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Fußnoten

1

Vgl. hierzu und zur Rezeption des Textes in Deutschland Gawlick/Kreimendahl 1987.

2

Diese Maßnahme hat Hume in Bezug auf seine Naturgeschichte anlässlich der Aufnahme der Vier Dissertationen in seine gesammelten Werke 1758 noch selbst umgesetzt, im Fall der Dissertation jedoch offenbar für verzichtbar gehalten.

3

Zusätzliche Informationen zum Text finden sich in den umfangreichen Materialien in A Dissertation on the Passions / The Natural History of Religion, hrsg. von T. L. Beauchamp, Oxford 2007, insbesondere S. 88112 und 205215.

4

Zu Humes Affekttheorie vgl. insbesondere Árdal 1966 und Baier 1991.

5

Zu Humes Leben und Werk vgl. Streminger 2011.

6

Neben den Abschnitten 10 und 11 seiner Untersuchung über den menschlichen Verstand sind hier insbesondere die Naturgeschichte der Religion, die Aufsätze »Über die Unsterblichkeit der Seele«, »Über Aberglaube und Schwärmerei« und »Über Selbstmord« sowie Humes religionsphilosophisches Meisterwerk Dialoge über natürliche Religion zu nennen.

7

Vgl. Essays, xxxvi; »My Own Life«; Brosow 2012.

8

Zur Geschichte über die endgültige Zusammensetzung der Vier Dissertationen vgl. Lothar Kreimendahls Einleitung zu dem von ihm herausgegebenen und übersetzten Band David Hume: Die Naturgeschichte der Religion; Über Aberglauben und Schwärmerei; Über die Unsterblichkeit der Seele; Über Selbstmord, Hamburg 1984. Die deutsche Übersetzung der Naturgeschichte findet sich in eben diesem Band; diejenige des Essays »Über den Maßstab des Geschmacks« ebenso wie der wichtige Essay »Der Skeptiker« und weitere Essays in dem von Jens Kulenkampff herausgegebenen und übersetzten Band David Hume: Vom schwachen Trost der Philosophie, Göttingen 1990.

9

Nach seinem Tod folgen jedoch noch 1777 einige kleinere Schriften und 1779 die Dialoge.

10

Zu möglichen inhaltlichen Gründen für Humes Distanzierung gegenüber dem Traktat vgl. Baier 2008, Essay 13.

11

Vgl. EHU Adv.; SBN xlii.

12

Gegenüber den ca. 61 400 Wörtern des zweiten Buches des Traktats (56 700, wenn man die bereits in die erste Untersuchung übernommene Freiheitsthematik ausklammert) hat die Dissertation nur einen Umfang von ca. 10 500 Wörtern, von denen sich 7550 (72,5 %) bereits im Traktat finden und nur 2850 Wörter (27,5 %) in Form neuer Absätze und überleitender Passagen hinzugekommen sind, die zudem inhaltlich wenig Neues bringen. Hume hat also gut 85 % des Textumfangs aus dem zweiten Buch des Traktats herausgekürzt. Vgl. A Dissertation on the Passions / The Natural History of Religion, hrsg. von T. L. Beauchamp, Oxford 2007, S. li.

13

Dass Hume Prägnanz als Stilmittel zur Betonung der Wichtigkeit bestimmter Passagen einsetzt, ist im fünften Abschnitt der Dissertation, der seine Hauptthese über die Unfähigkeit der Vernunft zur Handlungsmotivation enthält, ebenso deutlich zu erkennen wie im dritten Abschnitt der ersten Untersuchung, in der er die ihm besonders am Herzen liegende Theorie der drei Assoziationsprinzipien zum Ende seines Lebens hin auf ganze drei Absätze zusammenstreicht. Vgl. OTP 5; EHU 3.

14

Zu dieser Methodik vgl. Brosow 2011, S. 1927.

15

Der Untertitel des Traktats lautete »being an attempt to introduce the experimental method of reasoning into moral subjects« (»ein Versuch, die experimentelle Methode der Beweisführung in geisteswissenschaftliche Themengebiete einzuführen«).

16

Vgl. OTP 6.19.

17

Hume hatte selbst einige Semester lang Jura studiert. Bedeutsam für seine experimentelle Methode in der Philosophie ist auch sein Selbstverständnis als Historiker. Vgl. Lüthe 1991.

