Table of Contents

Titel

Impressum

Vorwort

1. Kapitel - Der Anfang vom Ende?

2. Kapitel - Die Sache mit dem Abwasch

3. Kapitel - Kochen ist nicht alles

4. Kapitel - Die Jahre des Wandels

5. Kapitel - Die Zeit der Krise

6. Kapitel - Wieder Hausmann, soll das alles sein?

7. Kapitel - Hausmann und Kinder, eine Erfahrung für sich

8. Kapitel - Der Hausmann als Koch

9. Kapitel - Der Hausmann als Konditor

10. Kapitel - Der Hausmann als Mann für alle Fälle

11. Kapitel - Der Hausmann, ein Mensch mit vielen Facetten

12. Kapitel - Der Hausmann und die Einsamkeit

13. Kapitel - Auch Hausmänner brauchen Hobbys

14. Kapitel - Die Stellung der Hausfrau und des Hausmanns in unserer Gesellschaft

15. Kapitel - Die besten Sprüche

Nachwort

MEHR SPANNUNG UND LESESPASS VON JOHN BARNS BEI DEBEHR

 

 

 

 

John Barns

 

 

 

Bubikopf

und

Möhrenpfanne

 

Hausmann wider Willen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DeBehr

 

Copyright by: John Barns

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2019

ISBN: 9783957536273

Grafiken Copyright by Fotolia by: Nomad_Soul

 

 

VORWORT

 

Was haben Bubikopf und Möhrenpfanne mit einem Hausmann gemein? Normalerweise nichts, es sei denn, dass es sich um eine ganz persönliche Geschichte handelt. Um genau diesen Umstand geht es. Ja, dieses Buch ist wohl das Persönlichste, welches ich jemals verfasst habe. Es sind meine Erfahrungen, es sind meine Erlebnisse, es ist meine Geschichte.

   Während des Schreibens stellte ich zu meinem Erstaunen fest, dass trotz aller Individualität fast jede Hausfrau oder auch jeder Hausmann seine ganz persönliche Geschichte erzählen könnte, denn irgendwann haben auch sie einmal angefangen. Wie es dazu kam, welche Ereignisse dazu führten, mag noch so unterschiedlich sein, irgendwann einmal gleichen sich die Lebensläufe an. Bei mir kam es durch die Erkenntnis, dass sich tief in meinem Inneren der Wunsch nach einer kreativen Tätigkeit festgesetzt hatte. Schon als Kind mischte und matschte ich, sehr zum Leidwesen meiner Mutter, gerne in der Küche. Dass ich jedoch nie einen Beruf in dieser Richtung ergriffen habe, liegt größtenteils an meiner Behinderung, die mir nicht erlaubte, gewisse Tätigkeiten und Arbeiten auszuführen.

   Trotz dieses Handicaps habe ich gelernt, durch Improvisation und Geschicklichkeit gewisse Freiheiten zu erobern. Als Kind wurde ich vielleicht nie genügend in dieser Richtung gefördert, denn es ist erstaunlich, dass ausgerechnet eine meiner Freundinnen und jetzige Frau diesen Umstand zu nutzen wusste.

   Doch soll dieses Buch nur hin und wieder auf mein körperliches Problem verweisen. Wollte ich eine Geschichte über meine Behinderung schreiben, so wäre es vermutlich ein sehr trauriges Buch geworden. Genau das aber wollte ich nicht. Nein, dieses Buch handelt von meiner Verwandlung vom berufstätigen Menschen hin zum Hausmann. Neben vielen persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen stellt es zugleich viele Fragen über diesen Berufsstand. Es mag teils heiter, teils sehr nachdenklich sein, was hier geschrieben steht, doch genau das war es, was mich während des Verfassens des Buches bewegte. Es sind Gedanken, Erlebnisse, Befürchtungen. Es sind die Alltäglichkeiten eines Hausmanns. Es ist wie das Leben selbst.

   Trotz vieler Rückschläge und leidvoller Erfahrungen kann ich heute mit Fug und Recht von mir sagen, dass ich sie alle nicht missen möchte. Sie sind das Salz in der Suppe des Lebens. Dabei begann alles ganz unauffällig …

 

 

1. KAPITEL - DER ANFANG VOM ENDE?

 

Vor vielen Jahren, mir scheint, es ist eine Ewigkeit her, hatte ich mit meiner damaligen Freundin ein Erlebnis, das meine Welt radikal verändern sollte. Sie hatte mich zum Mittagessen eingeladen und aufwendig in der Küche eine Möhrenpfanne gekocht.

   Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nichts mit kulinarischen Köstlichkeiten anzufangen, bestand doch meine Nahrungsaufnahme bis dahin überwiegend aus Currywurst und Schnitzeln. Als Beilage gab es generell Pommes oder Salat, zumindest bei den Schnitzeln. Ja, ich liebte diese ‒ einseitige ‒ Kost über alles, und so bedeuteten mir Jäger-, Zigeuner- und Wiener Schnitzel mehr als alles andere.

   Bis dahin bewertete ich die Lokalitäten nach ihrer Schnitzelkarte, selbst wenn dort edles Filet und andere schmackhafte Speisen angeboten wurden. Ich lebte nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“. Nun, ich mochte eben nur erwähnte Nahrungsmittel. Ich mied Speisen à la carte, und das nicht nur aus Kostengründen. „Masse statt Klasse“ war mein Grundsatz. Je größer das Schnitzel, desto besser das Lokal.

   So war es gewesen, bis zu jenem denkwürdigen Tage, der fast das Ende unserer jungen Freundschaft bedeutete. Stundenlang wirbelte meine Freundin in der Küche umher, fest entschlossen, mich zu bekehren, dass es noch etwas anderes als die besagten Schnitzel gab.

   Sie putzte die Möhren, schnitt dass Lauch in feine Ringe, um es zusammen mit Weißwein in einem Topf zu garen. Voller Hingabe und Tränen hackte sie die Zwiebeln, um sie zusammen mit bestem Rinderhackfleisch in einer Pfanne anzubraten, und das nur, um mir eine Freude zu machen. Oh, was war ich doch zu jenem Zeitpunkt für ein Kulturbanause!

   Ich machte mir nichts aus arbeitsintensivem Kochen. Ich war nicht zum Essen, sondern nur ihrer Gesellschaft wegen zu ihr gekommen. Ein gutes Schnitzel hätte es doch auch getan, doch davon wollte sie nichts wissen. So schälte sie nun die Kartoffeln, um sie zu kochen und anschließend zu einem Brei zu stampfen, was in meinen Augen eine reine Zeitverschwendung bedeutete. Pommes warf man einfach nur ins heiße Fett, und in fünf Minuten war das Essen fertig.

   Meine Einstellung änderte sich, als die Düfte ihren Weg in ihr kleines Wohnzimmer fanden, wo ich gelangweilt auf dem Sofa saß. Langsam hielt ich es nicht mehr aus, und so folgte ich meiner Nase nach in die Küche.

   „Es ist gleich so weit“, sprach sie mit fröhlicher Stimme, als sie mich in der Türe sah. Tatsächlich vergingen aber noch zehn Minuten. Ach, was hätte ich zu diesem Zeitpunkt für ein schönes Wiener Schnitzel gegeben, am besten aus einer guten Frittenschmiede! Mein Magen begann bereits zu knurren, um so seinen Protest zu bekunden. Ich hatte jetzt nur eines im Sinn: Essen, und das, so viel es nur ging.

   Als sie damit begann, das Püree auf zwei tiefe Teller zu verteilen, war der Moment gekommen, auf den ich mich so lange gefreut hatte. Endlich gab es etwas zu essen!

   Hurra, Jubel! Der Zeitpunkt zur Nahrungsaufnahme schien gekommen. Doch ich irrte, denn meine Freundin begann, die Möhrenpfanne aufwendig über der gelben Masse zu verteilen. Es schien mir so, als ob sie versuchte, ein Kunstwerk zu erschaffen, was in meinen Augen überflüssig war. Ging es doch nur um ein banales Essen und nicht mehr. Dass sie mich bekehren wollte, kam mir damals nicht in den Sinn. Ich ahnte nicht, dass sie zur hohen Priesterin emporstieg, um mich armen verirrten Mann zu neuen Erkenntnissen zu führen.

   Andächtig, fast wie in einer Prozession, nahmen wir die Teller und begaben uns langsam zu dem kleinen Tisch im Wohnzimmer, wo sie eine Kerze mit dem Streichholz anzündete. Ich hätte eher ein Feuerzeug genommen. Der Tisch wurde zum Altar und das Essen zur Opfergabe.

