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1. Auflage 2019
© Verlag Fischer & Gann, Munderfing 2019
Umschlaggestaltung | Layout, Satz, Illustrationen: Gesine Beran, Turin
Umschlagmotiv: © shutterstock | Eric Isselee
eBook Gesamtherstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.
Printed in Germany
ISBN 978-3-903072-78-7 | ISBN E-BOOK 978-3-903072-79-4
www.fischerundgann.com
VORWORT
GRUNDSÄTZLICHES
INTRO
VORSPIEL: EIN STREIFZUG DURCH DEN GARTEN EDEN
LET'S TALK ABOUT SEX
Good old times: Die Welt, aus der wir kommen
Born to … äh, was?!
Strange Days – Die Welt, in der wir heute leben
SEX: FIKTIONEN UND FAKTEN
Sex hält schlank, fit und schön!
Sex stählt den Körper!
Sex versus Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs …
Sex macht schlau!
Sex verbessert unsere Beziehung(en)
Sex macht reich!
Sex tut gut.
Die Sache mit der Treue
Heiliger Gral und Nixenstaub
Zum Kontrast: Das Paarungsverhalten der geschlechtsreifen Deutschen im beginnenden 21. Jahrhundert
Wie wir Deutschen über Sex sprechen
WAS GENAU IST EIGENTLICH »GUTER« SEX?
Sechs Zutaten für »richtig guten Sex«
1: Freiheit und Selbstbestimmtheit
Übung: Wünsch‘ dich frei.
2: Aufrichtigkeit und Vertrauen
Übung: Schaut euch an!
3: Spiel- und Entdeckungsfreude
Übung: Mach dich locker!
4: Ein gesundes Körperbewusstsein
Übung: Freundschaft schließen! Teil 1
5: Ein gesundes Selbstbewusstsein
Übung: Freundschaft schließen! Teil 2
6: Lust an der Lust
Übung: Zeige deine Lust!
Auf den Punkt:
LIEBT EUCH ÖFTER! LIEBT EUCH BESSER!
DAS GRÖSSERE BILD
SECHS WÜNSCHE UND EINE EINLADUNG
AFTERGLOW
EXTRO
DANKSAGUNG
QUELLEN
Im Namen des Eros,
»des schönsten unter
den unsterblichen Göttern«.1
DER ERSTE VERSUCH, EIN VORWORT zu schreiben, endete in der Erkenntnis, dass ich erst mal für guten Sex sorgen muss! Das ist bei dem Untertitel „Macht zu wenig Sex uns hässlich, dumm und krank?“ allerdings auch kein Wunder. Im besten Fall reicht diese Zeile auch schon aus, um die zukünftigen Lesenden zum Handeln zu bringen. Bei mir hat es jedenfalls funktioniert und mein Mann war zum Glück in der Nähe. Jetzt geht das Schreiben gleich viel leichter von der Hand.
Dieses Buch erinnert mich an einen Gedanken, den ich schon vor vielen Jahren im Anschluss an eine erfüllende sexuelle Begegnung hatte. Ich wohnte zu der Zeit in einer WG und im Nebenraum lief das Radio oder der Fernseher. Nachdem mein damaliger Partner und ich zufrieden schweigend nebeneinanderlagen, drangen die Nachrichten zu uns herüber. Damals brach gerade der zweite Kuwait-Krieg aus und ich fragte mich zum ersten Mal, ob erfüllender Sex derartige Eskalationen verhindern kann. Ja, ich gebe zu, der Gedanke ist naiv, aber er fühlte sich zutiefst richtig und wahr an.
VOLKER SCHMIDT scheint von demselben Gedanken infiziert zu sein. Auch er sieht in der Sexualität mehr als nur eine Nebensache, selbst wenn es die schönste Nebensache der Welt ist. In diesem Buch wird deutlich, dass unser Umgang mit unserer Sexualität massive Auswirkungen auf unsere Gesundheit, Lebensfreude, Intelligenz, Attraktivität und unseren sozialen Umgang miteinander hat. Sie ist also definitiv eine Hauptsache.
Es gibt in diesem Buch nicht nur Fakten aus der Forschung, die die Wichtigkeit der Sexualität deutlich machen, sondern du findest darin auch noch Zutaten und praxisnahe Übungen für richtig guten Sex.
