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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783744865227
Freyr war zwischen 500 n.Chr. und 1150 n.Chr. einer der drei wichtigsten Götter der Germanen, wie unter anderem die drei Statuen des Thor, des Odin und des Freyr in dem wichtigsten skandinavischen Tempel, der in Uppsala stand, zeigen.
Der Gottesname „Freyr“ bedeutete im Altnordischen „Herr“ im Sinne von „freier Mann“ oder „Fürst“. Dieser Name läßt sich bis in das Indogermanische und noch weiter zurückverfolgen.
Die Bedeutung „Herr“ für „Freyr“ findet sich in späterer Zeit nur noch in dem althochdeutschen Wort „fro“, das wie das heutige „Herr X“ als Anrede benutzt wurde.
Die germanische Wurzel dieses Wortes lautet „frawjaz“.
Im Altnordischen sind mit dem Namen „Freyr“ mehrere Worte verwandt:
Das wichtigste Wort in dieser Wortfamilie ist das altnordische Verb „frijan“, das „lieben“ bedeutet. Mit ihm ist das altnordische „frijaen“ für „lieben, freundlich behandeln, umwerben“ eng verwandt.
Dieses Wort findet sich auch im gotischen „frijaen“ („lieben, gern tun“), im altenglischen „fraegian“ („umarmen“) und im altenglischen „friogan“ („befreien, lieben, ehren“), im altschwedischen „friohon“ („lieben“), im mittelneudeutschen „vrien“ („freien, werben“) und im dem neuhochdeutschen, aber mittlerweile etwas altmodischen Ausdruck „freien“ („um die Hand einer Frau anhalten“).
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fri“ und bedeutet „lieben“.
Ein weiteres zu dem Verb „frijan“ („lieben“) gehörendes Wort ist das Substantiv „fraeja“, das „Liebe“ bedeutet. Dieses Wort konnte auch als Adjektiv für „lieb, frei, einem selber gehören, einem selber lieb sein“ benutzt werden.
Diesem Substantiv entsprechen u.a. gotisch „frijathwa“ („Liebe“) und altenglisch „fraeja“ („Liebe“).
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „frijathwae“ und bedeutet „Liebe“.
Zu dem Verb „frijan“ („lieben“) gehört auch das altnordische Substantiv „fridill“, das den „Geliebten“ oder den „Gatten“ bezeichnet – im Idealfall waren also auch schon damals beide derselbe Mann …
Dieses Wort findet sich im gotischen „freidjan“ („schonen“), in den beiden gleichbedeutenden altfriesischen Worten „friddelf“ und „friedel“ („Geliebter, Gatte“), im altschwedischen „friuthil“ („Geliebter“), im mittelniederländischen „vredel“ („Geliebter, Freund, Gemahl“), im angelsächsischen „friuthil“ („Geliebter, Gatte“) sowie in der deutschen Sprache im althochdeutschen „friudil“ („Liebhaber, Geliebter, Freier, Buhle, Freund“), im mittelhochdeutschen „vriedel“ („Geliebter, Buhle, Bräutigam, Gatte“), im mittelneudeutschen „vredel“ („Geliebter, Freund, Gemahl“) und im frühneuhochdeutschen „Friedel“ („Buhle, Liebster“).
Anhand dieser Bedeutungen ist erkennbar, daß sich die Bedeutung „Geliebter“ allmählich auch auf „Freund“, also auf den „Geliebten, zu dem keine erotische Verbindung besteht“, erweitert hat.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „friudilaz“ und bedeutet „Geliebter“.
Die zu diesem Wort gehörende weibliche Form lautet „fridila“ oder „frilla“: die „Geliebte“.
Im Gotischen wurde daraus das Wort „frijaendi“ für „Freundin“. Im altenglischen findet sich dieses Wort als „freo“ für „Frau“.
Dieses Wort konnte auch die außereheliche Geliebte bezeichnen, was die Bedeutung des Wortes „fridla“ nachhaltig geprägt hat: „frillu-borin“ – „unehelich geboren“, „frillu-lifl“ – „Huren-Leben“ und „frillu-sonr“ – „unehelicher Sohn“. Daraus wurde dann die mittelalterliche Bezeichnung einer unverheirateten Frau mit einem Liebhaber als „Frille“. Dies mußte nicht unbedingt eine Nebenfrau sein; die Frille und deren Geliebter stammten oft aus der Unterschicht und besaßen nicht die finanziellen Mittel zur Gründung einer Familie. Nachdem die Kirche ihre Ansicht über Lebensführung und Familie durchgesetzt hatte, wurde das Wort „Frille“ ab ca. 1350 n.Chr. zur einer Bezeichnung für „Hure“. Als Schimpfwort ist es inzwischen weitgehend außer Gebrauch geraten.
Die germanische Wurzel dieser Worte unterschied bereits die „Geliebte“ („friudila“) von der „Frau, Gattin“ („frijae“).
Die Ähnlichkeit von „frijae“ mit „Freya“ ist nicht zu übersehen. Die männliche Form dieses Wortes ist „frijr“, d.h. „Freyr“. Freyr ist folglich der „Geliebte“ oder der „Liebhaber“.
Es hat sich schon früh ein von dem „Geliebten“ unterscheidbares Wort für „Freund“ gebildet, das „frijaend“ lautete und mit der Zeit über „fraenda“ zu „frindi“ verkürzt wurde. Solch ein „Freund“ ist sehr oft ein Verwandter – man liebte in der Regel seine Verwandte, vertraute ihnen von allen Menschen am meisten und hatte sie daher zum Freund. Das Schließen einer Freundschaft wurde oft durch das Ritual der Blutsbrüderschaft besiegelt, wodurch der Auserwählte zu einem Verwandten wurde, auf den man sich dann verlassen konnte. Die beiden bekanntesten Blutsbrüder aus der germanischen Mythologie sind sicherlich Odin und Loki.
