Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Impressum:
© 2017 Bernd Sternal
Herausgeber: Verlag Sternal Media, Gernrode
Gestaltung und Satz: Sternal Media, Gernrode
www.sternal-media.de
www.harz-urlaub.de
Umschlagsgestaltung: Sternal Media
Abbildungen, Zeichnungen und Fotos: Archiv Sternal oder siehe Bildlegende
2. Auflage Januar 2018
ISBN: 978-3-7460-8652-1
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
Mehrere Jahrhunderte lang war der Bergbau Haupterwerb im Oberharz. Insbesondere die verschiedensten Erze wurden hier gewonnen und brachten den Oberharzer Orten Arbeit und Wohlstand. Aber die Erzvorkommen wurden weniger, die Schächte mussten immer tiefer ins Gebirge getrieben werden. Das verursachte Kosten, die den Bergbau in der Harzregion unwirtschaftlich machten. Ein wichtiger Kostenfaktor in der Zeit um 1800 waren Seile. Sie mussten vielfältig im Bergbau eingesetzt werden. Jahrhundertelang waren diese Seile zunächst aus Hanf, die später durch Kettenseile abgelöst wurden. Die Hanfseile unterlagen einem enormen Verschleiß, die Kettenseile waren verschleißfester, hatten aber ein riesiges Gewicht. So war das Gewicht eines Kettenseiles von 400 m Länge fünfmal so groß wie das einer mit Erz gefüllten Lore.
Eine technische Lösung, die das Gewicht des Hanfseils und die Tragfähigkeit und Verschleißfestigkeit des Kettenseils vereinte, wäre für den Harzer Bergbau und den Bergbau allgemein eine revolutionäre Lösung gewesen.
Dem Oberbergrat Julius Albert gelang es gemeinsam mit dem Bergschmied Mummenthey nach vielen Versuchen, Experimenten und Berechnungen das erste Drahtseil aus Eisen herzustellen. Aus drei Litzen zu je vier Drähten drehten die beiden Erfinder ein Seil, das sechsmal mehr Tragkraft hatte als ein Hanfseil und viermal mehr als ein Kettenseil, welches zudem achtmal schwerer war als das Drahtseil. Das war im Jahr 1834. Heute werden die Albertschen Drahtseile weltweit in allen denkbaren Branchen eingesetzt.
Im Vorfeld dieser Entwicklung stellte Albert umfangreiche Belastungsforschungen an, wozu er eine Testmaschine konstruierte und baute. Er fand heraus, dass neben der Last vor allem die Häufigkeit der Beanspruchung für die Materialermüdung maßgebend ist. Mit Albert begann die systematische Erforschung der Schwingfestigkeit noch vor August Wöhler, nach dem der Wöhlerversuch, ein Versuch zur Ermittlung der Dauerschwingfestigkeit, benannt wurde.
Wilhelm August Julius Albert, hannoveraner Berghauptmann und Erfinder des Drahtseils
Zeichnung: Unbekannter Künstler aus dem 19. Jahrhundert
Der Erfinder Wilhelm August Julius Albert stammte aus Hannover, wo er am 24. Januar 1787 geboren wurde. Sein Vater war Bürgermeister in der Neustadt von Hannover. Nach der Schule begann Albert an der Universität Göttingen Rechtswissenschaften zu studieren, wechselte dann jedoch in das Bergfach über. Nach Abschluss seines Studiums im Jahr 1806 erhielt Albert seine erste Anstellung als Auditor bei den Berg- und Forstämtern der Harzer Bergstädte Clausthal und Zellerfeld. Schnell machte er Karriere und war ab 1808 als Bergschreiber tätig.
1809 berief ihn der von Napoleon eingesetzte Bergbau-Generalinspekteur, Ingenieur Antoine-Marie Héron de Villefosse, zum Ingenieur en Chef und Divisions-Secretär bei der Harz-Division. Zusammen mit Villefosse erarbeitete Albert die Beschreibung über den Mineralienreichtum des bergmännischen Harzes. 1814 wurde er zum Zehntner in Clausthal ernannt, was einer Art Finanzbeamten des Landesherrn für den Bergbau entsprach. 1817 erhielt Albert den Titel eines Bergrates verliehen und wurde zudem Expedient der Berghauptmannschaft. In dieser Position war er für den Absatz der Bergbauprodukte zuständig. Ab 1821 oblag ihm auch die Administration der Münze in Clausthal; 1825 wurde er Oberbergrat. Nach dem Tode von Friedrich Otto Burchard von Reden wurde Albert 1836 dessen Nachfolger als hannoveraner Berghauptmann und leitete damit das Berg-, Hütten- und Forstwesen im welfischen Teil des Harzes. 1841 wurde er zum außerordentlichen Mitglied des Staatsrates im Königreich Hannover berufen.
