Alicja Kurzius

INSULINRESISTENZ

natürlich behandeln

Alicja Kurzius

INSULINRESISTENZ

natürlich behandeln

Mit über 60 gesunden, zuckerfreien Rezepten

Inhalt

Geleitwort

Vorwort

Einführung

Teil 1: Insulinresistenz – die Grundlagen

Insulin, Insulinresistenz und Hyperinsulinämie: Begriffserläuterung

Ursachen und Symptome der Insulinresistenz

Insulinresistenz verständlich erklärt

Diagnose der Insulinresistenz

Mit Insulinresistenz verbundene Erkrankungen

Teil 2: Behandlung der Insulinresistenz

Allgemeine Überlegungen

Ernährung

Die zentrale Rolle der Ernährung

Kalorienbilanz bei der IR-konformen Ernährung selbst berechnen

Zuckerfreie Ernährung bei Kindern

Körperliche Aktivität

Warum Sport dir helfen kann, gesund zu werden, und wie du es bleiben kannst

Workouts

Stressbewältigung

Stress und Stressbewältigung

Medikation und Nahrungsergänzung

Die Zusammenhänge von Magnesium und Insulinresistenz

Teil 3: Insulinresistenz, PCO-Syndrom, Kinderwunschbehandlung und Schwangerschaft

Insulinresistenz und Fruchtbarkeit: die wichtigsten Fragen

Insulinresistenz und PCO-Syndrom

Kinderwunschbehandlung bei Insulinresistenz

Metformin in der Schwangerschaft und beim Stillen

Teil 4: Dein (neues) Leben nach der Diagnose

Ein neues Leben beginnen – ein Prozess

Ernährungsplan für sieben Tage mit Rezepten

Deine Einkaufsliste

Zusätzliche Rezepte für deine Gesundheit

Teil 5: Erfahrungsberichte zum IR-konformen Konzept, Selbstcheck und Fazit

Erfahrungsberichte

Selbstcheck

Abschließende Bemerkungen

Anhang

Danksagung

Bibliografie

»Wer keine Zeit für seine Gesundheit hat, wird später viel Zeit für seine Krankheiten brauchen.«

Sebastian Kneipp

Geleitwort

Insulinresistenz war aller Wahrscheinlichkeit nach vor Zehntausenden von Jahren noch ein durchaus positives Selektionsmerkmal. Denn damals hatten Insulinresistenz und die damit einhergehenden Eigenheiten des Stoffwechsels sicher einen vorteilhaften Effekt, nämlich, der damals herrschenden Mangelernährung effektiv entgegenzuwirken, ja sogar die Fortpflanzung in besserer Form sicherzustellen.

Nach Wegfall der Mangelernährung schlägt die genetische Prädisposition zur Insulinresistenz jedoch heute ins Gegenteil um: Diese Veranlagung kann sich bei entsprechender Ernährung und mangelnder körperlicher Betätigung in absolut jeder Altersgruppe entfalten. Deshalb ist die Insulinresistenz zunehmend zu einem gesellschaftlich relevanten Gesundheitsproblem geworden.

Dieses für Laien formulierte Werk beleuchtet die Insulinresistenz mit der Vielfalt der mit ihr verbundenen Themen aus multidisziplinärer Sicht und klärt auf äußerst verständliche und nachvollziehbare Weise auf. Die Leserinnen und Leser bekommen einen Leitfaden an die Hand, der ihnen hilft, Prädisposition, Ursachen, ganzheitliche Ansätze der Diagnostik, Verhaltensweisen sowie therapeutische Ansätze nachzuvollziehen. Betroffene und Interessierte werden nachhaltig für das Thema Insulinresistenz sensibilisiert.

Dieses in jeder Hinsicht ausgesprochen gelungene Werk ist nicht nur informativ und ein empfehlenswerter Ratgeber – für Betroffene ist bereits die Lektüre Therapie!

Prof. Dr. Miguel Hinrichsen

Hamburg/Kassel/Bayreuth

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

für deinen Insulinresistenz-Genesungsweg sende ich dir von Herzen viel Kraft, Ausdauer, innere Ruhe und Motivation.

Ich wünsche dir, dass du deine Gesundheit und dein Leben in die eigenen Hände nimmst und es schaffst. Ich wünsche dir Gesundheit und positives Denken, denn alles fängt bereits in unseren Köpfen an.

Denke fest daran, dass alles gut wird – denn das wird es!

Lächle viel und habe immer im Hinterkopf, dass es besser ist, vorzubeugen, als dann die Folgen zu behandeln. Bleib aktiv – das Schlimmste ist, nichts zu tun und zu resignieren.

Finde Zeit für deine Gesundheit, dann hast du mehr Zeit für dein Leben und deine Liebsten und musst die Zeit nicht mit einer Krankheit teilen.

Nur du kannst in deinem Leben etwas bewegen. Fang jetzt damit an!

Mit allerliebsten Grüßen

Alicja Kurzius

Einführung

Von Insulinresistenz (IR) und Hyperinsulinämie sind in Deutschland vermutlich mehrere Millionen Menschen betroffen, viele von ihnen, ohne es zu wissen. Da Insulinresistenz an sich keine Krankheit ist, sondern als »Zustand vor einer Krankheit« bezeichnet wird, wird sie oft nicht ernst genommen und daher auch nicht behandelt. Dies hat äußerst negative Auswirkungen auf das Befinden und die Gesundheit von Patienten. Oft (sogar massiv) übergewichtig, am Tag übermüdet, energielos und nach dem Essen bereit für einen Mittagsschlaf – das sind noch die harmlosesten möglichen Symptome, die Menschen mit Insulinresistenz tagtäglich begleiten. Viele Betroffene klagen auch über Unruhe und Zittrigkeit bis hin zu Panik und Angstzuständen.

