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© 2021 Martin Maria Reinkowski
Satz, Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7534-3810-8
Die Route durch das ehemalige Jugoslawien
AVNOJ | Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens (Antifašističko vijeće narodnog oslobodjenja Jugoslavije) |
BiH | Bosnien-Herzegowina (Bosna i Hercegovina) |
DEMOS | Demokratische Opposition Sloweniens (Demokratska opozicija Slovenije) |
EG | Europäische Gemeinschaft |
FNRJ | Föderative Volksrepublik Jugoslawien (Federativna Narodna Republika Jugoslavija) – 19461963 |
FYROM | Former Yugoslav Republic of Macedonia |
HDZ | Kroatische Demokratische Union (Hrvatska demokratska zajednica) |
HVO | Kroatischer Verteidigungsrat (Hrvatsko vijeće obrane) |
ICTY | International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia |
JCE | Joint Criminal Enterprise (Gemeinsames kriminelles Unternehmen) |
JNA | Jugoslawische Volksarmee (Jugoslovenska Narodna Armija) |
KPJ | Kommunistische Partei Jugoslawiens |
LDK | Demokratische Liga des Kosovo (Lidhja Demokratike e Kosoves) |
NDH | Unabhängiger Staat Kroatien (Nezavisna država Hrvatska) |
ONO | Allgemeine Volksverteidigung (Opštenarodna odbrana) |
OZNA | Abteilung zum Schutz des Volks (Odeljenje za zaštitu naroda) |
OSZE | Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa |
RTV SLO | Radiotelevizija Slovenija |
SANU | Serbische Akademie der Wissenschaften und Künste (Srpska akademija nauka i umetnosti) |
SDA | Partei der Demokratischen Aktion (Stranka demokratske akcije) |
SDS | Serbische Demokratische Partei (Srpska demokratska stranka) |
SHS | Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Kraljevina srba, hrvata i slovenaca) |
SIV | Bundesexekutivrat (Savezno izvršno veće) = Bundesregierung |
SFRJ | Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija) – 1963-1991 |
SKJ | Bund der Kommunisten Jugoslawiens (Savet komunista Jugoslavije) |
TAS | Automobilfabrik Sarajevo (Tvornica automobila Sarajevo) |
UCK | Kosovo-Befreiungsarmee (Ushtria Clirimtare e Kosoves) |
UDB | Staatssicherheitsdienst (Uprava državne bezbednosti) |
UNS | Ustascha-Geheimpolizei (Ustaška nadzorna služba) |
VMRO | Innere Makedonische Revolutionäre Organisation |
VMRO-DPMNE | VMRO – Demokratische Partei der Makedonischen Nationalen Einheit |
395 | Teilung des Römischen Reichs in Westrom (Rom) und Ostrom / Byzanz (Konstantinopel) |
476 | Untergang von Westrom |
910 | Tomislav wird Herzog von Kroatien, schafft kroatisches Reich; König von 925 bis 928 |
1054 | Christliche Kirche teilt sich in West- (katholisch) und Ost-Kirche (orthodox) |
1102 | Kroatische Krone geht an Ungarn |
1170 | Serbisch-byzantinisches Nemanjiden-Reich entsteht |
1200 | Ban Kulin, bosnischer Fürst, weitet sein Territorium stark aus |
1204 | Eroberung und Plünderung Konstantinopels durch katholische Kreuzritter, Ostrom / Byzanz wird zum Stadtstaat |
1217 | Staat der Nemanjiden wird Königreich |
1346 | Dušan lässt sich in Skopje zum Kaiser der Serben und Griechen krönen |
1355 | Dušan stirbt, das Nemanjidenreich zerfällt in Fürstentümer |
1377 | Der bosnische König Tvrtko I. lässt sich zum König der Serben, Bosniens, des Küstenlandes und der westlichen Länder krönen |
1389 | 28. Juni: Schlacht auf dem Amselfeld zwischen Osmanen und Christen |
1448 | Zweite Amselfeld-Schlacht: die Osmanen erobern den Balkan |
1453 | Die Osmanen nehmen Konstantinopel ein |
1499 | Herrscherhaus Montenegros übergibt Rechte und Güter an Osmanen |
1513 | Rechtsautonomie für Montenegro; pauschale Abgaben an Istanbul |
1529 | Osmanen gelangen das erste Mal bis vor Wien |
1557 | Istanbul lässt die einbögige Brücke von Mostar erbauen |
1571 | Bau der Brücke von Višegrad durch Großwesir Mehmed Pascha Sokolović |
1699 | Frieden von Karlowitz: Ende der osmanischen Vorstöße nach Mitteleuropa; Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich und Venedig legen Grenzen fest |
1804 | Erster serbischer Aufstand gegen das Osmanische Reich |
1809-13 | Napoleon gründet illyrische Provinzen im Raum von Alpen und Adria |
1814 | Österreich wandelt Provinzen in »Königreich Illyrien« um (bis 1849) |
1815-17 | Zweiter serbischer Aufstand |
1823 | Vuk Karadžić, serbischer Sprachforscher, trifft Goethe in Weimar |
1830 | Serbien wird autonomes Fürstentum im Osmanischen Reich; kroatischer Sprachforscher Ljudevit Gaj gründet Illyrische Bewegung, Beginn des Jugoslawismus |
1846 | »Der Bergkranz« von Njegosch und »Der Tod des Smail-Aga Čengić« von Ivan Mažuranić erscheinen: die Kosovo-Schlacht als jugoslawischer Mythos |
1848 | Anhänger des Illyrismus in Slowenien und Kroatien unterstützen Kaiserhaus in Wien gegen die Revolution |
1850 | Wiener Abkommen zur serbokroatischen Sprache |
1862 | Auf Beschluss der Großmächte werden »Türken« aus Serbien ausgesiedelt |
1866 | Bischof Strossmayer und der Historiker Franjo Rački gründen in Zagreb die Jugoslawische Akademie der Wissenschaften und Künste |
1875 | Aufstand der christlichen Bauern in Bosnien-Herzegowina |
1878 | Bildung der Liga von Prizren; Berliner Kongress: Bosnien-Herzegowina kommt unter Verwaltung Österreich-Ungarns, Serbien und Montenegro werden unabhängig |
1882 | Serbien wird Königreich |
1903 | Serbische Offiziere ermorden König Aleksandar Obrenović, das Haus Karadjordjević kommt in Belgrad an die Macht; Aufstand der Makedonier gegen das Osmanische Reich |
1908 | Österreich-Ungarn annektiert Bosnien-Herzegowina; Sandžak wird zwischen Serbien und Montenegro aufgeteilt |
1910 | Montenegro wird Königreich |
1911 | Gründung des Geheimbunds »Schwarze Hand« in Belgrad |
