Die Autorin

JENNY HOLIDAY ist USA-Today-Bestseller-Autorin und wurde bereits für den RITA-Award nominiert. Sie lebt in London, Ontario, Kanada.

Das Buch

Als Eve Abbott nach zehn Jahren nach Moonflower Bay eintrifft, ist es ein unfreiwillige Rückkehr. Die Stadt, in der sie einst jeden Sommer verbrachte, ist für sie mit traurigen Erinnerungen verbunden. Doch nun hat sie von ihrer Großtante das Mermaid Inn geerbt und muss sie sich mit Renovierungsarbeiten und neugierigen Nachbarn herumschlagen. Und dann stellt sie auch noch fest, dass der Grund für ihre einstige Abkehr von Moonflower Bay und ihr gebrochenes Herz, noch immer in der Stadt lebt ...  
Police Chief Sawyer Collins hat die letzten zehn Jahre alles versucht, um Eve Abbott zu vergessen. Aber kaum ist sie wieder in der Stadt, erwachen die alten Gefühle zu neuem Leben und bald schon ist Sawyer sich sicher: Eve zeigt ihm zwar die eiskalte Schulter, aber noch mal wird er sie nicht gehen lassen ...

Jenny Holiday

Still into you

Roman

Aus dem Amerikanischen
von Milena Schilasky

Forever by Ullstein
forever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage Juli 2021

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2021
Copyright © 2020 by Jenny Holiday Titel der englischen Originalausgabe:
Mermaid Inn
(Forever 2020)
This edition published by arrangement with Grand Central Publishing New York, New York, USA.
All rights reserved.
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Titelabbildung: © FinePic®, München
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ISBN 978-3-95818-608-8

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Gedicht

Für Lexi, die mir sehr fehlen wird. (Keine Sorge, sie ist nicht tot, sie ist bloß in Pittsburgh.) Wir sehen uns bei den Wasserfällen.

Kapitel 1


Großtante Lucille hat immer gesagt, das Leben sei verworrener als der Miskwimin River, was Eve Abbott zwar als süße Metapher, aber letztlich nichtssagend abgespeichert hatte. Niemandes Leben war verworrener als der Miskwimin River. Auf seinem Weg runter zur Bucht von Moonflower Bay machte der Fluss so viele verwinkelte Kurven, dass sich Touristen ständig auf der Strecke verirrten. Das galt allerdings auch für Einheimische, die in Lawson’s Lager House einen zu viel getrunken hatten. In einer Sekunde lag der Fluss hinter einem, und in der nächsten, bäm, taucht er direkt vor einem wieder auf. Man konnte sich nur noch am Kopf kratzen und fragen: »Habe ich das Ding nicht gerade erst überquert?«

Man müsste also quasi in einer Seifenoper leben, um ein derart verworrenes Leben zu haben. Eves Leben war ganz sicher nicht wie eine Seifenoper. Wenn man mal bei der Fluss-Metapher bleiben wollte, war ihr Leben ein ruhiger, gerader Kanal. Ein künstlich angelegter Kanal, der sich, so weit das Auge reichte, als verblüffend gerade Linie vor einem erstreckte. Eves Leben war hart erkämpft. Vorhersehbar. Nicht verworren. Nicht einmal leicht gekrümmt.

Lucilles Leben dagegen war sehr wohl verworren gewesen, und für die meisten der Kurven war sie selbst verantwortlich gewesen. Zum Beispiel, als Eves Vater – Lucilles Neffe – vorschlug, dass Lucille in Rente gehen sollte, das Inn verkaufen und in ein Altenheim ziehen könnte, weil er das Gefühl hatte, dass sie »es ruhiger angehen« sollte. Ihre Antwort darauf war, mit zweiundsiebzig Jahren plötzlich ihren Führerschein zu machen.

Lucille muss also gedacht haben, dass Eves Leben ein paar mehr Kurven und Abzweigungen vertragen könnte. Bis vor ein paar Tagen führte Eve das gemütliche Leben ihrer Träume in Toronto als Bibliothekarin und Plant Lady, und jetzt stand sie auf dem Dach vom Mermaid Inn in Moonflower Bay, das ihr gehörte.

Die sechs Worte, die ihr Leben komplett durcheinandergebracht haben, gingen ihr immer wieder durch den Kopf: »Das Testament von Lucille Frances Abbott.«

Eve seufzte. Na ja, wenigstens hatte sie die Ursache ihres unmittelbaren Problems gefunden – nämlich, dass es drinnen geregnet hatte, als sie gestern angekommen war. Ein großer, kahler Fleck mitten auf dem sonst geteerten Dach.

Als sie am Abend vorher in Moonflower Bay eingetroffen war, hatte sie sich noch über den Regen gefreut – also, den Regen draußen –, weil das bedeutete, dass sie mit niemandem außer Jason Sims, dem Anwalt, der sich um Lucilles Nachlass kümmerte, großartig reden musste. Eve kannte Jason nicht. Er musste erst in den letzten zehn Jahren neu in die Stadt gezogen sein. Bei der Schlüsselübergabe hatte er sie schon gewarnt, dass das Mermaid Inn wohl schon bessere Tage gesehen hatte. »Gegen Ende wurde es alles etwas zu viel für Lucille«, waren seine Worte, und die hatten sich schmerzhaft in Eves von Schuldgefühlen überkommenes Herz gebohrt. Eves Entschlossenheit, Moonflower Bay nach dem Sommer vor zehn Jahren nie wieder zu betreten, wurde nur noch von Lucilles Hingabe zu dem Ort übertroffen. Also hatte Eve ihre geliebte Großtante seitdem nur noch ein paarmal im Jahr gesehen. Meist an Feiertagen, wenn ihr Vater Lucille für einen Tag nach Toronto geholt hatte.

Die letzten zehn Jahre über hatte Eve sich immer wieder eingeredet, dass sie auch von weit weg eine aufopferungsvolle Großnichte sein könne. Sie hatte Geschenke geschickt und oft mit Lucille telefoniert. Sie bekam alles mit – hatte sie jedenfalls gedacht.

Über Probleme mit dem Inn hatte Lucille allerdings nie etwas erzählt.

Über ihre Herzschwäche auch nicht.

Oder darüber, dass sie Eve das Mermaid in ihrem verdammten Testament überlassen würde.

Okay, Eve hatte anscheinend überhaupt nichts mitbekommen.

Nur, dass sie einen Klempner brauchte, und zwar sofort. Oder einen Dachdecker. Oder … wen auch immer man anrief, wenn es drinnen regnete.

Sie fing an, in Gedanken eine Liste aufzustellen. Als Bibliothekarin gehörte kategorisieren sowieso zu ihren Stärken. Oder ihre Vorliebe für Listen kam daher, dass sie ihr ein Gefühl von Kontrolle gaben, auch wenn das letztlich wahrscheinlich eher Einbildung war.