Dieses Wort für „Freund“ findet sich im Gotischen als „frijaends“ („Freund“), im Altschwedischen als „friond“ („Freund, Liebhaber, Verwandter“), im Altfriesischen als „fruend“ („Blutsverwandter“), im Altnordfränkischen als „friund“ („Freund“), im Altschwedischen als „friund“ („Freund“), im Englischen als „friend“ („Freund“) sowie in der deutschen Sprache im Althochdeutschen als „friunt“ („Freund, Nächster, Verwandter, Schützling“), im Mittelhochdeutschen als „vriunt“ („Freund, Geliebter, Geliebte“), im Mittelneudeutschen als „vrent“ („Freund“) und im Neuhochdeutschen als „Freund, Freundin“.
Die zusammengesetzten altnordischen Worte, die mit „fraenda“ gebildet wurden, zeigen deutlich, was man damals mit einem „fraenda“ assoziierte bzw. was man von einem solchen erwartete bzw. nicht erwartete.
Das wichtigste war der Rückhalt in der Familie und in der Sippe, der mit „fraendaafli“ („Verbundenheit mit den Verwandten“) und mit „fraenda-styrkr“ („in den Verwandten Stärke finden“) bezeichnet wurde.
Es war natürlich hilfreich, viele und einflußreiche Verwandte zu haben: „fraendabalkr“ = „Gruppe der Verwandten“, „fraenda-gengi“ = „Familie, Sippe“, „fraenda-lid“ = „Familie, Sippe“, „fraenda-sveit“ = „Familie, Sippe“, „fraenda-ikr“ = „reich an Verwandten“, „fraenda-gofugr“ = „angesehene Verwandte haben“ und „fraenda-storr“ = „große/bekannte Verwandte haben“.
Man brauchte natürlich auch Überblick über seine Verwandten: „fraenda-semi“ = „die Art der Verwandtschaft; verwandt sein“, „fraendsemis-tala“ = „Stammbaum; die Familie zurückverfolgen“, „fraendsemis-spell“ = „Sippenzweig“, „fraenda-madr“ = „männlicher Verwandter“, „fraend-sveinn“ = „junger männlicher Verwandter“, „fraenda-kona“ = „weibliche Verwandte“ und „fraenda-maer“ = „junge weibliche Verwandte“.
Man erhielt einerseits von seinen Verwandten Unterstützung und andererseits unterstützte man auch seine Verwandten, sodaß die gesamte Sippe gut gedieh: „fraendahollr“ = „seinen Verwandten treu sein“, „fraenda-roekin“ = „seinen Verwandten zugetan sein“, „fraenda-samlinga“ = „wie ein Verwandter“, „fraenda-hagi“ = „Verwandten-Hag“ = „Geburtsort“, „fridgin“ = „Eltern und Kind“ oder „Liebespaar“, und „fraenda-gipta“ = „Familienglück“.
Der Tod von Verwandten wird sehr wahrscheinlich auch als persönliche Schwächung und Verkleinerung des eigenen Rückhaltes empfunden worden sein: „fraendalat“ = „Verlust/Tod von Verwandten“, „fraend-skard“ = „Verlust eines Verwandten“, und „fraenda-leifd“ = „Erbschaft von einem Verwandten“.
Leider gibt es zwischen Verwandten des öfteren auch Streit: „fraenda-skomm“ = „Unehre für die Familie“, „fraenda-rog“ = „Streit/Kampf zwischen Verwandten“, und „fraenda-vig“ = „Töten eines Verwandten; Verwandten-Mord“.
Aus diesen zusammengesetzten Substantiven kann man schließen, daß mit dem Gott Freyr auch die Assoziation des Rückhaltes wie von einem mächtigen und wohlwollenden Verwandten verbunden gewesen ist.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist dieselbe wie für „Freya/Geliebte“ („frijae“) und für „Freyr/Geliebter“ („frijr“).
Die Mitglieder des eigenen Hauses waren eigenständig, d.h. frei – wenn man nicht durch einen Raubzug von anderen Germanen zu einem Leibeigenen geworden war. Daher waren die „Geliebten, Freunde und Verwandten“ auch freie Menschen. Das altnordische Wort „friols“ für „frei“ war daher eng mit dem Wort „frijan“ für „lieben“ verwandt. Aus dieser Blickwiese einer herrschenden Oberschicht heraus waren die Menschen, die man liebte, auch frei.
Mit diesem Adjektiv war das altnordische Verb „fria“ für „befreien“ verwandt.
Im Gotischen findet sich dieses Wort als „freis“ („frei“), im Altenglischen als „frio“ („frei, edel, froh“) und als „friolic“ („frei, freigeboren, edel, herrlich, vorzüglich“), im Altfriesischen als „fraelik“ („frei“) und als „fraeaia“ („befreien, frei machen, frei sprechen, einlösen“), im Altschwedischen als „fraeleak“ („frei, edel, liebreich, frei, unbehindert“), im Mittelniederländischen als „vri“ („frei,unabhängig“) sowie in der deutschen Sprache im Althochdeutschen als „frae“ und als „fraelaeh“ („frei, ungebunden“), im Mittelalthochdeutschen als „vrae“ („nicht gebunden, nicht gefangen, ledig, frei von etwas“), im Mittelhochdeutschen als „fraelich“ („frei, unbehindert“), im Mittelneuhochdeutschen als „vrae“ („frei, unabhängig), und im Neuhochdeutschen schließlich als „frei“ und als „freilich“ („freilich, frei, sicher, sicherlich“).
In diesen Bedeutungen zeigt sich deutlich, daß die „Freiheit“ das Privileg einer „edlen“ Oberschicht gewesen ist. Auch Freyr wird solch ein „edler, freier Mann“ gewesen sein.
