Inhalt

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Die Protagonistinnen
  5. Mädchen auf WhatsApp
  6. Leseprobe – Mädchen auf WhatsApp – Immer Online

Bärbel Körzdörfer

Mädchen
auf
WhatsApp

Ein Chat-Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Die
Protagonistinnen

Manou

Marie-Lin

Manou Elisabeth
von Berghain (14)

Wie ich so bin? Schwierig! Was soll ich sagen: Ich bin eigentlich ziemlich normal. So glücklich normal. Ich habe einen Adelstitel, aber ich scheiß drauf. Stolz bin ich eher auf mein kleines Tattoo, das ich mir heimlich auf dem Kiez hab stechen lassen – ein kleiner Schmetterling auf meiner rechten Pobacke. Es ist mein Geheimnis – meine Eltern würden durchdrehen, wenn sie es wüssten. Papi hat vor Jahren mal gesagt: Wer sich tätowieren oder piercen lässt, wird enterbt. Deshalb ist es ja besonders witzig. In den Sommerferien in St. Tropez muss ich immer aufpassen, dass meine Bikinihose nicht verrutscht.

Meine Mutter arbeitet dreimal in der Woche bei einem Goldschmied. Einer dieser angesagten Läden in unserer Stadt. Ihr Chef hat sogar schon Schmuck für Madonna und Pavarotti gemacht.

Mein Papi ist Unternehmensberater – er fliegt dauernd umher, um irgendwelche Firmenbosse zu treffen. Sein Büro ist in der Hafencity – doller Blick über die Elbe. Seine Sekretärin ist aus Ghana. Papi ist eben, wie Papis so sind – in der Woche meistens nicht da, und am Wochenende will er seine Ruhe oder mit seinem Boot über die Elbe fahren. Kino & Sport sind nicht so sein Ding.

Wir wohnen in Harvestehude – einer dieser super Stadtteile von Hamburg, in denen besonders viele nutzlose Range Rover herumstehen. Aber ich mag es hier. Wir – also meine Eltern, mein Bruder und ich  – haben ein ganzes Haus mit drei Etagen für uns alleine. Es ist eins dieser weißen Häuser, die in kleinen, geharkten Gärten mit runden Buchsbaumkugeln stehen.

Einmal in der Woche kommt Luisa und macht alles sauber bei uns. An diesen Morgen schreit Mami immer: »Zimmer aufräumen! Dafür ist nicht Luisa zuständig.« Mein unaufgeräumtes Zimmer, meine Mutter und ich, das ist keine gute Kombination – aus meiner Sicht jedenfalls! Aber am Ende macht es dann doch immer Luisa.

Marie-Lin ist für mich so etwas wie mein eigener Atem – und ohne Atem kann man ja bekanntlich nicht leben. Marie-Lin ist meine beste Freundin seit dem Kindergarten.

Ansonsten: Ich schlaf unheimlich gerne. Man könnte sagen: Ausschlafen ist so eine Art Hobby von mir. Ich spiele ziemlich gut Hockey. Und ich liebe Nagellack in den wildesten Farben.

Und noch etwas: Ich hätte gerne so eine richtig coole Beziehung. Ich bin in Jens verliebt, aber es klappt nicht. Wir kennen uns vielleicht schon zu lange – also, es ist seit Längerem immer so ein Hin und Her. Wenn er will, will ich nicht. Und wenn ich will, will er nicht. Mühsam. Echt! Es ist wie mit Pickeln, die kommen auch immer, wenn man sie nun wirklich gar nicht braucht. Ich stehe irgendwie auf kernige Jungs. Völlig bescheuert, aber ich mag zum Beispiel, wenn sie eine Bierflasche mit dem Feuerzeug aufmachen können. Jens kann das.

Marie-Lin
Steinkraus (15)

Wie ich mich finde? Ich find mich eigentlich ein bisschen zu dünn. Ich wäre auch gerne ein bisschen größer, aber es ist okay. Dafür habe ich tierisch gute Haare, so richtig dicke, volle, schwarze. Ich glaube, ich bin schüchtern, jedenfalls wenn viele Menschen zusammen rumstehen. Ich würde niemals auf die Idee kommen, Klassensprecherin werden zu wollen.