1912 | Erster Balkankrieg: Serbien, Montenegro, Bulgarien und Griechenland verdrängen Osmanen aus Europa 28. November: Ismail Qemali ruft Staat Albanien aus |
1913 | 30. Mai: Anerkennung der neuen Grenzen auf dem Balkan im Londoner Vertrag, Gründung Albaniens 29. Juni: Zweiter Balkankrieg: Bulgarien kämpft vergeblich um Gebietserweiterung, Osmanen erobern Edirne zurück |
1914 | 28. Juni: Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo 28. Juli: Österreich erklärt Serbien den Krieg; Erster Weltkrieg |
1916 | Sieg der Serben gegen die Bulgaren in der Schlacht am Kajmakčalan |
1917 | Deklaration von Korfu: Kroaten, Slowenen und Serben propagieren ein jugoslawisches Königreich |
1918 | September: Durchbruch der Alliierten an der Thessaloniki-Front durch serbisch-französische Offensive 3. November: Waffenstillstand, Ende von Österreich-Ungarn 1. Dezember: Ausrufung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen |
1921 | Parlament in Belgrad beschließt zentralistische Verfassung |
1929 | Ermordung von Stjepan Radić, des Führers der kroatischen Bauernpartei im Parlament in Belgrad; Staatskrise: König Aleksandar setzt Verfassung außer Kraft und ruft das Königreich Jugoslawien aus |
1939 | Beschluss, eine Banschaft Kroatien zu schaffen, zu der große Teile Bosnien-Herzegowinas gehören würden; wird nicht mehr umgesetzt |
1941 | 6. April: Überfall Deutschlands auf Jugoslawien, Belgrad wird bombardiert, Hitler hievt in Zagreb Ustascha an die Macht und zerstückelt Jugoslawien 10. April: Ausrufung des großkroatischen NDH-Staats Mai–August: erste Massaker der Ustascha an den Serben; August: Deutsche installieren in Belgrad Kollaborationsregierung um General Milan Nedić Oktober: Wehrmacht erschießt in Kragujevac und Kraljevo in Serbien 7000 Geiseln |
1943 | Januar: deutscher Feldzug gegen Partisanenrepublik von Bihać März: Schlacht an der Neretva in Jablanica, Titos Partisanen entkommen deutscher Übermacht Mai–Juni: Schlacht an der Sutjeska: Partisanen entweichen aus deutscher Einkesselung 25. Juli: faschistischer Diktator Benito Mussolini in Italien gestürzt 3. September: Italien kapituliert, Rückzug vom Balkan |
17. September: Churchills Gesandter Fitzroy Maclean springt über Bosnien ab und gelangt in Titos Hauptquartier 29. November: Kriegsparlament der Volksbefreiungsbewegung gründet in Jajce das zweite Jugoslawien 30. November: Konferenz der Alliierten in Teheran | |
1944 | Februar: in Prizren entsteht albanische SS-Division Skanderbeg; in Bosnien kämpft die muslimische SS-Division Handschar gegen Titos Partisanen 13. Juli: Hitler erkennt Großalbanien als unabhängigen Staat an 20. Oktober: Einnahme Belgrads durch Partisanen und Rote Armee |
1945 | 6. Mai: Partisanen rücken in Zagreb ein 8. Mai: Bedingungslose Kapitulation Deutschlands 14./15. Mai: Ustascha-Verbände und andere Kollaborateure der Wehrmacht verweigern Kapitulation, kämpfen weiter gegen die Partisanen und wollen sich in britische Zone in Österreich retten; 40 000 Kollaborateure fallen oder werden hingerichtet; 230 000 Soldaten gehen in Kriegsgefangenschaft, auf dem Weg in die Lager kommen tausende ums Leben |
1946 | Verfassunggebende Versammlung: das Land heißt jetzt Föderative Volksrepublik Jugoslawien (FNRJ) |
1948 | Bruch zwischen Stalin und Tito: Ausschluss Jugoslawiens aus dem Ostblock |
1950 | Bauernaufstand von Cazin in Nordwestbosnien gegen die Kollektivierung |
1951 | Abkommen Jugoslawiens mit den USA über militärischen Beistand |
1952 | Kommunistische Partei wird zum Bund der Kommunisten Jugoslawiens |
1961 | Tito und andere Staatschefs gründen in Belgrad die Blockfreien-Bewegung; Ivo Andrić erhält den Literaturnobelpreis |
1963 | Jugoslawien wird umbenannt in SFRJ (Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) 26. Juli: Erdbeben von Skopje 17. Oktober: Tito zu Gast bei John F. Kennedy im Weißen Haus |
1966 | 4. Juli: Eröffnung der KZ-Gedenkstätte Jasenovac in Kroatien, Gedenken an die 200 000 Opfer in allen kroatischen KZs |
1966/68 | Verträge Jugoslawiens mit Wien und Bonn über Gastarbeiter |
1968 | Ende des Prager Frühlings, Jugoslawien gründet Territorialverteidigung in den Teilrepubliken; Anerkennung der Bosnjaken als sechste Staatsnation |
1970 | »Islamische Deklaration« von Alija Izetbegović |
1971 | »Kroatischer Frühling«: Nationalistischer Aufstand in Kroatien |
1974 | Verfassungsreform: die sechs Teilrepubliken und die zwei autonomen Provinzen werden massiv gestärkt, Bund wird entscheidend geschwächt |
1980 | Staatschef Josip Broz Tito stirbt im Alter von 87 Jahren |
1981 | Nationalistischer Aufstand der albanischen Mehrheit im Kosovo; »Erscheinungen« in Medjugorje in der Herzegowina |
1984 | Olympische Winterspiele in Sarajevo |
1987 | Pleite des Konzerns Agrokomerc in Velika Kladuša |
1989 | Serbischer Präsident Milošević nimmt Kosovo und Vojvodina die Autonomie; 28. Juni: Milošević auf dem Amselfeld zum 600. Jahrestag der Schlacht von 1389 |
1990 | Erste Mehrparteienwahlen nur in den Teilrepubliken, nicht im Bund; geheimer Aufbau der Untergrundarmee |
UCK im Kosovo beginnt; in der kroatischen Verfassung werden Serben zur Minderheit erklärt | |
1991 | 31. März: Gefecht an den Plitwitzer Seen zwischen serbischen und kroatischen Milizen 25. Juni: Slowenien, Kroatien und Makedonien erklären sich für unabhängig 27. Juni: Zehn-Tage-Krieg in Slowenien beginnt 1. Juli: der Kroate Stipe Mesić wird letzter Staatspräsident Jugoslawiens 7. Juli: Friedenskonferenz von Brioni 18. Juli: Jugoslawische Volksarmee zieht aus Slowenien ab 1. August: Volksarmee und serbische Verbände beginnen mit »ethnischer Säuberung« in Kroatien 14. September: kroatischer Präsident Tudjman befiehlt Angriff auf Kasernen der Volksarmee, JNA antwortet mit Großoffensive; Zerstörung Vukovars; Massaker mit 200 Toten bei Vukovar 3. Oktober: Staatspräsident Mesić verlässt seinen Amtssitz 19. Dezember: deutsche Regierung Kohl/Genscher erkennt im Alleingang Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens an 20. Dezember: der jugoslawische Regierungschef Ante Marković tritt zurück |
