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Inhaltsverzeichnis
 
 
 
 
 
 
 

Alles ist im Keim enthalten, alles Wachstum ein Entfalten.
 
 
Friedrich Rückert (1788-1866)

Vorwort

Zum Glück gibt es Coaching

In der Psychologie hat sich fast unbemerkt ein Paradigmenwechsel vollzogen. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die kranke Seele, sondern der gesunde Mensch und sein Streben nach Glück und Zufriedenheit. Wir alle wollen unser Leben besser verstehen, glückliche Beziehungen mit anderen Menschen führen, ausgeglichen und entspannt sein. Dazu brauchen wir – wie in der Psychoanalyse üblich – keine jahrelange Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern ab und zu einmal die Unterstützung eines kompetenten Beraters, der uns hilft, unsere Ziele eigenständig in die Tat umzusetzen. Titel und Untertitel dieses Buches bringen es auf den Punkt: Das Leben in die eigene Hand zu nehmen, indem man von den besten Coaching-Profis lernt, ist eine ideale Voraussetzung, um sich in einer Welt mit dauernd verändernden Herausforderungen zu behaupten.
Als Chefredakteurin eines Frauenmagazins mit psychologischem Schwerpunkt werde ich oft gefragt, ob ein Coach einen wirklich weiterbringt. Meine Antwort darauf ist ein uneingeschränktes »Ja!«. Genauso wie eine erfolgreiche Mannschaft einen engagierten und erfahrenen Trainer braucht, brauchen wir in bestimmten Situationen, wie zum Beispiel beim Start in das Arbeitsleben, bei Veränderungsprozessen im Unternehmen oder persönlichen Krisen, einen kompetenten Ratgeber, einen Coach, der sich mit diesen Herausforderungen bereits intensiv beschäftigt hat. Einen Coach, der nicht belehrt, sondern dem es darum geht, »einen Ratsuchenden in bestimmten Situationen zu unterstützen, ihm als Sparringspartner eine Art Hilfe zur Selbsthilfe sowie Selbstreflexion zu ermöglichen,« wie es Dr. Isabel Thielen, Coach und Personalchefin eines internationalen Verlagshauses, formuliert. Denn niemand weiß mehr über die Lage, in der er sich befindet, als der Klient selbst. Er trägt die Lösung für seine Probleme bereits in sich – der Coach hilft nur dabei, die Perspektive zu ändern, Lösungen sichtbar zu machen und den Klienten zu befähigen, Schritte in diese Richtung zu gehen.
Coaching beschäftigt sich in erster Linie mit dem beruflichen Kontext, Coaches geben Rat, wie ein limitiertes Zeitbudget optimal genützt oder Stressbelastung abgebaut werden kann, sie helfen, lebendiger zu präsentieren, kreativer zu werden und Konflikte dauerhaft zu entschärfen. Doch die Wirkung von Coaching geht weit über den Job hinaus: Es kann auch dazu beitragen, die Balance zwischen Beruf und Partnerschaft/Familie zu finden (oder wiederzufinden), mehr Selbstbewusstsein und Souveränität zu entwickeln und gesünder zu leben. Daher war es mir als Chefredakteurin einer Zeitschrift, die sich genau mit solchen Themen beschäftigt, ein ganz besonderes Anliegen, dieses Buch auf den Weg zu bringen.
Der Coaching-Guide kann und will ein individuelles Coaching nicht ersetzen, aber Sie erhalten einen Einblick in die Arbeitsweise der wohl bekanntesten Coaches und Trainer, die Ihnen mit vielen Tipps und Tricks verraten, wie Sie mehr Erfolg in Beruf und Privatleben erreichen können und wie Sie sich glücklicher und zufriedener fühlen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und Umsetzen.
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Bettina Wündrich, Chefredakteurin »Emotion«

Einführung

Selbst ist die Frau, selbst ist der Mann!

