Mädchen
auf
WhatsApp
Ein Chat-Roman
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Originalausgabe
Copyright © 2016 by Baumhaus Verlag in der Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München unter Verwendung von Motiven von shutterstock/Koponia Aliaksei; Shutterstock/LOVEgraphic
Innengestaltung und Satz: Ortrud Müller – Die Buchmacher, Köln
Bildnachweise: © 2016 Thinkstock; © dreamstime
Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG im August 2018 erscheinenden Werkes »Mädchen auf WhatsApp – Immer Online« von Bärbel Körzdörfer.
eBook-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-7325-6316-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Manou
Marie-Lin
Wie ich so bin? Schwierig! Was soll ich sagen: Ich bin eigentlich ziemlich normal. So glücklich normal. Ich habe einen Adelstitel, aber ich scheiß drauf. Stolz bin ich eher auf mein kleines Tattoo, das ich mir heimlich auf dem Kiez hab stechen lassen – ein kleiner Schmetterling auf meiner rechten Pobacke. Es ist mein Geheimnis – meine Eltern würden durchdrehen, wenn sie es wüssten. Papi hat vor Jahren mal gesagt: Wer sich tätowieren oder piercen lässt, wird enterbt. Deshalb ist es ja besonders witzig. In den Sommerferien in St. Tropez muss ich immer aufpassen, dass meine Bikinihose nicht verrutscht.
Meine Mutter arbeitet dreimal in der Woche bei einem Goldschmied. Einer dieser angesagten Läden in unserer Stadt. Ihr Chef hat sogar schon Schmuck für Madonna und Pavarotti gemacht.
Mein Papi ist Unternehmensberater – er fliegt dauernd umher, um irgendwelche Firmenbosse zu treffen. Sein Büro ist in der Hafencity – doller Blick über die Elbe. Seine Sekretärin ist aus Ghana. Papi ist eben, wie Papis so sind – in der Woche meistens nicht da, und am Wochenende will er seine Ruhe oder mit seinem Boot über die Elbe fahren. Kino & Sport sind nicht so sein Ding.
Wir wohnen in Harvestehude – einer dieser super Stadtteile von Hamburg, in denen besonders viele nutzlose Range Rover herumstehen. Aber ich mag es hier. Wir – also meine Eltern, mein Bruder und ich – haben ein ganzes Haus mit drei Etagen für uns alleine. Es ist eins dieser weißen Häuser, die in kleinen, geharkten Gärten mit runden Buchsbaumkugeln stehen.
Einmal in der Woche kommt Luisa und macht alles sauber bei uns. An diesen Morgen schreit Mami immer: »Zimmer aufräumen! Dafür ist nicht Luisa zuständig.« Mein unaufgeräumtes Zimmer, meine Mutter und ich, das ist keine gute Kombination – aus meiner Sicht jedenfalls! Aber am Ende macht es dann doch immer Luisa.
Marie-Lin ist für mich so etwas wie mein eigener Atem – und ohne Atem kann man ja bekanntlich nicht leben. Marie-Lin ist meine beste Freundin seit dem Kindergarten.
Ansonsten: Ich schlaf unheimlich gerne. Man könnte sagen: Ausschlafen ist so eine Art Hobby von mir. Ich spiele ziemlich gut Hockey. Und ich liebe Nagellack in den wildesten Farben.
Und noch etwas: Ich hätte gerne so eine richtig coole Beziehung. Ich bin in Jens verliebt, aber es klappt nicht. Wir kennen uns vielleicht schon zu lange – also, es ist seit Längerem immer so ein Hin und Her. Wenn er will, will ich nicht. Und wenn ich will, will er nicht. Mühsam. Echt! Es ist wie mit Pickeln, die kommen auch immer, wenn man sie nun wirklich gar nicht braucht. Ich stehe irgendwie auf kernige Jungs. Völlig bescheuert, aber ich mag zum Beispiel, wenn sie eine Bierflasche mit dem Feuerzeug aufmachen können. Jens kann das.
Wie ich mich finde? Ich find mich eigentlich ein bisschen zu dünn. Ich wäre auch gerne ein bisschen größer, aber es ist okay. Dafür habe ich tierisch gute Haare, so richtig dicke, volle, schwarze. Ich glaube, ich bin schüchtern, jedenfalls wenn viele Menschen zusammen rumstehen. Ich würde niemals auf die Idee kommen, Klassensprecherin werden zu wollen.
Meine Mutter ist in den USA geboren, aber ihre Familie stammt aus Hongkong. Sie hat an der Harvard Law School studiert, bis sie meinen Vater in einer New Yorker Kanzlei kennengelernt hat. Sie ist mit ihm nach Deutschland gegangen, hat ihn hier geheiratet. Papi stammt aus Bayern und ist eigentlich auch Jurist, arbeitet aber inzwischen für eine große Immobilienfirma am Hafen.
Ich weiß nicht, ob meine Eltern noch verliebt sind. Ich weiß überhaupt nicht, wie es ist, wenn man alt und verliebt ist – geht das dann überhaupt noch? Jedenfalls möchte ich, wenn ich alt bin, anders verliebt sein als meine Eltern.
Mein Vater ist viel auf Dienstreisen, er entwickelt irgendwelche Immobilienprojekte. Meine Mutter arbeitet bei der chinesischen Botschaft. Ich glaube, sie ist immer noch sauer auf sich, weil sie – als ich klein war – nicht chinesisch mit mir gesprochen hat. Inzwischen lernen Hamburger Kinder Chinesisch, und ich – mit einer chinesischen Mutter – kann‘s nicht. Mir ist es ziemlich egal, ich werde eh nie in China leben. Ich war einmal in Hongkong – über sieben Millionen Menschen auf 1000 Quadratkilometern, ich fand es schrecklich – zu viele auf einem Haufen!
Was Mami bei Chinesisch verpasst hat, will sie beim Klavierspielen wiedergutmachen. Ich spiele seit meinem vierten Lebensjahr jeden Tag mindestens zwei Stunden Klavier – ich glaub, ich kann’s ganz gut. Ich habe dieses Jahr den „Steinway”-Preis in der Lœiszhalle gewonnen. Bei „Young Talents in Concert” bin ich dabei. Und bei „Pianos an der Elbe” im Recall.
Sport ist nicht so mein Ding. Ich weiß auch nicht, wie lange es dauern wird, bis meine Jogginghose begreift, dass sie niemals joggen wird! Ich hab mal Fechten versucht, aber das war nix.
Wir (also meine Eltern und ich) wohnen in Eimsbüttel. Ganz nett, 3. Etage, kein Fahrstuhl, Altbau. Mein Zimmer ist cool, alles pink. Total pink. Sogar mein Bett. Meine Mutter findet es furchtbar, aber ich steh drauf!
Einen festen Freund hatte ich noch nie. Ich bin nicht oft auf Partys, auf dem Schulhof stehe ich manchmal sogar alleine rum. Die Jungs in meiner Klasse sind mir irgendwie zu blöd, zu kindisch.
Mein Problem ist, dass ich manchmal ein bisschen von mir enttäuscht bin. Ich wäre gerne mehr. Ich meine, niemand ist gegen mich, aber niemand ist auch so richtig für mich. Nur Manou, die schon. Manou ist meine beste Freundin.
» Marie-Lin
Ich sehne mich so sehr nach Wahrheit. Ich will, dass das Unausgesprochene ausgesprochen wird.
Ich fühl mich so leer.
» Manou
Was ist los mit dir? Du bist mir heute in der Pause aus dem Weg gegangen. Was ist los? Hey, sag‘s mir! Endlich! Los!
» Marie-Lin
Ich weiß es selber nicht! Alles scheint so unerreichbar! Ich will das Leben spüren. Ich sehe es in der Ferne, aber ich kann es nicht erreichen. So müssen sich die Männer von der Stadtreinigung fühlen – die immer kommen, wenn alles vorbei ist. Wenn die Party gelaufen ist.
» Manou
Sag mal, spinnst du? Alle beneiden dich.
Du bist perfekt und meckerst rum? Was soll das?
» Marie-Lin
Ich habe es satt, perfekt zu sein. Das ist es! Genau das: Ich habe es einfach satt, perfekt zu sein. Ich will raus aus dieser beschissenen perfekten Welt.
» Manou
Ist es wegen Daniel?
» Marie-Lin
Nein! Daniel hat gar nichts damit zu tun. Ich mag ihn, aber ich mag auch Nutella und Toast. Du weißt genau, dass ich mich niemals in Daniel verlieben könnte.
» Manou
Ok!
» Marie-Lin
Ok? Nichts ist ok! Ich möchte einfach nur glücklich sein, so wie andere auch. Aber ich schaffe es nicht. Ich fühle mich, als stecke mein ganzer Körper in Treibsand. Ich stecke bis zum Hals darin und gehe langsam unter.
» Manou
Wir müssen uns treffen!
In unserem Café an der Alster?
15 Uhr?
» Marie-Lin
Ja. Ich hätte Lust. 15 Uhr ist ok.
» Manou
Marie-Lin, wo bist du? Bin schon da. Ich warte.
» Manou
Hey, wo steckst du?
» Manou
Geh mal an dein Telefon! Das nervt jetzt echt.
Wir hatten 15 Uhr gesagt. Jetzt ist es fast 16 Uhr.
» Manou
Ich warte noch 5 Minuten. Dann gehe ich.
» Manou
Ich muss los. Schade. Was ist bloß mit dir los?
» Marie-Lin
Weißt du, dass ich dir Dinge schreiben kann, die ich dir niemals sagen könnte?
» Manou
Bist du deshalb nicht ins Café gekommen?
» Marie-Lin
Nein. Nein. Sie hat mich nicht weggelassen.
» Manou
Sie?
» Marie-Lin
Meine Mutter!
» Marie-Lin
Glaubst du, dass unsere Eltern überhaupt eine winzige Ahnung davon haben, wie wir ticken?
» Manou
Klares NEIN!!! Aber was soll diese Frage?
» Marie-Lin
Es reicht! Ich kann nicht mehr! Ich musste heute nach der Schule 3 Stunden Klavier spielen, und meine Mutter ist immer noch nicht zufrieden. Ich wollte wirklich ins Café kommen!
» Manou
Mann, Marie-Lin, das geht nicht! Du musst mit deinem Vater reden. Deine Mutter hat sie nicht alle!
» Marie-Lin
Er ist nicht da. Dienstreise.
» Manou
Wann kommt er wieder?
» Marie-Lin
In einer Woche.
» Manou
Komm doch zu uns, du kannst hier schlafen.
» Marie-Lin
Das erlaubt sie niemals!
» Manou
Du bist nicht ihr Eigentum. Komm! Heute! Ich muss gleich zum Hockey. Bin um sechs wieder da. Ich hol die Matratze aus dem Keller. Ok?
» Marie-Lin
Mann, begreif‘s endlich: Sie will es nicht. Sie erlaubt nicht, dass ich woanders schlafe! Deine Eltern glauben vielleicht an Freiheit.
Meine nicht.
» Manou
Versuch es doch wenigstens mal!
» Marie-Lin
Du checkst das einfach nicht.
» Manou
Ich bin mir übrigens sicher, dass deine Mutter überhaupt gar keine Ahnung hat, wie du tickst. Sie glaubt immer noch, du seist das kleine brave Mädchen, in dessen Poesiealbum kleine Freundinnen Blümchen malen. Dass Daniel dir wilde, coole Liebesbriefe zusteckt, schnallt die gar nicht.
» Marie-Lin
Das darf sie auch nicht erfahren. Klar?
» Manou
Klar! Superklar!
» Manou
Marie-Lin!
Hast du mit deiner Mutter gesprochen?
Kommst du?
» Manou
Hey! Melde dich!
» Manou
Es ist schon sieben. Was ist los?
» Manou
Ich dreh ab mit dir! Melde dich endlich!
» Manou
Es tut mir so leid. Wir müssen etwas unternehmen. So dürfen deine Eltern dich nie mehr behandeln. Nie wieder!
» Marie-Lin
Schon ok.
» Manou
Schon ok? Nix ist ok! Deine Mutter ist ein Tyrann!
Eine chinesische Tiger-Mom!
» Marie-Lin
Du verstehst das nicht. Deine Eltern sind ganz anders unterwegs. Ich hätte auch nicht abhauen sollen. Meine Mutter hat echt geweint. Gezittert. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich sie weinen sehen. Irgendwie komisch. Ich war ganz cool & sie war fertig. Sonst ist es immer umgekehrt … zum ersten Mal war ich stärker als sie. Allein dafür hat es sich gelohnt.
» Manou
Hast du sie noch alle? Sie trimmt dich von morgens bis abends, und jetzt tut sie dir auch noch leid? Wach auf, Marie-Lin! Wach endlich auf! Hey, du lebst wie in einer Kaserne oder so. Aye, aye, Sir! Du bist nicht ihr Soldat, sondern ihre Tochter!
» Marie-Lin
Was soll ich denn tun? Wieder abhauen? Geht nicht! Sie würde mir gar nichts mehr erlauben. Sie sagt, ich muss besser sein als alle anderen. Bessere Noten, besser Klavier spielen, besseres Benehmen …
» Manou
Wenn ich das Wort „Benehmen” schon höre, könnte ich kotzen.
» Marie-Lin
Mach doch. Bringt mich aber nicht weiter.
» Manou
Du wirst eines Tages verbittert vor einem Grab stehen, auf dem der Name deiner Mutter steht, und dann wirst du kotzen, weil du dich nicht mit ihr ausgesprochen hast. Weil du nicht den Mut dazu hattest, weil du immer nur brav warst – brav wie eine kleine chinesische Barbie.
» Marie-Lin
Ich kann nicht. Du verstehst das nicht.
» Manou
Nein, ich verstehe das nicht? Erklär es mir!
» Marie-Lin
„Wohlstand überdauert keine drei Generationen”, das ist eine alte chinesische Weisheit. Meine Großeltern sind ohne auch nur einen Cent in die USA geflohen. Sie haben in einem kleinen Lebensmittelladen in New York geschuftet. Sie waren so sparsam, dass sie noch nicht mal Mineralwasser kauften, sondern immer nur Leitungswasser tranken.
Die nächste Generation ist die meiner Mutter. Sie durfte als Allererste in der Familie überhaupt auf die Uni gehen und studieren. Sie hat ihr Jurastudium in kürzester Zeit durchgezogen und mit der dritthöchsten Punktzahl abgeschlossen. Wenn sie fertig war mit Lernen, hat sie Klavier gespielt. Sie war erst 24, als Kurt Masur ihr das Angebot machte, bei den New Yorker Philharmonikern mitzuspielen. Sie muss unglaublich gewesen sein. Zwei Jahre später wurde ich geboren. Ich weiß nicht, was, aber irgendetwas ist danach passiert. Sie spricht nicht darüber. Nicht ein einziges Wort. Sie hat nach meiner Geburt nie wieder Klavier gespielt. Nie wieder. Verstehst du?
» Manou
Nein! Das verstehe ich nicht. Und wer ist bitte schön Kurt Masur? Und: Was ist passiert?
» Marie-Lin
Kurt Masur war einer der genialsten deutschen Dirigenten. Er war 11 Jahre lang Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker.
» Manou
Aber was ist damals passiert?
» Marie-Lin
Ich sage dir doch: Sie hat seitdem nie wieder gespielt, und sie spricht nicht darüber. Sie will es nicht. Es schwebt wie ein Schatten über uns beiden. Nur wenn ich spiele, verschwindet diese Traurigkeit in ihr. Ich glaube, nur dann vergisst sie, was damals geschehen ist.
» Manou
Ich verstehe euch nicht. Ihr müsst reden. Ich würde meine Mutter so lange löchern, bis sie mir alles erzählt, was damals passiert ist.
» Marie-Lin
Ich habe es doch versucht. Wir haben zusammen geweint. Aber sie hat gesagt: Sie möchte nicht darüber sprechen! Noch nicht. Vielleicht irgendwann mal. Vielleicht.
» Manou
Das tut mir soooo leid.
» Marie-Lin
Das braucht es nicht. Du kannst ja nichts dafür.
» Manou
Und du auch nicht!
» Marie-Lin
Das weiß ich nicht. Vielleicht ja doch?
» Manou
So ein Blödsinn. Rede dir nicht so einen Quatsch ein. Wie kann ein Baby für etwas verantwortlich sein?
» Marie-Lin
Ich weiß es nicht.
» Marie-Lin
Außerdem bin ich todmüde jetzt.
Gute Nacht!
Ich will nicht mehr darüber reden!
» Manou
Das scheint System bei euch zu sein: NICHT DARÜBER REDEN!
» Marie-Lin
Spinnst du?
» Manou
Sorry! Hast ja recht, es ist schon halb 3.
Bis morgen in der Schule.
» Manou
Ich hol dich ab. 7:30 bei dir.
» Marie-Lin
Klingel lieber nicht. Ich komm raus.
» Manou
Hast du Angst, dass ich sie frage, was damals passiert ist?
» Marie-Lin
Wehe! Du musst mir versprechen, dass sie niemals erfährt, dass ich es dir überhaupt erzählt habe!
» Manou
Ja, ja, schon klar. Echt! Für wie blöde hältst du mich?
Ich bin deine beste Freundin! Ok? Ich warte unten!
» Marie-Lin
Alles klar. Schlaf gut!
» Marie-Lin
Halt!
Frage zur Nacht: Was hat dich wirklich glücklich gemacht im Leben? 3 Beispiele!
» Manou
Dass ich Deutscher Hockeymeister geworden bin!
Der erste Kinoabend mit Jens!
Dass es noch so einen bescheuerten Menschen auf der Welt gibt, wie mich! DICH!!! Meine beste Freundin!
» Marie-Lin
Geht’s noch? Ich komm erst auf Platz 3 !!!!
» Manou
Du kommst schon auf Platz 3! Gute Nacht!
» Marie-Lin
LIEBE!
» Manou
LIEBE!
» Manou
Die trägt ihr Hirn echt im Busen.
Das gibt es doch nicht. Die blöde Kuh!
» Marie-Lin
Wer ist die blöde ?
» Manou
Na, wer wohl? Hanna. Die merkt nichts.
Aber auch gar nichts!
» Marie-Lin
Spuck‘s aus! Was war los?
» Manou
Hanna hat Jens in Mathe einen Brief zugesteckt.
» Marie-Lin
Was stand drin?
» Manou
Weiß ich nicht.
» Marie-Lin
Wo ist dann das Problem?
» Manou
Hanna ist verknallt in Jens. Sie will ihn. Sie mobbt mich voll. Macht mich schlecht bei Jens. Sie quatscht Müll über mich.
» Marie-Lin
Woher weißt du das? Was für Müll?
» Manou
Ich weiß es eben. Außerdem ist Jens voll anders seit 2 Wochen.
Und er trägt nicht mehr mein Freundschaftsband.
Er hat sein WhatsApp-Foto, auf dem man noch meine Hand auf seiner Schulter sieht, geändert. Es war so süß von ihm … meine Hand als geheimes Zeichen zwischen uns.
Und jetzt hat er es gelöscht.
» Marie-Lin
Ach komm! Du änderst dein Foto jeden Tag.
Hast mich übrigens auch gegen Kim ausgetauscht.
» Manou
Wein doch!
» Marie-Lin
Mach ich auch.
Aber was ist jetzt mit Jens und Hanna?
Hanna ist eine Zicke.
Sie nervt wirklich jeden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jens auf sie steht.
» Manou
Hilfst du mir? Ich muss etwas unternehmen.
» Marie-Lin
Sag mir, was du vorhast. Ich bin dabei.
» Manou
Danke!
» Manou
Ich hasse mich. Ich wollte das nicht.
» Marie-Lin
Hmmmmm?????
» Manou
Ich sage Sachen, die ich nicht sagen will …
» Manou
Ich vermisse ihn so sehr. Es ist, als hätte Jens den Schlüssel zu meinem Herz. Wenn ich mit ihm zusammen bin, bin ich sanft. Ich mag mich dann. Aber jetzt ist alles anders. So als würde meine eigene Faust mir ständig in den Magen boxen. Ich bin echt scheiße.
» Marie-Lin
Was hast du gemacht???
» Manou
Ich habe eine Dose Cola in ihre Schultasche gekippt. Und habe sie laut eine aufgetakelte Barbie genannt.
» Marie-Lin
Cool! Sie hat es verdient.
» Manou
Sie wird mir Jens wegnehmen. Ich spüre es.
» Marie-Lin
Was ist mit Jens? Was sagt er dazu?
» Manou
Das ist es ja. Er sagt nix. Und ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken. Mein beschissenes Gehirn quatscht mir dauernd dazwischen. Egal was ich mache, es schreit immer und immer wieder seinen Namen. Meine Finger schreiben wie ferngesteuert seinen Namen, egal auf welchem Zettel gerade Platz ist.
» Manou
Versteh doch! Jens ist mein erster Freund. Wir waren 13, als wir uns das erste Mal geküsst haben. Vor 3 Wochen habe ich ihm auf der Party von Rafael noch „Ich liebe dich” ins Ohr geflüstert.
» Manou
Und: Ich bin immer noch verliebt. Glaub mir.
» Manou
Die Sache mit Hanna ist so was von daneben. Ich hab ihm vertraut. Alles, was er gesagt hat, habe ich ihm geglaubt.
Von wegen er mag mich und so. Idiot! Er hat mir mein ICH geklaut.
» Marie-Lin
Aber woher willst du wissen, dass er jetzt mit Hanna zusammen ist?
» Manou
Er hat ihr Foto als Bildschirmschoner auf seinem Handy.
Ich hab‘s gesehen.
» Marie-Lin
Oh nein! Bitte nicht!!! Hanna ist schrecklich. Man kann sich nicht in einen Menschen verlieben, den man nicht mag. Niemand mag Hanna. Das kann nicht sein Ernst sein!
» Manou
Ist es aber. Ich hab sie beim Knutschen erwischt, nach der 6. Stunde gegenüber auf dem Parkplatz!
» Marie-Lin
Wobei hast du sie erwischt??
» Manou
Beim Knutschen … mit Zunge!! Hätte ich ihm nur nie gesagt, dass ich ihn liebe. Es ist so peinlich. Es tut so weh.
» Marie-Lin
Dann lass es wehtun. Liebeskummer schiebt man nicht einfach weg. Du musst ihn dir reinziehen. So richtig … das ist cool!
» Manou
Bitte?
» Marie-Lin
Ja! Leg eure Lieblingsmusik auf, immer im Wechsel mit so richtig traurigen Songs, häng ein Foto von ihm auf, dazu ne Tüte fiese Chips, ne Riesentafel Schokolade und Cola, ganz viel Cola.
Du selbst schlüpfst in deine älteste Jogginghose, und dann ziehst du dir deinen Schmerz voll rein!
Nenn es Therapie, und dann streich Jens von deiner Emo-Liste!
Ich sag dir, nach ein paar Stunden geht‘s dir echt besser.
» Manou
Hat es bei dir geholfen?
» Marie-Lin
Nö!!! Aber ich arbeite immer noch dran!
Meinen Liebeskummer kann man nicht heilen.
» Manou
DANKE für diesen erfolgversprechenden Tipp! Gut, dass ich DICH habe! Aber warum funktioniert es bei dir nicht? Und um wen geht es, verdammt noch mal? Seit 3 Monaten schiebst du eine tonnenschwere Depri-Kugel vor dir her. Alle Typen stehen auf dich, du könntest dir die Coolsten wie von einem schicken Buffet picken, nach dem Motto: All you can eat. Aber du bist verliebt in eine Art unsichtbaren Geist. Du musst mir endlich sagen, wer es ist!!!!!
» Marie-Lin
Bitte! Nein! Ich kann es dir nicht sagen.
» Manou
Warum nicht? Ich fahre meine Gefühle mit der Schubkarre zu dir, und du schaffst es seit 3 Monaten nicht, mir auch nur einen klitzekleinen Namen zu sagen?
» Marie-Lin
Hör auf zu nerven.
Ich habe dir gesagt, dass ich es dir nicht sagen kann!
» Manou
Du kannst es nicht. Deine Mutter und du, ihr scheint beide einen „Sprachfehler” zu haben. Ich kann es nicht sagen – ich kann diesen Satz nicht mehr hören!
» Marie-Lin
Ich bin deine Freundin. Akzeptiere es bitte. Ich kann nicht.