1992 | 1./2. März: Bosnien-Herzegowina erklärt sich für unabhängig; Überfall auf serbische Hochzeitsgesellschaft in Sarajevo; bosnische Serben beginnen mit der Errichtung von Barrikaden 5. April: Friedensdemonstration in Sarajevo, bosnjakische Studentin und Kroatin auf Vrbanja-Brücke erschossen 6. April: EG erkennt bosnischen Staat an, Beginn des Bürgerkriegs |
30. Mai: UN-Embargo über Rest-Jugoslawien verhängt | |
1993 | Mai: Krieg zwischen Kroaten und Muslimen in Bosnien (bis März 1994), Kroaten belagern Ost-Mostar |
1994 | Juli: Hans Koschnick geht als EU-Verwalter nach Mostar |
1995 | Mai: Emir Kusturica erhält in Cannes zweite Goldene Palme für seinen Film »Underground« Juli: bosnische Serben ermorden in Srebrenica 8000 bosnische Muslime August: Kroatien erobert Republik Krajina, vertreibt 200 000 Serben Dezember: Friedensvertrag von Dayton, Kriegsende in Kroatien und Bosnien |
1996 | Krieg serbischer Sicherheitskräfte und der Untergrundarmee UCK im Kosovo, Kosovo-Albaner fliehen nach Albanien und Makedonien |
1998 | 5. März: serbische Polizei und Armee vernichten im Kampf gegen die UCK den Jashari-Clan |
1999 | 15. Januar: »Massaker« von Recak im Kosovo 23. März: Milošević verweigert Unterschrift unter Vertrag von Rambouillet 24. März: Beginn des Nato-Bombardements auf Serbien 13. Juni: Abzug serbischer Sicherheitskräfte aus dem Kosovo, UN-Verwaltung |
2000 | 5. Oktober: Massendemonstrationen der Opposition in Serbien bewegen Staatschef Milošević zum Rücktritt |
2001 | Januar: Zoran Djindjić wird Premier in Serbien; in Makedonien beginnt die neue UCK einen Krieg gegen die Sicherheitskräfte August: Frieden von Ohrid: mehr Rechte für Albaner in Makedonien |
2003 | 12. März: serbischer Premier Zoran Djindjic wird ermordet |
2004 | Slowenien wird Mitglied von Nato und EU |
2006 | Montenegro tritt aus der Staatenunion Serbien und Montenegro aus und wird unabhängig |
2008 | Kosovo erklärt seine Unabhängigkeit |
2009 | Kroatien und Albanien werden Nato-Mitglied |
2013 | Kroatien wird EU-Mitglied |
2017 | Montenegro wird Nato-Mitglied |
2019 | Makedonien benennt sich um in Nordmakedonien, Griechenland erkennt den Staat an |
2020 | Nordmakedonien wird Nato-Mitglied |
Route durch das ehemalige Jugoslawien
Byzantinisches Reich 1200
Osmanisches Reich 1475
Balkan nach dem Wiener Kongress 1815
Jugoslawien vor 1918
Ethnien in Jugoslawien 1989
Banschaften im Jahr 1929
Jugoslawien 1941
Serbisches Königreich 1355
Jugoslawien 1945 bis 1991
Wie uns der Zugang zu einem ganzen Landstrich verstellt wird
Fassungslos standen wir in den 1990er Jahren vor dem grausamen Bürgerkrieg in Jugoslawien. Warum? Wir wussten einfach zu wenig. Das Abendland hat den Balkan immer ignoriert. Nicht einmal, was im Zweiten Weltkrieg dort geschah, ist uns bewusst. Dabei ist genau das unabdingbar, um den Bürgerkrieg zu verstehen.
Am späten Nachmittag des 26. Juli 1991 fährt Egon Scotland von Zagreb in Kroatien nach Süden, in Richtung der bosnischen Grenze. Der Reporter der Süddeutschen Zeitung aus München möchte zusammen mit dem Radiojournalisten Peter Wüst, auch er aus Deutschland, in die 70 Kilometer entfernte Kleinstadt Glina. Denn Scotland hat gehört, dass sich Kollegen nicht wie verabredet aus Glina zurückgemeldet haben. »Wir müssen sie suchen«, sagt er zu Wüst. Gegen 20 Uhr passieren Scotland und Wüst im Dorf Prekopa kurz vor Glina den letzten Kontrollposten der kroatischen Milizen. Wüst sitzt am Steuer seines BMW mit deutschem Kennzeichen. An die Windschutzscheibe haben sie ein großes weißes Schild mit der Aufschrift »Presse« geklebt.
Als sie nach Glina gelangen, springt ein kroatischer Reporter auf die Straße und hält den Wagen an. Er warnt Scotland und Wüst: »Nicht weiterfahren. Da wird geschossen.« Aber die beiden lassen sich nicht aufhalten, sie wollen jetzt erst recht die Kollegen finden. Nach ein paar hundert Metern treffen sie auf den Wagen, den sie suchen. Der Renault mit Wiener Kennzeichen steht mitten auf der Straße, die Türen sind geöffnet, die Warnblinkanlage blinkt. Jetzt fallen Schüsse – von vorne, aus Richtung der Barrikade, welche die serbischen Milizen etwa 800 Meter weiter auf der Straße errichtet haben, auf einer Bachbrücke kurz vor dem Ortskern von Glina. Eine Kugel vom Kaliber 7,9 Millimeter durchschlägt den rechten Scheinwerfer von Wüsts BMW, dringt durch den Motorraum ins Auto ein und trifft Scotland in die Bauchschlagader. Eine Stunde später verstirbt er im Krankenhaus der Kreisstadt Sisak. Scotland ist einer von insgesamt 44 Journalisten, die in diesem Krieg ums Leben kommen.1
Egon Scotland war kein Draufgänger und schon gar kein Anfänger. Er hatte bereits mehrere Reportagen aus Jugoslawien geliefert – über den aufkeimenden Bürgerkrieg, der zum Zerfall des Landes führen sollte; über die jugoslawische Teilrepublik Kroatien, die sich einen Monat zuvor für unabhängig erklärt hatte; und über die in Kroatien seit Jahrhunderten ansässige serbische Bevölkerung, die in Jugoslawien bleiben wollte und deshalb ihrerseits im Grenzgebiet zu Bosnien eine eigene serbische Republik ausgerufen hatte. Scotland schrieb auch über die Ängste und den Hass, welche der Zweite Weltkrieg hinterlassen hatte – als hier die von Hitler-Deutschland an die Macht gehievten kroatischen Ustascha-Faschisten systematisch Serben, Juden und Roma ermordeten.