18

Vgl. Annette C. Baier, »Hume’s Own ›Ought‹ Conclusions«, in: Pigden 2010, S. 4964, hier S. 53.

19

Hume ist sich der Kontextabhängigkeit der Bedeutung der von ihm verwendeten Begriffe durchaus bewusst und thematisiert sie gelegentlich sogar, etwa in Bezug auf den Begriff ›Einbildungskraft‹ (imagination). Vgl. T 1.3.9.19 Fn.; SBN 118 Fn.

20

Zu Humes Konzept allgemeiner Ideen vgl. T 1.1.7; SBN 1725.

21

Vgl. T 1.1.1.1; SBN 1; EHU 2.3; SBN 18.

22

Vgl. T 2.1.1.1; SBN 275.

23

Vgl. T 2.1.1.4; SBN 276 f.

24

Vgl. OTP 1.

25

Vgl. T 2.3.9.8; SBN 439.

26

Vgl. OTP 2.

27

Vgl. OTP 3.

28

Vgl. OTP 4; T 2.1.4.4; SBN 284. Amyas Merivale vertritt die These, Hume habe die indirekten Affekte nur im Traktat als einfache Eindrücke, in der Dissertation hingegen als komplexe Perzeptionen, halb Eindrücke und halb Vorstellungen, verstanden. Vgl. Amyas Merivale, »Hume’s Mature Account of the Indirect Passions«, in: Hume Studies 35 (2009) S. 185210.

29

Vgl. OTP 5.

30

Vgl. T 2.3.4.1; SBN 419.

31

Vgl. OTP 6.

32

Vgl. Brosow 2011, S. 2836.

33

Die kognitive Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten wirkt sich auf die Affekte Furcht und Hoffnung aus (vgl. OTP 1), indirekte Affekte wie Liebe und Hass beinhalten den Vernunftschluss von angenehmen oder unangenehmen Empfindungen auf deren Urheber (vgl. OTP 2) etc.

34

Vgl. T 3.1.2; SBN 470476; EHU App. 1; SBN 285294.

35

Vgl. EHU 9.4; SBN 272. Sowohl im Denken als auch im Fühlen lässt sich nach Hume zwischen dauerhaften und allgemeinen Prinzipien einerseits und wechselhaften, subjektiven Prinzipien andererseits unterscheiden. Auf dieser Erkenntnis beruht meiner Ansicht nach Humes Verständnis von Normativität. Vgl. Brosow 2014.

36

Vgl. T 3.3.1.15; SBN 581 f. und erneut EHU 9.4; SBN 272.

Endnoten

1

In der Forschung hat sich in Bezug auf die Werke Humes eine absatzgenaue Zitierweise etabliert. Die im vorliegenden Text von Hume innerhalb der einzelnen Abschnitte zur thematischen Strukturierung verwendeten Ziffern sind für diese Zitierweise irrelevant. Eine Quellenangabe wie »OTP 2.4« bezieht sich also auf den unnummerierten vierten Absatz des zweiten Abschnitts (Section 2; »Im Hinblick auf all diese Affekte …«, S. 23), nicht auf diejenigen Absätze, die Hume unter ›4.‹ (»Es scheint mir so [zu sein]  …«, S. 29) folgen lässt. Die für die Zitierweise relevante Nummerierung der Absätze findet sich am Seitenrand.

2

Humes Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass es in der Natur nichts objektiv Gutes oder Schlechtes gibt, sondern dass erst Menschen diese Unterscheidung aufgrund ihrer natürlichen Gefühle bestimmten Gegenständen gegenüber treffen. Man kann dies einen naturalistischen Ansatz nennen, jedoch nicht in einem Sinne, welcher der Natur objektive Zweckmäßigkeit unterstellt, sondern in dem Sinne, dass alle subjektiven und intersubjektiven Werte von der (empirisch erfassbaren) menschlichen Natur abhängen. Vgl. Essays I. XVIII (abgekürzt und sigliert zitierte Literatur findet sich auf S. 128 ausführlich genannt. Zur Lesung siglierter Literatur siehe »Zu dieser Ausgabe«, S. 97).

3

Gemeint ist, dass Gegenstände, die nach der zuvor genannten Beschreibung für sich betrachtet als gut oder schlecht gelten müssten, eine umgekehrte Wertung erhalten können, wenn sie mit der Richtung der Affekte übereinstimmen. So sind Schmerzen für sich betrachtet schlecht, können jedoch subjektiv als gut empfunden werden, wenn jemand sie erleidet, dem wir etwas Schlechtes wünschen. Hume spricht hier also über das subjektiv als gut oder schlecht Empfundene, nicht über das moralisch Gute oder Schlechte.

4

Der Wille ist für Hume kein eigenständiges praktisches Vermögen neben den Affekten. Die Ursachen für unsere Handlungen sind ihm zufolge diejenigen Affekte, die von einem Wunsch bzw. Verlangen (desire) begleitet werden, sowie von einer Überzeugung (belief) darüber, wie dieses Verlangen befriedigt werden kann. Vgl. T 2.3.3.3; SBN 414. Der Wille ist dabei für Hume je nach Kontext ein Nebenprodukt dieser Affekte, das unter bestimmten Bedingungen in Form eines neuen Eindrucks auftritt (vgl. T 2.3.1.2; SBN 399), oder der Prozess, der durch diese Affekte in Gang gesetzt wird und von deren Auftreten bis zum Vollzug einer Handlung führt, bzw. die allgemeine Vorstellung dieses Prozesses.

5

Bemerkenswert ist hier, dass Hume den Begriff ›derived‹ ausdrücklich in Zusammenhang mit der Entstehung von Affekten (hier Hoffnung und Furcht) verwendet. Dies ist insbesondere für das Verständnis seiner Moraltheorie im ersten Teil des dritten Buches seines Traktats über die menschliche Natur (T) und für die Diskussion über die angemessene Auslegung seiner berühmten Is-ought-Passage relevant. Vgl. T 3.1.1.27; SBN 469 f.

6

Hume unterscheidet eine ›probability of causes‹ und eine ›probability of chances‹. Vgl. T 1.3.1112; SBN 124142; EHU 6; SBN 5659; OTP 1.13.

7

In seiner Erkenntnistheorie legt Hume mehr Wert auf diese Unterscheidung. Zu den Prinzipien des Verstandes bzw. der Vernunft (diese beiden Begriffe verwendet er synonym) zählen neben der Erinnerung (memory) nur die dauerhaften, unwiderstehlichen und allgemeinen (permanent, irresistible and universal) Prinzipien der Einbildungskraft (imagination; fancy). Vgl. T 1.4.4.1; SBN 225.

8

Hume unterteilt alle Bewusstseinsinhalte (perceptions) in Ideen bzw. Vorstellungen (ideas) und Eindrücke (impressions). Die (einfachen) Ideen hält er für die weniger lebhaften Abbilder der (einfachen) Eindrücke. Vgl. T 1.1.1.1; SBN 1; EHU 2.3; SBN 18.

9

Es geht wohl darum, was passiert, wenn wir an Ursachen denken, welche die Existenz eines ersehnten Gegenstandes verhindern oder zur Existenz eines Gegenstandes führen, dem gegenüber wir Abneigung verspüren.

10

Hume arbeitet hier gleichzeitig mit zwei verschiedenen Metaphern: In Bezug auf die Wahrscheinlichkeit (die Ebene der Einbildungskraft) denkt er offenbar an eine Balkenwaage mit zwei (anfangs) im Gleichgewicht befindlichen Waagschalen, in Bezug auf die Affekte (die Ebene des Gefühls) jedoch an ein chemisches Gemisch.

11

Humes Vergleiche aus dem Bereich der Optik und anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen an dieser und weiteren Stellen (vgl. OTP 1.24; OTP 2.8, »double impulse«) sind durchaus ernst zu nehmen. Sein Ziel ist, wie im letzten Absatz der Dissertation über die Affekte (OTP) ausgesprochen, der Nachweis, dass sich Entstehung und Wechsel der Affekte ebenso genau beschreiben lassen wie die Gesetzmäßigkeiten der verschiedenen Disziplinen der Naturwissenschaften.

12

Hume denkt bei der ersten Art der Wahrscheinlichkeit an einen Würfelwurf, dessen Ausgang grundsätzlich ungewiss ist, bei der zweiten etwa an ein Medikament, das nicht bei allen Menschen wirkt. Die Wirkung ist in diesen Fällen von feststehenden Faktoren abhängig, die wir aber entweder nicht genau kennen oder über deren Gegebensein im Einzelfall wir nicht genug wissen.

13

»So wie eine Vogelmutter, die über ihre Küken wacht, sich mehr davor fürchtet, dass sie von Schlangen angegriffen werden könnten, wenn sie sie verlässt, obwohl sie, wenn sie bleiben würde, um nichts mehr in der Lage wäre ihnen zu helfen, wenn sie bei ihr wären.« Vgl. Horaz, Epoden 1, 1922; in: Oden und Epoden, hrsg. von W. Killy, E. A. Schmidt, übers. von C. F. K. Herzlieb u. J. P. Uz, Zürich/München 2000. In anderen Ausgaben der Dissertation und im zweiten Buch des Traktats finden sich geringfügige Variationen des lateinischen Zitats.

14

Spricht Hume in einem derartigen Kontext von ›soul‹, so meint er den Geist, verstanden als die allgemeine Vorstellung des Perzipierens. Die mit dem Begriff ›Seele‹ oftmals verbundene Idee einer geistigen ›Substanz‹ oder einer unsterblichen Seele im christlichen Sinne lehnt er als fiktional ab.

15

Vgl. Abschnitt 4, hier S. 71.

16

Vgl. Abschnitt 6, hier S. 85.

17

Hume äußert sich zu diesem Affektpaar ausführlich in Abschnitt 3, hier S. 61. Aus seiner Erläuterung wird deutlich, dass hier nicht die romantische Liebe gemeint ist, sondern jede Form der zwischenmenschlichen Wertschätzung, bei der die Vorstellung der Person eines anderen aufgrund einer angenehmen Eigenschaft der Person selbst als angenehm empfunden wird.

18

Hume hält die hier eingeführte Verwendungsweise des Begriffs ›Gegenstand‹ (object) als Terminus technicus im Verlauf des Textes nicht konsequent durch, sondern benutzt den Begriff in Bezug auf Affekte zuweilen auch in einem weiten Sinn, der nach der hier getroffenen Unterscheidung eher der Bedeutung des Begriffs ›Ursache‹ (cause) entspricht. Vgl. OTP 2.13; 2.19; 4.13.

19

Obwohl Hume zugibt, dass er nicht erklären kann, woher unsere Vorstellung von einem einheitlichen Selbst kommt, da der menschliche Geist seiner Philosophie nach letztlich als ein Bündel von Perzeptionen (bundle of perceptions) aufgefasst werden muss, geht er in seiner praktischen Philosophie von dem Faktum aus, dass wir über eine ausreichend klare Vorstellung unseres Ichs verfügen, die den Gegenstand von Affekten wie Stolz und Scham bildet. Vgl. T 1.4.6; SBN 251263; T App.; SBN 623635.

20

Unter ›curiosity‹ versteht Hume nicht einfach Neugier, sondern die Liebe zur Wahrheit, also eine Art Wissensdrang, der sich am besten mit ›Wissbegier‹ übersetzen lässt. Er behandelt diesen Affekt im Traktat im Zusammenhang mit den direkten Affekten. Vgl. T 2.3.10; SBN 448454.

21

Als Prinzip (principle) bezeichnet Hume manchmal die empirischen Mechanismen, die dem Geschehen in der Welt und speziell dem menschlichen Denken und Fühlen zu Grunde liegen, manchmal die aus der Beobachtung der Wirkungsweise dieser Prinzipien ableitbaren Grundsätze im Sinne von ausformulierten Erkenntnissen, aus denen sich argumentative Schlussfolgerungen ziehen lassen.

22

Zur Assoziation von Ideen vgl. T 1.1.4; SBN 1013; EHU 3.13; SBN 23 f.

23

Man beachte, dass Ideen nach Hume durch drei Assoziationsprinzipien (Ähnlichkeit, Nähe, Verursachung) verbunden sind, Affekte hingegen nur durch ihre Ähnlichkeit.

24

Vgl. Joseph Addison, Spectator 412 (23. Juni 1712), in: The Spectator, hrsg. von D. F. Bond, 5 Bde., Oxford 1965. Die Zitierung durch Hume enthält einige kleinere Abweichungen gegenüber dem Originaltext.

25

Da Hume sich hier der Worte eines anderen bedient, ist ›ideas‹ besser mit ›Wahrnehmungen‹ als mit ›Ideen‹ zu übersetzen. In Humes eigener Terminologie müsste man in diesem Kontext von ›sensations‹, ›impressions‹ oder ganz allgemein von ›perceptions‹ sprechen.

26

Hier und andernorts gebraucht Hume den Begriff ›phænomena‹ für einzelne Beobachtungen aus dem Bereich der Erfahrung, die eine allgemeine Feststellung über die Funktionsweise eines empirischen Prinzips der menschlichen Natur bestätigen. Der Begriff taucht daher oft zusammen mit dem Begriff Beweis (proof) auf.

27

Wenn Hume an Stellen wie diesen von einem Beweis (proof) spricht, dann meint er damit, dass er einen bestimmten Teil seiner Theorie für so gut begründet hält, dass kein Anlass für sinnvollen Zweifel mehr besteht.

28

Hume tut dies in Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral (zweite Untersuchung; EPM), welche die Neufassung des dritten Buches seines Traktats darstellt.

29

Durch diese Formulierung will Hume es gleichzeitig (mindestens) den Moral-Sense-Philosophen in der Nachfolge von Francis Hutcheson (16941746) und den Vertretern des Egoismus bzw. Kontraktualismus in der Tradition von Thomas Hobbes (15881679) erlauben, sich in seinen Ausführungen zur Moral wiederzufinden. Deren Streit drehte sich darum, ob moralische Unterscheidungen auf natürlichen, ursprünglichen Prinzipien beruhen oder etwas von Menschen zur wechselseitigen Befriedigung ihrer Interessen künstlich Geschaffenes und durch Erziehung Weitergegebenes darstellen. Im dritten Buch des Traktats zeigt Hume durch seine Unterscheidung zwischen natürlichen und künstlichen Tugenden, dass beide Theorien ihre Stärken auf unterschiedlichen Gebieten haben. Die Formulierungen dieses Absatzes im direkten Vergleich mit der Behandlung des Themas im zweiten Buch des Traktats (vgl. T 2.1.7.27; SBN 295 ff.) deuten darauf hin, dass es ihm (zumindest im Kontext seiner Affekttheorie) in seinem späteren Werk mehr um die Gemeinsamkeiten als um die Unterschiede der konkurrierenden Theorien ging, da er nun nicht mehr allein der These von der Natürlichkeit moralischer Unterscheidungen, sondern der Kombination dieser These mit der alternativen Erklärung durch das Eigen- oder Kollektivinteresse das Prädikat des ›wahrscheinlichsten Systems‹ zuweist. Zur Einschränkung des egoistischen Ansatzes vgl. jedoch EPM App. 2; SBN 295302, zur Einschränkung der Theorie vom moralischen Sinn vgl. T 3.3.4.11; SBN 612; T 3.3.6.3; SBN 619. Die Position von ethischen Rationalisten wie Samuel Clarke (16751729), moralische Qualitäten besäßen objektive Realität und seien durch die Vernunft erkennbar, lehnt Hume entschieden ab. Vgl. T 3.1.1; SBN 456470; EPM App. 1; SBN 285294.

30

Der Einschub »produced in the spectator« und damit die Betonung der Beobachterperspektive findet sich in Humes Ausführungen zu diesem Thema im zweiten Buch des Traktats noch nicht und verdient daher besondere Beachtung. Vgl. T 2.1.7.5; SBN 296.

31

Unter ›character‹ scheint Hume zuweilen die von Subjekt zu Subjekt variierenden, jedoch innerhalb derselben Person einigermaßen dauerhaften Eigenschaften des mentalen Gefüges aus Wahrnehmungs-, Gefühls- und Verhaltensdispositionen zu verstehen, an anderen Stellen eher den aus dem Handeln entsprechend dieser kontingenten Charaktereigenschaften resultierenden sozialen Ruf, also die Persönlichkeit des Akteurs, wie sie anderen erscheint.

32

Gemeint ist: Wir empfinden selbst dann ein angenehmes Gefühl gegenüber tugendhaften Charaktereigenschaften, wenn deren Vorherrschaft in der zu bewertenden Person uns selbst in keiner Weise nutzt, so wie dies bei den Eigenschaften fiktiver Personen der Fall ist.