   Um meine Schmerzen im Magen noch weiter zu steigern und mir damit weitere Qualen zuzufügen, ging sie erneut in die Küche, wo sie damit begann, den Korken aus einer Weinflasche zu ziehen, was sich mit dem simplen Arbeitsgerät als schweres Unterfangen erwies. So stand ich auf, um ihr dank meiner Kraft behilflich zu sein. Tatsächlich gelang es mir, den Korken zu entfernen, oder, besser gesagt, zumindest einen Teil davon. Der Rest wollte und wollte trotz diverser Versuche einfach nicht heraus. In unserer Verzweiflung pressten wir den Rest letztendlich einfach nach unten, was dem Geschmack zwar schadete, jedoch den Zweck erfüllte.

   So begaben wir uns erneut ins Wohnzimmer, um uns endlich zum Essen niederzusetzen. Gesittet, mit Messer und Gabel versehen, begannen wir. Als ich den ersten Bissen im Mund hatte, sah meine Freundin mich fragend an. Die Frage war deutlich in ihren Augen zu sehen. Würde es mir wohl schmecken? Ich gab keine große Antwort, denn der Hunger war inzwischen zu einem unsichtbaren Ungeheuer angewachsen. In diesem Moment hätte ich selbst ein rohes Stück Fleisch verzehrt. Ohne große Worte verschlang ich das Essen mehr als es zu genießen.

   Im Nu war der Teller leer, und ich begab mich ohne große Worte erneut in die Küche, um mir einen Nachschlag zu holen. In meinem Wahn auf der Suche nach etwas Essbarem kannte ich keine Gnade und schon gar keine Freunde. Ich lud den Teller so voll, das es ein Wunder war, mit dem überladenen Untersatz das Wohnzimmer erneut zu erreichen, ohne dass etwas herunterfiel.

   Erst nachdem ich auch diese Portion in mich hineingeschaufelt hatte, fiel mir ihr strafender Blick auf. „Hat es dir wenigstens geschmeckt?“, fragte meine Freundin mit der Schärfe eines Schlachtermessers in der Stimme. Oh ja, es hatte mir gemundet. Zumindest war mein Hunger gestillt, und das war mir an diesem denkwürdigen Tage das Wichtigste. Hätte man mir damals prophezeit, dass dieses Essen der Beginn einer Karriere als Hausmann und damit zu einer völlig anderen Lebenseinstellung würde, ich hätte es nicht geglaubt. Doch der Reihe nach.

   Ich sah jetzt ihren traurigen Blick. Erst jetzt begriff ich, dass auch sie noch gerne etwas von dem köstlichen Essen gehabt hätte. Ich versuchte, sie zu trösten, indem ich meine Arme als Lob um sie legte.

   „Das Essen war phantastisch“, schwärmte ich ihr vor. War das eine Lüge? Nein, es war wirklich gut gewesen, zumindest für diesen Tag, denn noch war ich nicht von meiner Sucht nach Schnitzel und Pommes erlöst. Um mich bei ihr für ihre Bemühungen zu bedanken, gab ich ihr einen langen Kuss, was sie ein wenig besänftigte.

   Erst jetzt, nachdem ich gesättigt war, gab ich mich dem Genuss des Weines hin. Ich war besänftigt und etwas träge geworden. Wie heißt es doch so schön: „Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun.“ Mir war eher nach Ruhen, denn mit gefülltem Magen war jede Art körperlicher Betätigung eine Strafe. So gaben wir uns dem Weine und der Pflege unserer Beziehung hin.

   Tage später … Abermals saß ich bei meiner Freundin, die mir allem Anschein nach meine Manieren und die Erfahrung nach der Möhrenpfanne verziehen hatte. Erneut hatte sie mich zum Essen eingeladen. War es der Versuch, mich umzuerziehen, oder wollte sie sich vergewissern, dass es mit meiner Esskultur nicht weit her war? Ich weiß es nicht.

   Jedenfalls ging es dieses Mal gesitteter zu. Sie wusste nicht, dass ich zuvor bereits ausgiebig gegessen hatte und so mein Magen milde gestimmt war. Nur diesem Umstand war es zu verdanken, dass ich das Essen mit sehr viel Muße genießen konnte. Ich weiß nicht mehr, was es gewesen war. Ich weiß nur, dass meine Freundin kein Schnitzel zubereitet hatte. In ihren Augen stand die Hoffnung auf Besserung zu lesen.

