Table of Contents

Titel

Impressum

Vorwort

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VOM AUTOR BISHER ERSCHIENEN

ÜBER DEN AUTOR

 

 

 

 

 

 

Manfred Höhne

 

 

 

Tränen im Wind

 

Als deutscher Arzt

in den Händen des Vietcong

 

Roman nach wahren Erlebnissen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DeBehr

 


Copyright by: Manfred Höhne

Erstauflage: 2019

ISBN: 9783957536525

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Umschlaggrafik Copyright by shuterstock

 


Das ist kein Buch über Schlachten der Vietnamkriege. Da gibt es bessere. Da, wo von solchen gesprochen wird und wo Namen von Personen und Orten in den Erzählungen von Arnand und Calinat, von Thomas Forster und Dan Thao Thuc unvermeidlich Erwähnung finden, möge der Leser zur Erklärung sich guter Karten und Bücher der Geschichte bedienen.

   Diese Welterfahrung der Jetztzeit aber sollte niemals vergessen werden! Dass meine Erzählung, meine eigene, da hineinspielt, bedauere ich, aber das war gewollt.

 

1

 

Wir waren in zwei Gruppen aufgeteilt und angewiesen, in Reih und Glied zu stehen. Jede Gruppe zählte zwölf Männer. Es waren je zwölf Zivilisten und zwölf Uniformierte. Merkwürdig, dass ich dies so genau registrierte, aber ich hatte schon immer die Angewohnheit, alles zu zählen oder in Zahlengruppen zu erfassen.

   Mich hatten sie in die Gruppe der Zivilisten eingeordnet, obwohl ich mit dem Trupp, zu dem auch Oberst Arnand und Major Calinat gehörten, in die Hände der Vietcong geraten war. Zivilisten als Bezeichnung für unsere Gruppe war sicher nicht ganz korrekt, denn zwei der Zugehörigen trugen uniformähnliche Bekleidung, die der einheimischen Armee ähnelte, mit einem Anflug ins Bessere. Sie gehörten möglicherweise zu einer jener zahllosen Privatarmeen, mit denen Adelssitze ihren Besitz zu schützen trachteten. Letzteres würde beiden eine Überlebenschance einräumen, an die zumindest einer von ihnen aber nicht recht glaubte, denn er zitterte am ganzen Leibe, obwohl im Raum eine erdrückende Schwüle herrschte.

   Wir standen und warteten. Die Kämpfer der NFL[1] in ihren aus alten Autoreifen geschnittenen Schuhen hatten ihre Gewehre auf uns gerichtet und schienen entschlossen, davon auch Gebrauch zu machen. Das Kommando unterstand einem kleinen Offizier, der uns hasserfüllt musterte und ständig unsere Aufstellung korrigierte.

   Wir standen in Reihen zu sechst, und ich hatte von der hinteren Reihe aus Gelegenheit, mich im Raum umzusehen. Aus der Gruppe der Uniformierten kannte ich nur den Oberst und den Major, mit dem ich noch in der Nacht zuvor mein letztes Viertel Ballantine’s geleert hatte, das ich über den Fußmarsch durch den Urwald retten konnte. Vier der Offiziere gehörten zur Legion, alle, wie auch der Oberst und der Major, in den alten Uniformen der Kolonialzeit. Die übrigen waren Südvietnamesen.

   Das Ganze hatte etwas Gespenstiges, ja Anachronistisches, denn der Vertrag von Genf war vor zwanzig Jahren geschlossen und meines Wissens, bis auf die Sabotage der ins Auge gefassten Wahlen durch den Diktator Diem, von Paris und Hanoi eingehalten worden. Hier nun standen wieder französische Offiziere als Gefangene vor vietnamesischen Soldaten wie in Điện Biên Phủ, als hätte es diese zwanzig Jahre nicht gegeben.

   Es mochte eine halbe Stunde vergangen sein, seit der kleine Offizier den Raum verlassen und uns der Bewachung von vier, noch im halben Knabenalter befindlichen Kämpfern unterstellt hatte, als die Tür geöffnet wurde und eine Gruppe von Offizieren des Vietcong eintraten. Sie trugen Lederstiefel, offenbar noch französischer Herkunft, und breite Pistolengürtel, wie ich sie von der russischen Armee her kannte. Ihre grünen Uniformen erinnerten an die Bauernarmee Mao Zedongs und waren so unversehrt, dass ich Zweifel hatte, einer kämpfenden Einheit zu begegnen. Vielmehr weckte es in mir den Verdacht, dass Oberst Arnand und seine Begleitung hier in eine wohl vorbereitete Falle der Vietcong geraten waren.

   Wo sie die Zivilisten aufgegriffen hatten, habe ich nie erfahren. Aber auch ich hatte mit dem Vietcong hier nicht gerechnet. Der kleine Offizier, der uns hatte Aufstellung nehmen lassen, befand sich in der Gruppe der Offiziere, aber respektvoll im Hintergrund.