Aber hätten Scotland und Wüst auch wissen müssen, dass sie nur drei Tage vor einem wichtigen Gedenktag nach Glina fuhren – nämlich dem 50. Jahrestag eines Massakers, bei dem die Ustascha am 29. Juli 1941 rund 400 Serben in Glina umgebracht hatten?2 Hätten Scotland und Wüst wissen müssen, dass der Gedenkort an dieses Massaker unweit hinter der Barrikade der serbischen Milizen lag? Hätten sie deshalb wissen müssen, dass die Serben den Kampf um die Stadt Glina, wo sie zwei Drittel der Einwohner stellten3, an diesem 26. Juli 1991 besonders verbissen führen würden? Hätten Scotland und Wüst damit rechnen müssen, dass sich die jugoslawische Bundesarmee nicht zwischen die kroatischen und serbischen Milizen, sondern auf die Seite der Serben stellen würde? Und konnten sie ahnen, dass ihr deutsches Autokennzeichen in diesem Fall keine Neutralität signalisierte, sondern die Lage wohl eher verschärfte? Dass ein serbischer Scharfschütze sogar auf ein Auto mit deutschen Journalisten schießen würde – falls denn das Presseschild erkennbar war?
Nein. Scotland und Wüst konnten nicht wissen, dass sie in eine Kleinstadt fuhren, die 50 Jahre nach den Geschehnissen von 1941 immer noch traumatisiert war – und es bis zum heutigen Tage ist, wie der Historiker Igor Mrkalj schreibt, der in Glina lebt.4 Die Abgründe, die sich hier im jugoslawischen Bürgerkrieg auftaten, 600 Autokilometer südöstlich von München, waren außerhalb unserer Vorstellungskraft. Wir ahnten nicht, wie präsent der Zweite Weltkrieg noch war. Wir hatten keinen Begriff davon, dass es im Vielvölkerstaat Jugoslawien nicht nur viele Völker gab, sondern dass diese auch bunt gemischt zusammenlebten; dass es schon lang vor dem Bürgerkrieg zu nationalistischen Vorfällen gekommen war5 und die Staatsführung deshalb umso mehr das Prinzip der »Brüderlichkeit und Einheit« der jugoslawischen Völker hochhielt. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass es zur Explosion kommen würde, wenn sich nun neue Nationalstaaten bildeten.
Denn wir wussten alle einfach zu wenig über Jugoslawien und den Balkan – abgesehen von Fachhistorikern und all denen, die in Jugoslawien lebten oder dort aufgewachsen waren. Warum hatten wir den Balkan nicht auf dem Radarschirm? Er war uns völlig entfremdet. Die Gründe dafür reichen weit zurück, tatsächlich fast eintausend Jahre, bis zur Kirchenteilung von 1054. In diesem Jahr trennten sich die West- und die Ostkirche, das heißt die römischkatholische und die orthodoxe Kirche. Ostrom geriet dadurch völlig aus dem Blick des Abendlands – und das, obwohl das Byzantinische Kaiserreich lückenlos fortbestand bis zum Jahr 1204, als nämlich katholische Kreuzritter die Hauptstadt Konstantinopel plünderten, das heutige Istanbul. Als Stadtstaat blühte Byzanz, dessen Bewohner sich Römer nannten, noch bis 1453.
Das Byzantinische Reich um 1200
Warum haben wir tausend Jahre Byzanz verdrängt, vergessen? Deshalb, weil das katholische Abendland sich selbst als den Erben Roms ansah und inszenierte. Karl der Große ließ sich im Jahr 800 zum Kaiser krönen, also mehrere hundert Jahre nach dem Zusammenbruch Westroms von 476, und knüpfte damit an die antike Tradition an. Dann kamen die Ottonen, die nach der Vernichtung des Byzantinischen Reichs im Jahr 1204 von ihrem Heiligen Römischen Reich sprachen.
So, wie das Abendland Byzanz vergessen hat, so hat es auch den Balkan abgeschrieben, dessen Bewohner zum größten Teil orthodoxen Glaubens sind. Nur der Nordteil, also das heutige Slowenien und Kroatien, wurden von Österreich und Ungarn katholisiert. Wobei der Balkan aus abendländischer Sicht erst im 15. Jahrhundert so richtig finster wurde. Da verleibte sich nämlich das Osmanische Reich die Region ein, im Jahr 1529 standen die Osmanen zum ersten Mal vor Wien. Noch mehr als Byzanz verdrängte das Abendland das Osmanische Reich und seine muslimische Kultur. Wir wissen wenig über die Osmanen, mehr über die »Türkenkriege« und die zwei Belagerungen Wiens. Erst beim Balkankrieg von 1912 verließen die Osmanen das europäische Festland. Viele Muslime blieben, vor allem in Bosnien.
Das Osmanische Reich im Jahr 1475
Was folgte, ist uns unter dem Schlagwort »Balkanisierung« bekannt: der Zerfall des Osmanischen Reichs und Österreich-Ungarns in viele kleine Staaten, der Balkan als zerstückelte Region, geprägt von Gewalt. Wobei wir ignorieren, dass auf dem Westbalkan schon 1918 Serben, Kroaten und Slowenen gemeinsam und freiwillig das Königreich Jugoslawien gründeten – dass also nicht erst Tito und die Kommunistische Partei 1945 Jugoslawien erfanden. Genauso übersehen wir, dass es Deutschland und Österreich waren, die in den beiden Weltkriegen unvorstellbare Gewalt nach Jugoslawien trugen.
Den Umgang mit dem Balkan erschwert uns zusätzlich, dass wir gar nicht wissen, wo er überhaupt ist. Haben die Slowenen und Kroaten darauf eine klare Antwort, dass sie nämlich nicht zum Balkan gehörten, den sie als barbarisch und rückständig ansehen, so ist die Frage aus Sicht der Wissenschaft nicht geklärt. Geographisch gesehen liegt der Balkan auf der Balkanhalbinsel, und das ist das Gebiet südlich der Flüsse Sava und Donau – womit ein guter Teil Sloweniens und ein großer Teil Kroatiens Balkan wären. Wollte man den Balkan historisch-kulturell definieren, dann könnten sich aus ihm zumindest die Slowenen davonstehlen. Denn aus dieser Sicht ist Balkan überall dort, wo Byzanz und Osmanen prägend waren.6 Wobei sich Kroatien dennoch zum Balkan rechnen lassen müsste, da die Osmanen lange Zeit kroatisch besiedelte Gebiete besaßen und der Stadtstaat Dubrovnik zeitweise unter osmanischer Oberhoheit stand.7
Warum uns Tito-Jugoslawien fremd blieb, ist klar: In der Zeit des Kalten Krieges stand ein kommunistischer Einparteienstaat im anderen Lager – auch wenn Jugoslawien Anfang der 1960er Jahre seine Grenzen öffnete und in gewissem Maße Meinungsfreiheit ermöglichte. Was wir übersahen: Jugoslawien war nicht Teil des Ostblocks, sondern stand zwischen den Blöcken in Ost und West. Tito war Mitbegründer der Bewegung der Blockfreien und verschaffte dem Land großes internationales Ansehen. Das sozialistische Jugoslawien ging seinen eigenen Weg und fürchtete sich nicht vor dem Westen, sondern vor einem Einmarsch des Warschauer Pakts.
