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der Ullstein Buchverlage GmbH

ISBN: 978-3-8437-0298-0

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Satz und eBook: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Motto

»Man könnte nun einwenden, es sei eine handfeste Verletzung der persönlichen Freiheit, die das Gesetz ja im Grunde schützen anstatt einschränken sollte … Solche Vorschriften mögen, ohne Zweifel, in gewisser Hinsicht als eine Verletzung der persönlichen Freiheit betrachtet werden, doch wenn einige wenige dieses Naturrecht so ausüben, dass sie die Sicherheit des ganzen Landes gefährden können, so schränkt jede Regierung, die liberalste wie die diktatorischste, dieses Recht gesetzlich ein, und zwar ganz zu Recht. Auch die Vorschrift zum Bau einer gemeinsamen Brandmauer, um das Übergreifen von Feuer zu verhindern, verletzt die persönliche Freiheit genau auf die gleiche Weise wie das hier vorgeschlagene Bankgesetz.«

Adam Smith: Wohlstand der Nationen, London, 1789,
nach der deutschen Ausgabe München,
3. Auflage 1983, Seite 267.

»Der Prozess der schöpferischen Zerstörung ist für den Kapitalismus wesentliches Faktum …, der unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert, unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue schafft.«

Joseph Alois Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, New York 1942, nach der deutsche Ausgabe München, 5. Auflage 1980, S. 137 f.

Inhalt

Einleitung
Die Banken bändigen,
die Finanzmärkte entmachten

1 Das Elend des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus

Ursachen, Instrumente, Profiteure

Flucht aus der Produktionswirtschaft
Sucht nach spekulativen Finanzmarktrenditen

Kreation von Zockerpapieren:
Finanzalchemisten am Werk

Vermögende auf der Suche nach Finanzmarktprodukten

Die Macht auf den Finanzmärkten

Marktelend durch Politik der Deregulierung freigesetzt

2 Bankengetriebene Finanzmärkte

Wohlstandsvernichtung durch irrationale Profitgier

Spekulationsgeschäfte haben längst die Bodenhaftung verloren

Der Kasinokapitalismus ist gefährlich irrational

3 Durch Entmachtung
der Finanzmärkte

Banken in die Schranken

Derivate-Komplex: Irrationale Spekulanten abschalten

Handel außerhalb der Börse verbieten

Verbriefungsgeschäfte: Das Beispiel
Mehrfachverpackung von riskanten Krediten

Eilmeldung: Ein neues Zockerpapier am Markt

Nackte Leerverkäufe dauerhaft verbieten

Nahrungsmittel und Rohstoffe:
Gegen die Preistreiber per Spekulationen

Invasion der Robotrader:
Ausstieg aus dem Hochfrequenzhandel

Zündelnde Ratingagenturen bedeutungslos machen

4 Finanztransaktionssteuer jetzt

Sand in die ergiebige Spekulationsmaschine streuen

Ökonomische Begründung

Doppelfunktion der Finanztransaktionssteuer

5 Spekulationsbanken zerschlagen

Vom gierigen zum dienenden Bankensystem

Die zerstörerischen Kräfte des internationalen Bankenkomplexes

Bankenversagen: Ärgerliche Vergesellschaftung der Kosten

Minimonster Bankenabgabe:
Placebo für die Steuerzahler

6 Macht die Banken seriös

Vom Spekulationswahn zur regional dienenden Funktion des Bankensystems

Erste Anfragen an die Zukunft der Banken

Regulatorische Rahmenbedingungen schaffen und sichern

Investmentbanking: Die Spekulationsmaschine Eigenhandel einstellen

Risikopuffer Eigenkapitalvorsorge allein reicht nicht

Einlagensicherung: Auffangnetz für Erspartes

Konturen eines nachhaltigen Bankensystems

7 Deutschland deine Banken

Kasinos schließen – bewährte Säulen stärken

Deutsches Bankensystem: Zukunftsfähiges Drei-Säulen-Modell

Landesbanken unterscheiden: Zockerabteilungen zerschlagen – Regionalbanken ausbauen

Konturen eines zukunftsfähigen Deutschen Bankensystems: dienend, dezentral vernetzt, demokratisch

Ausblick auf ein neues Paradigma

Den zerstörerischen Profitimperialismus überwinden

Danksagung

Einleitung
Die Banken bändigen,
die Finanzmärkte entmachten

Macht euch die Banken untertan! Es ist höchste Zeit: Großbanken mit ihrem Geldmaschinen-Investmentbanking müssen zerschlagen und die derzeit völlig unkontrollierten Schattenbanken abgeschafft werden. Das Ziel dieser Zerschlagung ist eindeutig. Es geht um den Ausstieg aus hochriskanten Spekulationsgeschäften, die nicht nur die Kunden dieser Banken belasten, sondern die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft in den Abgrund reißen können. Das Bankensystem muss wieder auf seine dienenden, genuinen Aufgaben eingeschränkt werden.