   Einer der Offiziere begann eine kurze Ansprache in Französisch, von der ich nur Wortfetzen verstand, da ich dieser Sprache nicht mächtig war. Seine Worte mussten aber etwas Tröstliches enthalten, denn der junge Mann in seiner paramilitärischen Uniform, der vor mir stand, hörte schon nach den ersten Worten auf zu zittern.

   Ein jüngerer Offizier übersetzte ins Englische, sicher für uns Zivilisten. Aber für wen, war mir nicht klar. Mir schien, dass dieser Aufwand vor allem mir galt, denn der Kommandeur hatte seine Augen währenddessen immer in meine Richtung gewandt und wartete geduldig, bis der Text übersetzt war. Danach sollten wir in ein Gebiet gebracht – der Übersetzer nannte es „befreites Gebiet“ – und dort beim Wiederaufbau zerstörter Dörfer eingesetzt werden. Allerdings, so betonte der Dolmetscher, nachdem der Anführer wieder einige Minuten auf Französisch gesprochen hatte, sei dafür Voraussetzung, dass eine strenge Prüfung über den persönlichen Anteil eines jeden von uns an den im Kampfgebiet verübten Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung eine solche Milde zuließe und alle an uns gestellten Fragen wahrheitsgemäß und ohne Vorbehalte beantwortet würden. Ich bemerkte erst jetzt, dass der halbe Knabe an meiner Seite wieder zu zittern begonnen hatte, und überlegte, welche Strategie ihm wohl das Leben retten könnte.

   Um das eigene Leben machte ich mir aber keine Gedanken. Das war nie mein Krieg gewesen, und ich hatte, das wurde mir erst jetzt richtig bewusst, bisher nicht einmal Partei ergriffen. Ich hatte bisher auch keine Veranlassung dazu, denn die unsichtbare Front war für mich immer durchlässig gewesen, und in die wirkliche war ich erst jetzt geraten.

   Noch dazu sah ich alles aus der Perspektive des Südens. Nur die Gitter vor dem „Atlantis“, die nach dem Abzug der Amerikaner nicht abgebaut, sondern erneuert worden waren, und die ständigen Patrouillen auf den Straßen, denen die Rikschafahrer ausweichen mussten, waren die einzigen Zeichen dieses heimlichen Krieges. Ich hatte mich nie um die Sperrstunden gekümmert und mich auch nachts auf der anderen Seite des Parfüm-Flusses nicht gefährdet gefühlt. Ich hatte auch immer eine Mannschaft gefunden, die mich zu meinen Aufgaben in das Hochland und in die Berge brachte. Und nur an den Forderungen konnte ich ablesen, ob ich mich in den Einflussbereich einer nicht vom Süden kontrollierten Zone zu bewegen trachtete.

   Der Offizier hatte seine Instruktion beendet und zum sparsamen Umgang mit der Wasser- und Reisration in den nächsten Tagen ermahnt. Es sei nicht beabsichtigt, einen Unterschied in der Behandlung zu machen, lediglich die Unterbringung erfolge getrennt. Nur der Herr Oberst erhalte, die erwähnte Prüfung vorausgesetzt, einen eigenen Raum zum Schlafen. Er hatte tatsächlich „Herr Oberst“ gesagt, und ich sah mit erneuter Verblüffung, dass er von der Anwesenheit der hochrangigen französischen Veteranen nicht überrascht war. Das bestätigte mir den Verdacht, dass das Ganze ein vorbereiteter Coup war. Der Viet-Offizier grüßte kurz nach französischem Reglement in Richtung des Obersten und wurde respektvoll von seiner Begleitung hinausgeleitet. Nun übernahm der kleine Offizier wieder das Kommando, und ich bildete mir ein, ein Bedauern auf seinem Gesicht zu erkennen, dass ihm verwehrt war, uns aufzuhängen oder zumindest zu erschießen.

   Er ließ uns hintereinander antreten, die Zivilisten hinter den gefangenen Offizieren, und ins Freie eskortieren.

   Am Ende einer Reihe zerstörter Hütten lag noch die alte Frau mit dem kreisrunden, schwärzlichen Loch auf der Stirn, die schon am Morgen dort gelegen hatte. Ihr Gesicht war jetzt aufgedunsen und voller Fliegen. Aus einer der zerstörten Hütten stieg grauer Rauch, als lebten dort noch Menschen. Mit dem beißenden Geruch nach nassem Holz schwebte der Geruch nach verbranntem Fleisch, und das Knistern und leise Krachen verriet, dass das Feuer dort noch immer Nahrung fand. Vor einem Backhaus, dessen Ofentür offen stand, jaulte ein zottiger Hund, der nur noch Haut und Knochen war, und kratzte mit den Pfoten an den mit Mörtel verfugten Steinen.