Fahrstuhlkarrieren sind etwas Feines. Sie starten meist mit einem Praktikum und befördern einen in den dritten, vierten Stock oder gar ins Penthouse, in die Führungsetage ein und desselben Unternehmens. Doch sind solche Traumszenarien rar geworden. Die Arbeitswelt hat sich verändert. Selbst vermeintlich krisensichere Konzerne wie Allianz, BMW, Siemens oder Telekom müssen in der Finanzkrise und im Globalisierungswettkampf Federn und Mitarbeiter lassen. Ein Wandel, der auch vor uns nicht Halt macht und uns auffordert, uns entsprechend zu positionieren: Im Job als hochkarätiger Mitarbeiter, der mit Know-how glänzt, soft-skill-sicher und offen für Neues ist und dabei die eigene Balance nicht verliert.
Bereits 2003 hat der amerikanische Ratgeberautor Gary L. Schine dafür den Begriff »Lifestyle-Entrepreneur« geprägt. Damit meinte er nichts anderes, als dass sich jeder als Ich-AG, als ganzheitlicher Lebensunternehmer verstehen und sein Leben selbst in die Hand nehmen müsste. Eine Fähigkeit, die Trendforscher Horst W. Opaschowski in seinem Buch »Das Moses-Prinzip – Die 10 Gebote des 21. Jahrhunderts« als Leitbild der Zukunft sieht und so definiert: »Lebensunternehmer nehmen ihr Leben als Potenzial wahr, für das sie sich selbst verantwortlich fühlen und aus dem sie das Beste machen. Sie sind hoch motiviert und produktiv und zugleich bereit, Verantwortung zu tragen – in der Elternrolle, als Vereinsmitglied, als Angestellter (= Unternehmer am Arbeitsplatz) oder Freiberufler.« Wie wichtig diese Verantwortung in den kommenden Jahren wird, zeigt auch die aktuelle Delphie-Studie. Sie spricht gar vom »Multi-Duty-Life« (zu deutsch: vom Viel-Verpflichtungs-Leben) und hält die Gleichung Freizeit = Mußezeit für überkommen. »Denn auch nach Feierabend gilt es, Kollegen zu treffen, zu networken, Businessenglisch zu pauken, Schulen für den Nachwuchs zu recherchieren und sich um seine eigene Alters- und Gesundheitsvorsorge zu kümmern«, so Studienleiterin Dr. Kerstin Ullrich von der Gesellschaft für Innovative Marktforschung in Heidelberg.
Das bedeutet noch mehr Unternehmertum und Eigenverantwortung und noch weniger Zeit für Muße. Aus diesem Grund drängt sich neben dem Arbeiten an der eigenen Performance, den eigenen Stärken und Schwächen zusätzlich die Frage auf: Wie sieht in diesem Multi-Duty-Life ein erfülltes Leben aus? Wie haushalte ich mit meinen Ressourcen? Wie positioniere ich mich richtig und gestalte meinen Job entsprechend? Schließlich ragt dieser immer mehr in mein Leben, in meine Freizeit hinein und fordert mindestens bis zur Rente meine volle Aufmerksamkeit. Ob die Altersgrenze dann von 65 auf 67 oder mehr Jahre angehoben ist, bleibt abzuwarten und lässt den Ruf nach lebenslangem Lernen und persönlichem Wachstum noch deutlicher werden. Vielleicht tröstet es Sie, an der Stelle zu erfahren, dass wir – wissenschaftlich erwiesen – selbst mit Mitte 50 noch an unserem Charakter feilen können. »Zwar können Sie aus einer saueren Zitrone keinen Himbeersaft machen, wohl aber süße Zitronenlimonade«, relativiert Körpersprache-Guru Samy Molcho die These. In jedem Fall: Wer sein persönliches Wachstum vorantreibt und an sich arbeitet, ist erfolgreicher und besser gewappnet für die Zukunft. Fühlt sich sicherer und wohler in seiner Haut. Zugleich freier und glücklicher, da er als Lebensunternehmer derjenige ist, der kreativ gestaltet und sein Leben anpackt. Dabei sollte jeder die eigenen Ressourcen nicht vernachlässigen: »Wer nicht regeneriert, verliert«, meint Zeit- und Selbstmanagement-Experte Lothar Seiwert und erklärt: »Menschliche Arbeitskraft lässt sich weder unendlich beschleunigen noch beliebig steigern. Daher«, so Seiwert, »gilt mehr denn je die Regel Moshé Feldenkrais’ (1904-1984): Wenn man weiß, was man tut, kann man tun, was man will.«
Bewusstsein ist also der Schlüssel zum Erfolg. Egal, ob für Ihren beruflichen oder privaten Erfolg, denn Job und Privatleben lassen sich nicht mehr getrennt voneinander betrachten. Nur mit einer Balance aus beidem und der Verfolgung Ihrer Wünsche und Ziele schaffen Sie es, sich als Lebensunternehmer erfolgreich zu etablieren. Schließlich: Was bedeutet Erfolg, wenn Sie sich dabei nicht auch der Frage nach der Sinnhaftigkeit Ihres Tuns stellen und nicht herauszufinden versuchen, was Ihre Berufung, Ihre Wünsche, Ihre Werte und heimlichen Sehnsüchte sind, um damit Ihr (Arbeits-)Leben zu bereichern? Um Sie auf Ihrem Weg zum Lebensunternehmer zu unterstützen und Ihnen Anregungen zu geben, haben wir die erfolgreichsten Coaches und Trainer und die gefragtesten Key-Note-Speaker im deutschsprachigen Raum um ihren Expertenrat gebeten. Von Sabine Asgodom, Ulrich Dehner, Eckart von Hirschhausen, Marco von Münchhausen, Lothar Seiwert, Slatco Sterzenbach und vielen anderen mehr finden Sie auf den nächsten Seiten praxisnahe Tipps, Selbsttests und Ratschläge zu den wichtigsten Job- und Lebensthemen.
In fünf Themenblöcke aufgeteilt, beginnt der hochkarätige Expertenreigen mit dem Kapitel »Marke Ich«. Marketing-Experte Jon Christoph Berndt erklärt, wie Sie durch sogenanntes »Humanbranding« zu einer unvergesslich starken Marke werden. Eine Fähigkeit, die unbezahlbar ist, nicht nur für das Herausstechen innerhalb der Abteilung, sondern auch für Ihren Auftritt beim Kunden oder beim Networking ganz allgemein. Wie Profis diese Kunst, auf andere zuzugehen, verfeinern, das verrät Hermann Scherer in seinem »Networking für Fortgeschrittene«. Wie Sie »humorvoll präsentieren« und sich auf diese Weise profilieren, erklärt Star-Komiker Eckart von Hirschhausen auf seine sehr unterhaltsame Art. Und weil Humor nicht jedem gleichermaßen gelingt, hat er als Notbremse einen »Notfall-Koffer für sterbende Witze« eingebaut. Neurologin und Coach Dr. Claudia Croos-Müller beschließt das Kapitel »Marke Ich« und zeigt, welche mentalen Zusammenhänge zwischen Körpersprache und sicherem Auftreten bestehen. Hochinteressant – oder wussten Sie, dass Sie mit Ihrem Körper Ihre innere Haltung pushen und sich so stark in Szene setzen können?
Wohl kaum jemand kennt ihn nicht: Mit vier Millionen verkauften Büchern in über 37 Ländern ist Prof. Dr. Lothar Seiwert »Europas führender und bekanntester Experte für das neue Zeit- und Lebensmanagement« und führt den Themenblock »Selbstmanagement« mit seinem Beitrag »Die neue Lust der Langsamkeit« an. Denn wie schnell gerät man in unserer Multi-Duty-Zeit ab vom Weg und ins Hamster-im-Rad-Gefühl. Dass Stress allerdings gar nicht so schlimm ist, wie wir glauben, diesen provokanten Standpunkt vertritt die als Dr. Stress bekannte Ärztin und Expertin Sabine Schonert-Hirz. Nicht ohne uns zu verraten, wie wir mit negativer »Problemhypnose« umgehen und welche mentalen Beruhigungsmanöver es gibt. Ein ganz besonderer Beruhiger ist der innere Schweinehund. Marco von Münchhausen machte ihn salonfähig bzw. bürofähig und stubenrein und zeigt in seinem Beitrag, wie wir das Gewohnheitstier in uns disziplinieren. Nach welchen Mechanismen Psychospielchen ablaufen, das erklärt Ulrich Dehner in »Adieu, Psychospielchen!« und sagt, welchen Ködern wir erliegen und wie leicht wir selbst zur kommunikativen Keule greifen.
Beim Kapitel »Erfolg im Job« macht Coach Irene Becker den Auftakt. Bekannt durch ihren Bestseller »Everybody’s Darling, everybody’s Depp« appelliert sie an uns: »Behaupten Sie sich souverän!«, während Moderator und Rückwärtssprecher Bernhard Wolff zeigt, wie Sie ideal performen, wenn Sie – schluck! – auf die Bühne müssen. Lampenfieber kennen auch »alte Hasen«, es ist völlig normal und wichtig, meint Wolff und erklärt, wie Sie mit der richtigen Vorbereitung Ihre Aufregung um 50 Prozent reduzieren und dadurch 50 Prozent mehr Sicherheit erlangen. Also: Alles halb so wild! Das findet auch Querdenker Jiri Scherer, wenn er über einen so hehren Begriff wie Kreativität parliert und mit einfachen Tipps und Methoden anregt, wie Sie selbst Mastermind für zündende Ideen und Geistesblitze werden können. Eine Fähigkeit, die Ihren Job, Ihr Leben erfolgreicher, bunter und erfüllter macht. Probieren Sie’s aus! »Die ersten 100 Tage im Job« sind meist eine ganz schöne Hängepartie: Keiner weiß so recht, was da an unbekanntem Terrain, Fettnäpfchen und Stolpersteinen auf einen zukommt. Aus diesem Grund steht Dr. Isabel Thielen, Personalchefin eines großen internationalen Medienkonzerns und freiberuflicher Coach, zu den zehn heikelsten Fragen und Situationen Rede und Antwort.
Rede und Antwort liefert auch der nächste Themenblock »Sinnvoll leben und arbeiten« und klammert kaum eine Situation aus. So erklärt Slatco Sterzenbach, wie Sie ganzheitlich gesund leben und arbeiten, um damit der beliebtesten Engagierten-Krankheit, dem Burn-out, vorzubeugen. Michael Merks klärt über Work-Life-Balance auf und Dr. Karin von Schumann, wie Sie mit Veränderungen umgehen. Sei es, dass Sie den Posten, den Sie gerne gehabt hätten, nicht bekommen, Ihr Unternehmen kurz vor der Pleite steht oder Sie sich grundsätzlich überlegen, ob Sie nicht das Zeug zur Selbstständigkeit haben. Von Schumanns Lebensrat entschlüsselt, was wirklich für Sie wichtig ist, während Antje Schwidurskis Beitrag noch einen Schritt weitergeht. In »Sabbatical: Mal raus aus dem Job!« erklärt die Expertin, die derzeit selbst ein zweites Sabbatical in Südafrika und Lesotho lebt, wie man klug aussteigt. Denn so bereichernd diese Erfahrung sein kann, stellt sie doch auch eine sehr große Unsicherheit und Herausforderung dar.
Ebenso wie eine Führungsposition. Daher dreht sich unser fünftes Kapitel um die »Herausforderung Führungsposition«. Top-Coach Sabine Asgodom legt Ihnen nahe, als Coach Ihre Mitarbeiter statt mit Kritik mit Beihilfe zur Erreichung ihrer Ziele zu motivieren. Das steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter, aber auch ihren Erfolg, der auf Sie zurückfällt – nicht nur zahlenmäßig, sondern auch menschlich. Dass das allerdings nicht immer einfach ist, davon weiß Prof. Dr. Barbara Mettler-v.Meibom ein Lied zu singen. Als Führungskraft musste sie selbst schmerzvoll erfahren, wie notwendig es ist, »Sich und andere mit Wertschätzung zu führen« – ohne Bewertung nach der Devise »Was ist, das ist«. Keine leichte Übung, aber eine sehr bereichernde! Auch Konflikte lassen sich meistern und besitzen in den Augen von Konfliktexperte Klaus Eidenschink großes Potenzial. Denn ein Großteil der Reibereien sind selbstgemacht, meint Eidenschink und lässt uns in verschiedenen Aktionen und Check-ups tiefer blicken. Ans Eingemachte geht es auch in »Erneuerbare Energie – Mental Body Energie für Führungskräfte« von Dr. Petra Bernatzeder und Reinhard Nagel. Die beiden Gesundheitscoaches erklären, wo im Job Energiekiller versteckt sind und wie ein ausgeglichener Energiehaushalt aussieht. Und: Energie ist auch nötig, schließlich gilt es, dieses tolle Wissen der hier versammelten »Lebensunternehmensberater« nach dem Motto des römischen Dichters Horaz (65 v. Chr. – 8 v. Chr.): »Die Hälfte der Tat hat, wer begonnen hat«, auch umzusetzen. Also: Lassen Sie sich inspirieren, Lebensunternehmer zu werden, und packen Sie’s an! Wer diesen Schritt nicht alleine gehen möchte, findet im sechsten und letzten Kapitel »Wie finde ich einen guten Coach?« vielleicht den fehlenden Stups, den es dazu braucht!
 
