Annie Besant – Eine Studie über das Bewusstsein
Englischer Originaltitel:
A Study in Consciousness
1. Auflage
© Aquamarin Verlag 2004
Deutsche Übersetzung: Dr. Edith Zorn
Umschlaggestaltung: Annette Wagner
ISBN Printausgabe 978-3-89427-255-5
ISBN eBook 978-3-96861-279-9
Vorwort
Einleitung
1. Die Anfänge
2. Die Entstehung der Monaden
TEIL I • DAS BEWUSSTSEIN
Erstes Kapitel – Die Bereitung des Feldes
1. Die Bildung des Atoms
2. Geist-Materie
3. Die Unterebenen
4. Die fünf Ebenen
Zweites Kapitel – Das Bewusstsein
1. Die Bedeutung des Wortes
2. Die Monaden
Drittes Kapitel – Die Gestaltung des Feldes
1. Das Hervortreten der Monaden
2. Das Weben
3. Die sieben Ströme
4. Lichtwesen
Viertes Kapitel – Das permanente Atom
1. Die Angliederung der Atome
2. Das Lebensgewebe
3. Die Auswahl der permanenten Atome
4. Die Aufgabe der permanenten Atome
5. Die Einwirkung der Monade auf die permanenten Atome
Fünftes Kapitel – Die Gruppenseele
1. Die Bedeutung des Ausdrucks
2. Die Teilung der Gruppenseele
Sechstes Kapitel – Die Einheit des Bewusstseins
1. Das Bewusstsein − eine Einheit
2. Die Einheit des physischen Bewusstseins
3. Was man unter physischem Bewusstsein zu verstehen hat
Siebtes Kapitel – Der Mechanismus des Bewusstseins
1. Die Entwicklung des Mechanismus
2. Der Astral- oder Wunschkörper
Achtes Kapitel – Die ersten Schritte des Menschen
1. Die dritte Lebenswoge
2. Die menschliche Entwicklung
3. Nicht zusammenpassende Seelen und Körper
4. Das Aufdämmern des Bewusstseins auf der Astralebene
Neuntes Kapitel – Bewusstsein und Selbstbewusstsein
1. Das Bewusstsein
2. Das Selbstbewusstsein
3. Wirklich und unwirklich
Zehntes Kapitel – Bewusstseinszustände des Menschen
1. Das Unterbewusstsein
2. Das Wachbewusstsein
Elftes Kapitel – Die Monade bei der Arbeit
1. Die Herstellung ihrer Werkzeuge
2. Ein sich entwickelnder Mensch
3. Die Hypophyse und die Zirbeldrüse
4. Die Wege des Bewusstseins
Zwölftes Kapitel – Das Wesen des Gedächtnisses
1. Das grosse Selbst und die kleinen Selbste
2. Veränderungen in den Hüllen und im Bewusstsein
3. Erinnerungen
4. Was ist Gedächtnis?
5. Erinnern und Vergessen
6. Aufmerksamkeit
7. Das eine Bewusstsein
TEIL II • WILLE, VERLANGEN UND GEMÜTSBEWEGUNG
Erstes Kapitel – Der Lebenswille
Zweites Kapitel – Das Verlangen (Teil 1)
1. Die Natur des Verlangens
2. Das Erwachen des Verlangens
3. Das Verhältnis des Verlangens zum Denken
4. Verlangen, Denken und Handeln
5. Die bindende Natur des Verlangens
6. Das Zerreissen der Bande
Drittes Kapitel – Das Verlangen (Teil 2)
1. Der Träger des Verlangens
2. Der Kampf zwischen Verlangen und Denken
3. Der Wert eines Ideals
4. Die Läuterung des Verlangens
Viertes Kapitel – Die Gemütsbewegungen (Teil 1)
1. Die Geburt der Emotionen
2. Die Rolle der Emotionen in der Familie
3. Die Entstehung der Tugenden
4. Recht und Unrecht
5. Tugend und Glückseligkeit
6. Die Verwandlung der Emotionen in Tugenden und Laster
7. Die Anwendung dieser Theorie auf das menschliche Verhalten
8. Der Sinn der Emotionen
Fünftes Kapitel – Die Gemütsbewegungen (Teil 2)
1. Die Schulung von Emotionen
2. Die entstellende Kraft der Emotionen
3. Methoden zur Beherrschung der Emotionen
4. Die Emotionen nutzen
5. Der Wert der Emotionen in der Entwicklung
Sechstes Kapitel – Der Wille
1. Der Wille, der seine Freiheit gewinnt
2. Weshalb der Kampf?
3. Die Macht des Willens
4. Weisse und schwarze Magie
5. Das Tor zum Frieden
Anmerkungen
Dieses Buch will denjenigen helfen, die das Wachstum und die Entwicklung des Bewusstseins erforschen wollen sowie Hinweise und Anregungen geben, die dabei vielleicht nützen können. Es erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sieht sich eher als Beitrag zur Wissenschaft der Psychologie. Eine vollständige Darlegung der vielseitigen Wissenschaft, die sich mit der Bewusstseinsentfaltung befasst, bedarf eines weitaus umfangreicheren Materials, als es mir zur Verfügung stand. Bisher hat aber noch niemand den Versuch unternommen, dieses sich allmählich anhäufende Material in ein systematisches Ganzes zu ordnen.
Einen geringen Teil des Stoffes habe ich in vorliegendem Buch in der Hoffnung bearbeitet, dass er dem einen oder anderen, der sich mit dem Gebiet der Bewusstseinsentfaltung befasst, von Nutzen sein und sich später einmal als Baustein eines größeren Gebäudes erweisen wird. Es bedarf eines weitsichtigen Architekten, um den Plan für diesen Tempel der Erkenntnis zu entwerfen, und geschickter Bauleute, um das Gebäude zu errichten. Möge es im Augenblick genügen, die rohen Steine für den sachkundigen Baumeister vorzubereiten.
Annie Besant
Das Thema der Bewusstseinsentfaltung von Wesen, deren Entwicklungsbereich ein ganzes Sonnensystem umfasst, gestaltet sich schwierig. Niemand kann zurzeit hoffen, mehr als ein kleines Gebiet dieses riesigen Feldes zu bearbeiten; doch vielleicht besteht die Möglichkeit, einige Erkenntnislücken zu schließen und einen einigermaßen klaren Entwurf für die weitere Arbeit zu liefern.
Diesen vermögen wir jedoch nicht in einer den Verstand befriedigenden Weise zu skizzieren, ohne dass wir zuvor unser Sonnensystem als Ganzes betrachten und versuchen, uns eine wenigstens ungefähre Vorstellung von den Anfängen eines solchen Systems zu machen.
