Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2019
© Frank Lauenroth

Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-750443-81-5

Für Joscha und Luis.
Immer zu zweit sie sind.

CHICAGO MARATHON

Streckenübersicht

Hauptpersonenregister

Christopher ‚Chris'‘ Johnson – CIA-Spezialagent, früher NSA, Genie

Brian Harding – Christophers Freund, Anwalt ohne Anstellung

Cameron Duke – Chef der CIA

Stalin / Jewgeni Andropowitsch – russischer Oligarch, Feind der USA

Elisabeth ‚Liz‘ Bancroft – CIA-Einsatzleiterin

Rachel Elaine Parker – NSA-Agentin, Brians Freundin

Stanley Turk – Fahrer Einsatz-Van 1

James Bishop – Verkehrsüberwachungsspezialist

Sean Dickens – Bombenexperte

Rory Sanders – Fahrerin Einsatz-Van 2

Leonard Smith – Spezialist für Luftabwehr

Roger Taylor – Profiler / Spezialist für Geiselnahmen

Charles Spencer – Allround-Spezialist

Dean ‚Digger‘ Williamson – Chef CIA Chicago

Bart Lucas – NSA-Chef der Ostküstensektion

Floyd Truman – NSA-Agent, diensthabend in New York City

William Langdon – amtierender Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Demokrat

Lindsay Langdon – seine Frau, die First Lady

Hank Cramer – Stabschef

Graham Ashford – republikanischer Herausforderer

George Dukakis – republikanischer Gouverneur Floridas

Frank Brockman – Chef des Secret Service

Richardson – Vizechef des Secret Service

Robert ‚Bob‘ Walker – CIA-Agent im Innendienst

Alexander Payne & Gregory Strong – VOX ONE-Kommentatoren

Shaun Lester & Richard Jenkins – Archivare von SPORTS FOREVER

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

Einmal noch geht es für Chris und Brian auf die berühmten 42 Kilometer, respektive 26 Meilen. Dabei kommt es nicht von ungefähr, dass die Trilogie in Chicago endet. Schließlich gehört der dort stattfindende Marathon – wie der in Boston und New York City – zur World Marathon Major-Serie der sechs größten Marathonläufe der Welt. Gleichzeitig liegt der Termin Anfang Oktober strategisch günstig vor dem Termin für die Präsidentschaftswahlen Anfang November. Zumindest, wenn man einer der Präsidentschaftskandidaten ist und dazu noch dringend ein paar Prozentpunkte aufholen muss.

Es ist auch für mich ein Abschied. Als ich seinerzeit „Boston Run“ konzipierte, hätte ich nie zu hoffen gewagt, dass es Leser geben würde, die eine Fortsetzung fordern. Nun ist es sogar eine Trilogie geworden. Boston, New York City, Chicago.

Dreimal 42 Kilometer, dreimal etwas mehr als zwei Stunden und dreimal ein komplett anderer Grund für meine Protagonisten, sich auf die Strecke zu begeben.

Auch diesmal stellte ich mir wieder die Frage, wie viele Informationen ich zur Vorgeschichte preisgeben wollte.

Schließlich soll sich „Chicago Run“ als eigenständiger Roman lesen lassen. Ohne Vorkenntnis der Läufe in Boston und New York City. Gleichzeitig möchte ich all jene meiner Leserinnen und Leser, die die Vorgängerbücher bereits kennen, nicht mit zu vielen bekannten Details langweilen. Es ist ein Spagat.

Ein wichtiger Hinweis noch:

Im Personenregister des Vorgängers „New York Run“ hatte sich ein Fehler eingeschlichen: Rachel Elaine Parker war noch nicht Brian Hardings Verlobte!

Ich denke, das sollten Sie wissen.

Wie auch immer:

LET’S RUN … A LAST TIME!

Intro

New York City – vor 11 Monaten – in der Nähe des Zielbereichs des NYC-Marathons

Alle, bis auf Stalin, Stanley Turk und die beiden NSA-Agenten Bart Lucas und Floyd Truman, hatten den Van verlassen. NSA-Ostküstenchef Bart Lucas nahm gerade auf dem Beifahrersitz Platz. Der diensthabende Agent Floyd Truman setzte sich Stalin gegenüber, der an einen der hinteren Klappsitze gefesselt war. CIA-Einsatzleiterin Elisabeth Bancroft stand in der Hecktür. Sie genoss den Moment, ihren Gegenspieler trotz all seiner Finten dingfest gemacht zu haben. Stalin, der russische Oligarch, war mit seinem Vorhaben gescheitert, die Vereinigten Staaten von Amerika zu erpressen. Mehr als zwei Stunden lang hatte er sie zum Narren gehalten, sie durch New Yorks Straßen gehetzt, war in verschiedene Rollen geschlüpft und saß nun doch gefesselt im Einsatz-Van der Agency. Immer noch trug er die perfekte Maske mit dem Gesicht seines vormaligen Gehilfen Igor.

Elisabeth Bancroft, die den Einsatz während des Marathons geleitet hatte, sah, wie Stalin an seinen Handschellen riss. Hätte er es gekonnt, er hätte sich wohl die Maske vom Gesicht gefetzt. Doch mit gefesselten Händen war das unmöglich.

„Stanley“, wandte sie sich an ihren Fahrer. „Bart und Floyd zeigen Ihnen den Weg. Fahren Sie Igor bitte zu dem Ort, den unsere NSA-Kollegen Ihnen nennen. Den Rest übernehmen die beiden Herren.“

Stalin starrte auf seine Feinde. „Ihr werdet mich nicht wegschließen! Ich habe Rechte. Ich, Jewgeni Andropowitsch, von aller Welt als Stalin gefürchtet, bin ein anerkannter Bürger meines Landes. Ich werde …“

„Igor?“, unterbrach Bancroft den Oligarchen, während sie durch die halb geschlossene Tür hinein lugte. „Igor ist Ihr Name. Gewöhnen Sie sich daran!“

Stalin schrie und tobte …

Bancroft warf Bart Lucas den Stressball zu, den sie ursprünglich von ihrem Fahrer entliehen hatte. „Falls Sie es nicht mehr ertragen“, sagte sie mit einem Zwinkern.

Sie versuchte, Stalins Geschrei zu übertönen, als sie Turk zurief: „Stanley! Drehen Sie die Musik etwas lauter. Die Titelwahl überlasse ich Ihnen. Irgendetwas Nettes.“

Dann stieg sie aus und warf die Hecktür zu.

„Ihr habt die Lady gehört. Etwas Nettes“, wiederholte Stanley Turk. Er startete den Einsatz-Van und prompt hallte Sweet Home Alabama aus den Lautsprechern.

„Oh, sorry. Das hatten wir schon.“ Mit einem Grinsen auf den Lippen wählte der CIA-Fahrer Lied drei seiner eigenen kleinen Kompilation: ZZ Top, Viva Las Vegas. An die beiden NSA-Agenten gerichtet, fragte er: „Wohin soll’s gehen?“

Bart Lucas wusste mehr als sein Mitarbeiter Floyd Truman. „Fahren Sie erst einmal grob in Richtung Newark.“

Stalin riss weiter an den Handschellen. „Ihr werdet mich nicht kleinkriegen! Nicht die NSA und auch nicht die CIA!“

Derweil hatten ZZ Top ihr Intro beendet und griffen nun richtig in die Saiten. Stanley drehte den Lautstärkeregler nach rechts.

