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Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House


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1. Auflage 2014

© 2014 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House, 

Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

»Der kleine Drache Kokosnuss« ist eine Figur von Ingo Siegner.

Produzent des dem Werk zugrunde liegenden Kinofilms

»Der kleine Drache Kokosnuss – Feuerfeste Freunde«

ist Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH

© 2014 Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH / cbj Verlag

Text: Karen Christine Angermayer auf Basis des Drehbuchs

von Mark Slater und Gabriele M. Walter

Bilder und Artwork: Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen

SaS · Herstellung: UK

Satz und Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a. Ammersee

ISBN 978-3-641-15101-0
V002

www.drache-kokosnuss.com

www.cbj-verlag.de

Inhalt

Flugprüfung auf dem Drachenfelsen

Ein echter Wächter

So ein Mist!

Flucht durch den Wald

Frühstück bei den Fressdrachen

Wie aus einer Kochmütze ein Ballon wird

Bruchlandung im Grünland

Auf Einheimische soll man hören

Wie vom Erdboden verschluckt

Ausgespuckt!

In Balduins Berg

Rettung in letzter Sekunde

Ein Hoch auf die Helden

Flugprüfung auf dem Drachenfelsen

Es ist ein schöner, sonniger Tag. Opa Jörgen hat Feuergras geerntet. Ganz vorsichtig hat er jeden einzelnen Halm mit einer Sichel abgeschnitten. Jetzt bindet er es sorgfältig zu einem Bündel und legt es auf einen kleinen Karren, den er hinüber zur alten Scheune zieht. »So, das war’s dann für heute. Für jeden Feuerdrachen einen Grashalm. Jetzt können wir wieder ein Jahr lang Feuer spucken. Nicht gerade viel, aber es müsste für alle reichen.«

In der Scheune legt er das Feuergras auf eine Holzpalette. In dem Moment kommt Magnus herein.

»Papa, wo bleibst du denn so lange?«, fragt er den alten Drachen.

»Glaubst du etwa, das Feuergras erntet sich von allein?«, antwortet Opa Jörgen und streicht mit einer Hand über das Grasbündel.

»Kannst du das nicht später machen? Die Flugprüfung von Kokosnuss fängt in zehn Minuten an!«, erinnert ihn Magnus.

»Ich hab’s gleich …«, entgegnet Opa Jörgen und ordnet vorsichtig noch ein paar Halme.

Magnus tritt ungeduldig auf der Stelle. »Papa, Kokosnuss wartet auf uns! Er braucht uns zum Anfeuern, und wir haben ihm versprochen, dabei zu sein!«

Opa Jörgen richtet sich langsam auf und schaut seinen Sohn an. »Du weißt doch, dass wir Feuerdrachen das Feuergras brauchen, um Feuer spucken zu können! Dein Großvater, dein Urgroßvater und viele Drachengenerationen davor haben das Gras wie ihre Augäpfel gehütet. Immer wieder haben fremde Drachen versucht, es in ihren Besitz zu bekommen!«

»Ja, ich weiß, ich weiß«, unterbricht ihn Magnus und seufzt ungeduldig.

Opa Jörgen spricht ungerührt weiter. »Oh, ich erinnere mich noch ganz genau an damals: Ihr habt alle geschlafen, und ich stand ganz allein vor einer Horde gefräßiger Fressdrachen. Hab ich dir schon erzählt, wie ich …«

»Hast du, Papa, hast du! Wir müssen jetzt nur wirklich los!« Magnus dreht sich um und stapft aus der Scheune.

Opa Jörgen sieht ihm nach und seufzt. »Also diese jungen Leute heute … haben einfach keinen Sinn mehr für Tradition.«

»Jippiieeehhh!«, rufen der kleine Drache Kokosnuss, das Stachelschwein Matilda und Oskar, der Fressdrache, wie aus einem Mund. Ein warmer Tag wie dieser, an dem kein Wölkchen am Himmel steht, ist wie gemacht für einen Ausflug mit dem Helikopter! Rasant brausen die drei durch die Lüfte und nehmen direkten Kurs auf den schneebedeckten Berg, wo Balduin das Höhlenungeheuer wohnt.

»Scharf nach rechts!«, ruft Kokosnuss, als er bemerkt, dass er und die Freunde geradewegs auf die Bergwand zufliegen. Matilda gehorcht sofort und dreht das Lenkrad bis zum Anschlag nach rechts. Haarscharf brummt der Helikopter an Balduins Höhle vorbei. Puh, das war knapp! Nur wenige Zentimeter und sie wären an der Felswand zerschellt!

Noch eine steile Kurve, und da kommt endlich der Drachenfelsen in Sicht, wo sich schon viele junge Feuerdrachen zur Flugprüfung um Proselinde, ihre Lehrerin, versammelt haben. Sogar eine Zuschauertribüne gibt es, wo die Eltern von Kokosnuss, Mette und Magnus, bereits Platz genommen haben.

»Fertig machen zur Landung!«, befiehlt Matilda. »Haltet euch gut fest!«

Der Helikopter setzt zum Sturzflug an, nimmt dabei noch einige Palmenblätter mit und kracht schließlich hart auf den Boden.

Mit einem POINK! bricht das Ende des Rotorblatts ab. Auch Matilda und Oskar können sich nicht länger halten und purzeln rücklings aus dem Hubschrauber. Kokosnuss rollt allein in dem kleinen Fahrerhäuschen weiter, genau auf die Flugklasse und Proselinde zu, die ihren Schülern gerade die verschiedenen Flugtechniken erklärt.

Kokosnuss versucht zu lenken, aber das Steuerrad blockiert! Hektisch tritt er auf die Bremse, doch auch die hat ihren Geist aufgegeben. Hoffentlich geht das gut!