Um die Dimension des Rückbaus zu erkennen, lohnt sich die Bestimmung der nützlichen Rolle der Banken in modernen, hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaftssystemen. Es geht darum, mit Einlagen die Finanzmasse zu gewinnen, die zur Kreditvergabe an Unternehmen, private Haushalte und den Staat dient. Der Gewinn dieser normalen Bank ergibt sich aus der Differenz zwischen den aus den Krediten erzielten Zinsen gegenüber den an die Einleger ausbezahlten Zinsen. Die Schwerpunkte des der Gesamtwirtschaft dienenden Geschäftsmodells bilden die Verwaltung der verzinsten Einlagen, die Vergabe von Krediten an Kunden sowie eine verantwortungsvolle Vermögensbildung und Risikoabsicherung für Unternehmen, allerdings ohne den Einsatz von Zockerinstrumenten.

Heute dominieren mächtige Banken, die einerseits vor allem im Investmentbanking-Bereich für Kunden und vorrangig auch auf eigene Rechnung ohne Bezug auf die ökonomische Werthaltigkeit einen umfangreichen Handel mit hochriskanten Anlageprodukten managen. Andererseits wälzen sie die Verluste, die beim Zusammenbruch ihrer brandgefährlichen Investmentbanking-Aktivitäten entstehen, auf die Einlagen gebenden und Kredite nehmenden Normalkunden ab. Gegen diese Inhaftnahme aller Bankkunden richtet sich die Zerschlagung dieser volkswirtschaftlich nutzlosen Finanzmarktgeschäfte.

Nie mehr dürfen den Bankenkunden mit ihren Einlagen und Krediten die mit hochriskanten Spekulationsgeschäften im Bereich des Investmentbankings erzeugten Verluste aufgebürdet werden. Auch ist der Staat von dem Risiko, Banken retten zu müssen, weil sie zu groß und zu stark international vernetzt sind, zu befreien. Banken, die mit ihrem Zusammenbruch per Kettenreaktion das gesamte System zum Einsturz bringen können, haben sich die Zerschlagung verdient.

Das Investmentbanking muss auf ein verantwortbares Risiko reduziert und die verbleibenden Aktivitäten gegenüber den dienenden Funktionen abgeschottet werden. Dazu gehört vor allem die Abschaffung eines vom Risiko nicht mehr zu verantwortenden Eigenhandels, der durch die Banken ohne Auftrag von Kunden genutzt wird. Der Nobelpreisträger für Ökonomie und mutige Mahner Paul Krugman aus den USA hat provokant das Ziel dieser Schrumpfung vorgegeben: »Making banking boring«, macht die Banken durch die Rückkehr zu den genuinen Funktionen wieder stinklangweilig und das heißt seriös.

Die Neuordnung eines Bankensystems im Dienste einer sozial und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung muss in eine übergreifende Entmachtung der Finanzmärkte eingebunden werden. Verbote und strenge Gebote für fiktive, ökonomisch wertlose Anlageprodukte schmälern die Risikodimension der verbleibenden Kernbanken.

Der Blick auf die Instrumente und Geschäfte zeigt: Die entfesselten Finanzmärkte, die 2008/2009 beinahe eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst hätten, sind ökonomisch Teufelszeug, denn sie haben letztlich mit der Ökonomie der Wertschöpfung unter Einsatz menschlicher Arbeit nichts zu tun. Die möglicherweise für den einzelnen Anleger zumindest kurzfristig rationale Entscheidung, Finanzinnovationen zu kaufen, führt in der Gesamtwirkung zu einer Irrationalisierung des Wirtschaftens. Mit Wetten werden die Spielregeln der marktwirtschaftlichen Ordnung außer Kraft gesetzt. Im Klima wachsender Instabilität und sich zuspitzender Krisen wird am Ende die auf die Güter- und Dienstleistungsproduktion außerhalb des Finanzsektors konzentrierte Realwirtschaft schwer belastet. Die Banken transportieren über Wertberichtigungen und Abschreibungen die Verluste aus der Finanzmarktkrise über eine restriktive Vergabe von Krediten in die reale Produktionswirtschaft. Dafür steht das Phänomen der Kreditklemme.

Die Irrationalisierung des Wirtschaftens wird mit der Antwort auf die Frage, welche Produkte dort gehandelt werden, offensichtlich. Auf den Finanzmärkten sind vorwiegend Anlageprodukte im Einsatz, deren Bezug auf die ökonomische Wertschöpfung nicht mehr erkennbar ist, ja großteils von Anfang an nicht gegeben ist. Hochkomplizierte, vielfach verpackte Kunstprodukte werden ohne auch nur eine annähernde Kenntnis der darin angelegten Fäulnis durch Banken gehandelt und von Vermögensberatern an die Kunden gebracht. Genau hier springen die Ratingagenturen ein. Sie geben vor, die Informationslücke zu schließen. Dieser Rat kam vielen sehr teuer zu stehen – weil viele Zockerpapiere mit Bestnoten ausgezeichnet wurden. Die Informationstäuschung wurde zum lukrativen Geschäft der drei großen Ratingagenturen, die für ihre Fehlurteile bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Sie gehören zum System organisierter Verantwortungslosigkeit auf den Finanzmärkten.