Meine Mutter ist in den USA geboren, aber ihre Familie stammt aus Hongkong. Sie hat an der Harvard Law School studiert, bis sie meinen Vater in einer New Yorker Kanzlei kennengelernt hat. Sie ist mit ihm nach Deutschland gegangen, hat ihn hier geheiratet. Papi stammt aus Bayern und ist eigentlich auch Jurist, arbeitet aber inzwischen für eine große Immobilienfirma am Hafen.

Ich weiß nicht, ob meine Eltern noch verliebt sind. Ich weiß überhaupt nicht, wie es ist, wenn man alt und verliebt ist – geht das dann überhaupt noch? Jedenfalls möchte ich, wenn ich alt bin, anders verliebt sein als meine Eltern.

Mein Vater ist viel auf Dienstreisen, er entwickelt irgendwelche Immobilienprojekte. Meine Mutter arbeitet bei der chinesischen Botschaft. Ich glaube, sie ist immer noch sauer auf sich, weil sie – als ich klein war – nicht chinesisch mit mir gesprochen hat. Inzwischen lernen Hamburger Kinder Chinesisch, und ich – mit einer chinesischen Mutter – kann‘s nicht. Mir ist es ziemlich egal, ich werde eh nie in China leben. Ich war einmal in Hongkong – über sieben Millionen Menschen auf 1000 Quadratkilometern, ich fand es schrecklich – zu viele auf einem Haufen!

Was Mami bei Chinesisch verpasst hat, will sie beim Klavierspielen wiedergutmachen. Ich spiele seit meinem vierten Lebensjahr jeden Tag mindestens zwei Stunden Klavier – ich glaub, ich kann’s ganz gut. Ich habe dieses Jahr den „Steinway”-Preis in der Lœiszhalle gewonnen. Bei „Young Talents in Concert” bin ich dabei. Und bei „Pianos an der Elbe” im Recall.

Sport ist nicht so mein Ding. Ich weiß auch nicht, wie lange es dauern wird, bis meine Jogginghose begreift, dass sie niemals joggen wird! Ich hab mal Fechten versucht, aber das war nix.

Wir (also meine Eltern und ich) wohnen in Eimsbüttel. Ganz nett, 3. Etage, kein Fahrstuhl, Altbau. Mein Zimmer ist cool, alles pink. Total pink. Sogar mein Bett. Meine Mutter findet es furchtbar, aber ich steh drauf!

Einen festen Freund hatte ich noch nie. Ich bin nicht oft auf Partys, auf dem Schulhof stehe ich manchmal sogar alleine rum. Die Jungs in meiner Klasse sind mir irgendwie zu blöd, zu kindisch.

Mein Problem ist, dass ich manchmal ein bisschen von mir enttäuscht bin. Ich wäre gerne mehr. Ich meine, niemand ist gegen mich, aber niemand ist auch so richtig für mich. Nur Manou, die schon. Manou ist meine beste Freundin.

» Marie-Lin

Ich sehne mich so sehr nach Wahrheit. Ich will, dass das Unausgesprochene ausgesprochen wird.
Ich fühl mich so leer.

» Manou

Was ist los mit dir? Du bist mir heute in der Pause aus dem Weg gegangen. Was ist los? Hey, sag‘s mir! Endlich! Los!

» Marie-Lin

Ich weiß es selber nicht! Alles scheint so unerreichbar! Ich will das Leben spüren. Ich sehe es in der Ferne, aber ich kann es nicht erreichen. So müssen sich die Männer von der Stadtreinigung fühlen – die immer kommen, wenn alles vorbei ist. Wenn die Party gelaufen ist.

» Manou

Sag mal, spinnst du? Alle beneiden dich.
Du bist perfekt und meckerst rum? Was soll das?

» Marie-Lin

Ich habe es satt, perfekt zu sein. Das ist es! Genau das: Ich habe es einfach satt, perfekt zu sein. Ich will raus aus dieser beschissenen perfekten Welt.

» Manou

Ist es wegen Daniel?

