Cord Benecke

Klinische Psychologie und Psychotherapie

Ein integratives Lehrbuch

 

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2014

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart

Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher

Umschlagabbildung: »Und wieder blüht’s im Felsengarten« (J.G.)

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

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ISBN 978-3-17-021696-9

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Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort und Dank
  2. Einleitung
  3. Teil I: Grundlagen
  4. 1    Was ist Klinische Psychologie und Psychotherapie
  5. 2    Historische Entwicklung der Klinischen Psychologie
  6. 3    Paradigmen, Therapietheorien, klinische Modelle
  7. 3.1 Allgemeine Struktur von Psychotherapietheorien
  8. 3.2 Allgemeines psychologisches Krankheitsmodell
  9. 4    Emotionstheorien
  10. 4.1 Traditionen der Emotionspsychologie
  11. 4.2 Definitionen von Emotion
  12. 4.2.1 Basisemotionen und Emotionsdimensionen
  13. 4.2.2 Emotionsausdruck
  14. 4.3 Anlass und Funktion von Emotionen
  15. 4.3.1 Auslöser von Emotionen
  16. 4.3.2 Motive und Emotion
  17. 4.3.3 Funktionen von Emotionen
  18. 4.4 Emotionen und weitere bio-psychische Aspekte
  19. 4.4.1 Emotionale Physiologie
  20. 4.4.2 Emotionen und Gedächtnis
  21. 4.4.3 Emotion und Vorstellung
  22. 4.5 Emotionsregulierung
  23. 4.5.1 Kognitive Regulierungsstrategien
  24. 4.5.2 Aufmerksamkeit und Exekutive Funktionen
  25. 4.5.3 Unbewusste Emotionen und deren Regulierung
  26. 4.5.4 Interpersonelle Emotionsregulierung – emotionale Kommunikation
  27. 4.5.5 Empathie als Basis intersubjektiver Prozesse
  28. 4.6 Entwicklung des Selbst und der Emotionsregulation
  29. 4.6.1 Emotionen und Selbstempfinden im ersten Jahr
  30. 4.6.2 Ich-Andere-Unterscheidung und Selbstkonzept im zweiten Lebensjahr
  31. 4.6.3 Die »Theory of Mind« als Basis kognitiver Regulierungsprozesse
  32. 4.6.4 Selbstdefinitionen und Motivregulierung im Schulalter
  33. 4.6.5 Identitätsentwicklung in Pubertät und Adoleszenz
  34. 4.6.6 Entwickelte Motivregulation und Identität
  35. 5    Biologische Modelle
  36. 5.1 Grundkonzept biologischer Modelle
  37. 5.2 Hirnstrukturen und ihre Funktion bei emotionalen Prozessen
  38. 5.2.1 Funktionelle Neuroanatomie emotionaler Prozesse
  39. 5.2.2 Emotionale Neuro-Chemie
  40. 5.2.3 Die Neurobiologie der Empathie
  41. 5.2.4 Neurobiologie der Emotionsregulierung
  42. 5.2.5 Das Ich im Hirn
  43. 5.3 Genetik, Neurophysiologie, Umwelteinfluss
  44. 5.3.1 Gen-Umwelt-Interaktionen: Untersuchungen an Tieren
  45. 5.3.2 Gen-Umwelt-Interaktionen: Untersuchungen bei Menschen
  46. 5.4 Zusammenfassung
  47. 6    Psychoanalytische Modelle
  48. 6.1 Strömungen der Psychoanalyse
  49. 6.2 Psychoanalytische Grundkonzepte
  50. 6.2.1 Psychoanalytische Motivationstheorien
  51. 6.2.1.1 Triebe, Sexualität und Libido bei Freud
  52. 6.2.1.2 Neuere psychoanalytische Motivationstheorien
  53. 6.2.2 Unbewusst – vorbewusst – bewusst
  54. 6.2.2.1 Freuds Theorie des Unbewussten
  55. 6.2.2.2 Vergangenheits- und Gegenwartsunbewusstes
  56. 6.2.3 Psychische »Instanzen«
  57. 6.2.3.1 Es – Ich – Überich
  58. 6.2.3.2 Abwehrmechanismen und andere Ichfunktionen
  59. 6.2.3.3 Selbst und Narzissmus
  60. 6.2.4 Psychoanalytische Entwicklungsmodelle
  61. 6.2.4.1 Das klassische Modell der Libido-Entwicklung
  62. 6.2.4.2 Weitere psychoanalytische Entwicklungstheorien
  63. 6.2.4.3 Internalisierungsprozesse und die Entwicklung affektiver Kerne im Selbst
  64. 6.3 Komponenten psychoanalytischer Störungstheorien
  65. 6.3.1 Pathogene Konflikte
  66. 6.3.2 Psychoanalytische Persönlichkeitsmodelle
  67. 6.3.2.1 Charaktertypologien
  68. 6.3.2.2 Dimensionale Strukturkonzepte
  69. 6.3.3 Repräsentanzen und Beziehungsmuster
  70. 6.3.4 Zusammenfassung: Allgemeines psychoanalytisches Störungsmodell
  71. 6.4 Emotionen in psychoanalytischen Modellen
  72. 6.4.1 Triebe und Affekte heute
  73. 6.4.2 Abwehr als Form der Affektregulierung
  74. 6.4.3 Liebe, Sexualität, Körper und Affekt
  75. 6.5 Zusammenfassung
  76. 7    Verhaltenstherapeutische Modelle
  77. 7.1 Lerntheoretische Modelle
  78. 7.1.1 Lerntheoretische Grundlagen
  79. 7.1.2 Psychische Störungen als gelerntes »Fehlverhalten«
  80. 7.2 Kognitive Modelle
  81. 7.2.1 Grundlagen der Kognitionspsychologie
  82. 7.2.2 Psychische Störungen als Folge dysfunktionaler Kognitionen
  83. 7.2.3 Weiterentwicklungen der kognitive Modelle
  84. 7.2.3.1 Das Konsistenztheoretische Modell von K. Grawe
  85. 7.2.3.2 Das Modell der Planstrukturen nach F. Caspar
  86. 7.2.3.3 Das Schema-Modell von J. E. Young
  87. 7.2.3.4 Metakognitionen: Eine neue »Welle« in der Verhaltenstherapie?
  88. 7.3 Unbewusstes, Emotionen und Beziehung in den »kognitiven« Modellen
  89. 7.3.1 Das Unbewusste und die Bedeutung früher Erfahrungen in verhaltenstherapeutischen Modellen
  90. 7.3.2 Motivation und Emotionen in verhaltenstherapeutischen Modellen
  91. 7.3.3 Strukturelle Störungen in verhaltenstherapeutischen Modellen
  92. 7.4 Zusammenfassung
  93. 8    Humanistische Modelle
  94. 8.1 Persönlichkeitstheorie der Gesprächspsychotherapie
  95. 8.1.1 Gesprächstherapeutische Entwicklungsmodelle
  96. 8.1.2 Die »voll entwickelte Persönlichkeit«
  97. 8.1.3 Beziehungstheorie bei Rogers
  98. 8.1.4 Emotionen im gesprächstherapeutischen Modell
  99. 8.1.5 Das Emotionsmodell von Lesley Greenberg
  100. 8.2 Humanistische Störungstheorie(n)
  101. 8.2.1 Gesprächstherapeutische Störungstheorien
  102. 8.2.2 Das Modell der Doppelten Handlungsregulation
  103. 8.2.3 Die existenzielle Perspektive
  104. 8.3 Zusammenfassung
  105. 9    Systemische Modelle
  106. 9.1 Historische Entwicklung systemischer Modelle
  107. 9.2 Exkurs: Selbstorganisation und dynamische Systeme
  108. 9.2.1 Einige Grundbegriffe dynamischer Systemtheorien
  109. 9.2.2 Psychische Attraktoren, oder: Wie geordnet sind Patienten?
  110. 9.3 Grundlegendes Störungsverständnis
  111. 9.4 Einige Systemische Modelle im Überblick
  112. 9.4.1 Das Mailänder Modell
  113. 9.4.2 Die Heidelberger Schule
  114. 9.4.3 Personzentrierte Systemtheorie
  115. 9.5 Zusammenfassung
  116. 10   Risiko- und Schutzfaktoren
  117. 10.1 Risiko-Faktoren
  118. 10.2 Salutogenese und Resilienz
  119. 10.3 Fazit zu den Risiko- und Schutzfaktoren
  120. 11   Fazit zu den Grundlagenmodellen
  121. 11.1 Emotionsdynamiken
  122. 11.2 Affektive Kerne und emotionale Vernetzungen
  123. 11.3 Prozedural-dynamische Regulierungsprozesse
  124. Teil II: Psychische Störungen
  125. 12   Psychische Gesundheit
  126. 12.1 Was ist psychisch gesund? Definitionsprobleme
  127. 12.2 Psychologische Bedingung psychischer Gesundheit
  128. 12.3 Exkurs: Gesundheitspsychologie
  129. 13   Psychosoziale Krisen
  130. 13.1 Krisen-Definition