Es wurden zahlreiche Finanzmarktprodukte geschaffen, die von Anfang an keinen Bezug zu irgendeinem ökonomischen Wert hatten. Diese Eigenschaft ökonomischer Wertlosigkeit trifft für alle Finanzmarktprodukte zu, mit denen ausschließlich Spekulationsgeschäfte auf der Basis verselbständigter Kurse und Renditen betrieben werden. Wer sich beispielsweise im Rahmen von Leergeschäften Aktien leiht, die er nicht einmal zu besitzen braucht, um diese später am Markt billiger einzukaufen und dem Verleiher zurückzugeben, hebelt die ohnehin schwierige Preisbildung auf den Börsen vollends aus. All diese Instrumente der irrealen Geldvermehrung unterscheiden sich von den dienenden Aufgaben der Finanzmärkte für die Unternehmen der Produktionswirtschaft, denn die Geldvermehrung erfolgt nicht durch den Einsatz von Geld über den Umweg produzierter Waren. Diese produktionsfundierte Geldvermehrung hat Karl Marx im ersten Band zum Kapital eindrucksvoll beschrieben: Bei Marx schlägt sich die Vermehrung des in der Produktion eingesetzten Kapitals im dadurch erzeugten Mehrwert nieder. Es geht um das durch den Einsatz von Geld in der Wirtschaft erzeugte Einkommen, das auf Gewinne und Arbeitseinkommen verteilt wird.

Kennzeichen des heute finanzmarktgetriebenen Kapitalismus ist die Spaltung des Geldes. Dem realen, durch die Produktionswirtschaft gedeckten Geld steht das irreale, fiktive Geld gegenüber – schaffendes Geld wird durch fiktives Geld überlagert. Dass durch diese Spekulationsgeschäfte eigenständig Werte entstehen würden, gehört zu den dümmsten Rechtfertigungen der Wettbüros und Spielkasinos in aller Welt.

Die Verantwortung für diese Dummheit liegt auch bei der vorherrschenden Beratungsökonomik, die im reinen Spekulationsgeschäft nur Gutes zu erkennen vermag. Weil die Theorie kaum über die Erklärung der Blasenbildung im Kontext der holländischen Tulpenkrise in den 1630er Jahren (Optionsscheine auf Tulpenzwiebelanteile) hinweggekommen ist, wird das völlig neue Absturzrisiko peinlich unterschätzt, ja ausgeschlossen. Im Gegenteil: Mit dem Platzen der Spekulationsblase offenbart sich deren Wert- und Substanzlosigkeit. Zuvor in die Höhe spekuliertes, fiktives Geld wird mit der Krise verbrannt.

Bliebe es bei dieser Vernichtung des ohnehin wertlosen Geldkapitals, wären die Folgen auf die Finanzinstitutionen begrenzt: Die naiven Vermögensillusionisten würden nur das verlieren, was sie mit Wertsubstanz eigentlich nie besessen haben. Jedoch, dieser Spuk bleibt nicht ohne Folgen für die Produktionswirtschaft außerhalb des Finanzsektors: Banken, die auf diese fiktive Geldvermehrung gesetzt haben, werden unter der Last der Wertberichtigungen und Abschreibungen zu Bremsern bei der Kreditvergabe und vertrauen sich wechselseitig nicht mehr. Hierin liegt der eigentliche Skandal der entfesselten Finanzmärkte: Nachdem sich die ökonomische Wertlosigkeit im Zuge der geplatzten Spekulationsblase manifestiert, wird in der Folgewirkung die Produktionswirtschaft außerhalb der Finanzwelt in Mitleidenschaft gezogen. Die Geschäftsmodelle der heute extrem kurzsichtigen Finanzindustrie sind eine Kampfansage gegen den Kantschen Imperativ: Maximiere deinen Profit, egal ob andere dadurch geschädigt werden.

Die jüngste Finanzmarktkrise hat brutal die Wirkungen dieser durch Gier getriebenen Geschäfte in der Spekulationssphäre auf die ökonomische und soziale Lage und die Politik deutlich gemacht. Warren Buffet war es, der von »Massenvernichtungsmitteln« sprach. Wegen der dadurch erzeugten Kollateralschäden müssen die Großbanken mit diesen Geschäftsfeldern zerschlagen und zugleich die wertlosen Spekulationsinstrumente verboten werden. Werden diese Waffen im Netz der Gier eingeschränkt beziehungsweise verboten, ist es umso einfacher, die Banken zu bändigen.

