Wiener Verlag
Wien und Leipzig
[1905]
Graf Beisersheim, ein Herr von unbestimmbarem Alter dem Äußeren nach, der aber nur ein paar Sätze zu sprechen brauchte, um allen, die ihm zuhörten, die Überzeugung beizubringen, er müsse wenigstens zweihundert Jahre alt sein, – so angefüllt mit wohlabgelagerter Kenntnis der Welt und der Menschen war seine Rede, – Graf Beisersheim hatte sich in einer Anwandlung von seltsamer, gewissermaßen hautgout-rüchiger Sentimentalität einen Christbaum angeputzt.
Sich und einigen Freunden, die er nun zur »Bescherung« einlud.
Das Haupt- und Mittelstück davon, ja wohl der eigentliche Sinn der ganzen Veranstaltung war eine ostpreußische Bowle von vielen Graden, vor der selbst Willibald Stilpe, der doch (siehe das dritte Kapitel des dritten Buches seiner lehrreichen Lebens) beschreibend in alkoholischen Dingen eine anerkannte Autorität war, ein Gefühl von Respekt 104 empfunden haben würde. Burgunder, Sekt, Sherry, Porterbier, Rum vereinigten sich, nach den bestem Grundsätzen gemischt, in der gewaltigen silbernen Terrine, aus der das erlauchte Geschlecht der Beisersheims schon seit Jahrhunderten seine schwersten Räusche bezog, zu einem neuen Kraftorganismus, der imstande war, einen Vollmatrosen auf Anhieb unter den Tisch zu strecken. Nicht aber auch den Grafen, der ihn ins Leben gerufen hatte und trotz seinem knickebeinigen, kontrakten Gestelles, das kaum einem ordentlichen Novemberwind standzuhalten vermochte, im Kampf mit alkoholischen Gewalten so widerstandsfähig war, wie nur irgendeiner seiner in Eisen geschienten Vorfahren auf dem Turnier- oder Schlachtfelde.