Dr. Martha Schad,
geboren 1939 in München, ist freie Historikerin in Augsburg. Seit Ihrem Studium der Geschichte und Kunstgeschichte ist sie Autorin zahlreicher Veröffentlichungen, darunter Die Frauen des Hauses Fugger und von der Lilie (1989), Bayerns Königinnen (1992), Frauen, die die Welt bewegten (2000) oder Frauen gegen Hitler (2001).
Zum Buch
Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte
Durch Biographien wird Geschichte lebendig; die Geschichte der Frauen kennenzulernen verändert den Blick auf die Vergangenheit. Große Frauen hat es in allen Jahrhunderten gegeben, von der Antike bis in unsere Zeit:
Heilige, Kaiserinnen, Königinnen, Komponistinnen, Malerinnen, Sängerinnen, Naturwissenschaftlerinnen, Handwerkerinnen, Ärztinnen, Philosophinnen und Schriftstellerinnen.
Das Werk beschreibt nicht nur das Leben von europäischen, sondern auch von international bekannten Frauen in 51 Kurzporträts. Das Buch versammelt die unterschiedlichsten Lebensläufe von der Antike bis zum 17. Jahrhundert.
Ein Nachfolgeband mit Frauenporträts vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart ist erschienen.
Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte
Von der Antike bis zum 17. Jahrhundert
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VORWORT
KAISERIN HELENA
IULIA AURELIA ZENOBIA
HEILIGE URSULA
AELIA GALLA PLACIDIA
KAISERIN THEODORA
KÖNIGIN THEODELINDE
KAISERIN ADELHElD
ROSWITHA (HROTSVITHA) VON GANDERSHEIM
MATHILDE VON TUSZIEN
HILDEGARD VON BINGEN
HÉLOISE
ELEONORE VON AQUITANIEN
KLARA VON ASSISI
MARIE DE FRANCE
ELISABETH VON THÜRINGEN
MECHTHILD VON MAGDEBURG
KATHARINA VON SIENA
CHRISTINE DE PISAN
JOHANNA VON ORLEANS (JEANNE D‘ARC)
ISABELLA VON BAYERN – ISABEAU DE BAVIÈRE
ANNE DE BRETAGNE
CASSANDRA FEDELE
ISABELLA D‘ESTE
LUCREZIA BORGIA
VITTORIA COLONNA
MARGARETE VON ÖSTERREICH
KATHARINA VON BORA
MARGARET ROPER
TERESA VON ÁVILA, TERESA DE JESU
OLYMPIA FULVIA MORATA
BARBARA BLOMBERG
PHILIPPINE WELSER
ELISABETH I. (ENGLAND)
SOFONISBA ANGUISSOLA
KATHARINA KEPLER
MARIE-LOUISE BOURGEOIS
MARIA VON MEDICI
MARY WARD
ARTEMISIA GENTILESCHI
ANNA MARIA VON SCHURMANN
MARIA SIBYLLA MERLAN
FRIEDERIKE CAROLINE NEUBER
ÉMILIE DU CHÂTELET
WILHELMINE FRIEDERIKE SOPHIE, MARKGRÄFIN VON BAYREUTH
LISELOTTE (ELISABETH CHARLOTTE) VON DER PFALZ
KÖNIGIN CHRISTINE VON SCHWEDEN
DOROTHEA ERXLEBEN
KATHARINA II. DIE GROSSE
KAISERIN MARIA THERESIA
MARQUISE DE POMPADOUR
ANGELIKA KAUFFMANN
AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE
Die Frauen dieser Welt haben eine Geschichte.
Es war die Schriftstellerin Christine de Pisan, die in ihrem »Buch von der Stadt der Frauen« auf die Ungleichheit zwischen dem Frauenbild, wie es Männer zeichneten, und ihrer eigenen Wahrnehmung hinwies. Ihre Meinung stand gegen die der Männer, »dass nämlich Frauen sich in ihrem Verhalten und ihrer Lebensweise zu allen möglichen Formen des Lasters neigen«, und somit nicht als gleichwertige Personen akzeptiert werden können. Da Christine de Pisan diese Dinge sehr beschäftigten, machte sie sich daran, sich selbst und ihr Verhalten als Wesen weiblichen Geschlechts zu prüfen. In ähnlicher Weise diskutierte sie auch mit anderen Frauen und welche Frau sie auch befragte, sie fand keinerlei Anhaltspunkte für solch abschätziges Urteil.
Bis ins 19. Jahrhundert wurden Frauen über ihre Beziehung zu den Männern definiert. Frauen wurden von der Geschichtsschreibung nur als Tochter ihres Vaters, Frau ihres Ehemanns oder als Schwester ihres Bruders wahrgenommen. Als Frau geboren zu sein, bestimmte in erster Linie die Erfahrungen. Die wichtigste Funktion und Rolle einer Frau wurden von der Familie diktiert, ihre vorherbestimmten, biologisch angemessenen Aufgaben waren das Aufziehen der Kinder und Führen des Haushalts. In Ausnahmefällen zeigt sich, dass Frauen mit einer zahlreichen Kinderschar auch noch ein Studium schafften, politisch tätig waren oder sich für Arme einsetzten. Es gab auch eine Heldin, die als Spiegelbild von einem Helden geschaffen wurde.
