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Das Buch

In diesem Buch wird ein Marktsegment der Weltwirtschaft ins Visier genommen, das sich für unsere Gesellschaften als besonders explosiv herausstellt: der Handel mit Staaten, die den radikalen Islam nicht nur zur Staatsreligion erklärt haben, sondern ihn auch in alle Welt exportieren. Einige unserer milliardenschweren Geschäftspartner aus dem Nahen Osten finanzieren Extremisten und Terroristen, die nichts weniger im Sinn haben, als unsere Gesellschaftsordnung in die Luft zu jagen. Das Buch enthüllt den ökonomischen Rahmen für einen verhängnisvollen Mechanismus: Dank riesiger Milliardengeschäfte und Investitionen versetzen wir Einzelpersonen, Organisationen und sogar Staaten erst in die Lage, uns zu bekämpfen. Ihre Spenden für fundamentalistische Wohlfahrtsverbände gelangen schließlich auch an radikale Moscheevereine im Westen oder gar an terroristische Gruppen. Der Westen investiert in die Vermehrung seines Kapitals und kauft Gefahr: die Gefahr für das gesellschaftliche Gefüge unserer liberalen Gesellschaften. Und in Zeiten des Terrors Lebensgefahr für uns alle. Scharia-Kapitalismus steht für die vielen Spielarten dieses unheilvollen Geschäfts.

Der Autor

Sascha Adamek, geboren 1968, arbeitet seit zwanzig Jahren als Journalist und Filmemacher für die ARD, u.a. für die Politikmagazine »Kontraste« und »Monitor«, aktuell für die Redaktion »Investigatives und Hintergrund« des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Er ist Autor zahlreicher Fernsehdokumentationen – zum vorliegenden Thema zuletzt der Film Dschihad in den Köpfen. Adamek veröffentlichte den Spiegel-Bestseller Der gekaufte Staat (zusammen mit Kim Otto, 2008) und Die Atomlüge (2011).

Sascha Adamek

Scharia-Kapitalismus

Den Kampf gegen unsere Freiheit
finanzieren wir selbst

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Econ

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ISBN 978-3-8437-1648-2


© der deutschen Ausgabe

Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017

Lektorat: Annalisa Viviani, München

Umschlaggestaltung: FHCM Graphics, Berlin

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Für meine Lieben

Einführung

Wie wir den Kampf gegen unsere Freiheit
selbst finanzieren

Im Zentrum dieses Buches steht das Geld – Geld, das Ideologie, re­ligiösen Wahn, aber auch Waffen transportiert; Geld, das Menschen ermöglicht, zu den Waffen zu greifen; Geld, das nahöstliche und europäische Mäzene bereit sind auszugeben, um den Kampf gegen unsere Art zu leben zu führen. Den Kampf gegen eine Überzeugung, die uns über alle politischen und religiösen Unterschiede hinweg eint und die aussagt, dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist, unabhängig davon, ob jemand aus reicher oder armer Familie stammt, gleichen Glaubens, andersgläubig oder gar nicht gläubig ist, ob er hetero- oder homosexuell ist, ob er Schweinefleisch, Rindfleisch, Lammfleisch oder gar kein Fleisch isst. Und unabhängig von der Frage, ob er in der Öffentlichkeit zärtlich mit seiner ­Geliebten umgeht und seine Haut zeigt oder sie lieber bedeckt hält.

Für den Kapitalismus sind diese menschlichen Kategorien nur insoweit von Belang, als sie vermarktbar sind. Der Kapitalismus kennt keine Überzeugung, er ventiliert vor allem Geld. Geld um des Geldes und seiner Vermehrung willen. In diesem System ist es gleichgültig, was es mit diesem Geld auf sich hat. Allerdings haben sich über eineinhalb Jahrhunderte Kapitalismus sehr unterschied­liche Blickwinkel auf dieses Wirtschaftssystem entwickelt. Solange die real produzierende Wirtschaft die Welt beherrschte, war der ­sogenannte Manchester-Kapitalismus im Fadenkreuz der Kritik. Mit der globalen Machtübernahme der Finanzmärkte und dem Hochfrequenzhandel entstand der Begriff des »Kasino-Kapitalismus«. Zeitgenossen, die an die Möglichkeit eines für Mensch und Natur nachhaltigen Kapitalismus glauben, sprechen hingegen schon seit einigen Jahrzehnten vom »Öko-Kapitalismus«.