1. DIE ANFÄNGE
Die Materie in einem Sonnensystem existiert in sieben großen Modifikationen oder „Ebenen“. Auf drei dieser Ebenen, der physischen, emotionalen (astralen) und mentalen, – häufig „die drei Welten“ genannt, die Trilokî oder Tribhuvanam der indischen Kosmogonie – spielt sich die normale Entwicklung der Menschheit ab. Auf den beiden nächst höheren, den geistigen Ebenen – den Ebenen von Weisheit und Macht, von Buddhi und Âtma – vollzieht sich nach der ersten der „großen Einweihungen“ die spezielle Entwicklung des Initiierten. Diese fünf Ebenen bilden das Entwicklungsfeld für das Bewusstsein des Menschen, bis es im göttlichen Bewusstsein aufgeht.
Die beiden Ebenen, die jenseits dieser fünf liegen, bilden die Sphäre göttlicher Aktivität, die alles umgeben, alles einhüllen und denen alle göttlichen Kräfte entströmen, die das gesamte System beleben und erhalten. Sie entziehen sich im Augenblick noch vollständig unserer Kenntnis, und die wenigen Hinweise, die wir besitzen, vermitteln uns wahrscheinlich nur so viel Wissen, wie unser begrenztes Fassungsvermögen begreifen kann. Die Weisheitsreligion lehrt, dass es sich um die göttlichen Bewusstseinsebenen handelt, den Manifestationsbereich des Logos (oder der göttlichen Dreiheit der Logoi), aus dem dieser seine Strahlen als Schöpfer, Erhalter und Zerstörer aussendet, ein Universum entwickelt, es während dessen Lebensperiode erhält und schließlich in sich zurückzieht. Auch die Bezeichnungen dieser beiden Ebenen sind bekannt. Die niedere heißt Anupâdaka, auf der „noch kein Träger geformt worden ist“ 1; die höhere nennt man Âdi – „die erste“, das Fundament eines Universums, sein Halt und die Quelle seines Lebens.
Die sieben Ebenen eines Universums, eines Sonnensystems, können demnach in drei Gruppen unterteilt werden: I. Den Bereich, der nur der Manifestation des Logos dient; II. den Bereich für die fortgeschrittene menschliche Entwicklung, für die eines Eingeweihten; III. den Bereich der elementaren, mineralischen, pflanzlichen, tierischen und durchschnittlichen menschlichen Entwicklung.
Man sollte sich die beiden höheren Ebenen als bereits vorhanden vorstellen, noch bevor das Sonnensystem entstand. Die höchste, Âdi, besteht aus so viel Raum-Materie − dargestellt durch Punkte – wie der Logos für die Grundlage des Sonnensystems, das er zu schaffen gedenkt, vorgesehen hat. Wie ein Handwerker das Material für seine Arbeit aussucht, so wählt auch der Logos die Materie und die Lage für sein Universum aus.
In ähnlicher Weise können wir uns vorstellen, dass die Anupâdaka-Ebene – dargestellt durch Linien – aus derselben Materie besteht, modifiziert durch sein individuelles Leben und sozusagen „gefärbt“ von seinem alles beseelenden Bewusstsein, wodurch sie sich in gewisser Hinsicht von der Materie der entsprechenden Ebene anderer Sonnensysteme unterscheidet. Die wesentlichen Vorgänge dieser vorbereitenden Arbeit finden ihren Ausdruck in zwei Symbolgruppen, von denen die eine die dreifache Manifestation des Logos-Bewusstseins darstellt und die andere die dreifache Veränderung in der Materie, die dem dreifachen Leben entspricht – die Lebens- und die Formaspekte der drei Logoi.
Man kann sie als gleichzeitig ablaufende Vorgänge nebeneinanderstellen:
Unter Leben sehen wir den ursprünglichen Punkt in der Mitte des Kreises, den Logos als den Einen, innerhalb des sich selbst gesetzten Kreisumfangs aus feinster Materie, in die er sich zum Zweck der Manifestation und des Ausströmens von Licht aus der Dunkelheit eingeschlossen hat.
Es erhebt sich die Frage: Weshalb drei Logoi? Obgleich wir hier an die schwierigste Frage der Metaphysik rühren, deren Erörterung, wenn auch unvollständig, ein weiteres Buch umfassen würde, müssen wir an dieser Stelle die Antwort andeuten und es dem eingehenden Nachdenken überlassen, sie auszuarbeiten.
Bei der Analyse all dessen, das existiert, gelangen wir zu der allgemein gültigen Regel: „Alles lässt sich in ein „Ich“ und ein „Nicht-Ich“, ein „Selbst“ und ein „Nicht-Selbst“ trennen. Alles gehört zu der einen oder anderen Abteilung – zum Selbst oder zum Nicht-Selbst. Es gibt nichts, das sich nicht in die eine oder andere Rubrik einreihen lässt. Selbst ist Leben und Bewusstsein; Nicht-Selbst ist Materie und Form.“
Es liegt also eine Dualität vor. Es handelt sich nicht um zwei getrennte Dinge, die isoliert und ohne Zusammenhang sind; sondern es besteht eine fortdauernde Beziehung zwischen ihnen, ein ständiges sich Annähern und sich Zurückziehen, ein Einswerden und ein Zurückweisen. Dieses Wechselspiel äußert sich in dem sich fortwährend wandelnden Universum. Es besteht also eine Dreiheit, keine Zweiheit – das Selbst, das Nicht-Selbst und die Beziehung zwischen ihnen. Alles ist darin enthalten, alle Dinge und alle Beziehungen, die tatsächlichen und die möglichen. Die Drei – nicht mehr und nicht weniger – liegt der Gesamtheit der Universen und jedem einzelnen Universum zugrunde.2
Diese grundlegende Tatsache drängt einen Logos zur dreifachen Manifestation in einem Sonnensystem, so dass sich das Eine, der Punkt, in drei Richtungen auf den Kreisumfang der Materie zubewegt, zu sich selbst zurückkehrt und so an jedem Berührungspunkt mit dem Kreisumfang einen unterschiedlichen Aspekt offenbart – die drei grundlegenden Ausdrucksweisen des Bewusstseins: Wille, Weisheit und Aktivität – die göttliche Triade oder Dreiheit.3 Denn das universelle Selbst, das Pratyagâtmâ, das „innere Selbst“, das an das Nicht-Selbst denkt, identifiziert sich mit diesem und nimmt dadurch an seinem Wesen teil. Das ist die göttliche „Aktivität“, Sat, Dasein, die dem Nicht-Dasein verliehen wird. Es ist der universelle Geist. Das Selbst, das sich selbst erkennt, ist Weisheit, Chit, das Prinzip der Erhaltung. Das Selbst, das sich von dem Nicht-Selbst in seine eigene, eigentliche Natur zurückzieht, ist Glückseligkeit, Ananda, befreit von der Form.