  131. 13.2 Krisen-begünstigende Faktoren
  132. 14   Definitionen psychischer Störungen
  133. 14.1 Epidemiologie psychischer Störungen
  134. 14.2 Auswirkungen und Kosten psychischer Störungen
  135. 15   Klassifikation psychischer Störungen
  136. 15.1 International Classification of Diseases: ICD-10
  137. 15.2 Diagnostische und Statistische Manual: DSM-IV/-5
  138. 16   Diagnostik
  139. 16.1 Beziehungsaufbau und allgemeiner Eindruck
  140. 16.2 Störungsdiagnostik – Klassifikationen und Dimensionen
  141. 16.3 Verfahrensspezifische Diagnostik
  142. 17   Depression und andere Affektive Störungen
  143. 17.1 Klassifikation der Affektiven Störungen
  144. 17.1.1 Depressive Episoden und Dysthymie
  145. 17.1.2 Manische und bipolare affektive Störungen
  146. 17.2 Epidemiologie, Komorbidität, Risikofaktoren
  147. 17.2.1 Prävalenz, Verlauf und Komorbidität
  148. 17.2.2 Risikofaktoren
  149. 17.3 Klinische Modelle der Depression
  150. 17.3.1 Psychoanalytische Modelle der Depression
  151. 17.3.2 Verhaltenstherapeutische Modelle der Depression
  152. 17.3.3 Neurobiologie der Depression
  153. 17.3.4 Weitere Modelle zu Depression
  154. 17.4 Forschungsbefunde zur Depression
  155. 17.5 Fazit zur Depression
  156. 18   Suizidalität und Suizid
  157. 18.1 Epidemiologie und Risikofaktoren
  158. 18.2 Erklärungsmodelle für Suizidalität
  159. 19   Angststörungen
  160. 19.1 Klassifikation der Angststörungen
  161. 19.1.1 Panikstörung und Agoraphobie
  162. 19.1.2 Soziale Phobie
  163. 19.1.3 Spezifische Phobien
  164. 19.1.4 Generalisierte Angststörung
  165. 19.2 Epidemiologie, Komorbidität, Risikofaktoren
  166. 19.3 Klinische Modelle von Angststörungen
  167. 19.3.1 Psychoanalytische Modelle von Angststörungen
  168. 19.3.2 Verhaltenstherapeutische Modelle von Angststörungen
  169. 19.3.3 Weitere Modelle von Angststörungen
  170. 19.4 Aktuelle Forschungsbefunde zu Angststörungen
  171. 19.5 Fazit zu Angststörungen
  172. 20   Zwangsstörungen
  173. 20.1 Klassifikation der Zwangsstörung
  174. 20.2 Epidemiologie, Komorbidität, Risikofaktoren
  175. 20.3 Klinische Modelle der Zwangsstörungen
  176. 20.3.1 Psychoanalytische Modelle der Zwangsstörungen
  177. 20.3.2 Verhaltenstherapeutische Modelle der Zwangsstörungen
  178. 20.3.3 Biologische Modelle der Zwangsstörungen
  179. 20.4 Aktuelle Forschungsbefunde zu Zwangsstörungen
  180. 20.5 Fazit zu Zwangsstörungen
  181. 21   Somatoforme Störungen und psychosomatische Erkrankungen
  182. 21.1 Klassifikation der Somatoformen Störungen
  183. 21.2 Psychosomatische Erkrankungen
  184. 21.3 Epidemiologie, Komorbidität und Risikofaktoren somatoformer Störungen
  185. 21.4 Klinische Modelle der Somatoformen Störungen
  186. 21.4.1 Psychoanalytische Modelle der Somatoformen Störungen
  187. 21.4.2 Verhaltenstherapeutische Modelle der Somatoformen Störungen
  188. 21.4.3 Weitere Modelle der Somatoformen Störungen
  189. 21.5 Aktuelle Forschungsbefunde zu Somatoformen Störungen
  190. 21.6 Fazit zu Somatoformen Störungen
  191. 22   Essstörungen
  192. 22.1 Klassifikation der Essstörungen
  193. 22.1.1 Anorexia Nervosa
  194. 22.1.2 Bulimia Nervosa
  195. 22.1.3 Binge-Eating-Disorder und Adipositas
  196. 22.2 Risikofaktoren für Essstörungen
  197. 22.3 Klinische Modelle der Essstörungen
  198. 22.3.1 Psychoanalytische Modelle der Essstörungen
  199. 22.3.2 Verhaltenstherapeutische Modelle der Essstörungen
  200. 22.3.3 Systemische Modelle der Essstörungen
  201. 22.4 Aktuelle Forschungsbefunde zu Essstörungen
  202. 22.5 Fazit zu Essstörungen
  203. 23   Posttraumatische Störungen
  204. 23.1 Traumadefinitionen
  205. 23.2 Traumafolgestörungen
  206. 23.2.1 Akute Belastungsreaktion
  207. 23.2.2 Posttraumatische Belastungsstörung – PTBS
  208. 23.2.3 Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung
  209. 23.2.4 Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung
  210. 23.2.5 Anpassungsstörung
  211. 23.2.6 Spezialfall Sexuelle Gewalt
  212. 23.3 Verlaufsmodelle der psychischen Traumatisierung
  213. 23.4 Klinische Modelle der Traumafolgestörungen
  214. 23.4.1 Psychoanalytische Modelle der Traumafolgestörungen
  215. 23.4.2 Verhaltenstherapeutische Modelle der PTBS
  216. 23.4.3 Neurobiologische Aspekte der PTBS
  217. 23.5 Fazit zu Traumafolgestörungen
  218. 24   Persönlichkeitsstörungen
  219. 24.1 Dimensionale Persönlichkeitsdiagnostik im DSM-V
  220. 24.2 Paranoide Persönlichkeitsstörung
  221. 24.3 Schizoide Persönlichkeitsstörung
  222. 24.4 Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung
  223. 24.5 Abhängige/Dependente Persönlichkeitsstörung
  224. 24.6 Anankastische/Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
  225. 24.7 Histrionische Persönlichkeitsstörung
  226. 24.8 Narzisstische Persönlichkeitsstörung
  227. 24.9 Dissoziale/Antisoziale Persönlichkeitsstörung
  228. 24.10 Emotional instabile/Borderline-Persönlichkeitsstörung
  229. 24.10.1 Ätiologie und Risikofaktoren der Borderline-Persönlichkeitsstörung
  230. 24.10.2 Psychoanalytische Modelle der Borderline-Persönlichkeitsstörung
  231. 24.10.3 Kognitiv-behaviorale Modelle der BorderlinePersönlichkeitsstörung
  232. 24.10.4 Forschungsbefunde zu Borderline-PS
  233. 24.10.5 Fazit zu Borderline-Persönlichkeitsstörung
  234. 25   Schizophrenie und andere psychotische Störungen
  235. 25.1 Klassifikation psychotischer Störungen
  236. 25.1.1 Schizophrenie
  237. 25.1.2 Weitere psychotische Störungen
  238. 25.2 Klinische Modelle der Schizophrenie
  239. 25.3 Emotionale Kommunikation und Schizophrenie
  240. 26   Psychische Störungen in Kindheit und Jugend
  241. 26.1 Epidemiologie und Komorbidität
  242. 26.2 Persistenz und Verlauf
  243. 26.3 Geschlechtsunterschiede
  244. 26.4 Ausgewählte Störungen bei Kindern und Jugendlichen
  245. 26.4.1 Frühe Regulationsstörungen
  246. 26.4.2 Depression, Angst und Zwang bei Kindern und Jugendlichen
  247. 26.4.2.1 Depression bei Kindern und Jugendlichen
  248. 26.4.2.2 Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen
  249. 26.4.2.3 Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen
  250. 26.4.3 Externalisierende Störungen
  251. 26.4.3.1 Hyperkinetische Störungen
  252. 26.4.3.2 Störung des Sozialverhaltens, Dissoziale Störung und Gewaltverhalten bei Kindern und Jugendlichen
  253. 26.4.4 Persönlichkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen?
  254. 27   Fazit zu den »Störungsbildern« und das Komorbiditätsproblem
  255. Teil III: Interventionsformen
  256. 28   Definitionen: Psychotherapie, Beratung, Prävention
  257. 28.1 Psychotherapie
  258. 28.2 Beratung und Krisenintervention
  259. 28.3 Prävention und Gesundheitspsychologie
  260. 29   Rahmenbedingungen, Ausbildung und Versorgungsstrukturen
  261. 29.1 Deutschland
  262. 29.2 Österreich
  263. 29.3 Schweiz
  264. 30   Allgemeine Wirkfaktoren und Prozessmodelle der Psychotherapie