Lange wurde die Insulinresistenz nicht als bedeutendes Problem angesehen – eher ihre Folge, die Erkrankung an Diabetes Typ 2. Hat man noch recht gute Blutzuckerwerte, die nicht auf Diabetes Typ 2 hindeuten, wird man als gesund diagnostiziert; von Insulinresistenz oder einer möglichen Behandlung ist nicht die Rede. Bis heute berichten Patienten davon, dass Ärzte sie nicht ernst nehmen und Insulinresistenz und Hyperinsulinämie als Modeerscheinung betrachten. Vielen Hilfesuchenden wird gesagt, sie würden ja nichts gegen ihren Zustand tun und sich nicht ausreichend bemühen, etwas zu ändern – was nicht stimmt! Viele wissen einfach nicht, worauf es bei Insulinresistenz und Hyperinsulinämie ankommt. Trotz aller Bemühungen verschlechtern sich ihre Werte immer mehr, und sie nehmen trotz restriktiver Diät oftmals immer weiter zu.

Zum Glück ändert sich das, und immer mehr Spezialisten und Ärzte erkennen, dass eine Insulinresistenz nicht ohne Folgen bleibt und unbehandelt ein großes Risiko für Patienten darstellen kann. Folgen wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Fettleibigkeit können zu vielen anderen Problemen führen. So sind beispielsweise schwerwiegende hormonelle Probleme bei Mann und Frau (die oft massive Schwierigkeiten in der Familienplanung darstellen können) nicht zu unterschätzen und sollten dementsprechend ernst genommen werden.

Insulinresistenz und Hyperinsulinämie werden allmählich zur globalen Epidemie des 21. Jahrhunderts. Durch unseren Lebensstil sind immer mehr Kinder, Erwachsene und ältere Menschen betroffen. Die Folge sind weitere gesundheitliche und psychische Erkrankungen, die heute auch in Deutschland zunehmend diagnostiziert werden.

Die Problematik der Insulinresistenz besteht nicht darin, dass sie schwierig zu behandeln ist, sondern darin, dass sie oft nicht als ernstes Problem anerkannt wird. Genau das wollen wir ändern!

Dieses Buch ist Teil des Projekts »Insulinresistenz – der Weg zur Genesung«, das ich, Alicja Kurzius, im Jahr 2016 ins Leben gerufen habe.

Zusammen mit Ärzten, der Ernährungswissenschaftlerin Alina Moritz, Ernährungsberatern der polnischen Insulinresistenz-Stiftung, Biologen, Sportlern und weiteren IR-Spezialisten leisten wir Aufklärungsarbeit zu diesem Thema in Deutschland. Viele Patienten haben ihre Insulinresistenz-Symptome mit unserer Hilfe langfristig in den Griff bekommen und freuen sich über ihr neues, gesundes Leben.

In diesem Ratgeber erfährst du, was Insulinresistenz eigentlich ist, wie sie diagnostiziert wird und welche Behandlungsgrundsätze es gibt, um den Zustand der Insulinresistenz erfolgreich und vor allem langfristig zu beheben. Du lernst dabei auch, was bei der Ernährungsumstellung zu beachten ist, welche Sportarten empfohlen werden und ob eine Medikation immer notwendig ist.

Das in diesem Buch beschriebene Konzept zur IR-konformen Ernährung wurde von Betroffenen für Betroffene in Zusammenarbeit mit Ernährungsberatern und einer Biologin entwickelt. Es basiert auf wissenschaftlichen Studien, die nach bestem Wissen und Gewissen ausgewertet wurden, und auf persönlichen Erfahrungen. Es handelt sich um eine Empfehlung für Patienten mit Insulinresistenz und Hyperinsulinämie. Weitere gesundheitliche Umstände und individuelle Gegebenheiten wurden hier nicht berücksichtigt. Die Anwendung dieses Konzepts setzt eigenverantwortliches Handeln voraus und ersetzt nicht den Besuch bei einem Arzt oder Ernährungsberater. Wir können nur Hilfestellungen bieten, im Einzelfall müssen Details mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Wir übernehmen keine Verantwortung für Folgen, die aufgrund fehlender ärztlicher Betreuung auftreten.

In diesem Buch findest du neben meinen eigenen Texten auch Beiträge meiner Gastautorinnen und -autoren. Wer sie sind und was sie genau beruflich machen, kannst du am Buchende nachlesen. In manchen Kapiteln können sich deshalb die Inhalte wiederholen. Dies kann aber für die Vertiefung nützlich sein, und vielleicht wird so das ein oder andere auch verständlicher für dich.

Außerdem erhältst du an verschiedenen Stellen psychologische Motivationstipps von Nina-Rabea Wurzbach. Diese haben wir »Motivationskicks« genannt. Sie sollen dir helfen, mit deinem Zustand besser umzugehen, und dich auf dem Weg in ein neues, geändertes Leben motivieren.

MOTIVATIONSKICK

Emotionen lassen sich im ganzen Körper lokalisieren. Der Body-Scan sieht ein gedankliches Abscannen des Körpers vor. Scanne deinen Körper und spüre den Bereich auf, der sich am wohlsten fühlt. Nun stelle dir vor, dass diese Zellen, die sich wohlfühlen, die umliegenden Strukturen mit ihrem Wohlbefinden anstecken. Wie breitet sich das Wohlbefinden aus? Strömend, pulsierend oder in Wellen? Führe diese Imagination so lange durch, bis sich dein ganzer Körper wohlig und gut anfühlt. Besonders geeignet ist die Übung bei chronischen Schmerzen, weil der Fokus auf das Wohlbefinden umgelenkt wird.