   Der Offizier führte uns einen schmalen Weg entlang zwischen Wald und Reisfeldern, oder das, was von ihnen noch übrig geblieben war. Ein Bild, wie es die Lageinformationen im „Atlantis“ beschrieben, und schon lange nicht mehr hinter vorgehaltener Hand. Und es schien zu bestätigen, dass der heimliche Krieg immer dann am heftigsten in Gang kam, wenn die Ernte einzubringen war. Ernst zu nehmende Journalisten wie Leverieux von „Le Monde“ wussten sogar, wie die Ernten an Ort und Stelle vermarktet wurden: Die Vietcong teilten mit den Bauern, die Südvietnamesen verbrannten sie.

   Hier war die Ernte verbrannt worden. Die Terrassen zum Fluss sahen aus wie riesengroße Omeletten, die zu lange in der Pfanne gelegen hatten. Soweit das Auge reichte, lag das Land offen, und keine Armee konnte sich dort verbergen. Der Offizier führte uns in einem Bogen um die obere Terrasse dicht unter die Felsen, von wo aus ein schmaler Pfad in die Berge führte. Ich hatte seit dem gestrigen Morgen nichts mehr gegessen und der immer steilere, von Steinen übersäte Pfad zerrte an meinen Füßen. Wir liefen einer hinter dem anderen, und die Kette der erschöpften Männer war weit auseinandergezogen. Unsere Bewacher trieben die Strauchelnden mit langen Bambusstöcken, die ihnen zum Steigen dienten - ganz gleich, ob es die Männer waren, die am Ende oder in der Spitze der Kolonne liefen. Der Oberst hielt sich erstaunlich gut. Er lief unmittelbar vor mir und stützte sich auf einen Stab, den er, ohne dass es mir aufgefallen wäre, irgendwo aufgelesen hatte.  

   Die Sonne stand uns von oben in Gesicht und Nacken, und mein Hemd war durchtränkt von Schweiß. Der Schweiß lief mir in die Augen und brannte auf meinen Lippen - und über allem lag der dichte braune Staub, der Kleidung und Augen verklebte und das Atmen zunehmend schwer machte.

 Wir mochten etwa vier Stunden gegangen sein, als uns der Offizier auf einem Plateau, das auf der einen Seite von hohen Zedern und auf den beiden zum Pfad führenden Flanken von halbhohem, dornigem Gebüsch begrenzt wurde, zu einem Halt aufforderte. Ich ließ mich fallen und zog mich mit Händen und Ellenbogen in den Schatten und war sofort eingeschlafen.

   Lary fing an, mich mit seiner Zeitung zu schlagen. „Willst du mir nun verraten, von wem du den Tipp hast?“, drängte er. „Es ist ein offenes Geheimnis, aber keiner will etwas damit zu tun haben“, sagte ich, „schon gar nicht in der Öffentlichkeit als Gewährsmann genannt werden.“

   „Trotzdem würde die Information für mich an Wert gewinnen, wenn ich wüsste, wer sie handelt“, beharrte er. „Die Amerikaner fühlen sich jetzt schon als die Erben der Franzosen, obwohl nichts entschieden ist“, versuchte ich abzulenken. „Sie sprechen insgeheim mit allen nationalen Gruppierungen, mit Ausnahme der Kommunisten.“ Lary aber war von seinem einmal gefassten Vorsatz nicht abzubringen. Er wurde plötzlich regelrecht wütend und trat mich mit den Füßen, immer wieder, und ich war von diesem Ausbruch so gelähmt, dass ich mich nicht einmal wehrte. Er trat mich immer an die gleiche Stelle, und der Schmerz zog sich langsam in meinem Nacken zusammen.

   „Levé, levé![2]“, brüllte der kleine Offizier und trat mich mit seinen schmutzigen Stiefeln vor das Schienbein. „Levé, bâtard![3]“ Ich zog das schmerzende Bein an den Körper und sah, dass zwei der Wachmannschaften ihre Gewehre auf mich gerichtet hielten. Das mobilisierte meinen Lebenswillen. Ich stützte mich auf die Arme und stürzte auf das Gesicht. Mein linker Arm war völlig ohne Gefühl.

   „Stehen Sie auf, Mann!“, rief eine Stimme aus dem Schatten „und essen Sie ihren Löffel Reis, das wird sie auf die Beine bringen.“ Ich stemmte mich mit der rechten Hand auf beide Knie und spürte jetzt den stechenden Schmerz in meinem linken Arm. Die Soldaten hatten mich in Ruhe gelassen, und ich stellte mich langsam auf die Füße. Ich hatte auf Steinen gelegen und mir sicher einen Nerv im Arm verletzt. „Trinken Sie einen Schluck!“ Einer der Männer aus der Gruppe der Zivilisten reichte mir eine Blechbüchse mit einer lauwarmen, stinkenden Brühe, die ich nur mit Mühe herunterschlucken konnte, da mir der Durst und der Staub die Kehle ausgedörrt hatten. Einer der Soldaten reichte mir eine Bulette aus gekochtem Reis. Ich stopfte einige Körner mit den Fingern in den Mund und versuchte, sie zu schlucken.

