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Inhaltsverzeichnis
 
 
 
 
 
 

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Willkommen im täglichen Einkaufsdschungel!
Eigentlich wusste Andrea S. genau, was sie einkaufen wollte. Also rasch einen Einkaufswagen geschnappt und hinein in den Supermarkt. Schnell in die Obst- und Gemüseabteilung: gezielter Griff zu Spargel und Kartoffeln, dazu noch die passende Sauce hollandaise. Schon nimmt sie die Fleischtheke ins Visier, um dort noch Kalbssteaks und rohen Schinken zu kaufen. Doch halt, da war doch was. Das dreidimensionale Foto der Piemont-Kirsche bringt sie aus dem Tritt. Stimmt: Der Krankenbesuch bei Opa steht morgen an, und dann ist ja auch noch Muttertag. Wie auf einem unsichtbaren Leitstrahl folgt sie den Regalfähnchen in die Süßwarenabteilung. Zwei Schachteln Mon Chéri und eine Tüte Gummibärchen später setzt sie ihren Einkauf fort. Sie hetzt jetzt nicht mehr, sondern sie schlendert gemütlich durch die Warengänge.
 
Andrea S. tut nun das, was die Supermarktbetreiber von ihr wollen. Sie hat längst ihren straffen Zeitplan vergessen. In ihrem Einkaufswagen liegt jetzt viel mehr, als sie ursprünglich geplant hatte. Sie hat sich in der Drogerieabteilung mit Kosmetik und Haarpflege eingedeckt. Jetzt holt sie sich noch eine Schale Erdbeeren und Eis fürs Dessert. Und das alles beschert den Supermarktbetreibern viel mehr Umsatz.
 
Auch Christoph H. wusste eigentlich ganz genau, was er einkaufen wollte. Er geht nach einem langen Arbeitstag noch mal schnell in den Supermarkt, um zwei, drei Sachen zu kaufen. Das geht auch ohne Einkaufswagen! Doch während er durch das Geschäft geht, kommen dann doch noch viele andere Sachen hinzu, und Christoph H. wundert sich, wie er die vielen verschiedenen Packungen zirkusreif mit zwei Händen jongliert. Es ist immer das Gleiche: Spätestens nach fünf Minuten hält Christoph H. nach einem leeren Karton Ausschau. Möglichst groß und möglichst stabil muss er sein, damit er noch mehr einkaufen kann.
 
Kennen Sie diese Geschichten auch aus Ihrem eigenen Leben? Ja klar, denn Andrea S. und Christoph H. stehen nur stellvertretend für viele von uns. Warum endet Einkaufen immer so? Und muss es wirklich so enden?
 
Einkaufen hat den Ruf, eine anspruchslose Aufgabe zu sein. Zu Unrecht! Denn in Wahrheit ist es wohl eine der kompliziertesten Verrichtungen unseres täglichen Lebens. Denn Handelsunternehmen verfügen über ein nahezu unerschöpfliches Kontingent an Marketinginstrumenten mit dem Ziel, uns Kunden möglichst viel Ware zu möglichst hohen Preisen zu verkaufen. In diesem täglichen Einkaufsdschungel müssen wir überleben.
 
Das Ganze beginnt mit der Werbe-Sturmflut, die täglich unseren Briefkasten überschwemmt. Haben uns die vermeintlichen Schnäppchenangebote in ihren Bann gezogen, geht es nach der Ankunft auf dem Kundenparkplatz weiter. Der Einkaufswagen ist nach den Gesetzen der optischen Täuschung gestaltet, sodass wir immer das Gefühl haben, wir hätten etwas vergessen.
 
Beim Betreten des Geschäfts werden wir wie ein Flugzeug auf der Landebahn abgebremst, damit wir mehr Zeit haben, die Waren zu begutachten. Haben wir die sich langsam öffnenden Eingangstüren, wie zufällig im Raum stehende Paletten und die auf dem Boden angebrachten monströsen Werbeaufkleber ohne größeren Schaden passiert, werden wir linksherum an der Ware vorbeigeführt. Denn Bewegungen gegen den Uhrzeigersinn empfinden wir als angenehm, und in einer solchen Stimmung geben wir mehr Geld aus.
 
Und jetzt geht es erst richtig zur Sache, indem die Supermarktbetreiber unsere fünf Sinne mit allem anregen, was ihnen an Reizen zur Verfügung steht: Leise Hintergrundmusik, angenehme Raumtemperatur, anregende Düfte, farbiges Licht, nackte Haut, grelle Preisschilder und Sonderangebote, wohin wir auch blicken. Und weil wir uns nicht bücken möchten, werden uns die gewinnträchtigsten Artikel unmittelbar vor unserer Nase griffbereit präsentiert.
 
Der Shopping-Trip endet erst an der Kasse, wo wir unsere Kinder unter Aufbringen aller Kraftreserven an der Quengelware vorbeischleusen müssen und durch Nutzung unserer Kundenkarte zum gläsernen Konsumenten werden. Beim Lesen unseres nächsten Kontoauszugs werden wir dann feststellen, dass wir wieder viel zu viel Geld ausgegeben haben, und das für Dinge, die wir eigentlich gar nicht kaufen wollten, geschweige denn benötigen.
 
Aber Einkaufen muss nicht immer so enden. Denn bei der Lektüre unseres Buches werden Sie feststellen: Nicht alle, aber die meisten Marketingtricks verlieren ihren Zauber, wenn man hinter die Fassaden der Supermarktbetreiber blickt und das Ganze mithilfe der Erkenntnisse aus der Shopping-Wissenschaft entschlüsselt. Denn selbstverständlich ist es nicht moralisch verwerflich, dass Handelsunternehmen uns mit allerlei Tricks dazu bewegen wollen, mehr einzukaufen. Solange die Unternehmen nicht mit ungesetzlichen Aktionen arbeiten, ist es in Ordnung, dass sie ihre Interessen wahren und das versuchen, was ihnen nützt. Wir Kunden tun das genauso. Und gerade deshalb haben wir das Recht, die Tricks zu durchschauen. Kommen Sie mit uns auf Einkaufstour und schauen Sie hinter die Kulissen der Handelsunternehmen.
 
Dabei wird Ihnen dieses Buch nicht den Spaß am Einkaufen nehmen – im Gegenteil! Wenn Sie die Tricks der Handelsunternehmen und Ihr eigenes Verhalten besser kennen und deshalb bewusster einkaufen können, werden Sie viel häufiger mit großer Freude das einkaufen, was Sie wirklich haben möchten.
 
Einen Hinweis haben wir noch: Wir sprechen in diesem Buch oft vom »Supermarkt«. Dabei meinen wir den umgangssprachlichen Überbegriff, der einen Supermarkt mit einem Geschäft gleichsetzt, indem vor allem Lebensmittel und nebenher vielleicht auch noch weitere Non-Food-Artikel verkauft werden. »Supermarkt« umfasst also jede Form von Lebensmitteleinzelhandel: Den kleinen Laden um die Ecke genauso wie die Discounter-Filiale oder den großen Verbrauchermarkt »auf der grünen Wiese«. Die Größe des Geschäfts spielt dabei keine Rolle. Im wissenschaftlichen Sinne bedeutet »Supermarkt« etwas anderes: Da versteht man unter einem Supermarkt ein Lebensmittelgeschäft mit einer Größe von 400 bis 1.500 m. Diese und andere Ladenformen können Sie der Übersicht in der vorderen Umschlagklappe entnehmen.
 
Übrigens haben wir zahlreiche Fachbegriffe am Ende des Buchs in einem Glossar nochmals erläutert und Sie erhalten dort noch Zusatzinformationen.
 
Viel Vergnügen bei unserer gemeinsamen Einkaufstour wünschen Ihnen
 
Willy Schneider und Alexander Hennig

Ein Blick in die (gar nicht allzu ferne) Zukunft
Wir schreiben das Jahr 2017. Morgens fällt Ihnen beim Blick auf den Kühlschrank auf, dass Sie dringend einkaufen müssen. Sie haben richtig gelesen: In (!) den Kühlschrank müssen Sie nicht mehr schauen, es reicht der Blick auf (!) den Kühlschrank. Denn der Kühlschrank der Zukunft kann weit mehr als nur Lebensmittel frisch halten.
 
Der intelligente Kühlschrank zeigt an, welche Produkte im Kühlschrank drinstehen und wie lange diese Produkte noch haltbar sind. Erkennen kann der Kühlschrank das, weil alle Produkte mit kleinen Chips ausgestattet sind, die alle relevanten Informationen an den Kühlschrank senden. Der Kühlschrank kann aber nicht nur Einkaufsempfehlungen geben, indem er automatisch das bisherige Konsumverhalten analysiert. Er hat über das Internet auch Zugriff auf die Artikelliste und die Sonderangebote des Supermarkts um die Ecke. Sie sehen die Angebote auf dem Touchscreen des Kühlschranks und können mit wenigen Fingerzeigen ihre Einkaufsliste eingeben. Nun schnell noch auf Speichern drücken, damit die Einkaufsliste in Ihrem persönlichen Internetkonto gespeichert wird.
 
Nach einem langen Arbeitstag haben Sie endlich Zeit, einkaufen zu gehen. Wenn Sie draußen am Schaufenster vorbeilaufen, erkennen Sensoren, welche Produkte Sie besonders fixieren, sodass diese speziell angeleuchtet werden können. Projektoren werfen zusätzliche Bilder und Informationen zum Produkt von innen auf die Scheibe. Über einen Touchscreen können Sie weitere Informationen anfordern, sich durch das Warensortiment klicken oder sogar eine Vorbestellung aufgeben.
 
Das Schaufenster der Zukunft wird mit Ihnen reden. Schauen Sie beispielsweise länger als 10 Sekunden auf eine ausgestellte Kaffeemaschine, erklärt eine Stimme die Vorzüge des Produkts. Im Schaufenster aufgestellte Bildschirme vermitteln Zusatzdaten zur Kaffeemaschine und zeigen deren Nutzung in bewegten Bildern.
 
Ermöglicht wird das Ganze durch eine neue Technologie. Via Kamera und mittels einer Spezialsoftware lässt sich erfassen, wie lange ein Passant ein bestimmtes Produkt betrachtet. Nach einer festgelegten Zeitspanne werden dann die Ton- und Bilddokumente eingespielt. Und schon sind Sie auf dem Weg ins Geschäft.
 
Sie betreten den Supermarkt, ziehen Ihr Mobilfunktelefon aus der Tasche und befestigen es an Ihrem Einkaufswagen. Im Supermarkt wird Ihr Handy über das mobile Internet nun zu Ihrem persönlichen Einkaufsbegleiter. Als Scout informiert es Sie bei Ihrem Weg zwischen den Regalen über das Sortiment, über einzelne Artikel und über Preisaktionen. Der Einkaufswagen erkennt Sie anhand des Mobilfunktelefons, greift nun automatisch auf das Benutzerprofil im Internet zu und zeigt die Einkaufsliste an, die Sie morgens am Kühlschrank eingegeben haben. Er kennt automatisch den Weg zu all den Artikeln, die auf der Einkaufsliste stehen. Er enthält Technologien, die den Kunden direkt zum Regal lotsen. Der Einkaufwagen benutzt dazu ein Navigationssystem, sodass Sie auf dem Display des Einkaufswagens sehen, wo Sie sich im Markt befinden und wie Sie zum nächsten Artikel gelangen.
 
Die ersten Artikel sind rasch eingekauft; der Einkaufswagen lotst Sie schnell durch die Gänge. Wenn Sie vor dem Müsliregal stehen und eine Packung in den Einkaufswagen legen, erscheinen auf dem Bildschirm des Einkaufswagens die Inhaltsstoffe. Außerdem bekommen Sie angezeigt, wer der Hersteller ist, wann diese Schachtel Müsli wo produziert wurde, wie lange das Müsli haltbar und wie die Nährwerttabelle aussieht: Das alles weiß der RFID-Chip auf der Müslipackung und sendet es an den Einkaufswagen. Nachdem Sie auf dem Touchscreen des Einkaufswagens auf das
 
Feld »Produktvergleich« gedrückt haben, nehmen Sie eine andere Sorte Müsli aus dem Regal. Der Touchscreen zeigt Ihnen in einer Tabelle im Vergleich die wichtigsten Fakten zu den beiden Müslisorten an. Dann entscheiden Sie sich.
 
Aber der Einkaufswagen greift nicht nur Ihre Einkaufsliste auf: Das System kennt Sie und weiß, welche Artikel Sie bei Ihren letzten Einkäufen erworben haben. Beim Weg durch den Supermarkt macht Ihr persönlicher Einkaufsbegleiter Sie auf solche Artikel aufmerksam, sagt, welche Waren heute günstig sind, und stellt Ihnen Aktionen vor. Außerdem zeigt er Ihnen auf Anfrage, wo Sie bestimmte Waren finden. Sie scannen mit dem Handy die Artikel ein, die Sie kaufen möchten, und legen diese in Ihren Einkaufswagen. Ihr zum persönlichen Einkaufsassistenten mutiertes Telefon listet Ihnen alle Einkäufe mit Wert und Menge auf, damit Sie immer den Überblick über Ihren Einkaufswagen behalten.
 
Sie halten an einem Kiosk-Terminal an. Dort können Sie sich Wege anzeigen lassen, über Sonderangebote informieren, ausführliche Produktinformationen über sämtliche Artikel des Sortiments abfragen und in Ihr Kundenkonto schauen, wenn Sie sich vorher per Kundenkarte ausgewiesen haben. Sie könnten dieselben Informationen auch über Ihren persönlichen Einkaufsassistenten abrufen. Aber hier können Sie die Informationen aufgrund des größeren Bildschirms besser ablesen. Neben Ihnen steht ein Mitarbeiter und nutzt ebenfalls das Kiosk-Terminal, um aktuelle Informationen über Aktionstermine, Liefersituationen und andere Interna abzurufen. Auch für Schulungszwecke setzt man das Kiosksystem ein. Der inkompetente Mitarbeiter hat damit ausgedient.
 
Sie entscheiden sich für ein mehrgängiges italienisches Menü. Denn das Kiosk-Terminal hat Sie darüber informiert, dass Sie hierbei aufgrund der heutigen Sonderangebote besonders günstig wegkommen. Die Zubereitungstipps gibt es gratis dazu.
 
In der Obst- und Gemüseabteilung legen Sie Tomaten, Zitronen und Ananas auf eine intelligente Waage. Intelligent, weil die Waage mittels einer Digitalkamera erkennt, was Sie auf die Wiegeplatte legen, und direkt anzeigt, was es kostet. Vorbei sind die Zeiten, als Sie die entsprechenden Warennummern eintippen mussten.
 
Plötzlich kommt ein Roboter auf Sie zu und fragt: »Interessieren Sie sich für unsere Sport- und Freizeitabteilung?« Das üppige Menü vor Augen und angesichts Ihres Gürtels, der heute Morgen um ein weiteres Loch erweitert werden musste, antworten Sie mit »Ja«. Sie folgen dem Roboter, und er führt Sie auf eine Freifläche. Dort stehen Hantelbänke, Stepper und Fahrradergometer zum Ausprobieren. Schnell kommen Sie zu der Erkenntnis, dass eine gemächlichere Gangart für Sie die Bessere ist. Sie wechseln in die angrenzende Fahrradabteilung und werden langsamer und entspannter. Zufall? Nein, denn beim Eintritt hören Sie plötzlich keine Hintergrundmusik mehr, sondern nehmen Vogelgezwitscher wahr. Offensichtlich haben Soundingenieure einen spezifischen Wald-Duft entwickelt. Und um den Angriff auf Ihre Sinne zu vervollständigen, riecht es nach Nadelbäumen, Harz und Feuchtigkeit. Die Duftingenieure haben einen guten Job geleistet, denn ihr Duft-Mix Black Forrest erinnert tatsächlich an Ihren letzten Ausflug in den Nadelwald.
 
Sie gehen weiter, legen Pasta in Ihren Einkaufswagen und kommen nun in die Fleischabteilung, weil Ihnen für Ihre Spaghetti bolognese noch das Hackfleisch fehlt. Ausverkaufte Ware – der Experte spricht hier von Regallücken – und Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, gehören der Vergangenheit an. RFID macht’s möglich. Der Chip speichert Informationen über das Verfallsdatum und meldet einem zentralen Computer, wenn sich ein abgelaufenes Produkt in der Kühltruhe befindet. Weiterhin erhalten die Metzger in der Fleischerei Informationen über den Warenbestand. So können sie schnell verkaufte Ware nachfüllen und die Produktion weniger nachgefragter Waren reduzieren.
 
Die Displays werden über eine drahtlose Datenübertragung vernetzt, wodurch eine zentrale Verwaltung von Verkaufsförderungsaktionen ermöglicht wird. Beispielsweise können auf Knopfdruck Aktionsvideos an allen Standorten gleichzeitig gestartet werden. Man kann darüber auch Sonderangebote und Preise prominent herausstellen, vor allen Dingen aber die Inhalte jederzeit ändern und anpassen. Mit ihrer brillanten Bildqualität werden die Advertising Displays zur Produktinformation und zur Unterstützung von Aktionen eingesetzt.
 
Weiter geht’s auf Ihrem Giro d’Italia durch den Supermarkt. Sie kommen in die Frischfischabteilung, um dort mit dem Seeteufel den Höhepunkt Ihres italienischen Menüs zu erwerben. Doch hier steigen Ihnen statt penetrantem Fischgeruch Kräuter- und Limonendüfte in die Nase. Offensichtlich ein Sensorikexperiment, um Sie mit allen Sinnen anzusprechen.
 
In der Nähe der Weinabteilung erscheint auf einem Advertising Display ein Informationsspot über Rotweine. Was auf den ersten Blick als Zufall erscheint, ist genau kalkuliert. Denn wer wie Sie Spaghetti bolognese kochen möchte und die entsprechenden Produkte bereits im Einkaufswagen hat, wird sich häufig auch eine Flasche Rotwein gönnen. Abgesichert werden solche Vermutungen durch Cross-Selling-Analysen. Sämtliche Einkäufe werden dahingehend ausgewertet, welche Produkte zusammen erworben werden.
 
Der Informationsspot, der durch die RFID-Chips auf der Pasta-Packung in Ihrem Einkaufswagen ausgelöst wurde, hat Ihr Interesse geweckt, und Sie gehen näher an den Flachbildschirm heran. Den Ton hören Sie nur, wenn Sie direkt unter der ca. 1 qm großen Sounddusche, einer Art Deckenplatte, stehen. Auf diese Weise werden andere Kunden nicht beim Einkauf gestört. Die gleichen Soundduschen gibt es auch beim Probehören in der CD-Abteilung, wo Sie später noch eine CD mit italienischen Popsongs erwerben werden.
 
Weil Sie noch unsicher sind, welchen der umworbenen Weine Sie kaufen möchten, entnehmen Sie dem neben ihrer Sounddusche stehenden Klimaschrank diverse Gratisproben von Rot- und Weißweinen. Während Sie sich einen französischen Grand Cru auf der Zunge zergehen lassen, ertönt eine charmante Frauenstimme, die mit französischem Akzent die Vorzüge des Weines anpreist. Der Chianti mundet Ihnen am besten, und Sie drücken auf einen entsprechenden Knopf am Klimaschrank. Ein Laserstrahl am Fußboden leitet Sie nun zu dem Regalplatz, an dem Ihr ausgewählter Wein gelagert ist.
 
Kaum haben Sie den Wein in Ihren Einkaufswagen gelegt, fährt ein blinkender Roboter auf Sie zu und fragt: »Interessieren Sie sich für unsere Kosmetikabteilung?« Sie haben Interesse, und Robby führt Sie zu den Beauty-Produkten. Dort unterziehen Sie sich einem kostenlosen Hauttest. Sie nehmen einen Teststreifen, streichen diesen über Ihre Gesichtshaut und führen ihn dann in das Lesegerät des Computers ein. Der Computer informiert Sie, welchen Hauttyp Sie haben und welche Cremes aus dem Sortiment für Sie geeignet sind.
 
An der Kasse – leider werden Sie auch im Supermarkt der Zukunft bezahlen müssen – erinnert Sie nichts mehr an die alten Kassen mit Scanner und Kassenband, die es früher einmal gab. Sie schieben einfach nur Ihren Einkaufswagen durch zwei Säulen, in denen Empfänger für RFID-Chips versteckt sind. Der Kassencomputer scannt beim Schieben des Wagens durch die Säulen alle Artikel im Einkaufswagen. Auch die Tafel Schokolade, die Sie versehentlich in die Jackentasche gesteckt haben, wird erfasst. Gleichzeitig überträgt der Shopping-Computer in Ihrem Handy zum Vergleich die Einkaufsdaten an die Kasse. Auf einem Touchscreen erscheint Ihre Rechnungssumme, die Sie durch Eingabe einer PIN auf Ihrem Handy oder per Fingerabdruck bezahlen. Für Nostalgiker, die gerne mit Bargeld bezahlen, gibt es eine spezielle Kasse am Ende, an der ein Automat das Münz- und Notengeld entgegennimmt. Erschöpft schieben Sie den Einkaufswagen aus dem Supermarkt.
 
So, jetzt haben Sie einen Blick in die Zukunft riskiert. Ganz so weit ist es aber doch noch nicht und Sie haben heute noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Ihr Einkaufsverhalten selbst zu steuern.

Goldene Einkaufsregeln
Um Ihnen das gute Gefühl zu geben, dass Sie als Kunde der König sind, der sagt, wo es langgeht, lesen Sie auf den folgenden Seiten unsere 22 ultimativen Einkaufstipps, die wir Ihnen vorab geben. Wenn Sie dann noch im Anschluss lesen, was hinter diesen Goldenen Regeln steht, werden Sie sehen, dass Sie sehr viel dazu beitragen können, weniger auszugeben, bessere Qualität zu kaufen und überhaupt weniger Unnötiges anzuschaffen. Und wenn Sie doch einem attraktiven Impulskauf erliegen (und das wird passieren …), dann wissen Sie wenigstens, warum, und freuen sich hoffentlich über den Lustgewinn.
 
 
22 ultimative Tipps für cleveres Einkaufen
 
Hier finden Sie 22 ultimative Einkaufstipps. Befolgen Sie diese und Sie werden garantiert Geld und Nerven sparen und Ihre Einkaufsmacht stärken.
 
Planen Sie Ihre Ausgaben und vermeiden Sie Impulskäufe! Erstellen Sie hierzu eine Einkaufsliste! Das ist nicht nur etwas für Vergessliche, sondern hilft Ihnen, nur das zu kaufen, was Sie wirklich benötigen. Mittels PC lässt sich heutzutage ohne viel Mühe eine wiederverwendbare Einkaufsliste anfertigen. Ein weiterer Vorteil: Sie können auch mal jemand anderen einkaufen schicken.
 
Gehen Sie niemals hungrig in den Supermarkt! Mit knurrendem Magen kaufen wir meistens mehr ein, als wenn wir satt einkaufen gehen. Und wir greifen verstärkt zu fetthaltigen Snacks und Süßigkeiten.
 
Kaufen Sie alleine ein! Begleiter helfen Ihnen nur dabei, Ihren Einkaufswagen zu füllen. Wenn Sie mit Ihrem Partner einkaufen gehen, können Konflikte vorprogrammiert sein. Also: Vielleicht nach Geschlechtern getrennt shoppen.
 
Kein Handelsunternehmen ist bei allen Produkten das günstigste! Denn Supermärkte betreiben eine Mischkalkulation. Bestimmte Produkte werden preisgünstig angeboten, um uns in den Supermarkt zu locken. Andere Artikel, die nicht im Mittelpunkt unserer Wahrnehmung stehen, müssen dies mit höheren Preisen ausgleichen. Da wir aber nicht nur die Sonderangebote, sondern einen ganzen Warenkorb erwerben, läuft das Ganze auf ein Nullsummenspiel heraus: Der Einkaufsbetrag bleibt der gleiche wie immer.
 
Achten Sie auf die Grundpreise! Denn größer ist nicht unbedingt billiger. Und auch bei kleinen Packungen geben Sie häufig zu viel Geld aus. Und schütteln Sie die Produkte, um Mogelpackungen zu entlarven!
 
Vertrauen Sie nicht blindlings auf Sonderangebote! Denn hier setzt gemeinhin unser Hirn aus. Und Supermärkte nutzen diesen Reflex systematisch aus. Fragen Sie sich immer, ob das Produkt wirklich billig ist. Werden Sie besonders hellhörig, wenn als Vergleich die unverbindliche Preisempfehlung gegenübergestellt wird. Denn kein Unternehmen hat auf Dauer etwas zu verschenken. Und selbst wenn das Produkt wirklich günstig sein sollte: Brauchen Sie es wirklich?
 
Qualität hat keinen Preis! Und was wenig kostet, kann durchaus etwas wert sein! Mit anderen Worten: Sie können von einem hohen Preis nicht auf eine hohe Qualität des Produkts schließen. Häufig sind die preiswerteren Produkte sogar die besseren.
 
Werden Sie zum Einkaufssprinter mit einem klaren Einkaufsziel vor Augen! Denn wer durch den Supermarkt eilt, kauft weniger. Nicht ohne Grund bremst uns die Obst- und Gemüsetheke am Eingang erst einmal von Straßen- auf Einkaufgeschwindigkeit ab. Langsame Musik und relativ schmale Gänge bewirken, dass wir langsamer gehen. Und nicht zuletzt sollen Stopp-Regale und eigens aufgebaute Hindernisse, wie Aufsteller, kleine Theken und Paletten, uns den Schwung nehmen.
 
Strengen Sie sich im Supermarkt körperlich an und gehen Sie immer wieder in die Knie! Denn teure Produkte sind immer auf Augenhöhe platziert, preisgünstige dagegen oft nur in den unteren Regalfächern.
 
Misstrauen Sie Kombiplatzierungen, bekämpfen Sie Ihre Bequemlichkeit und nehmen Sie bewusst längere Wege in Kauf! Immer wenn unmittelbar neben der Pasta Dosentomaten und Parmesan stehen, wenn neben der Käsetheke Wein feilgeboten wird, sollten Ihre Alarmglocken schrillen. Denn Anbieter nutzen mit Kombiplatzierungen systematisch Ihre Bequemlichkeit aus: Diese Produkte sind im Regelfall teurer als die Dosentomaten aus der Konservenabteilung oder der Wein aus dem eigentlichen Weinregal.
 
Nutzen Sie wann und wo immer möglich einen Tragekorb anstelle eines Einkaufswagens! Denn riesige Einkaufswagen versetzen uns nicht selten in einen Kaufrausch. Außerdem steigt unsere Kaufzurückhaltung mit zunehmendem Gewicht des Einkaufskorbs.
 
Lesen Sie Regale von rechts nach links! Denn wenn wir etwas suchen, lesen wir die Regale wie einen Text. Die teuren Produkte stehen also da, wo unser Blick am Schluss verweilt: rechts.
 
Kaufen Sie, wo immer möglich, Handelsmarken! Denn zu den meist teuren Markenartikeln, die auf Prestige sowie demonstrativen Konsum abzielen und viel Geld für Marketing-Zwecke ausgeben, gibt es nahezu immer eine günstigere Alternative in Form einer Handelsmarke. Und die kommt häufig vom gleichen Produzenten wie der teure Markenartikel. Besonders Discounter setzen auf diese Waffe.
 
Achten Sie auf Gütezeichen wie Stiftung Warentest oder Öko-test! Schauen Sie aber genau hin, was genau getestet wurde: das ganze Produkt oder nur die Umweltfreundlichkeit der Verpackung oder der Nabendynamo an einem Fahrrad? Und wann wurde der Test durchgeführt? Je weiter die Untersuchung zurückliegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass in der Zwischenzeit bessere Produkte entwickelt und im Markt eingeführt wurden.
 
Entziehen Sie sich dem Einkaufsdruck! Erwerben Sie Produkte, bevor diese bei Ihnen zu Hause zur Neige gehen. Kaufen Sie bei Räumungs- und Schlussverkäufen, anstatt den regulären Preis zu bezahlen, wenn Sie die Ware unbedingt benötigen. Und kein Schnäppchen ist einmalig. Spätestens vier Wochen später bietet sich garantiert eine vergleichbare Einkaufsmöglichkeit bei der Konkurrenz.
 
Bevorzugen Sie Obst und Gemüse in der entsprechenden Saison! Wer auf Spargel im Herbst und Erdbeeren im Winter nicht verzichten kann, zahlt im Regelfall kräftig drauf.
 
Kaufen Sie gegen den Trend und bevorraten Sie sich, wenn die Preise niedrig sind! Kaufen Sie Ihre Geschenke über das ganze Jahr hinweg und legen Sie sich zu Hause ein kleines Depot an. Champagner und Sekt beispielsweise kosten nach Silvester deutlich weniger als vor der Jahreswende.
 
Bleiben Sie in der Quengelzone konsequent! Die Schleckereien an der Kasse sind das größte Spannungsfeld beim Einkauf mit Kindern. Nur wenn Sie hier standhaft bleiben und den Einkauf von Quengelware zum unumstößlichen Tabu erklären, kann sich Ihr Kind oder Enkelkind auf diese Regel einstellen.
 
Vermeiden Sie Warteschlangen! Um lange Warteschlangen zu umgehen, sollten Sie keinesfalls nach der Arbeit, am Monatsanfang (denn dann war Zahltag und die Verbraucher haben viel Geld zum Ausgeben) und unmittelbar vor Feiertagen einkaufen!
 
Entziehen Sie sich dem Röntgenblick der Anbieter! Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie bei jeder Nutzung einer Kunden- oder Bonuskarte wichtige Informationen über sich und Ihr Konsumverhalten preisgeben. Und sind die (häufig geringen) Prämien und Preisnachlässe das wirklich wert?
 
Lassen Sie EC- sowie Kreditkarte stecken! Zahlen Sie lieber bar! Denn Bargeld ausgeben tut uns richtig weh. Und das schärft unser Bewusstsein für die ausgegebenen Geldbeträge. Sämtliche einschlägige Untersuchungen belegen, dass wir mit Karte mehr Geld ausgeben als bei Bargeldzahlung.
 
Wehren Sie sich gegen unerwünschte Werbung! Wenn Sie von verstopften Briefkästen die Nase voll haben, bringen Sie einen Aufkleber »Bitte keine Werbung« an. Und unerwünschte Werbung per Post, Fax, Telefon, SMS oder E-Mail werden Sie für immer los, wenn Sie sich in die sogenannte Robinsonliste aufnehmen lassen.
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Der Einkaufsknopf in unserem Kopf
Machen wir uns nichts vor: Einkaufen ist eine Wissenschaft. Außer Sie nehmen es leicht und Geld ist Ihnen egal. Da das aber ziemlich unwahrscheinlich ist, sollten Sie mal einen genaueren Blick auf grundlegende Mechanismen bei Kaufentscheidungen werfen. Hier gilt, wie fast immer im Leben: Wissen ist Macht – und spart bares Geld.

Zunächst ein Geständnis

Zunächst müssen wir, die Autoren, ein umfassendes Geständnis ablegen. Obwohl wir uns als Professoren bereits seit Jahren mit dem Kaufverhalten der Kunden beschäftigen, gehen auch wir den Unternehmen immer wieder auf den Leim.
 
Wir kommen mit einem 2-kg-Glas Oliven nach Hause, weil dieses im Verhältnis deutlich preisgünstiger als das entsprechende 200-g-Glas ist. Dabei haben wir bei all unseren ökonomischen Überlegungen aber ganz vergessen, dass das geöffnete Glas innerhalb einer Woche verbraucht werden sollte. Und das ist bei einer vierköpfigen Familie, bei denen zwei Haushaltsmitglieder noch eine regelrechte Abneigung gegen diese mediterrane Spezialität hegen, schier unmöglich.
 
Unser Schrank quillt über vor noch verpackten Anzugshemden, weil wir bei jeder Aktion im Handel davon überzeugt sind, an so einem einmaligen Angebot nicht vorübergehen zu können, ohne zuzugreifen. Wenn wir aber genau nachdenken, stellen wir fest, dass sich solche Aktionen alle drei Monate wiederholen.
 
Beim letzten Aufenthalt unserer besseren Hälfte bei ihren Eltern hatten wir als Strohwitwer kein Problem damit, das Haushaltsgeld, das normalerweise für einen Monat reichen sollte, bereits nach einer Woche vollständig aufgebraucht zu haben. Denn wir hatten ja Wichtigeres zu tun, als unsere Einkäufe mittels Liste zu planen und die Angebote im Supermarkt miteinander zu vergleichen.
 
Und unsere Frauen erklären bereits seit geraumer Zeit 1-€-Läden zur verbotenen Zone, weil wir nach frühestens einer halben Stunde mit mindestens einem halben Dutzend unnützer Dinge wieder herauskommen würden. Die Liste unserer »Shopping-Erfolge« ließe sich mühelos um noch zahlreiche weitere Beispiele verlängern. Zwar muss ein Kritiker kein guter Schauspieler sein, aber trotzdem tun auch uns diese Niederlagen im täglichen Einkaufsdschungel irgendwie weh. Und vielleicht ist das der eigentliche Grund, warum wir das vorliegende Buch geschrieben haben.

Warum kaufen wir eigentlich mehr, als wir planen?

Um die Frage zu beantworten, warum wir immer mehr einkaufen, als wir wollen, müssen wir zunächst einmal schauen, wie wir denn eigentlich unsere Kaufentscheidungen treffen. Die Marketingexperten unterscheiden vier unterschiedliche Typen von Kaufentscheidungen, die wir in unterschiedlichen Kaufsituationen einsetzen.
 
Kennen Sie Kaufentscheidungen, mit denen Sie sich richtig schwertun? Sie vergleichen viele Informationen, wälzen Broschüren und suchen sich Informationen im Internet? Das nennen die Experten extensive Kaufentscheidungen, und wir treffen sie, wenn es sich um eine wichtige, eine langfristige oder eine teure Kaufentscheidung handelt. Das ist bei Versicherungen der Fall, beim Autokauf oder auch bei der Anschaffung eines Einfamilienhauses.
 
Von einer limitierten Kaufentscheidung spricht der Experte, wenn wir uns zwar ein wenig über die Produktalternativen informieren, aber gleichzeitig auch schon bestimmte Erfahrungen einfließen lassen, welche die Entscheidung einfacher machen. Männer kaufen zum Beispiel häufig Kleidung genau so ein: Sie wissen, dass ihnen eine bestimmte Größe einer bestimmten Anzugmarke passt. Also gehen sie ins Bekleidungsgeschäft und suchen sich aus den drei Varianten der Anzugmarke die schönste heraus. Damit machen sich die Männer die Entscheidung leichter und verzichten darauf, auch noch die 15 anderen Anzugmarken anzuschauen oder (noch schlimmer für Männer) anzuprobieren.
 
Eine dritte Form sind die habitualisierten Kaufentscheidungen. Habitus heißt Gewohnheit, und habitualisiert kaufen wir Produkte, die wir immer wieder kaufen. Wir haben uns daran gewöhnt, sie zu erwerben. Wer immer Nutella nimmt und gar nicht auf die Idee kommt, mal etwas anderes auszuprobieren, der hat eine habitualisierte Kaufentscheidung getroffen. Es gibt übrigens Marketing-Wissenschaftler, welche gar nicht von einer Kaufentscheidung sprechen wollen, weil wir uns gerade nicht bewusst für ein Produkt entschieden haben.
 
Impulsive Kaufentscheidungen sind nicht geplant, nicht überlegt und deswegen sehr gefährlich für unser Portemonnaie. Wir sehen ein Produkt und kaufen es. Wir vergleichen nicht mehr lange, sondern nehmen uns einfach das Produkt.
 
Die gefährlichen Kaufentscheidungen, habitualisierte und impulsive Kaufentscheidungen, spielen eine besonders große Rolle. Entweder laufen sie automatisch ab, während wir durch den Supermarkt gehen, oder aber wir greifen impulsiv zu.
 