Im Altnordischen wurden die „frjals“, also die Freien“ als der Gegenpol zu den unfreien Leibeigenen, den „thralls“ angesehen. Diese „Freien“ sind „frials-borinn“ („freigeboren“), besitzen daher die „frials-leikr“ („Freiheit“), können als „frials-ligr“ („freie, unabhängige“) Männer selbst entscheiden und verhalten sich „frialsmannligr“, d.h. so, wie es für freie Männer angemessen ist. Ein solcher freier Mann wurde „frials-lendingr“ genannt.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „frijaen“ und bedeutet „frei“.
Aus dem altnordischen „frouva“ für „Frau“ wurde über „vrouwe“ schließlich unser heutiges deutsches Wort „Frau“. Vermutlich ist dieses Wort eine Ableitung von „friols“ für „frei“ – vielleicht jedoch auch von „frijan“ für „lieben“.
Die germanische Wurzel dieses Wortes ist „fraewe“.
Ein weiteres Wort für „Frau, Ehefrau, Herrin“ ist „fru“ gewesen. Mit diesem Wort ist der Göttinnenname „Freya“ verwandt. Dieser Name leitet sich recht sicher von „friols“ für „frei“ ab.
Von dem Adjektiv „friols“ für „frei“ stammt auch das Substantiv „frelsi“ für „Freiheit“ und für „Befreiung“ ab. Die Freiheit ist neben der Ehre und der Verwandtschaft einer der wichtigsten Werte der Germanen gewesen.
Dieses Wort findet sich in den gotischen Worten „frijei“ und „freihals“ („Freiheit“), in den drei altenglischen Worten „friols“ („Freiheit, Vorrecht, Festtag“), „friod“ („Friede, Liebe, Freundschaft“) und „friodaem“ („Freiheit, Befreiung“), dem neuenglischen „freedom“ („Freiheit“), in den beiden altfriesischen Substantiven „fraehals“ („Freiheit“) und „fraedaem“ („Freiheit“), dem schwedischen „fraeja“ („Freiheit“), den beiden althochdeutschen Worten „fraehals“ („Freiheit, Befreiung“) und „fraetuom“ („Ermessen, freies Ermessen, Freiheit“), dem mittelhochdeutschen „vraetuom“ („Freiheit, Privileg“) und dem neuhochdeutschen „Freiheit“. In diesen Worten zeigt sich schon eine Verschiebung der Bedeutung „Freiheit“ hin zu „Herrschaft, Vorrecht“, die der Bedeutung „Herr“ des Götternamens „Freyr“ recht nahe kommt.
In der germanischen Sprache finden sich bereits mehrere Begriffe für „Freiheit“, die die Wurzeln der eben aufgezählten Begriffe in den verschiedenen vom Germanischen abstammenden Sprachen sind. Der genaue Unterschied zwischen diesen vier Begriffe für „Freiheit“ aus der germanischen Sprache läßt sich nicht mehr sicher feststellen, aber alleine schon ihre Anzahl zeigt die Wichtigkeit der Freiheit. Die folgende Unterscheidung zwischen diesen vier Substantiven ist nicht ganz sicher; lediglich der letzte dieser Begriffe läßt sich deutlich von den anderen drei unterscheiden: „frijae“ („Freiheit, Frei-sein“), „fraehals“ („der Zustand der Freiheit“), „frijadaemaz“ („Errungenschaft der Freiheit“) und „frijahaiduz“ („Freiheit, Privileg“).
Mit den Menschen, die zur eigenen Sippe gehören, die man daher liebt und mit denen man befreundet ist und die wie man selber frei sind, hält man Frieden, da sie den eigenen Rückhalt bilden. Daher leitet sich auch das altnordische Wort „fridar“ für „Frieden“ von dem Verb „frijan“ für „lieben“ ab.
Dieses Substantiv findet sich u.a. auch im niederländischen „vrede“ („Frieden“), im schwedischen „frid“ („Frieden“), im altenglischen „frid“ („Frieden“) sowie im althochdeutschen „fridu“ („Frieden“), im mittelhochdeutschen „vrede“ („Frieden“) und im neuhochdeutschen „Frieden“.
Im Vokabular der Wikinger finden sich eine große Zahl von Worten, die mit „Frieden“ gebildet worden sind. Trotz ihrer ausgeprägten Neigung zu Raubzügen, Kriegen und Rache haben offenbar auch die Wikinger den Frieden als etwas durchaus Erstrebenswertes angesehen.
Es gibt eine ganze Reihe von Worten, die alle „friedlich, friedfertig“ bedeuten: „frid-liga“, „frid-ligr“, „frid-gjarn“, „frid-drjugr“, „frid-samligr“ und „frid-samr“. Die „Friedfertigkeit“ selber hieß „frid-semd“ und man hatte durchaus eine Vorstellung von dem „Segen des Friedens“, den man „frid-saela“ nannte.
Man traf sich mit „friedfertigen Männern“, d.h. mit „Freunden“ („frid-madr“) bei „friedfertigen Treffen“ („fridar-fundr“, „fridar-stefna“) in einem „friedlichen Land“ bzw. einem „geschützten Rückzugsort“ („frid-land“). Dort sprach man „Worte des Friedens“ („frid-mal“) miteinander und wenn es einmal schwierig wurde, war zu hoffen, daß jemand als „Friedensstifter“ („frid-gjafi“; wörtlich: „Friedens-Geber“) die Sache wieder ins Lot brachte, was man damals als „Friedensworte zwischen die Männer tragen“ („bera frid-mal milli manna“) umschrieb.