TEIL 1: INSULINRESISTENZ – DIE GRUNDLAGEN

Insulin, Insulinresistenz und Hyperinsulinämie: Begriffserläuterung

Insulin ist ein Peptidhormon, welches in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Durch Bindung an den Insulinrezeptor verschiedener Zelltypen reguliert es unter anderem die Aufnahme von Glukose aus dem Blut. Obwohl Insulin viele verschiedene Effekte hat, wird der Begriff vorwiegend in Bezug auf die Glukoseaufnahme verwendet (Reaven, 2004).

Insulinresistenz (IR) beschreibt einen pathologischen Zustand, der sich durch eine verringerte Insulinempfindlichkeit (Resistenz) der Zellen (unter anderem Muskel-, Leber-, Fettzellen) bei »normalen« oder erhöhten Blutzuckerwerten im Serum manifestiert. Das bedeutet, dass die Zellen gestört auf das Insulin reagieren (Wang, 2014). Behandelt man die Insulinresistenz und die dabei oft diagnostizierte Hyperinsulinämie nicht, führt dies zu einer dauerhaften Überproduktion von Insulin und kann so bestimmte Erkrankungen und Störungen wie Diabetes Typ 2 zur Folge haben. Die Verringerung der Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin wird anfänglich durch Hyperinsulinämie kompensiert, weshalb bei einigen Patienten über mehrere Jahre keine Entwicklung von Diabetes Typ 2 auftritt.

Hyperinsulinämie bezeichnet den Zustand einer erhöhten Konzentration von Insulin im Blut. Pathologisch wird dies unter anderem dann, wenn die Insulinwerte nicht richtig abfallen können, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Hyperinsulinämie ist unter anderem verantwortlich für Übergewicht, Fettleber und Störungen bei der Funktion der Eierstöcke, da sie besonders bei Frauen mit Übergewicht zu einer erhöhten Produktion von Androgenen führt. Ebenso ist sie für gestörtes Cholesterin-Management und eine gestörte Regulierung des Blutdrucks verantwortlich. Hyperinsulinämie gehört oft zur Insulinresistenz, da sie vor allem nach einer Mahlzeit eine erhöhte Ausschüttung von Insulin hervorruft, also eine postprandiale Hyperinsulinämie.

Ursachen und Symptome der Insulinresistenz

Genetische Veranlagung und Umweltfaktoren

Eine genaue Ursache für die Insulinresistenz ist noch nicht bekannt. Wahrscheinlich entsteht sie durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Meist besteht eine genetische Veranlagung, welche zu den unterschiedlichsten »Fehlern« im Insulinstoffwechsel führen kann. Diese Fehler können Einfluss auf Mechanismen haben, die vor der Bindung des Insulins an den Rezeptor stattfinden (Prärezeptormechanismen), sie können den Rezeptor und das Insulin an sich verändern und so die Bindung und die Funktion einschränken (Rezeptormechanismen), oder sie stören Abläufe in der Zelle, die nach der Rezeptorbindung stattfinden (Postrezeptormechanismen) (Moller und Flier, 1991).

Neben diesen genetischen Faktoren können für die Entstehung der Insulinresistenz auch unterschiedliche Umweltfaktoren verantwortlich sein. Dazu gehören unter anderem:

Je höher das Lebensalter, desto größer wird das Risiko, an Insulinresistenz und Diabetes mellitus zu erkranken. Die Wirkung von abdominaler Fettleibigkeit (»Bauchfett«) ist noch nicht genau nachgewiesen, nach heutigem Forschungsstand könnte sie jedoch etwas mit einer chronischen Entzündung im Bauchfettgewebe zu tun haben.

Eine Insulinresistenz, die durch Umweltfaktoren entsteht, hat ihren Ursprung nicht selten schon in der Schwangerschaft und im frühen Kindesalter. Bereits während der Schwangerschaft werden das Kind und sein Metabolismus »programmiert«. Je gesünder die Mutter während der Schwangerschaft isst, desto besser ist der Start für das Kind, wenn es um das Risiko der Fettleibigkeit geht, die ja mit einer Insulinresistenz zusammenhängen kann. Heute weisen immer mehr Fachartikel darauf hin, dass die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und das Geburtsgewicht nicht bedeutungslos sind, wenn es um die Entstehung der Insulinresistenz, des Metabolischen Syndroms und der Hypoplasie geht. Hypoplasie meint die Unterentwicklung von Pankreasinseln, auch Langerhans-Inseln genannt, die unter anderem für die Kohlenhydratstoffwechselregulierung verantwortlich sind.

Die Umweltfaktoren sind also durchaus entscheidend. Die zahlreichen Studien dazu sind alarmierend und zeigen, dass die Zahl von Kindern mit Gewichtsproblemen von Jahr zu Jahr ansteigt. Auch erhöht sich die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die viel zu viel Zucker und zu wenig Gemüse zu sich nehmen und sich nicht ausreichen bewegen, in hohem Maße. Die Folge davon ist dann nicht selten eine Fettleibigkeit, die zu Insulinresistenz, immer häufiger auch zu Diabetes Typ 2 und anderen Erkrankungen führen kann, deren Folgen auch tödlich sein können.

Wir Erwachsenen tragen ganz eindeutig die Verantwortung für eventuelle spätere gesundheitliche Probleme unserer Kinder!

Komplexe Symptome

Wie wir sehen, sind die Ursachen einer Insulinresistenz vielfältig und komplex. Genauso vielfältig ist auch das Krankheitsbild. Symptome und Schweregrad sind bei den Patienten individuell unterschiedlich, weshalb eine Insulinresistenz oft nicht sofort erkannt wird.