Bei einer Untersuchung wurde gefragt, ob Kunden denn auch mal etwas spontan einkaufen. Ja sagten bei Käufen von Kleidung 45%, Blumen 38%, Schuhen 30%, Büchern 28%, Spirituosen 17%, Autozubehör 15% und Spielzeug 10%. Eine Studie einer amerikanischen Hochschule kommt zu der Erkenntnis, dass 60% der Produkte, die sich bei Verlassen des Supermarkts im Einkaufswagen fanden, nicht geplante Käufe waren. Die Quote ist noch höher, wenn man beachtet, dass viele Kunden nur eine Produktart (Schokolade, Wurst, Käse) auf ihren Einkaufszettel schreiben und sich dann vor Ort im Supermarkt vor dem Regal für ein bestimmtes Produkt entscheiden.
 
Die Tatsache, dass die Kaufentscheidungen immer öfter nicht mehr zu Hause, sondern vor dem Regal getroffen werden, führt zu einer neuen Art der Marktforschung: Mit der sogenannten »Shopper Research Box« wird der Kunde mit einer kleinen Kamera vor dem Regal beobachtet, indem in laufender Folge viele Fotos gemacht werden.
 
Der renommierte Shopping-Forscher Paco Underhill bringt die Situation der Unternehmen auf den Punkt: »Wenn wir nur dann in Geschäfte gingen, wenn wir tatsächlich etwas einkaufen müssen, und wenn wir dann nur das kaufen würden, was wir tatsächlich brauchen, würde die Wirtschaft zusammenbrechen.«
 
Offensichtlich kennen Unternehmen den Buying-Button, den Einkaufsknopf, auf den sie bei uns drücken müssen, damit wir einkaufen. Gehen wir also zunächst der Frage nach, wie es überhaupt dazu kommen kann, dass wir uns von bestimmten Marketing-Mitteln und -Methoden so stark beeinflussen lassen. Untersuchungen des Neuromarketing-Pioniers Hans-Georg Häusel, der mithilfe von Kernspintomografen in das Gehirn von Konsumenten schaut, zeigen: Lediglich ein Drittel unserer Einkäufe ist fest geplant. In diesen Fällen wissen wir vor dem Kauf, welchen Artikel und welche Marke wir erwerben möchten. Die verbleibenden zwei Drittel finden spontan statt.
 
Bei der Hälfte dieser Spontankäufe wissen wir zwar, dass wir ein Produkt aus einer bestimmten Kategorie, also z. B. ein Waschmittel, kaufen möchten. Wir haben aber noch nicht festgelegt, welche Marke es konkret sein soll. Hierzu entscheiden wir uns erst vor dem Regal. Die restlichen 50% sind echte Spontankäufe. Im Nachhinein wundern wir uns dann, warum dieser Artikel in unserem Einkaufswagen gelandet ist. Demnach fallen die meisten unserer Kaufentscheidungen mehr oder weniger unbewusst. Hirnforscher gehen davon aus, dass gerade einmal 0,004% aller Informationen aus der Umwelt bis in unser Bewusstsein vordringen.
 
Nur ein Drittel unserer Einkäufe ist fest geplant. Der Rest läuft mehr oder weniger spontan ab.

Die Schaltzentrale in unserem Hirn

Offenkundig wird die überwältigende Mehrheit von Reizen und Kaufsignalen von unserem Gehirn direkt ins Verhalten umgesetzt, ohne dass wir es in unserem Bewusstsein registrieren. Hierbei handelt es sich um Mechanismen, die weitgehend automatisch ablaufen, weshalb wir im Folgenden von unserem Autopiloten sprechen.
 
Wir Menschen werden vor allem durch das limbische System im Gehirn gesteuert. Entwicklungsgeschichtlich ist es viel älter als das Kleinhirn, das uns von den Tieren unterscheidet. Dazu passt, dass wir zu 98,5% die gleichen Gene haben wie Schimpansen. Einkaufen ist deshalb immer noch das Gleiche wie das Jagen und das Sammeln. Der Mensch wird wesentlich durch sein Unterbewusstsein gesteuert.
 
Und clevere Unternehmen wissen, wie unser Autopilot funktioniert, sodass sie nur auf die entsprechenden Startknöpfe drücken müssen, damit wir etwas kaufen. Hierbei handelt es sich teils um angeborene, teils um erlernte Mechanismen, die bei allen Menschen ähnliches Verhalten auslösen.
 
Beispielsweise bewegen wir uns lieber gegen als mit dem Uhrzeigersinn. Ladengestalter bauen die Laufwege im Supermarkt deshalb gegen den Uhrzeigersinn auf, was dazu führt, das wir mehr einkaufen, weil wir uns wohlfühlen.
 
Oder werden die Gänge zwischen den Regalen zu schmal, bewegen wir uns automatisch schneller und kaufen weniger ein. Offensichtlich kommt hier unser Steinzeit-Gen zum Vorschein: Fühlen wir uns eingeengt, befürchten wir, bei Gefahr nicht rechtzeitig fliehen zu können. Werden die Gänge aber wieder breiter, verlangsamen wir unsere Schrittgeschwindigkeit, können die Produkte nun besser betrachten und kaufen automatisch mehr ein. Und das wissen die Supermarktbetreiber.

Geben und Nehmen