In schweren Zeiten sehnte man sich nach der „Aussicht auf Frieden“ („frid-van“) und wünschte sich, daß sich die Zerstrittenen ein „Friedens-Versprechen“ („fridvaenn“) gaben. Dazu sandte man sich gegenseitig „Friedens-Briefe“ („frida-bref“) zu oder „bat um Frieden“ („frid-maelast“). Manchmal konnte man auch nichts anderes mehr tun, als sich den „Frieden zu erkaufen“ („frid-kaup“). Dann konnte der „Frieden wiederhergestellt werden“ („fridan“). Man tauschte „Friedenszeichen“ („fridarmark“) aus oder bat zumindestens zunächst einmal mithilfe eines „Waffenstillstands-Schildes“ („frid-skjöldr“) um Waffenruhe. Als Zeichen dafür, daß man „Frieden schließen“ („frid-bot“) wollte, schnürte man sein Schwert in der Schwertscheide mit einem „Friedensband“ („frid-bond“) fest – das nannte man „den Frieden binden“ („frid-benda“). Wenn alle der „Verlockung des Friedens“ („frid-gaelur“) folgten, setzte sich jeder auf einen „Stuhl des Friedens“ (frid-stoll“), beschloß einen „Friedensvertrag“ („fridar-görd“), der dann mit einem „Friedenskuß“ (Fridar-koss“) besiegelt wurde.
Wie die Erfahrung zeigt, wurden jedoch viele geschlossene Frieden irgendwann von einem „Friedensbrecher“ („frid-spilli“, „fridbrots-madr“) wieder gebrochen. Einen solchen „Friedensbruch“ nannte man „frid-brot“. Dann kam es dazu, daß alle wieder „das Friedensband abbanden“ („spretta frid-böndum“), mit dem das Schwert während des Friedens in seiner Scheide festgebunden war.
Das Wort „fridr“ bedeutete sowohl „allgemeiner Frieden“, „Sicherheit der persönlichen Unversehrtheit“ als auch Liebe – man sah Frieden offenbar als eine sehr persönliche und nicht als eine politische Angelegenheit an.
Der „Mangel an Frieden“ war zugleich eine „persönliche Unsicherheit“ („fridleysi“), die auch als Strafe für Menschen verhängt werden konnte, die der Gemeinschaft großen Schaden zugefügt hatten – sie waren dann „friedlos“ („frid-lauss“), d.h. vogelfrei, sodaß sie von jedem, der es wollte, straflos getötet werden konnten.
Manche Dinge wie z.B. die Tempel oder auch der Thing-Platz waren „geschützt“ („frid-heilagr“), d.h. an ihnen durfte nicht gekämpft oder Rache genommen werden – wie z.B. an dem Ort, an dem Hödur durch die List des Loki den Baldur tötete. Solche „geschützten Orte“, also „Friedensstätten“ („frid-stadr“) waren vor allen die Heiligtümer in den Tempeln. Dorthin konnte man bei einer Verfolgung fliehen und um „Asyl“ („frid-kastali“) bitten. Der „Frieden“ war offensichtlich auch eine Angelegenheit, die die Götter betraf.
Auch das deutsche „Friedhof“ ist ein solcher ummauerter und geschützter Bereich bei der Kirche.
Eine nicht ganz so Freyr-typische Ableitung von der in diesem Abschnitt betrachteten Wortwurzel ist „frina“ für „Kühnheit“. Sie ist möglicherweise erst in späterer Zeit entstanden, als man so gut wie alle Götter auch als kriegerische Wesen ansah.
Freyr scheint ein „Friedens-Fürst“ gewesen zu sein.
Die germanische Wurzel all dieser „Friedens-Worte“ ist „frithu“ und bedeutet „Frieden“. Es gab nicht nur den Frieden unter den Menschen, auch eine offene Rechnung konnte „Frieden finden“ – nämlich indem sie „bezahlt“ („frida“) wurde: Freyr war auch ein Gott des Wohlstandes …
Um Frieden zu haben, d.h. um sicher zu sein, war es sinnvoll, sein Langhaus durch Mauern zu schützen. Auch in diesem Zusammenhang fand das Wort „Frieden“ im Sinne von „einfrieden“, also „ummauern“, im Laufe der Zeit Verwendung: im altnordfränkischen „fraethof“ („Vorhof“), im altschwedischen „fraedhof“ („Vorhof“) und im mittelneudeutschen „vraethof“ („umfriedeter Hof“).
Denjenigen, mit dem man in Frieden lebte, schonte man. Das althochdeutsche Verb „fraetan“ bedeutete „verwöhnen, hegen, schonen“. Die altnordische Form dieses Verbes ist nicht bekannt, aber es ist anzunehmen, daß es sie gegeben hat.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fraedjan“ und bedeutet „schonen, übriglassen“.
Vermutlich hat sich aus der Vorstellung der schützenden eigenen Sippe und der „großen Verwandten“ die Bedeutung „Ruhm“ des Wortes „fraegd“ gebildet. Das Adjektiv dazu, also „berühmt, ruhmreich“, lautet „fraegr“. Wenn eine Person ganz besonders ruhmreich, sozusagen „ruhmvoll“ war, nannte man sie „fraegdar-fullr“.
Dieser Ruhm war aber nicht nur ein nach außen strahlender Glanz, sondern auch ein innerer Wert, da „fraegi-ligr“ „vertrauenswürdig, ehrbar“ bedeutete.
Eine Variante des Wortes „fraegd“ für „Ruhm“ ist „fremd“ für „Förderung, Vorteil, Ruhm, Ehre“. In diesem Wort schwingen die praktischen Vorteile der Berühmtheit mit.
Eine weitere Variante des Wortes „fraegd“ ist „frigd“, das „Nachricht, Lob, Ruhm“ bedeutet. Das Verb dazu ist „frigja“ („loben, preisen“) und das entsprechende Adjektiv ist „frigr“ („berühmt“). Mit diesem Wort ist offensichtlich der Göttinnenname „Frigg“ verwandt.