   Die meisten meiner unfreiwilligen Gefährten standen im Schatten der hohen Peirabüsche. Die beiden jungen Vietnamesen in ihren grünen Uniformen waren nicht mehr dabei. Die südvietnamesischen Offiziere standen ein wenig abseits und wurden offensichtlich von dem Vietcong strenger bewacht. Auf Geheiß unseres Kommandos mussten wir wieder aufstehen und hintereinander gehend den Weg in die Berge fortsetzen. Diesmal trieben uns die Soldaten nicht.

   Die Sonne stand über dem Kamm der Berge, und wir bewegten uns vorwiegend im Schatten. Am späten Nachmittag durften wir noch einmal eine kurze Rast machen und bekamen wieder einen Becher mit Wasser. „Das sind die Lonkin-Berge“, sagte der Oberst, dem die Strapazen des Marsches tiefe Furchen in das Gesicht gegraben hatten. „Hier mussten wir eines der ersten ernsthaften Gefechte mit den Việt Minh führen, an dem ich teilnahm. Wir verloren damals viel Material, besonders Maschinengewehre.“ Er sagte es langsam, als habe er Mühe, sich zu erinnern, vor allem aber wohl, weil er englisch sprach, was er nicht sonderlich beherrschte. „Später hat sich der Krieg in den Norden und das Delta des Roten Flusses in Tonkin verlagert.“

   „Hier liegen mit einiger Sicherheit jetzt ihre Basen“, mischte sich einer der Zivilisten ein, „dieses Karstgebirge ist voller Höhlen, einige bis zu hundert Meter tief. Viele von ihnen führen ständig Wasser, das mit dem Quellgebiet des Ura Tao in Verbindung steht.“ Offenbar glaubte er, uns eine Erklärung schuldig zu sein, als er hinzufügte, dass er neunundvierzig im Auftrag der „Engineering Mineral“ hier gewesen sei. Keiner der Männer, die dicht gedrängt in der Felsnische lagerten, erwiderte etwas. Sicher nicht aus mangelndem Interesse, wohl mehr vor Erschöpfung.

   Das Wachkommando war auf dem Pfad geblieben, der hier etwas breiter schien. Die Männer hockten auf dem Boden und rauchten. Die Strapazen des Marsches waren ihnen nicht anzusehen, obwohl sie ihre Gewehre und andere Ausrüstung auf dem Rücken trugen. Offenbar hielten sie einen Fluchtversuch hier für nicht möglich, denn nur einer der Vietcong hatte seinen Karabiner quer über den Oberschenkeln im Anschlag und die Felsnische im Auge. Es war offensichtlich ein häufig genutzter Rastplatz, denn unter dem weit auskragenden Felsendach war eine schlecht beseitigte Feuerstelle zu erkennen.

   Als die Dämmerung hereinbrach, waren etwa weitere drei Stunden vergangen. Der Pfad war nicht mehr so steil, aber die Berge säumten ihn felsig zu beiden Seiten. Die Sonne stand wie ein großer roter Ball, halb unter dem Horizont, zwischen zwei unbewaldeten Gipfeln, und wir marschierten direkt auf sie zu. Wir konnten sehen, wie der „Ball“ in ein unbekanntes Tal hineinrollte und eine blutrote Spur zurückließ.

   Unsere Kolonne kam zum Stehen. Aus dem Halbdunkel der Felsen tönten Kommandos, in die sich die singende Stimme des kleinen Offiziers mischte. Hinter uns tauchte eine Gruppe bewaffneter Männer auf, die uns offenbar schon lange beobachtet hatten. Wir setzten uns wieder in Bewegung, wobei unsere Bewacher, die uns in den letzten Stunden kaum beachtet hatten, wieder eine kriegerische Pose einnahmen.

   Unvermittelt weitete sich der Weg und führte zwischen eine Reihe von Hütten, die gleich Wachposten zu beiden Seiten einander gegenüberstanden. Vor den niedrigen Türen saßen Männer in grünen Uniformen, die uns neugierig anstarrten, mehr neugierig als feindlich. Es wurde nun stockdunkel; die Nacht war auf uns gefallen, wie ein Sack. In dem schwachen Schein von Öllampen glichen die Hütten aus Bambus riesigen Lampions, in denen das Licht eben verlöschen wollte. Vor zwei lang gestreckten, flachen Gebäuden aus grob gefügten Holzstämmen wurde uns Halt geboten. Die Zahl unserer Begleitmannschaft mochte sich verdreifacht haben. Ein für vietnamesische Verhältnisse ungewöhnlich großer Offizier hieß uns mit knappen Kommandos in die Baracken einzutreten. Die südvietnamesischen Soldaten und Offiziere wurden von den übrigen getrennt untergebracht. Auf einem langen Tisch in der Mitte des Raumes stand eine winzige Öllampe, deren Lichtschein nicht über den Rand des Tisches hinausreichte. Sonst schien der Raum leer zu sein und unbewohnt. Vielleicht ein Raum für Versammlungen oder Lagebesprechungen; jetzt war er Verwahrraum für den Gegner in diesem unerklärten Krieg.

   Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich Bänke an den Längsseiten des Raumes und an der Stirnseite einen Stapel zusammengerollter Matten, chiêu, wie sie hier zum Schlafen benutzt wurden. „Ein gottverdammtes Land!“, fluchte einer der Männer auf Deutsch, und ich war fast erschrocken, dass ich eine Ewigkeit brauchte, mir dies bewusst zu machen. Ich hatte diese Stimme schon einmal gehört, als ich mich aus dem Kiesbett, auf dem ich lag, aufrappelte, aber ich war ihr nicht nachgegangen, was meinem Zustand geschuldet war. Ich konnte den Mann in der Dunkelheit nicht sehen; er hatte sich wie ich und die meisten der Männer auf den Boden gelegt. Der Oberst und der Major saßen am Tisch, die Köpfe auf die Hände gestützt, fast unbeweglich, und nur ihre übergroßen Schatten schwankten über das schwere Holz in dem unruhigen Licht der blakenden Funzel.

   Die Männer schliefen, als die Riegel über die Schließen bewegt und die Tür geöffnet wurde. Vier Frauen in dunklen Hosen trugen flache Körbe und stellten sie auf den Tisch, während zwei Soldaten mit ihren Gewehren beidseits der Tür Aufstellung genommen hatten. Die Frauen in ihrer Geschäftigkeit hielt ich für einen Teil des Albtraumes, der mich quälte, der mich nicht schlafen ließ und weit in die Erinnerung zurückführte.

   Forster saß an meinem Feldbett und hielt meine Arme fest, während ich mich im Fieber schüttelte. „Es ist nur ein Anfall, lieg still, er ist bald vorüber“, hörte ich seine ruhige Stimme durch den Nebel, der mich umgab. Und während ich in der feuchten Luft nach Atem rang und Thomas die kalten Tücher auf meinem Körper wechselte, schwoll das Klopfen in dem unruhigen Lauf des Ventilators zu einem dröhnenden Stakkato, das mich überflutete und mein Bewusstsein hinwegschwemmte.

Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem kalten Boden gelegen hatte. Als ich erwachte, war es fünf Uhr. Durch die Baumstämme der Baracke schimmerte Tageslicht. Die Männer schliefen noch; auch der Oberst und der Major saßen nicht mehr an ihren Plätzen. Ich massierte meine steifen Gelenke und stand auf. Auf dem Tisch sah es aus wie auf dem Schlachtfeld. Neben der erloschenen Lampe türmte sich ein Berg schmutziger Schüsseln, in denen noch vereinzelt Reiskörner klebten. Ein Benzinkanister mit offenem Verschluss stand daneben. Er war noch halb mit Wasser gefüllt. Ich goss Wasser in eine der Schüsseln und trank mit langen gierigen Zügen.

   Draußen vor dem Gebäude vernahm ich Stimmen, die näher kamen, sich aber wieder entfernten. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass irgendwo da draußen über unser Schicksal verhandelt wurde.

Diese Verhandlungen würden nicht einfach sein. Nicht so sehr über die südvietnamesische Gruppe von Offizieren, das waren Feinde! Nicht so sehr über die französischen Veteranen, das waren brauchbare Faustpfänder!

Profiteure dieser Verhandlungen aber würden alle sein, vor allem wir Zivilisten. Wenn es denn stimmte, worüber im „Atlantis“ gesprochen wurde. Dass die Viets nach der zweiten Sitzungsperiode des Russell-Tribunals in Roskilde[4], über das nur die Korrespondenten des Ostblocks Informationen lieferten und diese immer wieder aufwärmten, jetzt sehr interessiert waren, sich international vertragstreu und als humane Kriegspartei darzustellen.

 

2

 

In der Stille des Raumes, die sich im Rhythmus der Atemzüge vom Boden wie eine gläserne Glocke ausbreitete, fing ich an, die Ereignisse der letzten Tage zu entwirren und die Bilder den entscheidenden Geschehnissen zuzuordnen.