  265. 30.1 Konzepte »universeller« Wirkfaktoren
  266. 30.2 Allgemeine Prozessmodelle basierend auf dynamischen Systemtheorien
  267. 31   Psychoanalytische Therapien
  268. 31.1 Psychoanalytische Wirkprinzipien und Techniken
  269. 31.1.1 Die Beziehung als Mittel und Feld der Veränderung
  270. 31.1.1.1 Übertragungsbeziehung und ihre therapeutische Nutzung
  271. 31.1.1.2 Förderliche Regressionen – der »analytische Prozess«
  272. 31.1.1.3 Neue Beziehungserfahrungen und Identifizierungen
  273. 31.1.1.4 Verstehen – was und wie?
  274. 31.1.2 Einsicht in unbewusste Hintergründe vermitteln
  275. 31.1.2.1 Deutungsarbeit
  276. 31.1.2.2 Das Prinzip der dynamischen Fokussierung
  277. 31.1.3 Strukturbildende therapeutische Arbeit
  278. 31.1.3.1 Stützende und Ich-Funktionen stabilisierende Techniken
  279. 31.1.3.2 Strukturdynamische Fokussierung
  280. 31.2 Psychoanalytische Diagnostik und Indikation
  281. 31.3 Behandlungsformen psychoanalytischer Therapien
  282. 31.3.1 Psychoanalytische Einzeltherapien
  283. 31.3.1.1 Psychoanalyse
  284. 31.3.1.2 Psychoanalytische Kurz- und Fokaltherapie
  285. 31.3.1.3 Psychodynamische Psychotherapien
  286. 31.3.2 Manualisierte Psychoanalytische Therapien
  287. 31.3.2.1 Beispiel: Supportiv-expressive Psychotherapie von Luborsky
  288. 31.3.2.2 Beispiel: Panik-Fokussierte Psychodynamische Psychotherapie
  289. 31.3.2.3 Beispiel: Strukturbezogene Psychotherapie nach Rudolf
  290. 31.3.2.4 Beispiel: Übertragungsfokussierte Psychotherapie nach Kernberg
  291. 31.3.2.5 Beispiel: Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT)
  292. 31.3.3 Psychoanalytische Gruppentherapien
  293. 31.1.4 Psychoanalytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
  294. 32   Verhaltenstherapien
  295. 32.1 Verhaltenstherapeutische Diagnostik
  296. 32.2 Behaviorale Methoden
  297. 32.2.1 Konfrontationsmethoden (exposure therapy)
  298. 32.2.2 Kompetenztraining (skill-trainings)
  299. 32.2.3 Operante Methoden
  300. 32.2.4 Selbstkontroll- bzw. Selbstmanagementmethoden
  301. 32.3 Kognitive Verhaltenstherapie
  302. 32.3.1 Grundmodell der »kognitiven« Verhaltenstherapie
  303. 32.3.2 Vorgehen in der kognitiven Therapie
  304. 32.3.3 Arbeiten mit Emotionen und Vergangenheit in der kognitiven Therapie
  305. 32.3.4 Die therapeutische Beziehung in der Kognitiven Therapie
  306. 32.3.5 Akzeptanz-basierte Techniken
  307. 32.4 Manualisierte verhaltenstherapeutische Methoden
  308. 32.4.1 Verhaltenstherapie bei Angst und Depression
  309. 32.4.1.1 Beispiel: Verhaltenstherapie bei Depression (Beck/Hauzinger)
  310. 32.4.1.2 Beispiel: Verhaltenstherapie bei Panikstörungen (Margraf/Schneider)
  311. 32.4.1.3 Beispiel: Transdiagnostische Verhaltenstherapie für »emotional disorders«
  312. 32.4.2 Verhaltenstherapien bei Persönlichkeitsstörungen
  313. 32.4.2.1 Beispiel: Kognitv-behaviorale Therapie nach Beck
  314. 32.4.2.2 Beispiel: Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)
  315. 32.4.2.3 Schematherapie nach Young
  316. 32.5 Verhaltenstherapeutische Gruppenpsychotherapie
  317. 32.6 Verhaltenstherapeutische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
  318. 33   Humanistische Psychotherapien
  319. 33.1 Gesprächspsychotherapie
  320. 33.1.1 Zentrale Wirkprozesse der Gesprächspsychotherapie
  321. 33.1.1.1 Verändern durch Anerkennen (Bedingungsfreies Anerkennen)
  322. 33.1.1.2 Verändern durch Verstehen (Einfühlendes Verstehen)
  323. 33.1.1.3 Verändern durch Begegnen
  324. 33.2 Emotionsfokussierte Therapie von Greenberg
  325. 33.3 Humanistische Gruppenpsychotherapie
  326. 33.4 Humanistische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
  327. 34   Systemische Therapien
  328. 34.1 Systemische Diagnostik
  329. 34.2 Systemische Methoden
  330. 34.2.1 Strukturelle und strategische Methoden
  331. 34.2.2 Symbolisch-metaphorische Methoden
  332. 34.2.3 Zirkuläre Methoden
  333. 34.2.4 Lösungsorientierte Methoden
  334. 34.2.5 Narrative und dialogische Methoden
  335. 34.2.6 Systemische Familienrekonstruktion
  336. 34.3 Settings und behandelte Systeme
  337. 35   Traumatherapien
  338. 35.1 Behandlungsbeginn
  339. 35.2 Stabilisierung und Ressourcenaktivierung
  340. 35.3 Trauma-Exposition
  341. 35.4 Integration und Neuorientierung
  342. 36   Ethik in der Psychotherapie
  343. 36.1 Allgemeine, aktuell gültige ethische Grundsätze
  344. 36.2 Unethisches Verhalten von Psychotherapeuten
  345. 36.2.1 Sexueller Missbrauch und andere Formen von Ausbeutung
  346. 36.2.2 Übernahme von »Werten« als ethisches Problem
  347. 36.3 Ethik und Unethik des Gesundheitssystems
  348. Teil IV: Psychotherapie-Forschung
  349. 37   Geschichte der Psychotherapieforschung
  350. 38   Wirksamkeitsforschung
  351. 38.1 Designfragen, Wirksamkeiten und Evidenzen
  352. 38.1.1 Efficacy und Effectiveness – Fragestellung und Design
  353. 38.1.2 Messung der Veränderungen
  354. 38.1.3 Beurteilung der Wirksamkeits-»Evidenz« von Psychotherapie
  355. 38.2 Exkurs: Wirksamkeit von Pharmakotherapie
  356. 38.2.1 Effekte von Antidepressiva
  357. 38.2.2 Placebos – nicht nur Nichts
  358. 38.2.3 Pharmakotherapie im Vergleich mit Psychotherapie
  359. 38.3 Befundlage zur Wirksamkeit von Psychotherapie
  360. 38.3.1 Wirksamkeit einzelner Verfahren
  361. 38.3.2 Das Dodo-Bird-Verdikt: Haben wirklich alle gewonnen?
  362. 38.3.3 What works for whom? – einmal anders
  363. 38.3.4 Dosis-Wirkungs-Effekte?
  364. 38.3.5 Neurobiologische Veränderungen durch Psychotherapie
  365. 38.4 Wirtschaftlichkeitsanalysen im Bereich Psychotherapie
  366. 38.4.1 Gesundheitsökonomische Studiendesigns
  367. 38.4.2 Befundlage zu Kosten-Wirkungsrelationen von Psychotherapie
  368. 38.5 Fazit zur Wirksamkeit von Psychotherapie
  369. 39   Prozessforschung
  370. 39.1 Methoden der Prozessforschung
  371. 39.1.1 Prozess-Fragebögen
  372. 39.1.2 Stunden-Ratings
  373. 39.1.3 Methoden zur Erfassung von Prozessvariablen auf der Mikroebene
  374. 39.2 Ergebnisse der Prozessforschung
  375. 39.2.1 Allianz, Beziehung und Bindung im therapeutischen Prozess
  376. 39.2.2 Therapeutische Interventionen und deren Zusammenhang mit dem Behandlungsergebnis
  377. 39.2.3 Patientenverhalten und -erleben im Zusammenhang mit dem Behandlungsergebnis
  378. 39.2.4 Nonverbale dyadische Muster im therapeutischen Prozess
  379. 39.2.5 Die Analyse nicht-linearer therapeutischer Prozesse
  380. 40   Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie
  381. 40.1 Formen von negativen Effekten
  382. 40.2 Gründe für Fehlentwicklungen
  383. 40.3 Fehlentwicklungsprophylaxe?
  384. 41   Fazit zu den Psychotherapie-Modellen und der Psychotherapieforschung
  385. 41.1 Bausteine einer Emotionsdynamischen Psychotherapie
  386. 41.2 Veränderungsziele und Wirkprozesse
  387. 41.3 Veränderungsstrategien und -Methoden
  388. Literaturverzeichnis

