1
Ginny Scott stand auf einer Fensterbank im zweiten Stock und drohte damit zu springen. Ich war schuld. Mehr oder weniger. Ich bin Stephanie Plum, und ich arbeite als Kopfgeldjägerin für die Kautionsagentur meines Cousins Vinnie.
Ginny war eine NVGlerin, unser Code für: Nicht vor Gericht erschienen. Ich hatte den Auftrag, sie zu suchen und den Behörden zu übergeben. Das ist mein Job. Bleibt der Erfolg aus, verliert mein Cousin die Kautionssumme, und ich bekomme kein Honorar. Andererseits will Ginny natürlich auch nicht wieder im Knast landen.
Meine Kollegin Lula und ich standen auf dem Bürgersteig und schauten hinauf zu Ginnys Fenster, zusammen mit einem Haufen anderer Leute, die Videos mit ihren Smartphones drehten.
»Das ist keine sehr vorteilhafte Perspektive für sie«, kommentierte Lula. »Von hier aus kann man unter ihren Rock gucken, bis rauf zu ihrer Dingsbums. Natürlich nur bis zu ihrem Tanga, aber man weiß ja, dass hinter diesem roten Stofffetzen und dem Marschriemen der Intimbereich lauert.«
Lula war früher eine angesehene Prostituierte gewesen. Vor einigen Jahren hatte sie beschlossen, ihren angestammten Strich aufzugeben und Büroangestellte zu werden. Sie macht bei uns die Aktenablage. Theoretisch. Denn wir haben kaum noch Akten abzulegen. Die meisten Akten sind heute elektronisch. Daher arbeitet Lula in letzter Zeit verstärkt als meine Assistentin und Fahrerin. Lula ist zehn Zentimeter zu klein für ihr Gewicht, ihre Kleider drei Nummern zu eng für ihre üppige Figur, ihre Haarfarbe ändert sich wöchentlich, nur ihre Hautfarbe ist standhaft schokoladenbraun.
Neben Lula fühle ich mich unsichtbar, ich werde einfach nicht beachtet. Von meinen italienischen Vorfahren habe ich die widerspenstigen braunen Haare geerbt, die süße Stupsnase ist ein Geschenk Gottes, laut meiner Oma, und die blauen Augen und die blasse Haut verdanke ich meinem ungarischen Erbe. Keine Ahnung, woher meine BH-Größe 75C kommt, aber ich kann damit leben.
Vor zehn Minuten wäre es mir beinahe gelungen, Ginny Handschellen anzulegen. Lula und ich klingelten an ihrer Tür, und ich sagte mein übliches Kopfgeldjägersprüchlein auf.
»Wir müssen mit Ihnen am Gericht einen neuen Termin vereinbaren. Es dauert nicht lange.«
Das stimmte nur teilweise. Einen neuen Termin zu machen ging schnell, aber ob Ginny noch mal gegen Kaution freikam, stand auf einem anderen Blatt. Wenn nicht, wäre sie bis zum Prozess Gast des Strafvollzugs.
»Fick dich«, erwiderte Ginny, schüttete ihren Becher Big Gulp über mich aus, knallte die Tür zu und schloss ab.
Als Lula und ich die Wohnungstür endlich aufgebrochen hatten, war Ginny aus dem Schlafzimmerfenster auf die fast einen halben Meter breite Fensterbank geklettert. Sprungbereit. Und ich, in meinem klatschnassen stinkenden T-Shirt, versuchte, sie zum Aufgeben zu bewegen.
»Okay«, schrie ich sie an. »Ich verlasse Ihre Wohnung wieder. Das wollen Sie doch damit erreichen, oder? Steigen Sie von der Fensterbank runter.«
»Ich gehe nicht ins Gefängnis.«
»So schlimm ist es da gar nicht«, schwächte Lula ab. »Es gibt im Aufenthaltsraum sogar einen Fernseher. Und Sie lernen neue Leute kennen.«
»Lieber bin ich tot«, sagte Ginny. »Ich springe jetzt.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an. Aber ich warne Sie. Ihre Wohnung ist im zweiten Stock«, sagte Lula. »Da brechen Sie sich nur ein paar Knochen, wenn Sie unten ankommen. Und sowieso, Sie wissen doch, wie das ist mit Gerichtsterminen. Manchmal werden sie auch wieder abgesagt.«
»Sie hat ihrem Freund den Penis abgeschnitten«, flüsterte ich Lula zu.