» Marie-Lin

Nein! Daniel hat gar nichts damit zu tun. Ich mag ihn, aber ich mag auch Nutella und Toast. Du weißt genau, dass ich mich niemals in Daniel verlieben könnte.

» Manou

Ok!

» Marie-Lin

Ok? Nichts ist ok! Ich möchte einfach nur glücklich sein, so wie andere auch. Aber ich schaffe es nicht. Ich fühle mich, als stecke mein ganzer Körper in Treibsand. Ich stecke bis zum Hals darin und gehe langsam unter.

» Manou

Wir müssen uns treffen!
In unserem Café an der Alster?
15 Uhr?

» Marie-Lin

Ja. Ich hätte Lust. 15 Uhr ist ok.

» Manou

Marie-Lin, wo bist du? Bin schon da. Ich warte.

» Manou

Hey, wo steckst du?

» Manou

Geh mal an dein Telefon! Das nervt jetzt echt.
Wir hatten 15 Uhr gesagt. Jetzt ist es fast 16 Uhr.

» Manou

Ich warte noch 5 Minuten. Dann gehe ich.

» Manou

Ich muss los. Schade. Was ist bloß mit dir los?

» Marie-Lin

Weißt du, dass ich dir Dinge schreiben kann, die ich dir niemals sagen könnte?

» Manou

Bist du deshalb nicht ins Café gekommen?

» Marie-Lin

Nein. Nein. Sie hat mich nicht weggelassen.

» Manou

Sie?

» Marie-Lin

Meine Mutter!

» Marie-Lin

Glaubst du, dass unsere Eltern überhaupt eine winzige Ahnung davon haben, wie wir ticken?

» Manou

Klares NEIN!!! Aber was soll diese Frage?

» Marie-Lin

Es reicht! Ich kann nicht mehr! Ich musste heute nach der Schule 3 Stunden Klavier spielen, und meine Mutter ist immer noch nicht zufrieden. Ich wollte wirklich ins Café kommen!

» Manou

Mann, Marie-Lin, das geht nicht! Du musst mit deinem Vater reden. Deine Mutter hat sie nicht alle!

» Marie-Lin

Er ist nicht da. Dienstreise.

» Manou

Wann kommt er wieder?

» Marie-Lin

In einer Woche.

» Manou

Komm doch zu uns, du kannst hier schlafen.

» Marie-Lin

Das erlaubt sie niemals!

» Manou

Du bist nicht ihr Eigentum. Komm! Heute! Ich muss gleich zum Hockey. Bin um sechs wieder da. Ich hol die Matratze aus dem Keller. Ok?

» Marie-Lin

Mann, begreif‘s endlich: Sie will es nicht. Sie erlaubt nicht, dass ich woanders schlafe! Deine Eltern glauben vielleicht an Freiheit.
Meine nicht.

» Manou

Versuch es doch wenigstens mal!

» Marie-Lin

Du checkst das einfach nicht.

» Manou

Ich bin mir übrigens sicher, dass deine Mutter überhaupt gar keine Ahnung hat, wie du tickst. Sie glaubt immer noch, du seist das kleine brave Mädchen, in dessen Poesiealbum kleine Freundinnen Blümchen malen. Dass Daniel dir wilde, coole Liebesbriefe zusteckt, schnallt die gar nicht.

» Marie-Lin

Das darf sie auch nicht erfahren. Klar?

» Manou

Klar! Superklar!

» Manou

Marie-Lin!
Hast du mit deiner Mutter gesprochen?
Kommst du?

» Manou

Hey! Melde dich!

» Manou

Es ist schon sieben. Was ist los?

» Manou

Ich dreh ab mit dir! Melde dich endlich!

» Manou

Es tut mir so leid. Wir müssen etwas unternehmen. So dürfen deine Eltern dich nie mehr behandeln. Nie wieder!

» Marie-Lin

Schon ok.

» Manou

Schon ok? Nix ist ok! Deine Mutter ist ein Tyrann!
Eine chinesische Tiger-Mom!

» Marie-Lin

Du verstehst das nicht. Deine Eltern sind ganz anders unterwegs. Ich hätte auch nicht abhauen sollen. Meine Mutter hat echt geweint. Gezittert. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich sie weinen sehen. Irgendwie komisch. Ich war ganz cool & sie war fertig. Sonst ist es immer umgekehrt … zum ersten Mal war ich stärker als sie. Allein dafür hat es sich gelohnt.