33

Diese Erkenntnis ist entscheidend für die Frage, was genau Hume in seiner Moraltheorie unter dem ›moralischen Gefühl‹ versteht. Seinen Worten in diesem Absatz nach muss es eine von Stolz und Scham (ebenso wie von Liebe und Hass) unterscheidbare Empfindung sein. Es wäre eine ungerechtfertigte Verkürzung zu sagen, Tugenden seien für Hume diejenigen Charaktereigenschaften, auf die wir bei uns selbst stolz sind und die wir bei anderen lieben. Das moralische Gefühl der Billigung bzw. Missbilligung scheint für ihn an den (festen und allgemeinen) Standpunkt des (einen Absatz zuvor erwähnten) Beobachters gebunden zu sein (vgl. T 3.3.1.15; SBN 581 f.; T 3.3.5.1; SBN 614) und erzeugt erst dadurch Stolz, Scham, Liebe und Hass, dass wir als Betroffene auf der Affektebene mit den Gefühlen dieses Beobachters sympathisieren und sie gleichzeitig auf der Ebene der Ideen mit dem Charakter des Bewerteten verbinden. Da Affekte aus der distanzierten Perspektive des Beobachters heraus weniger heftig ausfallen (vgl. Abschnitt 5, S. 81), liegt der Schluss nahe, dass Hume sich das moralische Gefühl als einen ruhigen, indirekten Affekt denkt. Wenn wir sagen, dass wir auf unseren moralischen Wert stolz sind, so meinen wir Hume zufolge also, dass wir stolz darauf sind, die Billigung anderer zu verdienen. Diese Billigung wiederum beruht auf einem ruhigen, angenehmen Gefühl, das andere Menschen vermittelt durch Sympathie von einem festen und allgemeinen Standpunkt der Betrachtung aus bei der Reflexion über unsere uns selbst oder unserem Umfeld nützlichen oder angenehmen Charaktereigenschaften empfinden.

34

Hume will hier zum Ausdruck bringen, dass er im Gegensatz zu diesen ›gewöhnlichen‹ Systemen der Moral die im Folgenden genannten Eigenschaften mit zu den Tugenden und Lastern rechnet. Vgl. T 3.3.4; SBN 606614. Für sich selbst und andere eine angenehme Gesellschaft zu sein zählt für Hume als moralische Qualität.

35

Der Geschmack (taste) dient Hume als Gegenbegriff zur Vernunft. Letztere ist nur für Urteile zuständig, die sich in den Kategorien ›wahr‹ und ›falsch‹ ausdrücken lassen, während in Fragen der Ethik und Ästhetik der Geschmack unsere Urteile bestimmt, indem er bestimmten Gegenständen auf der Ebene des Gefühls eine positive oder negative Färbung verleiht. EPM App. 1.21; SBN 294.

36

Humes Theorie der Ästhetik wird vor allem in seinen beiden Essays »Über den Maßstab des Geschmacks« (»Of the Standard of Taste«) und »Der Skeptiker« (»The Sceptic«) ausgearbeitet, allerdings nicht in derselben Ausführlichkeit wie seine Erkenntnis-, Moral- und Affekttheorie. Vgl. Essays I. XVIII; I. XXIII.

37

Hume geht von dem sozialen Faktum aus, dass Männer zu seiner Zeit als bedeutender angesehen werden, betrachtet dieses Faktum jedoch als konventionell und veränderbar. Im Traktat sagt er noch mehr zu diesem Thema. Vgl. T 2.1.9.13; SBN 308 f.

38

Gemeint ist hier wohl ganz konkret ein höherer sozialer Stand der Mutter.

39

Vgl. OTP 2.47. Allgemeine Regeln spielen auch in Humes Moraltheorie eine große Rolle, da er die Beobachtung macht, dass unsere moralischen Empfindungen oft nicht den im Einzelfall gegebenen Tatsachen, sondern allgemeinen Regeln folgen, und dass sie nur dann auf Ausnahmen von diesen Regeln reagieren, wenn diese Ausnahmen sich wiederum in die Form (klarer) allgemeiner Regeln bringen lassen. Dies hat mit seiner Theorie der ruhigen Affekte (calm passions) und des festen und allgemeinen Standpunktes der Betrachtung (steady and general point of view) zu tun und spielt insbesondere im Kontext der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen für ihn eine zentrale Rolle. Vgl. T 3.2.12; SBN 570 ff. Entscheidend ist, dass er in solchen Fällen nicht die nur kognitiv erkennbaren Besonderheiten des Einzelfalls, sondern die allgemeine Regel für ausschlaggebend hält, da sich nur diese faktisch auf das moralische Gefühl als die Normativität konstituierende Instanz auswirkt. Er rät also gerade nicht dazu, das moralische Urteil entgegen dem moralischen Gefühl den nur kognitiv erkennbaren Besonderheiten des Einzelfalls anzupassen.

40

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