Eine zweite Variante ist „frygd“ für „Freude, Herrlichkeit“.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fregji“ und bedeutet „Berühmtheit, Bekanntheit“.
Mit dem Wort „fraegd“ für „Ruhm“ ist sehr eng das Wort „frod“ für „Weisheit“ verwandt. Man kann also vermuten, daß der „Ruhm“ nicht nur mit dem Schwert erworben wurde, sondern auch durch friedliche Verhaltensweisen und kluge Entscheidungen.
Das „Wissen“ und die „Information“ wurde „frod-leikr“ genannt. Wenn man dies Wissen besaß, war man „wissend, gelehrt und gut informiert“ („frodr“). Aufgrund dieses Wissens sollte man erwarten können, daß sich der Betreffende „vernünftig“ („frod-ligr“) verhält. Manche Menschen bleiben jedoch immer „unvernünftig oder sogar närrisch“ („eigi frodliga“). Es war jedoch auf jeden Fall vorzuziehen, „weise“ („frod-gedjadr“) und „von weisem Geist“ („frod-hugadr“) zu sein.
Man konnte die Weisheit in „lehrreichen Büchern“ („frodar boekr“) und in „Wissens-Büchern“ („froedi-boekr“) finden.
Wenn man eine „Liebe zum Wissen und zur Weisheit“ („froedi-fysi“) besaß und „lernen“ („froedi“) wollte, dann konnte man in „alten Schriften“ („i sumum froedum“) lesen oder sich einen „wissenden und weisen Mann, einen Gelehrten oder Historiker“ („froedi-madr“) suchen, der einem „Weisheit“ („frodr“) „lehrte“ („froeda“). Auf diese Weise konnte man „Wissen ansammeln“ („froedi-nam“) – und hoffentlich schließlich „weise“ („frod-gedjadr“) werden.
Wenn man in diesem Bestreben erfolgreich war, dann konnte es sein, daß man vielleicht den Beinamen „frodi“ erhielt, d.h. „der Weise“.
Die Weisheit hatte jedoch auch einen spirituell-magischen Aspekt, denn „frod-leikr“ bezeichnete auch die „Magie“ und die „Hexenkunst“ und „froedi“ war auch die Bezeichnung für „Zaubersprüche“. In diesem Sinne war „froedi“ identisch mit „galdr“, den Zaubergesängen. Ein weiser Mensch war somit meist auch ein Magier bzw. eine Seherin/Zauberin. Dies entspricht ganz der indogermanischen Tradition der „spirituellen Spezialisten“ wie der germanischen Goden, der keltischen Druiden, den indischen Brahmanen usw., die sowohl Gelehrte, Historiker und Sänger als auch Magier, Priester und Seher waren.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist „fregi“ und bedeutet „Wissen“.
Es existiert auch ein Wort, das „Spuk, Geist“ bedeutete: „freykja“. Freyr scheint somit auch ein Gott der Ahnengeister gewesen zu sein.
Bei derartig vielen guten Eigenschaften, die diese Wortfamilie aufweist, konnte es nicht ausbleiben, daß sich aus dieser Wortwurzel auch eine Bezeichnung für „gut“ bildete: „fridandi“.
Die germanische Wurzel ist hier vermutlich das Adjektiv „fri“ für „lieben“.
Solche guten, weisen, friedlichen und freundschaftlich gesonnen Menschen konnte man eigentlich nur „verehren“ („frida“).
Dieses Wort ist eine Ableitung von dem Adjektiv „fridandi“ für „gut“.
Die Dinge und vor allem die Menschen, die gut und weise sind, die man liebt und mit denen man sich verwandt fühlt, stellen den erstrebenswerten Zustand schlechthin dar. Daher lag es nahe, von der Wortwurzel, die alle diese Eigenschaften beschreibt, auch die Bezeichnung für „Schönheit“ abzuleiten: „frid“.
Die Schönheit wird hier anscheinend als das, was gut ist und was man daher liebt, angesehen – eine ausgesprochen individuelle und auf die eigenen Bedürfnisse bezogene Auffassung von Schönheit. Man könnte auch sagen: Schön („fridr“) ist, was man haben will.
Die „Tätigkeit des Schmückens“, also das „verschönern“ wurde als „frae“ bezeichnet. Das Ergebnis dieser Tätigkeit, also das „rechte Maß“, die „Angemessenheit“, die „Zierde“ und der „Liebreiz“ wurden „fridindi“ genannt. Die „Schönheit eines Menschen“ nannte man „frid-leikr“.
Das Wort „fridr“ („schön“) hatte auch die Bedeutung „Bezahlung durch Münzen“ oder „Bezahlung durch Rinder“. Dieser Zusammenhang mit dem Finanzwesen fand sich auch schon bei der Verwendung von „frida“ für „bezahlt“, d.h. wörtlich „eine Rechnung, die in Frieden ist“. Diesen Zusammenhang könnte man ein wenig salopp als „das Geld ist die Schönheit die Händler“ zusammenfassen.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist das Adjektiv „fraeda“ für „schön, hübsch, lieblich, erfreulich, froh sein“ sowie das davon abgeleitete Substantiv „fraedaz“ für „Schönheit“. An dem Bedeutungsspektrum des Adjektivs „fraeda“ kann man sehen, daß die Schönheit nicht nur die äußere Harmonie des Aussehens bezeichnete, sondern auch die innere Harmonie des Gemütes, die sich in der Freude zeigte.
Es wäre denkbar, daß man mit Freyr auch diese Harmonie und diese Freude assoziiert hat.