» Manou

Hast du sie noch alle? Sie trimmt dich von morgens bis abends, und jetzt tut sie dir auch noch leid? Wach auf, Marie-Lin! Wach endlich auf! Hey, du lebst wie in einer Kaserne oder so. Aye, aye, Sir! Du bist nicht ihr Soldat, sondern ihre Tochter!

» Marie-Lin

Was soll ich denn tun? Wieder abhauen? Geht nicht! Sie würde mir gar nichts mehr erlauben. Sie sagt, ich muss besser sein als alle anderen. Bessere Noten, besser Klavier spielen, besseres Benehmen …

» Manou

Wenn ich das Wort „Benehmen” schon höre, könnte ich kotzen.

» Marie-Lin

Mach doch. Bringt mich aber nicht weiter.

» Manou

Du wirst eines Tages verbittert vor einem Grab stehen, auf dem der Name deiner Mutter steht, und dann wirst du kotzen, weil du dich nicht mit ihr ausgesprochen hast. Weil du nicht den Mut dazu hattest, weil du immer nur brav warst – brav wie eine kleine chinesische Barbie.

» Marie-Lin

Ich kann nicht. Du verstehst das nicht.

» Manou

Nein, ich verstehe das nicht? Erklär es mir!

» Marie-Lin

„Wohlstand überdauert keine drei Generationen”, das ist eine alte chinesische Weisheit. Meine Großeltern sind ohne auch nur einen Cent in die USA geflohen. Sie haben in einem kleinen Lebensmittelladen in New York geschuftet. Sie waren so sparsam, dass sie noch nicht mal Mineralwasser kauften, sondern immer nur Leitungswasser tranken.

Die nächste Generation ist die meiner Mutter. Sie durfte als Allererste in der Familie überhaupt auf die Uni gehen und studieren. Sie hat ihr Jurastudium in kürzester Zeit durchgezogen und mit der dritthöchsten Punktzahl abgeschlossen. Wenn sie fertig war mit Lernen, hat sie Klavier gespielt. Sie war erst 24, als Kurt Masur ihr das Angebot machte, bei den New Yorker Philharmonikern mitzuspielen. Sie muss unglaublich gewesen sein. Zwei Jahre später wurde ich geboren. Ich weiß nicht, was, aber irgendetwas ist danach passiert. Sie spricht nicht darüber. Nicht ein einziges Wort. Sie hat nach meiner Geburt nie wieder Klavier gespielt. Nie wieder. Verstehst du?

» Manou

Nein! Das verstehe ich nicht. Und wer ist bitte schön Kurt Masur? Und: Was ist passiert?

» Marie-Lin

Kurt Masur war einer der genialsten deutschen Dirigenten. Er war 11 Jahre lang Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker.

» Manou

Aber was ist damals passiert?

» Marie-Lin

Ich sage dir doch: Sie hat seitdem nie wieder gespielt, und sie spricht nicht darüber. Sie will es nicht. Es schwebt wie ein Schatten über uns beiden. Nur wenn ich spiele, verschwindet diese Traurigkeit in ihr. Ich glaube, nur dann vergisst sie, was damals geschehen ist.

» Manou

Ich verstehe euch nicht. Ihr müsst reden. Ich würde meine Mutter so lange löchern, bis sie mir alles erzählt, was damals passiert ist.

» Marie-Lin

Ich habe es doch versucht. Wir haben zusammen geweint. Aber sie hat gesagt: Sie möchte nicht darüber sprechen! Noch nicht. Vielleicht irgendwann mal. Vielleicht.

» Manou

Das tut mir soooo leid.

» Marie-Lin

Das braucht es nicht. Du kannst ja nichts dafür.

» Manou

Und du auch nicht!

» Marie-Lin

Das weiß ich nicht. Vielleicht ja doch?

» Manou

So ein Blödsinn. Rede dir nicht so einen Quatsch ein. Wie kann ein Baby für etwas verantwortlich sein?