Vorwort und Dank

 

 

Das vorliegende Lehrbuch basiert auf den Skripten meiner Vorlesungen, die ich seit nun fast zehn Jahren im Fachgebiet Klinische Psychologie und Psychotherapie halte. Anfangs schrieb ich die Skripten nur für mich als Gedächtnisstütze, später formulierte ich sie immer weiter aus, um sie den Studierenden zur Nachbearbeitung und Prüfungsvorbereitung zur Verfügung stellen zu können. Dabei war und ist es mir ein Anliegen, die Vielfalt der theoretischen und klinischen Ansätze möglichst ausgewogen darzustellen, deren jeweilige Besonderheiten sowie auch »schulenübergreifende« Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Ich hoffe, dass mir das einigermaßen gelungen ist.

Viele Menschen haben auf ganz unterschiedliche Weise dazu beigetragen, dass es dieses Buch nun gibt und dass es so geworden ist, wie es ist. Besonders hervorheben möchte ich dabei Doris Peham, Astrid Bock und Dietmar Kratzer, mit denen ich in Innsbruck jahrelang eng zusammengearbeitet habe und denen ich viel verdanke. Svenja Taubner, Timo Stork, Johannes Zimmermann, Nadine Scharnowski, Sven Rabung und Gerhard Dammann haben jeweils Teile des Manuskripts gelesen, und durch ihre Anregungen hat der Text sehr gewonnen. Gerhard Roth wollte eigentlich »nur« die Neuro-Passagen auf »grobe Schnitzer« überprüfen, hat dann aber doch gleich den kompletten Text gelesen und mir sehr wertvolle Rückmeldungen gegeben. Rhea Eschstruth, Katharina Rek, Katharina Krasnow und Carmen Meiwes Turrión haben meine schludrige Rechtschreibung korrigiert. Rhea Eschstruth habe ich zudem zu verdanken, dass aus meinen schlichten Folien echte Abbildungen geworden sind. Ruprecht Poensgen vom Kohlhammerverlag hatte überhaupt erst die Idee zu diesem Lehrbuch und hat das ganze Projekt seitdem geduldig und sehr unterstützend durch alle Höhen und Tiefen begleitet. Celestina Filbrandt hat das Manuskript redigiert und es zu einem Lehrbuch gemacht. Nicht zuletzt danke ich meinen Patienten, von denen ich wohl am allermeisten gelernt habe, und meinen Studierenden, die mich durch ihre Fragen immer wieder auf Trab halten.

Einleitung

 

 

Das Lehrbuch gliedert sich in vier Hauptteile.

Teil I Grundlagen: Nach einem historischen Abriss der Klinischen Psychologie sollen aktuelle grundlegende Konzepte der Krankheitslehre, der Ätiologie, der Psychogenese sowie der psychischen Erkrankungen zugrunde liegenden Kerndimensionen vorgestellt werden. Neben der Darstellung emotionstheoretischer und neurobiologischer Grundlagen werden die grundlegenden Modelle aus dem psychoanalytischen, dem verhaltenstherapeutischen, dem humanistischen und dem systemischen Umfeld vorgestellt. Dabei wird besonders auf die aktuellen Weiterentwicklungen klinischer Grundkonzepte eingegangen, die eine starke Annäherung der verschiedenen »Schulen« erkennen lassen. Sodann werden die empirisch gesicherten Risiko- und Schutzfaktoren und das bio-psycho-soziale Modell dargestellt. Zum Abschluss wird ein Versuch unternommen, die Gemeinsamkeiten der aktuellen klinischen Grundlagenmodelle herauszuarbeiten: Einen roten Faden durch die modernen klinischen Grundlagenmodelle bildet die Emotionstheorie. Emotionen stehen im Zentrum dynamischer psychischer Prozesse und sind hochgradig vernetzt mit allen klinisch relevanten Dimensionen.

Teil II Psychische Störungen: Nach der Darstellung der Probleme bei der Definition von psychischer Gesundheit werden die wichtigsten psychischen Störungen ausführlich beschrieben. Neben der Klassifikation und den diagnostischen Kriterien stehen insbesondere die Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung der jeweiligen Störungen im Vordergrund. Es werden unterschiedliche Störungsmodelle zu den jeweiligen Störungen dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Modellen liegt. Zudem werden in eigenen Abschnitten aktuelle Forschungsbefunde zu den Störungen beschrieben. Die Störungskapitel enthalten anschauliche Fallbeispiele. Den Abschluss bildet eine Diskussion der Komorbiditätsproblematik.

Teil III Interventionsformen: Dieser Teil gibt einen Überblick über verschiedene Ansätze klinisch-psychologischer Interventionsformen und Psychotherapie. Nach der Darstellung der Konzepte zu allgemeinen Wirkfaktoren wird auf die wichtigsten Psychotherapie-Verfahren eingegangen. Dabei werden jeweils die allgemeinen Behandlungsprinzipien und Techniken, die sich aus den in Teil I beschriebenen Grundlagenmodellen ableiten, beschrieben. Zudem wird auf ausgewählte, aktuelle Psychotherapie-Manuale zur Behandlung spezieller Störungen (z. B. Depression, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen) gesondert eingegangen, sodass die therapeutischen Strategien anschaulich werden. Weitere Anwendungsformen, wie Gruppentherapien und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche, werden ebenfalls beschrieben. Den Abschluss dieses Teils bildet ein Kapitel zur Ethik in der Psychotherapie.

Teil IV Psychotherapieforschung: Es wird ein Überblick über Historie, zentrale Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse der Psychotherapieforschung gegeben. Besonderes Augenmerk liegt einerseits auf der Untersuchung der Wirksamkeitsfrage und andererseits auf der Untersuchung therapeutischer Prozesse und deren Zusammenhang mit dem Behandlungsergebnis. Dabei zeigt sich, dass insbesondere die emotionalen Prozesse im Verlauf einer Psychotherapie eine entscheidende Rolle spielen. Den »Risiken und Nebenwirkungen« von Psychotherapie ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

Aus den Gemeinsamkeiten der verschiedenen Psychotherapiemodelle sowie aus den Befunden der Prozessforschung werden zum Abschluss Bausteine einer »emotionsdynamischen« Psychotherapie abgeleitet: ein Integrationsversuch unter besonderer Berücksichtigung der Veränderung der Emotionsregulierung als zentrale Dimension therapeutischer Prozesse.

Teil I: Grundlagen

1 Was ist Klinische Psychologie und Psychotherapie

Der Begriff »Klinische Psychologie« wurde vom Amerikaner Ligthner Witmer (1867–1956) geprägt. Witmer studierte und promovierte bei Wilhelm Wundt am Institut für experimentelle Psychologie in Leipzig. Zurück in den USA gründete er 1896 die erste Psychological Clinic an der Universität von Pennsylvania. Hier wurden vornehmlich Kinder mit Leistungsproblemen untersucht und behandelt; es handelte sich also eher um eine Erziehungsberatungsstelle. 1917 wurde die American Association of Clinical Psychologists gegründet, die schon 1919 als Sektion in die American Psychological Association (APA) aufging.

Aus dem Institut von Wundt ging eine weitere für die Klinische Psychologie wichtige Person hervor: Emil Kraeplin (1856–1926), der später ganz wesentliche Impulse in der Psychiatrie setzte (siehe unten). Als weiterer Impulsgeber kann noch ein Mediziner betrachtet werden: Sigmund Freud (1856–1939). Abgesehen von seinen grundlegenden Arbeiten zum Verständnis und der Therapie psychischer Störungen, setzte Freud sich dafür ein, dass auch Nicht-Mediziner den Zugang zur Psychotherapie erhielten.1

»Kraeplin und Freud – beide Mediziner und keine Psychologen – können als wesentliche Impulsgeber für die deutschsprachige und internationale Klinische Psychologie angesehen werden. Die beiden Namen stehen aber auch für zwei unterschiedliche Selbstverständnisse der Klinischen Psychologie, die bis heute in der Wissenschaft und Praxis vielfach als widersprüchlich gesehen werden: Kraeplin als Protagonist der empirischen Klinischen Psychologie, Freud als Repräsentant eines hermeneutischen Wissenschaftsverständnisses, das vor allem in der Tiefenpsychologie ihren Niederschlag fand« (Baumann & Perrez 1998, Baumann & Perrez 1998, S. 11). Wie sich zeigen wird, sind diese beiden »Selbstverständnisse« heute bei Weitem nicht mehr so widersprüchlich, wie häufig dargestellt: Klinische Psychologie ist immer eine Mischung aus verstehenden Zugängen und empirischer Forschung.

Definition Klinische Psychologie:

Klinische Psychologie ist diejenige Teildisziplin der Psychologie, die sich mit psychischen Störungen und psychischen Aspekten somatischer Erkrankungen befasst, mit deren Entstehungs- und Aufrechterhaltungsbedingungen, Klassifikation und Diagnostik, deren Verbreitung sowie deren Prävention und Behandlung

Mittlerweile wurden die meisten Lehrstühle für Klinische Psychologie umbenannt in Klinische Psychologie und Psychotherapie.2 »Aus Sicht der wissenschaftlichen Klinischen Psychologie wird Psychotherapie als Teilgebiet der Klinischen Psychologie gesehen, bzw. es wird ein besonderes Nahverhältnis postuliert. … Der traditionelle Psychotherapiebegriff bezeichnet eine Teilmenge der klinisch-psychologischen Interventionsmethoden, nämlich jene Methoden, die auf die Therapie gestörter Funktionsmuster (Syndrome) und gestörter interpersoneller Systeme bei psychischen Störungen bezogen sind« (Baumann & Perrez 1998, S. 9). Das sehen vor allem viele nicht-psychologische Psychotherapeuten ganz anders: Da die Psychotherapie sich nicht ausschließlich aus der akademischen Psychologie entwickelt hat, wird eine Definition wie die von Baumann und Perrez als Einverleibung empfunden.3

Mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master wird sich die Studienlandschaft wahrscheinlich in Zukunft recht bunt gestalten. So ist zu erwarten, dass relativ spezialisierte Masterstudiengänge entstehen, wahrscheinlich auch und gerade im Überschneidungsbereich der jetzigen Klinischen Psychologie und Psychotherapie.

Die Klinische Psychologie und Psychotherapie gilt als sogenanntes Anwendungsfach. Dies suggeriert, dass hier Erkenntnisse aus anderen Fächern, den Grundlagenfächern (Allgemeine Psychologie, Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie, Persönlichkeitspsychologie etc.) zur Anwendung gebracht werden. Dies ist sicher nur sehr bedingt der Fall. Zwar gehen die Erkenntnisse der Grundlagenfächer in die klinisch-psychologische Konzeptbildung ein, oder sollten dies zumindest, allerdings existierte immer schon eine gewissermaßen eigene klinisch-psychologische Grundlagenforschung, die teilweise nur wenig Bezug zum Mainstream der »eigentlichen« psychologischen Grundlagenfächer hat. Eine solche klinische Grundlagenforschung ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil ein Großteil der in den anderen Grundlagenfächern betriebenen Forschungen für Fragestellungen der Klinischen Psychologie nur sehr begrenzte Relevanz hat bzw. die aus klinischer Sicht relevanten Phänomene dort nicht untersucht werden. Vielfach erscheint der Input der klinisch-psychologischen Grundlagenforschung in die anderen Grundlagenfächer weit höher als umgekehrt – man denke nur an grundlegende Modelle der Persönlichkeitspsychologie, an die Entwicklungspsychologie, an die Entwicklung kognitiver Modelle, an die Bedeutung unbewusster Wahrnehmung und Informationsverarbeitung, an die Bedeutung von Emotionen und Emotionsregulierung etc.; selbst die Neurowissenschaften bemühen sich zunehmend um einen Dialog mit den »Klinikern«, da die klinischen Modelle geeignet erscheinen, den gemessenen neuronalen Prozessen eine psychologische Bedeutung zu geben.

1    »Nun, für den Kranken ist es gleichgültig, ob der Analytiker Arzt ist oder nicht …« (Freud 1926b, S. 279).

2    Hintergrund dieser um die Psychotherapie erweiterten Bezeichnung waren zu einem wesentlichen Teil »politische« Aspekte im Umfeld der Auseinandersetzungen um das deutsche Psychotherapeutengesetz, nachdem der Deutsche Ärztetag 1992 das Fach »Psychiatrie« in »Psychiatrie und Psychotherapie« umbenannt und das Fach »Psychsomatische Medizin« eingeführt hatte (ab 2003 »Psychosomatische Medizin und Psychotherapie«).

3    Neuerdings gibt es vermehrte Bestrebungen, ein eigenes akademisches Fach namens »Psychotherapiewissenschaften« (z. B. Fischer 2011) zu etablieren. Dabei wird argumentiert, dass die psychotherapeutischen Konzepte ihre Wurzeln gleichfalls in Medizin, Philosophie, Theologie, Pädagogik und Sozialwissenschaften haben, und die psychologische Verankerung nur einen geringen Teil der historischen Entwicklung ausmacht.

2 Historische Entwicklung der Klinischen Psychologie

Psychische Störungen existieren wohl schon solange es Menschen gibt. Die Erklärungen dieser Phänomene wechselten allerdings drastisch. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die Historie von Konzepten zur Erklärung von psychischen Störungen sowie die entsprechenden Behandlungsmethoden gegeben werden. Die Darstellung folgt im Wesentlichen der Gliederung von Davison et al. (2002), einerseits gekürzt, andererseits um etliche Aspekte ergänzt. Eine schöne »Kulturgeschichte« psychischer Störungen und deren »Behandlung« findet sich in Nissen (2005)4.

Dämonologie

Das Grundmuster des dämonologischen Störungsmodells ist folgende Vorstellung: Ein »fremdes« Wesen ergreift »Besitz« von einer Person und verursacht die psychische Störung.

Im alten Babylon gab es für jede Krankheit einen eigenen Dämon; der Dämon »Idta« war für »Wahnsinn« zuständig. Auch der Teufel hat eine lange Tradition: Jesus heilt einen Mann mit »unreinem Geist«, indem er den Teufel austreibt und in eine Herde Schweine jagt – die Besessenheit geht auf die Tiere über und sie stürzen sich ins Meer (Marcus 5, 8–13)5. Dämonenaustreibung geschah üblicherweise mittels ausgefeilter Gebetsriten, Lärmritualen, übel-schmeckendem Gebräu, oder drastischer: Auspeitschen oder Nahrungsentzug, um den Körper für den Dämon/Teufel »unbewohnbar« zu machen.

Noch heute gibt es offizielle Exorzisten in der katholischen Kirche. Lange Zeit galt Anneliese Michel aus Klingenberg als der letzte offiziell durchgeführte Exorzismus in Deutschland (Wolff 2006; Goodman & Siegmund 2006). 2008 wurden allerdings weitere Fälle bekannt: Im Erzbistum Paderborn beispielsweise habe es zwischen 2000 und 2008 laut Bistumssprecher 18 ernstzunehmende Anfragen von Menschen gegeben, die glaubten, vom Teufel besessen zu sein; in drei Fällen wurde ein Exorzismus durchgeführt. Voraussetzung sei, dass die Prüfung durch einen Pastoralpsychologen und einen Psychiater das Fehlen einer psychischen Störung bestätigt, dann werde die »Liturgie der Befreiung« in Auftrag gegeben, d. h. die Austreibung des Bösen durch einen Exorzisten. Exorzismus sei in Frankreich und Italien, vor allem aber in Afrika und Lateinamerika deutlich häufiger als in Deutschland6.

Aber schon früh gab es auch deutlich nettere Behandlungsformen. Im ägyptischen Tempel des Imhotep (Gott der Heilung) war die wichtigste Therapie der Schlaf im Tempel, auch die künstlerische Betätigung der Kranken wurde als heilend betrachtet. In Griechenland wurden die Tempel des Asklepios (griechischer Gott der Heilkunst) in der Nähe von Heilquellen oder auf Bergen errichtet; auch hier war der Tempelschlaf eine wichtige Methode: den Kranken erschien Asklepios im Traum und erteilte Rat; dazu gab es Bäder, Diät und Körperübungen. Wenn das alles nichts half, wurden die Befremdlichen allerdings auch schon mal mit Steinen aus dem Tempel gejagt.

Somatogenese I

Allgemein gehen somatogenetische Erklärungen von folgender Grundannahme aus: Eine Störung im Soma verursacht die Störung des Erlebens und Verhaltens.

Hippokrates (460–377 v. Chr.) gilt als Begründer der modernen Medizin. Er absolvierte seine Ausbildung im berühmten Asklepios-Tempel von Kos. Hippokrates trennte die Medizin von Religion und Magie. »Seelische Verwirrungen« seien nicht Strafe der Götter, sondern hätten natürliche Ursachen, wahrscheinlich Störungen im Gehirn als Sitz des Intellekts und der Gefühle. Hippokrates unterschied drei Kategorien psychischer Erkrankungen: Manie, Melancholie, Gehirnfieber (Phrenitis). Er lieferte differenzierte Beschreibungen noch heute gültiger Erkrankungen (wie Epilepsie, Alkoholsucht, Paranoia etc.). Als zentrale Ursachen sah er Ungleichgewichte der vier »Säfte« (Blut, schwarze Galle, gelbe Galle und Schleim): so seien Trägheit/Dummheit durch zu viel Schleim (Phlegma) verursacht, Melancholie durch zu viel schwarz Galle, Reizbarkeit/Ängstlichkeit durch ein Zuviel an gelber Galle, ein launisches Temperament durch zu viel Blut.

Frühmittelalter und Mittelalter

Mit dem Niedergang des römischen Reiches gewann die Kirche und das Papsttum an Einfluss – die klassische Kultur wurde vom christlichen Mönchstum mit seiner Missions- und Bildungsarbeit ersetzt. Die Natur galt als Spiegel des göttlichen Willens und damit als der menschlichen Einsicht nicht zugänglich. Daher gab es keinen Platz für wissenschaftlich-systematische Beobachtungen nach Art der Griechen. Entsprechend bestanden »Behandlungen« im Wesentlichen aus Gebeten oder Berührungen mit Reliquien. Andere Formen von Heilkunst galten als »Hexenkunst«, die der Allmacht Gottes zuwider liefen. Kurzgefasst gab es eine Gleichsetzung von Heilkunst = Hexenkunst = Teufelswerk. In diesem Zuge wurden dann auch psychische Erkrankungen wieder als Teufelsbefall betrachtet – die Rückkehr der Dämonologie.

Gewissermaßen das »Manual« zur Hexenbekämpfung erschien 1486 mit dem Malleus Maleficarum (»Der Hexenhammer«) von den Dominikanermönchen Heinrich Kramer und Jakob Sprenger, in dem die konstitutionelle Anfälligkeit von Frauen für Zauber, Magie und Teufelspakte dargelegt wird. Insbesondere die Sexualität der Frauen sei sehr gefährlich, und die Männer seien ständig in Gefahr, diesem üblen weiblichen Zauber zum Opfer zu fallen. Entsprechend liefert das Werk gewissermaßen Diagnosekriterien zum Erkennen von Teufelsbefall und beschreibt Methoden zur Teufelsaustreibung.

So obskur und grausam die »Behandlungsmethoden« wie Dämonen- oder Teufelsaustreibung heute anmuten, sie ergeben sich stringent aus dem damaligen »Störungsverständnis«: ist die Ursache einer (leidvollen) psychischen Erscheinung die Besessenheit durch ein fremdes Wesen, ist es konsequent, Maßnahmen durchzuführen, die dieses Wesen aus den Befallenen vertreiben.

Das gilt noch heute: Aus den Störungsmodellen sollte sich möglichst stringent die Therapie ableiten. Mit kritischer Distanz betrachtet, wirken heutige Behandlungstechniken oft nicht weniger obskur: Einen Phobiker zu »zwingen«, sich solange dem Objekt seiner Angst auszusetzen, bis die Angst nachlässt, erscheint doch arg grausam; ebenso ein sich hinter der Couch in Abstinenz und Neutralität übender und hin und wieder Deutungen von sich gebender Therapeut gegenüber einem offensichtlich bedürftigen Patienten; oder die Vorstellung, man könne durch das bloße Angebot einer wertschätzenden Beziehung für 50 Minuten wöchentlich die »Heilung« einer chronischen psychischen Störungen erreichen; oder die Annahme, eine leidende Familie könne durch ein paar provokante »System-Verstörungen« zu einem nachhaltig gesünderen Miteinander gebracht werden. Diese zugegebenermaßen karikaturhafte Darstellung soll verdeutlichen, dass auch heute die Frage der Stringenz zwischen (mehr oder weniger) wissenschaftlichen Störungsmodellen und den daraus abgeleiteten Behandlungsmethoden immer wieder kritisch zu hinterfragen ist.

Die Phase der Asyle

Bis zum 15. Jahrhundert gab es keine Hospitäler für psychisch Kranke in Europa, dafür aber viele für Leprakranke. Nach Ende der Kreuzzüge ging die Lepra zurück und man wandte sich vermehrt den Geisteskrankheiten zu und nutzte u. a. die alten Lepraeinrichtungen zur Internierung psychisch Kranker – die Asyle.

In London wurde 1547 das Piority of St. Mary of Bethlehem eröffnet, ein Asyl für Geisteskranke; »Bedlam« (Volksmund für »das Hospital«) wurde zum Synonym für Aufruhr und Chaos. Das Asyl wurde zu einer der größten Touristenattraktionen Londons: gegen Eintritt konnten die »Verrückten« besichtigt werden. In Wien kam es 1784 zur Eröffnung des »Narrenturms«. Auch hier gab es Besichtigungen, die Passanten konnten durch die Zwischengänge die »Narren« betrachten. Der Narrenturm beinhaltet heute eine skurrile Sammlung von »Instrumenten«, mit denen die »Irren« traktiert wurden. In den USA sah Benjamin Rush (18. Jahrhundert in Philadelphia) die Ursache psychischer Störungen in einem »Blutandrang im Gehirn« – entsprechend verordnete er Aderlässe bis zu fünf Litern: die Patienten wurden tatsächlich ruhiger (!). Als weitere Behandlungsmethode versetzte er die Patienten in Angst und Schrecken (z. B. wurden sie in einem Sarg unter Wasser gedrückt).

Die Wende im Umgang mit psychisch Kranken wird allgemein durch das Wirken von Philippe Pinel (1745–1826) gesehen, der seit 1793 die Leitung des Pariser Asyls La Bicêtre innehatte. Bis dahin wurden die Patienten mit Ketten an den Wänden gehalten, vor ihnen ein Napf. Pinel ließ die Ketten entfernen, brachte die Patienten in hellen Räumen unter, verordnete Spaziergänge etc. – viele konnten tatsächlich geheilt entlassen werden. Gemäß den Idealen der Französischen Revolution waren auch Geisteskranke Menschen mit Würde. Als Ursache für Geisteskrankheit wurde eine Kombination aus Disposition und persönlichen Lebensereignissen gesehen; Emotionen verstand Pinel als Bindeglied zwischen Körper und Seele (eine recht moderne Sicht). Die Therapie bestand wesentlich in tröstlichem Zuspruch und sinnvoller Tätigkeit. Eine ähnliche Entwicklung erfolgte dann in England, USA usw. – die Hospitäler hatten meist eine starke religiöse Ausrichtung.

Der Beginn der modernen Auffassungen kann durch eine Parallelentwicklung beschrieben werden: ein Wiederaufgreifen der Somatogenese einerseits, und die Entwicklung von Modellen der Psychogenese andererseits.

Somatogenese – reloaded

Wilhelm Griesinger nahm Mitte des 19. Jahrhunderts das Konzept der Somatogenese (Hippokrates) wieder auf: Für jede psychische Störung sollte eine physiologische Ursache spezifiziert werden.

Emil Kraeplin (1856–1926) veröffentlichte 1883 das erste Lehrbuch der Psychiatrie mit einem Klassifikationssystem. Er ging von physiologischen Ursachen für die von ihm beschriebenen Syndrome (= Gruppe von Symptomen) aus. Auch wenn die ursächlichen physiologische Dysfunktionen noch nicht bekannt waren und spezifische Therapien noch nicht verfügbar, so sollten doch zuverlässige Verlaufsprognosen möglich sein. Kraeplin unterschied zwei Hauptgruppen schwerer psychischer Störungen: Dementia praecox (heutige Schizophrenie) und Manisch-depressive Psychose.

Weiterhin stand die Suche nach somatischen Ursachen im Vordergrund. Es wurden weitreichende Fortschritte bei der Erforschung des Nervensystems gemacht. Man fand beispielsweise bei senilen und präsenilen Psychosen degenerative Veränderungen in Gehirnzellen, bei Oligophrenie strukturelle Pathologien.

Gewissermaßen paradigmatisch für die somatogenetische Sicht wurde die Progressive Paralyse, die durch psychische Symptome wie bei Geisteskranken charakterisiert ist7. Es kursierten verschiedene Ursachenmodelle für die progressive Paralyse: weil häufig Matrosen betroffen waren, wurde die Ursache im Seewasser vermutet; Griesinger meinte, weil häufig Männer erkrankten, sei die Ursache im Alkohol-, Tabak- und Kaffeekonsum zu finden. Erst mit Louis Pasteur und der Keimtheorie der Krankheiten konnte eine spezifische somatische Ursache gefunden werden: die progressive Paralyse ist die Spätfolge einer Syphilis.

Psychogenese

Besonders in Frankreich und Österreich entwickelte sich mehr oder weniger zeitgleich eine andere Ursachenperspektive: Psychische Störungen basieren auf psychischen Funktionsstörungen. Die Ursachen psychischer Störungen gründen im Psychischen selbst, und entsprechend gilt es, die Eigengesetzlichkeit des Psychischen zu erforschen, um psychische Störungen zu verstehen.

Die »Parade-Krankheit« für diese Modellentwicklung war die damals sehr verbreitete Hysterie (heute Konversionsreaktion bzw. Histrionische Persönlichkeitsstörung). Sie zeichnete sich durch eine Vielzahl von Symptomen aus, z. B. sogenannte »Handschuh-Anästesie«, Lähmungen, hysterische Blindheit, Taubheit, Erinnerungslücken etc.

