12. Skîrnisför.
Skirnirs Fahrt.

Inhaltsverzeichnis


Freyr, der Sohn Niörds, hatte sich einst auf Hlidskialf gesetzt und überschaute die Welten alle. Da sah er nach Jötunheim und sah eine schöne Jungfrau aus ihres Vaters Haus in ihre Frauenkammer gehen. Daraus erwuchs ihm große Gemüthskrankheit. Skirnir hieß Freys Diener. Niördr bat ihn, Freyr zum Reden zu bringen. Da sprach

Skadi. 23

1

Steh nun auf, Skirnir, ob du unsern Sohn
Magst zu reden vermögen
Und das zu erkunden, wem der kluge wohl
So bitterböse sei.

Skirnir.

2

Uebler Antwort verseh ich mich von euerm Sohne,
Wenn ich die Red an ihn richte
Um das zu erkunden, wem der kluge wohl
So bitterböse sei.

3

Sage mir, Freyr, volkwaltender Gott,
Was ich zu wißen wünsche:
Was weilst du allein im weiten Saal,
Herr, den heilen Tag?

Freyr.

4

Wie soll ich sagen dir jungem Gesellen
Der Seele großen Gram?
Die Alfenbestralerin leuchtet alle Tage,
Doch nicht zu meiner Liebeslust.

Skirnir.

5

Dein Gram mag so groß nicht sein,
Daß du ihn mir nicht sagen solltest.
Theilten wir doch die Tage der Jugend:
So mögen wir Zwei uns Zutraun schenken.

Freyr.

6

In Gymirs 37 Gärten sah ich gehen
Mir liebe Maid.
Ihre Arme leuchteten und Luft und Meer
Schimmerten von dem Scheine.

7

Mehr lieb ich die Maid als ein Jüngling mag
Im Lenz seines Lebens.
Von Asen und Alfen will es nicht Einer,
Daß wir beisammen seien.

Skirnir.

8

Gieb mir dein rasches Ross, das mich sicher
Durch die flackernde Flamme führt;
Gieb mir das Schwert, das von selbst sich schwingt
Gegen der Reifriesen Brut.

Freyr.

9

Nimm denn mein rasches Ross, das dich sicher
Durch die flackernde Flamme führt;
Nimm mein Schwert, das von selbst sich schwingt
In des Beherzten Hand.

Skirnir sprach zu dem Rosse:

10

Dunkel ists draußen: wohl dünkt es mich Zeit
Ueber feuchte Berge zu fahren.
Wir beide vollführens, fängt uns nicht beide
Jener kraftreiche Riese.

Skirnir fuhr gen Jötunheim zu Gymirs Wohnung. Da waren wüthige Hunde an die Thüre des hölzernen Zaunes gebunden, der Gerdas Saal umschloß. Er ritt dahin, wo der Viehhirt am Hügel saß und sprach zu ihm:

11

Sage mir, Hirt, der am Hügel sitzt
Und die Wege bewacht,
Wie mag ich schauen die schöne Maid
Vor Gymirs Grauhunden?

Der Hirt.

12

Bist du dem Tode nah oder todt bereits
(Mann auf der Mähre Rücken?),
Zu sprechen ungegönnt bleibt dir immerdar
Mit Gymirs göttlicher Tochter.

Skirnir.

13

Kühnheit steht beßer als Klagen ihm an,
Der da fertig ist zur Fahrt.
Bis auf Einen Tag ist mein Alter bestimmt
Und meines Lebens Länge.

Gerda.

14

Welch Getöse ertönen hör ich
Hier in unsern Hallen?
Die Erde bebt davon und alle Wohnungen
In Gymirsgard erzittern.

Die Magd.

15

Ein Mann ist hier außen von der Mähre gestiegen
Und läßt sie im Grase grasen.

Gerda.

16

Bitt ihn einzutreten in unsern Saal
Und den milden Meth zu trinken,
Obwohl mir ahnt, daß hier außen sei
Meines Bruders Mörder.

17

Wer ist es der Alfen oder Asensöhne,
Oder weisen Wanen?
Durch flackernde Flamme was fuhrst du allein
Unsre Säle zu schauen?

Skirnir.

18

Bin nicht von den Alfen noch den Asensöhnen,
Noch den weisen Wanen;
Durch flackernde Flamme doch fuhr ich allein
Eure Säle zu schauen.