In meiner Ausbildung zur Paartherapeutin habe ich gelernt, dass nicht wir den Klienten erklären müssen, warum sie eine Beratung brauchen, sondern die Klienten sollten im Vorgespräch erklären, warum sie denken, dass sie eine Beratung brauchen. Diese Haltung möchte ich jetzt wieder einnehmen und das Vorwort mit der Frage abschließen: Warum solltest du dieses Buch lesen? Deine Antwort ist sicher ebenso individuell und intim wie die eigene Sexualität, deshalb wünsche ich dir, dass du eine gute Antwort findest und dann dieses Buch voller Lust und Freude liest.
Mir bleibt nur noch hinzuzufügen, dass ich es dir in jedem Fall empfehlen kann.
MANUELA KOMOREK ist Systemische Paartherapeutin
(iska-berlin), Businesscoach (IHK) und HP für Psychotherapie.
Sie möchte mit ihrer Arbeit zum wertschätzenden Dialog
zwischen den Menschen in Beziehungen anstiften.
Dabei ist die Sexualität die intensivste und persönlichste Form
der Begegnung und als Ursache allen menschlichen Lebens
sicher ein Schlüssel.
VIELLEICHT LÄSST DER TITEL ES BEREITS erahnen: Dieses Buch ist ein Füllhorn an Einladungen, unsere eigene Sexualität noch einmal von Grund auf neu zu überdenken. Es ist eine Einladung zur gemeinsamen Erschaffung einer neuen, positiven und bejahenden Sexualkultur in unserem Land. Und vielleicht darüber hinaus.
Ja, es stimmt: Dieses Buch ist gleichermaßen Einladung und Aufruf, es uns häufiger miteinander »schön« zu machen. Dies allerdings nur an zweiter Stelle. Erstrangig ist es Einladung und Aufruf, unsere eigene Sinnlichkeit und Sexualität aktiv und bewusst zu erleben und zu gestalten. Es ist keine Einladung zu wahlloser Promiskuität, sondern eine Einladung zu Selbstbestimmtheit und Selbstbewusstheit im Umgang mit dem eigenen Sexualleben.
Dies ist die einzige Stelle im Buch, an der das Thema »Verhütung« zur Sprache kommt. Sex ist eine wunderbare Erfindung der Natur. Doch wie wir wissen, werden einige hässliche Krankheiten über unsere Schleimhäute übertragen. Kondome schützen vor ungewollten Schwangerschaften, vor manchen üblen Infektionen jedoch nur sehr bedingt. Jeder Schleimhautkontakt kann ansteckend sein. Wenn du nicht genau weißt, mit wem du es zu tun hast, tu‘ nichts, was dir oder anderen Menschen das Leben versauen könnte!
Umso bedeutsamer ist es, sehr genau zu wählen, mit wem wir diese zugleich zarte und wilde, nährende und gefährliche Nähe teilen. Und umso bedeutsamer ist es, dass wir miteinander sprechen, bevor wir anfangen, uns auszuziehen. Nicht einfach über irgendwas, sondern über die Dinge, die wirklich relevant sind.
Vielleicht kann dieses Buch einen kleinen Beitrag an Themen und/oder Vokabeln dazu beitragen.
Das wäre schön.
»Sexuelle Gesundheit ist untrennbar mit Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden.
Sie ist ein Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen.
Sexuelle Gesundheit setzt eine positive und respektvolle Haltung zu Sexualität und sexuellen Beziehungen voraus sowie die Möglichkeit, angenehme und sichere sexuelle Erfahrungen zu machen, und zwar frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt. Sexuelle Gesundheit lässt sich nur erlangen und erhalten, wenn die sexuellen Rechte aller Menschen geachtet, geschützt und erfüllt werden.
Es bleibt noch viel zu tun um sicherzustellen, dass Gesundheitspolitik und -praxis dies anerkennen und widerspiegeln.«
WHO ( Weltgesundheitsorganisation)2
»Sex ist das der Glückseligkeit Verwandteste, dessen
die meisten von uns teilhaftig werden.
Gut möglich, dass es sich dabei nur um einen Trick
der Natur handelt, die so für die Weitervererbung der DNS sorgt.
Aber wenn Sex ein Trick ist,
dann ist es ein verdammt guter Trick.«3
FÜR VIELE VON UNS IST DAS THEMA »SEX« ein heißes Eisen. Zumindest ist es (noch) kein Thema, über das man einfach so spricht. Manchen ist über Jahre vermittelt worden, Sex, ihre Geschlechtsorgane und ihre unverschämten Gedanken wären etwas Schmutziges, Unanständiges. Anderen wurde suggeriert, ihre Art der Sexualität sei wider den Willen Gottes, Allahs oder ihres (auffälligerweise zumeist männlichen) Bodenpersonals. Beim Thema »Sex« fühlen sich viele von uns irgendwie auf eine unangenehme Art und Weise nackt.