Anrufen:

1. Klempner
2. Dachdecker

Und, vielleicht am allerwichtigsten:

3. Makler

Am besten einen Makler aus Grand View, der Nachbarstadt, denn sie wollte nicht, dass ganz Moonflower Bay alles mitbekam. Hier mischten sich die Leute ständig in die Angelegenheiten von anderen ein. Da wollte sie wirklich nicht mit reingezogen werden, sondern so schnell und unauffällig wie möglich wieder von hier verschwinden. Wie ein Ninja. Oder Spion.

Oder, na gut, ein Angsthase.

Die leisen Schuldgefühle, weil sie Lucilles ganzen Stolz und ihr eigenes ehemals geliebtes Feriendomizil verkaufen wollte, schob sie schnell wieder beiseite.

Sie redete sich ein, dass es viel eher Überforderung war als wirkliche Schuldgefühle. Immerhin war Lucille tot, und Eve war zurück in Moonflower Bay.

Außerdem war es eklig schwül. Viel zu heiß für so früh am Morgen. Viel zu heiß für irgendeine Tageszeit, in einer Stadt direkt an einem riesigen See. Schnell wieder rein zur Klimaanlage.

Okay, ein Schritt nach dem anderen. Und zwar wörtlich, denn als Erstes sollte sie irgendwie vom Dach runterkommen. Vorsichtig ging sie zum Rand, wollte die Leiter runterklettern, mit der sie hochgekommen war, und … was zur Hölle?

Sie starrte auf den Parkplatz, der bis auf ihren Mietwagen leer war. Die Leiter war weg. Nicht umgekippt, weg. Nirgendwo zu sehen.

Sie griff in ihre Hosentasche. Auch leer.

Dann spähte sie noch mal über den Rand des Daches. Die Leiter war immer noch fort. Nicht, dass sie erwartet hatte, sie würde auf wundersame Weise wiederauftauchen …

Was sie allerdings entdeckte, war ihr Handy, das auf dem Dach des Mietwagens lag. »Scheiße.« Sie hatte es rausgeholt, um ein paar Fotos von Stellen der Backsteinfassade vom Inn zu machen, die so schlimm aussahen, dass sie vor dem Verkauf wahrscheinlich noch abgeschliffen werden sollten.

4. Handwerker. Maurer? Egal: Fassaden-Typ

Liste mal beiseite, das hier war wirklich gar nicht gut. Sie hockte auf dem Dach fest und konnte niemanden anrufen.

Außer, war das …?

»Mr Andersen?«, rief sie.

So viel zu unauffällig. Sobald Karl Andersen, der Besitzer vom Baumarkt, dem Lakeside Hardware Store, wusste, dass sie hier war, würde es die ganze Stadt erfahren. Früher wurde in dem Laden jedenfalls mehr mit Gerüchten gehandelt als mit allem anderen. Es war quasi das inoffizielle Rathaus und Treffpunkt für eine Gruppe von Alteingesessenen, die sich überall einmischten. In manchen anderen Städten liefen alle Gerüchte über Friseursalons, aber in Moonflower Bay war es der Laden von Andersen.

Karl hatte sie anscheinend nicht gehört. Er muss inzwischen um die achtzig sein. Sie rief noch mal lauter. »Mr Andersen!«

Er schaute sich übertrieben auffällig um.

»Hier oben, Mr Andersen! Auf dem Dach vom Mermaid

Er legte seinen Kopf in den Nacken und sah sie schweigend an. Sie hatte mit Überraschung gerechnet, Ungläubigkeit, aber er lächelte einfach nur. »Eve Abbott. Ich habe schon gehört, dass du in der Stadt bist.«

Ach ja?

Wie war das möglich? Sie hatte niemandem erzählt, dass sie kam, und sie hatte hier auch keine Freunde mehr. Vielleicht hatte sie überschätzt, wie ernst Jason Sims es mit der Vertraulichkeitsvereinbarung nahm. Und dabei hatte sie gerade noch daran gedacht, wie schnell sich Gerüchte in der Stadt verbreiteten.

Sie machte sich schon auf die ganzen Fragen gefasst. Was wollte sie hier? Wo war sie die ganzen Jahre gewesen? Wieso hatte sie Lucille nie besucht? Wieso war sie so eine schreckliche Großnichte?

Aber stattdessen sagte er nur: »Was hältst du vom neuen Marktplatz? Von da oben musst du doch einen perfekten Blick haben.«

Sie schaute nach unten. Die historische Hauptstraße von Moonflower Bay verlief direkt von der Bucht hoch, etwa dreihundert Meter, bis zu einem großen, begrünten Marktplatz, auf dem der Wochenmarkt sowie die zwei jährlichen Festivals stattfanden.

»Äh, sieht toll aus.« Alles sah genauso aus wie früher. Und sie kannte diese Aussicht gut. Immer wenn eines der oberen Zimmer frei gewesen ist, hatte sie auf einem der Balkone dort gelesen.

Oder stundenlang mit dem, dessen Name nicht genannt werden darf, auf dem Balkon gesessen und geredet.

Oder zusammen die Mermaid Parade von oben beobachtete.

Nur, dass sie das letzte Jahr allein vom Rand zugesehen hatte, während er Teil davon gewesen war.

Aber genug von der Mermaid Parade. Zeit, die marschierenden, winkenden Meer-Menschen wieder in die hinterste Ecke ihres Kopfes zu verbannen. Das war wahrscheinlich nicht besonders gesund, aber egal. Die letzten zehn Jahre hatte es immerhin ziemlich gut funktioniert.

»Der Pavillon ist brandneu«, rief Karl hoch. »Der alte wurde so oft gestrichen, dass keine Farbe mehr halten wollte.«

Da hatte er wohl recht. Der alte Pavillon war ständig für Liebesbotschaften missbraucht worden. »Jake + Kerrie 4EVR« und so ein Kram. Gut möglich, dass auch einmal »Der, dessen Name nicht genannt werden darf, liebt Evie« auf dem Pavillon stand, und zwar eingeritzt, nicht bloß geschrieben. »So ist es permanenter«, hatte der Schnitzer noch verkündet. Eve, der etwas peinlich war, wie aufregend sie das alles fand, hatte daraufhin gemeint, dass man »permanent« nicht steigern konnte. Entweder etwas war permanent oder eben nicht.

In diesem Fall Letzteres, wie sich herausstellte.

»Der Stadtrat konnte sich nicht auf eine Farbe einigen.« Mr Andersen redete immer noch über den Pavillon. »Ein paar wollten ihn tatsächlich pink streichen! Die haben gesagt, es sei ›himbeerfarben‹.« Sie konnte die Anführungszeichen deutlich hören. »Wegen des Festivals, aber es war pink. Knallpink. Himbeeren sind rot, habe ich denen immer wieder gesagt.«

Stimmt. »Mr Andersen, können Sie vielleicht …«

»Siehst du Jake Ramseys Boot schon in der Bucht?«

Kurz war sie überrascht. Der Gedanke an Jake – dem Jake von ›Jake + Kerrie 4EVR‹ – auf einem Fischerboot war nicht ungewöhnlich, aber vor zehn Jahren wäre es noch das Boot von seinem Vater gewesen. Mr Andersen hätte nach Arthur Ramseys Boot gefragt.