Wenn es dann zu einer Insulinresistenz kommt, erkennen viele Betroffene dies nicht sofort. Insulinresistenz zeigt am Anfang nur selten ihre Anzeichen. Nach einer bestimmten Zeit – vor allem, wenn der Zustand schon vorgeschritten ist – kommt es dann aber zu den typischen Symptomen, die den Alltag erschweren. Diese sind nicht selten gekoppelt mit Symptomen, die durch Folgeerkrankungen zustande kommen.

Folgende Symptome können auf eine Insulinresistenz hindeuten:

Diese Symptome können auch bei Normalgewichtigen auftreten. Eine Insulinresistenz ist, entgegen der allgemeinen Annahme, nicht immer mit Übergewicht assoziiert (Deutsche Diabeteshilfe online, 2019).

Eine Insulinresistenz sollte also in jedem Fall behandelt werden, vor allem, um schwerwiegende Folgeerkrankungen zu verhindern und letztendlich die Lebenserwartung zu steigern. Eine nicht erkannte und nicht behandelte IR kann die Betroffenen in ihrem normalen Tagesablauf durch die auftretenden Symptome stark beeinträchtigen. Daher kann durch die Behandlung beziehungsweise die Umstellung des Lebensstils viel an Lebensqualität zurückgewonnen und gefördert werden.

Insulinresistenz verständlich erklärt

Gastbeitrag von Anika Dreier

Die meisten, die dieses Buch gekauft haben, werden das kennen: Man hat allerlei Symptome, die man nicht zuordnen kann, Gewichtsprobleme, Stimmungsschwankungen und anderes. Man rennt von Arzt zu Arzt, wird meistens nicht ernst genommen oder im besten Fall an Fachärzte verwiesen. Leider ist es nach meiner Erfahrung wirklich Glückssache, ob man einen Arzt findet, der sich mit dem Thema »Insulinresistenz« auskennt. Selbst wenn man dann die Diagnose bekommen hat, können einem die wenigsten Mediziner wirklich weiterhelfen. Insulinresistenz wird oft nicht als Erkrankung ernst genommen oder in Bezug zu gewissen Symptomen gestellt, sodass die Betroffenen oft jahrelang verzweifelt im Dunkeln tappen. So ging es auch mir. Als Biologin hatte ich allerdings schon immer den Drang, Dinge zu recherchieren und mich zu informieren, besonders wenn ich etwas nicht genau verstanden habe. Was war nochmal genau Insulin? Was bedeutet denn nun eigentlich Insulinresistenz, und was macht das mit mir? Ich hoffe, ich kann dem einen oder anderen mit dieser kleinen Zusammenfassung ein wenig dabei helfen, die Grundlagen und bestimmte Zusammenhänge besser zu verstehen.

Insulin ist ein Peptidhormon und wird von den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert. Diese Beta-Zellen kommen in rundlichen Ansammlungen vor und werden aufgrund ihres Aussehens und nach ihrem Entdecker Paul Langerhans auch »Langerhans-Inseln« genannt (Sachs, 2005). Schon 1889 fanden deutsche Wissenschaftler heraus, dass eine Substanz aus der Bauchspeicheldrüse für die Regulation des Stoffwechsels verantwortlich ist. 1909 wurde diese Substanz von einem belgischen Wissenschaftler namens Jean de Meyer auf den Namen »Insulin« getauft (Wilcox 2005). 1921 zeigten die Forscher Banting und McLeod in ersten Versuchen, dass Insulin an der Regulation des Blutzuckerspiegels beteiligt ist, wofür sie 1923 sogar den Nobelpreis bekamen (Bliss, 1993).

Steigt der Blutzuckerspiegel, zum Beispiel durch unsere Nahrung, dringen Glukosemoleküle in die Beta-Zellen ein und werden dort abgebaut. Dies hat verschiedene biochemische Prozesse zur Folge, die am Ende dazu führen, dass Insulin, welches sich in kleinen Vesikeln in den Beta-Zellen befindet, ausgeschüttet wird. Als Hormon wirkt das Insulin nach dem »Schlüssel-Schloss-Prinzip« und braucht ein passendes Partnermolekül, an das es binden kann, um seine Funktion zu erfüllen. Diesen Partner stellen die Insulinrezeptoren dar. Sie kommen auf fast allen Zellen in unterschiedlicher Zahl und Ausführung vor und bilden die »Andockstelle« für das Insulin.

Hat ein Insulinmolekül seinen Rezeptor auf einer Zelle gefunden, bindet es sich daran und startet dadurch die unterschiedlichsten Prozesse im Zellinneren. Diese Zellstoffwechselvorgänge hängen unter anderem vom Zelltyp und von vielen zusätzlichen Faktoren ab und lassen sich hier nicht alle im Detail erklären. Grob gesagt kann man sich das Ganze wie eine riesige, verzweigte Dominokette vorstellen. Das Insulin gibt den Startschuss und setzt bestimmte Bereiche dieser Dominokette in Gang. Andere Bereiche benötigen zusätzlich zum Insulin noch andere Faktoren und Voraussetzungen.

Eine Reaktion der Zelle auf das Insulin ist beispielsweise die Glukoseaufnahme aus dem Blut. Über Transportproteine in der Zellwand wird die Glukose in die Zelle »geschleust« und dort verstoffwechselt. Dies senkt den Blutzuckerspiegel, und je nach Zellart entstehen dabei unterschiedliche Komponenten für weitere Stoffwechselvorgänge. Muskelzellen beispielsweise bilden beim Abbau von Glukose wichtige Bausteine für den Zellaufbau. Fettzellen nehmen ebenfalls Glukose aus dem Blut auf. Sie reagieren aber auf das Insulin zusätzlich mit dem Anlegen und dem Aufbau von Depotfett.