Dieses Buch entwickelt einen Blickwinkel auf ein Marktsegment der Weltwirtschaft, das sich für unsere Zivilgesellschaften als besonders explosiv herausstellt. Es geht um den Handel mit Staaten, die ganz oder teilweise Bestandteile der Scharia in ihr Strafgesetz eingeführt haben. Scharia beschreibt im Fall dieser Staaten die rein juristische Definition als Bündel von Normen, Vorschriften und Verboten, die aus dem Koran und den Überlieferungen des Propheten hergeleitet werden. Es geht um Staaten, die es nicht dabei belassen, ihre eigene Bevölkerung mit der Praxis der Scharia zu drangsalieren, sondern die durch millionenschwere Spenden von Privatpersonen sowie durch direkte staatliche Zuwendungen Gruppen fördern, die primär im Sinn haben, unsere demokratischen und aufgrund ihrer Multikulturalität verletzlichen Gesellschaften in die Luft zu jagen. Die Summe und die sehr differenzierten Spielarten dieser Handelsbeziehungen werden hier unter dem Begriff »Scharia-Kapitalismus« subsumiert.

Die meisten der mehr als vier Millionen Muslime in Deutschland leben seit Jahrzehnten ohne Rücksicht auf die strenge Auslegung der Scharia. Sie leben in Deutschland nicht nach der Scharia, sondern trotz der Scharia. Viele reformorientierte Muslime legen überdies der Scharia eine rein religiöse Deutung zugrunde. So bezeichnet der reformorientierte Münsteraner Islampädagoge Mouhanad Khorchide1 sie als theologisch definierten »Weg zu Gott«. Dagegen verstehen die Islamisten – von den Salafisten, den Wahhabiten über die Muslimbruderschaft bis hin zu ihren reichen Gönnern aus dem Nahen Osten – darunter ein strenges, für alle Muslime gültiges juristisches Gebilde, das sich aus dem Koran und den Überlieferungen ableitet und sämtliche Lebensbereiche des Menschen regelt.2

Gerade diese Unbestimmtheit des Scharia-Begriffs lädt zu dem Buch-Titel Scharia-Kapitalismus ein. Dieser Begriff beschreibt ­keinen wissenschaftlichen Umstand, schon gar keine Gesetz­mäßigkeit, sondern zeigt ein unmoralisches Geschäftsverhältnis auf. Seit Jahrzehnten ist ein gefährliches Pingpong-Spiel zwischen beiden »Welten« in Gang: Finanzströme aus dem Westen refinanzieren an vielen Stellen des Nahen Ostens Einzelpersonen, Orga­nisationen und sogar Staaten, die dann wiederum als Gönner und Sponsoren fundamentalistischer Verbände und Moscheevereine im Westen – oder gar terroristischer Gruppen –dienen. In einem vertraulichen Bericht von Bundesnachrichtendienst und Bun­desamt für Verfassungsschutz heißt es, »Missionierungsorgani­satio­nen« aus Katar, Saudi-Arabien und Kuwait verfolgten »eine langfristige Strategie der Einflussnahme«.3 Die »salafistische Missionierung« durch ­Finanzierung von Moscheevereinen und Koranschulen gehöre für die genannten Golfstaaten »zum religiösen und politischen Selbstverständnis«. Der Export ihrer rückwärtsgewandten Auslegung des Islam zielt sogar auf die jüngsten deutschen Staatsbürger mit Migrationshintergrund: So besuchen Woche für Woche Tausende Kinder aus dem Ausland finanzierte Koranschulen, die nicht reformorientiert sind, sondern einer mittelalterlichen Auslegung des Koran anhängen. Was dort gelehrt wird, entscheiden Geldgeber, die Tausende Kilometer von Deutschland entfernt residieren.

Die Verwendung des Scharia-Begriffs im Titel des Buches soll zudem auf die Doppelbödigkeit unserer Handelsbeziehungen mit islamistischen Staaten verweisen. Denn einige rechtliche Normen der Scharia könnten sogar einen positiven Effekt entfalten, weil sie viele schädliche Auswüchse der kapitalistischen Marktwirtschaft, wie die Zinsspekulation oder den Handel mit Waffen oder Drogen, verbieten. Das Buch schildert allerdings, dass islamische Kapitalisten auch nicht religionstreuer und frommer handeln, als es zum Beispiel die Vatikanbank tat, die über Jahrzehnte in Korruption, Geldwäsche und Waffenhandel mit brutalen Diktatoren in Südamerika und anderswo verwickelt war und damit die Friedensbotschaft der Bergpredigt mit Füßen trat. Während sich die vermögenden Familien in den Golfstaaten einen höchst feudalen Lebensstil erlauben, werden ihre Arbeitnehmer zuweilen wie Leibeigene behandelt.