Aber die Zeit verging eben, oder? Sie hatte alles und jeden in dieser Stadt hinter sich gelassen, als sie an dem grauenvollen Labor-Day-Wochenende vor zehn Jahren geflohen war. Arthur war inzwischen wahrscheinlich in Rente. Jake und Kerrie könnten sich sogar getrennt haben, auch wenn ihr das fast unmöglich vorkam. Wenn es auf der Welt ein Paar gab, das wirklich permanent war, dann die beiden.

Doch Jakes Schicksal musste wohl erst mal ein Rätsel bleiben, denn sollte sie irgendwelche Nachfragen stellen, würde Karl sie sicher lang und breit beantworten. Er schien nichts daran ungewöhnlich zu finden, gemütlich mit jemandem zu plaudern, den er seit zehn Jahren nicht gesehen hatte und der gerade auf dem Dach eines dreistöckigen Hauses hockte.

»Ich sehe sein Boot nicht. Mr Andersen, ich brauche Hilfe. Ich stecke hier oben fest. Meine Leiter scheint verschwunden zu sein.«

»Verschwunden?« Er schaute sich um, wieder auf diese komödiantisch auffällige Weise. »Wie kann eine Leiter denn verschwinden?«

»Das weiß ich nicht. Ich dachte, sie wäre umgekippt, aber ich kann sie nirgends sehen. Vielleicht hat sie jemand mitgenommen?«

»Doch nicht in Moonflower Bay.«

Das war das Problem mit dieser Stadt. Alle taten so, als wäre es die magische Welt von Oz – nur mit Meerjungfrauen statt Zwergen. Eve versuchte gar nicht erst, sich das Augenrollen zu verkneifen, von da unten konnte Karl es sowieso nicht sehen. »Wie auch immer. Ich hatte eine Leiter, und jetzt ist sie weg. Ich sitze hier fest. Können Sie mir vielleicht eine aus dem Laden ausleihen?«

»Du bist ganz schön hoch, Eve Abbott. Da brauchst du eine richtige Ausziehleiter.«

Sie nickte erfreut. »Ich wäre wirklich dankbar.«

»Ich rufe lieber die Feuerwehr.«

»Nein! Bitte nicht!« Sie sah schon vor sich, wie der einzige Einsatzwagen der Stadt mit lauter Sirene vor dem Mermaid parkte. Das wäre definitiv das Ende von ihrem Plan, schnell und unauffällig wieder zu verschwinden. Doch sie war sowieso schon aufgeflogen, die Neuigkeiten würden schnell die Runde machen. »Das sind alles Freiwillige, die müssen doch nicht herkommen, wenn eine einfache Leiter …«

»Ich werde den Chief anrufen«, meinte er dann, eher zu sich selbst als zu ihr. Er drehte sich um. »Chief Collins wird wissen, was zu tun ist.«

Chief Collins?

Ja, das konnte sie sich nur zu gut vorstellen.

Aber gleichzeitig: Nein. Auf gar keinen Fall. Niemals. Nicht nur, dass sie eine uralte, inzwischen fast durchsichtige Yogahose trug, dazu ein T-Shirt auf dem Keep Calm and Ask a Librarian stand, sie hatte den, dessen Name nicht genannt werden darf, außerdem seit zehn Jahren nicht gesehen. Mal ganz abgesehen davon, dass er das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, seine Zunge in Jeanny Wilkersons Mund hatte, mitten auf einem der Weihnachtswagen der Parade.

Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie wahrscheinlich gerade keine Leiter runterklettern sollte, aber auf keinen Fall sollte Karl die Polizei rufen. Da würde sie sich lieber vom wirklichen Voldemort retten lassen.

»Rufen Sie ihn nicht an!« Seinen Namen konnte sie nicht aussprechen, nicht mal in einem Notfall. »Vielleicht ist die Feuerwehr doch eine gute Idee!« Sie lief zur Vorderseite des Hauses, um Karl hinterherzusehen, der auf seinen Laden auf der gegenüberliegenden Seite der Hauptstraße zuging. »Mr Andersen! Sie müssen wirklich nicht die Polizei rufen, ich finde schon eine Lösung!« Lieber würde sie ihre Klamotten zu einem Seil knoten und daran runterklettern.

»Bin gleich wieder da!«, rief Karl ihr zu, kurz bevor er in seinem Laden verschwand.

Wieder allein, blickte Eve über die Stadt, die sie früher geliebt hatte. Das Inn lag zwar nicht direkt am Wasser, aber vom Dach aus konnte sie die beiden Strände der Stadt sehen. Beim näheren Strand auch die Seebrücke und den rot-weiß gestreiften Leuchtturm.

Zusammen mit dem, dessen Name nicht genannt werden darf, hatte sie sich oft in den stillgelegten Leuchtturm geschlichen, um von oben den Sonnenuntergang zu beobachten. Erst guckten sie vom Strand aus zu, um dann ein Wettrennen die alten, klapprigen Stufen vom Leuchtturm hoch zu machen, um einen kleinen zweiten Sonnenuntergang zu erhaschen. Nur wenn, wie so oft, seine kleine Schwester Clara dabei war, schafften sie es meist nicht. Claras Beinchen waren noch viel zu kurz. Aber dennoch hatte es immer Spaß gemacht, und am Ende würden alle drei lachend und außer Puste oben ankommen.

Das hatte Eve schon fast wieder vergessen.

Es wäre eine schöne Erinnerung, wenn er es nicht versaut hätte. Sie hatte den Leuchtturm verloren, als sie ihn verloren hatte. Sie musste ihn zusammen mit den Meerjungfrauen in die hinterste Ecke ihres Kopfes einsperren.

Trotz der Hitze schauderte sie plötzlich vor Wut.

Interessant. Normalerweise unterdrückte sie jegliche Gedanken an den, dessen Name nicht genannt werden darf, sofort. Drückte sie weg. Sie erlaubte sich ja nicht einmal, seinen verdammten Namen zu denken.

Und was hatte ihr das gebracht? Jetzt stand sie auf einem Dach und zitterte am ganzen Körper, weil sie solche Angst hatte, ihn wiederzusehen.

Aber wieso eigentlich? Er war doch der Böse.

Und jetzt wo sie wieder hier war, spürte sie auf einmal eine unfassbare Wut.

Sie lächelte. Wut kannte sie, damit könnte sie umgehen. Sollte sie länger hier in der Stadt festsitzen, wäre Wut definitiv besser als Angst. Wut war ihr Schutz.

Sie schaute wieder runter zur Stadt, die sie einst geliebt hatte, und wartete auf Rettung durch den Jungen, den sie einst geliebt hatte. Und wenn er kam, dann würde sie ihn beim Namen nennen.