Um zu verstehen, was bei der Insulinresistenz passiert, stellen wir uns die Insulinrezeptoren auf den Zellen wie kleine Glocken vor, die im Normalfall anfangen zu klingeln, sobald das Insulin an den jeweiligen Rezeptor bindet. Das Klingeln ist das Signal für die Zelle, Glukose aufzunehmen und ihre alltäglichen Stoffwechselvorgänge in Gang zu setzen. Bei der Insulinresistenz funktioniert dieses Signal nicht mehr vernünftig. Der Blutzuckerspiegel bleibt erhöht, die Beta-Zellen produzieren also immer weiter Insulin, denn sie hören erst damit auf, sobald sich der Blutzuckerspiegel wieder normalisiert. Immer mehr Insulin sammelt sich im Blut an. Diesen Zustand nennt man dann Hyperinsulinämie (»hyper« kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie »drüber« oder »oberhalb«). Trotz des starken Insulinsignals, also trotz lauten »Glockenklingelns«, reagieren die Zellen nur in abgeschwächter Form oder mit großer Verzögerung.

Warum das so ist, ist noch nicht abschließend erforscht; der genaue Mechanismus ist bisher nicht bekannt. Allein in der oben beschriebenen und einfach klingenden Reaktionskette (Insulinausschüttung → Rezeptorbindung → Glukoseaufnahme) gibt es schon sehr viele potenzielle Fehlerquellen, die zu einer Insulinresistenz führen können. Alle Komponenten, die für die Insulinaktivität benötigt werden, werden durch verschiedene Gene reguliert. Hier können zum Beispiel Mutationen auftreten, die diese Regulation an den unterschiedlichsten Stellen stört. Sie können die »Baupläne« des Insulins und des Insulinrezeptors verändern, sodass diese beiden Komponenten nicht mehr richtig zueinander passen und so die Signalkette in der Zelle beeinflussen. Allein für den Rezeptor wurden bisher 21 verschiedene Mutationen entdeckt, die Auswirkungen auf seine Struktur und seine Funktionalität haben (Moller & Flier, 1991). Die Liste der möglichen Gendefekte ist also lang. Zusätzlich zum Rezeptor können sie beispielsweise die Glukosetransportproteine beeinträchtigen (Bell et al., 1990) oder Defekte in Enzymen auslösen, die an den Signalketten in der Zelle beteiligt sind.

Eine große Rolle bei der Entstehung der Insulinresistenz scheint außerdem die Tatsache zu spielen, dass die Zellen bei einem erhöhten Insulinspiegel die Anzahl ihrer Insulinrezeptoren verringern (Bar et al., 1979; Gavon et al., 1974). Das »Glockenklingeln« wird dadurch entsprechend leiser, die Reaktion der Zelle wird abgeschwächt.

Dass man den genauen Mechanismus der Insulinresistenz noch nicht kennt, obwohl sich die Forschung schon lange mit diesem Thema beschäftigt, spricht für die hohe Komplexität des Netzwerks, das die einzelnen Vorgänge im Körper und in Zellen miteinander verbindet. Daher gibt es nicht »den einen« Grund, der zu einer Insulinresistenz führt. Wahrscheinlicher ist es das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, die jeweils zu unterschiedlichen Fehlfunktionen führen.

Allein die Anzahl der Insulinrezeptoren und der Transportproteine auf und in den Zellen wird eben nicht nur durch Insulin beeinflusst, sondern ist außerdem abhängig von anderen Hormonen, der Ernährungsweise und der täglichen Bewegung (Bar et al., 1979; Gavon et al., 1974). Alles ist miteinander verbunden und bedingt sich teilweise gegenseitig. Verschiedene physiologische Zustände des Körpers können eine Insulinresistenz auslösen, da die unterschiedlichsten chemischen Stoffe und Hormone ausgeschüttet werden.

Ein Beispiel für einen »Ausnahmezustand« des Körpers ist die Pubertät. Während dieser Phase finden im Körper die unterschiedlichsten metabolischen Veränderungen statt. Sexual- und Wachstumshormone wie Somatropin, Östrogen oder Testosteron werden vermehrt produziert, der Blutdruck und Muskel- sowie Fettmasse verändern sich. Jugendliche in der Pubertät zeigen immer eine verminderte Insulinsensitivität und entwickeln eine relative Insulinresistenz. Sind sie ansonsten gesund, ist dieser Zustand reversibel und normalisiert sich im Laufe der Zeit, sodass mit Austritt aus der Pubertät keine Insulinresistenz mehr vorhanden ist. Allerdings ist die Pubertät eine kritische Phase, in der das Risiko erhöht ist, dass metabolisch gesunde Jugendliche ein ungesundes Übergewicht entwickeln. Ist dies der Fall, bleibt die Insulinresistenz bestehen und erhöht die Risiken für kardiometabolische Folgeerkrankungen.

Ein ähnlicher Zustand ist die Schwangerschaft. Durch Hormone wie Cortisol, Laktogen und Progesteron tritt während dieser Zeit ebenfalls immer eine Insulinresistenz auf, auch wenn die Schwangerschaft ansonsten normal verläuft (Kelsey & Zeitler, 2016; Seely & Solomon, 2003).