   Mir war nur mein Schlafsack geblieben und die Zeltplane, die ich auf vier Bambushölzern zum Schutz gegen die Kälte und Feuchte der Nacht über meinem Lager befestigt hatte. Wir waren am Sonntag in Kou Tai aufgebrochen mit einem gemieteten Boot. Gemessen am Preis hatten wir es gekauft, und so war es, trotz des Aushandelns der Modalitäten über die spätere Rückgabe, von beiden Seiten auch gedacht. In diesen unruhigen Zeiten wurden Pachtverträge nicht mehr geschlossen; es galt nur, das Gesicht zu wahren.

   Die Fahrt flussabwärts verlief ohne Besonderheiten, bis auf den grässlichen Anblick einer Dschunke, die mit längs gestelltem Bastsegel in der Mitte des Hųū Trach-Flusses trieb. Der Steuermann hing mit dem Oberkörper im Wasser, als wollte er am Boot etwas reparieren. Wir segelten dicht unter Land, konnten beim Überholen aber erkennen, dass der leblose Mann mit dem linken Bein an einem Seil hing, das sein Abgleiten ins Wasser verhinderte. Das Boot war voller Leichen, die halb nackt so nebeneinander lagen, als seien sie zu dieser Fahrt verladen worden. „Es sterben viele Menschen“, meinte Van Nu San gleichmütig, aber mit jener Zweideutigkeit, die mich vermuten ließ, dass er sehr viel mehr von diesem Krieg wusste, als er zu erkennen gab. Nun war er mit meinen Habseligkeiten auf und davon und die Arbeit von Wochen zunichte. Sicher ließ er sich jetzt von dem Vietcong als Held feiern, der einen Ausländer im Land ausgeschaltet und der Revolution, wenn auch bescheidene, so doch brauchbare Beute zugeführt hatte. Der Rest des Impfstoffes und die entnommenen Blutproben, die für ihn wohl schon den Beweis einer Dioxinvergiftung ganzer Ortschaften seines Landes darstellten, waren wohl sein „Eintrittsgeld“ bei den Congs. Dass ich nur einem Verdacht nachgehen sollte, vermochte er wohl nicht zu erkennen. Ich hätte ihm trotzdem die ganze Sache nicht erzählen sollen! Aber Professor Sun Thien Ho hatte mir diese Aufgabe so ans Herz gelegt, dass ich Van Nu San bewegen musste, unseren Auftrag um diese Exkursion in die Bergregionen der Tà Ôi und Co Tu auszuweiten. In seinem Vertrag war sie nicht enthalten. Wie Professor Ho an Unterlagen über einen möglichen Dioxingehalt der Entlaubungsmittel Agent orange und Agent blue gekommen war, hatte er mir nicht verraten. Aber seine Verbindung in die Staaten galt als zuverlässig und seine Sorgen deshalb verständlich.

   Die Nacht verbrachten wir in einer Siedlung am Fluss, deren Bewohner zur Sprachfamilie der Tai-Kadai und einer Volksgruppe der Pa Co gehörten, die sich zu den Ureinwohnern des Landes rechneten. Das gab mir am folgenden Tag die günstige Gelegenheit, für Thomas die erbetenen Schlamm- und Bodenproben zu nehmen. Gegen Mittag erst brachen wir auf, und ich hätte es für einen Spaziergang gehalten, wäre nicht in Sans Benehmen etwas gewesen, was meine Hingabe an dieses Gefühl immer mehr störte. Er hielt das Boot noch mehr unter Land als am Tage zuvor und hatte ständig das jenseitige Ufer im Auge. Den Kopf hielt er dabei nach vorn geneigt, und sein Körper schien von einer anhaltenden Spannung erfasst, als erwarte er jeden Augenblick von einem Ereignis zu erfahren, von dem er „wusste“, dass es unmittelbar bevorstand. Er zeigte aber keine Unruhe oder Furcht; er verhielt sich viel mehr in einer Erwartung des Unvermeidlichen.

   Wir machten an diesem Abend kein Feuer und aßen Bohnen mit Schweinefleisch aus der Dose. Ich entwickelte ihm den letzten Abschnitt unseres Arbeitsplans und rechnete aus, wann wir flussabwärts die Heimreise antreten würden. Wir könnten so in zwei Tagen über Bình Điền die Fernstraße neunundvierzig erreichen, die, gut ausgebaut, einen Busverkehr nach Huế hatte, oder über den Unterlauf des Hųū Trach am Delta ankommen, wo sich der Parfüm-Fluss in eine Vielzahl kleiner Läufe teilt, die teils der Bewässerung von Reisfeldern dienen, teils durch ein steiniges Moor dem fernen Meer zustreben. Van Nu San hatte sein Lager vier Fuß von meinem aufgeschlagen, antwortete einsilbig und schließlich überhaupt nicht mehr. Das war der letzte Eindruck, der mir von ihm geblieben ist.