Sawyer Collins.


Als Sawyer den Anruf erhielt, dass in der Hauptstraße jemand auf einem Dach festsaß, wollte er erst seinen Deputy schicken, aber Karl Andersen war strikt dagegen.

»Junge, das ist ein Job für den Chief.«

»Wohl eher für die Feuerwehr«, entgegnete er. »Welches Haus ist es denn?« Zu beiden Seiten der Hauptstraße standen Steinbauten, welche die Straße rahmten, aber die waren alle unterschiedlich hoch, von zweistöckig bis hin zu vierstöckig.

»Ich bin nicht ganz sicher.«

»Du bist nicht sicher? Hast du die Person denn nicht gesehen? Rufst du nicht genau deswegen an?«

»Komm einfach her, es ist schwierig zu erklären.«

»Ich werde Deputy Chief Powell schicken.« Olivia würde das schon regeln, was auch immer da los war. Sawyer war nach seinem Nachtdienst völlig fertig. Es hatte durchgehend geregnet, was eigentlich eine ruhige Schicht bedeutete, nur dass diesmal auch Vollmond war – immer ein großes Ereignis in Moonflower Bay. Da seine Schwester Clara den Morgen arbeiten würde und das Haus deswegen leer war, wollte er den ganzen Tag nur schlafen.

»Sawyer«, sagte Karl in seiner Boss-Stimme, auch wenn Sawyer inzwischen achtundzwanzig war und zuletzt als Teenager in Karls Laden gearbeitet hatte. »Komm selbst her.« Karl legte auf.

Mit einem frustrierten Seufzen stemmte Sawyer sich aus seinem Stuhl.

»Was ist los, Chief?« Sein recht neuer Deputy, Olivia, sah zu ihm hoch, vor ihr ein Haufen Papierkram.

Er zögerte. Sie würde sich bestimmt aufregen, wenn er ihr erzählt, dass Karl ihn persönlich angerufen hatte und darauf bestand, dass er kam. Sie versuchte nämlich, etwas mehr Professionalität in die kleine Viermannwache zu bringen. Damit die Leute die Wache anriefen statt Sawyer persönlich. Damit sie eine Frau als Polizistin akzeptierten. Sawyer war, was das anging, auch voll auf ihrer Seite, aber gerade war er einfach nur müde. An Sommerabenden in einem Strandort war eigentlich immer viel zu tun, aber mit dem Vollmond gestern hatten sie ganze sechs Festnahmen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses durch Betrunkene. Und zu tun, was Karl wollte, schien leichter, als sich mit ihm anzulegen – der schnellste Weg nach Hause und in sein warmes Bett.

»In der Hauptstraße sitzt jemand auf einem Dach fest. Ich muss sowieso noch ein paar Sachen erledigen«, sagte er zu Olivia – log er. »Ich schaue kurz vorbei und gehe dann nach Hause.«

»Klingt gut. Ruf an, wenn du Verstärkung brauchst.«

In der Hauptstraße angekommen, schaute er sich erst mal um, entdeckte aber auf keinem der Dächer irgendetwas Ungewöhnliches.

Dann läuteten kurz die Glocken vom Eingang zu Andersen’s Lakeside Hardware, und der Eigentümer tauchte auf. »Hallo, Chief. Ich bringe dich mal zu dem Fräulein.«

»Deputy Chief Powell hätte das übernehmen können«, meinte Sawyer, der gedanklich schon einen ganzen Vortrag drüber vorbereitete, dass auch ein Fräulein ein anderes Fräulein retten könnte. Oder so was in der Art.

Karl ignorierte ihn und ging auf den Durchgang neben Lawson’s Lager House zu. »Schönes Wetter heute, oder?«

Es war kein schönes Wetter. Es war drückend heiß, schwül und bedeckt. »Es wird noch mehr regnen«, konterte Sawyer, der Karl folgte.

Die meisten Bauten an der Hauptstraße standen eng aneinander, nur zwischen Lawson’s und dem Pie with Pearl lag ein Durchgang, der als Abkürzung zum großen Parkplatz hinter den Läden genutzt wurde. Allerdings nicht nur dafür, wie die benutzten Kondome und Zigarettenstummel auf dem Boden zeigten – noch mehr Beweise dafür, dass die letzte Nacht besonders viel los war.

»Quatsch«, sagte Karl. »Das klart noch auf. Es wird richtiges Postkartenwetter, bei dem man immer wieder glücklich ist, in der schönsten Stadt Kanadas zu leben.«

Sawyer verdrehte die Augen. Nur weil er genau wusste, dass Karl es nicht mitbekam. Ihm war klar, dass Karl recht hatte, auch wenn er gern mal übertrieb in seiner Rolle als eine Art selbst ernannter Bürgersprecher. Sawyer hatte die Phasen, in denen er Moonflower Bay hasste, inzwischen hinter sich. Na ja, die eine große Phase. Sein Gefühl, hier gefangen zu sein, hatte sich über die Jahre verflüchtigt. Es war auch nie die Schuld der Stadt, dass er hier gefangen war, dafür müsste er sich bei seinem geliebten Vater bedanken.

An Tagen, wenn sein Job ihn wirklich fertigmachte, konnte Sawyer auch genervt sein, aber letztlich war diese kleine Stadt am Ufer vom Lake Huron sein Zuhause. Er war für alle Einwohner verantwortlich, auch für die manchmal anstrengenden wie Karl Andersen. Er war für die ganze Stadt verantwortlich – er nahm sich vor, später zurückzukommen und den Durchgang sauber zu machen. Nachdem er etwas Schlaf bekommen hatte.

Sie traten auf den Parkplatz hinter der Bar, die seinem Kumpel Ben Lawson gehörte. Kurz überlegte er, nach dem Kram hier noch reinzugehen und sich unter einen der Zapfhähne zu hängen. Ja, es war vielleicht acht Uhr morgens, aber er war die ganze Nacht wach gewesen, also fing für ihn quasi die Happy Hour an.

»Sie ist da oben«, Karl zeigte hoch.

»Auf Lucilles Gebäude?« Sawyer grübelte. Seit Lucilles Tod vor einer Woche machte er sich Sorgen um das leere Gebäude. Lucille hatte immer schon Antiquitäten gesammelt. Eine Menge davon war Schrott, aber unter dem ganzen Meerjungfrauenkram waren auch ein paar wertvolle Sachen. Es gab nicht einmal eine Alarmanlage und auch wenn er gerade noch gedacht hatte, wie schön die Stadt war, gab es auch hier die üblichen Kleinstadtprobleme – Drogensucht und Arbeitslosigkeit allen voran. Dazu noch die ganzen Touristen im Sommer. Deswegen hatte er das Inn im Auge behalten. »Ich sehe niemanden. Wann hast du die Person gesehen?«

Keine Antwort. Als Sawyer sich umdrehte, bemerkte er, dass Karl verschwunden war. Er schaute wieder hoch zum Dach, aber entdeckte niemanden. Verdammt. Sollte er sich Sorgen um Karls geistigen Zustand machen? Der Mann wirkte zwar unverwüstlich, aber er war immerhin siebenundachtzig und ein allein lebender Witwer.