Zum anderen blieb Staatspräsident Tito für die konservativen Eliten der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs immer eine Art Räuber und Bandenführer.8 Denn dass Titos Partisanen erfolgreich gegen ein großes Aufgebot der Soldaten des Dritten Reichs gekämpft und den Alliierten eine Landung an der Adria erspart hatten, das konnten viele nicht verwinden. Erstaunlich schnell sprang das wiedervereinigte Deutschland seinem alten Waffenbruder Kroatien sowie Slowenien zur Seite, als diese Teilrepubliken 1991 ihre Unabhängigkeit erklärten. Und schnell setzte sich im Bürgerkrieg unwiderruflich das Bild fest vom großen, barbarischen, kommunistischen und serbischen Aggressor – was schwere Kriegsverbrechen der Serben dann scheinbar bestätigten. So die Belagerung Sarajevos und der vom UN-Tribunal in Den Haag als Genozid verurteilte Massenmord von Srebrenica. Es formte sich das Bild vom finsteren Belgrad, das die jugoslawischen Brüder Slowenien und Kroatien nicht aus seiner brutalen Umklammerung lassen wollte – diese Brüder, die doch nur nach Demokratie und Freiheit strebten. Heute würden wir wohl angesichts des neuen Separatismus in Europa – Stichwort Katalonien – zu einem anderen Urteil gelangen. Denn den Zerfall Jugoslawiens haben die beiden wohlhabendsten Regionen herbeigeführt, die unbedingt den föderativen sozialistischen Staat verlassen wollten.
Jugoslawien, das gut 70 Jahre bestand, ungefähr so groß war wie die alte Bundesrepublik Deutschland, aber nur 23 Millionen Einwohner hatte, gilt heute selbst vielen Exjugoslawen eher als Betriebsunfall der Geschichte denn als glanzvolle Zeit. Die Nachfolgestaaten entwickeln jeweils ihr eigenes neues Geschichtsbild, der Geschichtsrevisionismus ist in vollem Gange.9
Hinzukommt, dass angeblich die gemeinsame Sprache Serbokroatisch nicht mehr existiert, sondern die Kroaten Kroatisch sprechen, die Serben Serbisch, die bosnischen Muslime Bosnisch und die Montenegriner Montenegrinisch. In Wahrheit sprechen alle dieselbe Sprache, nur bauen einige Länder ihr jeweils eigenes Vokabular aus – wobei die Kroaten besonders fleißig und erfinderisch sind (Slowenen und Makedonier hatten schon in Jugoslawien ihre eigenen Schriftsprachen). Wem der Westbalkan ohnehin fremd ist, dem wird so der Zugang zur Geschichte des versunkenen Landes Jugoslawien zusätzlich erschwert. Es wächst die Gefahr, sich einfachen Bildern und Legenden anzuvertrauen, welche die neuen Nationalstaaten pflegen.
Schauen wir nach Sarajevo. Die Stadt ist uns Sinnbild für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Nationalitäten, und zugleich für das grauenvolle Scheitern des Vielvölkerstaats Jugoslawien. Nur acht Jahre nach den grandiosen Olympischen Winterspielen vom Februar 1984, als man das weltoffene und multiethnische Sarajevo feierte, begann im März 1992 der Kampf um die Stadt zwischen den bosnischen Serben und den bosnischen Muslimen.
Heute gilt Sarajevo wieder als multiethnische offene Stadt. Dabei ist es dort keineswegs gelungen, die drei großen Ethnien einander wieder anzunähern, nämlich Bosnjaken, Serben und Kroaten, beziehungsweise Muslime, orthodoxe Christen und Katholiken. Denn es gibt in Sarajevo nur wenige, die das wirklich wollen. Die drei Amtskirchen sowieso nicht.
Den Besuchern präsentiert sich die Stadt mit ihren vielen Moscheen, ihren Kirchen und Synagogen als kosmopolitische Metropole. Die Bewohner Sarajevos erleben das freilich anders. In der Stadt leben heute bis zu 90 Prozent Bosnjaken, also Bosnier muslimischer Herkunft. An den öffentlichen Schulen gibt es nur muslimischen Religionsunterricht, wird nur die bosnische Sprache gelehrt, also bosnisches Serbokroatisch. Und die Kinder und Jugendlichen lernen, dass der Bürgerkrieg von 1992 bis 1995 eine »Aggression gegen Bosnien-Herzegowina« durch die Serben und Kroaten gewesen sei und dass die Bosnjaken immer nur Opfer waren.10
Womit es in Sarajevo nicht anders ist als in Banja Luka, der Hauptstadt des serbischen Teils von Bosnien-Herzegowina, in der heute zu 90 Prozent Serben leben. Dort lernen die Schüler Serbisch, es gibt nur orthodoxen Religionsunterricht, und zum »Vaterländischen Verteidigungskrieg«11 heißt es, dass die bosnischen Serben nach dem Zerfall Jugoslawiens auf keinen Fall in einem islamischen Staat leben wollten.
In der West-Herzegowina, wo die Kroaten in der Mehrheit sind, orientiert man sich am Nachbarstaat Kroatien. So kennen sich die jungen Herzegowiner geographisch bestens in der kroatischen Inselwelt aus, weniger in den Landschaften Bosniens. Ihre Eltern haben neben der bosnischen auch die kroatische Staatsbürgerschaft und wählen das Parlament in Zagreb mit. Und natürlich gibt es hier nur katholischen Religionsunterricht, und im Fach Geschichte heißt es, man habe sich im »Vaterländischen Krieg«12 erfolgreich gegen die »großserbische Aggression« verteidigt. Alle drei großen Ethnien in Bosnien-Herzegowina sprechen also nicht von Bürgerkrieg. Sie ignorieren damit bewusst, dass es den gemeinsamen Staat Jugoslawien gegeben hat, in dem alle friedlich zusammenlebten. Und tun alle drei so, als seien sie von außen attackiert worden.13
Den Kindern und Jugendlichen in Bosnien-Herzegowina wird heute, je nachdem wo sie aufwachsen, ein unterschiedliches Weltbild vermittelt. Und wer nicht zur jeweiligen ethnischen Mehrheit gehört, der hat keine Alternative, denn es gibt nur diesen einen Lehrplan. Ausnahme sind in der bosnjakisch-kroatischen Föderation die Kantone Mostar und Travnik, wo Muslime und Katholiken etwa gleich stark vertreten sind. Hier gelten der bosnjakische und der kroatische Lehrplan. Jedoch werden die Schüler feinsäuberlich getrennt. Zwei Schulen arbeiten unter einem Dach – die eine Ethnie kommt vormittags, die andere nachmittags, möglichst noch durch eine Stunde Pause getrennt; oder man zieht einen Zaun über den Pausenhof, damit die Schüler sich nicht nahekommen. So war das tatsächlich in Travnik – inzwischen ist der Zaun entfernt, aber die Schüler kommen zu verschiedenen Tageszeiten.14
Die Jugendlichen in Bosnien-Herzegowina treffen im Extremfall erst an der Universität, also mit 19 Jahren zum ersten Mal aufeinander – wenn überhaupt. Das ist die bittere Realität. Und diese Situation beleuchtet grell, wie viel die Menschen dort, aber auch in den anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens verloren haben.