Langzeitstress und Schlafmangel können eine Insulinresistenz auslösen. Hierbei werden Hormone wie zum Beispiel Cortisol ausgeschüttet, die die Zahl der Glukosetransportproteine verringern. Zusätzlich haben diese Hormone eine indirekte Wirkung, denn sie fördern die Umwandlung von Proteinen in Glukose und dessen Speicherform Glykogen, was zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels führt. Dieser Effekt rührt daher, dass die ursprüngliche Aufgabe dieser Hormone die Mobilisierung von Energie in einer Gefahrensituation war (»Fight-or-Flight«-Situation) (Moller & Flier, 1991; van den Berghe, 2004; Marette, 2002).

Eine verkürzte Schlafdauer führt zusätzlich zu einer erhöhten Produktion des Hormons Ghrelin, welches das Hungergefühl steigert, und einer verringerten Konzentration an Leptin, welches appetitzügelnd wirkt (Spiegel et al., 2004).

Lange Hungerphasen oder Fasten können die blutzuckersenkende Wirkung des Insulins beeinträchtigen, da während dieser Phase ebenfalls die Anzahl der Glukosetransportproteine zurückgeht und ihre Aktivität verringert wird (Kahn & Flier, 1990).

In seltenen Fällen kann eine Autoimmunstörung zu einer Insulinresistenz führen. Die B-Zellen des Immunsystems bilden das sogenannte Immunglobulin G (IgG). Dieser Stoff hat normalerweise die Aufgabe, Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu markieren, damit diese durch das Abwehrsystem bekämpft werden können. Es kann jedoch passieren, dass sich dieses IgG spontan an den Insulinrezeptor bindet und diesen blockiert. Zusätzlich führt dies dazu, dass die Rezeptoren abgebaut werden, sie werden sozusagen vom IgG »aufgebraucht« und sind für das Insulin nicht mehr nutzbar (Flier et al., 1979).

Ein Faktor, den wahrscheinlich die meisten von uns kennen, ist Übergewicht. Ein erhöhter Anteil an Fettgewebe, besonders im Bauchbereich, wurde schon 1956 mit Diabetes in Verbindung gebracht. Die Wahrscheinlichkeit, eine Insulinresistenz zu entwickeln, erhöht sich, je höher der Body-Mass-Index, der Bauchumfang und die Waist-to-hip-Ratio sind (Aronne & Segal, 2002). Gefährlich ist auch das sogenannte Viszeralfett, welches sich im Bauchraum um die Organe herum und in der Leber ablagert und auch bei nicht übergewichtigen Menschen vorkommt. Diese Art von Fettgewebe unterscheidet sich vom »normalen« Unterhautfettgewebe, da es metabolisch aktiver ist und Zytokine und Hormone produziert, die eine Insulinresistenz auslösen und begünstigen können (Giorgino et al., 2005; Krauss & Siri, 2004).

Als Betroffener gerät man leider oft in eine Art Teufelskreis. Vielleicht hat man eine Vorbelastung, die man vererbt bekommen hat. Durch einen ungesunden Lebensstil begünstigt man zusätzlich die Entstehung der Insulinresistenz. Hat sich diese dann erst einmal entwickelt, bekommt man zum Beispiel Gewichtsprobleme. Durch das erhöhte Insulin wird mehr Fettgewebe aufgebaut. Diese Reaktion der Fettzellen ist aus evolutionärer Sicht sogar sehr sinnvoll. So geht beispielsweise die überschüssige Energie aus einer großen Mahlzeit (die es ja zum Beispiel bei unseren Vorfahren in der Steinzeit nicht so oft gab) nicht verloren, sondern wird in Form von Fett gespeichert und dann bei Bedarf aus den angelegten Polstern wieder geholt. Wir leben allerdings heutzutage mit einem Überangebot an Zucker und schnell verwertbaren Kohlenhydraten, sodass wir diesen Mechanismus eigentlich nicht mehr brauchen. Unser Körper legt aber immer weiter Speicher an, und wir vernachlässigen oft den zweiten Teil, nämlich diese Speicher wieder zu benutzen.

Wie man sieht, führen viele Wege zur Insulinresistenz. Die vielen Stellschrauben und Wechselwirkungen machen das Netzwerk an Stoffwechselvorgängen zwar einerseits kompliziert und schwer verständlich, andererseits bieten sie aber auch viele Punkte, an denen man ansetzen kann, um die Insulinresistenz in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel ist die Anzahl der Insulinrezeptoren eben nicht nur bedingt durch den Insulinspiegel, sie wird ebenfalls beeinflusst durch die Ernährungsweise und das Ausmaß der körperlichen Aktivität (Bar et al., 1979; Gavon et al., 1974). Tägliche Bewegung und Sport verbessern so die Insulinsensitivität, da sich damit die Anzahl an Rezeptoren erhöht und die Zellen wieder effizienter auf das Insulin reagieren können. Schon kurzzeitig mehr Bewegung erhöht außerdem die Aktivität der Glukosetransportproteine. Baut man dauerhaft mehr Sport und Aktivität in seinen Alltag ein, führt dies sogar dazu, dass die Zelle mehr dieser Transportproteine bildet. Beides trägt zur Stabilisierung des Blutzucker- und Insulinspiegels bei und verringert die negativen Folgen (Dohm, 2002).

Diagnose der Insulinresistenz

Am häufigsten wird die Insulinresistenz von einem Endokrinologen, Diabetologen sowie bei Frauen durch einen Gynäkologen oder Reproduktionsmediziner im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung diagnostiziert. Aber auch Hausärzte und andere Spezialisten können sie diagnostizieren beziehungsweise einen Verdacht auf Insulinresistenz äußern.

Um die exakte Diagnose einer IR zu erstellen, sind einige Laboruntersuchungen notwendig. Hierbei wird Blut aus der Vene abgenommen und der Insulinspiegel untersucht, nicht selten zusammen mit anderen Werten wie dem Blutzuckerspiegel.