Dennoch sollte Sawyer sich lieber vergewissern, ob nun jemand auf dem Dach festsaß. Es war ganz schön hoch.

»Guten Morgen!«, rief er. Anscheinend hatte Karl auch recht, was das Wetter anging. Der graue Himmel lichtete sich langsam, und die Sonne brach durch die Wolkendecke hindurch. »Moonflower-Bay-Polizei hier. Ist da oben jemand?«

Und dann wusste er es. Er wusste es einfach. Noch bevor er sie sah.

Wie jeder gute Cop hatte auch Sawyer gelernt, auf seinen Instinkt zu hören. In einem Fall reichten nur wenige Indizien, um zu wissen, was passiert war. Aber das hier war anders. Das Wissen lag tiefer. Er ließ sich von seinem Körper leiten. Oder, na ja, eher ließ sein Körper ihn plötzlich im Stich. Er sackte gegen das Auto hinter sich, seine Beine zu wackelig, um ihn zu halten. Oder um wegzurennen, was auch eine gute Möglichkeit gewesen wäre. Er öffnete seinen Mund, wollte tief durchatmen, aber es ging nicht. Er stand einfach nur schlaff da, mit offenem Mund wie ein Fisch.

Dann kam sie nach vorn, und Sawyers Herz blieb stehen.

Hinter ihr war die Sonne inzwischen komplett durch die Wolken gebrochen, und er hatte den absurden Gedanken, dass die Sonne nur da war, um sie in ein blendendes Licht zu hüllen, als wäre sie ein Engel. Aber wenn sie wirklich ein Engel wäre, dann auf jeden Fall ein Racheengel.

Es war Evie Abbott.

Die einzige Frau, die er jemals geliebt hatte.

Ein kurzer, stechender Schmerz durchfuhr ihn.

Wenn Sawyer an sein gebrochenes Herz dachte, war es für ihn nie wirklich wie brechen, eher wie leeren. Denn als Evie vor zehn Jahren die Stadt verlassen hat – von ihm vertrieben –, hatte es sich nicht wie Brechen angefühlt. Es hatte sich angefühlt, als würde all die Freude und all das Leben aus ihm strömen, wie das Wasser vom Fluss sich in den See ergießt. Da hatte er sich auch wie ein Fisch gefühlt, der in einem leeren Aquarium herumzappelt, bis nur noch die ausgetrocknete, schuppige, leblose Hülle übrig blieb.

Auf der anderen Seite, wenn das Herz erst mal leer war, war es leer. Die kluge Evie, der Genauigkeit und Präzision so wichtig waren, hatte ihm einmal gesagt, dass man ›permanent‹ nicht steigern kann. Der Abend, als er ihre Namen in den Pavillon geritzt hatte, in die Stadt selbst, fühlte sich näher an als die Schicht letzte Nacht.

»›Permanenter‹ gibt es nicht, Sawyer«, hatte sie ihn geärgert. »Das ist als würde man ›schwangerer‹ sagen. Entweder man ist schwanger oder eben nicht. Entweder etwas ist permanent oder eben nicht.«

Ein Herz ist entweder leer oder eben nicht.

Und seins war leer.

Dachte er zumindest.

Dem stechenden, klaffenden Schmerz in seiner Brust nach irrte er sich da anscheinend. Es war wohl noch genug übrig, was zerstört werden konnte. Genug, was rausgesogen werden konnte.

Und er hatte große Angst, dass Evie Abbott hier war, um genau das zu tun.

Kapitel 2


Wie sich herausstellte, war Wut ein seltsam angenehmes Gefühl. Sie sah Sawyer Collins an und ließ die Wut durch ihre Adern fließen. Sie ballte ihre Hände, wollte ihn schlagen. Verdammt, sie hätte ihm damals eine reinhauen sollen. Sie hätte auf den dämlichen Wagen klettern, die Meer-Elfen zur Seite schieben, Jeannie Wilkerson und ihn auseinanderzerren und ihn dann runterwerfen sollen.

»Evie?«, rief Sawyer.

Dinge, die Eve sauer machten

1. Dass Sawyer unten gelassen am Auto lehnte und mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hochschaute, als ob er sie fast nicht erkannte. Sein verspätetes »Evie?«, in dem keinerlei Überraschung durchschien – überhaupt keinerlei Emotion.

»Nenn mich nicht Evie«, fuhr sie ihn an. Der alte Spitzname tat weh. Er war der Einzige, der sie jemals Evie genannt hatte, und jetzt hatte er nicht mehr das Recht dazu.

»Okay«, antwortete er langsam. »Steckst du fest?«

»Was denkst du denn? Ich hocke aus Spaß hier oben?«

»Wie bist du überhaupt da hochgekommen?«

»Ich hatte eine Leiter, aber die ist weg.«

Er sah sich um. »Warte mal kurz.«

Als hätte sie irgendeine andere Wahl? Sie nutzte seine Abwesenheit, um ihre Liste fortzuführen.

2. Dass der achtundzwanzigjährige Sawyer Collins noch achthundertmal attraktiver war als der achtzehnjährige Sawyer Collins.

Das war unfair. Mit achtzehn Jahren, mit den unordentlichen dunkelbraunen Haare und den Augen in der Farbe der blauen Bucht an den sonnigsten Tagen war Sawyer Collins niedlich, aber er hatte immer etwas Jungenhaftes, was inzwischen verschwunden war. Vielleicht zusammen mit den Haaren abrasiert. Er hatte seine Haare recht kurz geschnitten, dazu ein Bart in fast derselben Länge.

Sein Bart.

Eve stand eigentlich noch nie auf Bärte. Der ganze Holzfällerlook – auch beliebt auf den ganzen Covern der Liebesromane, die sie in der Bibliothek einräumte – ließ sie völlig kalt.

3. Dass Sawyer Collins Bart sie anmachte.

Aber sie konnte ihn auch nicht wirklich gut sehen, mit drei Stockwerken Entfernung. Von Nahem war sein Bart bestimmt genauso eklig wie alle anderen Bärte.

Als er zurückkam, zog er eine Leiter hinter sich her. Wie es aussah, ihre eigene.

»Wo war die denn?«, rief sie runter.

»In dem Durchgang neben Lawson’s. Sie ist mir schon auf dem Weg hierher aufgefallen, aber Law lässt gerade hinter der Bar irgendetwas bauen, also dachte ich, es wäre seine.«

»Okay. Stell sie an das Haus.«

Er erstarrte, und dieser leicht verwirrte Gesichtsausdruck tauchte wieder auf, als könnte er sich nur noch vage an sie erinnern und suchte in Gedanken krampfhaft nach Details.