»Vielleicht zu Recht«, sagte Lula.
»Es war sein bestes Stück!«
»Die Aussichten, dass er die Klage zurückzieht, stehen also schlecht«, sagte Lula. »Männer lassen sich bekanntlich nicht gerne ihren Schwanz absäbeln. Es soll nämlich ziemlich schwer sein, ihn wieder anzunähen.«
Sie wandte sich erneut an Ginny und schrie hinauf: »Wenn Sie wirklich tot sein wollen, müssen Sie darauf achten, dass Sie auf dem Kopf landen. Dann könnte es klappen.«
Zwei Funkstreifen der Polizei von Trenton fuhren vor und parkten schräg auf dem Bürgersteig. Gefolgt von Feuerwehr und Rettungswagen.
Einer der Polizisten stieg aus und stellte sich neben mich.
»Was ist los?«
»Eine NVGlerin«, klärte ich ihn auf. »Ich wollte ihr gerade Handschellen anlegen, da entwischt sie mir und steigt aus dem Fenster.«
Ein Übertragungswagen des lokalen TV-Senders rollte heran und hielt hinter der Feuerwehr.
»Können Sie jemanden auftreiben, der mit ihr redet? Eine Angehörige? Ihren Freund?«, fragte mich der Polizist.
»Den Freund lieber nicht«, sagte ich.
Die Feuerwehrleute rückten ein Sprungpolster unter das Fenster, und der Kameramann des SAT-Trucks baute sein Stativ auf.
»Ihre Landung auf dem Sprungpolster wäre nicht gerade fotogen in dem kurzen Rock«, rief Lula wieder zu Ginny hinauf. »Überlegen Sie es sich noch mal.«
Joe Morelli von der Mordkommission pflanzte sich neben mir auf. Er ist eins achtzig groß, schlank, hat kräftige Muskeln, welliges schwarzes Haar und ein Lächeln, bei dem jedes weibliche Wesen dahinschmelzt. Ich kenne Morelli schon mein Leben lang, und seit ein paar Jahren ist er mein fester Freund.
»Hast du dir wieder eine Fensterspringerin eingehandelt«, sagte Morelli.
»Vinnie hat sie gegen Kaution freibekommen, aber sie hat ihren Gerichtstermin verpasst«, sagte ich. »Die Handschellen hatte ich ihr fast schon angelegt, da ist sie auf die Fensterbank geflüchtet.«
»Was wirft man ihr vor?«
»Sie hat ihrem Freund den Piepmatz abgeschnitten«, sagte Lula.
Morelli und der Streifenpolizist feixten um die Wette.
»Kannst du nicht mal mit ihr reden?«, fragte ich Morelli.
Morelli war vom Kleinstadtrowdy zum Bootsmann der Navy aufgestiegen und später in den Polizeidienst gewechselt. Er ist ein sehr guter Polizist. Klug. Einfühlsam. Er glaubt an das Gesetz, an den amerikanischen Traum und an das Gute im Menschen. Wer das Gesetz bricht oder den amerikanischen Traum mit Füßen tritt, den spürt er auf wie ein Marder ein Eichhörnchen. Er besitzt ein Haus, einen Hund, einen Toaster und eine menschliche Reife, von der ich vermutlich noch weit entfernt bin. Die Männer in seiner Familie sind Trinker und Weiberhelden, und sie werden schnell übergriffig. Ganz anders Morelli. Morelli ist eine Filmschönheit, nach Italo-Jersey-Maßstäben. Seit er gelernt hat, ganze Sätze zu formulieren, steht er im Ruf, eine Frau dazu überreden zu können, alles für ihn zu tun. Als ich noch ein kleines Mädchen war, ergaunerte er sich einen Blick auf meine Tinker-Bell-Unterwäsche, und auf der Highschool befreite er mich von der Last der Jungfräulichkeit. Die Frau oben im zweiten Stock von der Fensterbank wegzulocken dürfte ein Kinderspiel für Morelli sein. Dachte ich.