58 Milliarden – Handel mit harten Scharia-Staaten

Die Beschäftigung mit diesem speziellen Markt ist vor allem wegen seiner enormen Dynamik angezeigt: Analysiert man allein die Außenhandelsbilanzen Deutschlands, so stellt man fest, dass Banken, Konzerne und der Staat mit Staaten, deren Rechtssystem über­wiegend auf der Scharia beruht, Handel im Umfang von gut 58 Milliarden Euro (2016) betreiben – das entspricht immerhin weit mehr als einem Drittel des Handelsvolumens mit unserem wichtigsten Verbündeten USA. Staaten, in denen zum Teil Frauen und Männer öffentlich ausgepeitscht werden, in denen auch Vergewaltigungsopfer wegen Unzucht ausgepeitscht werden, in denen der Abfall von der Religion ebenfalls mit Peitschenhieben bestraft wird, Länder, in denen Dieben Fingerglieder oder Gliedmaßen amputiert werden, haben es dennoch geschafft, privilegierte Handelspartner der ­Exportnation Deutschland zu werden. Andere beschränken die ­Anwendung der Scharia auf das Familienrecht, was vor allem für Frauen in diesen Ländern zu anhaltenden Menschenrechtsverletzungen führt. Zu unseren Handelsbeziehungen kommen wirtschaftliche Verflechtungen: Großkonzerne und Banken in der EU und der Schweiz, die auch dank islamischer Investoren dem globalen Wettbewerb standhalten, darunter Air Berlin4 (Vereinigte Arabische Emirate VAE 29,22 Prozent) über die Credit Suisse (Katar 17,74 Prozent),5 von Daimler (Kuwait 6,8 Prozent),6 der Deutschen Bank (Katar 6,1 Prozent)7 bis Volkswagen (Katar 14,6 Prozent),8 sind Investoren aus islamischen Staaten mit nennenswerten Shareholder-Anteilen vertreten. Die Engagements sind vielfältig und nicht selten feudal anmutend: In der Schweiz investiert ein kata­rischer Großinvestor 485 Millionen Franken in den Bau des mondänen Hotelresorts Bürgenstock am Vierwaldstätter See.9 Gern kaufen sich die Investoren aus dem Nahen Osten auch in Luxusmarken wie Louis Vuitton10, den Edeljuwelier Tiffany’s oder das Londoner Kaufhaus Harrods ein.11 Allein die Auslandsbeteiligungen des kleinen Emirats Katar schätzt der Internationale Währungsfonds auf 136 Milliarden Dollar.

Wirtschaftliche Abhängigkeiten beherrschen nicht nur Indus­trie und Handel, sondern auch die Freizeitbranche: Welches Paar denkt bei der Buchung eines Urlaubs auf den Malediven, in Bali oder in Dubai daran, dass der öffentliche Austausch von Zärtlichkeiten bei einem romantischen Strandspaziergang für ein einheimisches Liebespaar drakonische Strafen nach sich ziehen könnte, oder dass sich eine allein reisende Ehefrau in diesen Ländern nach den dortigen Maßstäben sogar strafwürdig verhielte? Wer denkt nach der Aufhebung des Iran-Embargos an die Unterstützung dieses Staates für die blutigen Hizbullah-Milizen und ihr weltweites Geldwäschesystem? Und wer bei der Lieferung von Waffen an und dem Kauf von Öl aus Saudi-Arabien an Dutzende brutale Exeku­tionen, die dieser Staat im Jahr durchführt? Und die Muslimbrüder sind es, die islamische Zentren in Westeuropa tatkräftig unterstützen. Ebenso Saudi-Arabien und diverse Scheichs aus den Golfstaaten sowie die Islamische Republik Iran, die soeben wieder in den Kreis der bevorzugten Handelspartner aufgestiegen ist.

Nun könnten Kritiker einwenden, dass sich die Politik des Wandels durch Handel durchaus in der Geschichte bewährt habe. Auch dieser These geht dieses Buch nach. Allerdings dürften Zweifel ­angebracht sein, ob westliche Regierungen in Zeiten der Ost-West-Konfrontation zugelassen hätten, dass Staatskonzerne aus dem sowjetischen Machtbereich Großaktionäre westlicher Banken und Konzerne geworden wären. Denn bei aller Diplomatie: Solche ­Investments bringen stets – in der Globalisierung ja auch gewollte – volkswirtschaftliche Abhängigkeiten mit sich. Wirtschaftliche Abhängigkeit aber ist hier gepaart mit dem Einfluss autoritärer ­islamistischer Regime auf die politische Landschaft in Europa und den USA. Den Kampf gegen unsere Freiheit finanzieren wir selbst.