*

Der fast sieben Meter lange dunkelbraune Einsatz-Van rollte über die Interstate 78 nach Südwesten. Big Apple lag weit hinter ihnen, Newark ebenfalls. Der Lautstärkepegel war längst moderater. Turks Musikauswahl erreichte Whitesnakes Is this love.

„Ihr unterschätzt, was ich euch antun kann. Selbst, wenn ich in einem Gefängnis sitze.“ Stalin blickte in die Runde.

Bart Lucas saß weiterhin neben Stanley Turk im Fahrerhaus. Der hinten beim Russen sitzende Floyd Truman blickte stur in Fahrtrichtung. Stalins Drohung schien keinen seiner Begleiter sonderlich zu beunruhigen. Stalin wertete dies als Einladung, mit seinem Monolog fortzufahren.

„Seien Sie versichert, dass ich alle Beteiligten zur Rechenschaft ziehen werde. Ihre Agencies werden mich wiedersehen, allen voran Ihre kleine Einsatzleiterin Bancroft. Vielleicht ist Ihnen das aber egal? Vielleicht sollte ich mich nach einem neuen Ziel umsehen? Wie wäre es mit dem Präsidenten?“

Stanley Turk sah, dass Bart Lucas kurz vor der Explosion stand.

„Die CIA, die NSA, den Präsidenten, ich kriege euch alle“, sagte der Russe und lachte leise. „Alle, alle, alle …“

Lucas schüttelte den Kopf.

Da wandte sich Stalin an Stanley Turk. „Hey, Nigger, auch du bist gemeint!“

Bart Lucas schnellte aus seinem Sitz empor. „Das reicht jetzt“, schrie er Stalin an und wollte sich auf den Russen stürzen.

Turk hielt ihn mit ausgestrecktem Arm zurück. „Nicht. Das will er doch nur. Vielleicht hält unser russischer Gast ja noch sein vorlautes Mundwerk. Igor zu sein, ist für ihn sicherlich Demütigung genug. Er kommt nur nicht dazu, es zu bemerken.“

Turk grinste Lucas an, der sich langsam entspannte. Dem Russen schenkte Lucas jedoch einen Blick voller Verachtung, ehe er wieder auf dem Beifahrersitz Platz nahm. „Wir werden unser Ziel in ungefähr einer halben Stunde erreichen. Igor wird sehr bald ausreichend Zeit haben, sich über seine Drohungen und vielleicht sogar über sein gesamtes Leben Gedanken zu machen.“

Truman sagte nichts, doch er sah aus dem Augenwinkel, dass Stalin neben ihm grinste.

New Jersey war flach und weit. Links und rechts des endlos geradeaus führenden Highways stand dichter Laubwald. An diesem Sonntag im November waren die Straßen nur wenig befahren. Umso überraschender fand Turk den tief fliegenden Hubschrauber, der hinter ihnen dem Verlauf des Highways folgte. Er löste den Blick vom Rückspiegel und wies Bart Lucas auf seine Entdeckung hin.

„Sir. Es besteht die Möglichkeit, dass wir verfolgt werden.“

Bart Lucas sah in den Rückspiegel. Er bereute sofort, dass sie ohne Kavallerie unterwegs waren. Sollte er Bancroft anrufen und um Hilfe bitten? Doch wann würde die Verstärkung sie einholen können?

„Wenn die Pläne A und B aufgebraucht sind, sollte man immer noch einen Plan C im Ärmel haben“, sagte der Oligarch mit leiser Stimme. Bart Lucas bat Stanley Turk, die Musik leiser zu stellen.

„Wie bitte?“, fragte der NSA-Ostküsten-Chef und drehte sich zu Stalin und Truman um. Der Russe schaute Lucas direkt in die Augen. „Sie und Ihre Kollegen von der CIA sollten sich vor Augen halten, dass kein amerikanischer Staatsbürger durch meine Hand zu Tode gekommen ist. Dabei wollen wir es auch belassen. Zumindest vorerst …“

In dem Moment zog Floyd Truman seine Waffe und richtete sie auf Bart Lucas.

„Truman, sind Sie wahnsinnig? Was soll das?“

„Es geht um etwas Größeres, Sir. Sie werden es verstehen, wenn es vorbei ist. Stanley, bitte halten Sie an.“

Mit knapper Geste forderte Truman die Waffe seines Vorgesetzten.

Turk sah zu Lucas hinüber. „Sir?“

Bart Lucas spielte anscheinend alle Möglichkeiten in Gedanken durch. Schließlich nickte er.

„Tun Sie es.“

Als der Van am Straßenrand angehalten hatte, stand Truman auf und trat zu Stalin hinüber. Dabei behielt er beide Gegner im Blick. Er half Stalin, sich seiner Handschellen zu entledigen. Kaum, dass der Russe beide Hände befreit hatte, riss er sich die Maske vom Gesicht. Igors Antlitz für den Rest seines Lebens zu tragen, war ihm wohl ein unerträglicher Gedanke. Er war Stalin, Oligarch von eigenen Gnaden, reich, mächtig und ungeheuer ambitioniert. Nicht nur ein kleiner Lakai namens Igor. Umso zufriedener zeigte sich Stalin jetzt, da er erneut die NSA und die CIA narren würde. Die Handschellen lagen auf dem Boden des Vans. Ebenso wie die zerfetzten Überreste der Maske.

„Waffe!“, forderte er von Truman. Der Verräter gab ihm Lucas’ Dienstrevolver. Dann trat Stalin langsam auf Stanley und Bart zu. Truman blieb dicht hinter ihm.

„Wer mich kennt, weiß, dass ich ein klein wenig nachtragend bin. Mr. Turk muss diese Lektion leider erst noch lernen. Mund auf, Nigger!“

Mit diesen Worten schob er Stanley die Waffe unter das Kinn. Turk blickte hilfesuchend zu Bart Lucas hinüber, doch der NSA-Chef hatte in diesem Moment nur Augen für Trumans Waffe, die direkt auf ihn selbst zielte.

Langsam öffnete Stanley Turk den Mund. Stalin schob ihm den Lauf der Waffe ohne Hast zwischen die Lippen.

„Vielleicht möchte ich ein wenig mehr, als den Nigger nur zu demütigen? Könntest du bitte den Mund schließen, damit der Knall nicht gar zu laut ist …“

In dem Moment entleerte sich Turks Blase. Ein kleines Rinnsal lief vom Fahrersitz herunter auf den Boden. Stalin registrierte es mit einem breiten Grinsen. Er zog die Waffe aus Turks Mund, drehte sich um und ging an Truman vorbei zur hinteren Tür. „Dies ist der Moment, da ich Sie verlassen muss. Aber Sie und Ihre Freunde von der CIA dürfen sicher sein, dass wir uns wiedersehen.“

Truman öffnete die Tür. Stalin stieß sie vollends auf. Bart Lucas sah nun den Hubschrauber, der kaum fünfzig Meter hinter ihnen auf dem Mittelstreifen gelandet war. Zwei Männer mit automatischen Waffen waren ausgestiegen.

