Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte
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www.dnb.de
Copyright © 2021 Rolf Friedrich Schuett
1. Auflage
Herstellung und Verlag :
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier
(holz- und säurefrei)
Umschlaggestaltung : E. L. Schmidt
Printed in Germany
ISBN 978-3-7534-6898-3
Für meine liebe Frau
Binnen unn buten
gifft et bloß Ruten,
buten unn binnen
iss nix to gewinnen.
Wer sich häuslich einrichtet, hat sich schon wohnlich ausgerichtet und abgerichtet, bevor die un- und inzüchtige Hausfrau als hausgemachter Hausdrache die Leibgerichte und andere hausbackenen Schäden anrichtet oder im Treppenhausflur tratscht. Die neue Lock-in-Häuslichkeit (Block-Knock-Inn) in Pandemiezeiten sollte keinen Lebenssinnverlust beklagen, sondern die Freuden der Arbeitslosigkeit dankbar genießen, ist man doch endlich mal wenigstens vorübergehend freigestellt von der Erwerbsarbeitsfron zum Otium cum dignitate in Dichter- und Denkerklausen, als Hieronymus im Gehäus. Setzt euch also zur Ruhe auf die vier Buchstaben zuhause und lest mit Fleiß und Eifer, z.B. mit der Nase im Buch der Bücher ̶ oder im Buch der Natur vor der Tür. Laut Hardenberg-Novalis geht die romantische Lebensreise des Menschen ̶ immer nach Hause.
Wer aber unbedingt klaustrophob in die aushäusig weite Welt hinausdrängt, hat den Himmel auf seiner Seite : „Macht euch die Erde untertan!“ Das heißt:
Beherrscht nicht meine Erde, sondern tut sie unter eure Wanderschuhe! (Wandelt euren Weg und nicht meine Welt um!)
„My home is my castle“. (Ein Lord im Oberhaus kann sogar sagen : „My castle is my home“.) Der/die Häusliche ist nicht nur heimlich oder heimaterialistisch irgendwo heimisch, sondern meist auch unheimlich einheimisch. Heidegger : „Die Sprache ist das Haus des Seyns“, also Sprachlichkeit oder Wörtlichkeit (samt Fremdwörtlichkeit) ist die heimelige Gasthäuslichkeit des Seins. Kurz gesagt : In Worten wohnt gewöhnlich das Walten vieler Welten. Man wohnt gewöhnlich im Vaterhaus seiner liebsten Gewohnheiten. Der Deutsche träumt vom energie- und platzfressenden Kleinfamilien- oder gar Single-Eigenheim im versorgungsfernen und zersiedelten Grünen, wo gemythliche Häuslichkeit leicht zur fetzenfliegenden Gräuslichkeit wird.
Ein habitueller Reisemuffel neigt ohnehin zum permanenten Hausquarantänefan(atismus) und rät stets: Setzt euch auf den Hosenboden der Tatsachen und schreibt, denn menschliche Mündigkeit äußert sich schriftlich und nicht mündlich. Wer herumreist, reißt nur aus davor und ist und gerät ganz aus dem Häuschen. Heute wohnt man nicht mehr häuslich, sondern haust als Mietmensch herum, als metaphysisch obdachloser und „unbehauster Mensch“ (Holthusen) oder gar als Armenhäusler ohne eigenes Ackerfeld.
Im Bankhaus haust das große Geld, im Spritzenhaus das Löschwasser vom Häusermeer, im Warenhaus auch nicht der wahre Jakob, im Pent- und Oberhaus aber der Lord, im Frauenhaus das (gast)freie Weib, im Krankenhaus der tödlich Gekränkte, im Freudenhaus der Heidenspaß, mit Puffmutter als ungemütlicher Hausverwalterin. Nachdenken gilt schon als asozialer Irrenhausfriedensbruch mit Hausdurchsuchung.
Der Hausmann heute gründet seinen postfamiliären Hausstand mit Hausmannskost und schlechtberatener Hausratversicherung. Der sesshaft ansässige Hintersasse und Hauswart ist ein alter Blockwart und Haustier mit Haustieren. In der sklavenhausinternen Revolution verjagen die Hausbesetzer die Hausbesitzer, bis der schiefhängende Haussegen zum Hausfluch wird. Hausmusik ist heute Popmusik aus der Steckdose, und der Aufenthalt im Hochhaushalt enthält sich jeder Wohnlichkeit.
Im Hause der Henkerin spricht man
auch nicht vom Stricken.
Erst suchten wir das Brandneue in der Reformation.
Dann in der Revolution. Später in Reformen und Resolutionen. Heute im Reformhaus.
Der Kleinbürger tanzt aus der Reihe ins Reihenhaus.
In seinem Haus ist keiner Kunde,
und das Verlassen des Hauses sei dein Haus.
Der Zimmermann im Haus erspart nicht
die Axt im Walde und die Hand im Haus
nicht das Frauenzimmer.
Die Sterne, die du durchs Fenster siehst,
gehören nicht zu deinem Haus.
Die Herren im Hause des HErrn leben herrlich und in Freudenhäusern.
Heimat ist unheimliches Eigenheim der Enteigneten.
My home is my castle :
Mein Luftschloss ist meine Heimat.
Nachkriegsdeutsche Parole : Heim in den Reichtum!
Utopia erreicht jeder, seine Heimat keiner.
Nationalismus ist militarisiertes Heimweh nach dem Ausland als Fernweh nach der Heimat.
Folklore? Heimatvertrieb.
Deutsche sind in die Heimat Vertriebene.
Im Irrenhaus sitzen nicht jene, die in ihrer Selbstentfaltung
behindert wurden, sondern alle,
die sich vollkommen selbstverwirklicht haben.
Wer auf Reisen erlebt, was man erlebt haben will,
sollte zuhause bleiben.
Heimweh habe ich schon, wenn ich noch in der
Heimat bin, in der Fremde dann nur noch Fernweh.
Ich liebe fremde Länder.
Dort kann ich meine Heimat lieben.
Häusliche Heimat? Deutsche sehnen sich dauernd dorthin, wo sie sowieso schon lebenslänglich sitzen.
Heimat? Seelischer Überbau des Wohn- oder Geburtsortes: als Welt zu klein, als Weltbild zu groß.
Kommt er daheim und zu Haus nicht zurecht, fliegt der Mensch zum Mond.
Dem Nomaden, der Ansässige bedroht, schenkt der Staat ein Eigenheim, damit er lebenslänglich auf der festen Arbeitsstelle tritt.
Dichter und Denker sind stets Ausländer – heimisch in geistigen Regionen.
Die einen fühlen Fernweh schon im Mutterleib, die anderen Heimweh schon bei der Abnabelung.
Entweder 2-Stundenarbeitstag oder Tourist mit Eigenheim, Auto und PC!
Man kann sich seiner Heimat entfremden,
aber auch in seine Heimat.
Wer sich ins Schneckenhaus verkriecht,
kann niemanden zur Schnecke machen.
Der Bürger bezahlt Fitnesscenter und Putzfrau,
statt sein Haus kostenlos selbst aufzuräumen.
In Gottes riesigem Zuchthaus bauen wir uns viele kleine Zellen.
Als Egoist gilt schon, wer mit schwachen Kräften haushalten muss.
Innerbetriebliche Mitbestimmung:
Irrenhausselbstverwaltung der Insassen.
Die Mehrheit der Mütter, die bei Kindern zuhause bleiben, haben sich vom Fließband emanzipiert.
Ungerechte Globalisierung : Alle gewinnen,
doch manche besiegen die Gewinner haushoch.
Neue Erfahrungen machen alte Leute
nur noch im Krankenhaus.
Man steht im Warenhaus,
sitzt im Zuchthaus,
liegt im Freudenhaus
und steckt im Irrenhaus.
Hätte jeder ein Haus, gäbe es keine Äcker mehr.
Überm Frauenhaus steht : Nein, meine Herren!
Überm Freudenhaus : Hi-nein, meine Herren!
Gut sind nicht einmal Ehen zwischen
Hausmännern und misogynen Frauen.
Ob Warenhaus, Freudenhaus, Zuchthaus
oder Irrenhaus : Hauptsache, es geht nach Hause!
Das unheimlichste Vaterland sperrt dich ein ausschließlich mit Einheimischen.
Erst Nomaden gegen Sesshafte, dann Arbeiter gegen Bürger, nun Einheimische gegen Ausländer.
Arbeitstiere sind die zahmsten Haustiere der Menschenzüchter.
Morgens ins Zuchthaus Fabrik,
Feierabends ins Freudenhaus Warenhaus
und morgens zurück.
Wer alles erfahren will, darf sich kein Haus bauen.
Kaufhaus : Bedürfnisanstalt,
wo man beschissen wird.
Mein Elternhaus gehörte fremden Vermietern.
Zuchthäuser waren immer Unzuchthäuser.
Den Menschen ist es misslungen,
sesshafte Häuslichkeit, Auto und Fernseher,
Gen-Labor und Internet nicht zu erfinden.
Moderne Gotteshäuser wirken wie von Atheisten
entworfen, modernisierte Freudenhäuser wie von Asketen.
Willst du häuslichen Frieden,
rüste zum Geschlechterkrieg!
Irrenhäuser sind voll von messerscharf schließenden Logikern, die ihren Unverstand verloren haben und keine Unvernunft annehmen wollen.
Die Lebenszeit der allermeisten Erdbewohner ist eine Henkersmahlzeit.
Realisten sind die Kellerbewohner des Weltgebäudes, die das Dachgeschoß für ein Luftschloss halten,
das ihre Gegner für ein Lustschloss halten.
Pessimisten halten Optimisten für Drogensüchtige,
aber Mansardenbewohner des Weltgebäudes,
die die Kellerräume für die Hölle halten,
sind noch keine Idealisten.
Das ganze Leben ist eine einzige Entwöhnungskur
für Sehnsüchtige. Die Rückfallquote ist gering.
Den Existenzkampf überleben nur kluge Tiere und dumme Menschen, doch Geistesadel wohnt gewöhnlich in Luftschlössern.
Pechvögel heißen gewöhnlich auch Friedenstauben.
Abwechslung langweilt gewöhnlich schneller als alle Gewohnheit.
Illusionslose Leute sind Irre,
und Pragmatiker denken gewöhnlich viel verrückter als Philosophen handeln.
Eine Stadt zerfällt in Dörfer,
aber ihre Einwohnerschaft nicht in Individuen.
Ich wohne auf Sirius, und die Erde ist mein Ideal.
Meister bin ich nie geworden, weder meiner
Gewohnheiten noch in meinen Gewohnheiten.
Gewohnheit macht Schlimmes erträglicher
und Schönes unerträglicher.
In seiner Wohnung ist mancher
weniger als im Weltall.
Im Oberstübchen des Untertans
wohnt der Unterleib der Obrigkeit.
Fast jeder Erdbewohner sieht im Spiegel mehr als im Kosmos.
Nur in Architekten wohnen ganze Gebäude.
Nur Gewohnheitstiere schaffen Ungewöhnliches und extraordinäre Leute Ordnung.
Ewige Naturgesetze sind Gottes Gewohnheiten.
Denken ist die Angewohnheit, von nichts Außergewöhnlichem entwöhnt zu werden.
Wer nichts Gewöhnliches mag,
macht nichts Außergewöhnliches zur Gewohnheit.
Der Monotheismus begann mit der wundersamen Geschichte des Exodus eines kleinen Nomadenvolkes aus „ägyptischem Sklavenhaus“.
Ganz ohne Funkhaus …
Sind moderne Wohnungen Inseln der Behaglichkeit oder bloße Spießergrotten? Ob karge Buden oder opulente Gemächer - man kann nicht mehr "wohnen" nach dem Grauen des 20. Jahrhunderts. Man haust irgendwie, auf Abruf, und so etwas wie "guter Geschmack" und "häusliche Wohnkultur" selber ist nur noch abgeschmackte Barbarei - wie umgekehrt auch der Verzicht auf sesshaftes Heim.
Es gibt kein richtiges Wohnen in falscher Welt ...
„Der Mensch rollt seinen Wagen, wohin es ihm beliebt, aber unter den Rädern dreht sich unmerklich die Kugel, die er befährt.“ (Eduard Mörike, 1832)
Mit der Industrialisierung waren einstmals sehr große Hoffnungen und Versprechungen verbunden. Die harten Knochenarbeiten und nervtötenden Routinearbeiten sollten fortschrittweise von leblosen Maschinen übernommen werden, so dass der Mensch und jeder Mensch endlich freigestellt würde für immer Schöneres und Besseres. Nun sind in den Industrienationen die allerschlimmsten Drecks- und Muskelarbeiten tatsächlich fast verschwunden, aber die Menschen arbeiten immer noch nicht weniger, sondern eher mehr als zu Zeiten der Ochsen und der Pferde. Die Produktivität der Arbeit ist durch maschinelle Rationalisierung so gesteigert worden, dass die Erwirtschaftung des Lebensnotwendigen nun immer weniger durchschnittliche Arbeitszeit erfordert. Aber anstatt die durchschnittliche Arbeitszeit daraufhin schrittweise zu drosseln, um endlich mehr leben als schuften zu können, wird sie eher erhöht und mit mehr Arbeit vollgepackt, um sich im Überfluss noch mehr Überflüssiges kaufen zu können. Je mehr und bessere Maschinen entwickelt werden, umso stärker wird gleichzeitig die mensch liche Arbeitskraft beansprucht, um ihre Kaufkraft zu steigern. Besser als das Leben ist nur ein besseres Leben, und als besser gilt nun ein Leben, das sich immer mehr und Besseres leisten kann, je mehr es leistet.
Als der antike Sokrates auf einen Markt ging, soll er angesichts der Warenfülle gesagt haben: „Wie vieles gibt es doch, was ich nicht brauche.“ (Und wofür er also nicht schuften musste.) Der Weise von heute sagt : „Man tut seinen Job, den man hasst, um sich Dinge kaufen zu können, die man nicht braucht.“ Oder die man nicht brauchen sollte, wenn man nur zu leben verstünde. Das alte „Savoir-vivre“ ist kaum noch eine französische Tugend, geschweige denn schon globalisierbar. Wer den lieben langen Tag, den Gott werden lässt, für Lebensmittel hart arbeitet, hat keine Zeit und Kraft mehr zum Leben selber. Die Mittel und Wege haben die Zwecke und Ziele aufgefressen. Mit weniger Geld und mehr Zeit könnte man recht gut leben, mit mehr Geld aber nur weiterwerkeln für noch mehr Geld – und das aus purer Angst vor Hungertod, Inflation und Pennerdasein.
Aber wer mit viel mehr Freizeit nicht viel mehr anzufangen wüsste, der schlägt seine Zeit doch viel lieber mit Schuften tot als mit Billig-Bier vor Online-Pornos oder mit guten E-Büchern in Lese-Ecken. Das Schuften für Reichtümer wurde inzwischen ein hochgeistiges Armutszeugnis, aber man braucht schon einen recht veritablen materialisti schen Idealismus, um sich tagtäglich dem Wertgesetz des von Menschen geschaffenen Kapitalgroßautomaten zu unterwerfen, statt mit bescheideneren Mitteln sein kurzes Leben zu genießen. Wem Zeit nicht mehr ist als Geld, schlägt sie am besten lebenslänglich mit Überstunden tot. Wenn viel Freiheit mit viel, viel Freizeit beginnt, endet sie schon in Büros und Fabriken. Aber „wir verwirklichen uns selbst“ am Arbeitsplatz fern der Sonne, heißt es heute. Statt ganz neue Bedürfnisse nach immer anspruchsvollerem Leben zu entwickeln, lässt man sich zunehmend einwickeln von immer denselben Bedürfnissen nach immer alberneren Hochindustrieprodukten und kindischeren Prestigesymbolen, mit ressourcenvergeudenden Krach-Autos und gut überwachten PC.
Wer selbst in der Jugend kein Idealist war, sondern schon als Realist und Pragmatiker geboren wurde, wird seinen Brotberuf ja vor allem danach aussuchen, wie viel Wohlstand er verspricht und wie viel soziales Prestige er voraussichtlich abwerfen wird. Zu oft wird heute nicht Lehrer, wer eine pädagogische Ader hat, sondern wer Beamter werden will und für weniger Arbeitsstunden mehr Geld und Sozialprivilegien bekommt und inzwischen sogar noch zusätzlich ungestraft „bummelstreiken“ darf. Man wird nicht Jurist, weil man schon als Jugendlicher den Erniedrigten und Beleidigten zu ihrem guten Recht verhelfen will, sondern weil das ein gutdotierter Akademikerposten ist mit erklecklicher Platzierung im Sozial-Ranking.
Das Akademikerkind studiert ja selten aus unbezähmbarem Interesse an den studierten Fächern. Man wird zu oft nicht Arzt, weil man erst einmal die unwiderstehliche Neigung und Eignung zum Helfen und zum Heilen hat, sondern weil schon Eltern und Großeltern Hochschulen absolviert haben und man an deren Lebensstandard inzwischen suchtgewöhnt ist.