»Ist die bewaffnet?«, fragte mich Morelli.
»Ich glaube nicht.«
»Fleischermesser? Gemüsemesser? Teppichmesser?«
»Ich hab keins gesehen.«
Er verschwand im Haus und tauchte wenige Minuten später am Fenster im zweiten Stock wieder auf. Ginny rückte zentimeterweise von ihm ab, außer Reichweite. Die Feuerwehrleute verschoben entsprechend das Sprungpolster unten auf dem Bürgersteig. Ich konnte nicht verstehen, was er zu ihr sagte, sah nur ihr Lächeln. Sie unterhielten sich eine Weile, Ginny nickte zustimmend und rückte wieder ein Stück näher zu ihm heran. Er streckte die Hand nach ihr aus, doch bei dem Versuch, sie zu ergreifen, verlor sie das Gleichgewicht, rutschte von der Fensterbank und plumps! Mit einem dumpfen Aufschlag landete sie auf dem Polster und rührte sich nicht. Umgehend warfen sich die Nothelfer auf sie.
Alle hielten die Luft an und schauten ihnen bei der Arbeit zu. Ich spürte, wie Morelli hinter mich trat, eine Hand auf meine Schulter legte. Und plötzlich richtete Ginny sich auf.
Morelli winkte einen der Nothelfer heran.
»Kommt sie wieder auf die Beine?«, wollte Morelli von ihm wissen.
»Sie ist einfach nur außer Atem. Wir bringen sie zur Untersuchung ins St Francis Hospital, aber sie wird sicher heute noch entlassen.«
»Sie braucht Polizeischutz«, sagte Morelli zu dem Streifenpolizisten. »Und wenn sie aus dem Krankenhaus kommt, nehmen wir ein Protokoll auf und buchten sie ein.«
»Mann, oh Mann«, sagte Lula, »im ersten Moment ist mir das Herz stehen geblieben. So einen Rums wie eben möchte ich nicht noch mal hören. Mir hat sich echt der Magen umgedreht. Dagegen kenne ich nur ein Mittel. Ich muss was essen. Ein Hamburger mit Pommes. Danach will ich zu mir, weil dann meine Lieblingssendungen im Fernsehen kommen.« Lula sah zu Morelli, dann wieder zu mir. »Soll ich dich nach Hause bringen, oder chauffiert dich Officer Hottie?«
»Das mache ich schon«, sagte Morelli.
Lula zog ab, und ich ging mit Morelli zu seinem Wagen. »Wieso bist du eigentlich hier?«
»Reiner Zufall. Ich war bei Anthony zum Abendessen, und auf der Rückfahrt sah ich ein paar Häuser vom Unglücksort entfernt Lulas Firebird parken. Da konntest du ja nicht weit sein.«
Anthony ist Morellis Bruder. Verheiratet mit einer Frau, die sich ständig von ihm scheiden lässt und ihn kurz darauf erneut heiratet. Bei jeder Wiederverheiratung wird sie schwanger. Ich habe den Überblick verloren, wie viele Kinder sie haben, bei ihnen zu Hause geht es drunter und drüber.
»Danke für deine Hilfe«, sagte ich.
»Welche Hilfe?«, sagte Morelli. »Durch mich wäre deine NVGlerin ja beinahe noch zu Tode gekommen.«
Als Morelli die Tür seines SUV öffnete, sprang Bob heraus und hätte mich beinahe umgestoßen. Bob ist ein struppiges rotblondes Wuschelmonster, das noch am ehesten einem Golden Retriever ähnelt. Ich wurde überhäuft mit Hundeküssen, und dann kämpften wir um den besten Platz im Auto, vorn neben Morelli. Ich gewann.
»Zu dir oder zu mir?«, fragte Morelli.
