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©2008 Flora Grün

4., überarbeitete Auflage 2016

Herstellung und Verlag: BOD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-8448-8900-0

Inhaltsverzeichnis

  1. Allgemeine Informationen
    1. Ein extremer Standort
    2. Pflanzen kaufen
    3. Aussaat
    4. Pflanzgefäße
    5. Die richtige Erde
    6. Zusatzstoffe
    7. Material und Werkzeug
    8. Umtopfen
    9. Wenn kleine Pflanzen groß werden
    10. Dünger
    11. Richtig gießen
    12. Pflanzen schneiden
    13. Überwinterung
    14. Ein Frühbeet auf dem Dachgarten
    15. Häufige Probleme
    16. Pflanzen halbwegs geschmackvoll anordnen
    17. Unfreiwillige Wohngemeinschaften
    18. Keinen Platz für Experimente?
    19. Tiere auf Balkon und Dachgarten
    20. Gärtnern nach dem Mond
    21. Zehn Tipps für den cleveren Topfgärtner
  2. Die Pflanzen
    1. 22. Sträucher und kleine Bäume
    2. 23. Stauden
    3. 24. Kakteen und Sukkulenten
    4. 25. Zwiebelpflanzen
    5. 26. . . . und doch noch Koniferen
    6. 27. Leckeres Obst
    7. 28. Gesundes Gemüse
    8. 29. Würzige Kräuter
    9. 30. Empfehlenswerte Einjährige
    10. 31. Pflanzen mit besonderen Ansprüchen
  3. Anhang

Vorwort

Robuste, dauerhafte Pflanzen für Sonnenbalkone und Dachgärten – wer sieht da nicht sofort diese schrecklichen Eternitkästen mit Koniferen oder Cotoneaster vor sich? Dabei kann man auch in sonnigen, exponierten Lagen das ganze Jahr über eine erstaunliche Vielfalt attraktiver Gewächse halten. Einige davon möchte ich hier vorstellen.

Da diese Pflanzen aus gemäßigten Zonen kommen, darf man nicht das tropische Paradies von ihnen erwarten, das kälteempfindliche Exoten wie z. B. Engelstrompeten auf der Terrasse erschaffen können. Doch auch mit einheimischen Pflanzen oder solchen, die aus klimatisch ähnlichen Gegenden Asiens oder Nordamerikas stammen, kann man ansehnliche Balkonwelten gestalten.

Seien Sie nicht enttäuscht, wenn es Ihnen nicht gelingt, Ihrem grünen Wohnzimmer einen »Look« wie in Gartenzeitschriften zu verpassen. Für die Fotos dort wird alles, was die Gärtnerei hergibt, herbeigeschafft, in Terrakottatöpfe versenkt und so eng zusammengerückt, dass die laufende Pflege äußerst schwierig wäre. Dazu einige Dekoartikel, die man bei jedem Regen reinholen müsste, und natürlich ein idyllisch grüner Hintergrund – nicht die hässlichen Hausfassaden Ihrer Nachbarschaft. Diese Inszenierungen sind nicht auf Dauer angelegt und liefern allenfalls Gestaltungsideen für eine gepflegte Balkonparty, also machen Sie sich keine Sorgen, wenn bei Ihnen einfach nur Pflanze neben Pflanze steht. Das ist bei mir auch nicht anders.

Dass einjährige Pflanzen am Ende des Jahres entsorgt werden, versteht sich von selbst. Leider werden immer häufiger auch Stauden und sogar kleine Gehölze als Wegwerfpflanzen betrachtet und in jahreszeitlich wechselnden Dekorationen verbraucht. Versuchen Sie doch mal umzudenken und ignorieren Sie die Zierpflanzenindustrie, die Ihnen einredet, Sie müssten Ihre Balkonbepflanzung alle paar Monate neu gestalten. Sie sparen Zeit und Geld und gelangen außerdem zu einer neuen Sichtweise der Pflanze als eigenständiges Lebewesen. Zu beobachten, wie eine Staude Jahr für Jahr schöner und üppiger wiederkehrt – wie ein günstig gekaufter kleiner Strauch zu einem prächtigen großen wird, den Sie in der Baumschule teuer bezahlen müssten – wie die Zwergkiefer nach Jahren zum ersten Mal Zapfen ansetzt – das sind die Belohnungen des Gärtners, der mit seinen Pflanzen wirklich lebt.