Auch heute wissen wir noch zu wenig über das ehemalige Jugoslawien. Womit dem Außenstehenden nichts anderes übrig bleibt, als sich – zumindest hier in diesem Buch – auf eine historische Reise durch das versunkene Land zu begeben und sich vor Ort anzuschauen, was aus ihm geworden ist; auf eine Reise über 14 Stationen, die bewusst nicht an die Adria führt, sondern über das schroffe Küstengebirge hinweg ins Landesinnere, in wilde Schluchten, auf hohe Berge, in eher unbekannte Städte; dahin, wo es den Bewohnern des Abendlands immer noch unheimlich ist, wo man aber der Gründung, dem Glanz und dem Verfall des Vielvölkerstaats Jugoslawien näherkommt.
Wer die Reise wagt, dem wird sich die Tür öffnen zu einer Region, die sich immer noch so zeigt, wie sie der Filmemacher Emir Kusturica in seinen Werken beschrieben hat: oft chaotisch, immer überraschend, auf jeden Fall abgründig liebenswert. Kusturica, Regisseur mit Weltruf aus Sarajevo und ein Aushängeschild Tito-Jugoslawiens, ist heute leider kein gemeinsames Kulturgut mehr, genauso wenig wie der Schriftsteller und Nobelpreisträger Ivo Andrić – beide werden heute zum Teil einfach auf die serbische Seite verbucht.
Dabei sind Kusturica und Andrić nur ein Beispiel dafür, dass es keine gemeinsame Erinnerungskultur mehr gibt. Schauen wir nach Glina: Eine Tafel des kroatischen Journalistenverbands erinnert heute an den Tod des Reporters Egon Scotland, der hier »während der Besatzung durch die Jugoslawische Volksarmee und paramilitärische serbische Formationen im Vaterländischen Krieg« tödlich verletzt wurde. Das Museum im Zentrum von Glina, zur Tito-Zeit zum Gedenken an die mehr als tausend massakrierten Serben errichtet, heißt heute »Kroatisches Heim« und beherbergt die Stadtbibliothek. Es gibt keinerlei Hinweis mehr auf die Massaker von 1941; natürlich auch nicht auf die orthodoxe Kirche, die genau hier stand und in der zweimal massenhaft Serben umgebracht wurden – die Ustascha rissen sie gleich danach ab.15 Nur wer den orthodoxen Friedhof am Ortsrand findet, wird dort auf eine große Grabstätte für die Opfer stoßen. Dagegen steht heute unübersehbar am westlichen Stadtausgang von Glina ein Kampfpanzer, der an den »großen Sieg der kroatischen Streitkräfte« erinnert – an die Militäroperation »Sturm« vom August 1995, bei der mehr als 200 000 Serben dauerhaft aus Kroatien vertrieben wurden.
Den Kommandeur der serbischen Milizen in Glina, Dragan Vasiljković, genannt Kapetan Dragan, hat im Jahr 2017 ein Gericht im kroatischen Split zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt, unter anderem wegen des Mordes an Egon Scotland. Zehn Monate später feierte die kroatische Staatsführung den 23. Jahrestag der Operation »Sturm« in Glina. Am Abend des 5. August 2018 spielte die überaus beliebte Rockband Thompson und rief zusammen mit ihren tausenden Fans »Za dom – spremni«, auf Deutsch: »Für die Heimat – bereit«.16 Das ist der alte Schlachtruf der Ustascha und entspricht dem Nazislogan »Sieg heil«.
Die Reporterkollegen, die Egon Scotland an jenem 26. Juli 1991 in Glina suchte, hatten sich in einem Haus in Sicherheit bringen können. Scotland begab sich also umsonst ins Schussfeld der serbischen Scharfschützen. Der Publizist Nenad Popović aus Zagreb beurteilte den Journalisten 20 Jahre nach dessen Tod als einen »wohlmeinenden und naiven Ausländer, der über uns die Wahrheit schreiben wollte und das mit seinem Kopf bezahlen musste«.17 Eine Äußerung, in der sich mehr Lob versteckt, als es zunächst den Anschein hat. Denn Egon Scotland wollte tatsächlich Jugoslawien und dem Bürgerkrieg auf den Grund gehen, wie seine Recherchen zeigten. Falls Popović allerdings suggerieren wollte, dass es der serbische Scharfschütze auf Scotland persönlich abgesehen hatte, so läge er damit falsch. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die serbischen Milizen wussten, wer in dem BMW mit deutschem Kennzeichen saß.
Scotland war ein exzellenter Journalist, außerdem überaus kollegial. Naiv war er nicht. Nur sollten wir nicht so naiv sein und heute einfach die Geschichtsbilder übernehmen, die uns im ehemaligen Jugoslawien von allen Seiten so mundgerecht dargeboten werden.
Wie die Jugoslawen nach dem Ersten Weltkrieg zusammenfanden und welche Rolle ein Bildhauer und zwei Kirchenmänner dabei spielten
Der alte Partisan trägt an diesem Sommerabend einen hellen Anzug, den Hemdkragen hat er offen. Das volle Haar über dem gebräunten Gesicht nach hinten gekämmt, im Mund einen Zigarettenhalter mit Zigarillo, sitzt er am Tisch auf der Terrasse. Ihm gegenüber der alte Bildhauer, mit grauem Kinn- und Schnauzbart, der große runde Kopf ist haarlos bis auf den schwarzen Haarkranz im Nacken. Auch der Bildhauer trägt ein helles Jackett, dazu eine dunkle Krawatte. Lange unterhalten sich der Partisan und der Bildhauer. Schließlich steht der Partisan auf, schließt die Terrassentür zum Haus, geht auf den Bildhauer zu, der ebenfalls aufgestanden ist, und umarmt ihn mit Tränen in den Augen. »Glauben Sie mir, ich bin nicht weniger Kroate als Sie«, sagt er.18
Auf der Adria-Insel Brijuni, besser bekannt unter dem italienischen Namen Brioni, treffen sich im Sommer 1959 zwei Männer, die sich eigentlich nichts mehr zu sagen haben. Der jugoslawische Staatschef Josip Broz Tito, 67 Jahre alt, und der Bildhauer Ivan Meštrović, 76. Meštrović (sprich: Mäschtrowitsch) ist nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Exil in Italien und der Schweiz nicht in das jetzt kommunistische Jugoslawien heimgekehrt, obwohl Tito ihn mehrfach darum gebeten hat. Stattdessen zog der Bildhauer 1947 in die USA. Jetzt ist er zu Gast in Titos Sommerresidenz. Eine Art der Aussöhnung.
Historisches Treffen im Jahr 1959: Tito, Staatschef Jugoslawiens (links), mit dem Bildhauer Ivan Meštrović, einem Vorkämpfer des ersten Jugoslawiens von 1918.