Jeder Logos eines Universums wiederholt dieses universelle Selbst-Bewusstsein. In seiner Aktivität ist er der schöpferische Geist, Kriyâ – dem universellen Sat entsprechend – dem Brahmâ der Hindus, dem heiligen Geist der Christen, der Chokmah-Sephiroth der Kabbalisten. In seiner Weisheit ist er die erhaltende, ordnende Vernunft, Jñâna – dem universellen Chit entsprechend – dem Vishnu der Hindus, dem Sohn der Christen, der Binah-Sephiroth der Kabbalisten. In seiner Glückseligkeit ist er der Auflöser der Formen, der Wille, Ichchhâ – dem universellen Ânanda entsprechend, dem Shiva der Hindus, dem Vater der Christen, der Kether-Sephiroth der Kabbalisten.
So treten in jedem Universum die drei Logoi auf, die drei Wesenheiten, die ihr Universum erschaffen, erhalten und zerstören. Jede zeigt bei ihrem Wirken im Weltall vorherrschend den einen Hauptaspekt, dem die beiden anderen, obwohl natürlich stets gegenwärtig, untergeordnet sind. Daher bezeichnet man jeden manifestierten Gott als eine Dreiheit. Die Vereinigung der drei Aspekte oder Manifestationsphasen an ihren äußeren Berührungspunkten mit dem Kreis ergibt das grundlegende Dreieck der Berührung mit der Materie, das mit den drei anderen Dreiecken, die durch die Bewegungslinien des Punktes entstehen, die göttliche Tetraktys bildet, auch die kosmische Vierheit genannt, die drei göttlichen Aspekte in Verbindung mit der Materie − zur Schöpfung bereit. Diese bilden ein Ganzes, die „Überseele“ 4 des Kosmos, der entstehen soll.
Was die Form anbelangt, mag man zunächst auf die Wirkung dieser Aspekte hinsichtlich der Reaktion von Seiten der Materie blicken. Sie sind natürlich nicht auf den Logos eines Systems zurückzuführen, sondern entstehen aus den Beziehungen der universellen Materie zu den drei Aspekten des universellen Selbst. Der Aspekt der Glückseligkeit oder des Willens verleiht der Materie die Eigenschaft der Trägheit – Tamas, die Kraft des Widerstands, der Beständigkeit und Ruhe. Der Aspekt der Aktivität macht die Materie für die Tätigkeit empfänglich – Rajas, Beweglichkeit. Der Aspekt der Weisheit verleiht ihr Rhythmus – Sattva, Schwingung, Harmonie. Mit Hilfe der Materie können sich die Aspekte des Logos-Bewusstseins als Wesen manifestieren.
Der Logos – noch nicht „der erste“, da es noch keinen zweiten gibt – wird als Punkt gesehen, der eine Materiekugel ausstrahlt, die ihn als Feld für das kommende Universum umgibt und in unvorstellbarem Glanz, gleich einem Lichtberg, funkelt, wie der Manu sich ausdrückt. Doch in einem Licht, das, außer auf den geistigen Ebenen, unsichtbar ist.
Diese große Kugel hat man auch als Urmaterie bezeichnet. Sie ist der ursprüngliche Logos, in jedem Punkt ungetrennt von der Materie, die er seinem Universum angepasst hat, von dem er sich in seiner zweiten Manifestation ein wenig zurückzieht. Es ist die Sphäre des ursprünglichen Willens, der zur schöpferischen Aktivität führen wird: „Ich bin Das“, wenn das „Das“ als das Nicht-Selbst erkannt wird.
Symbolisch ausgedrückt – um die Vorstellung der Form zu geben, wie sie von der Seite der Erscheinung aus gesehen wird – schwingt der Punkt zwischen Mittelpunkt und Umkreis hin und her und zieht so die Linie, die das Auseinanderrücken von Geist und Materie markiert.5 Sie macht das Erkennen möglich und bringt so die Form für den zweiten Aspekt, das Wesen, das wir den zweiten Logos nennen, dargestellt durch die Linie oder den Kreisdurchmesser.
Im Alten Testament heißt es: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt“ (Ps. II, 7). Dieses Verhältnis von Vater und Sohn, des ersten zum zweiten Logos, innerhalb der Einheit des göttlichen Seins, gehört zu einem „Welten-Tag“, der Manifestation, der Lebensperiode eines Universums. Es ist die Zeugung des Sohnes, die Erscheinung des zweiten Logos, der Weisheit, die in der Welt der Form durch die Differenzierung, das Auseinanderrücken von Geist und Materie, gekennzeichnet ist, die beiden Pole, zwischen denen das Gewebe des Universums gewoben wird. Es ist die Spaltung der neutralen, inaktiven Elektrizität, die den ersten Logos symbolisieren mag, in die zweifache Form von positiver und negativer Elektrizität, die den zweiten Logos symbolisiert. Durch ihn wird das Unmanifestierte manifestiert, das Unoffenbarte offenbart.
Diese Trennung innerhalb des ersten Logos zeigt sich deutlich in der Vorbereitung für die Vervielfältigung der Zelle, die wir auf der physischen Ebene beobachten können, bei der sich im Laufe des Prozesses eine Trennwand bildet, so dass aus einer Zelle zwei Zellen entstehen. Alles, was hier unten geschieht, ist nur eine Widerspiegelung in der groben Materie von den Vorgängen auf höheren Ebenen, und wenn unsere Vorstellungskraft erlahmt, können wir beim Studium der physischen Entwicklung eine Krücke finden. „Wie oben, so unten.“ Das Physische ist eine Widerspiegelung des Geistigen.
Dann schwingt der Punkt mit der Linie, die sich mit ihm bewegt, im rechten Winkel zur vorherigen Schwingung und bildet das Kreuz innerhalb des Kreises. Das Kreuz, das auf diese Weise „hervorgeht aus dem Vater und dem Sohn“ − das Symbol des dritten Logos, der schöpferischen Intelligenz, der göttlichen Aktivität − ist bereit, sich als Schöpfer zu manifestieren.
Er manifestiert sich als das aktive Kreuz oder Svastika, der erste der Logoi, der sich, obschon die dritte Stufe der göttlichen Entfaltung, außerhalb der beiden höchsten Ebenen verwirklicht.
2. DIE ENTSTEHUNG DER MONADEN
Bevor wir die schöpferische Aktivität des dritten Logos betrachten, wollen wir uns der Entstehung der Monaden oder Bewusstseinseinheiten zuwenden, zu deren Entwicklung in der Materie das zu schaffende Feld als Universum dienen soll. Im zweiten Kapitel werden wir uns eingehender damit befassen. Die Myriaden solcher Einheiten, die sich in dem kommenden Universum entwickeln sollen, werden innerhalb des göttlichen Lebens wie Keimzellen im Organismus erzeugt, bevor das Feld ihrer Entwicklung Gestalt angenommen hat. Über dieses Hervorbringen heißt es: „Das fasste den Entschluss: Ich will mich vervielfältigen und geboren werden“,6 − und die Vielen entstanden in dem Einen durch diesen Willensakt. Der Wille besitzt zwei Aspekte, den der Anziehung und den der Abstoßung, des Einatmens und Ausatmens, und wenn der Aspekt der Abstoßung wirksam wird, dann entsteht Trennung, ein Auseinandergehen.