» Marie-Lin

Ich weiß es nicht.

» Marie-Lin

Außerdem bin ich todmüde jetzt. Gute Nacht!
Ich will nicht mehr darüber reden!

» Manou

Das scheint System bei euch zu sein: NICHT DARÜBER REDEN!

» Marie-Lin

Spinnst du?

» Manou

Sorry! Hast ja recht, es ist schon halb 3.
Bis morgen in der Schule.

» Manou

Ich hol dich ab. 7:30 bei dir.

» Marie-Lin

Klingel lieber nicht. Ich komm raus.

» Manou

Hast du Angst, dass ich sie frage, was damals passiert ist?

» Marie-Lin

Wehe! Du musst mir versprechen, dass sie niemals erfährt, dass ich es dir überhaupt erzählt habe!

» Manou

Ja, ja, schon klar. Echt! Für wie blöde hältst du mich?
Ich bin deine beste Freundin! Ok? Ich warte unten!

» Marie-Lin

Alles klar. Schlaf gut!

» Marie-Lin

Halt!
Frage zur Nacht: Was hat dich wirklich glücklich gemacht im Leben? 3 Beispiele!

» Manou

Dass ich Deutscher Hockeymeister geworden bin!
Der erste Kinoabend mit Jens!
Dass es noch so einen bescheuerten Menschen auf der Welt gibt, wie mich! DICH!!! Meine beste Freundin!

» Marie-Lin

Geht’s noch? Ich komm erst auf Platz 3 !!!!

» Manou

Du kommst schon auf Platz 3! Gute Nacht!

» Marie-Lin

LIEBE!

» Manou

LIEBE!

» Manou

Die trägt ihr Hirn echt im Busen.
Das gibt es doch nicht. Die blöde Kuh!

» Marie-Lin

Wer ist die blöde ?

» Manou

Na, wer wohl? Hanna. Die merkt nichts.
Aber auch gar nichts!

» Marie-Lin

Spuck‘s aus! Was war los?

» Manou

Hanna hat Jens in Mathe einen Brief zugesteckt.

» Marie-Lin

Was stand drin?

» Manou

Weiß ich nicht.

» Marie-Lin

Wo ist dann das Problem?

» Manou

Hanna ist verknallt in Jens. Sie will ihn. Sie mobbt mich voll. Macht mich schlecht bei Jens. Sie quatscht Müll über mich.

» Marie-Lin

Woher weißt du das? Was für Müll?

» Manou

Ich weiß es eben. Außerdem ist Jens voll anders seit 2 Wochen.
Und er trägt nicht mehr mein Freundschaftsband.
Er hat sein WhatsApp-Foto, auf dem man noch meine Hand auf seiner Schulter sieht, geändert. Es war so süß von ihm … meine Hand als geheimes Zeichen zwischen uns.
Und jetzt hat er es gelöscht.

» Marie-Lin

Ach komm! Du änderst dein Foto jeden Tag.
Hast mich übrigens auch gegen Kim ausgetauscht.

» Manou

Wein doch!

» Marie-Lin

Mach ich auch.
Aber was ist jetzt mit Jens und Hanna?
Hanna ist eine Zicke.
Sie nervt wirklich jeden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jens auf sie steht.

» Manou

Hilfst du mir? Ich muss etwas unternehmen.

» Marie-Lin

Sag mir, was du vorhast. Ich bin dabei.

» Manou

Danke!

» Manou

Ich hasse mich. Ich wollte das nicht.

» Marie-Lin

Hmmmmm?????

» Manou

Ich sage Sachen, die ich nicht sagen will …

» Manou

Ich vermisse ihn so sehr. Es ist, als hätte Jens den Schlüssel zu meinem Herz. Wenn ich mit ihm zusammen bin, bin ich sanft. Ich mag mich dann. Aber jetzt ist alles anders. So als würde meine eigene Faust mir ständig in den Magen boxen. Ich bin echt scheiße.

» Marie-Lin

Was hast du gemacht???

» Manou

Ich habe eine Dose Cola in ihre Schultasche gekippt. Und habe sie laut eine aufgetakelte Barbie genannt.

» Marie-Lin

Cool! Sie hat es verdient.