Der Oligarch legte sein breitestes Lächeln auf. „Grüßen Sie bitte CIA-Chef Duke von mir. Und weil wir gerade dabei sind … meine Empfehlung an Ihren Präsidenten.“

Weder Stalin noch Truman machten sich die Mühe, die Türen des Vans wieder zu schließen. Bart Lucas beobachtete, wie der Russe seelenruhig in den Hubschrauber stieg, der kurz darauf startete und gen Norden davonflog. Lucas schaute einen Moment hinterher, ehe er sein Handy nahm und Elisabeth Bancroft anrief.

„Bart, ich hätte nicht gedacht, so schnell wieder …“

„Leiten Sie die Fahndung nach Floyd Truman ein.“

„Stalin ist entkommen?“

„Ja. Truman gehörte zu ihm.“

„Verdammt! Es ist meine Schuld. Ich hätte Sie nicht ohne Absicherung fahren lassen dürfen.“

„Es ist niemandes Schuld“, gab Lucas zurück. „Keiner konnte ahnen, dass Stalin einen Plan C hatte. Wahrscheinlich trägt er längst die nächste Maske und ist auf dem Weg nach Russland.“

„Eine Fahndung nach Stalin können wir uns jedenfalls sparen“, gab Bancroft zu.

„Es wird leichter sein, Truman zu finden, als den Russen“, sagte Lucas. „Truman sprach von einem großen Ganzen, das wir noch nicht verstehen würden. Ich würde zu gerne wissen, was er damit meinte. Und … Stalin erwähnte den Präsidenten. Das hat er kaum grundlos getan.“

Bancroft pfiff durch die Zähne. „Es ist also noch nicht vorbei.“

Lucas seufzte. „Es fängt gerade erst an.“ Danach legte er auf. In seiner Anzugjacke fand er den Stressball wieder, den Bancroft ihm gegeben hatte. Er drückte ihn fest und verbiss sich ein lautes Fluchen.

Turk saß immer noch regungslos in seinem Urin.

„Stanley?“, fragte Bart Lucas.

Der Fahrer schien wie aus einem bösen Traum zu erwachen. Er schaute auf Lucas, dann auf den nassen Fleck seines Fahrersitzes. Schließlich erhob er sich, ging zwei Schritte auf die Hecktür zu und begann, sich seiner Hose und Shorts zu entledigen. Einen Moment stand er ziellos im Van, unten herum nackt, mit den feuchten Hosen in der linken Hand. Dann machte er drei entschlossene Schritte, warf die Hosen aus den Van und zog die Türen mit Schwung zu. Wortlos öffnete er eines der zahlreichen Seitenfächer und fand darin eine zweite Jeans. Er zog sie an, öffnete eine weitere Schublade und entnahm daraus Lappen und Reinigungsmittel.

Damit befreite er den Fahrersitz zumindest von den Gerüchen. Gegen die Feuchtigkeit konnte er momentan nichts anderes unternehmen, als eine Decke darüber zu legen.

„Stanley“, sagte Lucas, „das hier muss in keinem Bericht auftauchen. Es ist nie geschehen.“

Stanley Turk nickte stumm und steuerte die nächste Ausfahrt an.

Sie fuhren zurück nach New York City.

Diesmal ohne Musik.

1

Washington, D.C. – acht Tage vor dem Chicago Marathon

„Mr. President! Mit Verlaub, das kann nicht Ihr Ernst sein.“

„Es ist mein voller Ernst. Sie sagten selbst, dass wir knappe sechs Prozent hinter den Umfragewerten von Ashford liegen. Für meine zweite Amtszeit ist mir kein Opfer zu groß. Ein wenig Bürgernähe könnte sich als hilfreich erweisen. Ashford ist ein steifer Arsch und hier können wir punkten!“, sagte William Langdon.

Hank Cramer, sein Stabschef, schüttelte den Kopf. „Jeder Spinner auf diesem Planeten wird es für eine verdammte Einladung halten.“

„Wir müssten den kompletten Kurs absichern. Sechsundzwanzig Meilen in nicht einmal acht Tagen!“, wandte Frank Brockman ein. Der Chef des Secret Service griff sich mit einer dramatischen Geste an die Stirn.

„Frank“, entgegnete der Präsident. „Es wäre nicht das erste Mal, dass Sie das tun. Sie wissen, ich vertraue Ihnen. Sie bekommen das hin. Sprechen Sie mit Cameron Duke, ob es irgendwelche aktuellen Spinner gibt.“ Dabei nickte er bedeutungsvoll zu Cramer hinüber.

„Das war kein Scherz“, sagte Cramer.

„Habe ich auch nicht so verstanden. Ich nehme Ihre Hinweise immer ernst, Hank.“

„Darf ich auch noch Ihre körperliche Fitness erwähnen, Mr. President?“

„Wird dankend vermerkt, Hank. Um Ihre Zweifel zu entkräften: Harry, mein Hausarzt, hat mir eine außerordentlich gute Konstitution bescheinigt. Wie Sie wissen, habe ich in meiner Zeit als Senator sechs Marathonläufe absolviert.“

„Das ist jetzt vier Jahre her, Mr. President.“

Langdon grinste. „Wie schnell doch die Zeit vergeht, wenn man Spaß hat. Hank, wir beide joggen zirka vierzig Meilen pro Woche. Sie sollten am besten wissen, dass ich so etwas nicht ohne Vorbereitung angehen würde.“

„Wir joggen – mit Verlaub – vielleicht dreißig Meilen in der Woche. Und das auch nur, wenn wir in D.C. oder in Camp David sind.“

Präsident Langdon hob beschwichtigend die Hände. „Sie haben mich erwischt, Hank. Diese Hindernisse können wir ja am Ende vor den Medien als besondere Herausforderungen erwähnen. Aber – diese Trainingsläufe sind für mich von enormer Bedeutung. Meine schwierigsten politischen Entscheidungen fälle ich während des Laufens. Ohne den Sport wäre ich nicht der Mann, der ich heute bin.“

Cramer nickte ihm zu. „Das glaube ich Ihnen gerne, Sir.“

Frank Brockman erhob sich.

„Mit Ihrer Erlaubnis, Mr. President – ich werde mir ein Bild vor Ort machen und Ihnen mein Konzept in zwei Tagen vorlegen. Für die Dauer meiner Abwesenheit wird Richardson Ihren Schutz und den der First Lady übernehmen.“

Langdon stand ebenfalls auf, ging um den Tisch herum und gab Brockman die Hand.

„Frank, ich verlasse mich auf Sie.“

Brockman straffte sich, ehe er sich mit einem „Mr. President“ umwandte und den Stabschef mit dem Präsidenten allein ließ.

„Keine Chance, Sie umzustimmen?“, hakte Cramer nach.

„Hank, der Ball ist längst im Rollen. Es gibt kein Zurück. Brockman wird den Weg sichern, und Sie setzen sich mit Cameron Duke zusammen und halten mir den Rücken frei. Am Ende holen wir uns die zweite Amtszeit und vermeiden damit, dass Ashford das Land in Schutt und Asche legt.“

Hank Cramer nickte nachdenklich. „Ich hoffe inständig, es ist so einfach, wie Sie annehmen, Sir.“

In dem Moment öffnete sich die Tür einen Spalt, und Bertha steckte den Kopf herein. Bertha war Langdons Vorzimmerengel und wurde aufgrund überbordender Leibesfülle gerne Big Bertha genannt. Natürlich nicht vom Präsidenten.