Lassen Sie mich noch etwas zum Thema »Ertrag« sagen. In manchen Büchern wird der Eindruck erweckt, dass Sie mit ein paar Töpfen zum Selbstversorger werden können. Falls Sie eine bestimmte Obst- oder Gemüseart lieben und den ganzen Balkon damit bestücken, lässt sich vielleicht so viel ernten, dass es für ein Essen oder eine Marmelade reicht. Wenn Sie aber von jeder Pflanze nur ein oder zwei Exemplare kultivieren, läuft es eher so ab: Beim abendlichen Bummel über den Dachgarten schiebt man drei reife Himbeeren in den Mund, pflückt zwei Tomaten und zieht ein Radieschen aus der Erde. Das einzige, was im Überfluss verfügbar ist, sind Kräuter. Dieses Von-der-Hand-in-den-Mund-Gärtnern hat seine eigenen Reize; nennenswerte Erträge sollten Sie jedoch nicht erwarten.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Freude mit Ihrem Dachgarten oder Balkon. Wenn das nächste Mal Besucher fragen: »Was machst du bloß im Winter mit den ganzen Töpfen?«, können Sie lässig antworten: »Kein Problem. Die bleiben alle hier draußen.«

Bildnachweis

Alle Fotos sind von mir und (die besseren) von meinem Mann.

Teil I.

Allgemeine Informationen

1. Ein extremer Standort

Der Dachgarten ist in mehrfacher Hinsicht ein extremer Standort. Ihn erfolgreich zu bepflanzen wirft Probleme auf, die Gartenbesitzer nicht kennen und auf die in den meisten Ratgebern zu Balkon und Terrasse kaum eingegangen wird. Auch ein Südbalkon kann das Sorgenkind seines Besitzers sein – wenn hier vom Dachgarten die Rede ist, gilt das Gesagte mit wenigen Einschränkungen immer auch für den Balkon.

Ausgesetztheit

Viele Dachgärten sind nach allen Seiten offen. Im Gegensatz zu den meisten Balkonen fehlt die Überdachung und manchmal auch eine schützende Wand. Das Geländer wird aus optischen Gründen oft nicht verkleidet. Pralle Sonne den halben oder ganzen Tag über, Sturm und Hagel, tagelanger Dauerregen – die Pflanzen sind den Elementen voll ausgesetzt. Dann wieder gibt es die seltenen Tage, wo einfach nur die Hitze über den Bodenplatten wabert, ohne dass sich ein Lüftchen regt. Solche Extreme vertragen längst nicht alle Gewächse.

Überwinterung

Nicht jeder Dachgarten- oder Balkonbesitzer verfügt über einen kühlen, hellen Raum, in dem er seine Pflanzen überwintern kann. Mancher hat auch einfach keine Lust, die schweren Töpfe rein und raus, rauf und runter zu tragen. Exoten im Winterquartier sind anfällig für Schädlinge und Krankheiten und müssen im Frühjahr behutsam wieder an die Sonne gewöhnt werden. Da bei mir der Schwerpunkt auf »pflegeleicht« liegt, stelle ich hauptsächlich Pflanzen vor, die das ganze Jahr über draußen bleiben können. Zwei Stunden Ende Oktober genügen, um den Balkon oder Dachgarten für Monate winterfest zu machen.

Besorgung und Beseitigung von Material und Pflanzen

Wer im vierten Stock ohne Aufzug wohnt, weiß, wie mühsam es ist, Terrakottatöpfe und Pflanzerde herbeizuschaffen. Mindestens ebenso schwierig ist es, verblühte Pflanzen und verbrauchte Topferde wieder zu entsorgen, vor allem, wenn man keine Biotonne hat. Gerade Dachgärten sind ja meist nicht gerade klein. Da kommt im Nu eine Menge Müll zusammen, den man beutelweise zur Mülltonne im Keller schleppt. Die Autoren der üblichen Balkonpflanzenbücher – vermutlich lauter Gartenbesitzer mit Komposthaufen – scheinen dieses Problem nicht zu kennen, sonst würden sie nicht so viele einjährige Blumen empfehlen. In diesem Buch findet man vor allem Pflanzen, die nicht jedes Jahr umgetopft oder neu angepflanzt werden müssen.

Die vorgestellten Pflanzen wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt:

  1. sie brauchen oder vertragen volle Sonne
  2. sie sind gegen Wind und Regen unempfindlich
  3. sie können, sofern sie mehrjährig sind, im Winter draußen bleiben
  4. sie stellen keine besonderen Ansprüche an die Erde
  5. sie vertragen das übliche kalkhaltige Wasser, wie es in den meisten Gegenden Deutschlands aus der Leitung kommt
  6. sie begnügen sich mit Töpfen von maximal 50 cm Durchmesser, die sich noch gut handhaben lassen

2. Pflanzen kaufen

Pflanzen gibt es fast überall: in der Gärtnerei, auf dem Wochenmarkt, im Gartencenter, im Baumarkt, im Discounter . . . Da sich für die Topfkultur oft nur bestimmte kleinwüchsige Sorten eignen, sollte man nicht einfach nach allem greifen, was hübsch aussieht, sondern Wert darauf legen, genau die Sorte zu bekommen, die man sucht.

Das Angebot von Baumärkten und Gartencentern ist hauptsächlich auf Gartenbesitzer zugeschnitten. Gängiges wie Tomaten, Erdbeeren, Kräuter und viele Ziersträucher findet man hier problemlos. Sucht man aber etwas ausgefallenere Pflanzen, empfehle ich Spezialgärtnereien oder das Internet (siehe auch die Adressen im Anhang). Wenn man die gewünschte Sorte in eine Suchmaschine oder bei Ebay eingibt, wird man fast immer fündig werden. Man sollte nicht davor zurückschrecken, Pflanzen zu bestellen. Sie sind gut verpackt, selten länger als 1–2 Tage im Paket unterwegs und meist in besserem Zustand als die Pflänzchen, die tagelang vor dem Supermarkt vor sich hin kümmern. Lesen Sie bei Ebay-Händlern immer die Bewertungen; viele versenden erstklassige Ware, aber es gibt auch schwarze Schafe.

Mit dem Kauf von Hochstämmchen sollten Sie sich so lange zurückhalten, bis Sie zum ersten Mal die Auswirkungen eines orkanartigen Sturms auf Ihren offenen Balkon oder Dachgarten beobachtet haben. Je kopflastiger eine Pflanze ist, desto leichter fällt sie um, daran ändert auch ein wuchtiger Kübel nichts. Hochstämmchen besser am Balkongeländer festbinden als an einem in den Topf gesteckten Stab.

Gemessen am Preis von Topf, Substrat und dem weiteren Zubehör ist die Pflanze normalerweise der günstigste Bestandteil eines Kübels. Schon deshalb sollte man sie mit Bedacht auswählen und nicht als Superbillig-Schnäppchen beim Discounter zwischen Waschmittel und Tütensuppen in den Einkaufswagen legen. Das gilt besonders für mehrjährige Pflanzen. Wir müssen ja nicht mit wenig Geld einen großen Garten begrünen, sondern wollen uns lange Zeit an erlesenen Einzelstücken erfreuen!

3. Aussaat

Nicht immer werden die Pflanzen oder Sorten, die man sucht, fertig angeboten. Dann bleibt die Möglichkeit, sie selbst aus Samen zu ziehen. Andere Pflanzen keimen so leicht, dass es Geldverschwendung wäre, sie als Jungpflanzen zu kaufen, besonders wenn man viele benötigt. Direkt ins Freie kann man z. B. säen: Wunderblumen, Studentenblumen, Feuerbohnen, Sonnenblumen, Salate. Andere werden im Haus vorgezogen.

Von Saatgut, das Sie im Laden kaufen, keimt ein großer Teil, sofern es nicht zu alt ist – beachten Sie das Haltbarkeitsdatum auf der Tüte. Zudem gehen die Samen halbwegs gleichzeitig auf. Wenn Sie dagegen selbst gesammeltes oder von Privatleuten gehandeltes Saatgut verwenden, liegt die Keimquote niedriger, und es gibt bisweilen Nachzügler. Säen Sie deshalb etwas mehr aus und verlieren Sie nicht gleich die Geduld.