 

 

3

 

„Ich habe Ihnen etwas Reis aufgehoben“, unterbrach die Stille des Raumes eine Stimme, die sich wie ein fast lautloses Geschoss durch die gläserne Kugel der Stille gebohrt hatte und nun dicht hinter mir stand. Ich drehte mich um und musterte den Schatten. In den Streifen Tageslicht, die durch die Fugen der behauenen Stämme fielen, erkannte ich, dass es Calinat war. Sein Gesicht schien mir eingefallen und müde. In den letzten dreißig Stunden war ihm ein Stoppelbart gewachsen, der diesen Eindruck verstärkte. „Sie schliefen so fest, keine zehn Teufel hätten sie zum Stehen, schon gar nicht zum Essen gebracht.“ Damit reichte er mir die Schüssel mit einer Bewegung, die mich an eine sakrale Handlung erinnerte. Er hielt sie in beiden Händen. Es war ein kalter klebriger Reis.

   Während ich ihn mit den Fingern zu kleinen Kugeln formte und in den Mund stopfte, spürte ich, dass ich gewaltigen Hunger hatte. „In dem Kanister ist Wasser“, fuhr der Major fort, „wir haben es aus den Schüsseln getrunken und den Reis derweil auf den Tisch geschüttet.“ Ich nickte, ohne mit Kauen aufzuhören. Ich hätte es ja genauso gemacht, nur musste ich jetzt keinen Reis mehr aus der Schüssel schütten, weil sie schon fast leer war. Außerdem hatte ich schon getrunken. „Wir werden sicher nicht hierbleiben.“ Die Stimme des Offiziers war gedehnt und müde, „hier dürfte es kaum einen Verwendungszweck für uns geben.“ Calinat lauschte seiner Stimme nach, und das Unwirkliche des Raumes mochte auch ihn bedrücken. „Ich will den Oberst wecken, er hat es mir aufgetragen“, fuhr Calinat fort. „Er rechnet damit, in den Morgenstunden als Erster zu einem, na sagen wir, Verhör geholt zu werden. Er will wach sein, wenn sie ihn holen - und natürlich rasiert.“

   Der Major wandte sich dem hinteren Teil des Raumes zu und musste den Oberst auch gefunden haben, denn es gab bald Stimmen und Bewegungen im Dunkel, wo das schmale Licht noch nicht hinreichte. Dies mochte wie ein Signal gewirkt haben, denn nach und nach standen ein halbes Dutzend Männer um den Tisch und nahmen einen Schluck Wasser aus dem Kanister und sprachen bald laut, bald leiser miteinander.

   Der Oberst hatte sich dicht an der Wand auf eine der Bänke gesetzt, eine Reisschale mit etwas Wasser vor sich, so dass ein schmaler Lichtschein auf sein Gesicht fiel. Er seifte mit den Fingern sein Gesicht ein, langsam und bedächtig, als gelte es, sich für einen Empfang mit Damen vorzubereiten.

   Draußen war es noch immer ruhig, das erstaunte mich. Durch die ungefügen Stämme drang zwar das Tageslicht herein, aber ich konnte nicht hindurchsehen. Am anderen Ende der Bank begann der Major den Oberst zu rasieren. Da ein Spiegel fehlte, sicher ein notwendiger Dienst an der höchsten Autorität, die er hier hatte.

   Über uns war ein seltsames Geräusch, das aus der Decke zu kommen schien. Der Major unterbrach sein Handwerk und lehnte das Ohr an die Wand. Auch am Tisch war es still geworden. Das Geräusch schwoll an, und wir erkannten es wohl zur gleichen Zeit: Es war offensichtlich eines der Cessna- Flugzeuge, das in ziemlicher Höhe über den Bergen kreiste. „Sie suchen uns“, sagte einer der Männer, und ich meinte mehr Spannung als Hoffnung aus seinen Worten zu hören. Das ferne Brummen wurde leiser, schwoll wieder an und verlor sich endlich in dem Atem der Männer.

   Wir standen noch eine Zeit regungslos, als hätten wir Einfluss auf die Welt außerhalb unserer Dunkelheit. „Ein gottverdammtes Land!“, das war wieder die Stimme des Deutschen, die mich am Tag zuvor so eigentümlich berührt hatte.

   Inzwischen waren wohl alle Männer aufgestanden. Einige massierten und rieben ihre kalten Gelenke, die meisten debattierten über das Flugzeug. Über Sinn und Unsinn solcher Unternehmungen und die möglichen Konsequenzen, die sie für uns haben könnten.

    Es musste fast mittags sein, als der Platz vor unserem Haus in Bewegung kam. Die Tür wurde geöffnet, und das helle Tageslicht schmerzte in meinen Augen. Zwei Frauen in Uniform trugen einen Kessel zu dem Tisch und eine Kanne, den Kanister nahmen sie mit. Die Männer an der Türe trugen lange Palmzweige an ihren Tropenhelmen und Gewehre in den Händen. Ein Offizier trat in die Tür und rief in Französisch den Oberst zu sich. Er sprach kurz auf ihn ein und nahm ihn dann mit sich. Inzwischen waren von außen zwei kleine, mit Draht versehene Fensteröffnungen freigemacht worden, die den Raum, auch als die Tür wieder verschlossen war, einigermaßen erhellten.