Wir beginnen unsere gemeinsame Reise daher, bevor wir uns unserer eigenen Art zuwenden, mit einem frommen und sittsamen Streifzug durch die wilden Weiten in Gottes heiligem Garten. Es gibt hier nämlich weitaus mehr zu sehen, als unsere rechtschaffenen Biologie- und Religionslehrer*innen uns damals erzählt haben.
Obgleich sich die meisten Tierarten auf mehr oder weniger zwei Geschlechter geeinigt haben, gibt es darüber, wie man die Sache mit dem Sex am allerbesten handhabt, unter den vielzelligen Tieren ein paar sehr unterschiedliche Auffassungen.
Dass weibliche Spinnen und Gottesanbeterinnen nach vollzogenem Geschlechtsakt gerne ihren frisch geweckten Appetit an den möglicherweise kurzzeitig unaufmerksam grinsenden Männchen stillen, ist weitgehend bekannt.4 Es gibt allerdings noch andere nahe und ferne Verwandte von uns, die in Sachen Paarung einige sehr interessante Strategien und Spielarten entwickelt haben. Vielleicht können diese Beispiele unser Verständnis dessen, was »natürlich«, »gottgewollt« oder »richtig« ist, ein kleines bisschen erweitern.
Wir beginnen unsere Reise unten, ganz unten.
Abgesehen von einigen fruchtbaren Oasen aus verrottenden Walkadavern, Seegurken und vereinzelten Kolonien aus Muscheln oder Krebsen ist die Tiefsee ein verhältnismäßig leerer Raum.
Tiefseeanglerfischmännchen verbeißen sich daher so fest in »ihr« Weibchen (was hier bedeutet: das erste, das ihnen nach Erreichen der Geschlechtsreife irgendwann schließlich über den Weg schwimmt!), dass sie es niemals wieder loslassen. Der Körper des Männchens verwächst mit dem des Weibchens. Seine inneren Organe bilden sich zurück, bis fast nur noch die Hoden von ihm übrig bleiben.5 Eingedenk der Tatsache, dass ein derart einseitig ausgelegtes Beziehungsverständnis des Männchens für das Weibchen voraussichtlich wenig Befriedigung erzeugt, wundert es nicht, dass so manche Holde sich durchaus mehrere »Liebhaber« hält.
Das Papierboot-Männchen, ebenfalls ein opferbereiter Liebhaber, diesmal aus der Familie der Kopffüßer, geht nicht ganz so weit. Das muss er auch nicht, denn der gute Herr beherrscht einen in der Natur einzigartigen Trick: Er wirft seinen »Penis« (genau genommen, seinen Begattungsarm mit dem klangvollen Namen »Hectocotylus«) ins Meer aus, wo dieser offenbar aktiv die Duftspur eines attraktiven und überdies fruchtbaren Weibchens aufnimmt und ihm selbstständig (!) folgt, bis er die am Kopf befindliche Befruchtungshöhle der Auserwählten erreicht.6
Die Weibchen dieser Art sind nach einem einzigen dickshot im Übrigen häufig nicht lange satt und öffnen sich bereitwillig anderen samenstrotzenden Fleischtorpedos. GEORGES CUVIER, der große Zoologe, hielt, als er diese Art als Erster beschrieb, die Papierboot-Penisse im Inneren des Weibchens für wurmartige Parasiten. Man könnte argumentieren: Genau das Gegenteil sei der Fall. Sie nehmen nichts, sondern bringen Geschenke dar.
Weinbergschneck*innen (sie sind Hermaphroditen) sammeln auf ihrer Begattungstour das Sperma verschiedener anderer paarungswilliger Weinbergschnecken ein. Erst wenn er/sie/es der Meinung ist, die evolutionär hierfür angelegte Samentasche sei nun gut genug gefüllt, lässt Herr/Frau Schneck den Spermiencocktail gut verrührt auf seine/ihre Eizellen los.7
Während dieser Sperma-Ernte treiben sie einander spitze Dornen in den Leib, die offenbar der gegenseitigen Stimulation dienen, denn dadurch nimmt das Empfängertier deutlich mehr Sperma in sich auf. Schnecken mögen es offenbar gerne etwas robuster. Das bedeutet jedoch nicht, dass er/sie/es es eilig hätte.