   Dieser Tag wäre nicht erwähnenswert, wenn sie mir nicht den entscheidenden Vorschlag gemacht hätte. „Wenn du so gerne isst, warum kochst du dann nicht?“ Ja warum eigentlich nicht? Ich überlegte. Bisher hatte ich mich stets an den gedeckten Tisch gesetzt, egal ob es bei mir daheim oder im Restaurant war. An die Arbeit in der Küche hatte ich nie gedacht. Ich wusste nicht, wie viel Geschicklichkeit es erforderte, ein gutes Essen zuzubereiten. Ich wusste nichts von den Künsten des Würzens, kannte nichts von der wahren Kochkunst, sondern wusste nur, ob es mir schmeckt oder nicht.

   Wer am schnellsten isst, bekommt das meiste, war bei uns daheim die Devise. Bei sechs Geschwistern gab es keine Alternative, als sich bei den so begrenzten Mengen einen kleinen Vorteil zu verschaffen. So schlangen wir daheim das Essen hinunter. Esskultur ‒ Fehlanzeige! Jedoch gab es für meine Person einige Ausnahmen. Ich mochte weder Fisch noch Geflügel. Die Abneigung gegen diese beiden Nahrungsmittel ist übrigens bis zum heutigen Tage geblieben. Das ist das letzte Relikt aus meiner Vergangenheit.

   Allein bei dem Geruch eines Grillhähnchens dreht sich mir der Magen um. Bei dem Gedanken an eine gebratene Forelle bekomme ich Erstickungserscheinungen, so sehr verabscheue ich Fisch. Irgendwo tief in der Vergangenheit gab es jene Ereignisse, die sich dauerhaft in mein Gedächtnis und damit in meine Essgewohnheiten eingebrannt haben. Auch bei Innereien wie Leber, die angeblich so gesund sein soll, verweigere ich mich. Von anderen mir ekelhaft erscheinenden Speisen ganz zu schweigen. Ich liebe weder fettiges Fleisch, so wie auf unserem Bauernhof oft angeboten, noch Übergartes oder Angebranntes.

   Mein Horizont in Bezug auf verschiedene Speisen war damals noch recht begrenzt, und so kam meiner Freundin die verantwortungsvolle Aufgabe zu, mich ganz behutsam und vorsichtig an neue Varianten und damit eine enorme Bandbreite verschiedener Gerichte zu gewöhnen, ebenso wie an das Kochen selbst. Heute bin ich es, der versucht, immer neue Gerichte zu kochen und meiner Familie anzubieten.

   Von damals bis heute war es ein weiter Weg, der von Erfolgen und Reinfällen jeder Art gekennzeichnet ist. Damals war jene Frau nur meine Freundin. Heute, nachdem wir mehr als zwanzig Jahre zusammen sind, bereue ich ihren Vorschlag von jenem Tage nicht. Sie hat damals eine in mir ungeahnte Fähigkeit wachgerufen, der ich gerne und immer wieder fröne. All das aber ahnte ich zu jenem Zeitpunkt nicht.

   Abermals verging geraume Zeit, und es schien, als ob ich ihre Idee vom Kochen vergessen hätte.

   An einem Tage, ich habe das Datum und den Wochentag bedauerlicherweise vergessen, wollte ich ihr eine Freude machen. Es war der Beginn, da ich mich in die Küche begab, um mich eines der zahlreichen vorhandenen Kochbücher zu bemächtigen. Es war reine Neugier gewesen. Weder die Zutaten noch die Zubereitung waren mir geläufig. Ich sah nur die appetitanregenden Bilder und hatte mir vorgestellt, dass ich es genau wie abgebildet hinbekommen würde. Das Gericht, welches ich auswählte, ist mir bis zum heutigen Tage in bester Erinnerung geblieben. Es handelte sich um Kaiseromeletts, einem Dessert auf Brandteigbasis. Mit genau diesem Versuch begann meine Zukunft als Koch und zugleich das Chaos in der Küche.

   Bis zu diesem Datum war ich von der Annahme ausgegangen, dass Kochen ein Kinderspiel sei. Dass ich mir zufälligerweise ein Gericht von hohem kochtechnischen Geschick herausgesucht hatte sollte ich erst später feststellen. Ich vertraute auf mein organisatorisches Können ebenso wie auf meine handwerkliche Begabung, obwohl ich nie ein Handwerker war, sondern im kaufmännischen und EDV-Sektor tätig. Hierin hatte ich meine Ausbildung gemacht und mich stets weitergebildet. Hier sah ich die Erfüllung meines Lebens, nicht ahnend, dass es mich, wann immer es möglich war, an den Herd zog. Ich wusste nicht, dass an diesem Tage die Weichen für ein neues Hobby und späteren Lebensinhalt gestellt wurden.