Es genügt, wenn man Ende März bis Anfang April mit der Anzucht im Zimmer anfängt, auch wenn auf der Samentüte frühere Termine stehen. Sonst kann es passieren, dass die Pflänzchen eigentlich fertig sind, aber wegen der Kälte noch nicht raus können. Und das Fensterbrett ist auf Dauer nicht der optimale Platz für sie. Später gesäte Pflanzen sind zwar erst mal kleiner, holen aber schnell auf, sobald sie im Freien sind.

Pflanzenbücher sind voll von Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie man die schwierige Arbeit der Aussaat bewerkstelligt. Keine Panik! Es ist ganz einfach. Vergessen Sie Spezialwerkzeug wie Erdsieb und Pikierstäbe. Alles, was Sie brauchen, sind Ihre Finger und evtl. eine Pinzette aus Ihrem Badezimmer. Ich verwende eine Anzuchtschale mit Deckel, man kann aber mit beliebigen Gefäßen improvisieren. Sehr praktisch sind kleine Blumentöpfe aus Kokosfasern, die beim Auspflanzen verrotten oder weggeworfen werden. Als Substrat verwenden wir Anzuchterde (auch als Aussaaterde im Handel). Ungedüngte Kokosquellerde geht auch, muss aber relativ bald nachgedüngt werden.

Die Schale bzw. Töpfchen mit dem Substrat füllen und die Samen darauf verteilen. Wenn Sie gleich auf den richtigen Abstand achten, müssen Sie die Sämlinge später nicht mehr vereinzeln. Kleine Samen kann man gut mit einer Pinzette pflanzen. Klitzekleine Samen vermischt man mit etwas Sand und streut sie sparsam aus. Zuletzt ein bisschen Erde darüber streichen. Ausnahmen: Lichtkeimer bleiben unbedeckt, Dunkelkeimer werden zusätzlich mit einem Stück Karton schattiert. Ob Ihre Pflanze dazu gehört, sollte auf der Samentüte stehen. Mit dem Brauseaufsatz der Gießkanne oder einer Sprühflasche ganz vorsichtig angießen. Nun den Deckel der Anzuchtschale oder eine Glasplatte oder Plastikfolie drauf und das Ganze hell, aber nicht in die pralle Sonne stellen.

Manche Pflanzen wie z.B. Paprika verlangen eine höhere Keimtemperatur, als eine normale Wohnung hergibt. Hier kann man das Pflanzgefäß vorübergehend auf ein Telefonbuch auf die Heizung stellen. Thermometer dazulegen und die Temperatur im Auge behalten, sie wird auf der Packung angegeben. Wer Schachtelhalmbrühe (siehe Seite →) zur Hand hat, kann die Anzuchterde und später die Pflänzchen damit überbrausen – das schützt vor Pilzkrankheiten.

Je nach Pflanze erscheint schon nach wenigen Tagen das erste Grün. Jetzt nimmt man den Deckel und bei Dunkelkeimern auch den Karton weg. Auf der Heizung gekeimte Pflanzen wieder ans Fenster zurückstellen. Das einzige, was etwas heikel ist, ist das Gießen. Die Erde darf weder zu feucht sein, noch darf sie austrocknen. Wenn in ungedüngtes Substrat gesät wurde, sollte man jetzt verdünnten Flüssigdünger verabreichen. Sobald die ersten richtigen Blätter ordentlich gewachsen sind (die allerersten sind nur die Keimblätter), setze ich die Jungpflanzen gleich in ihren endgültigen Topf um und meist auch gleich ins Freie. Man gräbt sie mit den Fingern samt der umgebenden Erde aus und zerpflückt sie vorsichtig in einzelne Exemplare.

Diese Mühe erübrigt sich, wenn man die höheren Kosten nicht scheut und statt in Erde in die kleinen Quelltöpfchen sät, die aus Torf oder Kokos im Handel sind. Die Tabletten werden am besten in eine Anzuchtschale gesetzt (die dafür passende Vertiefungen aufweist) und mit Wasser übergossen. Sobald sie aufgequollen sind, legt man einen Samen in das kleine Loch oben in der Mitte und schiebt etwas Substrat darüber. Quelltöpfe trocknen zwar leichter aus als lose Erde, sind aber sehr praktisch, da die Pflanzen einzeln stehen. Beim Auspflanzen ins Freie wird der Quelltopf mit in den Kübel gesetzt, die Wurzeln wachsen einfach durch. Überzählige Sämlinge können in diesen Minitöpfchen auch gut transportiert und verschenkt werden. Einen Nachteil haben die Quelltöpfe: Wenn nicht relativ bald etwas Dünger gegeben wird, werden die Pflänzchen gelb und können regelrecht verhungern. Dieses Problem tritt mit einer Qualitäts-Anzuchterde nicht auf.

Was Sie nicht brauchen, ist eine beheizbare Anzuchtschale. Die Zimmertemperatur oder der Heizkörper genügen normalerweise für die Keimung. Wenn Sie trotzdem etwas Kult um Ihre Saaten betreiben wollen, schaffen Sie sich eine beleuchtete Anzuchtstation an. Unter den hellen Neonröhren wachsen die Sämlinge in Gärtnerqualität heran, nicht so spillerig, wie man es vom Fensterbrett kennt. Die Stromkosten sind gering. Geschickte Leute können so etwas auch selbst mit ein paar Tageslichtröhren basteln. Anleitungen finden sich im Internet. Je näher die Röhren an den Pflanzen sind, um so besser, allerdings wird es auch schnell zu heiß. Legen Sie unbedingt ein Thermometer dazu, die Sämlinge dürfen nicht über 25 °C abbekommen.

Wenn die Pflänzchen nach draußen kommen, müssen sie in den ersten Tagen nicht nur vor Wind und praller Sonne geschützt werden, sondern auch vor Vögeln, die gern mal einen Trieb anknabbern oder ein dünnes Stämmchen umknicken. Hier hilft eine Überdachung aus Vlies, das man über ein paar in den Boden gesteckte Holzstäbe legt. Auch Glasglocken sind sehr praktisch und wirken zudem noch wie ein kleines Treibhaus. Ob Sie in edle »Victorian Glass Bells« investieren oder auf dem Flohmarkt bzw. bei Ebay alte Weckgläser oder Windlichter kaufen, ist eine Frage des Geschmacks und des Geldbeutels. Dicht auf dem Boden aufliegende Gläser müssen ab und zu durch ein daruntergelegtes Hölzchen gelüftet werden.

Was hier über die Aussaat gesagt wurde, gilt für die bunten Samentüten mit Sommerblumen und vielerlei Gemüse. Theoretisch kann man so gut wie alles aussäen, stößt aber bei Bäumen und Sträuchern als Anfänger bald an seine Grenzen. Viele Samen brauchen ganz spezielle Bedingungen, wie zum Beispiel Minustemperaturen, damit sie keimen. Sie können ein lohnendes Hobby daraus machen, außergewöhnliche, vielleicht auch selbst gesammelte Samen anzuziehen. Informieren Sie sich in Fachbüchern1oder im Internet.

Samentütchen bewahrt man am besten in dunklen, fest verschlossenen Gläsern oder Dosen bei Zimmertemperatur auf. Verschiedenen Artikeln liegen beim Kauf kleine Tüten mit Silica Gel bei. Sie dienen zur Entfeuchtung, und man kann sie in die Behälter mit den Samen legen.

Die Eisheiligen

Allenthalben liest man, dass frostempfindliche Blumen erst nach den Eisheiligen ins Freie gepflanzt werden dürfen. Diese Vorschrift stammt noch aus Zeiten, als die Winter kälter waren, das Frühjahr später kam und offenbar alle Gärtner auf dem Land lebten. Dennoch wird sie ungeprüft in jedes neue Gartenbuch übernommen. Die Eisheiligen sind eine Kältephase, die so gut wie jedes Jahr um Mitte Mai auftritt. Dabei kann es in ungünstigen Lagen noch Frost geben. Die Betonung liegt hierbei auf »kann« und »ungünstige Lagen«. Bei uns in der Stadt sind die Eisheiligen kaum mehr als eine vorübergehende Abkühlung. Schon ab Mitte April sind überall blühende Geranien zu sehen, Tomaten können raus, und die Gartencenter führen um diese Zeit bereits das volle Sortiment.

Ich möchte die Eisheiligen nicht verharmlosen, da sie in einer kälteren Ecke des Landes wirklich Schaden anrichten können. Aber man sollte sie auch nicht verallgemeinern und so einen Monat wertvolle Pflanzzeit verlieren. Deshalb: Beobachten Sie Ihr Klima über die Jahre hinweg. Wann ist mit dem letzten Frost zu rechnen? Außerdem sollten Sie als Hobbygärtner immer das Wetter im Auge behalten. Das ist heute im Zeitalter des Internet viel einfacher als früher. Eine Wetterseite wie z. B. wetterstationen.meteomedia.de oder eine gute App fürs Handy zeigt Ihnen genau, wann mit Nachtfrost zu rechnen ist. Notfalls können Sie abends empfindliche Pflanzen abdecken oder ins Haus holen.


1z.B. Ayres, Alistair: The Gardening from Which Guide to Successful Propagation. Which Books, 1993, das m. E. beste Buch über Aussaat und Vermehrung. Es ist antiquarisch in Online-Buchshops für wenig Geld erhältlich.

4. Pflanzgefäße

Grundsätzlich kann man alles bepflanzen, was witterungsbeständig ist, keine Giftstoffe an die Erde abgibt und ein Abzugsloch am Boden hat. Denken Sie aber daran, dass sich dunkle Töpfe und Metallgefäße in der Sonne extrem aufheizen können, was den Wurzeln schadet. Ich bevorzuge die folgenden Materialien:

Terrakotta: Klassiker, dekorativ, passt zu allem. Auch wenn ein Topf als frosthart bezeichnet ist, kann er im Winter Schaden nehmen. Obwohl italienische Töpfe als das Nonplusultra gelten, scheint mir teure deutsche Markenware noch etwas robuster zu sein.

normale Tontöpfe: Ich gehe immer mehr dazu über, auch für Dauerbepflanzungen Standard-Tontöpfe zu verwenden. Sie sind preiswert, etwas leichter als Terrakotta und haben sich bei mir (im Gegensatz zu Tonschalen) stets als winterhart erwiesen. Besonders geeignet für mediterrane Pflanzen wie Thymian oder Lavendel, die eher trocken stehen möchten, da das Wasser durch die dünnen Wände leicht verdunstet.

Kunststofftöpfe: Da das Substrat in ihnen länger feucht bleibt als in Ton, können sie eine Alternative für extrem durstige Mehrjährige sein, bei denen man mit dem Gießen kaum hinterherkommt. Allerdings hält der Kunststoff im Sommer die Hitze und im Winter den Frost nicht gut ab, weshalb es sinnvoll ist, ihn von innen mit Noppenfolie auszukleiden, bevor man ihn bepflanzt. Dadurch spart man sich das Verpacken für den Winter. Viele Töpfe haben unten keine Löcher und müssen mit der Bohrmaschine an ein paar Stellen aufgebohrt werden (mindestens 10er Bohrer verwenden).

Man kann Kunststofftöpfe grob in drei Gruppen einteilen:

Blumenkästen mit Wasserreservoir: sind überall günstig zu haben und werden gern für einjährige Pflanzen genommen. Meine Erfahrungen damit sind zwiespältig. Die Erde im Kasten muss stets gut feucht sein, damit die Bewässerung über das Dochtprinzip funktioniert – das mögen nicht alle Pflanzen. Für niedrige Tomatensorten, Karotten oder Radieschen sind solche Kästen genau richtig. Zur Überwinterung sind sie ungeeignet.

Leicht-Terrakotta: aus einem Gewebe hergestellt, das mit Tonmasse überzogen wurde. Frostfest, atmungsaktiv, leichtgewichtig und schön anzusehen. Eine gute Lösung, wenn man wirklich große Töpfe braucht, aber kein Plastik nehmen will. Leider nicht ewig haltbar, meist zerbröseln sie nach zwei bis drei Jahren.

Für hohe, ausladende Pflanzen empfiehlt es sich, Töpfe zu verwenden, die zylindrisch oder unten nur wenig enger sind als oben (bis maximal putzeimerförmig). Sie sind bei Stürmen standfester als solche, die oben breit und unten relativ schmal sind.