Diese Vervielfältigung innerhalb des Einen unter Einsatz des Willens kennzeichnet den Ursprung der Monaden – den ersten Logos, den ungeteilten Herrn, den ewigen Vater. Es sind die Funken des höchsten Feuers, die „göttlichen Fragmente“ 7, allgemein die „Monaden“ genannt. Eine Monade ist ein Bruchteil des göttlichen Lebens, die als ein individuelles Wesen durch eine zarte Hülle allerfeinster Materie abgesondert ist, einer Materie, die jeder Monade eine gesonderte Form verleiht, aber so fein ist, dass sie dem freien Austausch eines so gestalteten Lebens mit ähnlichen Lebewesen, die es umgeben, kein Hindernis bietet. Das Leben der Monade ist also das des ersten Logos und besitzt daher seine drei Aspekte. Das Bewusstsein tritt als Wille, Weisheit und Aktivität auf. Dieses Leben nimmt Form an auf der Ebene der göttlichen Manifestation, auf der zweiten, der Anupâdaka-Ebene. Es sind Söhne des Vaters, ebenso wie es der zweite Logos ist, nur jünger, ohne die göttlichen Kräfte, in einer Materie zu wirken, die dichter ist als die ihrer eigenen Ebenen, während er, mit der unendlichen Zeit der Entwicklung hinter sich, reif ist, seine göttlichen Kräfte auszuüben, „der Erstgeborene unter vielen Brüdern“.8
Sie weilen auf der Anupâdaka-Ebene, die Wurzeln ihres Lebens auf der Âdi-Ebene, noch ohne Träger, um sich zum Ausdruck bringen zu können, und warten auf den Tag der „Offenbarung der Söhne Gottes“.9 Hier bleiben sie, während der dritte Logos das Werk der äußeren Manifestation beginnt, die Gestaltung des objektiven Universums. Er strömt sein Leben in die Materie und gestaltet sie zu einem Material, das sich zur Bildung von Trägern eignet, die die Monaden zu ihrer Entwicklung benötigen. Aber er geht nicht völlig in diesem Wirken auf, denn so umfassend es auch für uns erscheint, besitzt es für ihn doch nur geringe Bedeutung. „Während ich das ganze Universum mit einem Teil meiner selbst durchdrungen habe, bleibe ich ich selbst.“ 10 Diese wunderbare Individualität geht nicht verloren; ein Teil von ihr genügt bereits für das Leben des Kosmos. Der Logos, die Überseele, bleibt der Gott seines Universums.
1. DIE BILDUNG DES ATOMS
Der dritte Logos, der universelle Geist, beginnt seine schöpferische Tätigkeit damit, dass er auf die Materie einwirkt, die er aus dem unendlichen Raum zum Zweck der Bildung unseres Sonnensystems von allen Seiten herbeigezogen hat. Diese Materie existiert im Raum in Formen, die wir nicht begreifen können, die aber wohl bereits den Bedürfnissen weiterer Systeme angepasst ist. H. P. Blavatsky erklärte, dass die atomaren Unterebenen unserer Ebenen die erste oder unterste kosmische Ebene bilden. Stellen wir uns die Atome der kosmischen Ebene als Töne vor, können wir unsere Atome, wie sie der dritte Logos formt, als deren Obertöne betrachten. Sie scheinen in enger Beziehung zu den „Raum-Atomen“ zu stehen, ihnen zu entsprechen, in ihrer jetzigen Gestalt aber nicht mit ihnen identisch zu sein. Die sieben Materiearten, die zu unseren „Atomen“ werden, zeichnen sich in der Materie ab, die aus dem Raum zusammengezogen wurde, um unser Sonnensystem zu bilden und die schließlich zur Urform zurückkehren wird.
H. P. Blavatsky weist auf diese wiederholte siebenfache Teilung in Atome immer niedrigeren Grades hin, wenn sie schreibt: „Das eine kosmische Atom wird zu sieben Atomen auf stofflicher Ebene, von denen jedes in ein Energiezentrum umgewandelt wird. Dasselbe Atom wird auf geistiger Ebene zu sieben Strahlen…getrennt bis zum Ende des Zeitalters, und doch in enger Umarmung.“ 11
Außerhalb eines Universums befindet sich diese Materie in einem eigenartigen Zustand. Die drei Eigenschaften der Materie, Trägheit, Beweglichkeit und Rhythmus12, sind im Gleichgewicht und heben sich gegenseitig auf. Man kann sie sich als in einem Kreis eingeschlossen vorstellen − in vollkommener Ruhe. In einigen alten Büchern wird die Materie als in einem Zustand der Trägheit beschrieben. Sie wird auch als Jungfrau bezeichnet. Es handelt sich um die himmlische Jungfrau Maria, das Meer jungfräulicher Materie, die Mutter werden soll durch die Aktivität des dritten Logos. Die schöpferische Tätigkeit beginnt damit, jenen geschlossenen Kreis aufzubrechen, das stabile Gleichgewicht der drei Eigenschaften in ein unstabiles zu verwandeln. Leben ist Bewegung, und das Leben des Solaren Logos – sein Odem, wie es poetisch heißt – berührt diese ruhende Materie, versetzt ihre Eigenschaften in einen Zustand unstabilen Gleichgewichts und somit in fortwährende gegenseitige Bewegung. Während der Lebensperiode eines Universums befindet sich die Materie in einem Zustand unaufhörlicher innerer Bewegung. H. P. Blavatsky erklärt: „Fohat härtet und zerstreut die sieben Brüder….belebt die Urmaterie und trennt sie in Atome.“ 13
Die Bildung der Atome geschieht in drei Stufen. Erstens: Die Begrenzung wird festgelegt, innerhalb derer das beseelende Leben – das Leben des Logos im Atom – vibrieren soll. Die Begrenzung und Festsetzung der Wellenlänge wird das „göttliche Maß“ genannt.14 Es verleiht den Atomen einer Ebene ihre bestimmte Eigenart.
Zweitens: Diesem göttlichen Maß entsprechend, markiert der Logos die Linien, die die Gestalt der Atome bestimmen, die grundlegenden Wachstumsachsen und ihre Winkelverhältnisse zueinander, die seine Form bestimmen und dem entsprechenden kosmischen Atom gleichen.15 Die Achsen der Kristalle kommen ihnen am nächsten.
Drittens: Die Größe und äußere Form, gleichsam die Oberfläche und Außenwand, wird aufgrund des Schwingungsmaßes und des Winkelverhältnisses der Achsen bestimmt. Auf diese Weise enthält jedes Atom das Maß des beseelenden Lebens, seine Achsen und seine einschließende Oberfläche oder Wand.