19

Der Aepfel eilf hab ich allgolden,
Die will ich, Gerda, dir geben,
Deine Liebe zu kaufen, daß du Freyr bekennst,
Daß dir kein liebrer lebe.

Gerda.

20

Der Aepfel eilf nehm ich nicht an
Um eines Mannes Minne,
Noch mag ich und Freyr, dieweil wir athmen beide,
Je zusammen sein.

Skirnir.

21

Den Ring geb ich dir, der in der Glut lag
Mit Odhins jungem Erben.
Acht entträufeln ihm ebenschwere
In jeder neunten Nacht.

Gerda.

22

Den Ring verlang ich nicht, der in der Lohe lag
Mit Odhins jungem Erben.
In Gymisgard bedarf ich Goldes nicht:
Mir schont der Vater die Schätze.

Skirnir.

23

Siehst du, Mädchen, das Schwert, das scharfe, zaubernde,
Das ich halt in der Hand?
Das Haupt hau ich vom Hals dir ab,
So du dich ihm weigern willst.

Gerda.

24

Zu keiner Zeit werd ich Zwang erdulden
Um Mannesminne.
Wohl aber wähn ich, gewahrt dich Gymir,
Daß ihr Kühnen zum Kampfe kommt.

Skirnir.

25

Siehst du, Mädchen, das Schwert, das scharfe, zaubernde,
Das ich halt in der Hand?
Seine Schneide erschlägt den alten Riesen,
Fällt deinen Vater todt.

26

Mit der Zauberruthe zwingen werd ich dich,
Maid, zu meinem Willen.
Dahin wirst du kommen, wo Kinder der Menschen
Dich nicht mehr sollen sehen.

27

Auf des Aaren Felsen in der Frühe sollst du sitzen,
Weg von der Welt gewandt zu Hel.
Speise sei dir widriger als Wem auf Erden
Der menschenleide Midgardswurm.

28

Ein scheusliches Wunder wirst du draußen,
Daß Hrimnir dich angafft, dich Alles anstarrt.
Weitkunder wirst du als der Wächter der Götter:
Gaffe denn hervor am Gitter.

29

Einsamkeit und Abscheu, Zwang und Ungeduld
Mehren dir Trübsinn und Thränen.
Sitze nieder, so sag ich dir
Des Leides schwellenden Strom,
Den zweischneidigen Schmerz.

30

Riegel sollen dich ängsten all den Tag
Hier im Gehege der Joten.
Vor der Hrimthursen Hallen sollst du den heilen Tag
Dich krümmen kostberaubt,
Dich krümmen kostverzweifelt.
Leid für Lust wird dir zum Lohn,
Mit Thränen trägst du dein Unglück.

31

Mit dreiköpfigem Thursen theilst du das Leben
Oder alterst unvermählt.
Sehnsucht scheucht dich
Von Morgen zu Morgen;
Wie die Distel dorrst du, die sich gedrängt hat
In des Ofens Oeffnung.

32

Zum Hügel ging ich, ins tiefe Holz,
Zauberruthen zu finden:
Zauberruthen fand ich.

33

Gram ist dir Odhin, gram ist dir der Asenfürst,
Freyr verflucht dich.
Flieh, üble Maid, bevor dich vernichtet
Der Götter Zauberzorn.

34

Hört es, Joten, hört es, Hrimthursen,
Suttungs Söhne, 57 ihr Asen selber!
Wie ich verbiete, wie ich banne
Mannes Gesellschaft der Maid,
Mannes Gemeinschaft.

35

Hrimgrimnir heißt der Riese, der dich haben soll
Hinterm Todtenthor,
Wo verworfene Knechte in knotige Wurzeln
Dir Geißenharn gießen.
Anderer Trank wird dir nicht eingeschenkt,
Maid, nach deinem Willen,
Maid nach meinem Willen!

36

Ein Thurs (Th) schneid ich dir und drei Stäbe:
Ohnmacht, Unmuth, Ungeduld.
So schneid ich es ab wie ich es einschnitt,
Wenn es Noth thut so zu thun.

Gerda.

37

Heil sei dir vielmehr, Held, und nimm den Eiskelch
Firnen Methes voll.
Ahnte mir doch nie, daß ich einen würde
Vom Stamm der Wanen wählen.

Skirnir.

38

Meiner Werbung Erfolg wüst ich gesichert gern
Eh ich mich hinnen hebe.
Wann meinst du in Minne dem mannlichen Sohn
Des Niördr zu nahen?