Die ökonomischen und sozialen Verluste, die Bedrohung der Gesamtwirtschaft und der Verlust an gestaltender Politik begründen den Handlungsbedarf für die Doppelstrategie »Zerschlagung der Banken plus Zivilisierung der Finanzmärkte«:

Banken: Banken müssen auf die sich als wertlos erweisenden Anlageprodukte Wertberichtigungen beziehungsweise Abschreibungen vornehmen. Die Folge sind sinkende Gewinne bis hin zu Existenz bedrohenden Verlusten. Auch schmilzt das vorzuhaltende Eigenkapital, das als Risikopuffer eingesetzt werden soll. Allein in den USA sind in den letzten Jahren über 140 Banken pleitegegangen. In Deutschland gäbe es beispielsweise die Commerzbank, die Hypo Real Estate sowie die HSH Nordbank nicht mehr, wäre der Staat nicht mit Rettungspaketen eingesprungen. Soweit es sich um Institute handelt, denen eine strategische Bedeutung in der Gesamtwirtschaft zukommt, droht einem Dominoeffekt vergleichbar der Zusammenbruch des gesamten Bankensystems. Der Nachweis dieser Systemrelevanz von Banken innerhalb des Finanzmarktnetzes wird zur Voraussetzung für staatliche Hilfen. Unterbleibt die steuerfinanzierte Rettung, ist mit einem Zusammenbruch des Bankensystems mit schweren Folgen für die Produktionswirtschaft und Politik zu rechnen.

Produktionswirtschaft: Die Bankenkrise bleibt – wie überhaupt die Finanzmarktkrise – nicht auf die dort Agierenden beschränkt. Vor allem durch die Banken werden Belastungen in Produktionswirtschaft außerhalb des Finanzwesens transportiert. Das zeigt sich an der unternehmensstrategisch wichtigen Kreditvergabe, denn die Banken geben ihre in der Bilanz erfassten Verluste im Zuge der Finanzmarktkrise per restriktiver Kreditpolitik weiter: Die Zinsen steigen, es werden normalerweise problemlose Kredite nicht gewährt. Durch diese »Kreditklemme« geraten auch kleine und mittlere auf Fremdfinanzierung angewiesene Unternehmen ohne aktives Zutun in den Absturzsog.

Kleinanleger: Viele Kleinanleger, die ihren Vermögensbeständen etwa Zertifikate oder andere Spekulationsinstrumente beigemischt haben, zählen ebenfalls zu den Verlierern. Fehlberatung durch verantwortungslose Anlageberater, aber auch die Gier, mit hohen Renditen bei den Spekulationen dabei zu sein, verursachen die Verluste. Viele Gerichtsverfahren wegen einer durch Bonuszahlungen getriebenen Falschberatung haben klagenden Kunden recht gegeben.

Altersvorsorge: Mit dem Absturz der Finanzmärkte stellt sich die Entscheidung über den Umbau einer ausreichenden gesetzlichen Sicherung vor allem im Alter durch die Nutzung der kapitalmarktfundierten individuellen Vorsorge völlig neu. Denn die Doktrin von der immerwährenden Ergiebigkeit und Effizienz der Finanzmärkte wurde spätestens durch die jüngste Krise widerlegt. Während die Reduktion der gesetzlichen Sicherung zur Altersarmut führt, nimmt die Abhängigkeit der privaten Kapitalvorsorge von den instabilen Finanzmärkten zu. Die ökonomische Sicherheit im Alter lässt sich durch die unsicheren, krisenanfälligen Finanzmarktprodukte nicht erreichen. Am Ende werden die Folgen dieser Teilprivatisierung sozialer Risiken durch den Staat über eine Ausweitung der existenziellen Grundsicherung dann doch wieder vergesellschaftet werden müssen. Die Ideologie von der Überlegenheit der kapitalmarktfundierten gegenüber der gesetzlich garantierten Alterssicherung ist schwer ramponiert.

Öffentliche Haushalte: Bei den öffentlichen Haushalten werden immense Krisenkosten zur Rettung der als systemrelevant eingeschätzten Banken und damit des gesamten Bankensystems abgeladen. Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) besagen, dass in den westlichen Industrieländern bei einem gesamten Haushaltsbudget von über 12,5 Billionen US-Dollar die gesamten Rettungskosten bis Ende 2011 auf 1,7 Billionen US-Dollar angestiegen sind. Diese öffentlich zu finanzierenden Krisenkosten setzen die Politik bei ihren öffentlichen Haushalten unter Druck. Zur Finanzierung stehen drei, auch kombinierbar einzusetzende Instrumente zur Verfügung: Kürzung von Ausgaben, Erhöhung von Abgaben sowie die Steigerung der Neuverschuldung. Am Ende muss die sozial schwache, alleinerziehende Mutter durch ein unzureichendes Angebot an Kindertagesstätten die Rechnung für die geplatzten Spekulationsgeschäfte auf den Finanzmärkten bezahlen.