Albert war ein großer Förderer und Initiator, insbesondere für die Berg- und Forstschule in Clausthal, sowie des Knappschaftswesens im Oberharz. Unter einer Bergknappschaft wird ein organisatorischer Zusammenschluss in einem Bergwerk oder in einem Revier verstanden, der die Arbeitnehmerinteressen vertritt. Zudem war eine neue Feuerordnung auf Alberts Wirken zurück zu führen. Gemeinsam mit Berghauptmann von Reden beauftragte er den Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell, eine neue Fahrkunst zu bauen und im Spiegelthaler-Richtschacht zu erproben. Diese Bergbau-Innovation basierte auf einem Modell des Kunstjungen Lichtenberg und wurde ein großer Erfolg, der den Bergbau revolutionierte und bald europaweit Furore machte.
In der Nacht vom 15. bis 16. September 1844 wurde Clausthal durch eine Feuersbrunst heimgesucht. Albert wirkte in dieser Nacht persönlich bei der Bekämpfung des Feuers mit und erlitt wegen Überanstrengung einen gesundheitlichen Zusammenbruch. 22 Monate später, am 4. Juli 1846 verstarb er. Die Beisetzungsfeier erfolgte unter Anteilnahme der Oberharzer Bevölkerung in einem Festumzug mit Fackelträgern und den Würdenträgern der Stadt. Etwa 500 Bergleute mit Grubenlichtern, darüber hinaus Wald- und Hüttenarbeiter mit Fackeln standen dabei Spalier.
Alberts Grabstätte auf dem Alten Friedhof in Clausthal wurde 1934 im Zuge der 100-Jahr-Feier zur Erfindung des Drahtseils zu einem kleinen Mausoleum umgestaltet. In Clausthal-Zellerfeld trägt die „Oberbergrat-Albert-Schule“ seinen Namen. Wilhelm August Julius Albert ging durch seine Leistungen und Erfindungen in die Technikgeschichte ein.
1822 gelang dem französischen Advokaten Joseph Nicéphore Niépce erstmals das Anfertigen einer lichtbeständigen Kupferstichkopie auf einer Glasplatte. J.N. Niépce gilt seitdem als Erfinder der Fotografie. 1826 nimmt er das älteste erhaltene Bild, Heliografie genannt, auf einer asphaltbeschichteten Zinnplatte auf, was eine Belichtungszeit von acht Stunden erforderlich machte. Erste praxistaugliche Verfahren wurden dann bis 1888 entwickelt und mit Fertigung der Kodak Nr.1 begann die Industrialisierung der Fotografie.
In diese Zeit fiel auch der Beginn der fotografischen Leidenschaft des Karl Blossfeldt. Geboren am 13. Juni 1865 in Schielo, besuchte er zunächst die Grund- und Realschule in Harzgerode. Seine Eltern waren einfache Leute, Vater August war Gemeindediener und bewirtschaftete zusammen mit seiner Frau einen kleinen Hof in Schielo. Von klein an hatte Karl einen engen Kontakt zur Natur, und wenn er nicht auf dem Hof helfen musste, so streifte er durch die Wälder und Wiesen des Unterharzes. Dieser unmittelbare Kontakt zur Natur, sein Interesse an ihr sowie seine Beobachtungen, können als Grundlage für sein späteres künstlerisches Schaffen angesehen werden. Zudem übernahm Karl schon als Kind die Leidenschaft zur Musik von seinem Vater, der Dorfkapellmeister war. 1869 wurde Karls Bruder Otto geboren. Nach Erwerb der mittleren Reife absolvierte Blossfeldt von 1881 - 83 eine Lehre als Bildhauer und Modelleur in der Anhaltischen Kunstgießerei Mägdesprung. Schon während seiner handwerklichen Ausbildung, die Grundlage für seinen weiteren Berufsweg war, nutzte er die Fototechnik für Vorlagen von Verzierungen.
Neunzehnjährig erhielt er ein Stipendium für ein Grundstudium an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums. Während seines Studiums von 1884 - 90 arbeitete er am Projekt seines Zeichenlehrers Prof. Moritz Meurer zur Herstellung von Unterrichtsmaterialien für ornamentale Gestaltung mit, was einen Aufenthalt in Rom beinhaltete. Es folgten weitere Exkursionen nach Italien, Griechenland und Nordafrika, den Fotoapparat hatte er dabei immer im Gepäck. Er legte Fotomappen mit Pflanzendarstellungen an, die zum Teil auch veröffentlicht wurden.
1898 begann Karl Blossfeldt seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule, an der er ein Jahr später Dozent im Lehrfach „Modellieren nach Pflanzen“ wurde. Karl Blossfeldt blieb seiner Leidenschaft, dem Fotografieren, immer treu. Mit selbstgebauten Plattenkameras fotografierte er „seine Pflanzen“. Die dabei eingesetzten Linsen und Vergrößerungsoptiken erlaubten Vergrößerungen vom 2- bis 45-fachen. Blossfeldt sah seine fotografische Leidenschaft nicht als Selbstzweck, er brachte sie als Unterrichtsmaterial in seine Lehrtätigkeit ein. Er erkannte, dass durch seine Vergrößerungen das Herausarbeiten von Pflanzendetails besser darzustellen war, als mit Original-Pflanzenpräparaten und setzte sie, an die Wand projiziert, als Vorlage für Zeichenübungen ein. Dabei veranschaulichte er Formen und Strukturen der Flora und wirkte damit auf die ornamentale Produktgestaltung ein.
Blossfeldt hatte es nicht leicht in Berlin, denn seine Ornamentik, begründet auf Jahrhunderte alten Traditionen, schien nicht mehr zeitgemäß. Diese Einstellung vertrat auch Blossfeldts Vorgesetzter Bruno Paul und versuchte Blossfeldt durch Schikanen loszuwerden: ohne Erfolg. Jedoch Zeiten ändern sich und damit auch der Kunstgeschmack. Insbesondere Gottfried Semper war in seiner Architektur zu den ursprünglichen floralen Gestaltungen zurückgekehrt und hatte damit den Nerv seiner Zeit getroffen.
Blossfeldt selbst sah sich nicht als professioneller Fotograf, wohl auch nicht als Künstler, sondern als Naturliebhaber und Lehrer. Bei seinen fotografischen Arbeiten ging er wissenschaftlichanalytisch vor, ihn interessierten die grafischen Details, deren Aufnahmen er lateinisch beschriftete und archivierte. Blossfeldt sah die Natur als „Lehrmeisterin“ für Kunst und Technik und ihn faszinierten deren künstlerisch-architektonische Strukturen. 1921 wurde Karl Blossfeldt zum Professor ernannt und lehrte ab 1924 an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst Berlin.
Selbstporträt von Karl Blossfeldt (1865 - 1932) im Harz
Foto: Karl Blossfeldt, 1895
von links: Winter-Schachtelhalm, Großer Schachtelhalm, Winter-Schachtelhalm; Fotos: Karl Blossfeldt
Rittersporn, Teil eines trocknenen Blattes
Foto: Karl Blossfeldt
Aesculus parviflora - Kleinblütige amerikanische Rosskastanie, Zweigspitzen
Sandkraur, Aufsicht auf ein Pflanzkissen
Foto: Karl Blossfeldt
Kürbis, Ranken
Foto: Karl Blossfeldt
Columbiablatt, Teil der Blattrippung
Foto: Karl Blossfeldt
Gartenmonbretie, Samenrispen
Foto: Karl Blossfeldt
Schwingelgras, Ähren
Foto: Karl Blossfeldt
Sonnenwolfsmilch, Trugdolde
Foto: Karl Blossfeldt
Frauenhaarfarn, junge eingerollte Blätter
Foto: Karl Blossfeldt
Überhängende Forsythie, Zweigspitze mit Knospen; Foto: Karl Blossfeldt
Büschelschön, Blütenwickel
Foto: Karl Blossfeldt
Der bekannte Berliner Galerist Karl Nierendorf stellte 1926 Fotoaufnahmen von Blossfeldt aus. Unter den Rezensenten befand sich auch Walter Benjamin, der Wirkung und Bedeutung seiner Fotografie sofort erkannte. 1928 erschien sein erstes Buch im Wasmuth Verlag Berlin unter dem Titel „Urformen der Kunst“, welches Blossfeldt fast über Nacht berühmt machte. Kurz vor seinem Tod 1932 erschien noch der Bildband „Wundergarten der Natur“. Professor Karl Blossfeldt, in Schielo im Harz geboren und aufgewachsen, gilt als der bedeutendste Pflanzenfotograf und als Pionier der „neuen Sachlichkeit“.
Karl Blossfeldt war zweimal verheiratet, jedoch blieben beide Ehen kinderlos. Er hatte seit 1895 seine Fotos, deren Negative sowie weitere Unterlagen im Privatbesitz archiviert. Nach seinem Tod kam sein Archiv in den Besitz seiner zweite Frau Helene. Diese überschrieb noch vor ihrem Tod im Jahr 1946 das gesamte Werk von Karl Blossfeldt dessen Neffen Friedrich Löchner, der mit der Tochter von Blossfeldts Bruder verheiratet war, mit der Bitte und Aufforderung sich um den Nachlass zu kümmern. Dieser Verpflichtung kamen Friedrich Löchner und seine Frau gern und mit Engagement nach. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts begannen sich Ann und Jürgen Wilde für Blossfeldts Werk zu interessieren. 1974 erwarben sie die Negative der Sammlung und begannen ein Archiv aufzubauen. Zudem kauften sie weitere Dokumente und Briefe von Karl Blossfeldt dazu. Mit den Beständen ihres Karl-Blossfeldt-Archives statteten Wildes Ausstellungen aus und nutzten sie für Veröffentlichungen. Im Jahr 2010 gründeten sie aus diesen Beständen eine Stiftung, die heute Bestandteil der Pinakothek in München ist.
Hermann Bruno Otto Blumenau wurde am 26. Dezember 1819 als sechstes Kind von Christiane Sophie und Carl Friedrich Blumenau in Hasselfelde geboren. Sein Vater war Forstbeamter in Herzoglich-Braunschweigischen Diensten. Wie es heißt, hatte Hermann als Nachkömmling bei seinem Vater keinen leichten Stand.
Blumenau galt schon in der Grundschule als äußerst begabter Schüler, was dazu führte, dass er später das Martino-Katharineum in Braunschweig besuchte. Jedoch musste er auf Anweisung seines Vaters vor dem Abitur das Gymnasium verlassen, um eine Apothekerlehre in Blankenburg beginnen, die er 1840 mit besten Zeugnissen in Erfurt abschloss. Wie damals üblich, ging Blumenau dann auf Wanderschaft und durchquerte Böhmen und Österreich.
Anschließend zog es ihn nach Erfurt, wo er in der Trommsdorff’schen Schwanen-Apotheke, damals Mittelpunkt pharmazeutischer und intellektueller Avantgarde, eine Anstellung fand. Dort begegnete er auch Alexander von Humboldt.
1844 erhielt Blumenau auch ohne Abitur die Möglichkeit, an der Universität Erlangen Chemie und Philosophie zu studieren. Bereits 1846 schloss er sein Studium mit einer Promotion ab. Während seiner Studien lernte er den Naturforscher Carl Friedrich Philipp von Martius kennen. Dieser hatte eine dreijährige Forschungsreise durch Brasilien absolviert und begann Blumenau für Brasilien zu interessieren. Durch von Martius und von Humboldt bekam er zudem Kontakt zum brasilianischen Generalkonsul. Dieser lud Blumenau zu einer 2-jährigen Studienreise nach Brasilien ein.
Dr. Hermann Blumenau 1861
Abbildung aus der Ausstellung in Hasselfelde
Foto: Heike Heindorf 2014
Schon während seines Studiums hatte er sich mit dem allgegenwärtigen aber brisanten Thema Auswanderung beschäftigt. Anfang 1846, kurz nach seiner Promotion und wenige Tage vor der ersten Reise nach Brasilien, erschien Blumenaus erste schriftliche Abhandlung „Deutsche Auswanderung und Kolonisation“ in einem Sammelband, aber ohne Namensangabe.
Deutsche Ansiedlungen im Staat Santa Catharina, Brasilien
Schautafel aus der Ausstellung in Hasselfelde
Foto: Heike Heindorf 2014
Die Mitte des 19. Jahrhunderts war in Deutschland wirtschaftlich sehr schwierig. Viele Deutsche verließen das Land, um ihr Glück in Amerika zu suchen. Auch Brasilien wurde ein beliebtes Ziel für deutsche Auswanderer. Aus diesem Grund beschloss 1848 die Gesellschaft zum Schutz der deutschen Auswanderer in Südbrasilien, mit Sitz in Hamburg, dort eine deutsche Kolonie zu gründen. Ort der Gründung sollte das brasilianische Bundesland Santa Catharina sein. Die Leitung dieses Projektes wurde Dr. Hermann Blumenau übertragen.
Hermann Blumenau philatelistisch gewürdigt
Schautafel Philatelie aus der Ausstellung in Hasselfelde
Foto: Heike Heindorf 2014
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