Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-86880-014-2
© 2009 by mi-Wirtschaftsbuch, FinanzBuch Verlag GmbH, München
www.mi-wirtschaftsbuch.de
Lektorat: Michael Schickerling, München
Umschlaggestaltung: Jarzina Kommunikations-Design, Holzkirchen
Umschlagabbildung: istockphoto.com (Ideenschmiede)
Layout: Julia Walch, Bad Soden
Grafik: Mone Schliephack, Niedernhausen
Printed in Germany
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»Wie kann unser Unternehmen ohne Zukäufe wachsen?« Und: »Wie kann ich in der globalisierten Welt erfolgreich sein?« So ähnlich lauten die zwei Fragen, die mir Vorstände und Geschäftsführer im Lauf meines Beraterlebens am häufigsten gestellt haben. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase 2001/2002 und der aktuellen Finanzkrise ist eine dritte hinzugekommen: »Wie bereite ich mich vor, damit mich die nächste Krise nicht mehr so hart trifft?« Meine Antwort ist bis heute: »Durch Innovation.« In der Regel entsteht sofort eine lebhafte Diskussion. »Ich muss Ihrer Meinung nach also mehr Forscher einstellen«, wird oft entgegnet. Etwas später: »Dann machen Sie mir doch bitte ein Angebot für ein dreimonatiges Innovationsprojekt.« Oder: »Wir sind Dienstleister, kein Produktunternehmen.«
In habe erfahren, dass es oft Missverständnisse darüber gibt, was Innovationen sind und wie sie systematisch auf den Weg gebracht werden. Sie werden eben nicht in Forschungslaboren gemacht, sie lassen sich nicht in einem Vierteljahr abhandeln und sie sind auch nicht nur bei Produkten möglich. Als besonders wichtig können hingegen diese drei Dinge gelten: Erfindungen sind nicht etwa dasselbe wie Innovationen, sondern nur oftmals deren Grundlage und Ausgangspunkt; es ist ein langer Weg von der Idee bis zum Erfolg im Markt, und: Neben Produktinnovationen gibt es auch höchst lukrative Service-, Marketing-, Prozess-, Organisations- oder Geschäftsmodellinnovationen.
Das Thema »Innovation« hat mich mein gesamtes berufliches Leben begleitet, und zwar immer bewusster und drängender. In den Achtzigerjahren, als ich Biochemie studierte, gelang es der Wissenschaft erstmals, die Wirkungsweise der Natur nicht nur zu verstehen, sondern auf ihre Prozesse Einfluss zu nehmen. Gentechnologie und Molekularbiologie schickten sich an, dem Welthungerproblem, altbekannten Krankheiten wie Krebs und neuen Menschheitsgeißeln wie Aids mit neuen, schlagkräftigeren Waffen zu begegnen. Für mich war das eine elektrisierende Zeit. Als junger Wissenschaftler musste ich aber bereits damals mit ansehen, wie die wirtschaftlichen Erfolge aus deutschen Erfindungen von anderen Staaten, Unternehmen und Personen eingefahren wurden – weil die deutsche Bürokratie blockierte, weil in blanker Unkenntnis geführte öffentliche Debatten die Vermarktung erschwerten und/oder weil Unternehmen die sich ihnen bietenden Chancen nicht nutzten.
Eine Lektion hatte ich schon damals gelernt: Erfindungen verhelfen zu Titeln, Orden und Ehrenzeichen, bringen aber dem Erfinder finanziell wenig. Erst wenn es gelingt, sie am Markt zu erfolgreichen Produkten – und damit überhaupt erst zu Innovationen – zu machen, zahlen sich Erfindungen für den Erfinder und dessen Unternehmen aus.
Konsequenterweise verließ ich die Wissenschaft und ging in die Wirtschaft, zu dem Lübecker Medizin- und Sicherheitstechnikunternehmen Dräger. Ende der Achtzigerjahre gelang es uns dort in intensiver Arbeit, ein preisgünstiges, schnelles und leicht bedienbares Formaldehyd-Messmittel auf biochemischer Basis zu entwickeln. Unsere Erfindung war dem damaligen Stand der Technik – der chemischen Gasmesstechnik – weit überlegen. Da in der bundesdeutschen Gesellschaft gerade die Formaldehyd-Hysterie grassierte, bestanden recht gute Marktchancen für unseren laientauglichen Sensor. Nach erfolgter Patent- und Geschmacksmusteranmeldung fragte ich den zuständigen Vorstand, wo denn »meine« Produktion und »mein« Vertrieb nun blieben. »Gehen Sie zurück in Ihr Labor und entwickeln Sie etwas Neues«, wurde ich beschieden – eine Antwort, mit der ich wenig anfangen konnte. (Von »unserem« Formaldehydsensor »Biocheck F« wurden übrigens über 540000 Stück bis Ende 2008 verkauft.)