Gerda.

39

Barri heißt, den wir beide wißen,
Stiller Wege Wald:
Nach neun Nächten will Niörds Sohne da
Gerda Freude gönnen.

Da ritt Skirnir heim. Freyr stand draußen, grüßte ihn und fragte nach der Zeitung:

40

Sage mir, Skirnir, eh du den Sattel abwirfst
Oder vorrückst den Fuß,
Was du ausgerichtet hast in Riesenheim
Nach meiner Meinung und deiner.

Skirnir.

41

Barri heißt, den wir beide wißen,
Stiller Wege Wald:
Nach neun Nächten will Niörds Sohne da
Gerda Freude gönnen.

Freyr.

42

Lang ist Eine Nacht, länger sind zweie:
Wie mag ich dreie dauern?
Oft daucht' ein Monat mich minder lang
Als eine halbe Nacht des Harrens.

13. Grôgaldr.
Groas Erweckung.

Inhaltsverzeichnis


1

Wache, Groa, erwache, gutes Weib,
Ich wecke dich am Todtenthor.
Gedenkt dir des nicht? Zu deinem Grab
Hast du den Sohn beschieden.

2

»Was bekümmert nun mein einziges Kind?
Welch Unheil ängstet dich,
Daß du die Mutter anrufst, die in der Erde ruht,
Menschliche Wohnungen längst verließ?«

3

Zu übelm Spiel beschiedst du mich, Arge:
Die mein Vater umfing
Lud an den Ort mich, den kein Lebender kennt,
Eine Frau hier zu finden.

4

»Lang ist die Wanderung, die Wege sind lang,
Lang ist der Menschen Verlangen.
Wenn es sich fügt, daß sich erfüllt dein Wunsch,
So lacht dir günstiges Glück.«

5

Heb ein Lied an, das heilsam ist,
Kräftige, Mutter, dein Kind.
Unterwegs fürcht ich den Untergang,
Allzujung eracht ich mich.

6

»So heb ich zuerst an ein heilkräftig Lied,
Das Rinda sang der Ran:
Hinter die Schultern wirf was du beschwerlich wähnst,
Dir selbst vertraue selber.

7

»Zum Andern sing ich dir, da du irren sollst
Auf weiten Wegen wonnelos:
Der Urd Riegel sollen dich allseits wahren,
Wo du Schändliches siehst.

8

»Zum Dritten sing ich dieß, wenn wo verderblich
Flutende Flüße brausen,
Der reißende, rauschende rinne dem Abgrund zu,
Vor dir versand er und schwinde.

9

»Dieß sing ich zum Vierten, so Feinde dir dräuend
Am Galgenweg begegnen,
Ihnen mangle der Muth, die Macht sei bei dir
Bis sie zum Frieden sich fügen.

10

»Dieß sing ich zum Fünften, so Feßeln sich dir
Um die Gelenke legen,
Lösende Glut gießt dir mein Lied um die Glieder,
Der Haft springt von der Hand,
Von den Füßen die Feßel.

11

»Dieß sing ich zum Sechsten, stürmt die See
Wilder als Menschen wißen,
Sturm und Flut faß in den Schlauch,
Daß sie frohe Fahrt gewähren.

12

»Dieß sing ich zum Siebenten, wenn dich schaurig umweht
Der Frost auf Felsenhöhen,
Kein Glied verletze dir der grimme Hauch,
Noch soll er die Sehnen dir straff ziehn.

13

»Dieß sing ich zum Achten, überfällt dich
Die Nacht auf neblichem Wege,
Nichts desto minder mag dir nicht schaden
Ein getauftes todtes Weib.

14

»Zum Neunten sing ich dir, wird dir Noth mit dem Joten,
Dem schwertgeschmückten, zu reden,
Wortes und Witzes sei im bewusten Herzen
Fülle dir und Ueberfluß.

15

»Nun fahre getrost der Gefahr entgegen,
Dich mag kein Hinderniss hemmen.
Ich stand auf dem Stein an der Schwelle des Grabs
Und ließ mein Lied dir erklingen.

16

»Nimm mit dir, Sohn, der Mutter Worte
Und behalte sie im Herzen:
Heils genug hast du immer
Dieweil mein Wort dir gedenkt.«

14. Fiölsvinnsmâl.
Das Lied von Fiölswidr.

Inhaltsverzeichnis


1

Vor der Veste sah er den Fremdling nahn,
Den Riesensitz ersteigen.