In dieser Wortfamilie gibt es auch eine Gruppe von Worten mit der Bedeutung „fruchtbar“: „fro-samr“. Der Zusammenhang mit der hier betrachteten „Wortfamilie des Freyr“ zeigt sich deutlich darin, daß „fro-samr“ sowohl „Fruchtbarkeit“ als auch „Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit“ bedeuten kann, da diese zweite Bedeutung eng mit dem Wort „frod“ für „Wissen, Weisheit“ zusammenhängt.
Das zentrale Wort in dieser Gruppe ist „frae“ für „Samen“. Dies könnte eine Weiterbildung von „fridill“ („Geliebter“) sein.
Wenn etwas „Samen“ („frae“) hat, ist es „fruchtbar“ („frjor“) und „gibt Früchte“ („fraer“). Dadurch entstehen schließlich „Samen“ und „Körner“ („fri“) sowie „Früchte“ („fruktr“) – es ist dann „voller Früchte“ („frjo-ligr“). Der wichtigste Samen war das „Korn des Getreides“ („frae-korn“).
Wie der Zusammenhang von „fro-samr“ („fruchtbar“) mit „Geliebter“ („fridill“) bereits vermuten läßt, findet sich in dieser Wortfamilie auch das Verb für „befruchten“, das im Sinne von „fruchtbar machen“ auch in der Landwirtschaft verwendet werden kann: „fraeva“. Das Wort „frjova“ hat zusätzlich zu „befruchten“ auch noch die Bedeutungen „fruchtbar sein“ und „vermehren“.
Mithilfe des Wortes „frae“ für „Samen“ konnte auch eine Bezeichnung für „Land, Boden, Erde“ gebildet werden: „fraen“. Dieses Wort bedeutete ursprünglich vermutlich „Saatgrund; Fläche für die Aussaat“.
Im Altschwedischen, das vom Altnordischen abstammt, hatte „froda“ die Bedeutung „Üppigkeit, Fruchtbarkeit“.
Es bestand folglich auch eine Verbindung von Freyr sowohl zu dem Zeugen des Nachwuchses bei Mensch und Tier als auch zu der Fruchtbarkeit in der Landwirtschaft.
Die germanische Wurzel dieser Worte ist wahrscheinlich dieselbe wie die von „lieben“: „frijan“.
Mit dem Verb „frjova“ für „befruchten“ ist eng das Substantiv „froeda“ für „Schaum, Sperma“ verwandt.
Die germanische Wurzel dieses Wortes ist „fruthan“ für „Schaum, Sperma“.
Das freundliche Wesen dieser Wortfamilie führte dazu, daß sich in ihr auch das Wort „fraea“ für „helfen“ bildete. Das Substantiv dazu lautet „frae“ („Hilfe, Erleichterung“).
Wenn man alle Bedeutungen der Wortfamilie, zu der der Name „Freyr“ gehört, zusammenfaßt, ergibt sich ein erstes Bild des Gottes Freyr, das nicht auf seinen Mythen, sondern auf den sprachlichen Assoziationen der Germanen zu seinem Namen beruht.
Freyr ist der hilfsbereite Friedens-Fürst und der den Frieden liebende Beschützer der Menschen und ihrer Verwandten, also der Sippe. Er ist der Gott der Fruchtbarkeit, der Zeugungskraft und der Liebe und daher auch der Beschützer der Liebenden. Er ist auch der Gott der Ahnen. Er wird verehrt, weil er die Freiheit von denen erhält, die ihn verehren. Er ist der gute Gott der Weisheit, der Schönheit, der inneren und der äußeren Harmonie sowie des Wohlstandes. Für diese Qualitäten wird er weithin gerühmt.
Die Indogermanen haben zwischen 7.000 v.Chr. und 2.800 v.Chr. in der südrussischen Steppe nördlich des Schwarzen Meeres gelebt. Sie haben sich hauptsächlich von der Viehzucht ernährt.
Die indogermanische Wurzel der hier betrachteten Wortfamilie ist das Wort „per“ für „Haus“. Ein „priheh“ war bei den Indogermanen daher jemand, der zu dem eigenen Haus („per“), also zu dem eigenen Haushalt und somit zu der eigenen Sippe gehörte: ein Verwandter.
Diese Wortwurzel findet sich in verschiedenen indogermanischen Sprachen wieder wie z.B. im hethitischen „parna“ für „Haus“, im gotischen „frijon“ („Liebe“), im altkirchenslawischen „prijajo“ („beliebt sein“), in den beiden altindischen Worten „prijajate“ („befreundet sein“) und „priya“ („jemandem lieb sein; Ehefrau“), im altpersischen „frya“ („jemandem lieb sein“) und im altenglischen „frigan“ („Liebe, Freund“).
Schon bei den Indogermanen hat diese Bezeichnung für die „Verwandten“ auch schon die Bedeutung „Geliebter, Ehemann“ und „Geliebte, Ehefrau“ („priheh“) erhalten – diese Liebe zwischen den Menschen bezog sich anfangs offensichtlich vor allem auf den Sippenzusammenhalt.
Bereits bei den Indogermanen hat sich von diesem Wort die Nebenform „parikeh“ mit der Bedeutung „Nebenfrau, Hure“ gebildet. Davon leiten sich u.a. das mittelirische „airech“ („Nebenfrau“) und das altpersische „pairika“ („verführerische Dämonin“) ab.
Es gab bei der Wortfamilie um „priheh“ auch eine deutliche Assoziation zum Besitz, denn „prihos“ hatte sowohl die Bedeutung „das, was man liebt“ als auch „das eigene; das, was einem gehört“ – schließlich war das eigene Haus („per“) eines der wichtigsten Dinge, die man besitzen konnte.