»Zu dir. Mein Fernseher ist kaputt. Fahr zuerst am Büro vorbei, mein Auto steht da.«
Morelli hatte von seiner Tante Rose ein hübsches Häuschen geerbt. Es ist von meinen Eltern in Chambersburg aus nur einmal über die Grenze, und wenn man nicht wüsste, dass es die Grenze gibt, könnte man denken, Morelli wohnt in Burg. Die Häuser sind bescheiden, aber gepflegt. Samstags wird das Auto gewaschen. An Feiertagen die Fahne gehisst. Veteranen und Polizisten werden respektiert, selbst von der Mafia. In diesem Viertel leben Menschen, die ihr Leben lang geackert haben, und in der Polizei sehen sie die Beschützerin ihrer hart erarbeiteten Bürgerrechte und Flachbildschirme. Wenn es Vorurteile gibt, dann werden sie nur hinter verschlossenen Türen geäußert. In der freien Wildbahn ist jeder gleichermaßen reif für den Stinkefinger.
Als Morelli das Haus bezog, atmete es noch den Geist von Tante Rose. Jetzt ist es ganz nach Morellis Geschmack eingerichtet, die Schlafzimmervorhänge ausgenommen. Unten Wohnzimmer, Esszimmer, Küche und Gäste-WC. Oben drei Schlafzimmer und ein Bad. Zum Haus gehören eine Garage, die Morelli so gut wie nie benutzt, und ein Garten, wo Bob seine Löcher buddelt und sein Geschäft verrichtet.
Kurz vor neun trudelten wir bei Morelli ein und düsten gleich ab in die Küche. Morelli holte eine halbe übrig gebliebene Pizza aus dem Kühlschrank und schnitt sie in drei Teile. Bob fraß sein Stück auf der Stelle, Morelli und ich setzten uns ins Wohnzimmer vor den Fernseher. Es war Anfang September, und Morelli verfolgte ein Spiel der New York Mets. Wir aßen unsere Pizza, und noch bevor die Mets ein Inning durchlaufen hatten, hatte Morelli eine Hand auf mein Knie gelegt und mir seine Zunge in den Mund geschoben. Es überraschte mich nicht sonderlich. Schließlich übernachtet der eine gelegentlich beim anderen, sogar von Liebe und Ehe ist schon die Rede gewesen. Er hat Kondome in meiner Wohnung deponiert, ich eine Schachtel Tampons in seiner, viel weiter waren wir mit dem Thema Zusammenwohnen aber noch nicht gekommen.
Wir zogen ins Schlafzimmer um und kamen gleich zur Sache, da wir das Vorspiel schon unten auf dem Sofa erledigt hatten, während die Mets ihren Pitcher austauschten.
Morelli ist ein unberechenbarer Lover. Manchmal ist er langsam und bedächtig. Manchmal geradezu stürmisch vor Verlangen. Manchmal witzig. Häufig alles drei gleichzeitig. Und manchmal, wenn wir uns bei einem Spiel der Giants gegen die Patriots lieben, ist er ein bisschen unkonzentriert. Heute war so ein Abend, nur ohne die Giants.
Wir kuschelten uns in postkoitaler Trägheit aneinander, und ich fragte mich, was der Grund für Morellis Unkonzentriertheit war. Woran dachte er gerade? Mord? Chaos? Ehe? Angenommen Letzteres. Wie würde ich auf einen Heiratsantrag reagieren? Seit einiger Zeit lief es wirklich gut zwischen uns. Vielleicht würde ich mit Ja! antworten. Andererseits: Ehe bedeutet Bindung. Vielleicht auch Kinder. Mit Kindern kann ich umgehen. Ich sorge gut für meinen Hamster Rex. Mir entfuhr ein Seufzer. Wahrscheinlich müsste ich seinen Antrag annehmen. Er wäre am Boden zerstört, wenn ich es nicht täte. Seine Arbeit bei der Polizei würde darunter leiden. Er wäre deprimiert und demoralisiert, würde an sich selbst zweifeln.
»Du wirkst heute Abend irgendwie abwesend«, sagte ich.
»Mir geht viel durch den Kopf.«
Ich versuchte, nicht allzu zu affektiert zu lächeln. Daran musste es liegen, definitiv. Ob er wohl schon einen Ring hatte?
»Möchtest du darüber reden?«, fragte ich ihn.