4. Dass Sawyer Collins sie ansah, als könnte er sich nicht daran erinnern, wie sie ihn in ihr Herz gelassen hatte. In ihren Körper.

»Danke für die Hilfe.« Sich zu bedanken, obwohl sie jetzt doch wütend war, fühlte sich komisch an, aber Hauptsache, sie wurde ihn schnell los. »Den Rest schaffe ich dann schon.«

»Das sind drei Stockwerke.«

»Und ich wäre gern wieder unten. Aber dafür brauche ich die Leiter.«

Er lehnte die Leiter an die Seite des Hauses.

Endlich.

Aber dann trat er selbst auf die erste Sprosse.

»Vielleicht hast du mich falsch verstanden. Ich will runter. Ich brauche hier oben keine Gesellschaft.«

»Das sind drei Stockwerke«, wiederholte er.

»Wie bereits festgestellt wurde.«

»Ich helfe dir runter.«

»Ich brauche deine Hilfe nicht«, widersprach sie automatisch, wobei der zickige Ton sie selbst überraschte.

5. Dass sie wie ein Kleinkind klang. Das zeigte nur, dass er immer noch Einfluss auf sie hatte, und genau das sollte er eigentlich nicht denken.

Sie musste sich noch an das mit der Wut gewöhnen. Sie versuchte es noch mal. »Deine Hilfe wird hier nicht mehr benötigt. Du kannst wieder gehen.« Das klang besser. Distanzierter.

Er kletterte dennoch weiter hoch.

»Was willst du überhaupt machen?«, blaffte sie. »Du kannst mich wohl kaum runtertragen.«

»Nein.« Er kam oben an und stoppte auf der Leiter, als sein Kopf über den Rand des Daches schaute.

6. Dass sein Bart gar nicht eklig war.

»Aber ich kann unter dir bleiben, und wir klettern zusammen runter.«

»Das ergibt keinen Sinn!« Mist, wieder zickig. Sie räusperte sich und gab sich Mühe, tiefer zu sprechen. »Und dann? Wenn ich falle, ziehe ich dich mit runter?«

Eigentlich doch gar keine schlechte Idee.

Er warf ihr einen Blick zu, den sie nicht ganz lesen konnte, aber er wirkte auf jeden Fall nicht entspannt. Wenigstens rief sie endlich etwas anderes in ihm hervor als minimale Neugierde. »Das war der Plan.« Er winkte sie ungeduldig zu sich, aber als sie sich nicht rührte, sagte er, »Evie Abbott, beweg deinen Arsch auf die Leiter.«

Sie bewegte ihren Arsch auf die Leiter, sie hatte nicht wirklich eine Wahl. »Nenn mich nicht Evie!«, warf sie aber noch bissig zurück.

7. Dass Sawyer den ganzen Weg nach unten auf ihren verdammten Hintern starrte – das spürte sie – und sie absolut gar nichts dagegen tun konnte.

Allerdings konnte sie ihre Füße benutzen. In der Sekunde, als sie unten ankam, ging sie einen Schritt von ihm weg.

»Wie lange bist du in der Stadt?«, fragte er.

»Eine Woche. So lange, bis das Dach repariert ist und ich das Inn zum Verkauf anbieten kann. Dann muss ich zurück nach Toronto.« Sie musterte ihn, war ziemlich sicher, Erleichterung in seinem Gesicht zu erkennen. Arschloch. Sie wollte ihre Antwort zurücknehmen, ihm erzählen, dass sie hierbleiben würde, in das Inn ziehen. Nur, um ihn zu ärgern.

»Das mit Lucille tut mir leid«, fing er an. »Ich erinnere mich noch –«

»Weißt du was, Sawyer?«

Er sah sie fragend an. Vielleicht überrascht, dass sie ihn unterbrochen hatte. Die alte Eve – Evie – hätte das nie getan. Sie hätte bei jedem einzelnen Wort an seinen Lippen gehangen.

»Halt die Klappe.«


»Aua!«

Eve schrie auf, als ihr eine Meerjungfrauenfigur auf den Kopf fiel. Sie war gerade dabei, ihren Koffer in den Schrank von dem Zimmer zu hieven, in das sie ziehen wollte.

Ironischerweise hatte sie sich genau dieses Zimmer ausgesucht, weil es das einzige ohne gruselige lebensgroße Meerjungfrauen war. Am Abend zuvor, kurz nachdem sie bemerkt hatte, dass es im dritten Stock regnete, hatte sie es sich im Zimmer dicht an der Rezeption gemütlich gemacht. Als sie dann allerdings mitten in der Nacht aufgewacht war und kurz ins Bad wollte, stieß sie dabei gegen eine ein Meter fünfzig große Meerjungfrau neben der Tür. Im Halbschlaf hatte sie das Ding sofort für einen Einbrecher gehalten und laut losgeschrien.

Eventuell hatte sie auch die Nachttischlampe zerstört.

Um damit auf die Meerjungfrauenfigur loszugehen.

Die jetzt nur noch aus einem Haufen Scherben bestand.

Das Inn bei Tageslicht zu sehen war wirklich … ein Erlebnis.

Im Mermaid Inn standen natürlich schon immer Meerjungfrauenfiguren. Die gesamte Stadt war etwas verrückt, wenn es darum ging – deswegen auch die Meerjungfrauenparade am Labor-Day-Wochenende. Als Kind hatte Eve die kleinen Meerjungfrauen hier und da geliebt: Die Meerjungfrauenbecher für das Frühstück für die Gäste, die Vitrine im Empfangsbereich mit Lucilles Sammlung an Meerjungfrauenfigürchen, die Garderobe mit den grünen Metallhaken, die aussahen wie die Schwanzflossen von Meerjungfrauen.

Aber in den letzten zehn Jahren war Lucille anscheinend etwas durchgedreht, was den Meerjungfrauenkram anging. Das, oder eine riesige Flutwelle war über das Haus eingebrochen und hatte überall Meerjungfrauen hingespült.

Nicht einen Schritt konnte man gehen, ohne auf irgendwelche Meerjungfrauen zu stoßen, oft wörtlich gesehen. Sie waren überall. Auf den Bildern an den Wänden in jedem Zimmer, auf den Sofakissen im Eingangsbereich, es lagen Bildbände und Kalender mit ihnen bereit. Im Speisesaal hingen Schilder mit der Aufschrift: Meerjungfrauenfütterung verboten und in den Badezimmern welche mit Wenn sich Deine Oberschenkel berühren, ist das nur der erste Schritt zur Meerjungfrau.

Und kleine Meerjungfrauenfiguren standen überall – und sie waren festgeklebt.

Das verstand Eve irgendwie. Sie wusste noch, wie genervt Lucille immer war, wenn die Gäste Becher stahlen, oder Handtücher, die sie selbst bestickt hatte. Wenn man dann also jede freie Fläche mit Meerjungfrauenfiguren vollstellen wollte, dann sollte man sie lieber festkleben.

Die einzigen, die nicht festgeklebt waren, waren die lebensgroßen, die wie Wachen vor den Zimmern standen. Die waren wahrscheinlich sowieso zu groß und/oder zu hässlich zum Klauen.

Die Figuren waren allerdings nur das eine Problem, und die konnte man sicher einfach abbrechen und wegwerfen. Aber das ganze Inn war völlig runtergekommen. Die einst charmante Vintage-Tapete hing in Fetzen runter, der Boden musste dringend nachbearbeitet werden, und an den Decken bildeten die Wasserflecken schon wilde Muster.

Aber das konnte ihr egal sein, dachte Eve sich. Alles Probleme für den zukünftigen Eigentümer. Um den Wasserschaden sollte sie sich kümmern, aber das würde sie in der einen Woche schaffen, die sie sich freigenommen hatte. Das Dach reparieren und das Mermaid verkaufen, und dann sollten ihre finanziellen Probleme auch vergessen sein.

Sie lächelte. Lucille und sie verband beide eine Liebe zu Märchen, und jetzt wirkte es fast so, als wäre Lucille Eves gute Fee, die aus dem Grab heraus ihren Zauberstab schwang und Eves Berg an Studienschulden verschwinden ließ. Vielleicht könnte sie sich dann sogar eine nicht ganz so ranzige Wohnung leisten.

Eve rieb sich ihren Kopf und schaute sich in dem Zimmer um – das einzige Zimmer ohne Meerjungfrau als Wache. Oder einem Haufen Scherben. Aber auch wenn es in dem hinteren Zimmer im Erdgeschoss keine lebensgroßen Meerjungfrauenfiguren gab, standen auf dem Absatz über dem Schrank diverse Andenken, darunter die Figur von einer jungen Meerjungfrau, die Eve runtergeschmissen hatte, als sie ihren Koffer über ihren Kopf wuchten wollte, um ihn in das obere Fach im Kleiderschrank zu schieben. Nur hier waren die Figuren natürlich nicht festgeklebt, deswegen war die Figur runtergefallen und hatte Eve direkt an der Schläfe getroffen.

Eventuell hatte sie ihren Koffer aber auch etwas zu schwungvoll nach oben geworfen.

Alles Sawyers Schuld.

Sie hob die kleine Statue auf und begutachtete sie. Das Mädchen wirkte traurig. Sie saß auf ihrer Schwanzflosse und schaute wehmütig in die Ferne.

Hmm. Eve drehte sich um, inspizierte das Zimmer etwas genauer. An der einen Wand hing ein Bild von der kleinen Meerjungfrau, aber nicht die Disneyversion. Der Mond schien auf das Wasser, in dem die Meerjungfrau schwamm und den Prinzen ansah, der an einem Geländer stand.

Das Bild hatte immer in Lucilles Schlafzimmer gehangen, und der Anblick traf sie. Auf einmal war Eve wieder acht Jahre alt, lag eingekuschelt in Lucilles Bett und kämpfte mit den Tränen, während Lucille ihr die Geschichte von der kleinen Meerjungfrau vorlas, die alles für den Prinzen aufgab, den sie liebte, nur um dann zuzusehen, wie er eine andere heiratete.

Lucille war eine Verfechterin der Originalversion von Hans Christian Andersen, und auch wenn sie die Faszination der kleinen Eve zu der Disneyversion tolerierte, sorgte sie immer dafür, dass auch die Originalversion einen Platz in ihrem Herzen hatte.

Eve wurde bewusst, wie sehr Lucilles Liebe zu Märchen – zu den traditionellen wie denen von Andersen und den Gebrüdern Grimm – sie selbst dazu gebracht hatte zu lesen. Sie würde sogar behaupten, dass es ihre Berufswahl entscheidend beeinflusst hatte. Schon solange sie denken konnte, wollte sie Bibliothekarin werden, und das hatte sie geschafft. Allein das verdankte sie zu großen Teilen Lucille.

Lucille hatte sie genauso mit erzogen wie ihre Eltern. Vielleicht sogar mehr, in den Dingen, die wirklich zählten. Eve hatte eine gute Beziehung zu ihren Eltern, sie liebte sie sehr, aber sie lasen nicht. Das sprach auch überhaupt nicht gegen sie, die beiden hatten schon viel zu viel damit zu tun, über die Runden zu kommen, als dass sie ihr noch entspannt vorlesen konnten. Auch Lucille hat natürlich hart gearbeitet – die Abbotts waren noch nie reich –, aber vielleicht blieb mehr Zeit für Märchen, wenn man da wohnte, wo man auch arbeitete.

Beim Zurückstellen der Figur bemerkte Eve ein halbes Dutzend weitere Meerjungfrauen – alles junge Mädchen, die eher traurig aussahen, und keine davon festgeklebt. Bei jeder Einzelnen davon machte es kurz Klick in ihrer Erinnerung. Sie kannte die Figuren, sie hatten früher in der Vitrine im Eingangsbereich gestanden.

Das Merkwürdigste daran, hier zu sein – na gut, eines der merkwürdigen Sachen – war, dass es alles nicht zu Lucille passte, abgesehen von diesem Zimmer. Natürlich mochte Lucille immer schon Meerjungfrauen, aber eher die Hardcorevariante. Selkies, Sirenen und noch verrücktere Varianten aus unterschiedlichen Mythologien. Die Meerjungfrauen, die Männer eher in den Tod lockten – ein Hoch auf alle alten Jungfern! –, als mit ihren Unterwasserfreunden zu singen und tanzen.

Auch das Inn hatte das früher widergespiegelt. Der Meerjungfrauenkram war damals immer eher subtil und manchmal etwas gruselig, aber inzwischen hatten die Zeichentrick-Arielle, Fiberglas-Statuen und lustige Schilder überhandgenommen. Anscheinend war eine Menge des alten Krams – der richtigen Sachen – in diesem Zimmer gelandet.

Es musste Lucilles Zimmer gewesen sein. Eigentlich wohnte sie in einem der Zimmer im Obergeschoss, neben einem anderen winzigen Zimmer, in dem Eve immer war, wenn sie die Sommer hier wohnte. Aber es ergab natürlich Sinn, dass Lucille ins Erdgeschoss gezogen war, als sie älter und weniger mobil geworden war. Eve bekam einen Kloß im Hals.

Wie als Beweis, dass es wirklich das Zimmer ihrer Großtante war, standen noch vier Fotos neben den Figuren. Auf dem ersten sah man Lucille und Eve, die bei der Meerjungfrauenparade mitmarschierten – Lucille zog die Meerjungfrau-Eve in einem Bollerwagen hinter sich her, denn die Schwanzflosse war nicht wirklich gut zum Gehen. Eve erinnerte sich noch daran, wie viel Arbeit in dem Kostüm steckte, wie sie die unzähligen Pailletten akribisch an den von Lucille vorbereiteten Schwanz genäht hatte. Auf dem nächsten Foto war Eve in Paris, während ihres Auslandssemesters – noch ein Lebenstraum, den Lucille ihr in den Kopf gesetzt hatte. »Wann sonst hast du die Chance, mal probeweise in einem anderen Land zu leben?« Dann noch das Porträt von Eves Abschlussfeier an der Uni.