Möglicherweise gab es bei dieser Wortfamilie auch schon eine Assoziation zu der Zeugung und der Fruchtbarkeit, da es auch das Wort „prehktos“ gegeben hat, daß „Anus, Genitalien“ bedeutet hat und sich im Altgriechischen als „proktos“ und im Armenischen als „erastank“ erhalten hat.
Es ist denkbar, daß es bei den Indogermanen auch schon erste Ansätze dazu gegeben hat, aus „priheh“ den Beinamen eines Gottes oder Ahnen bzw. einer Göttin zu machen. Das mythologische Motiv, mit dies im Zusammenhang gestanden haben wird, ist die Wiederzeugung, die der Wiedergeburt der Toten durch die Muttergöttin im Jenseits vorausging. Bei dieser Wiederzeugung war die Muttergöttin die Geliebte des Toten im Jenseits und er ihr Geliebter.
Dies könnte die Wurzel der beiden germanischen Götternamen „Freyr“ und „Freya“ sein. Mit Freyr ist u.a. Priapos, der griechische Gott der Zeugungskraft, der mit einem riesigen Penis dargestellt wird, verwandt.
Bei dem indogermanischen „priheh“ finden sich somit schon mehrere der Eigenschaften des germanischen Freyr: die enge Verwandtschafts-Bindung, die Liebe, der Geliebte, die Geliebte, die Zeugungskraft, die Fruchtbarkeit und der Besitz.
Die Assoziationen „Herr, Weisheit, Frieden, Freiheit und Ruhm“ scheinen somit Eigenschaften zu sein, die sich erst später im Charakter des „priheh-Freyr“ herausgebildet haben. Sie werden allerdings auch schon bei den frühen Indogermanen wichtige Qualitäten gewesen sein.
Vermutlich werden diese Eigenschaften umso mehr mit „priheh“ verbunden worden sein, umso mehr sich die Bedeutung des „priheh“ von „Geliebter“ und „Geliebter der Jenseitsgöttin“ hin zu „der von der Jenseitsgöttin geliebte Fürst“ verschoben hat – dabei wird der Fürst sowohl bei seiner Krönung (die im Wesentlichen eine Jenseitsreise gewesen ist) als auch während seiner Herrschaftszeit und natürlich auch bei seiner Bestattung der „Geliebte der Muttergöttin im Jenseits“ gewesen.
Sehr wahrscheinlich ist das indogermanische Substantiv „per“ für „Haus“ mit dem Substantiv „perg“ für „Balken“ verwandt. Dieses Wort findet sich im slawischen „porg“ für „Schwelle, Diele, Bank“ wieder und ebenso im baltischen „perga“ für „Aushöhlung“, im lithauischen „perga“ für „Einbaum“ und im lateinischen „pergula“ für „Vorbau, Hütte“.
Die indogermanische Wurzel des Götternamens „Freyr“ ist das Substantiv „per“ für „Haus“, von dem sich die Worte für „Verwandter“, „Freund“, „Liebe“, „Genitalien“, „Zeugungskraft“ und „Hure“ ableiten.
Da sich der Gott Freyr bei den Griechen als „Priapos“ wiederfindet, ist anzunehmen, daß es schon bei den Indogermanen selber Ansätze zu der Entstehung eines „Gottes mit großem Penis“ gegeben hat, der die Fruchtbarkeit und evtl. auch die Wiederzeugung im Jenseits, die der Wiedergeburt vorausgeht, verkörpert hat.
Die indogermanische Wurzel der Wortfamilie, zu der der Gottesname „Freyr“ gehört, ist das Wort „per“ für „Haus“. Dieses Wort ist möglicherweise schon sehr alt und könnte noch von den frühen nacheiszeitlichen Siedlern in Mesopotamien um ca. 10.000 v.Chr. stammen. Die Sprache dieser damaligen Menschen wird heute „Nostratisch“ genannt.
Zu den Nachkommen dieser frühen Siedler gehören u.a. die Indogermanen, die Ägypter, die Sumerer, die Elamiter in Südost-Mesopotamien, die Drawiden in Indien und die Semiten.
Das indogermansiche Wort „per“ findet sich mit derselben Bedeutung auch im Altägyptischen. „Per“ bedeutet „Haus“. Der Titel „Pharao“ lautet im Ägyptischen „per-aa“ und hat wörtlich übersetzt die Bedeutung „Großes Haus“ im Sinne von „Regierungssitz“ – in derselben Weise wie man auch heute vom „Kreml“ oder vom „Weißen Haus“ spricht.
Im Sumerischen finden sich die Worte „pu“ für „Teil eines Gebäudes“, „papah“ für „Raum, Tempelraum“, „piriggunu“ für „Stein“, „puhrum“ für „Versammlung“ und „par, parshita“ für „Kanal“. Vermutlich sind auch sie mit dem ägyptisch-indogermanischen „per“ verwandt.
Auch in der drawidischen Sprache in Indien findet sich dieses Wort: „por“ für „Haus, Dach“, „paz“ für „Tempel, heiliger Bezirk“, „par“ für „Spaten“ und „porne“ für „Gefäß, Kiste“. Damit ist auch das tamilische (indische) „pazi“ für „Tempel, Stadt“ verwandt.
Im Nostratischen hieß das Wort für „Haus“ wahrscheinlich „puru“.
Das indogermanische „per“ für „Haus“ stammt von dem nostratischen „puru“ für „Haus“ ab, das sich auch im Ägyptischen und im Drawidischen sowie mit der Bedeutung „Raum, Tempel, Teil eines Gebäudes“ auch im Sumerischen findet.
Die borealische Sprache wurde in der späten Altsteinzeit von dem vor 50.000 Jahren von Afrika aus in Eurasien eingewanderten Homo sapiens gesprochen. Das Borealische ist auch Wurzel des Nostratischen (Mesopotamien), von dem das Indogermanische der nördliche Zweig ist. Die vielen Sprachen, die in Europa, Asien, Amerika und Australien gesprochen werden, stammen alle von diesem Borealischen ab.