    Der Kessel auf dem Tisch enthielt eine Art Suppe aus Gemüse und Reis, die wir mit einer großen Holzkelle in die Blechschüsseln verteilten, in denen am Tag zuvor der Reis gebracht worden war. Der Major hielt mit einer fast hilflosen Geste seine Rasierschüssel in den Händen, unschlüssig, was er mit dem Seifenschaum machen sollte. Keiner kam ihm dabei zu Hilfe, und so schwappte er schließlich den Inhalt in den Fensterdraht unterhalb der Decke.

   Die Suppe schmeckte nach nichts, das Gemüse nach holzigem Kohlrabi, ohne Salz mit einem Anflug von Lauch. Aber sie war heiß, und wir alle hatten Hunger. Ich wünschte mir einen kräftigen Kanten Schwarzbrot dazu, warm und würzig, wie ich es aus meiner Kindheit kannte. Und ich gedachte mit einer Art Selbstvorwurf all der unzähligen Kanten Brot, die ich in Hochmut und Nichtachtung in meinem Leben weggeworfen hatte. Ein Gedanke nur. Fast ein Zwang, in die Erinnerung einzutauchen …

„Lug, Lug!“ Frijas Stimme klang ärgerlich. Ich wusste, sie würde noch zweimal rufen und es dann aufgegeben. Ludwig hatte sie mich nie genannt, und seit dem Tod meiner Frau war dieser Name völlig in Vergessenheit geraten. Thomas nannte mich hin und wieder Heinrich nach meinem zweiten Vornamen. Er war einer der wenigen deutschen Namen, die er kannte. Er hatte ihn in der High School in Goethes Faust gelesen und wendete ihn immer dann an, wenn er an einem Deutschen etwas Anerkennenswertes fand. „Lug“, Frijas Stimme ertönte jetzt ganz in meiner Nähe, gedehnt und resigniert. Sicher war das Essen fertig, aber ich verspürte keine Neigung nach Essen und Gesellschaft. Ich wollte allein sein.

   Ich saß zwischen den Holzpfeilern im Schatten unter der Terrasse und hing meinen Gedanken nach. Frija achtete mit den Mahlzeiten sehr auf Pünktlichkeit, und da ich allein war, wachte sie über mich wie eine Glucke. Forster hatte sie irgendwo aufgelesen; ich glaube in Macau oder Bangkok. Sie war eine große kräftige Frau mit rotblonden Haaren, in Hongkong aufgewachsen und irischer Abstammung. In den fernen Osten war sie mit einem Mann gekommen, der sie irgendwann verlassen hatte. Wir sprachen nicht darüber. Sie war eine praktische Frau und hatte bald das Heft fest in der Hand. Forster war im Grunde froh darüber. Alle Dinge, die nicht direkt mit seiner Arbeit zu tun hatten, erfüllten ihn mit Widerwillen. Er war eine zutiefst sensible Natur, und mir war nie klar geworden, was ihn mit dieser nüchtern denkenden Frau verband. Dabei hatte sie etwas Mütterliches, und ihre Aufopferung kannte, wenn es ihr erforderlich schien, keine Grenzen.

   Ich wusste, sie würde jetzt das Essen vom Herd schieben und selbst nichts essen. Sie lebte überhaupt nur für andere, und das nicht nur in der Küche. Mich hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht, seit ich Forster das erste Mal nach Hause begleitet hatte. An Worten und Gesten gemessen, so schien mir, brachte sie für mich mehr Fürsorge auf als für Thomas, so, als sei die Hingabe und Fürsorge für ihn eine gottgewollte Selbstverständlichkeit. Während Tom und ich im Grunde Atheisten waren, lebte sie mit einer eigenen Frömmigkeit. Ihr Gott hatte zwei wesentliche Eigenschaften: Er schuf die Berge und ließ das Gras wachsen und übte Rache an den Frevlern. Ich glaubte, diese Eigenschaft gab sie ihrem Gott, um den Mann ihrer Vergangenheit nicht ungeschoren davonkommen zu lassen. Hilfe erwartete sie nicht von Gott, nur von sich selbst. Nur einmal hatte ich sie „Gott!“ rufen hören, als ich meinen ersten schweren Malariaanfall bekam. „Tom“, hatte sie geschrien, „Lug stirbt, tu etwas!“ Ihre Augen waren schreckgeweitet auf mich gerichtet. „Gott, lass Lug nicht sterben!“ Und während das Fieber meinen Geist überspülte, begann sie mich auszuziehen.