Ihre Christine Koller & Ihr Dr. Stefan Rieß

Marke Ich

Jon Christoph Berndt
Die stärkste Marke sind Sie selbst!
Profil zu zeigen und sich abzuheben, sind wichtige Erfolgsfaktoren. Wie Sie das Besondere aus sich herauskitzeln und eine einzigartige Markenstrategie entwickeln, verrät Ihnen der Erfinder von »Human Branding«, Jon Christoph Berndt.
Stellen Sie sich einmal folgende alltägliche Situation vor: Es ist Samstagvormittag, Sie haben ausgeschlafen, lecker gefrühstückt und machen sich auf zur üblichen Bäcker-Metzger-Supermarkt-Reinigungs-Runde. Fast automatisch, wie ferngesteuert kaufen Sie das, was Sie immer kaufen. Aber haben Sie sich jemals gefragt, warum Sie immer dort und immer das Gleiche kaufen? Weshalb nicht direkt nebenan, wo es beispielsweise noch zwei andere Bäcker, Metzger, Supermärkte etc. gibt? Ist es wirklich nur, weil Ihrer am nächsten liegt? Weil sich die penetrante Werbung auf die Festplatte in Ihrem Kopf eingebrannt hat? Oder ist es etwas ganz anderes, was sie fast magisch in Ihren Lieblingsladen oder im Supermarkt zu »Ihrer Marke« zieht? Ein spannender Prozess! Und wer seine Mechanismen kennt, weiß sie sich zunutze zu machen und positioniert sich wie diese Geschäfte als Liebling und klarer Favorit. Faktoren, die in einer komplexer werdenden Welt für Erfolg und Glück wichtiger denn je sind. Wie Sie sich als starke Marke etablieren, das zeigt Ihnen »Human Branding«, eine von mir entwickelte Methodik, die Sie ergründen lässt, was Sie als Persönlichkeit einzigartig macht und wie Sie diese Essenz aus sich herauskitzeln und so Ihre ureigene Markenstrategie finden.
Um zu erahnen, wie Human Branding tickt, bitte ich meine Zuhörer in Vorträgen und Seminaren gern, die Augen zu schließen und sich vorzustellen, eine Tafel Schokolade zu sein. Mit vielen anderen Tafeln buhlen Sie im Supermarktregal um Kundschaft, Sie wollen begehrt sein, Sie wollen erwählt werden und locken: Vertrau mir! Kauf mich! Nimm mich mit! Das bedeutet, Sie müssen mit Ihren Reizen wuchern: mit Ihrem Kakaoanteil, Ihrer Beschaffenheit, dem Preis, der Optik und der Verpackung, die entweder plastikglatt ist oder eher leicht angeraut, wo die Finger den geprägten Schriftzug Ihres Markennamens spüren können.
Und: Was für eine Schokoladentafel gilt, gilt auch für uns Menschen – klare Positionierung und eindeutige Wahrnehmung begründen auch unseren Erfolg. Genau das zeichnet Ihren Stammbäcker aus, wenn Sie immer zu ihm gehen. Bei meinem sind das diese sahnigen Quarktaschen, die nirgendwo anders so sahnig sind und bei ihm eine halbe Stunde vor Ladenschluss sogar noch 40 Prozent günstiger. Und mein favorisierter Schuster hat die haltbarsten, per Hand gegerbten Ledersohlen aus besonders dickem Material, die man heute kaum noch findet. Ist das nicht wundervoll, ein toller USP, ein großer Nutzen für mich und viel besser als bei all den anderen?

Was also macht Sie zu etwas ganz Besonderem?

Was genau Sie als Mensch auszeichnet, das herauszufinden ist der erste wichtige Schritt beim Aufbau Ihrer Markenpersönlichkeit.
 
Aktion: Stellen Sie sich daher wie ein Markenexperte die drei wichtigsten Markenfragen:
 
1. Welchen USP habe ich als Marke?
Die von Markenfachleuten viel zitierte »Unique Selling Proposition« (USP) bezeichnet das Alleinstellungsmerkmal, den einzigartigen Verkaufsvorteil. Überlegen Sie, was Ihr gewisses Etwas sein könnte, das Sie unverwechselbar und zu etwas ganz Besonderem macht.
 
2. Welchen greifbaren Nutzen habe ich?
Das beste Produkt mit dem besten Verkaufsmerkmal ist nur so gut, wie es begehrt wird: Nur wenn mein sogenanntes Nutzenversprechen (es erfüllt zum Beispiel eine bestimmte Anforderung 100-prozentig, es macht das Leben leichter und viel schöner...) möglichst viele Menschen interessiert, ja fasziniert, haben Sie die notwendige Relevanz und werden beachtet.
 
3. Setze ich mich von Mitstreitern ab?
Gibt es andere Menschen mit einem vergleichbaren USP und einem vergleichbaren Nutzen, werde ich nur schwerlich Erfolg haben. Dann überspringe ich nicht die Messlatte, die sogenannte Norm, die meine Wettbewerber vorgeben. Vielmehr bin ich austauschbar und belanglos oder »me-too!« (»Ich auch!«) positioniert, wie die Markenleute sagen.
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Das Markendreieck gilt für ein Produkt genauso wie für Sie
Fundierte Antworten auf diese drei Fragen sind die beste Voraussetzung für dauerhaften Erfolg. Und vielleicht machen Sie sich an dieser Stelle auch mal Gedanken darüber:
• Wieso sollte Ihr Chef gerade Sie zum Abteilungsleiter machen? Die Müller ist doch viel smarter!
• Weshalb sollten gerade Sie den Vorsitz im Förderverein des Kinderhorts etc. bekommen? Der Vater von Benny packt doch viel kräftiger an, wenn der neue Sand für den Spielplatz kommt!
• Oder warum sollten Sie beim Männerausflug den letzten freien Platz in der Skihütte ergattern? Der Huber hat doch immer die viel leckereren Spezereien dabei!

Achtung: Nicht verzetteln!

Wenn Sie jetzt denken, Sie müssten es dem Huber gleichtun: Fehlanzeige! Alles richtig zu machen, aber auch nicht mehr, reicht ebenfalls nicht. Das Gleiche gilt für die fleißigen Bienen: morgens der Erste im Büro und abends der Letzte, die Wohnung immer tipptopp aufgeräumt, für jeden allzeit einen fürsorglichen Rat, die Kinder wie aus dem Ei gepellt, jede Mail sofort beantwortet, bei jeder Essenseinladung die neueste kreative Küche auf dem Tisch... Uff, und irgendwann merken Sie: Es gewinnt nicht der Fleißigste, Kräftigste, Beste oder Schönste, sondern der, der sich am smartesten positioniert, präsentiert und vermarktet (schon wieder: USP, Nutzen, Wettbewerbsvorsprung). So kommt es, dass die smarte Müller tatsächlich den Abteilungsleiterposten kriegt. Ihr allzeit kreativer Saustall macht sie einfach so menschlich und sympathisch! Aber vor allem spürt man bei ihr die Hingabe zu ihrem Job und den Mut dazu, etwas Großartiges zu schaffen. Finden auch Sie heraus, was genau Ihre Leidenschaft, Ihren wahren Antrieb ausmacht, sozusagen Ihre Essenz darstellt!

Schürfen Sie nach Ihrer Essenz

Wie ausschlaggebend Leidenschaft und Authentizität für den Erfolg einer Kampagne ebenso wie für eine Marke sind, konnte ich als Berater und Geschäftsführer in Werbeagenturen täglich spüren. Und heute, wenn wir Markenarbeit für BMW, Mövenpick oder Yahoo machen, sind diese Faktoren umso wichtiger. Das veranlasste mich, tiefer zu schürfen und zu analysieren, welche Kriterien für den Markenerfolg des Menschen, also für Ihren Markenerfolg, stehen. Das Ergebnis sind die folgenden 10 Goldenen Markenzutaten von Human Branding:
Aktion: Ermitteln Sie anhand dieser Markenregeln, was Ihre Essenz ist, und erkennen Sie, was Sie zu einer einzigartigen Markenpersönlichkeit macht.

Die 10 Goldenen Markenzutaten

1. Fokus: Finde heraus, wofür Du stirbst!
Jeder sollte das machen, wofür er brennt. Nämlich das, was er am liebsten macht und am besten kann; und sonst am besten nichts. Jamie Oliver brennt fürs Kochen; er kann nicht anders. Er bringt Fertigsoßen, Geschirr, Öle und Kochbücher auf den Markt. Aber er würde niemals seinen guten Namen für die Limited Edition eines Autos oder einen Satz ganz besonderer Golfschläger hergeben. Und für Staubsaugerbeutel schon dreimal nicht. Melitta beispielsweise hat diese goldene Markenregel einmal nicht beherzigt: Die Kaffeefilterspezialisten brachten unter dem eigenen Markennamen Staubsaugerbeutel auf den Markt. Doch: Möchten Sie das Gefühl haben, dass Ihr Morgenkaffee durch das gleiche Filterpapier läuft, durch das Sie anschließend die Hamsterhaare aufsaugen? Nein! Ich auch nicht. Heute verkauft die Firma die Staubsaugerbeutel unter der Marke Swirl.
Deshalb: Stellen Sie die Frage nach Ihrer Leidenschaft, die Einsame-Insel-Frage, unmissverständlich: Was möchte ich dort unbedingt tun, ohne was kann ich unter keinen Umständen leben? Überlegen Sie nicht zu lange, und fragen Sie Ihren Bauch. Wenn Sie für Ihre Familie sterben könnten, ist das ein wichtiger Hinweis auf Ihren ultimativen Fokus. Wenn Sie nun einmal nicht ohne Computer können, auch. Und wenn Sie jeden Tag eine Stunde Bewegung brauchen wie die Luft zum Atmen, erst recht.
 
2. Wettbewerb: Achte auf Deine Mitbewerber!
Solange Sie nicht Einstein oder Picasso sind, gibt es statistisch gesehen immer jemanden, der genauso gut ist wie Sie. Wir haben überall ebenbürtige Konkurrenten; in der Arbeit, im Sport, beim Werben um die Dame oder den Herrn des Herzens... Haben wir uns erst einmal mit dieser Erkenntnis abgefunden und münzen wir sie ins Positive um, geschieht etwas Erstaunliches: Sie spornt an, erst zum Nachdenken, dann zum Profilschärfen. Wie unterscheide ich mich dennoch von meinen Wettbewerbern und halte sie auf Abstand?
Weil der Bienenfleißigste, der Beste und Schönste eben nicht gewinnt, geht es hier vielmehr darum, die eigenen Fähigkeiten auf den Punkt zu bringen, sie attraktiv zu verpacken und nutzbringend zu untermauern. Anhand von Marktforschung, Fokusgruppen, Milieustudien etc. testen zum Beispiel Schokoladenhersteller wie Milka oder Ritter Sport nicht aus, wer die beste Schokolade hat, sondern welche Vorzüge sie für welche Zielgruppe bieten sollte. Auf diese Ergebnisse stimmen sie dann ihre Marketingstrategie ab: So hat Milka den zarten Schmelz und die leckere Alpenmilch, Ritter Sport dagegen die knackigen Zutaten und die verrückten Sorten. Das differenziert, und jeder hat seine eingeschworenen Fans.
 
3. USP: Entscheide, ob Du in der Hand schmilzt oder im Mund!
Nicht jeder hat einen absolut eigenständigen USP wie Bionade: Die Limonade ist nicht nur biologisch, sondern wird als weltweit einzige auch noch gebraut wie Bier. Bingo! Damit hat die Firma aus der Rhön die Lizenz zum Gelddrucken. Verlassen Sie sich nicht darauf, ein ähnlich grandioses Alleinstellungsmerkmal zu finden. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Sie Ihren USP wohlüberlegt kreieren müssen. Ich verspreche Ihnen: Auch Sie haben ein starkes, unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal als elementare Zutat Ihrer starken Marke. Sie sollten sich nur die Mühe machen, es zu finden. Die amerikanische Süßwarenfirma Mars hat sich diese Mühe gemacht. Dabei war der Anfang alles andere als leicht: Als sie 1986 mit M&M’s auf den deutschen Markt kam, fanden wir Treets und Bonitos viel besser; und dann gab es ja schon die vergleichbaren und sehr beliebten, bunten Smarties von Nestlé. Auf der Suche nach einem knackigen USP erfanden die Marketingleute den genialen Slogan »Schmilzt im Mund, nicht in der Hand!« Die Zuckerschicht um die Schokolade lässt die Finger sauber, das können Smarties nicht. Das verhalf M&M’s zum Durchbruch: Schließlich haben alle Eltern gern die Gewissheit, dass die Kids beim Naschen nicht die Polster versauen. Ein toller USP, toll kommuniziert. Welchen finden Sie für sich?
 
4. Relevanz: Sei den guten Streit wert!
Früher habe ich mich immer geärgert, wenn ich kritisiert wurde. Was nimmt der sich heraus, dachte ich, habe die Borsten aufgestellt, wurde schnell kiebig. Heute nehme ich es positiv. Vorausgesetzt, die Kritik ist konstruktiv und auf wertschätzende Art und Weise geäußert. Dann streite ich sogar gern, sage klipp und klar, was ich denke, und erwarte das auch von meinem Gegenüber. Machen Sie das auch so, wenn jemand Sie in der Firma kritisiert oder im Verein am Stammtisch! Sehen Sie es bitte einfach mal so: Der andere hat sich Gedanken gemacht und nimmt sich Zeit für ein schwieriges Gespräch mit Ihnen. Ist das nicht toll? Müsste er ja nicht! Ihm scheint etwas an Ihnen zu liegen! Das bedeutet, Sie haben etwas zu bieten, eine Anziehungskraft, üben eine gewisse Faszination aus. Dabei gibt es Menschen genauso wie Produkte, die uns einerlei sind; sie haben keine Relevanz. Da denke ich an die Dschungelcamp-Bewohner bei RTL; oder an die beheizbare Augenmaske, die man an den USB-Anschluss am Computer anschließt. Oder an Dreck aus der Dose für den Geländewagen... Wen interessiert das wirklich?
 
5. Qualität: Außen hui, innen hui!
Kennen Sie auch solche Blender und Schaumschläger mit viel davor und wenig dahinter? Meist werden sie früher oder später durchschaut. Dann ist die Luft raus, und mit USP und Relevanz ist es Essig: Eine Marke ist in Jahren mühsam aufgebaut und in Sekunden mühelos zerstört. Achten Sie daher bei Ihrer Marke darauf, dass sie innen ist wie außen und außen wie innen. Dann brauchen Sie keine Angst zu haben vor einem Fassadendasein und bloßer Augenwischerei, die auf Dauer bloß anstrengend ist und früher oder später enttarnt wird.
Manche Menschen sind genau so, wie sie vorgeben zu sein. Wie der Unternehmer Wolfgang Grupp zum Beispiel, der Mann mit dem Affen im Werbespot vor der Tagesschau. Er sagt, dass er hierzulande 1200 Arbeitsplätze sichert, weil man bei Trigema nur in Deutschland produziert. Weltklasse, der gebräunte T-Shirt-König mit dem himmelblauen Einstecktuch und ebensolchem Binder. Der tut, was er sagt. Der lebt sich selbst, ich würde ihm jeden Gebrauchtwagen abkaufen!
Fragen Sie sich bei den Menschen in Ihrem näheren Umfeld, wem Sie auch einen Gebrauchtwagen abkaufen würden. Wo der Bauch ja sagt, hat der Mensch ein Höchstmaß an persönlichen Qualitäten, ganz viel Sein und ganz wenig Schein. Dann fragen Sie sich bitte, wie Sie selbst Ihre Verpackung und Ihre Qualitäten auf höchstmöglichem Niveau in Einklang bringen, damit man auch Ihnen dieses Vertrauen entgegenbringen mag.
 
6. Echtheit: Paula bleibt Paula, und Horst bleibt Horst. Gut so!
Erinnern Sie sich an Rudolf Scharping? Der wollte 1994 für die SPD Bundeskanzler werden. Dabei stammt er aus Niederelbert im Westerwald. Ist ja nicht schlimm, ich bin selbst aus Kusel in der Hinterpfalz. Doch wenn der Westerwälder plötzlich Weltmann spielt, hapert es mit der Authentizität. Auf diese Echtheit kommt es aber an bei starken Marken. Damit Scharping im Wahlkampf smarter und weltmännischer rüberkommt, haben ihn seine Imageberater damals runderneuert: Der Bart musste ab und eine Designerbrille her. Dazu gab es Designeroutfits vom Herrenausstatter. Wenn dabei allerdings ein völlig anderer Rudolf Scharping herauskommt, ist es vorbei mit der Echtheit. Schließlich kann man seine Wurzeln nicht verleugnen, einen Dialekt nicht einfach wegtrainieren, darf es keinen Bruch mit der Vergangenheit geben. Bei Scharping gab es diesen Bruch, und deshalb kam er im Wahlkampf wie ferngesteuert daher. Was nicht echt ist, ist halt falsch, das ist das Problem!
Angela Merkel dagegen ist echt bis ins Mark. Hier sind Persönlichkeit und Marke absolut deckungsgleich: Sie kokettiert mit ihrer Herkunft vom Lande, brachte sie mit dem legendären Barbecue mit George Bush in Trinwillershagen 2006 sogar meisterhaft authentisch in Köpfe und Bäuche. Man hat das gute Gefühl, dass sie einem immer auf Augenhöhe begegnet, von Angesicht zu Angesicht. Sie ist allürenfrei, und wir fühlen dieselbe Frau Merkel wie früher. Ein fast schon lehrbuchhaftes Beispiel professionellen Human Brandings. Profitieren Sie davon! Bedenken Sie immer, bei allem, was Sie tun und was Sie lassen: Wo komme ich her? Was ist mir wirklich wichtig, wofür schlägt mein Herz? Ab wann verbiege ich mich und verhalte mich wie ferngesteuert? Fragen Sie sich bei jeder einschneidenden Veränderung, ob Ihre Eltern in Ihnen weiterhin die Tochter oder den Sohn erkennen würden. Tun Sie all das, bei dem Sie guten Gefühls mit Ja antworten können, und lassen Sie alles andere bleiben.
 
7. Wiedererkennung: Setze Deinen Anker!
Sicher finden Sie es schön, wenn man sich an Sie erinnert, auch wenn man Ihren Namen nicht mehr parat hat. Ist das nicht die, die immer diese schönen großen Ohrringe trägt? Das ist doch der, der mit seiner Krawatte noch ins Bett geht! Oder der mit dem roten Halstuch. Wenn das von Ihnen gesagt wird, haben Sie einen Anker gesetzt – unverwechselbar und extrem markenbildend. Dabei muss ein solcher Anker gar nicht teuer sein. Viel wichtiger ist es, dass er zu Ihnen passt und Sie ihn konsequent hegen und pflegen. Deshalb haben Teddybären von Steiff einen Knopf im Ohr. Karl Lagerfeld hat den Fächer, mit dem er überall herumwedelt. Und Cindy Crawford hat das Muttermal; ohne dieses Markenzeichen wäre sie wohl niemals so berühmt und beliebt geworden.
Setzen auch Sie einen starken Anker, der zu Ihnen passt, und das ein Leben lang! Ich selbst zum Beispiel trinke seit ewigen Zeiten meinen Kaffee aus dem Glas; irgendwann wurde mein Anker daraus. Außerdem trage ich meine Uhr rechts. Jetzt sind Sie dran!
 
8. Werde Aktivist!
Wie wir gesehen haben, steht beim Wettrennen des Lebens nicht der Fleißigste und auch nicht der Beste auf dem Treppchen. Vielmehr bekommen diejenigen die Blumen, die Gutes tun und fortwährend darüber berichten. Das beste Restaurant kriegt keine Gäste, wenn keiner den Weg kennt. Der beste Roman wird nicht gelesen, wenn die Verlage keinen Wind davon bekommen. Der beste Projektmanager kommt auf keinen grünen Zweig, wenn der Abteilungsleiter die Lorbeeren einheimst. Deshalb: Klappern gehört zur Marke! Wenn Sie ganz genau wissen, wofür Sie sterben und was Sie wirklich exzellent können, streuen Sie es clever und smart unter die Leute! Das muss nicht so laut und unbarmherzig sein wie in der Speakers’ Corner im Londoner Hyde Park.
Verkünden Sie lieber etwas hintergründiger und subtiler, wofür Sie stehen; dafür umso vernehmbarer und unmissverständlicher. Und nehmen Sie sich Zeit dafür: Es dauert oft eine Weile, bis Sie in dem gigantischen Rauschen überall um Sie herum wahrgenommen werden. (Auch Human Branding brauchte gut und gern zwei Jahre bis zum ersten TV-Auftritt.) Wichtig ist, dass Sie wirklich etwas zu sagen haben, dass Ihre Botschaft nur für Sie spricht und für niemand anderen. Dass Sie konsequent sind und immer dranbleiben.
In der Firma haben wir einen Newsletter, wie Tausende andere auch. Aber nicht online, sondern ganz altmodisch auf schönem Briefpapier, mit persönlicher Ansprache und einer echten Briefmarke. Der Erfolg: Viermal im Jahr fühlen sich unsere Netzwerkpartner gut informiert und sprechen uns immer wieder darauf an; wir müssen durch keinen Spamfilter. Und das Schönste: Wir haben noch keine einzige böse Antwort wegen unerbetener Reklame erhalten. Dabei kostet unser Newsletter nur den guten Willen, die ungewöhnliche Idee und das Porto.
9. In der Kraft liegt die Ruhe!
Wer eine starke Marke ist, kann sich entspannt zurücklehnen. Vieles passiert dann von ganz allein, und Sie müssen sich gar keine übertriebenen Sorgen um die Wahrnehmung Ihrer Persönlichkeit und Ihrer Qualitäten machen. Thomas Gottschalk hat das früh erkannt und zog schon Anfang der Neunziger nach Malibu. Unsereins hätte das Zittern gekriegt und sich fortwährend gefragt, ob man da drüben nicht irgendwann vergessen und einfach nicht mehr angerufen wird. Genau das Gegenteil ist der Fall! Gottschalks Marke ist so einzigartig, stark, echt und Gottschalk, dass sie das genauso aushält wie gelegentliche Kritik und die immer mal wieder brodelnde Nachfolgegerüchteküche. Willst Du was gelten, komme selten – und wenn Du kommst, nähre Deine Marke durch alles, was Du tust, und alles, was Du lässt.
Besonders beeindruckt bin ich von einer Menschenmarke, die an Kraft nicht zu überbieten ist: Mahatma Gandhi (1869-1948). Er hat ganz intuitiv und ohne Markentechnik derart viel gut und richtig gemacht, dass er mir Vorbild bei meiner täglichen Arbeit ist. Seine Kraft spüre ich, wenn ich an den Kinofilm über sein Leben denke. Oder an seinen so wahren Satz: »Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.« Dann läuft mir ein wohliges Kribbeln über den Rücken. Gandhi ist der schöne Beweis dafür, dass es bei markenstarken Menschen nicht um Schneller, Höher, Weiter, sondern um das Richtige zur richtigen Zeit geht. Wie ist das bei Ihnen?
 
10. Lieber 1 Freund als 100 Freundchen!
Kennen Sie Leute, die behaupten, sie hätten 100 Freunde? Meist unterscheiden sie nicht zwischen »Freund« und »Bekannter«. Ich selbst habe eine Handvoll echter Freunde. Das ist nicht selbstverständlich, und ich bin dankbar dafür. Sie sind immer für mich da, glauben an mich, verteidigen mich, kritisieren mich und streiten mit mir. Alle anderen, die Kontakte in meinem Outlook, auf Online-Plattformen und an meiner Pinnwand, sind gute Bekannte; privat wie beruflich. Ich schätze sie genauso, aber ganz anders.
Bei der starken Marke geht es wie beim guten Netzwerk um Qualität. Hier sind es die persönlichen Qualitäten von Freunden und Bekannten, an denen wir uns reiben und wachsen können. Deshalb ist die Anzahl der Kontakte nebensächlich. Gehören Sie zu denen, die bei StayFriends und Xing Leute sammeln wie früher Fußballbildchen? Das führt meist zu nicht mehr als zu ordentlich Kontaktverwaltungsstress. Aufbau und Pflege eines Netzwerks brauchen Engagement und Mühe, und das ist gut so. Sonst gäbe es keine Gelegenheit zum Wertschätzen, zum Wachsen und Gedeihen und zum Sich-darüber-Freuen. Deshalb lohnt es sich, genau zu überlegen, wen Sie gern in Ihrem Netzwerk haben. Wer ist Ihnen wertvoll, ganz unabhängig davon, ob er Ihnen einen »Nutzen« bringt oder nicht? Für wen schlägt Ihr Herz, von wem möchten Sie mehr erfahren, gar etwas lernen? Stellen Sie diese Überlegungen zuallererst aufgrund Ihrer Markenpersönlichkeit an. Dann spüren Sie auch, wo Sie gern mitmachen möchten. Und das Netzwerken macht umso mehr Spaß. Außerdem müssen Sie dann nicht überall Ihr Fähnchen hochhalten, wo ein Lüftchen weht. Daher meine Tipps:
• Entscheiden Sie sich für eine einzige gute Online-Plattform.
• Gehen Sie in einen Sportverein und in einen Förderkreis.
• Machen Sie entschieden mehr reales Networking als virtuelles und entschieden mehr informelles als formelles: Was gibt es Schöneres als die Stunden in der Bahn mit diesem sympathischen Menschen gegenüber heillos zu verquatschen?

Wo eine Marke ist, ist auch ein Anfang

Sie haben nun eine erste gute Vorstellung von Ihrer ganz persönlichen starken Marke gewonnen. Hier und dort ist einiges klarer geworden, die Gedanken führen zu ersten Veränderungen. Die »10 Goldenen Markenzutaten« sind Ihnen Leitplanken wie Ansporn dafür, Ihre Marke immer ein Stückchen weiter zu profilieren und zu schärfen. Halten Sie sich daran, sind Sie bald dieser eine Mensch, der genau weiß, wofür er steht. Das vermitteln Sie dann auch Ihrer Umwelt – immer und überall – und bestätigen damit meinen Lieblingssatz: »Marken erkennt man daran, dass man Sie erkennt.« Und Sie haben Erfolg.
Ich freue mich, wenn wir uns einmal begegnen – bei einem Vortrag, im Seminar oder im Coaching. Dann werde ich Ihre Marke und Sie meine mit allen Sinnen erleben. Ist sie so einzigartig? Löst sie ein Kribbeln im Nacken aus? Macht sie neugierig und regt dazu an, den Menschen gegenüber intensiver erleben zu wollen? Wir werden es dann erleben.
Jon Christoph Berndt, geb. 1969,ist Kommunikationsexperte undManagementtrainer. Er hat Politologieund Kommunikationswissenschaftenstudiert und ist Absolvent derDeutschen JournalistenschuleMünchen. Als Inhaber der Unternehmensberatung »brandamazing« inMünchen entwickelt er Marken-,Marketing- und Kommunikationsstrategien für Unternehmen, Produkteund Menschen. Berndt ist Erfindervon Human Branding (): Auf Kongressen, inVorträgen, Seminaren und imCoaching zeigt er, wie Menschen eine einzigartige starke Marke werden und mit dieser unverwechselbaren Positionierung beruflich wie privat mehr Erfolg haben. Zusätzlich ist er Dozent an der Bayerischen Akademie der Werbung (BAW) sowie Mitglied des Vorstands der German Speakers Association e.V. Im »Handelsblatt« schreibt er jeden Freitag eine Kolumne unter der Rubrik »Mensch, Marke!«.
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Hermann Scherer
Networking für Fortgeschrittene
Networking mit »Vitamin B« gleichzusetzen, hält Kommunikationsexperte Hermann Scherer für zu kurz gedacht: Von einem Beziehungskonto kann nur der abheben, der auch einbezahlt, meint er und zeigt, was fortgeschrittene Netzwerker anders machen.
Hätten Sie’s gedacht? Johann Wolfgang von Goethe war ein hervorragender Netzwerker: Er verkehrte in Salons, Lesezirkeln, Gelehrtengesellschaften und Vereinen, besuchte Herrenrunden in örtlichen Gasthäusern, war Mitglied der Freimaurerloge Amalia in Weimar und beherrschte selbst das Jonglieren politischer Bälle. Allerdings nutzte Goethe sein gesellschaftliches Standing vor allem, um persönlichen Einfluss und Macht auszuüben. Zeitgemäßes Networking, wie ich es verstehe, ist anders: »Advanced Networking« oder Networking für Fortgeschrittene bedeutet nicht, nur sein Prestige auszuweiten und Ego-Marketing zu betreiben. Statt andere zu benutzen, geht es vielmehr darum, anderen zu nützen, um in einem zweiten Schritt gegenseitig voneinander zu profitieren. Eine Fähigkeit, die in unserer Wissensgesellschaft wichtiger denn je ist, weil sie unsere Chancen ungemein erhöht, wie die amerikanischen Managementprofessoren Thomas W. Malone und Robert J. Laubacher bestätigen. Denn: Aufgaben weiterzuleiten, die andere schneller und kompetenter lösen können als Sie selbst, spart Zeit und gewährleistet, gezielt die Aufgaben zu übernehmen, die Ihrem Profil, Ihren Stärken entsprechen. Das erhöht Ihre Effizienz und schafft ungeahnte Möglichkeiten. Nicht zu unterschätzen ist hierbei der Faktor Zufall! Was das bedeutet und wie jeder Mensch es schaffen kann, ein erfolgreicher Networker zu werden, das möchte ich Ihnen hier vermitteln. Schließlich hat die Studie von IBM noch immer Gültigkeit, die herausfand, dass Kontakte und Beziehungen zu 60 Prozent den eigenen Erfolg bestimmen, gefolgt von Image und Selbstdarstellung (30 Prozent), während der Anteil an Leistung und Qualifikation nur klägliche 10 Prozent ausmacht. Wie also stellen Sie es an, ein Advanced Networker zu werden?

Erwarten Sie keine direkte Kompensation

Die Angst, zu einer Gegenleistung verpflichtet zu sein und damit zum Spielball zu werden, hält viele Menschen ab, Netzwerke zu nutzen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und erwarten Sie für Ihre Hilfeleistung keine direkte Kompensation. Vertrauen Sie auf eine stimmige Gesamtbilanz. Ich kann Ihnen versprechen, Sie werden unterm Strich erfolgreicher sein, wenn Sie Networking – andere zu treffen, Kontakte aufzubauen, Informationen zu sammeln und Empfehlungen weiterzugeben – zuallererst unter dem Spaßfaktor sehen. Fragen Sie nicht: Was kann er oder sie für mich tun? Sondern: Was kann ich für andere tun? Hüten Sie sich vor vorschnellen Urteilen. Denn beurteilen Sie Menschen nur nach »bringt mir was«, »bringt mir nichts«, verpassen Sie viele Chancen und Gelegenheiten.
 
Ein Beispiel: Eine Bekannte von mir, die in einem Konzern arbeitet, hatte für einige Wochen eine junge Praktikantin zu betreuen. Auch nach der Praktikumszeit suchte diese junge Frau Kontakt zu ihr. Meine Bekannte ging darauf ein, obwohl sie wusste, dass sie der ehemaligen Praktikantin keine Stelle in ihrem Unternehmen würde vermitteln können. Es stellte sich heraus, dass der Vater der Praktikantin Personalberater in einer sehr speziellen Branche war, in der auch der Mann meiner Bekannten arbeitete. Beide lernten sich kennen, und als der Personalberater ein Jahr später eine interessante Stelle zu besetzen hatte, stimmte er der Bewerbung des Mannes meiner Bekannten zu, der die Stelle auch bekam.
 
 
 
Das Fazit dieses Beispiels: Als Network-Profi müssen Sie in Vorleistung gehen und dürfen Verbindungen nicht übereilt kappen, weil sie keinen sofortigen Nutzen darin erkennen. Vielleicht haben Sie eine nette, alteingesessene Nachbarin in Ihrem Haus. Nicht interessant? Doch, natürlich! Sie kann Ihnen eine gute Autowerkstätte empfehlen oder ein Café mit dem besten Frühstücksbrunch. Und die kreativste Fotografin. Und da die Fotografin eine alte Schulfreundin ist, bekommen Sie nicht nur schnell einen Termin bei ihr, sondern auch vergünstigte Konditionen. Habe ich alles erlebt!

Punkten Sie als Vermittler und Problemlöser

Erfolgreiche Networker sehen sich als Problemlöser, sie machen sich zu einem verbindenden Glied zwischen Menschen oder Gruppen. Daher: Stellen auch Sie Kontakte zwischen Menschen oder Gruppen in Ihrem Netzwerk her. Verbinden Sie diese, wenn Sie dafür interessante Anknüpfungspunkte sehen. Fragt Sie zum Beispiel jemand, ob Sie als Freiberufler nicht ein bestimmtes Projekt betreuen wollen, empfehlen Sie einen Kollegen, wenn Sie nicht der ausgewiesene Experte auf diesem Gebiet sind. Vermitteln Sie einem Kunden einen guten Spanischlehrer, wenn er einen sucht, oder verknüpfen Sie Mütter, deren Söhne ständig Ohrprobleme haben und von denen einer mit Homöopathie einen Quantensprung schaffte. Betrachten Sie sich als Vermittler mit dem Ziel, Beziehungen herzustellen und diesen Prozess zu begleiten. Sicherlich wird sich so mancher Kontakt verlieren und sich nicht jede Verbindung als gewinnbringend für alle Beteiligten erweisen. Egal! Indem Sie als Problemlöser auftreten, erhalten Sie aus Ihrem Netzwerk aktuelle, wichtige Informationen und machen sich zum unverzichtbaren Knotenpunkt. Wie von selbst werden sich daraus beruflich interessante Kontakte und wunderbare Synergien für Sie ergeben.
Noch gezielter können Sie allerdings als Problemlöser agieren, wenn Sie Ihrem Gegenüber helfen, lästigen Kleinkram besser zu handhaben, damit er so mehr Zeit für wichtige Aufgaben gewinnt und sich besser auf seine Wünsche und großen Ziele konzentrieren kann. Unterstützen Sie ihn dann noch mit Tipps und Ideen dabei, seinen großen Zielen und Wünschen einen Schritt näherzukommen. Bingo!, das ist ein großer Pluspunkt für Sie. Schließlich: Je größer die Korrelation zwischen der Zusammenarbeit mit Ihnen und der Erreichung der großen Ziele ist, desto geringer ist die Gefahr, dass Ihr Gespräch, Ihre Kommunikation kurz und oberflächlich verläuft.

Seien Sie offen

Ob bei beruflichen Kontakten, beim Elternabend oder beim Lieblingsitaliener: gute Netzwerker haben ihre Antennen immer auf Empfang und saugen wie ein Schwamm Informationen über Menschen auf. Sie beherrschen den Small Talk ebenso wie das aufmerksame Zuhören, weil sie einfach gerne kommunizieren (Profi-Tipps dazu siehe »Networking auf Veranstaltungen«, Seite 42).
Menschen gegenüber offen zu sein, bedeutet aber nicht nur, andere und deren Anliegen ernst zu nehmen. Sondern auch selbst etwas von sich preiszugeben. Auch wenn Zuhören edler ist als Reden, sollten Sie, um zu Beginn Vertrauen aufzubauen, etwas von sich erzählen. Außerdem können Sie ein Netzwerk nur dann sinnvoll nutzen, wenn Sie über Ihre Ideen sprechen und andere nach deren Meinung und Empfehlung fragen. Zwar würden wir alle gern den Eindruck erwecken, wir kämen auch ganz gut allein zurecht. Doch ist es ein Zeichen von Selbstbewusstsein, sich Rat bei anderen zu holen. Zeugt es doch von Professionalität, der Sache mehr Bedeutung beizumessen als dem eigenen Ego, und es erhöht die Chance, dem Zufall auf die Sprünge zu helfen.

Vertrauen Sie auf den Faktor Zufall

Ungeahnte Möglichkeiten und Synergien können immer entstehen, wenn Sie eine Beziehung anstoßen und als Vermittler agieren. Aber es gibt da noch etwas ganz anderes. Nämlich schicksalhafte Begegnungen oder Entdeckungen, die möglich sind und auch Ihnen passieren könnten. »Serendipity-Effekt« nennen Wissenschaftler dieses Phänomen, das etwas zufällig entstehen lässt, wie zum Beispiel die Erfindung des Penicillins oder der Nylonstrümpfe und die Entdeckung der Röntgenstrahlung. Andererseits wird es auch als besondere Fähigkeit verstanden, intelligente Schlussfolgerungen zu ziehen und mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit über Ideen und Projekte zu sprechen. Das gelingt allerdings nur, wenn wir regelmäßig den Schreibtisch verlassen. Nur so können wir auf Netzwerkpartner und neue Bekanntschaften stoßen, um in einem persönlichen Gespräch über neue Ideen zu sprechen oder die Meinung anderer einzuholen.
Soziale Kontakte ergeben sich über berufliche Verbindungen und unser berufliches Handeln, aus unserem privaten Alltag oder einem Urlaub heraus. Zusätzlich durch bestimmte Gruppen, etwa berufliche Interessensgruppen, Vereine, aber auch durch Business-Clubs. Erfolgreiche Networker finden überall Gesprächspartner, auch im Zug, im Flugzeug, im Wartezimmer, am Tresen ihrer Lieblingskneipe, im Elternbeirat, im Sportclub, beim Rotarier-Treffen...

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