Zwar wird Meštrović nach seinem Urlaub in die USA zurückfliegen – er stirbt Anfang 1962 in South Bend in Indiana. Aber immerhin kommen sich die zwei Männer noch einmal näher. Tatsächlich sind sie beide Kroaten. Meštrović stammt aus dem dalmatinischen Hinterland nahe Split, Tito ist nahe Zagreb an der slowenischen Grenze aufgewachsen. Beide sind sie aber auch echte Jugoslawen, denn Titos Mutter war Slowenin, Meštrovićs Mutter Serbin. Beide haben sie für Jugoslawien, den Staat der Südslawen gekämpft – freilich der eine für das erste Jugoslawien, nämlich das Königreich, das 1918 nach dem Ersten Weltkrieg entstand; der andere für das zweite Jugoslawien, das die Partisanen 1943 mitten im Zweiten Weltkrieg gründen sollten.
So ist der Maschinenschlosser Josip Broz, so Titos richtiger Name, vor dem Ersten Weltkrieg als Wanderarbeiter unterwegs, in Tschechien, in München, bei Benz in Mannheim und Daimler in Wien19 – als Ivan Meštrović schon das kulturelle Fundament für den ersten jugoslawischen Staat legt, zusammen mit der künstlerischen Avantgarde der Slowenen, Kroaten und Serben. In diesem Ersten Weltkrieg kämpft Josip Broz als österreichisch-ungarischer Soldat zuerst gegen Serbien, dann gegen Russland, gerät in Gefangenschaft, schließt sich 1917 den russischen Revolutionären an – während Meštrović, der den Österreichern nicht genehme Jugoslawist, die Kriegsjahre im Exil in Rom, Paris und Genf verbringt, jedoch von 1918 an entscheidend die künstlerische Szene im neu gegründeten Staat der Jugoslawen prägt.
Die Zeit des Josip Broz bricht erst 1941 an, als er nach dem Überfall Hitlers auf das Königreich Jugoslawien erfolgreich den Widerstand organisiert und unter dem Decknamen Tito die kommunistische Partei anführt. Da ist Meštrović schon wieder im Exil, weil ihn die kroatischen Faschisten, die Ustascha verfolgen. Der Bildhauer kehrt aber auch nach 1945 nicht zurück, denn er ist tief enttäuscht von der jugoslawischen Idee, für die er sich so eingesetzt hat: Das Königreich war ihm zu zentralistisch und auf Serbien ausgerichtet, und mit Titos Jugoslawien kann er gar nichts anfangen. Denn ihm geht die Freiheit des Individuums über alles, er ist Antikommunist.20
In seinen letzten Lebensjahren sieht sich Meštrović nicht mehr Jugoslawien, sondern nur der kroatischen Sache verpflichtet. Deshalb die Erklärung Titos an diesem Sommerabend auf der Insel Brioni. Er hat 1949 seinen Vertrauten Milovan Djilas in die USA geschickt, um Meštrović zurückzuholen. Der aber lässt sich nicht erweichen. Dass Meštrović damals trotzdem noch ein Herz für Jugoslawien hat, erweist sich 1951. Da fragt die jugoslawische Teilrepublik Montenegro an, ob er den Entwurf für ein Mausoleum fertigen wolle. Meštrović erklärt sich sofort dazu bereit. Denn es geht um die Grabstätte für den Fürstbischof und Dichterfürsten Njegosch, dessen Versepos »Der Bergkranz« (Gorski Vijenac) aus dem Jahr 1846 ein herausragendes Werk seiner Zeit ist; und als eine der Grundlagen für die gemeinsame jugoslawische Kultur gilt. Es widmet sich einem Vorfahren von Njegosch, nämlich dem Fürstbischof Danilo von Montenegro, dem Begründer der Dynastie der Petrović, und dessen Kampf gegen das Osmanische Reich im 18. Jahrhundert.
Meštrović weiß, dass das Mausoleum an ganz herausragender Stelle geplant ist: auf dem Lovćen, dem Olymp von Montenegro, der sich im Sonnenschatten dunkel über die Bucht von Kotor erhebt und als »Schwarzer Berg« dem Land seinen Namen gegeben hat. Das Mausoleum soll direkt auf dem Gipfel stehen, von dem sich ein atemberaubender Rundblick bietet auf die verzweigte Bucht, die Adria bis hinüber nach Italien, die alte Hauptstadt Cetinje auf der anderen Seite, das nahe Bergdorf Njeguši, in dem Njegosch aufgewachsen ist, und auf die schier unendlichen Berge Montenegros.
Meštrović weiß auch, dass Njegosch sich diesen Ort selbst ausgesucht hat. Noch vor seinem frühen Tod im Jahr 1851 hatte der orthodoxe Fürstbischof verfügt, auf einem der beiden Gipfel des Lovćen für seine Gebeine eine Grabkapelle zu errichten. Njegosch hat den Lovćen, seinen Hausberg, zu Lebzeiten auch bestiegen – im Gegensatz zu Meštrović, der den Schwarzen Berg nie erklomm.
Doch Njegoschs Grabkapelle sollte nicht lange stehen. Im Ersten Weltkrieg, im Januar 1916, vertreiben die Österreicher die montenegrinischen Soldaten vom Gipfel und zwingen das Land zur Kapitulation. Die Grabstätte wird abgetragen, denn Wien sieht sie als Sinnbild für den Wunsch der Südslawen, nach den Osmanen auch Österreich-Ungarn loszuwerden; Njegoschs Grab auf dem Lovćen steht für die Unabhängigkeit, die Montenegro 1878 dem Osmanischen Reich abgetrotzt hat; und es verkörpert die Gelüste des kleinen Staates, sein Terrain zu erweitern. Zum Beispiel um die Bucht von Kotor, wo die Österreicher einen wichtigen Kriegshafen haben, den sie nun vom Lovćen aus mit ihren Geschützen hervorragend kontrollieren können.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Untergang des Habsburgerreichs kommen Njegoschs Gebeine, die in der Zwischenzeit im Kloster Cetinje unterhalb des Berges ruhten, zurück auf den Lovćen. Dazu plant das Belgrader Königshaus der Karadjordjević zunächst ein Mausoleum. Petar, der 1918 erster jugoslawischer König wird, kann sich darum nicht mehr kümmern, er stirbt 1921. Sein Sohn und Nachfolger Aleksandar fragt persönlich bei Ivan Meštrović an, verwirft dessen Entwurf jedoch als zu teuer.21 Stattdessen entsteht 1925 wieder eine Kapelle.
Als nun im Jahr 1951 die jugoslawische Republik Montenegro Meštrović erneut um einen Entwurf bittet, macht dieser nur zur Bedingung, dass sein Schüler Andrija Krstulović die Bildhauerarbeiten übernehmen soll, die Ausführung des Projekts der Architekt Harold Bilinić, der mit seiner Arbeitsweise vertraut sei. Bilinić möge ihm die alten Mausoleums-Pläne aus den 1920er Jahren in die USA bringen, außerdem genaue Angaben über das Terrain auf dem Berg. Als symbolisches Honorar für seinen Entwurf verlangt Meštrović »eine Scheibe Käse oder Hammelschulter«, ein traditionelles montenegrinisches Gericht.