Auch wenn es sich von selbst versteht, wird es im Kaufrausch gern mal vergessen: Auf keinen Fall sollte das Pflanzgefäß nach oben zu enger werden! Das sieht zwar apart aus, aber beim Umtopfen wird entweder die Pflanze oder der Topf zerstört. Möchte man so ein Gefäß unbedingt verwenden, kann man die ausgebauchte Zone von innen mit Noppenfolie ausfüllen.

5. Die richtige Erde

Oft liest man in Balkonpflanzenbüchern Sätze wie ». . . mischen Sie etwas Kompost oder Stallmist bei . . . « – für den Hobbygärtner mitten in der Stadt ein unmögliches Unterfangen. Die meisten von uns müssen sich mit fertig gekaufter Erde begnügen. Das Angebot im Gartencenter ist riesig, aber die meisten Erdsäcke scheinen dazu gedacht, mit dem Auto an die Gartenpforte gefahren und dort von einem starken Mann auf eine Schubkarre umgeladen zu werden. Bei kleineren und leichteren Beuteln ist die Auswahl leider nicht überragend.

Ganz wichtig ist es, Beutelerden immer mit Perlit oder Vermiculit (siehe weiter unten) zu mischen, weil sie sonst im Lauf der Zeit »zusammenbacken«. Egal, was der Hersteller schon an auflockernden Stoffen zugefügt hat und vollmundig auf der Verpackung anpreist, es genügt nicht für eine Dauerbepflanzung. Nach jahrelangen Experimenten verwende ich für die meisten meiner Töpfe eine selbst angesetzte Mischung aus torffreier Beutelerde, Kokosquellerde und Vermiculit. Falls Ihnen das zu umständlich ist, können sie die Kokoserde weglassen und das Vermiculit direkt im Substratbeutel untermischen.

Wo immer es möglich ist, sollte man torffreier Erde den Vorzug geben, um die weitere Zerstörung von Mooren zu verhindern. Leider ist sie oft nur in Internetshops und selten vor Ort erhältlich. Da sie teurer ist als ein Torfsubstrat und die meisten Leute stets nach dem Billigen greifen, lohnt es sich für die Gartencenter kaum, sie anzubieten. Dafür gibt es im Zuge des Bio-Trends jetzt vielerorts »Bio-Erde«. Schauen Sie genau hin: da ist oft auch nur Torf drin – und ist Erde nicht immer »bio«?

Dies sind die gängigsten Substrate:

Kübelpflanzenerde ist im Unterschied zu Blumenerde für den mehrjährigen Einsatz gedacht und mit strukturgebenden Bestandteilen versetzt. Sie ist unter vielerlei Namen im Handel wie z. B. Einheitserde, Pflanzerde, Balkon- und Terrassenerde, kann aber auch irreführend Blumenerde heißen. Am besten lesen Sie vor dem Kauf auf der Tüte nach, ob die Erde für Kübelpflanzen geeignet ist. Oft gibt auch das Foto schon Aufschluss über den Verwendungszweck.

Kakteenerde: für Freilandkakteen und Sukkulenten, sollte immer mit Zusatzstoffen vermischt werden (siehe Kapitel »Kakteen und Sukkulenten«)

Blumenerde: für einjährige Blumen; Sie können diese aber auch in Ihr übliches Substrat pflanzen.

Rosenerde: für Rosen

Anzuchterde/Aussaaterde: für die Anzucht von Samen im Zimmer. Normale Blumenerden sind wegen ihres hohen Düngergehalts wenig geeignet und schimmeln meiner Erfahrung nach auch leicht, weshalb sich die Anschaffung dieses speziellen Substrats lohnt. Alternative: Tabs zum Aufquellen oder Kokosquellerde.

Tomaten- und Gemüseerde: kein Muss – aber warum nicht?

Kokosquellerde: wird in leichtgewichtigen Briketts verkauft, die in Wasser eingeweicht einen Eimer voll Substrat ergeben. Sie kann pur verwendet oder mit Beutelerde gemischt werden. Einfach zu transportieren und umweltfreundlich, da torffrei und aus Abfallprodukten der Kokosindustrie gefertigt. Sie hält die Feuchtigkeit gut und bleibt auch beim Austrocknen locker. Wenn Sie ungedüngt ist, kann sie auch zur Aussaat benutzt werden.

Rhododendronerde: