Parasiten
Das Buch:
Bruno unser Kommissar in Berlin
Kommissar Bruno, Leiter der Mordkommission Berlin Mitte ermittelt mit seinem Kollegen Leitner im Bereich der Werksspionage.
Ein mutiertes Testat tötet zwei Menschen in Berlin und lässt den Kommissar rätzeln. Erst wird eine junge Frau Tod in ihrer Wohnung aufgefunden. Ein Journalist stirbt qualvoll.
KHK Bruno kommt nicht voran erst eine Bahnleiche bringt etwas Licht in den Fall.
Henning Haupts
1959 geboren, lebt im nordrhein-westfälischen Rheydt.
Die Idee, Geschichten zu erzählen und Bücher daraus entstehen zu lassen, kam quasi über Nacht.
Meine großen Sympathien gelten den Kurzgeschichten. Kurzweilige Geschichten für Unterwegs sind mir wichtig.
Auf meiner Seite findet ihr Verweise zu Kurzgeschichten und Bildern.
www.henning.haupts.org
Parasiten
2. Edition, 2020
1. Tag
„Guten Morgen Frau Winkels. Er ist in seinem Büro. Soll ich sie anmelden“.
Ohne weiter auf die Vorzimmerdame zu achten, ging Fee Winkels in das Büro ihres Lebensgefährten.
„Hallo Dieter, mein Schatz, ich bin eben auf dem Weg in die Stadt. Wollte mir für heute Abend noch etwas Neues zum Anziehen besorgen“.
Dieter lächelte seine Lebensgefährtin an. Dabei überreichte sie ihm einen Brief, den sie am Morgen von ihrem Notar bekommen hat.
„Wir haben am 15ten einen Termin, zwecks Wohnungsübertragung“, schob sie ohne Luft zu holen direkt hinterher. Beide waren sich einig, dass nach den Jahren des getrennten Lebens, der richtige Zeitpunkt gekommen sei, um in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen.
„Es ist eine sehr schöne Eigentumswohnung die wir ausgesucht haben“, warf Dieter direkt ein und Fee beschrieb einmal die wunderbare innerstädtische Lage, nahe dem Stadtpark.
„Ich bin gleich wieder weg“, warf sie ein.
„Wollte dir nur den Brief kurz vorbeibringen und weil es so praktisch ist auf dem Betriebshof parken. Bis zur Shopping Mall gehe ich zu Fuß. Einen Parkplatz finden man dort eh nicht“.
Nach einem kurzen Kuss stand Fee auf und verließ das Büro. Na, so ist sie halt, dachte Dieter. Erneut wandte er sich seiner Tischvorlage zu.
Kaum hatte sie die Bürotür geschlossen, stieß sie mit der Vorzimmerdame, Frau Symkowski, rücklings zusammen.
Ein Schrei und eine Vielzahl von Dokumenten schwirrten quer durch den Raum.
„Oh Entschuldigung Frau Symkowski, ich habe sie gar nicht gesehen. Das tut mir wirklich sehr leid“. Fee kniete sich direkt mit auf den Boden, um die Papiere wieder einzusammeln.
„Meine Güte, Frau Symkowski, hoffentlich bekommen sie hier überhaupt noch einmal Ordnung in den ganzen Papierkram. Dieter, ich meine Herr Divor wird bestimmt verärgert sein, wenn das nicht ordentlich sortiert ist. Sagen sie ihm es war meine Schuld“.
Fee suchte tröstende Worte, während sie weiter einsammelte. Frau Symkowski schien eher einen verstörten als entsetzten Eindruck zu bewirken. Es erschien ihr extrem peinlich zu sein und bagatellisierte die Sammelaktion.
„Ich schaffe das schon“. Kurze Zeit später war alles wieder eingesammelt.
Leise vor sich hin fluchend packte die Sekretärin die teils unsortierten Dokumente in ein Kuvert, um sie dann in ihre Handtasche zu stecken. Setzend griff sie das Telefon, wählte und als sich die Gegenseite sich einstellte, sagte sie ohne weitere Worte:
„Ich habe die Dokumente und die Probe, treffen wir uns um 15:00 Uhr bei mir“.
Nur ein leises "Gut. Lass dich nicht erwischen". Dann wurde das Gespräch beendet.
„In der Mittagspause ist hier immer die Hölle los“, Mutter Lorita meistert wie jeden Werktag den Küchenalltag.
Die Pizzeria Brusco liegt im Zentrum von München. Sie wird von den Mitarbeitern der anliegenden Firmen gerne zur Mittagspause besucht. Hochbetrieb wochentags immer von 11:30 Uhr bis 14:00 Uhr. Mutter Lorita schmeißt die Küche. Sie steht mit ihren 63 Jahren immer noch ihren Chef in der Pizzeria.
„Silvio, drei Capricciosa und eine Mista für Tisch 11“, hallte es über den Tresen.
Silvio stolpert quer durch die engen Sitzgruppen Richtung Essensausgabe, nahm die Bestellung auf und lieferte mit dem typischen Charme eines italienischen Pizzabäckers. Bei den Gästen ist nicht nur das Essen und der Wein beliebt, nein auch die offene südländische Art kommt gut an.