Von diesen Atomen erschafft der dritte Logos fünf verschiedene Arten, die fünf verschiedenen „Maße“, mit ihren entsprechenden fünf verschiedenen Schwingungsweisen, und jede dieser Arten bildet das grundlegende Material einer Ebene, von denen jede, so verschieden die Dinge auf ihr auch sein mögen, ihren eigenen Grundtypus des Atoms besitzt, auf den jedes dieser Dinge zurückgeführt werden kann.
2. GEIST-MATERIE
Die Bezeichnung Geist-Materie mag richtiger beurteilt und verstanden werden, wenn wir einen Augenblick bei der Bildung der Atome der aufeinanderfolgenden Ebenen verweilen. Für jedes System ist die Materie des umgebenden Raumes die Wurzel der Materie, Mûlaprakriti, wie es bezeichnenderweise auf Sanskrit heißt. Die Materie eines jeden Systems besitzt diese Materie als Wurzel oder Basis, und seine eigene besondere Materie entwächst dieser Wurzel, entwickelt sich aus ihr.
Der Logos, die Überseele des Systems, der die erforderliche Raummaterie an sich zieht, beseelt sie mit seinem eigenen Leben, und dieses Leben in dieser zarten Materie, Mûlaprakriti, ist Âtmâ, das Selbst, der Geist in jedem kleinsten Teilchen. Fohat, die Energie des Logos, „bohrt Löcher in den Raum“, wie H. P. Blavatsky es ausdrückt, und keine Beschreibung könnte besser und zutreffender sein. Diese wirbelnde Energie bildet unzählige Strudel, jeder durch die göttliche Energie und die Achsen gestaltet, eingeschlossen in die Materie des Raumes – Âtmâ in der Hülle von Mûlaprakriti, Geist in der Schale von Materie – die „Atome“ von Âdi, der höchsten Ebene, sind die ersten.
Einige von ihnen bleiben Atome, andere schließen sich zusammen und bilden „Moleküle“. Moleküle vereinigen sich zu immer komplexeren Molekularverbindungen, bis sich neben der atomaren sechs Unterebenen gebildet haben. (Dieser Vorgang kann auf den unteren Ebenen beobachtet werden, die höheren sind nicht erfassbar.)
Es folgt die Bildung der Atome der zweiten Ebene. Wie bereits beschrieben, werden ihr Maß und ihre Achsen vom dritten Logos bestimmt, und dann ziehen einige Atome von Âdi, der ersten Ebene, aufgrund ihrer Wirbelbewegung eine Hülle um sich, die aus Molekülen ihrer eigenen niedrigsten Unterebene besteht. Der Geist plus die ursprüngliche Hülle aus kosmischer Materie (Mûlaprakriti) oder dem Atom der ersten Ebene ist der Geist der zweiten Ebene, der nun die neue Hülle, die aus der niedrigsten Kombination seiner selbst besteht, erfüllt und durchdringt. Die so beseelten Hüllen sind die Atome der zweiten, der Anupâdaka-Ebene. Durch die Bildung immer komplizierterer Aggregate dieser Atome treten die übrigen sechs Unterebenen ins Dasein.
Einige Atome der Anupâdaka-Ebene umhüllen sich in gleicher Weise mit Aggregaten ihrer eigenen niedrigsten Unterebene und werden zu den Âtmâ-Atomen. Der Geist wird nun von zwei Hüllen innerhalb seiner Atomwand von Aggregaten aus der niedrigsten Anupâdaka-Unterebene umgeben, und der ursprüngliche Geist oder das ursprüngliche Leben plus seine beiden Hüllen ist als der Geist der Âtmâ-Ebene zu bezeichnen und die Wand des Atoms als dessen Materie. Dieses Atom, nochmals eingehüllt in die Aggregate der niedrigsten Âtmâ-Unterebene, wird das Atom der Buddhi-Ebene. Der Geist auf der Buddhi-Ebene besitzt demnach drei einschließende Hüllen innerhalb der Atomwandung aus niedrigsten Âtmâ-Aggregaten. Auf der Mentalebene besitzt der Geist eine vierfache Hülle innerhalb der Atomwand, auf der astralen eine fünffache und auf der physischen eine sechsfache, abgesehen von der jeweiligen Atomwand selbst. Der Geist plus alle seine Hüllen, abgesehen von der äußersten, ist immer als der Geist der betreffenden Ebene zu betrachten, und nur die äußere Schale, die Umwandung, als Form oder Körper. Es ist diese Involution des Geistes, die eine Evolution möglich macht. So kompliziert die Beschreibung klingen mag, das Prinzip ist einfach und leicht zu begreifen. Man kann tatsächlich überall von „Geist-Materie“ sprechen.
3. DIE UNTEREBENEN
Bei den „Ur-Atomen“ der physischen Ebene handelt es sich nicht um die Atome der modernen Chemie. Die „Ur-Atome“ schließen sich zu Gruppen zusammen und bilden „Materie-Zustände“. Das chemische Atom mag zum fünften, sechsten oder siebten Zustand gehören, zu dem der Gase, der flüssigen oder festen Körper. Man spricht vom gasförmigen, flüssigen oder festen Zustand der Materie oder den gasförmigen, flüssigen oder festen Unterebenen. Über der gasförmigen Unterebene gibt es noch vier weniger bekannte Stufen, die drei ätherischen Aggregatzustände oder Unterebenen und der wirklich atomare Zustand oder die atomare Unterebene. Letztere bilden Gruppen, die als Einheiten wirken und Moleküle genannt werden. Eine gewisse magnetische Anziehungskraft hält die Atome zu einem Molekül zusammen. Die Moleküle jeder Unterebene sind im Verhältnis zueinander nach Achsen gruppiert, die mit den Achsen in den Atomen der entsprechenden Ebene identisch sind.
Durch die Gruppierung von Atomen zu Molekülen und von einfacheren Molekülen zu zusammengesetzteren entstehen unter der leitenden Tätigkeit des dritten Logos nacheinander die Unterebenen der einzelnen Ebenen, bis das aus fünf Ebenen mit jeweils sieben Unterebenen bestehende Entwicklungsfeld vollendet ist. Dabei liegen die erste und zweite Ebene außerhalb dieses Feldes.
Dies bedeutet nicht, dass die sieben Unterebenen, wie sie der dritte Logos gestaltet hat, in irgendeiner Weise mit denjenigen identisch sind, die wir jetzt vorfinden. Nehmen wir die physischen Unterebenen als Beispiel, so stehen sie ungefähr in demselben Verhältnis zu den jetzigen wie das, was der Chemiker als Proto-Wasserstoff bezeichnet, zu dem heutigen Element Wasserstoff steht, von dem angenommen wird, dass es aus ersterem entstand. Der jetzige Zustand ist nicht durch das Wirken des dritten Logos, in dem die Aktivität dominiert, allein hervorgerufen worden. Die stärkeren Anziehungs- und Bindungskräfte des zweiten Logos, der Weisheit − und daher der Liebe −, mussten ergänzend hinzukommen.
