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Dirk Ahner

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Das Geheimnis
des Goldenen Ritters

Mit Illustrationen von
Timo Grubing

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cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
1. Auflage 2013
© 2013 cbj Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Alle Rechte vorbehalten
Logo, Umschlag- und Innenillustration:
Timo Grubing
Umschlaggestaltung:
Karl Müller-Bussdorf, basic-book-design
AW ∙ Herstellung: AW
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-09539-0
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www.cbj-verlag.de

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Ein ganz und gar ungefährlicher Traum

Vom Himmel gefallen

Rätsel um Burg Falkenstein

Riskante Spiele

Drei Engel und ein Wunder

Das purpurne Tuch

Ein böser Plan

Lara die Hexe

Das Geheimnis des Goldenen Ritters

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Lara und Nepomuk lieferten sich ein Wettrennen durch die Stadt. In halsbrecherischem Tempo rasten sie am Fluss entlang, sodass Laras kastanienfarbene Locken im Wind flatterten. Sie wollte um jeden Preis gewinnen und raste so schnell, dass sie fast eine alte Dame über den Haufen fuhr.

»Entschuldigung«, rief Lara und dachte natürlich nicht im Traum daran, langsamer zu fahren.

Nepomuk war schon auf halber Strecke völlig außer Atem, wollte seiner großen Schwester aber den Sieg nicht schenken. Dafür fing er sich ein missbilligendes Quaken von Leopold ein, der seine Froschnase aus der Umhängetasche streckte. Er mochte es gar nicht, wenn Nepomuk zu schnell fuhr.

»Keine Sorge, Leopold, wir sind gleich da!«, schnaufte Nepomuk.

Sie erreichten das Haus, in dem Ben mit seiner Mutter wohnte. Lara legte eine Vollbremsung hin und streckte triumphierend die Arme in die Höhe: »Gewonnen!«

Nepomuk zog eine Grimasse. »Na, dann bist du eben schneller als ich. Na und?«

Sie klingelten an der Tür.

Ben machte ihnen auf. »Hey, ihr beiden. Kommt rein, ich zieh mir schnell was an.«

»Aber mach nicht zu lange«, sagte Lara. »Filomenus wartet!«

Bens Mutter begrüßte Lara und Nepomuk mit einem strahlenden Lächeln. »Kinder, schön, dass ihr da seid. Wollt ihr gemeinsam mit Ben Hausaufgaben machen?«

»Später vielleicht. Jetzt müssen wir erst einmal verreisen«, sagte Lara.

»Ach ja?« Bens Mutter hob die Augenbrauen. »Und wohin, wenn ich fragen darf?«

»Ziemlich weit weg. In die Zeit der Ritter, um genau zu sein«, sagte Lara.

Ben und Nepomuk machten entsetzte Gesichter. Sie hatten versprochen, das Geheimnis vom Laden der Träume niemandem zu verraten, nicht einmal ihren eigenen Eltern.

Zum Glück glaubte ihr Bens Mutter kein Wort. Sie zwinkerte Lara zu: »Na, Hauptsache, ihr seid zum Abendessen wieder zu Hause. Ach, Ben, kannst du mir noch schnell helfen? Mir ist beim Putzen ein Ring unter den Schrank gefallen.«

»Klar, Mama«, sagte Ben. Er packte den wuchtigen Wandschrank und hob ihn mühelos an, als sei er ein Schuhkarton. Mit einem stolzen Lächeln zog seine Mutter den verlorenen Ring hervor. Lara und Nepomuk staunten nicht schlecht. Ben war der stärkste Junge der Schule, das war kein Geheimnis. Trotzdem war es jedes Mal toll, es mit eigenen Augen zu sehen.

Lara verpasste ihrem kleinen Bruder einen Schubs. »Da siehst dus, Nepomuk. Was hilft es dir, schlau zu sein und hundert Bücher gelesen zu haben? Stark und schnell zu sein ist viel praktischer.«

»Wer was im Oberstübchen hat, der braucht das nicht«, gab Nepomuk trotzig zurück.

»Nepomuk hat recht«, seufzte Ben. »Was hilft es einem schon, stark zu sein? Ist doch viel wichtiger, sich in Sprachen auszukennen, in Mathe und solchen Dingen.«

Lara und Nepomuk tauschten einen Blick. Sie wussten, dass Bens Zwischenzeugnis nicht gerade berauschend war und dass er sich dafür schämte. Obwohl Lara ihm Nachhilfe gab, waren seine Mathenoten eine Katastrophe.

Bens Mutter legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. »Du musst dich genau so mögen, wie du bist, Ben. Glaub an das Gute in dir, dann kannst du viel erreichen. Ich bin sehr stolz auf dich. Vergiss das nicht.«

Ben glaubte nicht an sich, das konnten seine Freunde ihm deutlich ansehen. Seiner Mutter zuliebe zwang er sich zu einem Lächeln und sagte nur: »Okay.«

Lara hörte ein aufforderndes Quaken aus Nepomuks Umhängetasche und warf einen Blick auf die Uhr. »Leute, wir müssen los!«

Die drei Kinder sprangen auf ihre Fahrräder und radelten in die Stadt. Als Ben den blauen, wolkenbetupften Himmel über sich sah und den warmen Sommerwind im Gesicht spürte, besserte sich seine Laune ein wenig, und er fragte sich, welches Abenteuer sie wohl heute erwartete.