Als sie zum letzten Bild überging, blieb ihr Herz stehen. Sawyer und sie beim Himbeerenpflücken. Eve schaute in die Kamera und hielt grinsend ihre roten Finger hoch. Sawyer lächelte auch, aber er sah zu ihr. Hingebungsvoll. Er sah sie hingebungsvoll an, anders konnte man es nicht beschreiben.

Sie spürte wieder die klaffende Leere in sich. Alles, was sie verloren hatte. In den letzten zehn Jahren hatte sie andere Männer gedatet, sogar ein paar Beziehungen gehabt, aber sie war ziemlich sicher, dass keiner von denen sie jemals so angesehen hatte.

Doch die Leere war nicht mehr da, ermahnte sie sich. Jetzt war sie erfüllt von Wut. Kraftvoller Wut. Befriedigender Wut.

Sie betrachtete das Bild noch mal etwas genauer. Im Gegensatz zu den anderen konnte sie sich nicht genau daran erinnern. Es gab einfach zu viele dieser Tage, zu viele Himbeer-Festivals. Sie löste eine Ecke des Fotos aus dem Rahmen und schaute auf die Rückseite. Lucille hatte die Fotos immer professionell entwickeln lassen, weshalb hinten das Datum aufgedruckt war. Das Foto war von ihrem letzten Sommer hier. Der Sommer, in dem sie angefangen hatten, miteinander zu schlafen.

Alles zwischen ihnen war in diesem Sommer noch mal viel intensiver geworden. Der Spaß, die Liebe, das Vertrauen. Das Gefühl, dass es sie beide – oft mit Clara dabei – gegen den Rest der Welt waren.

Eve drehte das Bild zur Wand. Ihre Augen brannten.

Dann war sie genervt von sich selbst. Wegen dem bisschen Teenie-Drama würde sie doch nicht anfangen zu heulen. Sie war erwachsen. Sie hatte schon zehn Jahre, um darüber hinwegzukommen. Sie war darüber hinweg.

Aber sie hatte ihn einfach so sehr geliebt.

Und jetzt war sie so sehr wütend auf ihn, ermahnte sie sich.

Sie drehte sich weg. Sie hatte sowieso keine Zeit dafür, sie musste sich noch um das Dach kümmern und eine Beerdigung planen.


Zu Sawyers Überraschung stand seine Schwester in der Küche, als er nach Hause kam. Das war besonders unpraktisch, da er kurz vor dem Zusammenbruch stand. Normalerweise würde er sich freuen, aber gerade war er einfach nur fertig.

Wie sie ihn mit großen Augen anschaute, half da auch nicht gerade. Sie arbeitete den Sommer über in einem Supermarkt am Bluewater Highway in der Nähe von Grand View und hatte heute eigentlich ab sieben Schicht.

»Was ist los? War er wieder im Laden?« Sawyer wusste zwar, dass es sowohl finanziell als auch privat wichtig war, dass Clara einen Job hatte, aber ihm gefiel überhaupt nicht, dass der außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs lag. Auch wenn die Officer in Grand View Charles Collins kannten – und dafür sorgte Sawyer –, störte ihn allein der Gedanke, dass jemand anderes den Anruf bekommen würde, sollte etwas passieren.

Sawyer musste sich entspannen.

Clara zog ihn rüber zum Esstisch. »Ich habe die Schicht getauscht, weil ich gestern tolle Neuigkeiten bekommen habe, wovon ich dir persönlich erzählen wollte.« Sie wedelte albern mit den Händen in der Luft, während er sich hinsetzte. »Das wird dich so überraschen!«

»Erinnerst du dich noch an diesen Essay Contest für den Canada Day, an dem ich teilgenommen habe?«

»Das Thema war ja ›Wenn Sie den Premierminister bei einer großen politischen Entscheidung beraten könnten, welche wäre das?‹, und ich habe doch über die Impfpflicht geschrieben. Weißt du noch, der Masernausbruch letztes Jahr?«

»Ich habe über mögliche Gesetzesanpassungen geschrieben, bla bla bla.« Clara schlug mit den Händen auf den Tisch und starrte ihn mit offenem Mund an, wie sie es immer tat, wenn sie aufgeregt war. »Und ich habe gewonnen!«

»Ich dachte, es gewinnt auf jeden Fall jemand, dessen Thema viel sexier ist«, fuhr sie fort. »Wie Residential Schools oder Klimawandel oder so was.«

»Ich bin so stolz auf dich, Clärchen.« Stolz und erstaunt. Wie er es geschafft hatte, so eine Person großzuziehen, konnte er sich immer noch nicht erklären.

ichThe Agenda

war eine Politikshow vom öffentlichen Fernsehen aus Ontario, was Sawyer nur wusste, weil er sie manchmal mit Clara schaute. In seinen eigenen Teenagerjahren hatte keine besonders große Rolle gespielt. Nicht nur, weil er mehr an Sandburgen interessiert war oder am Himbeerpflücken mit Evie, er hatte außerdem nicht so ein riesiges Hirn wie seine Schwester.

Clara stand kurz vor ihrem letzten Jahr auf der Highschool, und aufgrund seiner Arbeit – lange Schichten, oft über Nacht – verbrachte sie viel Zeit allein. Sie war verantwortungsbewusst und reif, er vertraute ihr. Sie brauchte seine Erlaubnis also überhaupt nicht, um nach Toronto zu gehen, um im Fernsehen über ihren Politikessay zu reden, und erst recht keinen Babysitter. Seltsamerweise machte er sich weniger Sorgen um sie, wenn sie weit weg war, als wenn sie im Supermarkt arbeitete. Wahrscheinlich, weil Charles weder Führerschein noch die Mittel hatte, um viel weiter als Grand View zu kommen.

»Jaa!« Sie hüpfte auf ihrem Stuhl auf und ab. »Okay, ich weiß, dass du jetzt schlafen willst. Da ich zum Glück freibekommen habe, gehe ich an den Strand.« Er runzelte die Stirn, und sie wusste sofort, was er dachte. Normalerweise ging sie nur mit Freunden an den Strand. »Es ist neun Uhr morgens, er wird nicht da sein.«

So wie er gern mal völlig ausrastete, wenn er wütend war.

Die Touristen waren quasi eine Art Schutz, sollte sie wirklich auf ihren Vater treffen.

Aber wie er gerade schon überlegt hatte, hatte es davon lange keine mehr gegeben. »Okay. Aber ruf an, wenn irgendetwas ist. Ich lasse mein Handy an.«

»Oder Jake. Ruf Jake an.« Beide seiner Freunde würden sofort alles stehen lassen, um Clara zu helfen, aber Jake hatte noch dazu die Statur eines Linebackers.

Sie kam zurecht, ja. Aber er auch?