„Ihr nächster Termin, Mr. President. In zehn Minuten.“

Bill Langdon schaute auf die Uhr. Bertha hatte Recht. Der Außenminister zu den Problemen mit Russland.

Langdon dankte Bertha und wandte sich an seinen Stabschef: „Hank, bitte treffen Sie die Vorbereitungen wie abgesprochen. Ich bin für zwei Stunden im Konferenzraum Eins.“

Zögernd nahm Cramer den Telefonhörer in die Hand. „Es ist tatsächlich Ihr voller Ernst, Mr. President?“

„Hank, schnappen Sie sich Cameron, und denken Sie sich einen Plan aus. Ich werde den Chicago Marathon laufen. Auf jeden Fall!“

Cramer atmete einmal tief ein und wählte Cameron Dukes Nummer.

2

New York City, Brooklyn – sieben Tage vor dem Marathon

„Willst du meine Frau werden?“

Christopher Johnson kniete vor Elisabeth und hielt ihr ein flaches, viereckiges Schächtelchen entgegen. Elisabeth Bancroft war eine toughe Frau. Bei der CIA zu arbeiten war eine Sache. Als Einsatzleiterin für Spezialeinsätze zu fungieren eine ganz andere. Der Umgang mit den männlichen Kollegen hatte sie hart gemacht. Die Jagd auf Verbrecher gnadenlos. Doch jetzt und hier kullerte ihr eine Träne über die Wange. Chris registrierte es mit einem verschmitzten Lächeln.

Liz nahm die Schachtel mit einer huldvollen Geste entgegen und öffnete sie vorsichtig.

„Eine Kette?“

Christopher verharrte in seiner Position. „Ich dachte mir: Du und ich … zusammen sind wir etwas Besonderes. Einen besonderen Ring habe ich nicht gefunden, eine besondere Kette schon.“

Elisabeth betrachtete das Schmuckstück genauer. Es sah aus wie zwei umeinander gewundene Einzelketten, eine aus Gold, die zweite aus Platin oder Titan oder einem ähnlichen Material. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie feine Verknüpfungen zwischen den beiden, so dass sie eine Doppelhelix bildeten. Es gab keinen Anhänger. Selbst ohne den war die Kette ein eindeutiges Symbol für Liebe und Verbundenheit. Sie musste Chris zustimmen. Diese Kette war einzigartig.

„Wenn du lieber einen Ring möchtest …“, sagte Chris, der immer noch kniete.

„Moment, mein Lieber“, entgegnete Elisabeth. Sie legte sich das Schmuckstück um und gab Chris die Schachtel zurück. An diesem Oktobermorgen trug sie eine Bluse, die sie mit Leichtigkeit um einen Knopf weiter öffnen konnte. Die Kette würde ihr Dekolleté perfekt in Szene setzen.

„Wo ist ein Spiegel, wenn …“

Chris hielt ihr einen kleinen Handspiegel entgegen.

„Du denkst immer an alles, oder?“

„Ich versuche es.“ Er blickte sie fragend an.

„Was ist?“

„Du hast noch nicht geantwortet.“

„Ich habe mir die Kette umgelegt. Du darfst es als Ja werten.“

In dem Moment kamen Elaine und Brian zur Tür herein.

„Elisabeth … Johnson?", sinnierte Liz leise. „Daran werde ich mich gewöhnen müssen.“

Chris stand auf und gab seiner Braut einen Kuss.

Elaine steuerte sofort auf Liz zu. „Ist es das, was ich denke?“

Elisabeth Bancroft nickte.

„Zeig her!“ Elaine griff nach Liz linker Hand. Dann nach der rechten. Sie blickte fragend auf.

„Kein Ring“, sagte Elisabeth, „eine Kette!“ Dabei spielte sie über das gesamte Gesicht strahlend mit ihrem neuen Schmuckstück.

„Ich gratuliere dir!“, sagte Elaine. „Ähm, euch!“ Sie knuffte Chris in die Seite und schob ein „Gut gemacht“ hinterher.

Brian stand einen Moment verdattert neben ihnen. Danach gratulierte er artig der frisch gebackenen Braut, ehe er mit freudigem Grinsen Chris’ Hand ergriff, ihn in seine Arme zog und feierlich drückte.

„Du hättest mich ruhig vorwarnen können!“, raunte er seinem Kumpel ins Ohr.

„Damit du es Elaine erzählst und sie es brandheiß an Liz weitergibt?“, raunte Chris zurück.

Die beiden Kumpels verstanden sich ohne ein weiteres Wort. Auch Elaine wäre sehr wahrscheinlich einer Verlobung nicht abgeneigt. Nur hatte Brian sie all die Jahre nicht um ihre Hand gebeten, und Christophers Antrag würde eben diesen Wunsch in ihr wieder nach oben spülen. Chris hatte sich bereits vorgenommen, diese vertrackte Situation irgendwie gerade zu rücken. Nur brauchte es dafür eben einen Schritt nach dem anderen.

In dem Moment klingelte Liz’ Handy. Sie schaute auf das Display. Chris registrierte eine Straffung ihrer Haltung, verbunden mit einem kurzen Räuspern. Sie nahm das Gespräch an. „Bancroft hier.“

Es folgte eine kurze Ja- und Nein-Stafette, ehe Elisabeth die Verbindung wieder trennte. Einen Moment dachte sie über das eben Gehörte nach.

„Und?“, fragte Christopher.

„Das war Cameron Duke. Er hat mir gerade mitgeteilt, dass der Chef des Secret Service mich um eine Unterredung bittet.“

„Du musst nach D.C.?“, fragte Brian.

Liz schüttelte den Kopf. „Er ist hier. In New York.“

3

Frank Brockman besaß einen festen, jedoch nicht dominanten Händedruck. Er sah ihr während der Begrüßung in die Augen. Elisabeth hatte gelernt, ihre Gegenüber anhand solcher Feinheiten einzuschätzen.

Cameron Duke bot ihr einen Platz am langen Besprechungstisch an. „Entschuldigen Sie bitte. In der Kürze der Zeit ließ sich leider nichts Besseres organisieren.“

„Kein Problem. Wie kann ich helfen?“

Sie hatte für diese Unterredung einen hoch geschlossenen Pullover und einen Blazer gewählt. Modisch nicht der letzte Schrei, aber der Situation sicherlich angemessen. Christophers Kette trug sie natürlich darunter. Die würde sie so schnell nicht wieder ablegen.

„Sie kommen gleich zur Sache“, erwiderte Brockman. „Das gefällt mir.“

„Nun, es muss wichtig sein. Andernfalls hätten Sie sich nicht nach New York bemüht.“

„Es ist sozusagen von nationalem Interesse“, warf Cameron Duke ein.

„Dann kann es sich wohl nur um den Präsidenten handeln“, sagte Elisabeth.

Brockman holte tief Luft. „In der Tat. Präsident Langdon plant seine Teilnahme am Chicago Marathon.“

„Der ist in sieben Tagen“, fügte Cameron hinzu. „Wir stehen ein wenig unter Zeitdruck.“

Elisabeth Bancroft war weit davon entfernt, sich oder ihrem Vorgesetzten etwas beweisen zu müssen. Sie wusste jedoch, dass Duke sich einen Spaß daraus machte, ihre analytischen Fähigkeiten zu testen.

„Sie haben mich nicht hergebeten, weil Sie die Strecke nicht gesichert bekommen. Dafür gibt es sicherlich eine Standardprozedur. Sie befürchten einen Anschlag?“

„Mehr oder weniger.“ Duke schmunzelte.

Mehr oder weniger. Der nächste Hinweis.

Sie dachte weiter laut nach. „Es gibt keine akute Anschlagsdrohung. Kein Wunder, denn Sie haben es noch nicht publik gemacht, dass der Präsident dort starten will. Also sprechen wir über die üblichen Verdächtigen. Abgesehen von den für eine solche Veranstaltung gängigen Vorbereitungen reden wir somit über einen ganz speziellen …“ Elisabeth wusste plötzlich, um wen es ging. „Stalin!“

Cameron Duke verzog das Gesicht. „Diese Gelegenheit wird er nicht ungenutzt verstreichen lassen.“

Brockman applaudierte in Elisabeth’ Richtung. „Sie sind wirklich so gut, wie Mr. Duke gesagt hat.“

Elisabeth war für Schmeicheleien nicht empfänglich. Selbst wenn sie vom Chef des Secret Service kamen.

„Ich habe meine Erfahrungen mit Stalin. Wahrscheinlich unterhalten wir uns aus diesem Grund.“

Duke grinste. „Wir unterhalten uns, weil Sie die Beste für diesen Job sind, Elisabeth.“

„Und weil ich Stalin kenne.“

„Und weil Sie Stalin kennen“, gab Duke zu. „Natürlich ist das ein Vorteil, den wir uns zunutze machen sollten.“

„Mr. Duke erwähnte, dass wir im Umgang mit Stalin noch ein weiteres Ass im Ärmel haben“, fügte Brockman hinzu.

Elisabeth ahnte, was er damit meinte. „Ich kann nicht für Chris sprechen. Aber ich werde ihn fragen.“

Sie schien ein besorgtes Gesicht zu machen, denn Cameron beeilte sich, eine beschwichtigende Geste nachzuschieben.

„Mr. Johnson ist vollständig rehabilitiert. Keine Sorge. Aber als Agent der Agency und als bekennender Patriot wäre er der richtige Mann, um Sie zu unterstützen. Also wann, wenn nicht heute …“

„Wird daraus ein Befehl, Sir?“, unterbrach Elisabeth ihren Chef bemüht höflich.

„Nennen wir es lediglich einen Wunsch. Einen … ausdrücklichen Wunsch.“

Brockman lehnte sich zurück. Er spürte die Spannung im Raum.

„In New York hatten Sie ihn bereits“, stellte Duke fest.

Der Hebel. Das Angebot einer zweiten Chance. Einer Wiedergutmachung. Einer Ehrenschuld.

„Ja, ich hatte ihn.“ Elisabeth wusste, wie das Spiel gespielt wurde. Und dass sie eigentlich keine Wahl hatte.

„Ich bräuchte alle Unterlagen. Alles, was Stalin in der Zwischenzeit getan hat. Seine Kontakte, seine Meetings, alle Leichen, die auf sein Konto gehen.“

„Bekommen Sie“, bestätigte Duke und lehnte sich entspannt zurück. „Sie ahnen, warum ich Johnson dabeihaben möchte?“

„Ich habe eine Vermutung.“

Brockman musterte sie mit großen Augen. „Sie wissen von seiner Idee?“

„Es ist nicht schwer, das zu erraten. Ich leite die Aktion, aber Chris soll an der Seite des Präsidenten die Augen offenhalten.“

Elisabeth seufzte. Sie spürte ihr Verlobungsgeschenk auf ihrer Haut.

„Es sollte ihm eine Ehre sein“, sagte Duke.

„Ihnen ist klar, dass er sich gleich eine Zielscheibe auf die Brust malen kann? In New York ließ Stalin Brian und Chris mit Sprengstoff in den Schuhen laufen“, konterte Elisabeth.

„Sie können die Situation kontrollieren.“

„Wenn man Stalin als Gegner hat, geht es eher ums Reagieren.“

„Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Sie und Johnson haben ihn einmal gekriegt. Sie werden ihn wieder kriegen.“

„Das waren andere Voraussetzungen. Damals hat er uns unterschätzt. Diesen Fehler wird er kein zweites Mal begehen.“

„Glücklicherweise hat auch Stalin kaum Vorbereitungszeit. Der Entschluss des Präsidenten liegt gerade einmal zwei Tage zurück.“

„Dann hat Stalin möglicherweise zwei Tage mehr als wir“, konstatierte Bancroft prompt.

„Wie sollte er? Er wird bestimmt keinen Informanten im Weißen Haus haben.“

„Können wir uns dessen sicher sein?“ Elisabeth Bancroft schaute herausfordernd zu Cameron Duke.

Der blickte irritiert zu Brockman. „Können wir das?“

„Für mein Team lege ich die Hand ins Feuer“, sagte Brockman.

Elisabeth wiegte den Kopf leicht hin und her. „Das glaube ich Ihnen gerne, nur haben wir es sicherlich nicht nur mit Ihrem Team zu tun.“

„Deswegen ziehen wir Sie hinzu, Elisabeth“, sagte Duke.

„Sir, Sie erinnern sich, dass Stalin selbst in der New Yorker NSA-Zentrale seine Leute hatte? Wie weit ist es von dort ins Weiße Haus?“

„Weiter als Sie glauben mögen. Aber das ist nicht der Punkt. Diesmal werden wir mit allem rechnen. Sie wissen, wie Stalin tickt. Sie kennen seine Stärken und seine Schwächen. Chicago wird nicht New York sein.“

Für Cameron Duke war ihr Einsatz längst beschlossene Sache.

Elisabeth blickte einen Moment auf die beiden Männer. „Nun Sir, ich werde mich nicht vor der Aufgabe drücken … und wie ich Chris kenne … er auch nicht.“

„Fein“, sagte Brockman und erhob sich. „Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.“

Er reichte ihr die Hand zum Abschied. „Ich muss los. Bin nur auf der Durchreise und fliege gleich weiter nach Chicago.“

Cameron Duke ließ erst Brockman hinausgehen, ehe er sich erneut Elisabeth zuwandte. „Sie reisen ihm heute noch hinterher. Kontaktieren Sie das örtliche Büro. Stellen Sie ein Team zusammen. Ich gebe Ihnen alle Freiheiten. Machen Sie sich mit den dortigen Gegebenheiten vertraut. Nutzen Sie die SWAT-Teams vor Ort. Wenn es Probleme mit Johnson geben sollte …“

„Wird es nicht“, unterbrach Elisabeth ihren Chef. „Ich kenne ihn.“

In ihren Worten klang ein wenig Resignation mit. Nicht wegen des Auftrags, ihres Chefs oder gar Stalin. Vielmehr wegen der Tatsache, dass Christopher sich ungeachtet der Gefahr um diesen Job reißen würde. Letztlich lag es an ihr, ihren Bräutigam zu schützen.

Sie reichte Duke die Hand. „Wir sehen uns in Chicago!“

4

„Ich bin dabei!“, verkündete Brian.

„Du? Wieso du?“, fragte Chris.

Elisabeth hatte Chris, Brian und Elaine eben erst in ihre Aufgabe eingeweiht, als Brian seinen Entschluss bereits hinausposaunte.

„Weil ich dich kenne“, begründete er seine Entscheidung. „Du wirst sowieso deiner Patriotenpflicht nachkommen. Und da du mein Freund bist …“

„Ich würde das nie von dir verlangen“, erwiderte Chris.

„Darum biete ich es selber an. Weil vier Augen mehr sehen als zwei. Hey – wir beide werden den Arsch des Präsidenten retten!“

Liz räusperte sich.

„Und Elisabeth natürlich“, schob Brian eilig nach.

Jetzt war es Elaine, die sich räusperte.

„Wie, du auch?“, fragte Chris.

„Wäre es nicht von Vorteil, auf die Kontakte eines befreundeten Geheimdienstes zurückgreifen zu können?“

Dabei lächelte sie. Chris wusste, dass Brian sich zuerst in ihr Lächeln verliebt hatte.

Dann verfinsterte sich ihre Miene. „Und weil ich mit Stalin eine Rechnung offen habe. Niemand sperrt mich ungestraft in eine Kiste.“

Chris nickte. „Ich weiß nicht, ob es ein Vor- oder Nachteil ist, aber Stalin wird es wohl ebenso sehen … das mit der offenen Rechnung.“

„Stalins Befindlichkeiten sind mir herzlich egal“, erklärte Elisabeth.

Brian schüttelte den Kopf. „Das sollten sie aber nicht. Stalin verfügt über einen aufbrausenden Charakter. Das können, das sollten wir uns zunutze machen.“

„Ich werde Duke fragen müssen, ob die NSA offiziell dabei sein darf.“ Sie wandte sich an Elaine. „Genau genommen hätte ich dir nicht einmal davon erzählen dürfen. Andererseits hab ich gerade eine Idee.“

„Lass hören!“, verlangte Chris.

„Ich muss erst mit Duke darüber sprechen. Aber es könnte uns einen kleinen Vorteil verschaffen. Etwas, das Stalin nicht vorhersehen kann.“

„Ich habe da ein ganz mieses Gefühl“, sagte Christopher mit Grabesstimme.

„Wieso das denn jetzt?“, fragte Elisabeth ernst.

Chris lachte. Brian lachte mit. „Das war ein Spaß. Der Satz ist aus Star Wars. Er kommt in jedem dieser Filme vor“, erklärte Chris.

Elaine rollte die Augen. „Große Jungs.“

„Wir sollen das ein wenig ernsthafter angehen“, sagte Elisabeth. „Wir haben nur sechs Tage und sind noch in New York. Wie schnell könnt ihr packen?“

Später am selben Tag … rund 800 Kilometer weiter westlich

Dean Williamson war der Chef der Chicagoer CIA-Außenstelle. Er saß in einem sonnenhellen Büro mit dem Rücken zum Fenster. Als Elisabeth das Zimmer betrat, kam er um seinen Schreibtisch herum und gab ihr die Hand. Sie musterte ihn, wie sie jeden neuen Menschen in ihrem Leben einzuschätzen versuchte. Williamson war schlank, fast hager, und irgendwo um die Mitte Fünfzig.

„Mr. Williamson, ich wurde von Cameron Duke mit Sondervollmachten ausgestattet, was die Sicherheit des Präsi…“

„Das ist mir bekannt. Sie können sich Ihre Ansprache sparen, Miss Bancroft. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich unterstütze Sie in allen Dingen nach besten Möglichkeiten. Trotzdem bin ich maßlos enttäuscht. So oft ist der Präsident nicht in unserer Stadt. Doch kaum ist er da, übernimmt nicht nur der Secret Service sondern auch ein Sondereinsatzkommando die Sicherung seiner Person. Als ob wir das nicht könnten. Hier in Chicago gibt es ebenfalls Spezialisten. Die SWAT-Teams stehen, wie angefordert, zu Ihrer Verfügung. Aber was ist mit den Spezialeinheiten der Chicagoer Polizei? Wir könnten das sicherlich – und das soll nicht gegen Sie gehen – genauso gut übernehmen.“

Elisabeth wartete, bis Williamson seine Rede beendet hatte. „Da haben Sie völlig Recht, Mr. Williamson. In diesem Fall liegen allerdings besondere Umstände vor. Nur deswegen wurde mein Team Ihren Leuten vorgezogen.“

„Besondere Umstände?“

„Über die ich Sie leider noch nicht näher in Kenntnis setzen darf.“

Sie wussten beide, wie das Spiel gespielt wurde. Darüber täuschte Williamsons teils moderate, teils schroffe Art nicht hinweg. Letzten Endes würde er kooperieren müssen.

„Nun, dann war es ja sicherlich nicht gegen Ihre Interessen, dass ich den Spezialeinheiten am kommenden Wochenende frei gegeben habe?“, sagte Williamson. Die Frage verlangte keine Antwort. Sie war ein Statement.

Elisabeth überlegte, ob jetzt die Zeit war, die Muskeln spielen zu lassen, oder ob sie Williamson seinen kleinen Triumph durchgehen ließ. Sie entschied sich für Letzteres.

„Keine Einwände. Solange ich die SWAT-Teams bekomme.“

„Kriegen Sie.“

„Ich habe eine lange Liste, die ich gerne mit Ihnen zusammen abarbeiten würde“, fokussierte Elisabeth das Gespräch aufs Wesentliche.

„Wie gesagt, ich helfe gerne“, erwiderte Williamson.

„Zuallererst, ich halte nichts davon, das Geschehen von einem festen Standort aus zu koordinieren. Ich muss mobil sein. Also brauche ich einen Fahrer. Einen sehr guten, der Chicago wie seine …“

„… Westentasche kennt?“, vollendete Williamson. „Wollen Sie Turk haben?“

„Stanley? Ach ja, er hatte nach der Stalin-Sache … Er ist hier? In Chicago?“

„Er ist hier. Und einer meiner Besten.“

„Wer verlässt freiwillig New York, um nach Chicago zu ziehen? Ich würde L.A. verstehen, vielleicht auch Seattle …“, sinnierte Elisabeth ein wenig lauter als von ihr beabsichtigt.

„Ähm, ich lebe in Chicago …“, warf Williamson ein.

„Sorry. Ich liebe New York.“ Sie sah ein, dass sie in ihrer Big-Apple-Versessenheit ein wenig zu weit gegangen war. „Es war nicht so gemeint. Ich … Es tut mir leid.“

Dean Williamson lachte. „Keine Sorge. Ich verstehe es, wenn man seine Heimatstadt liebt. Wir haben also eine Vorliebe, die wir teilen. Und nennen Sie mich bitte Digger.“

„Danke, Digger. Aber nur, wenn Sie mich Liz nennen.“

„Geht klar, Liz.“

Sie lächelte. Es war ihr wichtig, auf Williamson zählen zu können. Wenn es hart auf hart ging, brauchte sie das örtliche Netzwerk, das Wissen über Chicago und die Geheimnisse der Stadt. Digger Williamson hatte das Herz anscheinend am rechten Fleck. Mit ihm würde sie diese Schlacht sicherlich schlagen können.

„Stanley Turk …“, schwenkte sie das Gespräch zurück auf dienstliche Belange. „Ich weiß nicht einmal, wieso Stanley nach Chicago gezogen ist.“

„… wieder nach Chicago gezogen ist“, korrigierte Williamson. „Stanley stammt aus Chicago und nicht nur aufgrund seines Whats-App-Profilbildes würde ich tippen, dass er der Liebe wegen heimkehrte.“ Er zog sein Smartphone aus der Tasche, tippte ein paar Mal auf den Screen und präsentierte Elisabeth schließlich ein Bild von zwei offensichtlich sehr glücklichen Menschen. Stanley hielt eine Frau umschlungen, die ihn strahlend anlachte. Die ganze Szene sprühte vor Lebenslust.

„Hach – alles nur der Liebe wegen.“ Elisabeth konnte das gut nachfühlen. Immerhin hatte Christopher ihretwegen einen Job bei der CIA angenommen. Den Job, den Peter Hunziker zuvor besaß. Jener Peter, der vorgegeben hatte, sie ebenfalls zu lieben. Oder zu verehren. Elisabeth würde es nie erfahren. Sie wollte es gar nicht mehr wissen. Hunziker hatte sich von Stalin erpressen lassen. Um sie zu schützen, wie er behauptete. Doch genau dadurch hatte er sie, ihr Team, New York City und wer weiß wen noch in Gefahr gebracht. Sie schüttelte die Geister der Vergangenheit ab.

„Turk ist meine erste Wahl.“

Sie sollte sehr vorsichtig bei der Zusammenstellung ihres Teams zu Werke gehen. Immerhin hatten sich nicht nur ihr ehemaliger Assistent, sondern auch der damalige Einsatzchef der NSA, Floyd Truman, als Stalins Werkzeuge herausgestellt.

Elisabeth trat ans Fenster. Williamsons Büro lag im zweiundfünfzigsten Stock des Willis Towers und bot einen fantastischen Blick über die Stadt. Chicagos Skyline war schön. Das musste Elisabeth im Stillen eingestehen. Unter ihr befanden sich die Kanäle des Chicago River. Sie sah den ‚El‘, das für ‚Chicago Elevated‘ stand, die auf eisernen Füßen quer durch die Stadt führende Hochbahn. Es fiel ihr schwer, den Blick zu lösen.

„Sieht nicht schlecht aus, oder?“, fragte Digger.

Elisabeth wandte den Kopf und nickte. „Nicht schlecht, ja!“

Williamson räusperte sich. „Bringen Sie eigene Leute aus New York mit?“

„Zwei. Einen Spezialisten für die Verkehrsüberwachung und eine Frau. Die ist allerdings von … einer befreundeten Agency.“

Elisabeth plante, noch mit Cameron Duke zu telefonieren. Ihr morgendlicher Gedanke hatte jedoch längst Gestalt angenommen und war zu einem Plan gereift. Stalin würde kaum einen zweiten Van erwarten. Außerdem würde sie mit Elaine eine Teamleaderin haben, der sie blind vertraute. Sie musste Elaine nur noch fragen… und andere Details klären.

„Ich brauche noch einen zweiten Fahrer.“

„Kein Problem. Ich habe eine sehr gute Fahrerin.“

Elisabeth Bancroft horchte auf.

„Eine Fahrerin? Normalerweise ist dieses Metier fest in Männerhand.“

Williamson lächelte. „Das ist vielleicht in New York so.“

„Touché, Digger. Und der Name der Fahrerin lautet?“

„Rory Sanders.“

„Wie lange arbeitet sie schon für Sie?“

„Fünf tadellose Jahre.“

„Gut. Wann kann ich sie sehen? Heute?“

„Sie drücken mächtig auf die Tube, Liz. Das gefällt mir.“ Er sah auf seinen Bildschirm. „Rory ist gerade im Einsatz, dürfte aber in einer Stunde zurück sein.“

Elisabeth Bancroft zählte in Gedanken durch. Stanley und Rory als Fahrer. James Bishop – den sie noch anrufen musste – und weitere drei Chicagoer Agenten. Das waren, sie selbst und Elaine mitgerechnet, vier Personen pro Van.

„Ich werde noch drei weitere Spezialisten benötigen.“

„Spezialisten wofür?“

„Tja, das ist die Frage, Digger. Ich brauche Allrounder. Denn genau genommen weiß ich noch nicht, was auf uns zukommt.“

Digger überlegte. „Zuerst empfehle ich Ihnen Spencer. Ein Typ, der immer Lösungen findet. Selbst für Probleme, von denen Sie noch nicht einmal etwas ahnen.“

„Klingt großartig. Ist er ein Medium?“

„Sie nehmen mich nicht ernst, Liz.“

„Im Gegenteil, das tue ich. Ich möchte lediglich den Grund für Spencers Begabung erfahren.“

Williamson holte mit den Armen weit aus. „Er verfügt über eine herausragende Bildung, kann improvisieren, kennt sich in der Stadt sehr gut aus … und er ist schnell.“

„Zu Fuß?“

„Im Kopf, zu Fuß, egal wie. Allerdings …“

„Allerdings?“

„Spencer ist sehr … mitteilungsbedürftig.“

„Ein Plappermaul?“

Digger nickte. „Ein Plappermaul.“

„Nun, ich sehe mir diesen Spencer mal an. Wen haben Sie noch?“

Sie studierte die Akten der Kandidaten, fragte Digger nach dem einen oder anderen Detail. Tatsächlich gab es in Chicago einige sehr gute Agenten.

Sean Dickens war ausgewiesener Spezialist für Bomben jedweder Art.

Roger Taylor war Psychologe und Profiler. Außerdem kannte er sich mit Geiselnahmen aus.

Leonard Smith gehörte zum Team der Chicagoer Drohnenstaffel und galt als Luftabwehrexperte.

„Ähm, Digger, eine Frage. Sie haben hier eine Drohnen…staffel?“

„Ja. Ein Pilotprojekt. Da sind wir Ihnen in New York wohl ausnahmsweise voraus, was?“

„Sieht so aus.“

„Es gibt so viele Bedrohungen, zu denen Drohnen schneller als Polizeiwagen gelangen können. Amokläufe, Anschläge. Gerade in einer Stadt voller Hochhäuser und mit verstopfter Innenstadt muss man nach Alternativen forschen. Unsere Drohnenstaffel ist die Antwort.“

„Was kann die?“

„Einiges. Aber da ist Leonard der Experte. Fragen Sie ihn.“

„Auf jeden Fall wären die Drohnen eine gute Option.“

„Dann sollten Sie Leonard Smith fest einplanen.“

Elisabeth stimmte ihm zu. Smith wäre eine perfekte Ergänzung zu James Bishops Fähigkeiten.

Wenig später klopfte es an der Tür und Charles Spencer betrat das Büro. Er grüßte kurz seinen Vorgesetzten, eher er auf Elisabeth zusteuerte.

„Hallo Miss Bancroft, ich habe viel von Ihnen gehört. Wäre es vermessen zu behaupten, ich bin ein Fan? Auf jeden Fall habe ich Ihren Bericht zum Marathon-Einsatz letztes Jahr gelesen. Ganz großes Kino, alles richtig gemacht … Also wenn ich das sagen darf?“

Elisabeth schmunzelte. Ihr natürlicher Schutzwall bröckelte.

„Danke, Charles. Ich darf doch Charles sagen?“

„Es wäre mir eine Ehre. Wenn ich außerdem betonen darf: Ich danke Mr. Williamson für die Chance, mich Ihnen anbieten zu dürfen.“

„Anbieten?“

„Okay, okay, okay. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mir wünsche, bei dem Einsatz dabei zu sein.“

„Doch Charles.“ Elisabeth nickte knapp. „Ich habe eine leise Ahnung, was Sie meinen.“

„Gut, gut, gut. Was soll ich tun? Ich meine, haben Sie einen Test für mich? Soll ich irgendetwas tun?“

Elisabeth überlegte.

„In der Tat, Charles. Ich hätte da etwas. Dean sagte, Sie sind ein schneller Denker.“

Charles Spencer schaute ein wenig überrascht zu Dean Williamson. „Danke, Sir.“

„Augen auf mich, Charles.“ Elisabeths Tonfall machte deutlich, dass der Smalltalk vorüber war.

„Folgende Ausgangssituation. Der Präfekt der Stadt ist ziemlich sauer auf Sie. Der Tag Ihrer Hinrichtung. Ihr Kopf steckt in der Schlinge. Jeden Moment sollen Sie vom Leben zum Tod befördert werden. Aus alter Tradition bekommen Sie jedoch eine letzte Chance. In einem Beutel sollen sich zwei Perlen befinden. Eine weiße und eine schwarze. Wenn Sie die weiße Perle ziehen, sind Sie frei. Bei der schwarzen jedoch … Nur hat der Präfekt, um sicher zu gehen, dass Sie wirklich sterben werden, zwei schwarze Perlen in den Beutel getan. Sie erfahren gerade eben von dieser Falle. Wie können Sie Ihr Leben retten?“

Charles Spencer schloss kurz die Augen, dann beugte er sich vor und flüsterte Elisabeth die Lösung ins Ohr. Sie grinste und nickte. „Gut, Charles. Sie sind dabei.“

„Super, fein, freue mich, danke, Miss Bancroft, und …“

Elisabeth hob die Hand. Zu ihrer Überraschung verstummte Charles Spencer tatsächlich.

„Ich habe noch nicht entschieden, wie ich die Teams einteile. Sie sind Teil der erweiterten Planung. Halten Sie sich bereit. Das wäre vorerst alles.“

Spencer schaute noch einmal fragend zu Williamson, der ihm mit einem kurzen Nicken zu verstehen gab, sich entfernen zu dürfen.

„Okay, okay, okay, verstehe, bin schon weg. Ich rufe nicht Sie an, Sie rufen mich an. Alles klar.“

Spencer ging, doch Elisabeth meinte, ihn auf dem Flur weiter sprechen zu hören. Sie schaute Williamson an.

„Ein Plappermaul“, sagte er beinahe entschuldigend.

„In der Tat. Aber ich habe meine Mannschaft beisammen.“

„Verraten Sie mir die Lösung Ihres kleinen Rätsels?“

Elisabeth sah Williamson an, dass er sich ein wenig unwohl dabei fühlte, diese Frage stellen zu müssen.

„Gerne, Digger. Der zum Tode Verurteilte muss sich die Perle, die er aus dem Beutel nimmt, rasch in den Mund stecken und hinunterschlucken.“

Williamson machte ein verwundertes Gesicht. „Wie soll ihn das retten?“

„Er muss nur verlangen, dass die andere Perle aus dem Beutel gezogen und allen gezeigt wird.“

Dean Williamson verstand. „Und da alle die schwarze Perle sehen, muss er demzufolge die weiße verschluckt haben. Clever.“

Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass Spencer die Lösung innerhalb weniger Sekunden eingefallen war.

„Nicht schlecht von Charles. Oder?“

Elisabeth Bancroft stimmte ihm zu. „Nicht schlecht.“

„Das freut mich“, antwortete Digger. „Und es erinnert mich an Stanley.“ Er tippte etwas auf der Tastatur und schaute auf den Monitor. „Ich sehe gerade, Stanley ist momentan im Gebäude. Wollen Sie ihn gleich treffen?“

„Gerne. Wir werden noch genug zu tun bekommen. Was weg ist, ist weg.“

„Gut, ich gebe ihm Bescheid. Er wird in wenigen Minuten hier sein.“

„Danke, Digger. Ich hätte noch eine elementare Frage.“

„Na, jetzt bin ich aber gespannt.“

„Wie sieht es mit Luftunterstützung aus?“

„Sie meinen einen Helikopter?“

„Ja.“

„Mit Bewaffnung?“

„Alles, was ich kriegen kann.“

Williamson lächelte.

„Tatsächlich haben wir einen Grey Thunder vor Ort.“

„Wow, von dem habe ich gehört. Ist das Modell nicht erst in der Erprobung?“

„Sie sind gut informiert. Er wird getestet. Hier … in Chicago.“

„Welch glückliche Fügung des Schicksals.“

„Das stimmt nicht ganz. Der Vogel ist auf Geheiß von ganz oben hier. Genau genommen erst seit zwei Tagen.“

„Ganz oben?“

„Cameron Duke.“

„Ich nehme ihn mit allem Drum und Dran. Bekomme ich von Ihnen die Datenblätter?“

„Steht alles für Sie bereit.“

„Danke, Digger. Sie versprachen mir auch SWAT-Teams?“

„Fünf Wagen mit Besatzung. Zu Ihrer Verfügung.“

Das war mehr als Elisabeth erwartet hatte.

Die SWAT-Teams würde sie alle vier Meilen positionieren. Beginnend an Meilenstein Drei. Das bedeutete einen maximalen Einsatzweg von zwei Meilen. Nur am Start und zum Ziel wäre es etwas mehr.

„Sehr gut. Danke Digger.“

Es klopfte an der Tür. Dean Williamson bat den Besucher ins Zimmer. „Kommen Sie herein, Stanley.“

Stanley Turk betrat den Raum und sah Elisabeth. „Miss Bancroft, schön, Sie wiederzusehen.“

„Ich freue mich auch, Stanley.“ Elisabeth trat dicht an ihren ehemaligen Fahrer heran und beäugte sein Gesicht sehr genau. „Sie gestatten?“ Sie griff an Turks Hals und untersuchte die Haut, versuchte – vorsichtig – daran zu ziehen.

„Das ist ein wenig eigenartig“, sagte Stanley. „Sie wissen das vermutlich auch?“

Bancroft ließ von ihm ab.

„Ich wollte nur sicher sein, dass Sie es sind.“

„Stalin also. Es geht wieder gegen ihn?“

„Das ist zumindest zu befürchten.“

Turks dunkles Gesicht wurde blasser. Elisabeth war Profi genug, um sein Unwohlsein zu spüren.