten wir auch nicht aus.
Obwohl sie es von Berufs wegen hätte besser wissen müssen, glaubte meine Frau noch immer, die Transsexualität ließe sich wegtherapieren. Nach einem »Rückfall« — ich hatte mich, während die Kinder in der Schule weilten, eines samstags demonstrativ in Minilederrock und Stöckelschuhen an den Frühstückstisch gesetzt — besorgte sie mir einen Termin bei einer Psychiaterin. Aber im Grunde erreichte sie genau das Gegenteil von dem, was sie hatte erreichen wollen: Die Psychiaterin durchschaute ihre Absichten (schon deswegen, weil sie von meiner Frau und nicht von mir um Hilfe antelefoniert worden war) und gab mir zu verstehen, dass ich meine Lage nur verschlimmerte, wenn ich meine Neigung nicht für mich annahm, sondern gegen sie ankämpfte. Als ich meiner Frau dieses Resultat meiner ersten Begegnung mit Frau Dr. Niendorf kundtat, brachten wir uns beide zum Heulen, denn wohin eine Haltung, in der ich mich als Frau auslebte, konsequenterweise führte, war klar, vielleicht für die anderen eher als für mich, denn für mich gab es immer noch allerhand technische Probleme.
Weinen reinige die Augen, heißt es in einem Sprichwort. Da bin ich mir nicht so sicher. Ich nehme eher an, es neutralisiert die Gefühle, indem es sie wässert. Jedenfalls lebte meine Frau mit mir seitdem in einer Art antiseptischen Laboratoriums, wir vermieden sogar, aneinander Hautkontakt zu bekommen, wohl weil sie immer wieder auch vor sich selbst beteuerte, nicht lesbisch zu sein (womit sie mich, auf diesem Umweg, doch als so etwas wie eine Frau anerkannte). Ein Dauerzustand konnte ein solches Beisammenleben nicht sein, alleine wegen der Unaufrichtigkeit, die in der Verschweigung lauerte. Warum meine Frau glaubte, es könnte genügen, einfach wegzugucken, weiß ich nicht. Vielleicht gehört die Vogel-Strauß-Politik doch zur Urausstattung menschlicher Verhaltensweisen, oder manch eine hat ihre Büroarbeit verinnerlicht und glaubt, die Hälfte der Aktenvorgänge erledigt sich von selbst, wenn man sie nur lange genug liegen lässt. Für mich war die Aussicht, »etwas« könnte »noch länger dauern«, mörderisch. Als wir bereits voneinander geschieden waren und getrennt in zwei Städten lebten, hatte meine Exfrau lange Zeit Probleme damit, mich in den Briefen mit meinem neuen Namen anzureden. Auch heute noch verkehren wir miteinander nach dem Motto »Aus den Augen, aus dem Sinn«. Unser Umgang hat sich nie wieder normalisiert.
Am schmerzlichsten war für mich der Gedanke an unsere Kinder und die verpasste Chance, sie nicht nur aufwachsen zu sehen, sondern sie wie selbstverständlich mit meiner Transsexualität erwachsen werden zu lassen. Dr. Paderewski, mein Psychologe an der Universitätsklinik, den ich von 1990 an pflichtgemäß konsultierte, hatte uns den Rat gegeben, die Kinder, die damals noch jünger als zehn Jahre und seiner Meinung nach »genau im richtigen Alter« waren, mit der Wahrheit zu konfrontieren. Sie seien alt genug, um zu verstehen, wovon wir reden, aber noch zu jung, um alle Konsequenzen zu begreifen und vor ihnen zu verzagen. So würden sie nach und nach mit der Transsexualität aufwachsen und vertraut werden wie mit ihrer Muttersprache. Zunächst folgten wir der Empfehlung. An einem Wochenende — ich wohnte schon außerhalb — sagten wir »es« den Kindern. Ich kleidete mich um und schminkte mich, um zu zeigen, was genau ich meinte. Dr. Paderewski behielt recht. Die Kinder verkrafteten die Nachricht und verarbeiteten sie spielerisch. Sie stopften sich Apfelsinen unter die T-Shirts und stolzierten lachend durch den langen Korridor unserer Wohnung.
Leider haben wir an diesen ungezwungenen Umgang mit dem Problem nie wieder anknüpfen können. Das war natürlich zu allererst den äußeren Bedingungen unseres Lebens geschuldet. Ich zog in eine andere Stadt und meine Frau ließ sich von mir scheiden. Eine Weile traf ich meine Kinder noch auf exterritorialem Gebiet. Mal nahm ich sie in den Zirkus mit, in den ich alleine nie gegangen wäre, weil ich ihn hasse, mal fuhren wir auf dem Teich der Kreisstadt Tretboot, wobei eines meiner Kinder eine Sandale verlor, deren Boden aber Gott sei Dank aus Holz gefertigt war, so dass sie auf dem Wasser schwamm und von mir wieder eingefangen werden konnte. Ein letztes Mal war ich der Held. Sobald die Hormonsubstitution auch dergestalt anschlug, dass sich an mir Brüste entwickelten, die von Woche zu Woche deutlicher sichtbar wurden, brach meine Frau den Kontakt zwischen mir und meinen Kindern ab. Natürlich nicht offiziell und ausdrücklich. Dass sie das nicht durfte, wusste sie. Sie ließ sich am Telefon von ihren Kolleginnen verleugnen (es handelte sich um ein Diensttelefon, denn auch noch kurz nach der so genannten Wende besaß im Osten Deutschlands kaum jemand ein privates), sie schob irgendwelche Krankheiten der Kinder vor, oder dass sie sich im Chorlager aufhielten bzw. lernen müssten. Ich selbst war mit meiner neuen Arbeit — einer von mir gegründeten und geleiteten Wochenzeitung in der Stadt meinen Kindheit, die ich zunächst ganz alleine betrieb, bevor wir nach etwa einem Jahr zu siebent waren — so beschäftigt, dass ich die familiären Querelen mehr und mehr aus dem Auge verlor. Natürlich spielte dabei auch ein stark ausgeprägter Egozentrismus eine Rolle, wie bei fast allen Transsexuellen. In der Phase des Coming Out war unsereins so heftigen Attacken von allen Seiten ausgesetzt, dass uns gar nichts anderes übrig blieb, als eigennützig und selbstsüchtig aufzutreten, wenn wir überleben wollten. Das klingt genauso dramatisch, wie es sich verhielt. Die ständigen Angriffe gegen mich, die Steine, die man mir in den Weg legte, füäüöüü