» Manou

Sie wird mir Jens wegnehmen. Ich spüre es.

» Marie-Lin

Was ist mit Jens? Was sagt er dazu?

» Manou

Das ist es ja. Er sagt nix. Und ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken. Mein beschissenes Gehirn quatscht mir dauernd dazwischen. Egal was ich mache, es schreit immer und immer wieder seinen Namen. Meine Finger schreiben wie ferngesteuert seinen Namen, egal auf welchem Zettel gerade Platz ist.

» Manou

Versteh doch! Jens ist mein erster Freund. Wir waren 13, als wir uns das erste Mal geküsst haben. Vor 3 Wochen habe ich ihm auf der Party von Rafael noch „Ich liebe dich” ins Ohr geflüstert.

» Manou

Und: Ich bin immer noch verliebt. Glaub mir.

» Manou

Die Sache mit Hanna ist so was von daneben. Ich hab ihm vertraut. Alles, was er gesagt hat, habe ich ihm geglaubt.
Von wegen er mag mich und so. Idiot! Er hat mir mein ICH geklaut.

» Marie-Lin

Aber woher willst du wissen, dass er jetzt mit Hanna zusammen ist?

» Manou

Er hat ihr Foto als Bildschirmschoner auf seinem Handy.
Ich hab‘s gesehen.

» Marie-Lin

Oh nein! Bitte nicht!!! Hanna ist schrecklich. Man kann sich nicht in einen Menschen verlieben, den man nicht mag. Niemand mag Hanna. Das kann nicht sein Ernst sein!

» Manou

Ist es aber. Ich hab sie beim Knutschen erwischt, nach der 6. Stunde gegenüber auf dem Parkplatz!

» Marie-Lin

Wobei hast du sie erwischt??

» Manou

Beim Knutschen … mit Zunge!! Hätte ich ihm nur nie gesagt, dass ich ihn liebe. Es ist so peinlich. Es tut so weh.

» Marie-Lin

Dann lass es wehtun. Liebeskummer schiebt man nicht einfach weg. Du musst ihn dir reinziehen. So richtig … das ist cool!

» Manou

Bitte?

» Marie-Lin

Ja! Leg eure Lieblingsmusik auf, immer im Wechsel mit so richtig traurigen Songs, häng ein Foto von ihm auf, dazu ne Tüte fiese Chips, ne Riesentafel Schokolade und Cola, ganz viel Cola.
Du selbst schlüpfst in deine älteste Jogginghose, und dann ziehst du dir deinen Schmerz voll rein!
Nenn es Therapie, und dann streich Jens von deiner Emo-Liste!

Ich sag dir, nach ein paar Stunden geht‘s dir echt besser.

» Manou

Hat es bei dir geholfen?

» Marie-Lin

Nö!!! Aber ich arbeite immer noch dran!
Meinen Liebeskummer kann man nicht heilen.

» Manou

DANKE für diesen erfolgversprechenden Tipp! Gut, dass ich DICH habe! Aber warum funktioniert es bei dir nicht? Und um wen geht es, verdammt noch mal? Seit 3 Monaten schiebst du eine tonnenschwere Depri-Kugel vor dir her. Alle Typen stehen auf dich, du könntest dir die Coolsten wie von einem schicken Buffet picken, nach dem Motto: All you can eat. Aber du bist verliebt in eine Art unsichtbaren Geist. Du musst mir endlich sagen, wer es ist!!!!!

» Marie-Lin

Bitte! Nein! Ich kann es dir nicht sagen.

» Manou

Warum nicht? Ich fahre meine Gefühle mit der Schubkarre zu dir, und du schaffst es seit 3 Monaten nicht, mir auch nur einen klitzekleinen Namen zu sagen?

» Marie-Lin

Hör auf zu nerven.
Ich habe dir gesagt, dass ich es dir nicht sagen kann!

» Manou

Du kannst es nicht. Deine Mutter und du, ihr scheint beide einen „Sprachfehler” zu haben. Ich kann es nicht sagen – ich kann diesen Satz nicht mehr hören!

» Marie-Lin

Ich bin deine Freundin. Akzeptiere es bitte. Ich kann nicht.