Im Folgenden geben wir zunächst eine Übersicht über verschiedene Methoden, mit denen das Ausmaß der Insulinresistenz gemessen werden kann (Häring et al., 2001). Dabei ist zwischen direkten und indirekten Methoden der Diagnose zu unterscheiden. Direkte Messmethoden sind solche, bei denen der Glukose- oder Insulinwert in Echtzeit gemessen wird, beispielsweise nachdem Insulin venös gespritzt wurde, wie dies beim Insulinsuppressionstest oder beim Clamp-Test der Fall ist. So werden die Werte regelmäßig überprüft, und der Zustand der Patienten wird währenddessen überwacht. Die indirekten Methoden sind mathematisch/rechnerische Messmodelle, bei denen die Werte auch zu einem späteren Zeitpunkt berechnet werden können.

Die einzelnen Methoden werden in den folgenden Kapiteln genauer vorgestellt:

Direkte Methoden

Indirekte Methoden

Der HOMA-Index wird in Deutschland sehr oft, wenn nicht am häufigsten, angewendet, um IR zu diagnostizieren. Er kann schnell und unkompliziert durchgeführt werden. Wenn jedoch ausschließlich HOMA-Parameter bestimmt werden und das Ergebnis beispielsweise unter 2 liegt – womit laut den meisten Labornormen/Ärzten keine Insulinresistenz vorhanden ist, weil »unwahrscheinlich« –, der Patient aber gesundheitliche Probleme hat, die Symptome auf IR oder Hyperinsulinämie hindeuten, sollten weitere Untersuchungen vorgenommen werden, beispielsweise der orale Glukosetoleranztest (oGTT) mit gleichzeitiger Insulinbestimmung. Eine postprandiale Hyperinsulinämie kann auch nämlich auftreten, wenn der HOMA-Index unter 2 liegt, was in Deutschland sehr oft durch Unwissen den Ausschluss von Insulinresistenz und damit von Hyperinsulinämie zur Folge hat. Betroffene haben dann oft sehr stark erhöhte Insulinwerte nach Belastung (oGTT/Mahlzeiten), die ohne diesen Test nicht diagnostiziert werden können, und auch die HOMA-Normwerte verschieben sich. Viele Ärzte diagnostizieren mittlerweile IR auch bei HOMA-Werten von über 1,5, vor allem dann, wenn das Insulin nach Belastung nicht richtig abfallen kann.

Erweiterter oraler Glukosetoleranztest (oGTT)

Oft wird bei Verdacht auf Insulinresistenz ein erweiterter oraler Glukosetoleranztest (oGTT) durchgeführt, wobei – zusätzlich zum Blutzucker (einfacher oGTT) – das Insulin nach Belastung mitbestimmt wird (i. d. R. drei Proben). Mit dem einfachen oGTT wird auch auf Glukosetoleranzstörung und Diabetes Typ 2 untersucht. Der erweiterte Test gibt anhand der Insulinwerte zusätzlich Auskunft über eine mögliche Hyperinsulinämie nach Belastung. Eine Insulinresistenz kann auch ohne eine starke Hyperinsulinämie nach Belastung, also nach den Mahlzeiten, diagnostiziert werden und umgekehrt. Manche Patienten haben zum Beispiel dreistellige Insulinwerte nach Belastung (Hyperinsulinämie) bei einem guten HOMA-Wert.

Oft folgt ein oGTT, bei dem fünf Insulinwerte bestimmt werden, um den Insulinsensitivitätsindex (ISI) nach Matsuda zu ermitteln, der ebenfalls ein Maß für die genaue Diagnostik der IR ist.

Vorbereitung

Vor der Glukose- und Insulinuntersuchung sollte man eine eventuelle Metformineinnahme drei Tage vor dem Termin absetzen; manche Ärzte empfehlen bis zu sieben Tage. Der Arzt kann aber auch ausdrücklich eine weitere Einnahme ohne Pause verordnen, zum Beispiel dann, wenn kontrolliert werden soll, wie sich die Medikamente auf den aktuellen Zustand auswirken. Hier ist eine vorherige Nachfrage beim behandelnden Arzt sinnvoll, um die richtigen Ergebnisse zu erhalten. Vor der Untersuchung sollte auch das Essverhalten nicht geändert werden, vor allem dann, wenn es um die Aufnahme von Kohlenhydraten geht. Restriktive Diäten und Verzicht auf Kohlenhydrate werden das Ergebnis unter Umständen verfälschen. Etwa drei Tage vor dem Test sollte man keine alkohol- und koffeinhaltigen Getränke mehr zu sich nehmen sowie das Rauchen am besten ganz vermeiden.

Um den Belastungstest zu machen, wird eine Glukoselösung benötigt. Diese Lösung belastet natürlich auch die Bauchspeicheldrüse, die bei uns Betroffenen sowieso schon belastet ist. Aus diesem Grund sollte man den Test nicht zu oft machen, um das Ergebnis nicht zur verfälschen. Wie oft dieser Test gemacht werden soll, entscheidet allerdings der Arzt.

Vor dem oGTT sollte man acht bis zwölf Stunden nichts mehr essen und keine Medikamente nehmen (Ausnahmen vorher mit dem Arzt abklären), um exakte Ergebnisse zu erhalten. Bei Neigung zu Niedrig- oder Unterzucker muss dies mit dem Arzt besprochen und gegebenenfalls während des Tests überwacht werden. Bevor die Glukoselösung oral verabreicht wird, wird der Blutzucker einmal kontrolliert.