Vertrauen: Die Folgen der entfesselten Zockermentalität auf den Finanzmärkten erschüttern mittlerweile durch den Verlust an Vertrauen und Akzeptanz die Grundlagen der Wirtschaft und Politik. Das viel gepriesene Konzept der Sozialen Marktwirtschaft droht durch die Realität eines gierigen und damit inhumanen Finanzmarktsystems der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Die wichtigste Legitimationsressource schwindet: das Vertrauen. Politik verliert durch die erkannte Hilflosigkeit ebenso wie durch das ohnmächtige Getriebensein über die mächtigen Finanzmärkte ihre Akzeptanz. In den diffusen Strukturen der Finanzmärkte wird eine besondere Gruppe von Übeltätern gegeißelt: Das sind in toto die Banken, auf welche die Wut als Verantwortliche der Krise riesig ist. Der Frust gegenüber den Banken ist so groß, dass eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Banken und Geschäftsmodellen kaum noch stattfindet. Die früher durchaus noch als ehrenwert wahrgenommenen Bankiers scheinen in die schäbig-gierige und seelenlose Klasse der Banker, denen im Interesse ihrer Bonus-Maximierung so ziemlich alles zugetraut wird, abgestiegen zu sein. Dazu gehören auch die Analysten, die skrupellos ihre Gier ausleben und auch das Risiko des Absturzes eines Kunden kalkulieren. Durch den allgemeinen Vertrauensverlust trifft die Schelte die Banker und Anlageberater gleichermaßen. Ein Berufsstand gerät unter Generalverdacht, denn die wenigen warnenden Banker wurden in diesem Klima nicht wahrgenommen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass vorsichtige Anlagenberater von ihren gewinnorientierten Kunden mit der Drohung, die Bank zu wechseln, unter Druck gesetzt wurden. Die überwiegende Zahl der »Söldner der Finanzmärkte« verfolgte geradezu zwanghaft das Ziel, die Gewinne gegenüber dem eingesetzten Kapital ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit durchzusetzen.

Transparenz: Der Stoff der Finanzmärkte eignet sich für Verschwörungstheorien jeglicher Art. Einerseits werden mangels Transparenz die wenigen geheimnisvollen Finanzoligarchen, welche die Welt beherrschen und demokratische Systeme bedrohen, mit wilden Spekulationen überzogen, andererseits schafft die gepflegte Anonymität große Spielräume für unseriöse Geschäfte mit Finanzmarktprodukten. Wenn der Metzger die Gesundheit belastendes Fleisch anbietet, erhöht das real identifizierbare Produkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Skandal (leider immer noch zu spät) aufgedeckt wird. Bei virtuellen, künstlich erzeugten Finanzmarktprodukten dominieren Intransparenz und Anonymität auf den Märkten, die ausgenutzt werden. In Forschungsarbeiten zur verhaltensorientierten Finanzwissenschaft (»Behavorial Finance«) wurde gezeigt, wie auf den intransparenten Finanzmärkten, die einer Blackbox vergleichbar sind, sich die Akteure bei ihren krummen Geschäften unbeobachtet fühlen und damit geradezu ein Anreiz für Betrug geschaffen wird.

Interbankenmarkt: Der Vertrauensverlust macht selbst vor den Banken nicht halt: Sie leihen sich kurzfristig kein Geld, weil sie nicht wissen, in welchem Umfang Schrottpapiere und faule Kredite ihre Geschäftspartner belasten. Damit kommt der Interbankenmarkt, das Nervensystem der Geldwirtschaft zum Erliegen, und es fehlt die Liquidität, die zur Kreditvergabe erforderlich ist. Es droht eine Kreditklemme, immer wieder muss die Europäische Zentralbank ersatzweise durch unkonventionelle Maßnahmen dem Bankensystem die erforderliche Liquidität zur Verfügung stellen. Die schnelle Geldversorgung der Banken über Nacht wird beeinträchtigt. Banken ziehen es vor, ihre Überschüsse bei der Notenbank selbst zu niedrigen Zinssätzen zu platzieren. Die Notenbank wird in eine Helferrolle gezwungen, um den Interbankenmarkt aufzufangen. Ende 2011 war der Zusammenbruch des Interbankenmarktes besonders intensiv: Wechselseitiges Misstrauen zwischen den Banken entstand wegen der abgewerteten Staatsanleihen von Eurokrisenländern in der Bilanz. Um eine Kreditklemme zu vermeiden, sah sich die Europäische Zentralbank gezwungen, 500 Milliarden Euro den Banken mit drei Jahreskrediten auszuleihen.