Bald schon hatten die drei Kinder die Altstadt erreicht, in deren Gassen der alte Zauberladen versteckt war. Über dem Eingang baumelte das vertraute Schild:

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Sie versteckten ihre Fahrräder in einem Hof und betraten den Laden, der sie mit dem farbenfrohen Durcheinander von Zauberhüten, Zauberbüchern, Zauberumhängen, Zauberkräutern und anderem mehr oder weniger sinnvollem magischem Plunder empfing.

»Ha-pschi!«

Filomenus kam ihnen mit einer Tasse Tee in der Hand entgegen. Statt seinem Zylinderhut trug er einen dicken Schal. Außerdem hatte er rote Augen und eine Triefnase.

»Hallo, ihr drei«, näselte er. Als Leopold quakte, korrigierte er sich rasch: »Ihr vier natürlich. Verzeihung, alter Freund, ich hatte ganz vergessen, dass du auch dabei bist.«

»Filomenus, bist du etwa erkältet?«, fragte Lara.

»Ha-pschi!«, nieste Filomenus und schnäuzte sich, wobei er wie eine rostige Trompete klang. »Ja, Lara. Ich habe Husten und Schnupfen. Alle anderen Zauberer erkälten sich im Winter, wie es sich gehört. Nur ich natürlich mitten im Hochsommer … Ha-pschi!«

Ben hatte Mitleid mit dem armen Filomenus. »Du bist doch ein echter Zauberer. Kannst du den Schnupfen nicht einfach weghexen?«

»Das habe ich ja versucht, Ben. Aber die Erkältung ist nicht verschwunden. Dafür huste ich jetzt Seifenblasen.«

Als er hustete, kamen tatsächlich ein paar Seifenblasen aus seinem Mund, die vor den Augen der drei Kinder durch den Raum schwebten, ehe sie mit dem Klang leiser Glöckchen zerplatzten. Sie konnten sich ein Kichern nicht verkneifen. Das sah einfach zu lustig aus.

Filomenus fand das allerdings weniger witzig. Er ließ die Schultern hängen. »Seit Stunden suche ich den passenden Gegenzauber. Bis jetzt ohne Erfolg.«

»Kommen wir besser ein andermal wieder«, schlug Nepomuk vor. »Bei Erkältungen ist es nämlich sehr wichtig, sich zu schonen.«

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»Keine Sorge, Nepomuk, ich lege mich gleich wieder hin. Aber erst einmal müsst ihr einen Traum für mich einfangen. Keine Sorge, es ist nur ein ganz kleiner, ungefährlicher Traum. Das ist schnell erledigt.«

Ein ganz und gar ungefährlicher Traum? Lara war fast enttäuscht, als sie das hörte. Sie hatte sich auf ein richtiges Abenteuer gefreut.

»Wo geht es denn hin?«, fragte Ben.

»In die Zeit der Ritter!«, sagte Lara.

Erstaunt hob Ben die Brauen. »Ich dachte, du hast dir das ausgedacht. Woher wusstest du davon?«

»Als Leopold vorhin zu uns kam, hatte er einen Brief von Filomenus dabei«, sagte Nepomuk.

Filomenus streckte seine Hand aus, sodass Leopold daraufspringen konnte. »Es ist ein Jammer, dass du nur in der Welt der Träume sprechen kannst, alter Freund. Ha-pschi!«

Leopold quakte auffordernd.

Filomenus schien ihn zu verstehen und nickte. »Richtig, die Kleidung. Mit meiner Schnupfennase vergesse ich noch alles. Kinder, ich habe etwas Passendes zum Anziehen für euch, damit ihr nicht zu sehr auffallt.«

Während sich Ben, Lara und Nepomuk einfache mittelalterliche Kleidung überwarfen – Leinenhemden, Hosen und lederne Schnürschuhe für die Jungs, ein Schürzenkleid und Sandalen für Lara –, fasste Filomenus ihren Auftrag zusammen: »Ihr reist ins Jahr 1280, in die Stadt Grünberg. Das träumende Kind, das ihr suchen müsst, lebt als Knappe auf Burg Falkenstein. Dort müsst ihr hin.«

Lara sah zu Nepomuk: »Weißt du denn auch etwas über das Mittelalter, kleiner Bruder Schlaumeier?«

Nepomuk reckte sich stolz. »Das kannst du laut sagen! Ich weiß eine Menge darüber.«

»Ach ja? Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel dass im Mittelalter der König regierte und dass es Fürsten, Grafen und Ritter gab, die sein Land verwalteten.«

»Das Mittelalter ist eine Zeit des Aberglaubens, in der die Menschen nur wenig über die Welt wussten«, fügte Filomenus hinzu. »Seid deshalb vorsichtig, was ihr sagt, sonst kommt ihr womöglich noch in Schwierigkeiten.«

Ben machte ein nachdenkliches Gesicht. »Das hört sich aber nicht an, als ob diese Reise ganz einfach wird.«

Lara dachte nur an eins: »Ich wollte schon immer mal sehen, wie echte Ritter miteinander kämpfen. Das wird toll!«

Filomenus packte den Deckel. Bevor er ihn anhob, sagte er: »Haltet euch bei den Händen, und denkt daran, euch nicht zu wehren. Dann geht es viel leichter.«

»Seid vorsichtig«, sagte Filomenus noch einmal. Dann hob er den Deckel an.