»Da gibt es nicht viel zu bereden. Ich finde nur, dass wir unsere Beziehung eine Zeitlang auf Eis legen sollten. Uns mal mit anderen verabreden.«
»Ja. Äh: Wie bitte?«
»Ich überlege, ob ich meinen Lebensstil ändern soll. Und solange ich mir noch nicht darüber im Klaren bin, möchte ich ungebunden sein«, erklärte mir Morelli. »Ich gebe dir also alle Freiheiten, dich nach anderen Männern umzusehen. Außer Ranger.«
Carlos Manoso, besser bekannt als Ranger, ist der Eigentümer von Rangeman, einem Security-Unternehmen für den gehobenen Anspruch, das in einem unscheinbaren Gebäude in der Innenstadt residiert. Ranger ist ein ehemaliges Mitglied der Special Forces, Kopfgeldjäger der harten Sorte, er war mein Ausbilder, als ich anfing, für Vinnie zu arbeiten. Er ist geheimnisumwittert. Smart. Und er lebt und arbeitet nach seinen eigenen Regeln, die ich nicht bis ins Letzte durchschaue. Morelli meint, er habe einen schlechten Einfluss auf mich und sei gemeingefährlich. Stimmt.
»Im Ernst?« Ich richtete mich kerzengerade auf und starrte ihn an.
»Ich denke schon länger daran.«
»Und ausgerechnet jetzt teilst du mir das mit!«
»Ist das kein guter Zeitpunkt?«
Ich stand auf, wedelte mit den Armen in der Luft, kochte vor Wut. »Ich bin nackt. Man sagt einer nackten Frau solche Sachen nicht ins Gesicht. Was denkst du dir eigentlich?«
»Vielleicht ist es ja nur vorübergehend.«
»Vorübergehend?! Soll wohl eher heißen, wahrscheinlich für immer! Adios. Auf Wiedersehen. Willst du mich verarschen?« Ich kniff die Augen zusammen. »Hast du dir schon eine bestimmte Person ausgesucht, mit der du dich verabreden willst?«
»Nein.«
»Jetzt hab ich es! Du bist ins andere Lager übergelaufen. Du bist schwul!«
»Kein bisschen.«
»Mein Freund Bobby sagt, der einzige Unterschied zwischen einem Schwulen und einem Hetero ist ein Sixpack Bier.«
»Pilzköpfchen, nach sechs Bier bin ich zu nichts, aber auch gar nichts mehr fähig.«
»Du willst also deinen Lebensstil ändern? An was hast du dabei gedacht?«
»Eine berufliche Veränderung. Schluss mit der Polizei.«
»Wow!«
»Jetzt bist du geschockt, was?«
Ich stöberte mit den Füßen in den Klamotten auf dem Boden nach meiner Unterhose. »Was hast du vor?«
»Ich weiß es noch nicht.« Er winkte mich mit einem Finger heran. »Komm wieder ins Bett.«
»Bist du verrückt? Erst servierst du mich ab, und jetzt soll ich zurück zu dir in die Kiste springen?«
»Wir könnten immer noch Freunde bleiben.«
»Ich fühle mich aber nicht so. Ich bin sauer.« Ich zog den Reißverschluss meiner Jeans zu und hob mein T-Shirt vom Boden auf. »Und erst recht schlafe ich nicht mit Männern, die mich abserviert haben. Na gut, ab und zu vielleicht, aber für gewöhnlich nicht. Und mit dir schlafe ich sowieso nicht mehr. Nie wieder.« Ich schlang mir meine Tasche um die Schulter und dampfte ab.
»Ich rufe dich morgen an«, rief Morelli hinter mir her.
Ich stürmte die Treppe hinunter und zeigte ihm den Stinkefinger. Er konnte mich nicht sehen, aber es war trotzdem ein gutes Gefühl. Die Haustür knallte ich so fest zu, dass auch ja sein Wohnzimmerfenster schepperte. Ich marschierte zu meiner Schrottkarre, klemmte mich hinters Steuer, zog aus der Parklücke und begab mich auf kürzestem Weg zum Spätkauf in der Hamilton Avenue. Dort deckte ich mich mit Bergen von Trostnahrung ein, Snickers, Peanut Butter Cups, York Peppermint Patties, M&Ms, Twizzlers, alles, was Karamell enthielt, dazu noch drei Eisbecher, fuhr nach Hause und aß mich satt.