Die Zockergeschäfte auf den Finanzmärkten sowie die beim Platzen der Spekulationsblase ausgelösten Belastungen haben längst das Vertrauen in die Grundfesten des kapitalistischen Wirtschaftens tief erschüttert. Die entfesselten Finanzmärkte sind zum Sprengsatz für die ohnehin labile Legitimation des Wirtschaftssystems geworden. Die bitteren Folgen für die Produktionswirtschaft sind unübersehbar: Krisenängste führen zusammen mit zu niedrigen Masseneinkommen zum anhaltenden Konsumattentismus, das heißt, die Bereitschaft, Geld auszugeben, wird gedämpft. Auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wird belastet: Anstatt zu riskanten Investitionen bereit zu sein, ist mit Blick auf die instabilen Finanzmärkte eine auffällige Zurückhaltung bei den Unternehmen erkennbar. Die von Zukunftserwartungen abhängige Innovationsbereitschaft wird durch Unsicherheit und Ängste gebremst. Die schwelende Finanzmarktkrise drängt den Unternehmer aus der »schöpferischen Zerstörung« (Joseph Alois Schumpeter) in die Rolle des verängstigten, gegenüber Risiken aversen »statischen Wirt«.

Die Vertrauenskrise erfasst über die Banken und die reale Produktionswirtschaft hinaus das politische System. Die Ursachen der Systemkrise werden bei der handlungsunfähigen Politik ausgemacht. Es gibt zwei Gründe, warum die Politik ein atemraubend schneller Akzeptanzverlust getroffen hat: Zum einen wird der Politik maßgeblich Schuld an dieser Misere zugewiesen, denn unter dem Druck der mächtigen Banken mit ihren Verbänden ist bewusst auf ordnende Spielregeln verzichtet worden. Die Entfesselung der Finanzmärkte wird zu Recht als massives Politikversagen wahrgenommen. Zum anderen übernimmt die Politik die milliardenschwere Rettung des Bankensystems aus der Krise, ohne eine grundlegende Neuordnung der Finanzinstitutionen zur Vermeidung der Systemmängel voranzutreiben. In der Krisenphase werden die Verluste sozialisiert, um nach der Rettung die dann wieder privatisierten Gewinne sprudeln zu lassen. Am Ende wird die Rechnung aus dem Zusammenspiel von Politik und Finanzmarktakteuren dem Steuerzahler aufgebürdet. Politik wird durch die breite Öffentlichkeit als willfähriger Büttel für die Interessen der Finanzmärkte wahrgenommen.

Die Zeit, dieser Systemgefährdung durch die entfesselten Finanzmärkte ein Ende zu setzen, ist sehr knapp. Es scheint fast schon zu spät, die durch die Finanzmärkte freigesetzten Selbstzerstörungskräfte zu bändigen. Es darf nicht sein, dass nach dem Einsatz von öffentlichen Rettungsprogrammen die Großbanken und Mega-Finanzfonds ihre alten Geschäfte wieder fortführen, so als sei nichts geschehen. Um auf den Pfad einer nachhaltigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Wirtschaftsentwicklung einzuschwenken, muss das dem finanzmarktgetriebenen Kapitalismus eingepflanzte Prinzip der spekulativen Geldvermehrung durch Geld abgeschafft werden, denn von der Produktionswirtschaft abgekoppelte Zockerinstrumente schaffen keine Werte. Im Gegenteil: Mit ihrem Absturz wirken sie zerstörerisch.

Aus all diesen Gründen ergeben sich sieben Thesen zur Zerschlagung der schädlichen Dominanz der Finanzmarkt-Mächte:

1. Großbanken müssen zerschlagen werden. Heute bilden die Großbanken systemgefährdende Knoten im Netz der Finanzmärkte. Banken besitzen, etwa im Vergleich zur Auto- oder Stahlproduktion, eine Sonderstellung in der Gesamtwirtschaft. Wenn sie wegen ihrer aggressiven Geschäftspolitik in eine Krise geraten, erzeugen sie über ihre Tätigkeitsfelder hinaus externe Effekte, also Belastungen für die gesamte Wirtschaft und Politik. Die Produktion der Dienstleistungen der Banken rückt in die Nähe öffentlicher Güter. Soweit diese Produktion privatwirtschaftlich unter dem Ziel der Renditeoptimierung läuft, muss der Staat zumindest die Spielregeln und Ordnungsstrukturen unerbittlich sicherstellen. Die wichtigste Ordnungsaufgabe ist deshalb die Zerschlagung der Zockerabteilung der Banken. Das Bankensystem muss auf die dienenden, genuinen Aufgaben reduziert werden. Keine Bank darf jemals wieder so groß und derart international vernetzt sein, dass sie im Falle der Pleite wegen absehbarer Dominoeffekte durch die Staaten gerettet werden muss. Dazu gehört einerseits die Reduktion der Geschäfte im Rahmen des Investmentbankings sowie andererseits die Abschottung der dort getätigten Geschäfte gegenüber den normalen Bankenkunden (»Ring-Fencing«). Schließlich müssen die Risiken der Geschäfte erkennbar sein und diese durch ausreichendes Kernkapital in der Bankbilanz abgesichert werden. Das aus der Sicht des Neoliberalismus scharf kritisierte Drei-Säulen-Modell des deutschen Bankensystems weist ordnungspolitisch in die richtige Richtung. Genossenschafts- und Raiffeisenbanken auf der Basis genossenschaftlichen Eigentums zusammen mit den vorwiegend kommunal ausgerichteten Sparkassen stehen den privatwirtschaftlich ausgerichteten Großbanken gegenüber. Die Finanzierungsaufgaben der genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Banken dienen der Unternehmenswirtschaft, den privaten Haushalten und den staatlichen Einrichtungen durch Einlagen- und Kreditgeschäfte zusammen mit einer seriösen Vermögensverwaltung vor Ort. Sie sorgen für eine intakte Bankeninfrastruktur in der Region. Die Zerschlagung der Banken zielt auf die »schöpferische Zerstörung« (Joseph Alois Schumpeter), aus der eine neue Bankenordnung entstehen soll.