Die borealische Wurzel des nostratischen „per“ für „Haus“ ist das Substantiv „paru“ für „Balken“. Davon leiten sich das finnische „purnu“ für „Kiste“, das finnische „pört“ für „Stube, Wohnhaus“, das saamische (lappländische) „puor'na“ für „Steinkiste, Häuschen“, das votyakische (westrussische) „berno“ für „Holzgefäß“, das altaische (sibirische) „paran“ für „Platz für die Hütte“, das zyrische (westsibirische) „burna“ für „Holzgefäß“, das mongolische „haranga“ für „Balkon, Veranda, Plattform, Hütte“ und das japanische „Pari“ für „Querbalken“ ab.
Die borealische Wurzel des Substantivs „per“ kann nicht „Haus“ sein, da es erst seit der Jungsteinzeit Häuser gibt. Stattdessen findet sich die Bedeutung „Querbalken“, da man für den Hausbau als wesentliches Element die Querbalken für das Dach benötigt. Ursprünglich könnte das borealische „paru“ daher in etwa „Stamm, Ast, behauener Stamm“ (den man für den Bau der Hütten aus Ästen und Fellen benutzt hat) bedeutet haben.
Evtl. wurden auch die Totempfähle mit diesem Wort bezeichnet.
Der altnordische Göttername „Freyr“ geht über das indogermanische „per“ für „Haus“ und weiter über das nostratische „puru“ für „Haus“ auf das borealische „paru“ für „Querbalken“ zurück.
Die Personennamen, die mit dem Gottesnamen „Freyr“ gebildet wurden, haben vor allem kultische Bedeutungen und entsprechen von ihrem Charakter her der Wortfamilie um „Freyr“.
mit „Freyr“ gebildete Personennamen | ||
Männernamen | Frauennamen | Bedeutung |
Frey, Frö, Fröy, Freyr | Freyr | |
Fröyrikr, Fröricus | Freyr-König | |
Friobaudis | Freyr-König | |
Freygardur | Freyygerdr, Frigerid, Frigired, Freigerdur | Tempel des Freyr; geschützter Bereich des Freyr |
Freysteinn, Freistin, Frösteinn, Frösten, Freisteinn | (Opfer-, Kult-) Stein des Freyr | |
Freivid, Freividr, Freividur, Frejvid, Vefreyd | Freyr-Priester | |
Freysgyd | ursprünglich: „Freysgod(e)“; Freyr-Priester | |
Frövidh, Freyvid, Frejvid | Baum des Freyr = Mann des Freyr | |
Freydis, Freidis, Frejdis | Göttin des Freyr = Frau des Freya | |
Freylaug, Fröylaug | Eid des Freyr =?= Freyr-Priesterin | |
Freymar | Ruhm des Freyr, berühmter Freyr | |
Freymundur | Hand des Freyr | |
Freymodur (Freimut) | Mut des Freyr | |
Freyleif | Tochter des Freyr | |
Fröygäirr, Fröger | Freyr-Speer | |
Freybjörn, Freibjorn, Fröbiorn, Fröyborn | Bär des Freyr = Krieger | |
Geoffrey, Jofreidr, Jofreyr, Jofredur | Pferd des Freyr | |
Freidunn | Woge des Freyr | |
Eyfreyd | „Freyr von der Insel“; „Insel des Freyr“ | |
Friagabi | Gabe des Freyr | |
Freythor | Freyr-Thor |
Der „Bär des Freyr“ könnte die Stärke des Freyr ausdrücken. Das „Pferd des Freyr“ könnte das Pferd als ein dem Eber entsprechendes Heiliges Tier des Freyr sein. Von den Balten, also den indogermanischen Nachbarn der Germanen im Südosten, ist bekannt, daß sie in ihrem Haupttempel auf Rügen einen ihrem Göttervater Svantevit geweihten Schimmel hielten, dessen Bewegungen als Grundlage für Orakel genommen wurde. Dieses Pferde-Orakel auf Rügen war in Nordeuropa fast genauso berühmt wie das Orakel von Delphi in Südeuropa. Möglicherweise lag auch dem „Pferd des Freyr“ ein solches Orakel zugrunde – aber das ist nur eine Hypothese.
Der Insel-Freyr könnte Freyr auf der Jenseits-Insel gewesen sein. Vor allem die Insel Hlesey hatte in den Sagen der Germanen diese Jenseits-Symbolik.
Freyr wurde auch als König angesehen (Fröytikr, Friobaudis). Es hat Tempel des Freyr (Freygardur), Priester des Freyr (Freivid, Freygyd) und Opfersteine des Freyr (Freysteinn) gegeben.
Manche Jungen und Mädchen waren durch ihre Namensgebung dem Freyr geweiht, seinem Schutz unterstellt oder ihm als Priester bzw. Priesterinnen versprochen (Männer: Freyr, Freyvid; Frauen: Freydis, Freylaug, Freyleif, Friagabi).
Die vielen aus dem Kult stammenden Personennamen des Freyr zeigen, daß er vor allem ein Kult-Gott gewesen ist, d.h. daß man ihn um die vielen guten Dinge gebeten hat, die er repräsentiert hat: Liebe, Fruchtbarkeit, Frieden, Freiheit, Weisheit …
Es gab auch einige mit „Freyr“ gebildete Kriegernamen (Freymundur, Freybjörn, Fröger, Freythor, Freymar, Freymodur), die möglicherweise aus jüngerer Zeit stammen, da sie nicht zu dem übrigen Charakter des Freyr passen.
Freyr ist in der germanischen Überlieferung einer der wichtigsten Götter, so daß über ihn relativ viel bekannt ist.
Freyr ist einer der zwölf Asen: