T. Coraghessan Boyle
Schluß mit cool
Erzählungen
Aus dem Amerikanischen
von Werner Richter
Carl Hanser Verlag
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 2001 unter dem Titel
After the Plague
bei Viking Penguin in New York.
ISBN 978-3-446-24392-7
© T. Coraghessan Boyle 2001
Alle Rechte der deutschen Ausgabe:
© Carl Hanser Verlag München Wien 2002/2013
Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch
E-Book-Konvertierung: Beltz Bad Langensalza GmbH
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Für Paul Slovak und Bettina Schrewe
»... ist doch das menschliche Wort einem gesprungenen Kessel vergleichbar, auf dem wir eine Melodie trommeln, nach der höchstens Bären tanzen, während wir doch die Sterne erweichen möchten.«
Gustave Flaubert, Madame Bovary
Inhalt
Torschlußpuder
Nicht zimperlich
Babymörder
Gefangene der Indianer
Achates McNeil
Mexiko
Die Liebe meines Lebens
Rost
Peep Hall
Abwärts
Guten Flug
Die schwarz-weißen Schwestern
Schluß mit cool
Meine Witwe
Die unterirdischen Gärten
Nach der Pest
Torschlußpuder
Es waren einhundertsieben gekommen, alle Altersgruppen, Körpergrößen und -formen waren vertreten, von Fünfundzwanzig- bis Dreißigjährigen in Kleidern, die die reinsten Schrumpffolien waren, bis zu ein paar älteren vierschrötigen Typen, die in ihren Hosenanzügen aussahen wie die Mütter von irgendwem – und da denke ich an erwachsene Söhne mit Ziegenbärtchen und einem Job bei McDonald’s. Ich war dazu abgestellt, sie nach der Landung ihres Flugzeugs aus Los Angeles zu begrüßen, ich und Peter Merchant, dessen Reisebüro dieses Wochenende in Zusammenarbeit mit einer Firma aus Beverly Hills organisierte, außerdem waren noch ein paar andere Typen da, Absahner wie J.J. Hotel und leider auch diverse üble Elemente, womit ich speziell Bud Withers meine, der nicht mal bereit war, seine hundertfünfzig Scheine für das Buffet, die Malibu-Beach-Party und die Auktion danach springen zu lassen. Diese Typen spekulierten vermutlich auf eine kleine Gratiseinlage, aber dafür war ich ja da: um als eine Art Puffer zu fungieren und aufzupassen, daß so etwas nicht passierte.
Peter grinste über das ganze Gesicht, als wir an das erste der Mädchen herantraten – Susan Abrams, laut Namensschildchen –, und reichte Anstecksträußchen herum, für jede Lady eins, dabei flötete er beschwingt: »Willkommen in Anchorage, im Land der Grizzlybären und der wahren Männer!« Reichlich kitschig – es war Peters Idee gewesen, nicht meine –, und ich fühlte mich ziemlich blöd bei den ersten paar (knallharte Frauen, garantiert geschieden, womöglich waren Kanzleisekretärinnen oder sogar Rechtsanwältinnen dabei), aber als ich diese Kleine mit den gletscherfarbenen Augen sah, etwa als sechste in der Reihe, da wurde ich auf einmal hellwach. Ihr Namensschildchen war kalligraphisch gestaltet, handgeschrieben, nicht vom Computer ausgedruckt wie bei allen anderen, und das imponierte mir wirklich, diese Sorgfalt, die sie hatte walten lassen, deshalb drückte ich ihr die Hand und sagte: »Hallo, Jordy, willkommen in Alaska«, als ich ihr den Blumenstrauß überreichte.
Sie wirkte leicht benommen, nicht weiter verwunderlich nach dem Flug und den Drinks und bei der allgemeinen Partystimmung, die in dieser Maschine geherrscht haben mußte unter einhundertsieben unverheirateten Frauen auf dem Weg zum Labor-Day-Wochenende Anfang September in einem Staat, wo auf jede Frau zwei Junggesellen kommen, aber daran lag es gar nicht. Sie hatte allenfalls ein Glas Chablis getrunken – was ich als Verwirrtheit, Lethargie oder so gedeutet hatte, war reines Staunen. Wie ich später erfahren sollte, hatte sie sich schon ihr Leben lang zu Alaska hingezogen gefühlt, hatte darüber gelesen und davon geträumt, seit sie als kleines Mädchen in Altadena, Kalifornien, aufgewachsen war, in Sichtweite des Rose-Bowl-Footballstadions. Sie war ein Bücherwurm – nämlich Lehrerin für englische Literatur – und hatte eine neue ledergebundene Edelausgabe von Sturmhöhe unter den Arm geklemmt, an dem ihr Koffer und die Reisetasche hingen. Ich schätzte sie auf Ende Zwanzig, Anfang Dreißig.
»Danke«, sagte sie mit einer Flüsterstimme, die mich glatt wieder zum Dreizehnjährigen machte, blinzelte mich aus ihren Schneeschmelzeaugen an und begutachtete mein Gesicht und meine Statur (ich sollte hier erwähnen, daß ich groß bin, einer der größten Männer im Busch rund um Boynton, eins sechsundneunzig und einhundertzehn Kilo, davon nicht allzuviel Fett), dann las sie meinen Namen vom Anstecker ab und fügte in einem Tiefseetauchgang ihres hauchzarten Stimmchens hinzu: »Ned.«
Schon war sie weg, und die nächste Frau in der Reihe war dran (mit einem Gesicht wie eine Wanderkarte und dem Händedruck eines Holzfällers), dann noch eine und noch eine, und die ganze Zeit über frage ich mich, für wieviel Jordy bei der Auktion wohl weggehen wird, und ob die hundertfünfundzwanzig, die ich allenfalls ausgeben kann, auch genug sind.
Die Mädchen – Damen, Frauen, egal jetzt – verschwanden erst mal eine Zeitlang auf ihre Zimmer im Hotel, um diverse Waschungen zu vollziehen, ihre Sachen zu bügeln und Make-up aufzulegen, während Peter und Susan Abrams herumwuselten und Vorsorge trafen, daß der Abend auch in jedem Detail klappte. Ich saß an der Bar und trank mexikanisches Bier, um in Stimmung zu kommen. Ich war kaum mit dem ersten fertig, da blickte ich auf – und wen sah ich? J.J. und Bud mit einem halben Dutzend Einheimischen im Schlepptau, alle so mager und ausgehungert wie Katzen im Winter. Bud beachtete mich nicht und fing an, den Typen aus Anchorage seine ewige Lügenmär aufzutischen, von wegen daß er in seiner Hütte draußen im Busch von nichts als der Natur lebte – was übrigens absolut unverdünnter Schwachsinn war, wie jeder bezeugen würde, der ihn länger als eine halbe Minute kannte –, und bald danach ließ sich J.J. mit einer Jodel-Seufzer-Kombination neben mir nieder und lud mich auf einen Drink ein, was mir recht war. »Na, hast du dir eine ausgesucht?« fragte er mit spöttischem Grinsen, als wäre die Geschichte mit den Weibern aus Los Angeles nichts als ein schlechter Scherz, obwohl ich genau wußte, daß er nur so tat und ebenso begierig und lechzend optimistisch war wie ich selbst.
Plötzlich schoß mir das Bild von einhundertsieben Frauen in Reizwäsche durch den Kopf, dann stellte ich mir Jordy in schwarzem BH und schwarzem Höschen vor, wobei ich rot wurde, den Kopf einzog und ein verlegenes Lächeln aufsetzte. »Klar doch«, gab ich zu.
»Aber ich will verdammt sein, wenn Mr.Supercool hier« – eine Geste in Richtung Bud, der sich gerade bis zum Hals bei den Sonntags-Naturburschen in ihren Versandhausklamotten einschleimte – »nicht auch eine im Auge hat. Er meint, er weiß auch ihre Zimmernummer, und er hat ihr außerdem schon gesagt, daß er für die Verabredung mit ihr alles bieten wird, was er kann, und wenn er das Familiensilber versetzen muß.«
Mein Lachen geriet zu einer verbitterten, abgewürgten Angelegenheit. Bud kam frisch aus dem Knast, weil ihm wegen groben Unfugs mit Sachbeschädigung sechs Monate aufgebrummt worden waren. Genauer gesagt, hatte er mehrere Fenster zerschossen, bei drei Hütten und auf der Sonnenseite meines Ladens an der Hauptstraße – der einzigen Straße – im Zentrum von Boynton, 170 Einwohner. Der Kerl besaß nicht mal einen Pott zum Reinpissen, hatte bloß das, was er vom Veteranenbund bekam oder von der Sozialhilfe oder von wem auch immer – das war schwer zu sagen, so wie er immer wieder Tatsachen und Phantasie vermischte. Allenfalls hatte er noch diese Hütte, die er auf öffentlichem Grund und Boden am Yukon River gebaut hatte, und die war ein baufälliges Rattenloch. Ich wußte nicht einmal, wie es mit seinem Kind weitergegangen war, nachdem Linda ihn verlassen hatte, und ich wollte auch gar nicht darüber nachdenken. »Wie ist der überhaupt hergekommen?«
J.J. war ein kleines Männchen mit kahlem Kopf und schneeweißem Vollbart, ein Witwer und Musiker, und er konnte ein leckeres Elchragout mit Knoblauch und Sahnesoße zusammenkochen wie sonst kaum irgendwer, der in den letzten zehn Jahren nach Alaska gekommen war. Er zuckte die Achseln und knallte seinen Bierkrug auf den Tresen. »Genau wie du und ich.«
Ich staunte ungläubig. »Du meinst, im Auto? Wo hat er denn eins her?«
»Keine Ahnung, aber letzte Woche hat er mir erzählt, daß ihm irgendein Kumpel seinen brandneuen Toyota Land Cruiser übers Wochenende leihen will und daß er außerdem vorhat, die zweite Mrs. Withers darin nach Boynton heimzuführen, selbst wenn er am Ende doch noch die hundertfünfzig Mäuse für die Party und so berappen muß. Es ist eine Investition, meinte er – als ob irgendeine Frau so wahnsinnig wäre, mit dem Kerl irgendwohin zu gehen, schon gar nicht in eine Hütte am hintersten Arsch der Welt.«
Ich war zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits etwas benebelt und brachte keine rechte Antwort zustande. Ich spähte nur über die Schaumkrone meines Biers hinweg auf Buds Hinterkopf und seinen Ellenbogen, der auf der Theke ruhte, dann auf die Hacken seiner Stiefel, als könnte ich so seine Plastikfüße zu Gesicht bekommen, die in den Dingern drinsteckten. Einmal hatte ich sie gesehen, diese Füße, als er gerade frisch aus dem Krankenhaus kam und gleich bei meinem Laden hereinschneite, um sich was zu saufen zu holen, schon halb hinüber und nur mit Boxershorts unter dem Mantel, obwohl draußen minus fünfunddreißig Grad waren. »Hey, Ned«, sagte er damals in einem echt gemeinen, anklagenden Tonfall, »willst du mal sehen, was du und die anderen mir angetan haben?« Dabei klappte er den Mantel auf, um mir die Kunststoffprothesen zu zeigen, die mit Riemen an seinen Knöchel befestigt waren und exakt so aussahen wie die geformten rosa Füße einer Schaufensterpuppe im Kaufhaus.
Ich machte mir Sorgen. Das wollte ich zwar J.J. nicht unbedingt merken lassen, aber ich kannte Bud, ich wußte, wie charmant er sein konnte – vor allem, wenn man nicht vorgewarnt war –, und ich wußte auch, daß Frauen ihn attraktiv fanden. Die ganze Zeit dachte ich: Was ist nun, wenn er hinter Jordy her ist? Aber dann sagte ich mir, daß die Chancen dafür wohl eher gering standen, und selbst wenn – selbst wenn es so war –, gab es doch immer noch einhundertsechs andere Frauen, und eine davon mußte für mich sein.
Statistik:
Unter den 170 Einwohnern von Boynton gibt es zweiunddreißig Frauen, alle verheiratet und alle unsichtbar, sogar wenn sie an der Bar sitzen, die ich im Hinterzimmer des Ladens betreibe. Die Durchschnittstemperatur im Winter liegt um –25°C, und fast zwei Monate lang sehen wir kaum etwas von der Sonne. Wenn man dazu berücksichtigt, daß sieben von zehn Erwachsenen in Alaska ein Alkoholproblem haben, kann man sich leicht vorstellen, wie das Leben an den schlechteren Tagen hier aussieht.
Ich bin keine Ausnahme von der Regel. Die Wintermonate sind lang, die Nächte öde, und Schnaps bietet eine Möglichkeit, die Einsamkeit und Langeweile zu mildern, die einen immer traniger und traniger werden läßt, bis man sich fühlt, als wäre man kaum noch am Leben. Damit das klar ist: Ich bin keineswegs ein Säufer – nicht so wie Bud Withers, nicht mal annähernd –, ich versuche mich ein bißchen im Zaum zu halten, indem ich mindestens jeden zweiten Tag ohne einen Schluck auskomme und mir eine einigermaßen positive Einstellung bewahre. Deshalb setzte ich mich auch nach zwei Bier aus der Hotelbar ab und ging in Peters Wohnung hinüber, um dort in Aftershave zu baden, mit einem Schuß Haarspray die Haare um die kahle Stelle herum zu befestigen und dann das Sportjackett überzuwerfen, das ich zum letztenmal beim Begräbnis von Chiz Peltz getragen hatte (der war in derselben Nacht erfroren, in der Bud seine Füße verlor, und ich mußte ihn am nächsten Morgen von der Hintertür meines Ladens herunterhebeln: er erinnerte an eine Bronzestatue, saß über seine Flasche gekauert, den Parka über den Kopf gezogen, und so mußten wir ihn dann auch begraben, samt Schnapsflasche und allem). Dann bahnte ich mir durch die brodelnden Straßen den Weg zurück zum Hotel mit seinem Ballsaal, der Platz für die Einwohner von ganz Boynton hatte, und dabei fühlte ich mich wie ein nervöser Schuljunge, der sich bei der allwöchentlichen Tanzstunde gegen die Wand drückt. Aber ich war kein Bubi mehr, und das hier war keine Tanzstunde. Ich war vierunddreißig, und ich hatte genug davon, wie ein Mönch zu leben. Ich brauchte jemanden zum Reden – eine Kameradin, eine Gefährtin, eine Frau, und das hier war die beste Gelegenheit, eine zu finden.
Kaum sah ich Jordy bei dem Tisch mit den Horsd’œuvres stehen, da verschwanden die übrigen einhundertsechs Frauen aus meinem Blickfeld, und ich wußte, ich hatte mir vorhin an der Bar in die Tasche gelogen: sie war die eine, die einzige, und meine Sehnsucht nach ihr war ein steter Schmerz, der von nun an nie mehr nachlassen wollte. Neben ihr stand noch eine Frau, die zwei steckten die Köpfe zusammen und tuschelten, aber ich hätte ehrlich nicht sagen können, ob die andere klein oder groß, blond, brünett oder rothaarig war – ich sah nur Jordy, sonst gar nichts. »Hallo«, sagte ich, und das Sportjackett kniff in den Achseln und krallte sich in meinen Rücken wie ein Lebewesen, »erinnerst du dich an mich?«
Klar tat sie das. Und sie ergriff meine Hand und drückte mir ein Küßchen in die Außenbezirke meines Barts. Die andere Frau – die unsichtbare – verschwand im Hintergrund, ehe sie mir vorgestellt werden konnte.
Ich wußte nicht recht, was ich als nächstes sagen sollte. Meine Hände fühlten sich groß und ungelenk an, als hätte man sie mir erst beim Hereinkommen an die Arme getackert, und das Sportjackett flatterte mit den Schößen und bohrte mir seine Klauen in den Nacken. Ich mußte was trinken. Und wie.
»Möchtest du was trinken?« raunte mir Jordy zu und teilte diese Worte in winzige Nuggets voller Bedeutung auf. Sie hielt ein Glas Weißwein in der Hand, und sie trug große, blinkende, baumelnde Ohrringe, die ihr bis auf die geschwungenen Linien der nackten Schultern hingen.
Ich ließ mich von ihr zu dem langen Klapptisch geleiten – auf der einen Seite vier wuselnde Barkeeper, auf der anderen die zusammengedrängte Hundertschaft Frauen und all die grobknochigen Typen mit Wildniskoller, die ihr Bestes taten, sie niederzuquatschen –, und schon hatte ich einen doppelten Scotch in der Hand und fühlte mich gleich viel besser. »Ist ’ne schöne Landschaft hier oben«, sagte ich und erhob meinen Drink, begrüßte sie, den Ballsaal und alles übrige mit einem Klirren unserer Gläser, »besonders da, wo ich wohne, in Boynton drüben. Sehr friedlich«, sagte ich, »weißt du?«
»O ja, ich weiß«, sagte sie, und zum erstenmal nahm ich wahr, daß da unter der Oberfläche ihrer rauchigen Stimme etwas brodelte, was kaum zu bändigen war, »jedenfalls kann ich es mir vorstellen. Nach allem, was ich gelesen habe, meine ich. Liegt an der Wasserscheide des Yukon, Boynton – stimmt’s?«
Das war mein Stichwort, und ich war dankbar dafür. Ich legte mit einem ausufernden Fünf-Minuten-Vortrag über die geographischen und geologischen Glanzlichter der Gegend um Boynton los, mit Seitenschwenks auf Besonderheiten der lokalen Flora, Fauna und der einheimischen menschlichen Bevölkerung, wobei ich taktvoll jeden Verweis auf die ernüchternde Statistik vermied, die die Frage hätte provozieren können, was ich selbst eigentlich hier tat. Es war eine regelrechte Ansprache, die jeder Tourismuswerbung Ehre gemacht hätte. Als ich damit fertig war, sah ich, daß mein Glas leer war und daß Jordy richtig hippelig wurde, weil sie wenigstens ein Wort hochkant hineinbringen wollte. »Tut mir leid«, sagte ich und senkte schuldbewußt den Kopf, »ich wollte dich wirklich nicht vollquatschen, aber es ist eben so« – hier griff ich mir selbst voraus, da meine Zunge sich vom langsamen Brennen des Scotchs lockerte –, »daß wir einfach kaum je wen Neues zum Plaudern finden, außer wir unternehmen die weite Fahrt nach Fairbanks, und das kommt nicht so oft vor – und vor allem finden wir keine so gutaussehende, ich meine, so attraktive Frau wie dich.«
Jordy brachte auf dieses Kompliment eine hübsche Errötung zustande, und dann legte sie mit ihrer eigenen Ansprache los, die geprägt war von Klagen über das Leben in der Stadt, das fehlende menschliche Element, die ständige Nerverei, Hast und Hektik, die schlechte Luft, die verschmutzten Strände und – hier gewann sie endgültig meine Aufmerksamkeit – den Mangel an Männern mit traditionellen Werten, Rückgrat und Mumm in den Knochen. Als sie diesen letzten Wunsch formulierte – ich weiß nicht, ob es genau diese Worte waren, aber jedenfalls sagte sie es sinngemäß so –, richtete sie ihren Gletscherblick auf mich, und ich fühlte mich mit einemmal, als könnte ich übers Wasser spazieren.
Wir standen in der Schlange zum Buffet, als Bud Withers hereinschlurfte. Er kam mit seinen Plastikfüßen überraschend gut zurecht: wenn man nichts von seinem Problem wußte, würde man nie darauf tippen. Natürlich merkte man, daß irgendwas nicht stimmte – jeder seiner Schritte sah aus, als wäre er von hinten geschubst worden und hätte alle Mühe, nicht zu stürzen –, aber, wie gesagt, richtig abnormal wirkte es auch nicht. Für alle Fälle bugsierte ich mich zwischen Jordy und ihn, warf mich beinahe über sie, wie ein Adler beim Abdecken seiner Beute, und setzte unsere Unterhaltung fort. Sie wollte alles über das Leben in Boynton wissen, war geradezu versessen auf jede kleinste Einzelheit, und ich erzählte ihr, wieviel Freiheit man da draußen im Busch hat, wie man dort so leben kann, wie es einem gefällt, im Einklang mit der Natur, anstatt in irgendeinem Steinkasten mit Blick auf das nächste Einkaufszentrum eingesperrt zu sein. »Aber wie ist das bei dir?« fragte sie. »Mußt du denn nicht regelmäßig in deinem Laden sein?«
»Ach, wenn ich mal Hummeln im Hintern hab, ist einfach ein paar Tage lang geschlossen.«
Sie sah mich schockiert an, oder vielleicht eher skeptisch. »Und was ist mit deinen Kunden?«
Ich zuckte die Achseln, um ihr zu zeigen, wie lässig das alles ablief. »Ist ja nicht so, daß ich das Geschäft fürs Allgemeinwohl betreibe«, sagte ich, »...außerdem haben sie zum Saufen noch The Nougat, die Kneipe von Clarence Ford.« (Eigentlich wollte Clarence seinen Laden »The Nugget« nennen, aber er hat’s nicht so mit der Rechtschreibung, und ich gebe mir jedesmal größte Mühe, den Namen schön buchstabengetreu auszusprechen, nur um ihn zu ärgern.) »Also wenn ich Lust dazu hab, mitten im Winter oder sonst irgendwann, häng ich einfach ein Schild raus: ›Bin jagen‹, hol meine Schneeschuhe aus dem Schuppen und geh meine Fallenstrecke ab.«
Jordy schien darüber nachzudenken, während das Haar an ihren Schläfen sich im Dampf von den Servierplatten sacht zu kräuseln begann. »Und was jagst du da so?« fragte sie schließlich. »Nerze?«
»Marder, Luchse, Füchse und Wölfe.« Das Essen war echt gut (sollte es auch, bei dem, was wir hier zahlten), und ich lud mir ordentlich was auf den Teller, aber auch wieder nicht so viel, daß sie mich für einen Schnorrer oder so halten konnte. Es entstand eine kurze Pause. Dabei nahm ich zum erstenmal die Musik wahr, eine Beach-Boys-Nummer, am anderen Ende des Saals live dargebracht von einer Band aus Juneau. »Bei einem Fuchs«, sagte ich, ohne genau zu wissen, ob sie so was hören wollte oder nicht, »da kommt man zur Falle, und die Schlinge hat ihn am Bein erwischt, vielleicht hat er es sich sogar schon halb abgenagt, und er faucht wie eine Kettensäge... Na ja, dann knallt man ihm mit einem Stock eins über die Schnauze, so ungefähr« – eine Geste mit meiner freien Hand –, »davon geht er k.o. Wie durch Zauberei. Und dann drückt man ihm nur kurz die Kehle ab, bis er zu atmen aufhört, und voilà, hat man einen schönen, unversehrten Pelz, verstehst du?«
Erst hatte ich Angst, sie könnte zu diesen Tierfreundespinnern gehören, die auch noch die letzte Ratte, Zecke und Laus schützen wollen, aber sie wirkte überhaupt nicht irritiert. Im Gegenteil, ihr Blick ging kurz in die Ferne, sie beugte sich vor, um eine ordentliche Portion Königskrabben einzufassen, und richtete sich dann mit einem Lächeln auf. »Genau wie die Pioniere«, sagte sie.
In diesem Moment spürte uns Bud auf. Er drängte sich rücksichtslos dazwischen, packte Jordy mit einer Hand an der Taille und zog sie für einen Kuß an sich heran, samt vollem Teller, den sie deshalb ungelenk von sich weghalten mußte, sonst hätte sie sich Königskrabben und Avocadosalat über das schwarze Seidenkleid gekippt. »’tschuldige die Verspätung, Baby«, sagte Bud, schnappte sich einen Teller und belud ihn mit massenhaft Schinken und Räucherlachs.
Jordy drehte sich noch einmal zu mir um, und ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, überhaupt nicht, aber natürlich wußte ich in diesem Augenblick, daß Bud sie angebaggert hatte und daß sie es gewesen war, die ihm ihre Zimmernummer gegeben hatte, auch wenn die Chancen einhundertsechs zu eins dagegen standen. Diese Erkenntnis machte mich leicht benommen, und nach der Benommenheit spürte ich Wut in mir aufsteigen wie Schaum in einer geschüttelten Dose Bier. »Ned«, murmelte sie, »kennst du schon Bud?«
Bud warf mir einen häßlichen Blick zu, so ein Mittelding zwischen »Verpiß dich« und triumphierendem Grienen. Ich versuchte cool zu bleiben, Jordy zuliebe. »Klar doch«, war alles, was ich zustande brachte.
Sie führte uns nach hinten, in die Nähe der Band – an einen dieser langen bankettartigen Tische –, und Bud und ich nahmen neben ihr Platz, rangelten um die Pole-position. »Bud«, sagte sie, gleich nachdem wir saßen, »und Ned«, hier wandte sie sich kurz zu mir und dann wieder zu ihm, »ihr zwei beide könnt mir bestimmt bei etwas helfen, ich möchte nämlich die Wahrheit darüber wissen, weil es einfach so wichtig war für meine kleine Romanze mit Alaska, und jetzt habe ich gerade irgendwo gelesen, daß es gar nicht stimmt.« Sie mußte etwas lauter sprechen, um My Little Deuce Coupe von den Beach Boys zu übertönen – immerhin war es ja eine Malibu-Beach-Party, komplett mit Sandhaufen in der Ecke und einem sechs Meter hohen Poster der Comicfigur Gidget im Bikini –, und wir lehnten uns beide leicht vor, um sie besser zu verstehen. »Also, was ich gern wüßte: gibt es hier wirklich zweiundsiebzig verschiedene Wörter für Schnee – ich meine, in der Eskimosprache?«
Bud sah mich nicht einmal an, sondern legte sofort los mit seinem üblichen ausgemachten Blödsinn: er habe mal zwei Jahre lang mit den Inuit in der Gegend von Point Barrow gelebt, mit den alten Eskimoladys da oben auf Walroßhäuten herumgekaut und sich vor den Eisbären in acht genommen, und seiner Ansicht nach sei die Zahl Zweiundsiebzig eher niedrig geschätzt. Dann verfiel er in einen Dialekt, den er in diesem Moment erfunden haben mußte, und musterte Jordy dabei die ganze Zeit mit diesem breiten Mondgesichtsgrinsen, daß ich fast kotzen mußte, bis ich sie am Ellenbogen packte, so daß sie sich zu mir herumdrehen mußte, worauf ihm der gefälschte Inuit-Akzent wie eine Gräte in der Kehle steckenblieb. »Wir sprechen vom Schnee hier als ›Torschlußpuder‹...« sagte ich.
Sie hob die Brauen. Hinter ihr saß Bud mit gelangweilter und gieriger Miene und schaufelte sich das Essen rein wie ein verfressener Bär. Es war das erstemal, daß er den Mund hielt, seit er sich in unser Gespräch gedrängt hatte. »Das hat mit der Straße zu tun«, erklärte ich. »Wir liegen ja am Ende der zweispurigen Schotterstraße, die vom Alaska Highway nach Norden abzweigt, bis sie in Boynton zu Ende ist, dem letzten Ort auf diesem Kontinent, zu dem man im Auto fahren kann.«
Sie wartete. Die Band haspelte sich zum Ende des Songs durch, und plötzlich lebten im Saal hundert herumschwirrende Unterhaltungen wieder auf. Bud sah von seinem Teller hoch, um einen Blick voll unverfälschtem Haß zu mir hinüberzujagen. »Weiter«, sagte sie.
Ich zuckte die Achseln und spielte mit meiner Gabel. »Das war’s schon«, sagte ich. »Der erste Schneefall, der erste richtige jedenfalls, reicht aus, daß bis zum Frühjahr alles dicht ist. Finito. Schluß mit lustig. Wer in Boynton ist, der wird dort bleiben, bis...«
»Und wer’s nicht ist?« fragte sie mit einem ironischen Blick, während sie ein Stückchen Krabbenfleisch von einer winzigen zweizackigen Gabel pickte.
Bud antwortete für mich. »Der wird’s nicht schaffen.«
Die Auktion galt einem karitativen Zweck: Sämtliche Einnahmen würden zu gleichen Teilen dem Altersheim für Trapper, dem Aids-Hospiz und dem Lebensmitteldepot der Sozialfürsorge von Anchorage zukommen. Das war mir recht – ich leiste gern meinen Beitrag – , aber wie gesagt, ich befürchtete, daß mich bei der Verabredung mit Jordy irgend jemand überbieten könnte. Nicht daß man sich davon viel versprechen durfte – es war nichts als eine Verabredung, aber immerhin die Gelegenheit, den Großteil des folgenden Tages mit der Frau seiner Wahl zu verbringen, und wenn insgesamt nur zweieinhalb Tage Zeit blieben, war das bereits ein ordentliches Stück davon. Ich hatte mit J.J. und ein paar anderen geredet, und die hatten alle vor, sich diese oder jene Frau zu ersteigern und sie im Boot aufs Wasser rauszufahren oder auch mit einem Schneemobil in die Berge zu bringen, um ihr die Gletscher im Osten der Stadt zu zeigen. Manche wollten ihre Dame sogar in den Busch mitnehmen, damit sie sich ihre Hütten und sonstigen Besitztümer ansehen könnte. Über das Thema Sex sprach dabei niemand – das hätte den Geist der Sache entwürdigt –, aber es war da, unter der Oberfläche, eine brennende Verheißung.
Die erste Frau ging für fünfundsiebzig Dollar weg. Sie war um die Vierzig, Typ Krankenschwester oder Zahnarzthelferin – eine, die sich so richtig gut mit Bettpfannen oder Speichelsaugern auskannte. Wir übrigen sahen zu, wie drei Männer ihre Zeigefinger in den Kampf warfen und der Auktionator (Peter, wer sonst?) unter allerlei witzigen Bemerkungen zwischen ihnen hin und her deutete, bis zwei von ihnen ihre Obergrenze erreicht hatten. »Zum ersten, zum zweiten«, flötete er und holte die größtmögliche Spannung aus dem Augenblick heraus, »und... zum dritten, verkauft an den Herrn mit der roten Kappe.« Ich musterte den Kerl, nie vorher gesehen, vermutlich einer aus Anchorage, wie er die drei Stufen zur Bühne hinaufging, die sie neben dem Sandhaufen errichtet hatten, und ich fühlte, daß sich in mir etwas regte, als diese vierzigjährige Zahnarzthelferin mit ihrem Lächeln die Welt zum Schmelzen brachte und ihm einen Kuß gab wie in der letzten Szene eines Spielfilms, dann gingen die beiden Hand in Hand davon. Mein Herz hämmerte wie ein schadhafter Kolben. Ich konnte Bud in der Menge nicht sehen, aber ich kannte seine Absichten, und wie gesagt, hundertfünfundzwanzig war mein Limit. Über diesen Betrag konnte ich unmöglich gehen, egal, was passierte.
Jordy kam als neunte dran. Von den Frauen vor ihr sahen zwei, drei echt gut aus, vermutlich Sekretärinnen oder Barkellnerinnen, aber Jordy steckte sie locker in die Tasche. Es lag nicht nur daran, daß sie gebildet war, es war auch ihre Haltung, die Art, wie sie mit diesem feinen, nach innen gekehrten Lächeln auf die Plattform hinaufstieg und ihren dürstenden Blick über die Menge schweifen ließ, bis sie ihn auf mir ruhen ließ. Ich ragte einen Kopf hoch über alle übrigen Männer hinaus, also war ich wohl nicht allzuschwer zu übersehen. Ich winkte ihr kurz zu, was ich sofort bereute, da ich mir so in die Karten hatte sehen lassen.
Das erste Gebot lautete gleich auf hundert Dollar und kam von einem Clown im Holzfällerhemd, der aussah, als hätte man ihn gerade irgendwo aus einem Gebüsch hervorgezerrt. Ich schwöre, er hatte Laub in den Haaren. Oder noch Schlimmeres. Peter hatte begonnen: »Wer gibt mir eine Zahl, höre ich ein Eröffnungsangebot von euch?«, und dieser Typ hob die Hand und sagte: »Hundert Scheine«, einfach so. Mir fehlten die Worte. Auf Bud war ich ja vorbereitet, aber das war nun eine völlig neue Situation. Was dachte sich der Kerl überhaupt? Im Holzfällerhemd wollte der Jordy ersteigern? Nur mühsam unterdrückte ich den Impuls, mich durch die Menge zu schieben und den Burschen aus seinen Stiefeln zu reißen wie Unkraut am Straßenrand, doch dann schoß direkt vor mir eine weitere Hand in die Höhe, und dieser Bursche mußte mindestens sechzig sein, der Nacken bestand aus lauter Runzeln und Wülsten, aus den Ohren wuchsen ihm pissegelbe Härchen, und er sprach es ganz lässig aus, als bestellte er an der Bar einen Drink: »Hundertzwanzig.« Ich geriet in Panik, von allen Seiten bedrängt, und spürte meine Zunge in der Kehle kleben, als ich den Arm emporwarf. »Hundert-«, keuchte ich, »hundertfünfundzwanzig!«
Dann war Bud an der Reihe. Ich hörte ihn, noch ehe ich ihn in der zweiten Reihe hingefläzt sitzen sah, gleich vorn bei der Bühne. Er bemühte sich gar nicht erst, die Hand zu heben. »Hundertfünfzig«, sagte er, worauf der alte Knacker vor mir sofort zurückkrähte: »Hundertfünfundsiebzig.« Ich war schweißgebadet und rang die Hände, bis ich glaubte, die Linke würde die Rechte zerquetschen und umgekehrt, das Sportjackett bohrte sich in mich wie ein härenes Hemd, es war in den Achseln und an den Schultern einfach zu eng. Hundertfünfundzwanzig war meine Schallmauer, absolut und unverrückbar, und da mußte ich mich schon anstrengen, um für die Verabredung selbst noch etwas übrig zu haben, trotzdem fühlte ich meinen Arm in die Höhe sausen, als wäre er an einem Draht befestigt. »Hundertsechsundsiebzig!« schrie ich, und der gesamte Saal drehte sich um und starrte mich an.
Ich hörte ein Lachen von vorn, eine dreckige, höhnische kleine Lache, die mich ins Mark traf und heiße Lava durch meine Adern schießen ließ, es war Buds Lache, Buds verhaßte, spöttische, destruktive Lache, und dann warf seine Stimme die Mauer des Staunens nieder, die mein Gebot umgab, und verkündete meinen Untergang: »Zweihundertfünfzig Dollar«, sagte er, und ich stand wie vom Donner gerührt da, während Peter ausrief: »Zum ersten, zum zweiten«, und dann den Hammer niederknallen ließ.