Kokosnuss rollt und rollt … und kommt nur wenige Zentimeter vor Proselinde zum Stehen. Die Fluglehrerin kneift die Augen zusammen.

»Guten Tag, Kokosnuss!«, sagt sie mit einer Stimme, die so kratzig klingt, als würde man mit einer Drahtbürste die Dachrinne ausschrubben. »Fast pünktlich, wie immer! Dann kannst du uns ja gleich mal die drei wichtigsten Regeln des Fliegens erklären!«

Statt einer Antwort ertönt nur ein lautes KRACKS!, und die Türen des Fahrerhäuschens kippen zur Seite. Kokosnuss in seinem Pilotensitz hockt jetzt auf dem blanken Boden und schaut verlegen in die Runde. Ein echter Bruchpilot eben!

Die anderen Flugschüler kichern belustigt. Nur Proselinde verzieht keine Miene.

»Habe ich was verpasst?«, fragt Opa Jörgen, der gerade als Letzter angeschlurft kommt und neben Magnus und Mette auf der Tribüne Platz nimmt.

»Ach, ich wünschte, es wäre so!«, sagt Mette kopfschüttelnd mit Blick auf ihren Sohn.

Proselinde wartet immer noch auf eine Antwort von Kokosnuss und zieht fragend die Augenbrauen hoch.

Der kleine Drache überlegt. »Äh, ja, also … den Horizont immer im Auge behalten, und dann auch noch … die Höhe. Und ich glaube, irgendwas mit Luft oder so.«

Proselinde seufzt. »Ananas, kannst du unserem jungen Flugkünstler hier helfen?«

»Die warme Luft für den Auftrieb nutzen!«, ruft Ananas wie aus der Pistole geschossen.

»Sehr gut!«, lobt Proselinde das Drachenmädchen. »Und warum sollten wir die warmen Aufwinde nutzen, Kokosnuss?« Sie wendet sich wieder dem kleinen Drachen zu.

»Ähm, damit uns beim Fliegen nicht kalt wird?«, fragt er. Schon an ihrem Blick erkennt er, dass die Antwort falsch war. Mette und Magnus auf der Tribüne würden am liebsten im Boden versinken.

»Falsch! Völlig falsch!«, kreischt Proselinde entsetzt. Sie spuckt einen großen Feuerball auf den Boden. Sofort bildet sich eine Wolke heißer Luft. Proselinde legt ein Taschentuch ganz oben auf die Wolke. Wie von Zauberhand wird das Taschentuch in der Luft gehalten und immer höher getragen. Die jungen Drachen klatschen anerkennend. Nur Kokosnuss wirkt geknickt.

»Verstehe«, murmelt er.

»Versteh ich nicht«, sagt Oskar, der sich mit Matilda hinter der Tribüne versteckt hat.

»Na, heiße Luft steigt nach oben!«, zischt Matilda. »Ist doch klar!«

Oskar ist gar nichts klar, aber er kommt nicht dazu, weiterzufragen.

»Zeit für den praktischen Teil der Prüfung!«, ruft Proselinde. Die jungen Drachen folgen ihr zum großen Felsen.

Ananas ist als Erste dran. Leichtfüßig läuft sie auf die Klippe zu, springt ab, saust mit Schwung in die Tiefe, macht eine scharfe Kurve und steigt rasant wieder in den Himmel auf. Kunstvoll fliegt sie dann durch den Parcours aus Reifen, ohne die Reifen auch nur mit einer Flügelspitze zu berühren, und dreht zum Abschluss noch eine elegante Pirouette. Die Zuschauer auf der Tribüne klatschen begeistert.

Proselinde überreicht Ananas ihr Zeugnis. »Das hast du sehr gut gemacht!«

Ananas strahlt über das ganze Gesicht.

»Der Nächste!«, sagt Proselinde und schwenkt ihren Stock suchend zwischen den Flugschülern hin und her. Kokosnuss will sich schnell hinter einem anderen jungen Drachen verstecken, doch da zeigt Proselindes Stock schon auf ihn. »Kokosnuss!«

Kokosnuss zuckt zusammen. Oh nein, muss das wirklich sein? Es könnte doch auch jemand anderes …? Sein Herz schlägt ihm plötzlich zwischen den Ohren. Wie kommt es dahin?, fragt er sich.

Proselindes scharfes Augenpaar bleibt weiterhin auf ihn geheftet. »Na los, junger Mann, wir wollen schließlich heute noch fertig werden!«

Kokosnuss holt tief Luft und läuft in Richtung Startbahn. Leise spricht er sich selbst Mut zu: »Ich kann das, ich kann das, ich kann das!«

Doch so ganz an seine Worte glauben tut er nicht. Hat Opa Jörgen nicht neulich erst gesagt, dass seine Flügel noch nicht voll ausgewachsen sind?

Aber Kokosnuss bleibt keine Zeit mehr, weiter darüber nachzugrübeln. So schnell er kann, läuft er auf die große Klippe zu und schlägt dabei wild mit den Flügeln … gleich ist das Ende der Startbahn erreicht. Dahinter geht es steil nach unten. Kokosnuss schluckt. Ein großer Sprung und –

»Er fliegt!«, ruft Oskar begeistert.

Matilda schüttelt den Kopf. »Nein, er fällt!«

Platsch!, kommt es von unten aus dem Meer. Wasserspritzer steigen auf. Von Kokosnuss keine Spur.

Die anderen Flugschüler kichern. Proselinde schüttelt fassungslos den Kopf und zerreißt das Zeugnis, das für Kokosnuss bestimmt gewesen ist. Die Papierschnipsel segeln zu Boden.

»Der Nächste!«, sagt sie scharf und wirft einen strengen Blick in die Runde.