Man sollte sich stets vor Augen halten, dass die Ebenen sich durchdringen und entsprechende Unterebenen in direkter Beziehung zueinander stehen und in Wirklichkeit nicht durch dazwischenliegende Schichten dichterer Materie voneinander getrennt sind. Die atomaren Unterebenen werden nicht durch sechs immer dichter werdende Unterebenen voneinander geschieden, sondern stehen in unmittelbarer Verbindung miteinander. Das folgende Diagramm mag diesen Tatbestand veranschaulichen.
Diese Darstellung gibt nur Relationen wieder, keine tatsächlichen Fakten. Sie stellt das Verhalten der Ebenen zueinander aufgrund ihrer gegenseitigen Durchdringung dar und nicht neunundvierzig einzelne Bausteine, die in sieben Reihen übereinander angeordnet sind.
Dieses Verhältnis ist sehr wichtig, denn es bedeutet, dass das Leben auf dem kurzen Wege der in Verbindung stehenden atomaren Unterebenen von Ebene zu Ebene strömen kann, ohne die sechs molekularen Unterebenen durchlaufen zu müssen, um auf seinem Abstieg die nächste atomare Unterebene zu erreichen. Lebensströme von der Monade zur physischen Ebene hinunter verlaufen auf diesem atomaren Weg.
Betrachten wir ein physisches Atom als Ganzes, erkennen wir einen mit ungeheurer Geschwindigkeit drehenden Wirbel von Leben, dem Leben des dritten Logos. Durch die Anziehungskraft zwischen diesen Wirbeln entstehen die Moleküle, die in ihrer Gesamtheit die Unterebenen bilden. An der Oberfläche, der Außenwand der wirbelnden Strudel, befinden sich „Spirillen“, wirbelnde Ströme, die jeweils im rechten Winkel zu dem Innen- und dem Außenstrom verlaufen. Diese Strömungen wurden durch das Leben der Monade hervorgerufen, nicht durch das Leben des dritten Logos, und treten in dem frühen Stadium, das wir betrachten, noch nicht auf. Sie entfalten eine nach der anderen ihre volle Tätigkeit im Laufe der Entwicklung, normalerweise je eine in einer Runde. Durch das Einwirken des zweiten Logos sind die Ansätze mit der vierten Runde zwar abgeschlossen, der Lebensstrom der Monade zirkuliert aber nur in vier von ihnen, während die anderen drei erst schwach angedeutet vorliegen.
Was den zentralen Wirbel des Logos sowie die umschließenden Ströme betrifft, liegt den Atomen der höheren Ebenen der gleiche allgemeine Bauplan zugrunde; wobei Einzelheiten sich jedoch unserer Kenntnis entziehen. Viele Yoga-Übungen zielen darauf ab, die schnellere Entwicklung der Atome dadurch herbeizuführen, dass sie die Arbeit der Monade, die Spirillen zu beleben, beschleunigen. Wenn diese Ströme monadischen Lebens zu den Leben im Wirbel des Logos hinzutreten, wird der Ton des Lebens zunehmend bereichert. Den Zentralwirbel kann man mit dem Grundton vergleichen, die wirbelnden Außenströme mit den Obertönen. Tritt ein Oberton hinzu, lässt er den Gesamtton voller erklingen. Neue Kräfte und neue Schönheiten vervollständigen auf diese Weise fortwährend die Harmonie des siebenfachen Lebensakkordes.
4. DIE FÜNF EBENEN
Die unterschiedlichen Reaktionen der Materie der Ebenen auf den Impuls des Bewusstseins hängen vom Wirken des dritten Logos ab, von dem „Maß“, nach dem er das Atom begrenzt. Das Atom jeder Ebene besitzt sein eigenes Maß, das seine Reaktionsfähigkeit, seine vibrierende Tätigkeit, bestimmt und ihm seinen besonderen Charakter verleiht. Wie die Beschaffenheit des Auges es möglich macht, auf bestimmte Ätherschwingungen zu reagieren, so vermag jeder Atom-Typus aufgrund seines Aufbaus auf bestimmte Schwingungsarten zu antworten. Die Materie der einen Ebene wird als „Mental-Materie“ bezeichnet, da das „Maß“ ihrer Atome sie befähigt, in erster Linie auf einen gewissen Schwingungsbereich zu reagieren, der vom Wissensaspekt des Logos ausgeht und den die schöpferische Tätigkeit modifiziert.16
Eine andere Ebene wird die Ebene der „Begierden-Materie“ genannt, da das „Maß“ ihrer Atome ihre hauptsächliche Schwingungsweise ausmacht, die auf einen bestimmten Schwingungsbereich des Willens-Aspektes17 des Logos reagiert.
Jeder Atom-Typus besitzt seine besondere Reaktionsfähigkeit, die durch sein eigenes Schwingungsmaß bestimmt wird. Jedes Atom birgt zahllose Möglichkeiten, auf die drei Bewusstseinsaspekte zu reagieren, und diese Möglichkeiten werden sich im Laufe der Entwicklung zu Fähigkeiten des Atoms entfalten. Die Reaktionsfähigkeit der Materie und der Charakter der Antwort sind durch die ursprüngliche Einwirkung des dreifachen Selbst auf das Atom bestimmt sowie durch das Maß, das der dritte Logos ihnen auferlegt hat. Er gibt der Materie eines bestimmten Systems in einem bestimmten Entwicklungszyklus aus seiner unendlichen, umfassenden Fülle der Schwingungsfähigkeiten einen gewissen Teil. Diese teilweise Fähigkeit wird der Materie vom dritten Logos aufgeprägt und durch sein im Atom eingehülltes Leben aufrechterhalten. Auf diese Weise ist der fünffache Entwicklungsbereich entstanden, in dem sich das Bewusstsein entfalten soll.
Dieses Werk des Logos wird gewöhnlich als die „erste Lebenswoge“ bezeichnet.
1. DIE BEDEUTUNG DES WORTES
Wir wollen nun betrachten, was wir unter Bewusstsein zu verstehen haben und sehen, ob uns diese Betrachtung die so lang ersehnte „Brücke“ zwischen Bewusstsein und Materie, nach der die moderne Philosophie verzweifelt sucht, bauen und die angeblich stets bestehende Kluft überspannen wird.
Beginnen wir mit der Begriffsbestimmung des Ausdrucks Bewusstsein. Bewusstsein und Leben sind gleichbedeutend, zwei Namen für dieselbe Sache, von außen und von innen betrachtet. Es gibt kein Leben ohne Bewusstsein; es gibt kein Bewusstsein ohne Leben. Wenn wir sie in Gedanken zu trennen versuchen und diese Trennung analysieren, dann sehen wir, dass wir das nach innen gezogene Leben als Bewusstsein bezeichnen und das nach außen gewandte Bewusstsein Leben nennen. Wenn unsere Aufmerksamkeit auf die Einheit gerichtet ist, sprechen wir von Bewusstsein, wenn sie sich auf die Vielfältigkeit richtet, von Leben. Wir vergessen, dass die Vielfältigkeit ihrem Wesen nach auf die Materie zurückzuführen ist, die spiegelnde Oberfläche, in der das Eine zu dem Vielen wird. Wenn man sagt, dass das Leben „mehr oder weniger bewusst ist“, denkt man nicht an das abstrakte Leben, sondern an ein „lebendiges Ding“, das mehr oder weniger seiner Umgebung gewahr wird. Das Mehr oder Weniger des Gewahrwerdens hängt von der Dicke, der Dichte des einhüllenden Schleiers ab, der es zu einem lebendigen, zu einem von seinen Genossen abgesonderten Ding macht. Vernichten wir in Gedanken diesen Schleier, dann vernichten wir in Gedanken auch das Leben und haben das Das vor uns, in dem alle Gegensätze aufgehoben sind, das All.
Dies führt uns zum nächsten Punkt. Die Existenz von Bewusstsein beinhaltet eine Trennung in zwei Aspekte der allem zugrunde liegenden Einheit. Ein modernerer Ausdruck für Bewusstwerden, nämlich „Gewahrsein“, weist gleichfalls darauf hin, denn man kann das Gewahrsein nicht in den leeren Raum verlagern. Gewahrsein schließt etwas ein, was gewahr wird, eine Dualität zum mindesten, andernfalls kann man nicht von Gewahrsein sprechen. In der höchsten Abstraktion des Bewusstseins, des Gewahrseins, ist diese Dualität inbegriffen. Das Bewusstsein verschwindet in nichts, wenn ihm der Begriff der Beschränkung entzogen wird, sein Dasein ist von der Beschränkung abhängig. Das Gewahrsein ist seinem Wesen nach ein Gewahrsein der Einschränkung und erst in zweiter Linie ein Gewahrwerden anderer. Das Gewahrwerden anderer tritt erst mit dem auf, was wir Selbst-Bewusstsein, Gewahrsein seiner selbst, nennen. Diese abstrakten Zwillinge, Zwei in Einem, Bewusstsein – Beschränkung, Geist − Materie, sind auf ewig unzertrennlich, sie treten zusammen auf und verschwinden zusammen. Sie existieren nur als das eine im Verhältnis zum anderen. Bei der Auflösung bilden sie eine notwendigerweise unmanifestierte Einheit – die höchste Synthese.
„Wie oben, so unten.“ Wiederum mag uns das „unten“ helfen; denn wir wollen uns das Bewusstsein ansehen, wie es erscheint, wenn wir es von der Seite der Form aus betrachten. Wie sieht es in einer Welt bewusster Dinge aus? Die Elektrizität wirkt nur positiv oder negativ; wenn diese beiden Aspekte sich gegenseitig aufheben, verschwindet die Elektrizität. Elektrizität liegt in allen Dingen vor, neutral und unmanifestiert. Sie kann in allen Dingen auftreten, aber nicht als positiv oder als negativ allein, sondern stets in gleichwertigen Mengen von beiden, die sich gegenseitig die Waage halten. Sie haben die Tendenz, zusammenzufließen zu einem scheinbaren Nichts, das kein Nichts ist, sondern für beide gleichermaßen die Quelle bildet.
Wenn dies zutrifft, was wird dann aus der „Kluft“ und wozu eine „Brücke“? Bewusstsein und Materie wirken aufeinander ein, da sie Bestandteile eines Ganzen sind. Beide treten auf, wenn sie sich trennen; beide verschwinden, wenn sie sich vereinigen. Wenn sie getrennt sind, besteht immer eine Beziehung zwischen beiden18. Es gibt nirgendwo eine Bewusstseinseinheit, die nicht aus dieser ungetrennten Dualität besteht, so wie ein Magnet über zwei Pole verfügt, die immer in Beziehung zueinander stehen. Wir denken an ein besonderes Etwas, das wir Bewusstsein nennen, und fragen, wie es auf ein besonderes anderes Etwas wirkt, das wir Materie nennen. Es gibt diese zwei besonderen „Etwas“ nicht, sondern nur zwei gesonderte, aber nicht getrennte Aspekte von Dem, das ohne diese beiden unmanifestiert wäre, das sich nicht in dem einen oder dem anderen allein manifestieren kann, sondern gleichzeitig in beiden enthalten ist. Es gibt keine Vorderseite ohne Rückseite, kein oben ohne unten, kein außen ohne innen, keinen Geist ohne Materie. Sie wirken aufeinander ein, weil sie untrennbare Teile eines Ganzen sind, das sich in Zeit und Raum als Dualität manifestiert. Die „Kluft“ entsteht, wenn wir an einen völlig immateriellen „Geist“ denken und an einen „Körper“, der nur aus Materie besteht, das heißt an zwei Dinge, von denen keines existiert. Es gibt keinen Geist, der nicht in Stoff gehüllt, keine Materie, die nicht von Geist beseelt wäre. Das höchste gesonderte Selbst besitzt seine Materiehülle; obgleich ein solches Selbst „ein Geist“ genannt wird. Da das Bewusstsein so stark überwiegt, besitzt es dennoch seine schwingende Hülle aus Materie, und von dieser Hülle gehen alle Impulse aus, die der Reihe nach auf alle dichteren Materiehüllen einwirken. Es ist hier nicht die Rede von einer Materialisation des Bewusstseins, es soll vielmehr die Tatsache zum Ausdruck gebracht werden, dass die beiden ursprünglichen Gegensätze, Bewusstsein und Materie, eng miteinander verknüpft und selbst in den höchsten Wesen niemals getrennt sind. Materie bedeutet Begrenzung, und ohne Begrenzung kann es kein Bewusstsein geben. Weit davon entfernt, das Bewusstsein zu materialisieren, soll es mit jener Aussage als ein Begriff in scharfen Gegensatz zur Materie gesetzt werden, gleichzeitig gilt es aber, die Tatsache zu erkennen, dass in einem Wesen das eine nicht ohne das andere vorliegt. Die dichteste Materie, die physische, besitzt einen Bewusstseinskern. Das Gas, der Stein, das Metall lebt, ist bewusst und wird gewahr. So wird der Sauerstoff des Wasserstoffs bei einer bestimmten Temperatur gewahr und stürzt sich in eine Verbindung mit ihm.
Wir wollen nun vom Bewusstsein her schauen und den Sinn des Satzes betrachten: „Materie ist Begrenzung.“ Das Bewusstsein ist die eine Realität im vollen Sinne des Wortes. Daraus ergibt sich, dass sich alles, was existiert, vom Bewusstsein ableitet. Alles, was Gedanke ist, das ist. Das Bewusstsein, in dem alle Dinge enthalten sind, die „möglichen“ wie die „tatsächlichen“, wobei unter tatsächlich das verstanden wird, was von einem gesonderten Bewusstsein als in Raum und Zeit existierend gedacht wird, und als möglich alles das, was zu irgendeiner Zeitperiode oder an irgendeinem Ort im Raum gedacht werden kann – dieses Bewusstsein nennen wir das absolute Bewusstsein. Es ist das All, das Ewige, das Unendliche, das Unwandelbare. Das Bewusstsein, das sich denkend in Raum und Zeit und in den Formen darin zeigt, ist das universelle Bewusstsein. Bei den Hindus wird es Saguna-Brahman, das Ewige mit Eigenschaften; bei den Christen Gott; bei den Persern Hormuzd; bei den Mohammedanern Allah genannt. Das Bewusstsein, das sich auf eine bestimmte Zeit bezieht, ob lang oder kurz, auf einen bestimmten Raum, ob weit oder begrenzt, ist ein individuelles. Es ist das Bewusstsein eines konkreten Wesens, eines Universums oder irgendeines Teils eines Universums, sein Anteil, für ihn also ein Universum im Kleinen. Diese Bezeichnungen ändern sich mit der Reichweite der Bewusstseinskraft. Was ein gesondertes, aber kosmisches Bewusstsein als sich selbst existierend denken kann, das ist sein Universum. Jenem Universum verleiht das Wesen, das als sein Herr zu bezeichnen ist, einen Teil seiner ihm eigenen Wirklichkeit. Es selbst aber ist auch begrenzt und steht unter seinem Herrn, dem Herrn des Universums, in welchem es als eine Form existiert.
Wir, die als menschliche Wesen in einem Sonnensystem leben, sind von unzähligen Formen umgeben, Gedankenformen des „Herrn unseres Systems“, unseres Îshvara (Gottes) oder Regenten. Das „göttliche Maß“ und die Entwicklungsachsen, die Gedanken des dritten Logos, beherrschen die Form unserer Atome und die Oberfläche, die er als begrenzend und widerstandsfähig gedacht hat. Sie bieten allen ähnlichen Atomen Widerstand. So haben wir unsere Materie erhalten und können sie nicht ändern, außer durch die Anwendung von Methoden, die ebenfalls seinen Gedanken entspringen; nur so lange sein Gedanke anhält, können die Atome und alles, was aus Atomen zusammengesetzt ist, existieren, denn sie haben keine Wirklichkeit außer der, die sein Gedanke ihnen gegeben hat. Solange er sie dadurch als sein Organ erhält, dass er erklärt und denkt: „Dies bin ich, diese Atome sind mein Leib, sie haben Teil an meinem Leben“, so lange erscheinen sie allen Wesen dieses Sonnensystems, deren Bewusstsein in ähnliche Hüllen gekleidet ist, als wirklich. Wenn er aber am Ende des Tages der Manifestation erklärt: „Nicht länger bin ich dies; diese Atome sind nicht länger mein Leib; sie haben nicht länger an mir Teil“, dann werden sie verschwinden wie ein Traum. Bleiben wird nur die Gedankenform des Hüters eines umfassenderen Systems.
Als Geist sind wir unwiderruflich von göttlichem Wesen, mit all dem strahlenden Glanz und der Freiheit, die in dieser Bezeichnung mit eingeschlossen sind. Aber wir sind in Materie gekleidet, die nicht die unsere ist. Sie ist die Gedankenform des Regenten unseres Systems, der wiederum unter dem Regenten eines noch umfassenderen Systems steht, das das unsrige in sich einschließt. Wir stehen gerade erst im Begriff, diese Materie allmählich zu meistern, zu lernen, sie zu nutzen. Wenn wir unsere Einheit mit unserem Regenten verwirklichen, wird die Materie keine Macht mehr über uns ausüben, und wir können in ihr die Unwirklichkeit sehen, die sie in Wahrheit ist, abhängig von seinem Willen, den wir dann als unseren eigenen erkennen werden. Dann vermögen wir mit ihr zu „spielen“, was unmöglich ist, solange sie uns mit ihrer falschen Wirklichkeit blendet.
Vom Bewusstsein auszugehen, verschafft mehr Klarheit, als wenn wir von der Formenwelt aus zu erkennen versuchen wollten, dass keine „Kluft“ existiert, keine „Brücke“ nötig ist. Das Bewusstsein wandelt sich, und jede Veränderung tritt in der umgebenden Materie als Schwingung auf, da der Logos Schwingungen der Materie als konstante Begleiterscheinung von Bewusstseinsveränderungen gedacht hat. Weil die Materie nur die Folge von Bewusstsein ist und ihre Attribute ihr durch aktives Denken auferlegt wurden, muss jede Wandlung im Bewusstsein des Logos die Eigenschaften der Materie des Systems ändern. Jede Veränderung in einem von ihm abstammenden Bewusstsein zeigt sich in dieser Materie ebenfalls als Veränderung. Sie löst in der Materie eine Schwingung aus, eine rhythmische Bewegung innerhalb der Grenzen, die der Logos der Materie in dieser Gestalt gesetzt hat. „Wechsel im Bewusstsein und in der Schwingung der Materie, die es begrenzt“, ist die Gesetzmäßigkeit, welche durch den Gedanken des Logos jedem verkörperten Bewusstsein in seinem Universum auferlegt ist.
In der Materie, die weitaus feiner ist als die physische, im „Denk-Stoff“, lässt sich die schöpferische Kraft des Bewusstseins viel leichter erkennen als in der dichten Materie der physischen Ebene. Materie wird dichter oder zarter und wechselt ihre Verbindungen und Formen je nach den Gedanken, die in einem Bewusstsein arbeiten. Während die Grundatome – infolge des Wirkens von ihrem Logos – in ihrem Wesenskern unverändert bleiben, können sie dennoch willkürlich verbunden und wieder getrennt werden. Derartige Erfahrungen führen zu einem tieferen Verständnis für die esoterische Auffassung von der Materie und lassen die nur relative Wirklichkeit der Materie erkennen.
Vielleicht ist hier ein Wort der Warnung angebracht in Bezug auf häufig verwendete Ausdrücke wie „Bewusstsein in einem Körper“ oder „Bewusstsein, das einen Körper beseelt“ und dergleichen. Mancher ist leicht geneigt, sich das Bewusstsein als eine Art dünnes Gas vorzustellen, das in einem materiellen Gefäß wie in einer Flasche eingeschlossen ist. Bei genauer Betrachtung wird er feststellen, dass es sich bei der Widerstand leistenden Oberfläche des Körpers nur um eine Gedankenform des Logos handelt, die vorhanden ist, weil er sie gedacht hat. Das Bewusstsein erscheint in individueller Form, weil der Logos solche gedanklichen Begrenzungen herstellt. Die Gedanken des Logos wiederum ergeben sich aus seiner Einheit mit dem universellen Selbst und sind nur eine Wiederholung des „Willens sich zu vervielfältigen“ innerhalb des Feldes eines besonderen Universums.
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