Noch wirft Silvio die Pizzeria mit seiner Frau Irina und seiner Mutter alleine. Irina ist für die Getränke zuständig, kassiert an der Theke. Mutter dirigiert die Küche und er betreut die Gäste. Es ist schon eine Aufgabe, die alle mit der Zeit überlastet. Mutter sagt immer, dass es Zeit wird, Angestellte einzustellen, um sie zu entlasten. Vor allem die Abendstunden werden ihr zu viel.
„Pizza Brusco, guten Tag“.
Irina nimmt den Hörer auf in Erwartung einer Telefonbestellung.
"Guten Tag. Kann ich bitte Herrn Brusco sprechen".
Irina ruft mit einem Schulterzucken Silvio ans Telefon.
"Brusco am Apparat".
"Guten Tag. Ich habe ihre Rufnummer von Papa Leon. Ich habe einen Reinigungstermin in Berlin für sie".
"Ich habe verstanden. Schicken sie mir auf dem bekannten Weg die Adresse für ein Treffen und bringen sie Bilder mit".
„Wer war das“, Irina schaut verdutz Silvio an.
„Ein Bekannter von Leon. Nichts Besonderes“. Irina ärgerte es immer wieder, wenn Silvio sich kurzhält. In drei Sätzen sagt er ihr klar, dass er für zwei Tage einen Auftrag für Papa Leon erledigen muss.
Als der Betrieb etwas nachgelassen hatte, kümmerte sich Silvio um eine Aushilfskraft für die kommenden zwei Tage.
Dann fuhr er zum Flughafen.
Nach 90 Minuten Flugzeit setzte sie Maschine hart auf dem Flughafen Schönefeld auf.
Er nahm einen Mietwagen und fuhr direkt zum Treffpunkt seines Auftraggebers. Die Bar Solut war ihm bekannt, denn es war nicht das erste Mal sich hier zu treffen. Sein Auftraggeber erschien pünktlich, setzte sich zu Silvio an den Tisch und bestellte einen schwarzen Tee.
„Der Tee ist wunderbar hier. Papa Leon trinkt hier gerne Tee“, sagte er.
Silvio bestätigte die Aussage mit dem Hinweis „aber lieber mit Milch“.
Nachdem kurzen Dialog schob der Auftraggeber ein Kuvert mit dem Hinweis rüber, "es sind eine Frau und ein Mann". Er übergab Silvio zwei Kanülen. "Erledige sie hiermit".
„Es muss heute Abend noch umgesetzt werden, klar“.
Beide standen auf, legten Geld auf den Tisch und verließen das Lokal.
Seit einer Stunde sitzt Silvio in seinem Leihwagen. Fee war nicht zu Hause. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Das Licht der Laternen legt sich wie Kegel zwischen die vor ihm stehenden Autos. Seinen Zigarettenqualm lässt er nachdenklich durch den Mundwinkel aus dem Autofenster ziehen. Vor zwei Stunden hat er seinen Auftrag erhalten eine Fee Winkels und einen Paul Reinhardt auszuschalten. Neben ihm auf dem Sitz liegen die Unterlagen, Bilder von Fee und Paul sowie griffbereit die Injektionskanülen.
Immer wieder fahren Autos vor, bremsen ab und verschwinden wieder in die Nacht. Es war gegen 22:00 Uhr. Ein schwarzer VW Golf stoppt. Eine Frau steigt aus, beugt sich noch einmal in den Wagen. Lachend stolpert die Frau in Richtung Hauseingang. Die Beschreibung passt auf Fee. Silvio steigt aus, folgt ihr unbemerkt. In Höhe des Hauseingangs erreicht er Fee, nimmt die Spritze zur Hand, packt Fee und injiziert den Inhalt blitzschnell in den Nacken. Ein Aufschrei, Fee versucht, sich loszureißen. Dreht sich um und sieht eine dunkle Gestalt sich entfernen. „Au“, wiederholt Fee mehrfach. Dabei rieb sie ihren Nacken. Leise fluchend ging sie in die Knie. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte. Benommen ging sie in ihre Wohnung. Sie konnte die Situation nicht erfassen. Was war da geschehen. Eine Aktion, die unvorstellbar für sie war.
Paul war gerade in seiner Wohnung angekommen, als es an der Haustüre klingelte. Er öffnete die Türe, da schmiss sich eine dunkle Gestalt auf ihn. Kaum einer Reaktion fähig wurde er auf den Bauch gedreht und spürte einen Stich im Nacken. Blitzschnell sprang der Angreifer auf und verschwand durch das Treppenhaus in die Dunkelheit.
Den Nacken reibend stand Paul auf. „Was war denn das“, fragte er sich. Der Schmerz ließ sich nicht genau zuordnen, langsam beruhigte sich die Einstichstelle. Nachdem der erste Schreck verdaut war, begab er sich ins Badezimmer, um im Spiegel seinen Nacken zu begutachten. Nichts weiter zu sehen. Müde vom Tag legte er sich ins Bett und lag lange grübelnd wach. Wer soll solch eine Aktion verstehen. Morgen gehe ich zur Polizei.
Kopfschmerzen quälten ihn. Übelkeit, Erbrechen. Eine Vielzahl von kleinen Würmchen auf seinem Kopfkissen lassen ihn hochschrecken. Er sprang auf, stolperte Richtung Toilette, wo er sich mehrfach übergab.
Blutiger Auswurf mischte sich zwischen Essensreste und Magensäure. Knieend vor dem Klo hockte er, bis der Brechdrang überwunden war.