Erst 1974 ist das Mausoleum fertig. Meštrović hat die gesamte Anhöhe neu gestalten lassen. Die alte Passstraße von Kotor auf den Lovćen, die in unzähligen Serpentinen 1600 Höhenmeter überwindet, endet nur 80 Meter unterhalb des Gipfels. Von einer Wendeplatte aus, unter der ein Restaurant liegt, führen 460 Stufen aus weißem Stein hinauf zum Mausoleum, zum guten Teil durch einen in den Berg geschlagenen Tunnel. Der Grabbau auf dem Gipfelgrat wirkt von außen wie eine kleine Festung. Meterdicke Mauern, die an die Pylonen ägyptischer Tempel erinnern, schützen einen Innenhof, in dem zwei mächtige stilisierte Frauengestalten in montenegrinischer Tracht das Dach des Hauptbaus stützen – ein Zitat des Korentempels auf der Akropolis in Athen. Der Dachaufbau ist dagegen so massiv wie der eines montenegrinischen Bauernhauses. Innen findet sich eine Skulptur aus dunklem Marmor, die Njegosch in Denkerhaltung zeigt, vor einem Adler, dem Wappentier Montenegros, das ihn beschützt. Die Gebeine Njegoschs, mit vollem Titel Fürstbischof Petar II. Petrović Njegosch, ruhen in einer Krypta darunter.
Meštrović hat hier in seiner sehr eigenwilligen Art verschiedene Stile kombiniert: die Goldmosaike in der Kuppel über der Njegosch-Skulptur erinnern an byzantinische Kirchen und sind typisch für den Jugendstil, der diese Technik wieder aufnahm; die Nischen oder Konchen auf drei Seiten orientieren sich an romanischen Kirchen. Weshalb der Besucher den Eindruck hat, einen sakralen Raum zu betreten. Diesen jugoslawischen Stil hatte Meštrović bereits entwickelt, als er bei der Weltausstellung 1911 in Rom das Modell seiner Vidovdan-Kathedrale zeigte, die im Kosovo entstehen sollte.
Die Kathedrale wurde nie gebaut, das Projekt hat Meštrović aber zeit seines Lebens beschäftigt. Der Vidovdan ist der Sankt-Veits-Tag oder der 28. Juni. An diesem Tag im Jahr 1389 wurden die christlichen Truppen auf dem Amselfeld bei Priština von einer muslimischen Streitmacht besiegt. Später nahmen die Osmanen fast den gesamten Balkan ein. Die Epen über die Schlacht im Kosovo von 1389 und den Kampf gegen das Osmanische Reich wurden zum gemeinsamen Kulturgut der Südslawen, der orthodoxen und katholischen Christen. Die schließlich mit dem Mythos, die Christen hätten sich im Kosovo für das christliche Abendland geopfert, sogar den Widerstand gegen das katholische Österreich-Ungarn mobilisierten.22
Auch die Auswahl des Materials für das Njegosch-Mausoleum ist jugoslawisch: Die Außenmauern sind aus örtlichem Naturstein, der helle Kalkstein stammt von der kroatischen Insel Brač, der dunkle Marmor aus dem bosnischen Jablanica an der Neretva. Wer auf dem Lovćen steht, die frische Bergluft atmet, das Mausoleum auf sich wirken lässt und Ausschau hält, der atmet auch ein bisschen den Geist des Jugoslawismus ein, des Wunsches der Südslawen nach einem gemeinsamen Staat. Als Bischof und Fürst, also als geistlicher und weltlicher Herrscher von Montenegro, setzte sich Njegosch für den Zusammenschluss der Südslawen ein. Reisen nach Wien und Italien bestärkten ihn in seinen Überzeugungen. Womit er sich jedoch gegen die Großmächte auf dem Balkan stellte, also gegen das Osmanische Reich und gegen die Habsburger Monarchie.23 Kanzler Fürst Metternich ließ Njegosch deshalb durch Spione überwachen und verhinderte, dass dieser das Visum für eine Frankreich-Reise erhielt.
Als Schriftsteller begeisterte sich Njegosch für die Bewegung des Illyrismus, die alle Südslawen als ethnisch und sprachlich verwandt ansah. Njegosch fand darüber zum Jugoslawismus, dessen Ursprung in Dalmatien liegt, wo neben den Kroaten damals viele Serben ansässig waren. Die jugoslawische Idee wurde »in Kroatien geboren und dort auch am meisten propagiert«.24
Wobei der Illyrismus auf einer fragwürdigen Ideologie basierte. Denn er leitete die Abstammung der Südslawen vom antiken Volk der Illyrer her, die schon im 3. Jahrhundert vor Christus ein Illyrisches Königreich bildeten. Die Römer nannten die Völker auf dem Westbalkan deshalb Illyrer. Die Idee des Illyrismus stammt aus der Renaissance, einer Zeit der Rückbesinnung auf die Antike, und wurde wiederbelebt während der Romantik, und zwar um das Jahr 1830 in Kroatien. Zuvor hatte Österreich im Raum des heutigen Slowenien und Westkroatien ein »Königreich Illyrien« geschaffen.
Nun sind die Slawen aber erst im 6. und 7. Jahrhundert auf den Balkan eingewandert – da war Westrom zweifellos schon untergegangen, jedoch bestand das oströmische Reich wie erwähnt fort bis zum Jahr 1204. Auch wenn die zuwandernden Slawen die alteingesessene Bevölkerung auf dem Balkan weitgehend absorbierten, bleibt es doch eine Legende, dass die Südslawen ihre Wurzeln bei den antiken Illyrern hätten.
Der führende Kopf des Illyrismus war der Sprachreformer Ljudevit Gaj, ein Kroate deutscher Abstammung, der eine kulturelle Einheit der Südslawen propagierte. Er plante eine gemeinsame Schriftsprache für die südslawischen Völker, die Kroaten, die Serben und die Slowenen, und sollte damit auch bald am Ziel sein. 25
Der Balkan im Jahr 1815
Fürstbischof Njegosch sah sich dagegen von der Bewegung des Illyrismus getäuscht. Seine Hoffnungen auf einen baldigen Zusammenschuss der Südslawen zerstoben, als 1848 die Revolutionäre in Wien das Ruder übernahmen, die Anhänger des Illyrismus in Kroatien und Slowenien jedoch das Kaiserhaus unterstützten. Njegosch liebäugelte deshalb mit der Idee eines größeren Serbien, das Montenegro, den Kosovo sowie Bosnien-Herzegowina einschließen sollte, dessen Bevölkerung damals mehrheitlich christlich war.26 Dabei stand Njegosch auch unter dem Einfluss des serbischen Sprachreformers Vuk Stefanović Karadžić, der ein bahnbrechendes Wörterbuch, Volksliederbücher und eine Grammatik verfasste. Vuk Karadžić gilt als Begründer der serbischen Romantik. Er war befreundet mit den Brüdern Grimm und traf im Jahr 1823 Goethe in Weimar. Im Jahr 1850, ein Jahr vor Njegoschs Tod, unterzeichnete Vuk Karadžić mit kroatischen Vertretern in Wien ein Abkommen. Dieses legte den von ihm und Ljudevit Gaj ausgewählten schtokavischen Dialekt aus der Ost-Herzegowina als Basis einer gemeinsamen Standardsprache der Serben und Kroaten fest.27
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