Ich zog wiederum meine Konsequenzen – und sprach mit vielen wesentlichen deutschen Medizin-, Chemie- und Pharmaunternehmen. Überall jedoch traf ich mehr oder weniger auf dieselbe Misere: Keines dieser Unternehmen besaß (und besitzt übrigens bis heute) einen wirklich durchgängigen Innovationsprozess mit allen notwendigen unterstützenden Rahmenbedingungen; einen Prozess also, der dafür sorgt, dass werthaltige Erfindungen so schnell und effizient wie möglich in erfolgreiche Produkte und Services umgesetzt und auf den Markt gebracht werden. Jedes Mal wurde ich gefragt: »Was wollen Sie denn nun bei uns machen – Strategie, Forschung, Entwicklung, Produktion, Marketing oder Vertrieb? Sie müssen sich schon entscheiden!« Und jedes Mal erntete ich Unverständnis mit meiner Antwort: »Alles zusammen.« Wenn ich dann noch hinzufügte, dass ich damit auch richtig Geld verdienen wolle, gaben meine Gesprächspartner auf: Einen Job, wie ich ihn suchte, hatte »die Industrie« einfach nicht zu bieten.
Doch damit wollte ich mich nicht abfinden: Den Job, der internes Wachstum ermöglicht, der ein Unternehmen in der globalisierten Welt krisenfest und zum Gewinner macht – einen solchen Job gab es in »der Industrie« nicht? Dann musste ich ihn wohl oder übel erfinden. Also wurde ich Unternehmensberater, denn hierin sah ich zumindest die Chance, Innovationen gesamthaft zu begleiten – von der Erfindung bis zum Markterfolg. Überflüssig zu erwähnen, dass ich auch in der Beraterbranche zunächst einmal das alte Spiel erlebte: Worauf wollen Sie sich spezialisieren – auf welche Branche, welche Funktionalität, welche Art von Arbeit?
Mit zunehmendem Lebensalter hatte ich dann doch noch das Glück, diejenigen zu treffen, denen es gelungen war, Ideen erfolgreich in den Markt zu bringen: die Innovatoren, die wirklichen Stars des Wirtschaftslebens. Jeder von ihnen hat seinen eigenen Weg gefunden, um eine Idee optimal im Markt zu positionieren: als Start-up-Unternehmer, als Owner-Operator eines Familienunternehmens oder als Manager, der durch persönlichen Einsatz andere mitgezogen hat – unabhängig von seiner Position und weit über die Grenzen seines Jobs hinaus.
Auch aus diesen Begegnungen und Erfahrungen konnte ich mitnehmen, dass es nicht das eine Patentrezept für erfolgreiche Innovationen gibt – »there is no silver bullet«, wie es im Englischen heißt. Doch nach und nach erkannte ich auch, dass Innovationen auf Prozessen beruhen, die immer ähnliche Muster aufweisen und die es nachzuvollziehen lohnt – gleichgültig, ob man einer Erfindung, einer neuartigen Marketingidee oder einer neuen Dienstleistung zum Markterfolg verhelfen will. Überdies gibt es eine Reihe von Faktoren, die in erheblichem Maß beeinflussen, wie gut die Markteinführung einer neuen Idee gelingen wird.
Um diesen Innovationsprozess und diese Erfolgsfaktoren, letztlich um ein ganzheitliches Verständnis des Phänomens Innovation geht es mir in diesem Buch. Schlagen Sie es auf, wo Sie möchten, und lesen Sie das, was Sie am meisten fasziniert. Vielleicht die Erfolgsgeschichten von Bionade, Zara oder MAN Diesel? Vielleicht das Kapitel über den so wichtigen durchgängigen Innovationsprozess und die Erfolgsfaktoren? Vielleicht die Zukunft der Innovation? Jedes Kapitel ist für sich lesbar, und jede Seite ist – ungewöhnlich für ein solches Buch – individuell gestaltet. Lassen Sie sich auf diese Weise umso mehr fesseln von der Magie, die von wirklichen Innovationen ausgeht. Sie bereitet sinnliches Vergnügen – vor allem aber will sie die Motivation zum Handeln schaffen.