Erst mit der aufkommenden Industrialisierung, der Frauenvereine und des Frauenwahlrechts griffen die alten Verhaltensmuster immer weniger. Mit der Neuzeit, dem entstehenden Kapitalismus und der Industrialisierung begann eine neue, veränderte Phase der gesellschaftlichen Unterdrückung der Frauen. Doch die Frauen kämpften um die politische und soziale Selbstbestimmung und zeigten ihre Auflehnung gegen die nur halb vollzogene Aufklärung.
Schon vor Jahrhunderten waren es weibliche gekrönte Häupter, die den Gang der Politik bestimmten, als »Gleichberechtigung« noch ein Fremdwort war. Es gab durchaus Königinnen, die in Eigenverantwortlichkeit regierten, Frauen, die Freude an der Macht hatten und zudem politischen Einfluss suchten, Frauen, die an den Schranken rüttelten, die ihnen jahrhundertelang durch das Patriarchat gesetzt worden waren. Es gab auch Frauen, die besonders herausragend waren und nicht typisch für ihre Epoche. Eine Frau aus einer christlichen Familie konnte in einen religiösen Orden eintreten oder sogar selbst einen Orden gründen. Erfreulicherweise sind Frauen nachweisbar, die so begabt waren, dass sie ihr Talent ausleben konnten.
Inzwischen haben Historikerinnen und Historiker sich speziell mit der Geschichte der Frauen auseinander gesetzt. Doch bis in unsere Zeit gibt es einiges zu hinterfragen. Wie war es möglich, dass die Frauen – in den Worten des UNO-Berichtes von 1985 zum Jahrzehnt der Frauen – »die benachteiligte, unsichtbare Mehrheit« geworden waren?
Im 19. Jahrhundert schrieb die deutsche Frauenrechtlerin Minna Cauer, als sie das Leben der Frauen um 1880 erforschte: »Oft war ich so tief bestürzt, durch die Geschichte der Frauen, dass ich nicht weiter lesen wollte. Und dann wiederum schien alles wunderbar, denn ich sagte mir: Wenn all das Wohltätige und all das Schreckliche, was Frauen in der Welt getan haben, in die Geschichte mit einbezogen würde, wie anders müsste die Geschichte sein und scheinen!«
Diese folgenden 50 Lebensbilder sollen dem Leserpublikum von heute, die nicht selbstverständlichen Möglichkeiten der Lebensgestaltung und Selbstentfaltung für Frauen und von Frauen zu ihrer jeweiligen Zeit näher bringen.
Die Geschichte der Frauen kennen zu lernen, verändert auf jeden Fall den Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart.
* 255 in Drepanon (Helenapolis)
† 330 in Nikomedien (Izmid)
»Die gottgeliebte Mutter des gottgeliebten Kaisers.«
Schon zu ihren Lebzeiten wurde die Kaiserin Helena (eigentlich Flavia Julia Helena) als edle Mutter und fromme Christin, als »Bekehrerin des Abendlandes« verherrlicht.
Helena, Tochter eines heidnischen Schankwirts und somit von niederer Herkunft, wurde die erste Frau des späteren Kaisers Constantius I. Chlorus (250–306), der sie jedoch eines Tages verstieß, um eine ebenbürtige und legitime Ehefrau, nämlich Theodora, Tochter des älteren Kaisers Maximian, zu nehmen. Constantius Chlorus wurde von Maximian adoptiert und 293 im Rahmen der Tetrarchie zum Caesar (Unterkaiser) ernannt.
Aus der Beziehung zwischen Helena und dem Kaiser stammt der 280 geborene Sohn Konstantin, der als »der Große« in die Geschichte eingehen sollte. Nach dem Tod von Constantius Chlorus übernahm sein Sohn Konstantin das Heer des Vaters und wurde 306 zum Kaiser ausgerufen. Nach seinem Regierungsantritt holte er seine Mutter Helena nach Trier.
Helena hatte sich 312 zum Christentum bekehren und taufen lassen. Sie hatte als Christin großen Einfluss auf die Einstellung ihres Sohnes zum Christentum. Der Kaiser überschüttete seine Mutter mit Ehren: Sie erhielt eine Wohnung im Palatium Sessorianum in Rom, wurde »nobilissima femina« genannt und später zur Augusta erhoben (325).
Konstantin der Große verlieh seiner Mutter darüber hinaus das Recht, Münzen zu prägen und über den kaiserlichen Schatz zu verfügen. Im Jahr 326 kam es zur Tragödie in der kaiserlichen Familie. Konstantin ließ seine Ehefrau Fausta wegen des angeblichen Ehebruchs mit seinem aus einer früheren Ehe stammenden Sohn Crispus im Bad ersticken. Helena soll an diesem fürchterlichen Geschehen nicht unschuldig gewesen sein.
Die wichtigste, weil zeitgenössische Quelle, die Konstantinbiographie des Bischofs Eusebios von Caesarea (gest. 339), erwähnt Helena im Zusammenhang mit den konstantinischen Kirchenbauten im Heiligen Land: Er berichtet von der Reise, welche die Kaiserinmutter »… trotz ihres hohen Alters« durch die östlichen Provinzen unternahm, um sie »mit kaiserlicher Fürsorge zu besuchen.« Helena soll im Traum den göttlichen Befehl erhalten haben nach Palästina zu reisen, die heiligen Stätten zu finden und würdig auszugestalten. Sie wollte »die Fußspuren des Erlösers« verehren. Die Suche nach dem Grab Jesu war schließlich von Erfolg gekrönt. Es wurden drei gut erhaltene Kreuze gefunden, die mehr als 300 Jahre alt gewesen sein könnten. Bischof Makarios I. von Jerusalem bezeugte diese Kreuzauffindung, und auch Cyrill von Jerusalem bestätigte das wahre Kreuz und das heilige Grab. Über dem Grab und der Kreuzauffindungsstelle ließen Helena und ihr Sohn Konstantin eine Basilika errichten, die so genannte Grabeskirche. Auch die Geburtskirche in Bethlehem und die später zerstörte Eleona-Basilika auf dem Ölberg gehen auf Helena zurück. Die heilige Helena gilt ebenfalls als Gründerin vieler anderer Kirchenbauten in und um Jerusalem.
Nach der Auffindung des Kreuzes fand Helena auch noch die Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen wurde. Von diesen Nägeln ließ sie für ihren Sohn einen in ein Diadem und einen weiteren in Pferdezügel einarbeiten. Welch hohen Stellenwert Ambrosius Helena mit der Kreuzauffindung zuweist, zeigt sich daran, dass er sie an mehreren Stellen in direkter Beziehung zu Maria sieht: »… Maria ward heimgesucht zur Erlösung der Eva, Helena ward heimgesucht zur Erlösung der Kaiser.«
Eine der sieben römischen Pilgerkirchen, Santa Croce in Gerusalemme, ist auf Bitten Helenas von ihrem Sohn errichtet worden. Die Kirche galt als Aufbewahrungsort des von Helena aufgefundenen Kreuzes Christi. Heute geht man von der unterirdisch gelegenen Helenakapelle in die Reliquienkapelle, die einige Kostbarkeiten birgt, nämlich drei Bruchstücke des Heiligen Kreuzes, zwei Dornen der Dornenkrone Christi, einen Kreuznagel, ein Stück der Inschrifttafel des Kreuzes (INRI) sowie den Finger des »ungläubigen« Thomas.
Eher legendär im Zusammenhang mit Helenas Reise ist die Auffindung und Mitnahme der Reliquien der Heiligen Drei Könige. Zunächst waren die fraglichen Objekte im Familienbesitz und wurden später an Bischof Eustorgius verschenkt. Für gewisse Zeit kamen sie dann nach Mailand, bis sie von Kaiser Friedrich Barbarossa nach Köln in den Dom verbracht wurden, wo sie sich noch heute befinden.
Eine der bekanntesten Darstellungen der heiligen Helena befindet sich an einem der vier Hauptpfeiler der Kuppel des Petersdoms. Eine 1639 geschaffene monumentale Statue von Andrea Bolgi zeigt Helena mit dem Kreuz Christi. Darüber befindet sich eine Kapelle mit Balkon, in die 1629 auf Weisung des Barberini-Papstes Urban VIII. das größte in Rom noch erhaltene Stück des Kreuzes aus der Kirche Santa Croce in Gerusalemme übertragen wurde.
Helena starb am 18. August 329 in Nikomedia (Izmid) und somit ist dieser Tag auch ihr Festtag. In der Ostkirche wird der Gedenktag Helenas gemeinsam mit dem ihres Sohnes Konstantin am 21. Mai begangen. Die Beisetzung fand in der ursprünglich für Konstantin selbst errichteten Grabrotunde am Ostende der Märtyrerbasilika SS. Petro et Marcellino (erbaut um 320) an der Via Labicana außerhalb Roms statt. Der Leichnam Helenas soll dann von ihrem Sohn nach Konstantinopel gebracht und im 9. Jahrhundert in die Benediktinerabtei in Hautvillers überführt worden sein, wo ihr Haupt verehrt wird.
Im 12. Jahrhundert kamen Reliquien der Helena in die Kirche Santa Maria in Aracoeli auf dem Kapitol in Rom, wo ihr eine kleine, achtsäulige Kapelle geweiht ist. In dem zierlichen Grabmal wurden in einer Porphyr-Urne Helenas Reliquien aufbewahrt. Heute befindet sich der Porphyrsarkoph, in dem sie bestattet wurde, im Museo Pio-Clementino (Vatikanische Museen) in Rom.
Auch die Städte Hautvillers, Paris sowie Trier beanspruchen Reliquien von Helena zu haben. Sie gilt nicht nur als die legendenhafte Gründerin der Trierer Bischofskirche, sondern auch als Stifterin ihrer wichtigsten Reliquien. So soll sie sowohl einen der bei Ambrosius erwähnten Kreuzesnägel als auch den »Heiligen Rock«, in dem man das, in der Bibel ausdrücklich genannte, ungeteilte Untergewand Christi sieht, als Geschenk an Bischof Agritius nach Trier gesandt haben. Die Heilige selbst wird als Gründerin und Stifterin der Hauptreliquien zu der zentralen Gestalt der Trierer Bischofskirche und macht diese so zum Zentrum der Helenaverehrung in dieser Stadt.
Helena ist die Patronin der Städte Frankfurt, Pesaro und Ascoli sowie der Bistümer Trier, Bamberg und Basel. Sie gilt als Schutzheilige der Färber, Nadler und Schatzgräber der Bergwerke, als Schutzpatronin gegen Blitz und Feuer, zur Auffindung verlorener Gegenstände und zur Aufdeckung von Diebstählen. Helena wurde auch die Schutzpatronin der Nagelschmiede angesichts der Auffindung der Kreuznägel Christi, von denen einer im Bamberger Dom, einer in der Heiligen Lanze zu Wien und ein weiterer in der römischen Kirche Santa Croce in Gerusalemme verehrt wird.
* um 250
† nach 274
»Man spricht mit Verachtung von dem Krieg, den ich gegen ein Weib führe, aber man kennt weder die Macht noch den Charakter Zenobias.«
Palmyra, ein kleines Reich in der syrischen Wüste, gehörte offiziell zum römischen Weltreich, gab sich aber sehr unabhängig. Die Bevölkerung lebte vom Handel und ihre Karawanen reisten von Indien bis Rom. Zenobia war die zweite Gemahlin des Stadtfürsten von Palmyra, Septimius Odaenathus, der in der Schwächeperiode der Soldatenkaiserzeit subsidiär für die römische Zentralgewalt den Kampf mit den persischen Sassaniden führte. Diese Zeit der Soldatenkaiser verkörperte auf weiblicher Seite die Gestalt der Zenobia. Sie stellte mit ihrer Existenz ein Bindeglied zwischen früheren Erscheinungen weiblicher Herrscherinnen, den severischen Kaiserinnen und den christlichen Kaiserinnen der frühbyzantinischen Epoche dar.
Da Zenobias Ehemann zu mächtig geworden war, ließ ihn Kaiser Gallienus im April 267 ermorden. Daraufhin trat seine Frau, Iulia Aurelia Septimia Zenobia, Tochter des Iulius Aurelius Zenobius, seine Nachfolge an, zunächst als Regentin für den Sohn Vaballathus Athenodorus.
Zenobias Tatendrang war unerschöpflich. Sie hatte sich vorgenommen, den Ostteil des Römischen Reiches unter ihre Gewalt zu bringen und erwies sich als gefährliche Gegnerin Roms. Sie drang bis Ankyra vor, nahm Arabien ein und eroberte einen Teil von Mesopotamien.
Im Jahr 269 befahl sie ihrer starken Armee unter dem Feldherrn Zabdas die Eroberung Ägyptens. Der ägyptische Vizekönig wurde erschlagen, und das Niltal, die größte Getreidekammer Roms, kam in Zenobias Hand. Der römische Kaiser war daraufhin gezwungen, die neue Machtstellung Zenobias vertraglich zu fixieren.
Nach dem Regierungsantritt Kaiser Aurelians (270) betrieb Zenobia die vollständige Loslösung des Palmyrischen Reiches von Rom durch die Annahme der Titel »Augusta« und »Augustus« für sich beziehungsweise ihren Sohn.
Palmyra, geschmückt mit prächtigen Tempeln und Säulenstraßen, wurde unter Zenobia zur kulturellen und wirtschaftlichen Metropole des Orients. Die Herrscherin war eine vielseitig gebildete Frau, die fließend Latein, Griechisch, Syrisch und Ägyptisch sprach, Homer und Platon las und selbst eine Geschichte des Orients verfasst hatte. Sie beschäftigte sich mit Naturwissenschaften und Geschichte. In Edessa (heute in Griechenland) gründete sie eine Schule für griechische Medizin.
An ihrem Hof wirkte unter anderen der Neuplatoniker Cassius Longinos. Dieser war von 250–267 Schulhaupt der Akademie in Athen und fungierte ab 267 als Erzieher der Söhne Zenobias. Longinos, der Zenobia sehr gedrängt hatte, die Autonomie für Palmyra zu erreichen, wurde von Kaiser Aurelian allerdings um 270 aufgrund seiner politischen Agitation hingerichtet. Zenobia pflegte Beziehungen zum Bischof von Antiochia, Paulus von Samosata. Auch Manichäer besuchten ihren Hof in Palmyra.
Ihre schlichte, tugendhafte Lebensführung sicherte ihr die Ergebenheit ihrer Truppen und ihrer Berater. In der Kleidung und im Hofzeremoniell bevorzugte sie persische Vorbilder.
Zenobia – oder Bat-Zabbai, wie die Araber sie nannten – klug und schön, war ethnisch Araberin. Wie ihre und ihres Mannes lateinische Namen zeigen, stammten sie aus einer romanisierten Familie. Dementsprechend war ihre gesamte Politik, auch wenn sie sich von Rom wegentwickelte, römisch stilisiert. Das Beamtenwesen war römisch organisiert, die Münzen waren römischen Typus‘, und Zenobias Separatismus besonderer Art drückte sich darin aus, dass sie sich den römischen Titel »Augusta« auf Griechisch zulegte. Das palmyrenische Großreich, das sie sicherlich anstrebte, wäre ein römischer Staat gewesen.
In ihrer Politik wollte sie an jene der großen Kleopatra anknüpfen. Sie beanspruchte, von Kleopatra abzustammen, nahm sogar deren Namen an und erneuerte eine von deren Inschriften. Sie hat möglicherweise versucht, in dieser Eigenschaft als ptolemäische Königin die berühmten Memnonskolosse in Theben wiederherzustellen, zwei knapp 18 Meter hohe Sitzfiguren.
Im Frühjahr 272 eröffnete Kaiser Aurelian schließlich einen Feldzug gegen Zenobia. Sie musste daher zur offenen Usurpation schreiten und ihren Sohn zum Augustus und sich zur Augusta (Kaiserin) ausrufen. In zwei Schlachten bei Antiochia (Immae) und Emesa besiegte Aurelian die Truppen des palmyrenischen Teilreiches. Im August 272 nahm er schließlich die Oasenstadt Palmyra ein. Der Kaiser schrieb an den Senat: »Man spricht mit Verachtung von dem Krieg, den ich gegen ein Weib führe, aber man kennt weder die Macht noch den Charakter Zenobias – die Furcht vor Strafe hat ihr den Mut der Verzweiflung gegeben.«
Auf der Flucht zu den Persern geriet die einst so überragende und schöne Herrscherin am Euphrat in römische Gefangenschaft, wurde in Emesa vor Gericht gestellt und dann nach Rom gebracht.
Der Kaiser inszenierte dort ein demütigendes Schauspiel: Er führte Zenobia und ihre beiden Söhne, zusammen mit dem gallischen Usurpator Tetricus I., in goldenen Ketten gefesselt vor seinem Triumphwagen durch die Stadt. Danach wurde sie angeblich noch einige Jahre in Rom gefangen gehalten. Nach der Historia Augusta heißt es aber auch, dass sie in Hadrians Villa in Tivoli ihr Leben beschlossen haben. Der um 500 n. Chr. lebende Historiker Zosimos berichtet allerdings, die Königin habe auf dem Transport nach Rom jegliche Nahrung verweigert und sei dabei gestorben.
Zenobia – als »Kaiserin des Ostens« trug sie Purpurmantel und Diadem und zeigte sich ihrem Heer in Panzer und Goldhelm. Königin Zenobia sagte über ihr Leben: »Ich vergrößerte mein Reich noch mehr, nicht so sehr durch Gewalt als durch den Ruf einer gerechten und staatsmännischen Lenkung, die alle Menschen in eine solche Bewunderung versetzte, dass einzelne unserer Feinde sich entschlossen, lieber untertänig zu bleiben, als in ihr eigenes Land zurückzukehren!«
* im 3. Jahrhundert in England
† 3./ 4. Jahrhundert in Köln
»Ursula ora pro nobis.«
Die ersten Zeugnisse einer Ursulaverehrung stammen aus dem 8. Jahrhundert. Allerdings geht die Legende von den jungfräulichen Märtyrerinnen auf eine Inschrift in der Ursulakirche aus dem 5. Jahrhundert zurück. Sie besagt, dass der vornehme Römer Clematius an dieser Stelle eine Basilika zu Ehren eines Martyriums von Jungfrauen errichtet hatte. Der Name Ursula verknüpft sich erst spät mit dieser Überliefung. Nach der so genannten ersten Passio »Fuit tempore pervetusto” von 969/976 ist insbesondere die Legendenversion der zweiten Passio »Regnante Domino” aus dem späten 11. Jahrhundert für die Verehrung der heiligen Ursula im Mittelalter bedeutsam.
Unter der Bedingung, dass er sich taufen ließe und drei Jahre wartete, willigte die britannische Prinzessin Ursula, einzige Tochter des Königs Denotius, in die Heirat mit dem heidnischen Königssohn Aetherius ein. Nach einer Vision sollte Ursula zuvor mit ihren 11.000 Jungfrauen eine Pilgerreise nach Italien unternehmen. Die Annahme, es habe sich bei Ursulas Begleiterinnen um 11.000 Jungfrauen gehandelt, verbreitete sich schon im 10. Jahrhundert aufgrund eines Lesefehlers. Diese erhielt zusätzliche Nahrung, als bei der Erweiterung der Kölner Stadtmauer, Anfang des 12. Jahrhunderts, in der Nähe der St. Ursula Basilika ein römisches Gräberfeld entdeckt wurde. Die große Zahl der Gebeine auf dem »ager Ursulanus” schien die Legende von den 11.000 Märtyrerinnen zu bestätigen, und die Vielzahl der Reliquien, die nun von Köln aus in alle Welt gingen, trug erheblich zur Popularität der heiligen Ursula bei.
Ursula und ihre Gefährtinnen gelangten auf ihrer Schiffsreise zunächst nach Köln und dann nach Basel. Von hier aus zogen sie zu Fuß nach Rom. Auf ihrem Rückweg schloss sich ihnen auch Papst Cyriacus an. Mit seinen Familienangehörigen kam ihnen der getaufte Aetherius entgegen.
Weiter wird erzählt, dass Ursulas Bräutigam damals vom Kaiser ein Stück Land geschenkt bekommen hatte, die heutige Bretagne. Während der Reise erschien Ursula ein Engel und weissagte ihr, bei der Rückkehr nach Köln würden sie und alle ihre Begleiterinnen den Märtyrertod erleiden. Und wirklich: Colonia war von Hunnen belagert. Die wilden Horden ermordeten Ursulas Begleiterinnen auf brutale Weise. Als sich Ursula dem Hunnenfürsten verweigerte, wurde auch sie selbst getötet. Darauf erschien eine Schar von elftausend Engeln, welche die Hunnen in die Flucht schlug.
Zum Dank für die Befreiung errichteten die Bürger Kölns der heiligen Ursula eine Kirche. Anfang des 12. Jahrhunderts entstand die Emporenbasilika, die noch immer Grundbestandteil des heutigen Kirchenbaus Sankt Ursula ist. Die Grabkapelle der Heiligen befindet sich im nördlichen Querschiff. In weißem Alabaster gemeißelt ruht Ursula wie schlafend auf einem schwarzen Marmorgrabmal. Im Unterbau erblickt man durch drei große Öffnungen einen gotischen Sarkophag. Dieses Kunstwerk wurde Ende des 17. Jahrhunderts wieder aufgefunden. Hinter dem Hauptaltar steht der kostbare Ursula-Schrein, den die Kölner Goldschmiede Hermeling und Wüsten um 1880 neu gestalteten. Er stammt ursprünglich aus dem Jahr 1156. Die Märtyrerin Ursula steht am Schrein zwischen den beiden Erzengeln Michael und Gabriel.
In der Ostapsis von St. Ursula ist sie als Schutzmantelfigur dargestellt. Sie birgt sechs ihrer Gefährtinnen unter ihrem Mantel. Nach Maria gilt Ursula als die am häufigsten dargestellte Schutzmantelfigur überhaupt. Eine der schönsten Darstellungen der Ursula-Legende stammt von Vittorio Carpaccio und bedeckt, prächtig in Farbe und Ausdruck, einen ganzen Raum in der Galleria dell’ Accademia in Venedig.
Während des Dreißigjährigen Krieges entstand in Köln ein einzigartiges Zeugnis barocker Heiligenverehrung: die Goldene Kammer der heiligen Ursula als Anbau an der Westseite des Südschiffs. Wer heute durch die schwere, eisenbeschlagene Tür den Raum betritt, der 1644 feierlich eingeweiht wurde, empfindet Schauder, den die Gegenwart der heiligen Gebeine einflößt. Ganz in ein barockes Rankenwerk eingefasst, von fröhlichen Putti mit Füllhörnern gekrönt, finden sich hier Schädel über Schädel hinter Glas, in kostbaren Samt mit Reliefstickerei aus Gold- und Silberfäden gebettet, verziert mit Pailletten und Perlen. Reliquienbüsten aus vielen Jahrhunderten bergen die Heiligtümer. Es sind auch aus Gebeinen gelegte Ornamente, Kreuze, Pfeile, Wirbelknochen in Rosettenform und Armknochen und vieles mehr zu sehen. Eine fromme Knocheninschrift bittet:
MARIA
S.URSULA PRO NOBIS ORA
S.AETHERIUS ORA PRO NOBIS
JESUS CORONA MARTIRUM.
Schon im 10. Jahrhundert verbreitete sich der Ursula-Kult. In vielen Städten entstanden Ursula-Kirchen. Verschiedene Orden, besonders die Benediktiner, Prämonstratenser und Zisterzienser sowie nach der Reformation auch die Jesuiten förderten die Verbreitung der Legende der Heiligen und ihrer Gefährtinnen, deren Verehrung ganz sicher ihren Höhepunkt im 15. Jahrhundert erreichte. Es bildeten sich Bruderschaften, so genannte »Ursula-Schiffchen”, deren Mitglieder auf den Beistand und die Fürsprache der heiligen Ursula ho en. Und 1535 gründete Angela Merici in Brescia mit der »Compagnia di S‘Orsola” die Vorgängerorganisation des Ordens der Ursulinen.
Zu den meist gelesenen Büchern des späten Mittelalters gehörte die Legendensammlung »Legenda aurea« (»goldene Legende”) des Jacobus de Voragine mit einer Fassung aus dem 13. Jahrhundert.
Die Heilige Ursula wird als Patronin von Köln und als Beschützerin der Universitäten Paris und Coimbra verehrt. Sie ist Schutzheilige der Jugend, der Lehrerinnen und Erzieherinnen sowie der Tuchhändler. Sie steht für eine gute Heirat und Ehe, wie auch für einen ruhigen Tod und gilt als Helferin kranker Kinder.
1969 wurde der Festtag der heiligen Ursula im römischen Festtagskalender gestrichen. In Köln jedoch wird der 21. Oktober auch weiterhin als liturgisch gebotener Gedächtnistag der Stadtpatronin begangen.
* um 390 in Konstantinopel
† 450 in Rom
Das Leben der oströmischen Kaiserinnen spielte sich im Großen und Ganzen in ihrer Residenz – in Konstantinopel oder Jerusalem – ab. Gelegentlich bekamen sie etwas von militärischen Auseinandersetzungen zu spüren, doch waren die Unzuträglichkeiten geringfügig, wenn man sie mit den Schwierigkeiten vergleicht, denen ihre westlichen Cousinen ausgesetzt waren, allen voran Galla Placidia, die weströmische Kaiserin. Ihr Lebenslauf war äußerst abenteuerlich.
Als Tochter des römischen Kaisers Theodosius I. des Großen und seiner Frau Gallas, Tochter Valentinians I., symbolisierte sie die Verbindung der beiden Dynastien miteinander. Sie hatte zwei ältere Halbbrüder, die späteren Kaiser Honorius und Arcadius, die aus der ersten Ehe des Theodosius I. mit Aelia Flavia Flacilla hervorgegangen waren. Bereits 394 erlag Gallas Mutter den Folgen einer Fehlgeburt. Kurze Zeit später, am 17. Januar 395, verstarb auch Theodosius völlig unerwartet.
Galla und ihr Bruder Honorius wurden der Obhut des Heermeisters Stilicho und dessen Frau Serena übergeben. 405 wurde Galla Placidia mit Stilichos Sohn Eucherius verlobt, doch dieser wurde im Rahmen einer Palastintrige gemeinsam mit seinem Vater und dessen Frau 408 hingerichtet. Damals befand sich Galla mit Serena, der Nichte des Theodosius, in Rom, das von den Westgoten unter Alarich eingeschlossen war. Als der Senat der Serena anlässlich dieser Belagerung den Prozess machte und sie hinrichten ließ, soll Placidia an diesem Vorgehen beteiligt gewesen sein.
Entweder nach der Eroberung Roms durch Alarich am 14. August 410 oder schon vorher fiel Placidia als Geisel in die Hände der Westgoten. Zunächst unter Alarich und nach dessen Tod unter seinem Nachfolger Athaulf zog sie, ehrfurchtsvoll behandelt, mit den Goten nach Süditalien, dann nach Südfrankreich und schließlich nach Spanien. Athaulfs Politik war, möglicherweise durch Placidias Einfluss, mehr und mehr auf Zusammenarbeit mit den Römern ausgerichtet: Für Rom wollte er regieren und römisches Recht anwenden. Im Auftrag des weströmischen Hofes in Ravenna besiegte er im Jahr 413 den Usurpator Iovinus in Frankreich und heiratete 414 in Narbonne Galla Placidia. Dennoch musste er auf besonderes Drängen Ravennas nach Spanien ziehen. Dort kam Placidias erstes gemeinsames Kind, der beziehungsreich Theodosius genannt wurde, zur Welt, der allerdings kurz darauf verstarb.
Schon ein Jahr später fiel Athaulf in Barcino einem Anschlag zum Opfer. 416 lieferte der neue Westgotenkönig Wallia Galla Placidia für 600.000 »modii« Getreide an die Römer aus. Sie kehrte an den Hof ihres Bruders Honorius nach Ravenna zurück, der sich nun wieder in Galla Placidias Leben einmischte. Er verheiratete sie am 1. Januar 417 in Ravenna mit dem ungeliebten Heermeister und späteren Kaiser Constantius III., einem dunkelhäutigen Illyrer. Dieser Ehe entstammten zwei Kinder, Honoria und Valentinian III. 421 ernannte Honorius Constantius zum Augustus und Mitregenten sowie Galla Placidia zur Augusta. Ihr Sohn Valentinian wurde dadurch zum Thronfolger. Schon am 2. September 421 jedoch erlag Placidias Gatte einer Rippenfellentzündung.
In demselben Jahr floh Placidia, nun mit ihrem Bruder entzweit, mit ihren Kindern Honoria und Valentinian III. nach Konstantinopel zu ihrem Neffen Theodosius II., obwohl dieser ihren Augusta-Titel zunächst nicht anerkannte. Nach dem Tod ihres Bruders Honorius kehrte sie nach Rom zurück. Dort angekommen, wurde Ravenna erobert, der Usurpator hingerichtet und Valentinian III. im Alter von sechs Jahren zum Augustus erhoben. Da Valentinian III. noch nicht im regierungsfähigen Alter stand, leitete Galla Placidia die Geschicke des Westreiches. Eine ihrer ersten Aufgaben war es, sich mit Aëtius zu arrangieren, der 60.000 Hunnensöldner angeworben hatte. 426 erließ sie, um der Autorität des Rechtes Geltung zu verschaffen, das so genannte Zitiergesetz, in dem festgeschrieben wurde, welchen Schriften römischer Juristen vor Gericht größere Autorität zukommen sollte. Drei Jahre später gab sie dann ihre berühmte Erklärung ab, die besagte, dass der Kaiser durch die Gesetze gebunden sei und seine Autorität von der des Rechtes abhinge. Außenpolitisch verließ sich Placidia auf ihre Heermeister.
Unter ihr erlebte die Stadt Ravenna, wohin Kaiser Honorius bereits 402 seine Residenz verlegt hatte, ihre erste Blüte. Konnte die Kaiserin bis zu diesem Zeitpunkt in eigener Initiative vornehmlich nur Kirchenpolitik betreiben, so handelte sie nun als Regentin des Reiches, wobei sie besondere Kenntnisse in der Rechtspolitik besaß. Die in Ravenna unter ihrer Regierung erlassenen Gesetze verraten dezidierte Ansichten zu Grundfragen des Rechts. Vor allem aber nahm die Verteidigungspolitik gegenüber den Germanen und Hunnen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch.
Nachdem Valentinian III. 437 alt genug war, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, zog sich Placidia immer mehr von der politischen Bühne zurück. Nach einer Rettung aus einer Seenot (425) ließ Galla Placidia in Ravenna die Kirche San Giovanni Evangelista erbauen. Weil der Evangelist auf der Insel Patmos gelebt hatte, galt er im griechischen Osten als ein starker Helfer in Seenot. Die Kirche Santa Croce, ebenfalls unter Galla Placidia entstanden, besaß als Anbau das heute freistehende, nach ihr benannte Mausoleum (um 450).
Ihren Lebensabend verbrachte sie in Rom, wo sie am 27. November 450 starb und auch beigesetzt wurde – allerdings nicht in dem extra für diesen Zweck errichteten Mausoleum, wohin sie erst später überführt wurde. Das Mausoleum ist äußerlich ein schlichter Ziegelbau. Das Innere aber ist von großer Pracht: Boden und Wände aus Marmor, Fenster aus Alabaster, die gewölbte Decke ganz mit leuchtenden Mosaiken ausgeschmückt. Von den drei antiken Sarkophagen gilt der größte, schmucklose als der von Galla Placidia. Der Sarkophag im linken Seitenarm mit dem mystischen Lamm soll der ihres Gatten Constantius III. sein, der im rechten Seitenarm mit drei Kreuzen in drei Nischen soll Gallas Sohn Valentinian III. bergen.
Galla Placidia ist auf einer von ihrem Sohn Valentinian III. geprägten Münze abgebildet. Auf der Rückseite steht ein Kreuz (typisch für alle Münzen mit Bezug zu Galla Placidia), das ihren christlichen Glauben verdeutlichen soll.
Dieser Lebenslauf zeigt die Rolle der spätantiken Herrscherinnen. Im Vordergrund stand ihre Funktion, dynastische Legitimität zu schaffen. Galla Placidia war als junge Prinzessin ein Spielball der politischen Kräfte. Sie wurde das Bindeglied zwischen der alten valentinianischen und neuen theodosianischen Dynastie. Es gelang ihr letztlich doch, das westgotische Königtum mit der römischen Welt zu verbinden: Zum einen, indem sie ihren Sohn von Athaulf auch Theodosius nannte, und schließlich indem sie zur Legitimierung ihres widerwillig geheirateten zweiten Mannes, des Emporkömmlings Constantius, beitragen musste.
* um 500 in Syrien
† 548 in Konstantinopel
»...ich halte mich an die alte Maxime, dass der Thron das schönste aller Leichentücher ist.«