2. Schattenbanken müssen umgehend erfasst, reguliert und kontrolliert werden. Schattenbanken sind Finanzinstitute, die nicht der offiziellen Regulierung unterliegen. Dazu zählen die heuschreckenartig auftretenden Hedgefonds und Private-Equity-Fonds sowie die neuerdings ausgelagerten Quasi-Investmentbanken. Durch die allerdings noch viel zu geringen Regulierungsmaßnahmen ist eine verstärkte Flucht aus dem offiziellen Bankensektor in derzeit völlig unregulierte und unkontrollierte Schattenbanken zu beobachten. So ist in den USA auf den Erlass notwendiger Spielregeln eine Verlagerung der Investmentbanking-Aufgaben in neue, unregulierte Finanzinstitute erfolgt. Der Internationale Währungsfonds sowie die Obama-Administration sehen hier ein neues, noch gewaltigeres, weil völlig unreguliertes Krisenzentrum heranwachsen. Schattenbanken müssen umgehend erfasst, reguliert und kontrolliert werden.

3. Die Finanzmärkte müssen durch klare ordnungspolitische Spielregeln entmachtet werden. Was im Fußballspiel beim Einsatz nicht bestochener Schiedsrichter gilt, lässt sich auf die Finanzmärkte übertragen: Wer foult, verstößt gegen die Spielregeln und wird deshalb vom Platz gestellt. Die Krisenerfahrung lehrt, dass sich der am 27. Oktober 1986 durch die britische Premierministerin Margaret Thatcher eingesetzte Big Bang zur Deregulierung des Finanzplatzes London als einer der größten Fehler erweist. Auch die weiteren Schritte zu einer weltweiten Entfesselung der Finanzmärkte müssen aufgehoben werden. Hierzu zählen mehrere Maßnahme, die Bill Clinton zu verantworten hat: zuerst der 1999 durchgesetzte Gramm-Leach-Bliley-Act. Unter dem Dach einer Bank wurden wieder alle Finanzgeschäfte zugelassen und die von der ökonomischen Wertschöpfung abgetrennten Derivate von jeglicher Kontrolle freigestellt. Im Mittelpunkt stehen neben Geboten vor allem Verbote von Spekulationsinstrumenten, die keinen Bezug zur ökonomischen Wertschöpfung haben, aber diese am Ende in den Abgrund reißen können: Zu verbieten sind die nicht durch Aktien oder Kredite gedeckten Leerverkäufe, mit denen zur Profiterzielung die Preisbildung an den Börsen irrationalisiert wird. Auch dürfen künftig nicht mehr Geschäfte völlig unkontrolliert außerhalb der Börse (»over the counter«) getätigt werden. Endlich muss der Grundsatz, dem auf dem G-20-Gipfel im Frühjahr 2009 in London zugestimmt wurde, weltweit realisiert werden: Alle Produkte und alle Institutionen auf den Finanzmärkten sind zu regulieren und kontrollieren. Auf der Agenda der Regulierungen steht die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für Vergütung der Bankenmanager vor allem durch Bonus-Regelungen: Für Banker darf sich die Spekulation auf hohe Gewinne durch riskante Geschäfte, an denen sie per Bonus-Zahlungen partizipieren, nicht mehr lohnen. Klare und konsequent überprüfte Spielregeln bieten die beste Möglichkeit, die Gier nach schnellen und hohen Spekulationsgewinnen durch Zockergeschäfte zu bändigen.

4. Ein funktionsfähiges Aufsichtssystem für die Akteure auf den Finanzmärkten auf der Basis strenger Regeln ist erforderlich. Den zuständigen Instanzen müssen uneingeschränkte Möglichkeiten der Kontrollen sowie im Falle einer Regelverletzung ein Klagerecht eingeräumt werden. Die staatliche Aufsicht sollte dazu beitragen, das verlorene Vertrauen in die Banken zurückzugewinnen, denn Aufsicht und Kontrolle schaffen Transparenz. Um der Globalisierung der Finanzmärkte Rechnung zu tragen, sollten zumindest Grundregeln für alle Staaten festgelegt werden.