Wächter (Fiölswidr).

Welch Ungethüm ists, das vor dem Eingang steht,
Die Waberlohe umwandelnd?

2

Wes verlangt dich hier, was erlauerst du?
Was willst du, Freundloser, wißen?
Auf feuchten Wegen hebe dich weg von hier,
Hier ist deines Bleibens nicht, Bettler!

Fremdling.

3

Welch Ungethüm ists, das vor dem Eingang steht,
Und weigert dem Wanderer Gastrecht?
Gönnst du nicht Gruß und Wort, so bist du gar nichts werth:
Hebe dich heim von hinnen.

Fiölswidr.

4

Fiölswidr heiß ich und habe klugen Sinn,
Bin meines Mals nicht milde.
Zu diesen Mauern magst du nicht eingehn:
Rechtloser, hebe dich hinnen.

Fremdling.

5

Von Augenweide wendet sich ungern
Wer Liebes sucht und Süßes.
Die Gürtung scheint zu glühen um goldne Säle:
Hier möcht ich Frieden finden.

Fiölswidr.

6

Welcher Eltern Kind bist du, Knabe, geboren;
Welchem Stamm entstiegen?

Fremdling.

Windkaldr heiß ich, Warkaldr hieß mein Vater,
Des Vater war Fiölkaldr.

7

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wer schaltet hier das Reich besitzend
Mit Gut und milder Gabe?

Fiölswidr.

8

Menglada heißt sie, die Mutter zeugte sie
Mit Swafr, Thorins Sohne.
Die schaltet hier das Reich besitzend
Mit Gut und milder Gabe.

Windkaldr.

9

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt das Gitter? nie sahn bei den Göttern
So üble List die Leute.

Fiölswidr.

10

Thrymgialla (Donnerschall) heißt es, das haben drei
Söhne Solblindis gemacht.
Die Feßel faßt jeden Fahrenden,
Der es hinweg will heben.

Windkaldr.

11

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt die Gürtung? nie sahn bei den Göttern
So üble List die Leute.

Fiölswidr.

12

Gastropnir heißt sie, ich habe sie selber
Aus des Lehmriesen Gliedern erbaut
Und so stark gestützt, daß sie stehen wird
So lange Leute leben.

Windkaldr.

13

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißen die Hunde? ich hatte so grimmige
Lange nicht im Land gesehen.

Fiölswidr.

14

Gifr heißt einer und Geri der andre,
Weil dus zu wißen wünschest.
Eilf Wachten müßen sie wachen
Bis die Götter vergehen.

Windkaldr.

15

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Ob Einer der Menschen eingehn möge
Dieweil die schnaufenden schlafen.

Fiölswidr.

16

Abwechselnd zu schlafen war ihnen auferlegt
Seit sie hier Wächter wurden:
Einer schläft Tags, der Andre Nachts,
Und so mag Niemand hinein.

Windkaldr.

17

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Giebt es keine Kost, sie kirre zu machen
Und einzugehn weil sie eßen?

Fiölswidr.

18

Zwei Flügel siehst du an Windofnirs Seiten,
Weil dus zu wißen wünschest.
Das ist die Kost, sie kirre zu machen
Und einzugehn weil sie eßen.

Windkaldr.

19

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Baum, der die Zweige breitet
Ueber alle Lande?

Fiölswidr.

20

Mimameidr heißt er, Menschen wißen selten
Aus welcher Wurzel er wächst.
Niemand erfährt auch wie er zu fällen ist,
Da Schwert noch Feur ihm schadet.

Windkaldr.

21

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Welchen Nutzen bringt der weltkunde Baum,
Da Feur noch Schwert ihm schadet?

Fiölswidr.

22

Mit seinen Früchten soll man feuern,
Wenn Weiber nicht wollen gebären.
Aus ihnen geht dann was innen bliebe:
So wird er der Leute Lebensbaum.

Windkaldr.

23

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Hahn auf dem hohen Baum,
Der ganz von Golde glänzt?

Fiölswidr.

24

Widofnir heißt er, der im Winde leuchtet
Auf Mimameidis Zweigen.
Beschwerden schafft er, und schwerlich raubt
Den Schwarzen Wer sich zur Speise.

Windkaldr.

25

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Ist keine Waffe, die Widofnir möchte
Zu Hels Behausung senden?

Fiölswidr.

26

Häwatein heißt der Zweig, Loptr hat ihn gebrochen
Vor dem Todtenthor.
In eisernem Schrein birgt ihn Sinmara
Unter neun schweren Schlößern.

Windkaldr.

27

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Mag lebend kehren, der nach ihm verlangt
Und will die Ruthe rauben?

Fiölswidr.

28

Lebend mag kehren, der nach ihm verlangt
Und will die Ruthe rauben,
Wenn das er schenkt was Wenige besitzen,
Der Dise des leuchtenden Lehms.

Windkaldr.

29

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Giebts einen Hort, den man haben mag,
Der die fahle Vettel freut?

Fiölswidr.

30

Die blinkende Sichel birg im Gewand,
Die in Widofnirs Schweife sitzt,
Gieb sie Sinmara'n, so wird sie gerne
Die blutige Ruthe dir borgen.

Windkaldr.

31

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Saal, der umschlungen ist
Weise mit Waberlohe?

Fiölswidr.

32

Glut wird er genannt, der weisend sich dreht
Wie auf des Schwertes Spitze.
Vor dem seligen Hause soll man immerdar
Nur von Hörensagen hören.

Windkaldr.

33

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wer hat gebildet was vor der Brüstung ist
Unter den Asensöhnen?

Fiölswidr.

34

Uni und Iri, Bari und Ori,
Warr und Wegdrasil,
Dorri und Uri, Dellingr und Atwardr,
Lidskialfr, Loki.

Windkaldr.

35

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Berg, wo ich die Braut,
Die wunderschöne, schaue?

Fiölswidr.

36

Hyfiaberg heißt er, Heilung und Trost
Nun lange der Lahmen und Siechen.
Gesund ward jede, wie verjährt war das Uebel,
Die den steilen erstieg.

Windkaldr.

37

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißen die Mädchen, die vor Mengladas Knieen
Einig beisammen sitzen?

Fiölswidr.

38

Hlif heißt Eine, die Andere Hlifthursa,
Die dritte Dietwarta,
Biört und Blid, Blidur und Frid,
Eir und Oerboda.

Windkaldr.

39

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Schirmen sie Alle, die ihnen opfern,
Wenn sie des bedürfen?

Fiölswidr

40

Jeglichen Sommer, so ihnen geschlachtet
Wird an geweihtem Orte,
Welche Krankheit überkommt die Menschenkinder,
Jeden nehmen sie aus Nöthen.

Windkaldr.

41

Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Mag ein Mann wohl in Mengladas
Sanften Armen schlafen?

Fiölswidr.

42

Kein Mann mag in Mengladas
Sanften Armen schlafen,
Swipdagr allein: die sonnenglänzende
Ist ihm verlobt seit Langem.

Windkaldr.

43

Auf reiß die Thüre, schaff weiten Raum,
Hier magst du Swipdagr schauen.
Doch frage zuvor ob noch erfreut
Mengladen meine Minne.

Fiölswidr.

44

Höre, Menglada! ein Mann ist gekommen:
Geh und beschaue den Gast.
Die Hunde freuen sich, das Haus erschloß sich selbst,
Ich denke, Swipdagr sei's.

Menglada.

45

Glänzende Raben am hohen Galgen
Hacken dir die Augen aus,
Wenn du das lügst, daß der Verlangte endlich
Zu meiner Halle heimkehrt.

46

Von wannen kommst du? wo warst du bisher?
Wie hieß man dich daheim?
Nenne genau Namen und Geschlecht,
Bin ich als Braut dir verbunden.

Swipdagr.

47

Swipdagr heiß ich, Solbiart hieß mein Vater,
Her führten mich windkalte Wege.
Urdas Ausspruch ändert Niemand,
Ob er unverdient auch träfe.

Menglada.

48

Willkommen seist du, mein Wunsch erfüllt sich,
Den Gruß begleite der Kuss.
Unversehenes Schauen beseligt doppelt
Wo rechte Liebe verlangt.

49

Lange saß ich auf liebem Berge
Dich erharrend Tag um Tag;
Nun geschieht was ich hoffte, da du heimgekehrt bist,
Süßer Freund, in meinen Saal.

Swipdagr.

50

Sehnlich Verlangen hatt ich nach deiner Liebe
Und du nach meiner Minne.
Nun ist gewiss, wir beide werden
Miteinander ewig leben.