Ich erinnere mich nicht mehr, was danach passierte, aber ich wandte mich ab, ehe Bud zur Bühne hinaufhumpelte, um Jordy in die Arme zu nehmen und den öffentlichen Kuß von ihr zu empfangen, der für mich bestimmt gewesen war, drehte mich um und wankte auf die Theke zu wie ein Hirsch mit Bauchschuß. Ich versuche generell, mein Temperament zu zügeln, ehrlich – da liegt nämlich eine meiner Schwächen –, aber ich dürfte wohl etwas grob zu zwei Typen im Freizeitlook geworden sein, die mir den Zugang zum Scotch verstellten. Keine abscheuliche Tat, nein – ich ließ sie nur mit sehr deutlichen Worten wissen, daß sie mir im Weg standen, und falls sie darüber froh seien, daß ihre Arme noch in die Gelenke paßten, dann sollten sie sich aus dem Staub machen wie die Zuckermandelfee samt ihrem ganzen Hofstaat –, dennoch bedauerte ich es gleich danach. Ansonsten ist mir der Rest dieses Abends nicht mehr allzu deutlich in Erinnerung, nicht nachdem Jordy für schnöden Mammon an Bud gegangen war, aber eines fragte ich mich wieder und immer wieder, als hätte sich mir ein Splitter ins Gehirn gebohrt: Wie um Himmels willen konnte dieser arbeitslose Dreckskerl mit zweihundertfünfzig Mäusen antanzen?
Am nächsten Morgen rief ich gleich als erstes in Jordys Zimmer an (ja, immerhin das: sie hatte auch mir ihre Zimmernummer gegeben, allerdings fragte ich mich jetzt, ob sie da nicht nur ein Spielchen spielen wollte). Es meldete sich niemand, und das sagte mir etwas, das ich lieber nicht erfahren hätte. Ich erkundigte mich an der Rezeption und hörte dort, daß sie bereits am Vorabend ausgecheckt hatte, und ich dürfte ziemlich bedripst gewirkt haben, denn der Angestellte erzählte mir von sich aus, er habe keine Ahnung, wohin sie gefahren sei. Im selben Moment aber tauchte die unsichtbare Frau von der Cocktailparty aus dem Nichts neben mir auf, nun plötzlich sehr bemerkbar in einem kotzgrünen Jogginganzug, mit fettigen Haaren und einem narbigen, nackten Gesicht ohne einen Hauch von Make-up. »Suchst du nach Jordy?« fragte sie, und vielleicht erkannte sie mich ja wieder.
Das Getrommel in meiner Brust ebbte schlagartig ab. Ich schämte mich. War verlegen und kam mir fehl am Platze vor, mein Kopf fühlte sich leer und höhlenartig an nach dem vielen Trübsal-Scotch vom Abend. »Ja«, gestand ich.
Sie hatte Mitleid mit mir und weihte mich ein: »Sie ist mit diesem Kerl von der Versteigerung gestern gleich zu irgend so einem kleinen Kaff gefahren. Sagte, daß sie zum Rückflug am Montag wieder da ist.«
Zehn Minuten später saß ich in meinem Chevy-Halbtonner und donnerte den Highway in Richtung Fairbanks und zur Abzweigung der Schotterstraße nach Boynton rauf. Ich verspürte einen Druck, der an Raserei grenzte, und mein Fuß lag auf dem Gaspedal wie ein Zementklotz, denn mir war völlig klar, was Bud tun würde, sobald er es nach Boynton geschafft hätte. Er würde den Wagen irgendwo loswerden – den er garantiert ohne die Einwilligung des rechtmäßigen Besitzers ausgeliehen hatte, wer immer das nun sein mochte –, sein Kanu mit Proviant und Jordy beladen und sich dann über den Fluß in Richtung seiner illegal errichteten Hütte absetzen. Und wenn das geschah, würde Jordy ihren Rückflug nicht erwischen. Nicht am Montag. Vielleicht gar keinen Flug mehr.
Ich versuchte an Jordy zu denken, wie ich sie aus alledem erretten könnte und wie dankbar sie mir dann sein müßte, sobald ihr nur erst klargeworden wäre, mit was für einem Menschen sie es bei Bud zu tun hatte und was seine Absichten waren, aber jedesmal, wenn ich mir ihr Gesicht vorstellte, stieg das von Bud aus irgendeinem finsteren Loch meines Bewußtseins empor und überlagerte ihr Bild. Ich sah ihn am Tresen sitzen, in jener Nacht, in der er seine Füße verloren hatte. Er hatte sich wieder mal vollaufen lassen – obwohl ich ihm im Laufe des vergangenen Jahres schon dreimal Hausverbot erteilt hatte, wurde ich letztlich doch immer weich. War auf einer Sause gewesen, mit Chiz Peltz und so einem Indianer, den ich noch nie zu Gesicht bekommen hatte, der aber behauptete, ein vollblütiger Flathead aus Montana zu sein. Es war Januar, ein paar Tage nach Neujahr, vielleicht zwei Uhr nachmittags, vor den Fenstern wurde es dunkel. Auch ich trank – mimte den Barkeeper, bediente mich aber öfter beim Scotch –, es war einer dieser Tage, wo die Zeit keine Rolle spielt und dein Leben sich dahinschleppt, als wären die Bremsen angezogen. Es waren vielleicht noch acht Leute bei mir im Laden: Ronnie Perrault und seine Frau Louise, Roy Treadwell, der einen Wartungsservice für Schneepflüge führt und Brennholz verkauft, Richie Oliver und noch ein paar – keine Ahnung, wo J.J. an diesem Tag war, hat wohl in seiner Hütte Patiencen gelegt oder die Wände angestarrt, wer weiß?
Jedenfalls war Bud voll drauf und fing an, Ausdrücke zu verwenden, die ich in meiner Bar sowieso nicht dulde, schon gar nicht, wenn Damen anwesend sind, deshalb ersuchte ich ihn, damit aufzuhören, und von da an wurde die Sache ungemütlich. Letzten Endes mußte ich den Indianer an der Kehle packen und gegen die Wand drücken und Bud noch seinen halben Parka herunterreißen, ehe ich die drei davon überzeugen konnte, ihr Besäufnis drüben im Nougat fortzusetzen, wohin sie sich auch trollten, bereits in reichlich übler Verfassung. Clarence Ford ertrug sie auch nur bis gegen sieben, dann schmiß er sie raus und verriegelte die Tür, worauf sie sich in den Wagen von Chiz Peltz setzten, Motor und Heizung voll aufgedreht, und eine Flasche kreisen ließen bis sonstwann. Natürlich ging dem Wagen über kurz oder lang der Sprit aus, inzwischen waren alle drei besinnungslos wie die Zombies, und über Nacht fiel die Temperatur auf etwa minus fünfzig... Wie gesagt, Chiz hat es nicht überlebt – wie er vor meinen Laden gekommen ist, werd ich wahrscheinlich nie erfahren. Bud brachten wir mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus nach Fairbanks, aber seine Füße konnten sie dort nicht mehr retten. Der Indianer – hab ihn seit damals nie wieder gesehen – schien das Ganze mit Hilfe von zehn, zwölf Tassen Kaffee mit einem ordentlichen Schuß Gratis-Bourbon im Nougat einfach von sich abperlen zu lassen.