Um den Stoffwechsel also nicht übermäßig zu belasten, ist es wichtig, sich auf den oGTT gut vorzubereiten und die Hinweise des Arztes zur korrekten Durchführung genau zu befolgen.

Durchführung

Der Glukosesirup beziehungsweise die Glukoselösung sollte, wenn die Werte stimmen – wenn also keine Unterzuckerung oder stark erhöhter Blutzucker vorliegt – innerhalb von fünf Minuten nach Bestimmung des Nüchtern-Blutzuckers ausgetrunken werden.

Die gesamte Untersuchung dauert üblicherweise zwei bis drei Stunden, in Einzelfällen auch länger. Während des Tests sollte der Patient ruhig im Warteraum sitzen und den Anweisungen des Untersuchungspersonals und des Arztes folgen. Zu viel Bewegung kann auch hier die Ergebnisse verfälschen, man sollte also keinesfalls spazieren gehen.

Wird die Glukoselösung nicht vertragen oder kommt es sogar zum Erbrechen, muss der Test zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden. Auch ein bestehender Infekt oder die Einnahme von Antibiotika sind kontraindiziert, der Test sollte dann verschoben werden.

Normwerte für die Untersuchung

Blutwerte nüchtern (mg/dl):

Norm: 70–99 mg/dl

Glukoseintoleranz: 100–125 mg/dl

Diabetes: > 125 mg/dl

Blutwerte nach ein und zwei Stunden (mg/dl):

Norm: < 140 mg/dl

Prädiabetes: 140–200 mg/dl

Diabetes: > 200 mg/dl

Erweiterter oGTT mit Insulinbelastungstest

Mit diesem Test kann genauer untersucht werden, wie sich Glukose und Insulin nach der Belastung (also nach der Aufnahme von zuckeroder kohlenhydratreichem Essen) verhalten. So können zum Beispiel eine postprandiale Hyperinsulinämie, Hypoglykämie oder Hyperglykämie diagnostiziert werden. Diese Erscheinungen treten oft bei IR auf, und dieser Test ist für eine genaue Diagnostik sehr zu empfehlen. Gute Ernährungsberater brauchen diese Werte, um die richtige Ernährungsform zu finden und an den jeweiligen Patienten anzupassen (zum Beispiel für die Anzahl der empfohlenen Mahlzeiten pro Tag und deren Abstand).

Oft können auch bei recht guten Nüchternwerten schlechte Werte nach Belastung auftreten, woraufhin nicht selten entsprechende Medikamente verschrieben werden. Ein erweiterter oGTT ist daher hier von großer Bedeutung für die richtige Behandlung.

Normen für Insulinwerte nach Belastung

Problematisch ist es, wenn es um die Normen der Insulinwerte nach der Belastung geht. Diese sind nicht anwendbar auf alle Patienten. Oft muss der Arzt selbst entscheiden, ob und in welchem Maße die Werte erhöht sind und wo die Ursache dafür liegt.

Folgende Normen empfiehlt die Polnische Insulinresistenz-Stiftung (sie können jedoch je nach Land/Arzt/Labor variieren):

Typische Labornorm für Insulin in Deutschland:

Hier kann aber schon ein Insulinwert, der nüchtern höher als 10 mU/ml ist, auf eine Insulinresistenz hindeuten. Da der HOMA-Wert dann oft über 2 angezeigt wird, ist es wichtig, dass ein Nüchterninsulinwert unter 10 angestrebt wird.

Insulinnormen bei oGTT, abhängig vom individuellen BMI:

Homeostasis Model Assessment (HOMA-Index)

Oft wird das Ausmaß der Insulinresistenz mithilfe des Homeostasis Model Assessment (HOMA-Index) bestimmt, der die Nüchterninsulinwerte und Blutzuckerwerte misst.

Einordnung des HOMA-Index

Eine IR kann bereits bei Werten HOMA-IR > 0,91 (+/- 0,38) diagnostiziert werden. In manchen Quellen gelten für den HOMA-Index Referenzwerte von > 1,0, > 1,5 oder > 2, wie es in Deutschland üblich ist.

Bei Kindern ist dieser Wert variabel und kann höher als bei Erwachsenen sein, vor allem in der Zeit der Pubertät, in der sich die Sensibilität der Zelle auf Insulin verändert.

Der HOMA-Index zeigt vor der Pubertät in der Regel bei Mädchen Werte um 2,22 und bei Jungen um 2,67 an, während der Pubertät bei Mädchen 3,82 und bei Jungen sogar 5,22. Dieser Zustand ist bei Jugendlichen nicht pathologisch, die Werte senken sich mit der Zeit und pendeln sich im oben genannten Normbereich ein. Sollte es bei Kindern allerdings zu typischen Symptomen kommen, sollte man einen Spezialisten aufsuchen. Dieser kann dann diagnostizieren, ob es sich um einen pathologischen Zustand handelt.

Quantitativer Insulin-Sensitivitäts-Check-Index (QUICKI)

Bestehen trotz unauffälligen HOMAs entsprechende Symptome, so sollten weitere Anhaltspunkte geprüft werden, um abzuklären, ob eine Insulinresistenz vorliegen kann. Dies geschieht zum Beispiel anhand des Quantitativen Insulin-Sensitivitäts-Checks (QUICKI).

Formel

1/log Insulin nüchtern (µU/ml) + log Glukose nüchtern (mmol/l oder mg/dl)

Bei Werten < 0,34 spricht man von einer IR, und auch bei einem HOMA-Wert von kleiner als 2 kann man diese dann nicht völlig ausschließen. Einen HOMA- und QUICKI-Rechner findest du auf unserer Internetseite www.insulinresistenz.club/homa.

Interpretation von IR-spezifischen Blutwerten