5. Ratingagenturen müssen entmachtet werden. Finanzmärkte versagen auch wegen der extrem unterschiedlich verteilten Informationen zwischen den Erzeugern, den Käufern und Verkäufern von Anlageprodukten. Kunden, denen ein Finanzmarktprodukt angeboten wird, erhalten keine ausreichenden Informationen über deren Risiken. Viele Anlageberater, welche die Risiken komplexer Finanzprodukte überhaupt nicht kennen können, erwecken dennoch oft den Eindruck vollständiger Information und zielen auf die hochgradig riskanten Renditen ab. Um die durch Anonymität und Intransparenz produzierten Informationsasymmetrien zu überwinden, gibt es Ratingagenturen. Der Markt wird dabei durch die drei großen Anbieter Standard & Poor’s, Fitch und Moody’s oligopolistisch dominiert. Diese Ratingagenturen sind durch einen tiefen Widerspruch geprägt. Einerseits wird mit dem Gut Informationserzeugung eine quasi-staatliche Aufgabe wahrgenommen; insoweit handelt es sich um ein öffentliches Gut. Andererseits verdienen die Ratingagenturen an Geschäften mit den Unternehmen, die sie bewerten und deren Produkte sie benoten sollen. Dieser, wie die Praxis zeigt, kaum überwindbare Interessenkonflikt lässt nur einen Schluss zu: Die Ratingagenturen müssen entmachtet werden. Ein wichtiger Schritt ist die Abschaffung der derzeit noch geltenden »regulatorischen Lizenz«: Staatliche Regulierungen etwa bei der Erfassung der risikogewichteten Forderungen einer Bank gegenüber dem Eigenkapital müssen von der Bindung an die Ratingurteile befreit werden. Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean Claude Trichet, hat einen wichtigen Schritt gewagt: Um die Finanzmärkte zu stabilisieren und die Spekulanten zu bremsen, hat er Staatsanleihen mit schlechten Noten aus den Euro-Krisenländern aufgekauft. Über diese Entmachtung der Ratingagenturen hinaus sollte auf der Angebotsseite mehr Wettbewerb hergestellt werden: In Erwägung zu ziehen ist die Gründung einer politisch und ökonomisch unabhängigen Ratingagentur für die Europäische Union.

6. Vorrang der ökonomischen Wertschöpfung gegenüber dem spekulativen Kapital. Die Produktionswirtschaft braucht wieder Vorrang vor der Finanzwirtschaft. Die Neuordnung des Bankensystems sowie der Finanzmärkte dient der Stärkung der Produktionswirtschaft außerhalb der Finanzinstitutionen, denn mit der Spaltung zwischen realem und fiktivem Geld ist die ökonomische Wertschöpfung durch den Einsatz menschlicher Arbeit schwer belastet worden. Mit der Zerschlagung der Banken rücken wieder Sachinvestitionen in die Zukunft und Innovationen ins Zentrum. Auch wird durch die Entmachtung der Finanzmärkte der Einfluss der Megafonds auf die Renditeerwartungen von Produktionsunternehmen gestoppt. Künftig darf es nicht sein, dass ein Hedgefonds Produktionsunternehmen kauft oder finanziert, um später ohne Rücksicht auf das Unternehmen die viel zu hohen Renditeerwartungen der Finanzanleger zu befriedigen. Über die angemessenen Renditen muss unter Beteiligung der Beschäftigten in den Produktionsunternehmen selbst entschieden werden. Es geht darum, der Produktionswirtschaft wieder Vorrang gegenüber den machtvollen Finanzmärkten einzuräumen.

7. Hegemonie gestaltender Politik über Finanzmarktherrschaft zurückgewinnen. Der Politik stellt sich eine doppelte Aufgabe: Sie muss aus der Demokratie gefährdenden Abhängigkeit von den Finanzmarktmonopolen befreit werden. Politik darf nicht mehr zum Erfüllungsgehilfen ökonomischer Macht- und Profitinteressen missbraucht werden. Insoweit ist die Herstellung des Primats der Politik auch ein Beitrag zur Demokratisierung der Ziele und Rahmenbedingungen des Wirtschaftens. Hinzukommen muss der Ausbau der Demokratisierung in den Unternehmen. Es geht um ein in die Gesellschaft eingebettetes, durch Demokratie fundiertes Wirtschaftssystem, in dem Spekulationen mit Zockerinstrumenten keinen Platz haben. Die Vision eines zukunftsfähigen Bankensystems, das seine dienenden Funktionen auf die Regionen und vor Ort konzentriert, gehört zur Vermeidung künftiger Finanzmarktkrisen.

Diese sieben Thesen werden in den folgenden Kapiteln begründet und am Ende zu einem machbaren Konzept der Zerschlagung der Spekulationsabteilungen der Großbanken zugunsten eines entmachteten Bankensystems zusammengefasst.