Bud hat mir und Clarence und allen übrigen Leuten im Ort nie verziehen. Er war ein Miesepeter, ein Nörgler der Oberklasse, der Typ Mensch, der seine Probleme jedem anderen zuschreibt, nur nicht sich selbst, und jetzt hatte er sich Jordy geschnappt, diese süße verträumte Englischlehrerin, die wahrscheinlich glaubte, bei uns hier oben sei alles genau wie in Ausgerechnet Alaska: lauter lustige exzentrische Typen, die einander mit witzigen Sprüchen bombardierten. Ich kannte Bud. Ich konnte mir vorstellen, wie er ihr seine illegal errichtete verfallene Scheißhütte geschildert hatte, zu der es in seinen Worten sicher gerade mal ein Hüpfer über den Fluß war, nicht die fast zwanzig Kilometer, die man tatsächlich zurücklegen mußte – aber was sollte sie schon tun, wenn sie das erst herausfand? Ein Taxi rufen?
Solcherart waren meine Gedanken, als ich durch Fairbanks fuhr, in südöstlicher Richtung auf dem Alaska Highway, und endlich an die Abzweigung nordwärts nach Boynton kam. Es war später Nachmittag, und es lagen noch dreihundert Kilometer Schotterstraße vor mir, bevor ich auch nur Boynton erreicht, geschweige denn Bud eingeholt hätte – ich konnte nur hoffen, daß er wie üblich ein Päuschen im Nougat einlegte, um seinen Wodkaspiegel zu halten, doch die Chancen darauf standen schlecht, denn er würde ja Jordy möglichst fix den Fluß runterbringen wollen, bevor sie einen Begriff davon bekam, was er für einer war und was überhaupt ablief. Und noch etwas gab mir zu denken: ihr Verhalten war mir unverständlich. Einfach unverständlich. Okay, er hatte das höchste Gebot abgegeben, und sie war keine Spielverderberin – aber die ganze Nacht hindurch mit diesem Schleimer im Auto fahren? Sich viele öde Stunden lang seine gequirlte Scheiße anhören, vielleicht sogar darauf reinfallen? Arme Jordy. Arme, arme Jordy.
Ich fuhr ununterbrochen mit Bleifuß, erreichte Boynton in Rekordzeit und ließ den Kies auf dem Parkplatz vor meinem Laden knirschen. Es standen nur drei andere Wagen dort, jeder war mir so vertraut wie mein eigener, und Ronnie Perrault, den ich gebeten hatte, mir übers Wochenende auszuhelfen, hielt die Stellung hinter dem Tresen der reichlich ruhigen Bar (die Hälfte der Männer im Ort war für die große Party nach Anchorage gezogen, dank Peters unermüdlichem Rühren der Reklametrommel). »Ronnie«, sagte ich, als ich in die Bar kam, wo gerade Lyle Lovett Mackie Messer mit einer Stimme sang, als wäre er halb tot, »hast du Bud gesehen?«
Ronnie saß bei einer Zigarette und einem Meyers Dark mit Cola und hielt liebevoll Händchen mit Louise. Er hatte eine Baseballkappe der Seattle Mariners verkehrt herum aufgesetzt und starrte vage ins Leere, der Blick eines Mannes im Rum-Nirwana. Am anderen Ende des Tresens saß Howard Walpole, siebzig Jahre alt, schlimmer Rücken und triefende Augen, am Tisch beim Ofen spielte Roy Treadwell mit Richie Oliver Karten. Ronnie reagierte langsam und zähflüssig, wie der Grenadinesirup hinten in der Speisekammer, der kaum jemals Wärme abkriegt. »Ich dachte«, sagte er und kaute bedächtig seine Worte, »ich dachte, du kommst erst Dienstag zurück?«
»Neddy!« rief Roy und quetschte die Koseform mit einem Kreischen heraus, »wie viele hast du abgeschleppt?«
»Bud«, wiederholte ich und sprach jetzt den Raum als Ganzes an. »Hat irgendwer Bud gesehen?«
Tja, da mußten sie erst mal stark nachdenken. Alle waren ziemlich bedüdelt – ist die Katz aus dem Haus, tanzen die Mäuse –, aber Howard riß sich als erster zusammen. »Klar doch«, sagte er, »hab ihn gesehen«, und dabei beugte er sich so weit über seinen Drink, daß ich Angst bekam, er könnte reinfallen, »heute morgen, ziemlich früh war das, in einem brandneuen Toyota Land Cruiser, keine Ahnung, wo er den herhat, und neben ihm saß eine Frau.« Und dann, als erinnerte er sich an ein nebensächliches Detail: »Ach übrigens, wie war denn der Fleischbasar? Bist du schon verheiratet?«
Louise kicherte, Ronnie stieß ein Gelächter aus, aber ich war nicht in Stimmung. »Wo ist er hin?« fragte ich hoffnungsvoll, immer noch hoffnungsvoll, aber ich kannte die Antwort bereits.
Howard zappelte mit seinem Bein, ein Tick, den er sich angewöhnt hatte, um die Rückenschmerzen zu lindern. »Hab nicht mit ihm geredet«, sagte er. »Aber ich denk mir mal, er ist den Fluß runter.«
Zu dieser Jahreszeit war der Fluß nicht allzu wild, schoß aber trotzdem mit nettem Tempo dahin, und ich muß zugeben, daß ich nicht gerade ein Weltmeister im Kanufahren bin. Ich bin einfach zu groß für so kleine Dinger – da lob ich mir ein Motorboot mit Außenborder – und immer irgendwie unbeholfen, vom Gewicht her ungünstig verteilt. Trotzdem sauste ich in der Strömung voran, im Kopf nur einen einzigen Gedanken: Jordy. Es würde verteufelt schwer werden, stromaufwärts zurückzupaddeln, aber wir wären ja dann zu zweit, und ich dachte immer wieder daran, wie dankbar sie mir sein müßte, daß ich sie da rausholte, viel dankbarer, als wenn ich einen Tausender für sie geboten und sie drei Abende hintereinander zum Steakessen eingeladen hätte. Dann aber geschah etwas Erstaunliches: der Himmel wurde eisgrau, und es begann zu schneien.
So früh im Jahr gibt es einfach keinen Schnee, niemals, oder jedenfalls kaum je. Aber so war es nun mal. Der Wind heulte durch die Rinne des Flusses, knallte mir diese trockenen kleinen Eiskügelchen ins Gesicht, und jetzt merkte ich erst, wie dumm ich mich verhalten hatte. Ich war schon gut drei Kilometer flußabwärts von Boynton, und obwohl ich einen dünnen Parka und Handschuhe dabeihatte, außerdem etwas Käse, Brot, ein paar Coca, so was eben, war ich auf einen Wetterumschwung im Grunde nicht vorbereitet. Es kam überraschend, echt überraschend. Natürlich war ich da noch sicher, es wäre bloß ein kurzer Temperatursturz – ein bißchen Schnee, der einen Tag lang den Boden weiß macht und dann wieder wegschmilzt –, dennoch fühlte ich mich ziemlich blöd da draußen auf dem Fluß ohne richtigen Wetterschutz und fragte mich auch langsam, wie Jordy das sehen würde, wo ihr doch die vielen Namen für Schnee im Kopf herumgingen, und auch wie kreuzunglücklich sie in diesem Moment sein mußte, in Buds Drecksloch von Hütte, kein Entkommen, und der Schnee kam herunter wie lebenslänglich, also legte ich mich voll ins Paddel.
Es war längst dunkel, als ich um die letzte Flußbiegung trieb und durch den Vorhang des fallenden Schnees die Lichter der Hütte sah. Ich hatte jetzt Parka und Handschuhe an und muß ausgesehen haben wie ein Schneemann, der da aus dem weißen Kuvert des Kanus emporragte, und ich spürte die Eiskristalle in meinem Bart, wo der Atem vor meinen Nasenlöchern gefror. Ich roch den Rauch eines Holzfeuers und sah in den dunkel dahinziehenden Himmel hinauf. War ich wütend? Eigentlich nicht. Noch nicht. Bis dahin hatte ich kaum darüber nachgedacht, was ich unternehmen wollte – es erschien mir alles so einleuchtend. Dieser Dreckskerl hatte sich Jordy gekrallt, ob nun unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder nicht, und die süße Jordy mit Emily Brontë unterm Arm hätte sich in ihren wildesten Träumen nicht vorgestellt, in was sie da hineingeraten war. Niemand konnte mir etwas vorwerfen. Alle Anzeichen sprachen dafür, daß Bud sie entführt hatte. Ja, entführt hatte er sie.
Trotzdem, als ich dann wirklich dort war, als ich den Rauch roch und die Lampen brennen sah, wurde ich auf einmal verlegen. Ich konnte ja schlecht hereinplatzen und verkünden, daß ich gekommen war, sie zu erretten, oder? Und so zu tun, als wäre ich rein zufällig in der Gegend, ging auch nicht... Außerdem war das da drin Bud, und der war ohne Frage so wild wie eine Klapperschlange, die fühlt, daß sich ihr eine Hand um den Hals schließt. Wie man es auch sah, ihm würde das hier ganz und gar nicht gefallen.
Also zog ich das Kanu etwa hundert Meter von der Hütte entfernt ans Ufer, das Kratzen der Steine wurde vom Schnee gedämpft, und schlich mich an, so vorsichtig, wie es ein großer Mann eben sein kann – ich wollte Buds Hund nicht aufschrecken und die Sache verpatzen. Aber genau da lag das Problem, das wurde mir klar, während ich durch den Schnee tappte wie eine zum Leben erwachte Eisplastik: was gab es denn hier überhaupt noch zu verpatzen? Mir fehlte jeder Plan. Ich hatte nicht einmal den Ansatz eines Plans.
Letzten Endes unternahm ich den logischen Schritt: ich schlich mich ans Fenster und spähte hinein. Zuerst sah ich nicht allzuviel, weil die Scheibe total verdreckt war, dann aber rieb ich vorsichtig mit dem nassen Handschuh daran, und die Dinge bekamen langsam Konturen. Der Ofen in der Ecke bollerte, ein Flammenmaul schoß aus dem geöffneten Türchen, was einen echten Kamineffekt erzielte. Neben dem Ofen war ein Tisch mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern drauf, eins halbvoll, und nun sah ich auch den Hund – das Vieh sah nach einem Alaskan Malamute aus –, der unter dem Tisch schlief. Es standen diverse selbstgezimmerte Möbel herum – eine Art Couch, über die eine alte Einzelmatratze geworfen war, und zwei primitive Stühle aus krummen Espenstämmen, an denen noch die Rinde hing. Vier, fünf weiße Plastikeimer voll Wasser säumten die Wand, die mit dem üblichen Trapperkram dekoriert war: Schneeschuhe, Fallen, Felle, der ausgestopfte Kopf eines kümmerlichen Karibus, den Bud bei irgendeinem Privatflohmarkt aufgestöbert haben dürfte. Aber Bud sah ich nicht. Und Jordy ebensowenig. Dann wurde mir klar, daß sie im hinteren Zimmer sein mußten – im Schlafzimmer –, und davon bekam ich ein höchst eigenartiges Gefühl: etwas schnürte mir die Kehle zu, so als ob mich jemand zu erdrosseln versuchte.
Der Schnee fiel jetzt ziemlich heftig, er lag schon mindestens fünfzehn Zentimeter hoch, als ich mich zum hinteren Fenster vorarbeitete, um die Hütte herum. Die Nacht war pechschwarz, der Himmel so nahe, daß er für mich atmete, ein und aus, ein und aus, und der Schnee hielt alles im kalten Griff der Stille gepackt. Im Schlafzimmer brannte eine Kerze – ich wußte, daß es eine Kerze war, weil das Licht so flackerte, auch als ich noch nicht vor dem Fenster stand –, und dann hörte ich auch die Musik, viele Geigen im Unisono, genau die Sorte Gedudel, wie man es von einem Schrumpfhirn wie Bud erwartet hätte, und daneben Stimmen, ein leises, vertrauliches Raunen. Beinahe hätte mich das von allem abgebracht, dieses vernuschelte Gemurmel von Jordys Tonfall und das tiefere Dröhnen von Bud, und einen Augenblick lang hing alles in der Schwebe. Ein Teil von mir wollte von diesem Fenster verschwinden, sich zum Kanu zurückschleichen und die ganze Geschichte einfach vergessen. Aber das tat ich nicht. Ich konnte einfach nicht. Ich hatte sie zuerst gesehen – hatte ihr die Hand gedrückt, das Anstecksträußchen überreicht und ihr handgeschriebenes Namensschild bewundert –, und es war nicht recht so. Das Stimmengemurmel schwoll in meinem Kopf an wie ein Kreischen, und dann gab es nichts mehr zum Nachdenken.
Meine Schulter krachte knapp oberhalb des Riegels gegen die hintere Tür und ließ das Ding aus den Scharnieren fliegen, als wär’s ein Spielzeug, und da stand ich auf einmal im Raum, schwer atmend und kreidebleich im Gesicht. Ich sah sie miteinander im Bett liegen und hörte Jordys leisen, vogelartigen Schrei und Buds Fluchen, und dann kam der Hund aus dem vorderen Zimmer hereingeschossen wie von einer Kanone abgefeuert. (Hier sollte ich erwähnen, daß ich Hunde gern mag und niemals einem meiner eigenen Hunde auch nur ein Härchen gekrümmt habe, aber diesen hier mußte ich einfach ausschalten. Mir blieb gar keine andere Wahl.) Ich packte ihn, als er gerade zum Sprung ansetzte, und schleuderte ihn gegen die Wand hinter mir, wo er als schlaffer Haufen zu Boden ging. Jordy kreischte jetzt, kreischte mit spitzen Schreien, fast hätte man meinen können, ich sei hier der Böse, aber ich versuchte, sie zu beruhigen. Ihre Arme waren nackt, die Bettdecke hatte sie hochgezogen, um ihre Brüste zu verbergen, und Buds Plastikfüße standen wie Pantoffeln auf dem Boden vor dem Bett, ich redete wie ein Wasserfall auf sie ein, ich würde sie beschützen, alles sei okay, und ich würde dafür sorgen, daß Bud die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekam, die volle Härte, doch inzwischen fummelte Bud unter der Matratze etwas hervor, ganz die Schlange, die er war, und ich packte sein schmächtiges Handgelenk, in dem er jetzt eine blauschwarze Achtunddreißiger hielt, ich drückte fest zu, bis seine andere Hand hochkam, und die packte ich ebenfalls.