Franz Anton Messmer (Wien/Paris; 1734–1815), führte erste systematische Hypnosen durch und beeinflusste dadurch die Behandlung von psychischen Krankheiten. In der Folge gab es einen wahren Boom von psychogenen Erklärungsmodellen.

Jean Martin Charcot (1825–1893) favorisierte ursprünglich die Somatogenese zur Erklärung der Hysterie. Das änderte sich, als einige seiner Studenten einer gesunden Frau unter Hypnose hysterische Symptome suggerierten. Charcot ließ sich täuschen und hielt sie für eine echte Hysterikerin, und war sehr verwundert, als die Studenten die Frau weckten und alle Symptome sich in Nichts auflösten. Heinroth (1793–1843) übersetzte die Arbeit von Esquirol (1827) und betonte in seinem Kommentar die Wechselwirkungen zwischen psychischen und physischen Prozessen sowie die Bedeutung psychischer Konflikte für die Entstehung psychischer Erkrankungen. Ideler (1795–1860) entwickelte (immer noch recht aktuelle) Konzepte, die von einem »Antagonismus der Gemutstriebe« (Ideler 1835), von einem »zwiespältigem Gemutszustand« und »logischen Widersprüchen des Bewusstseins« (ebd., S. 518) ausgehen; Ideler (1838) beschreibt einen »inneren Zwiespalt im Gemut« durch den »Kampf der unterdruckten Triebe gegen den vorherrschenden Trieb« sowie durch den »Widerstreit der Gefühle«. Hagen (1814–1888) verstand stabile Wahnbildungen (»fixe Ideen«) als Ergebnis eines »unbewußten« Erklärungsversuchs zur Linderung von Angst und zum Füllen einer »Lücke«. Wilhelm Griesinger (1817–1868) ging davon aus, dass innerpsychische Konflikte (»heftige innere Kämpfe«) einen »Riss in das Ich« bringen könnten, was zu »Geisteskrankheiten« führe (Griesinger 1861). Ludwig Meyer (1827–1900) stellte die Stimmung ins Zentrum psychischer Prozesse und hob ihre Bedeutung für psychische Erkrankungen hervor (Meyer 1854).

Die psychogene Perspektive, inklusive der Bedeutung von inneren Konflikten und den damit verknüpften Emotionen, war also schon in der Welt, als Breuer und Freud ihre Modelle und Behandlungsmethoden entwickelten (vgl. Scharfetter 2005; Böker 2005). Zeitlich parallel entwickelte Pierre Janet (1859–1947), Schüler von Charcot, seine Ideen, und nahm an, dass sich bei der Hysterie aufgrund einer Nervenschwäche Teile von Gedanken, Emotionen und Empfindungen abspalten, was er als »Dissoziation« bezeichnete.

Einen gewichtigen Beitrag leisteten Josef Breuer und seine Patientin Anna O., die er zwischen 1880 und 1882 behandelte. Anna O. litt unter einer Vielzahl hysterischer Symptome: Lähmungen, Beeinträchtigungen von Sehen, Hören und Sprechen, zuweilen Absencen (während derer sie vor sich hin murmelte und offensichtlich von quälenden Gedanken heimgesucht wurde). Breuer hypnotisierte Anna O. und gab ihr eigene Wortfetzen aus dem Gemurmel zurück, was sie dazu brachte, freier zu sprechen – danach erfolgte oft eine Besserung der Symptome. Breuer erprobte die Methode bei weiteren Patientinnen und stellte fest, dass diese wirksamer war, wenn sich die Patientinnen unter Hypnose an die zugrunde liegenden Ereignisse erinnerten und die dazugehörigen Affekten zum Ausdruck brachten – er nannte dieses Vorgehen die Kathartische Methode.

Im Jahr 1895 erschienen die »Studien über Hysterie« von Josef Breuer und Sigmund Freud (Breuer & Freud 1895), mit einem Kapitel Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene, einigen Krankengeschichten (u. a. Anna O.) sowie das Kapitel Zur Psychotherapie der Hysterie. Diese Schrift gilt noch heute als »Meilenstein der Klinischen Psychologie« (Kriz 2001), da hier erstmals für eine umschriebene Störungsgruppe eine rein psychologische, in sich relativ stringente Erklärung vorgelegt wurde, woraus sich eine psychologische Behandlungsstrategie ableiten ließ, die an mehreren Fallbeispielen veranschaulicht wurde.

4    Nissen 2005 beschreibt zwar die »Kulturgeschichte seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen« – in Bezug auf frühere Jahrhunderte ist diese aber nicht von der der Erwachsenen zu trennen.

5    Eine sehr schöne Übersicht über Teufelsvorstellungen gibt Peter Stanford 2000 in Der Teufel – Eine Biographie

6    »Im Kampf gegen das Böse«, Süddeutsche Zeitung vom 20.05.2008, Nr. 116, 12.

7    Klinisch werden drei psychotische Verläufe der Progressiven Paralyse unterschieden: 1) demente Form mit Affektstörungen und Antriebsminderung; 2) agitierte Form mit Veränderung der Persönlichkeit, Neigung zu Größenwahn; 3) halluzinatorische Form mit einer der Schizophrenie ähnelnden Symptomatik.

3        Paradigmen, Therapietheorien, klinische Modelle

In diesem Kapitel soll, nach einer kurzen Erläuterung des Begriffs »Paradigma« und allgemeinen Bemerkungen zur Struktur des Wissens in der Klinischen Psychologie, ein grobes Schema eines »allgemeinen psychologischen Störungsmodells« vorgestellt werden, welches dann gewissermaßen als Folie zur Beschreibung der unterschiedlichen »schulen«-spezifischen Modelle dient. Die den zentralen »Paradigmen« in der Klinischen Psychologie inhärenten Grundannahmen sowie die davon jeweils ausgegangenen Konzeptentwicklungen werden in den darauf folgenden Kapiteln dargestellt werden. Allerdings wird dort nicht mehr von Paradigmen gesprochen, sondern von Modellen, da, wie ersichtlich werden wird, sich die Grenzen zwischen den »Paradigmen« zunehmend auflösen.

Allgemein ist ein Paradigma ein System grundlegender Annahmen, die eine bestimmte Gesamtheit wissenschaftlicher Fragestellungen beschreiben und dabei sowohl die Art der Konzepte festlegen, die als legitim angesehen werden, als auch die

Wichtige Paradigmen in der Klinischen Psychologie:

•  Das biologische Paradigma

•  Das psychoanalytische Paradigma

•  Das lerntheoretische Paradigma

•  Das kognitive Paradigma

•  Das humanistische Paradigma

•  Das systemische Paradigma

•  Das bio-psycho-soziale Paradigma

Methoden, die zur Erhebung und Interpretation von Daten herangezogen werden können (Kuhn 1981). Paradigmen können also auch als Leitbilder wissenschaftlicher Arbeit betrachtet werden. Im Bereich Klinische Psychologie beinhalten diese dann eben auch die Leitbilder therapeutischer Arbeit.

Allerdings gilt wohl auch: »Paradigmen sind selbstgeschaffene, hauchdünne Barrieren gegen den Schmerz der Ungewissheit« (Yalom 1989a, S. 26), weil die Festlegung auf ein bestimmtes Paradigma das Welt- und Menschenbild ordnet und strukturiert. Dies ist einerseits sehr hilfreich, andererseits werden die nicht zum jeweiligen Paradigma gehörenden Aspekte meist mehr oder weniger deutlich als »unwichtig« erklärt.