Das Vorspiel zwischen zwei Weinbergschnecken kann bis zu zwanzig Stunden dauern. Erst danach kommt der sogenannte »Liebespfeil« zum Einsatz. Auch nach dem Austausch ihrer Samengaben bleiben die Schnecken oft noch lange beieinander liegen, bis die Spermapakete ganz im eigenen sowie im Körper des Partners aufgenommen worden sind. Dies kann durchaus seine Zeit brauchen, denn die Spermapäckchen sind mehrere Zentimeter lang.8
Der Lustdorn der Weinbergschnecken ist allerdings nur für den einmaligen Gebrauch konzipiert. Er bricht beim Liebesspiel ab, und es kann eine ganze Weile dauern, bis sein oder ihr special feature wieder nachgewachsen ist. Schnecken ohne Dorn paaren sich selbstverständlich weiterhin. Ihr Los im Vermehrungscocktail ist bei diesen Paarungen jedoch ein kleineres.
Der Liebestanz der Weinbergschnecken überzeugt durch Hingabe und Anmut. Zu wahrer Meisterschaft in diesen beiden Disziplinen jedoch treibt es alljährlich ein entfernter Verwandter der Schneckchen, mit denen dieser nicht selten sogar das Habitat teilt.
Der Tigerschnegel, ein wild gemusterter Freund jeden Gärtners, ist ein berüchtigter Jäger und Nesträuber. Besonders gerne frisst er offenbar die Gelege der auf grünes Pflanzenmaterial spezialisierten Wegschnecken.
Wenn dieses Raubtier einen paarungsbereiten Artgenossen aufgrund seiner Schleimspur wittert, verfolgt es diese und anschließend den auserwählten Partner nicht selten stundenlang, bis gemeinsam ein Platz gefunden wird, der für den nächsten Schritt des Liebesspiels geeignet scheint. Ich zitiere Wikipedia: »Die Tiere bewegen sich unter gegenseitigem Belecken der Schwanzspitze zunächst weiter im Kreis. Dabei wird viel Schleim abgesondert, der einen runden Fleck auf dem Untergrund bildet. Die Tiere verkürzen sich und werden dicker. Dabei ist der Vorderkörper spindelförmig angeschwollen.
Die Vorderkörper biegen sich nach rechts und nach links. Am Ende dieses Teils des Vorspiels wird der Kreis enger, die Tiere legen jeweils den Kopf auf den Rücken des Partners. Zwar klafft die Genitalöffnung bereits, von den Genitalien selber ist jedoch noch nichts zu sehen.
Danach beginnen sich die beiden Partner stürmisch zu umschlingen. Sie schlagen heftig mit den Vorderkörpern umher, belecken oder benagen sich gegenseitig und spreizen die Mantelschilde. Während dieser heftigen Bewegungen scheiden die Tiere mit ihrer Schleimdrüse jeweils einen 1½ mm dicken, rötlich-gelben Schleimfaden aus. Nach weiteren heftigen Bewegungen und weiterer Schleimbildung lösen sich die beiden Partner von der Unterlage und hängen kopfüber am gebildeten Schleimfaden, der durch die heftigen Umschlingbewegungen immer stärker verdreht wird und rasch länger wird.«9
Romantischer hätte ich es nicht beschreiben können.
Aber es geht noch weiter: »Hat der Schleimfaden seine maximale Länge erreicht, hören die Bewegungen auf und die Tiere strecken sich, aber in sich verschlungen und mit fast in die Waagrechte gehobenen Köpfen. Erst danach erscheinen in den Genitalöffnungen die schlauchartigen, bis etwa vier Zentimeter langen und etwa vier Millimeter dicken Penisse (im Plural korrekt: Penes), die durch die Hämolymphe bläulich-weiß gefärbt sind. Die Kämme sind bereits als gewellte Säume zu sehen. Die Penes beginnen nun sich zu suchen. Dazu werden die Köpfe etwas abgesenkt.«
Und auch das ist noch längst nicht das Ende dessen, was ein Tigerschnegelpärchen im Garten hinter unserem Haus für einen gelungenen romantischen Abend hält. Ich kann die Lektüre dieses hoch spannenden Artikels über einen in mehrerlei Hinsicht respektablen Bewohner unserer Gärten nur wärmstens empfehlen.
Dies und die Daten über den Sex der Deutschen vor Augen (siehe unten!), könnte an dieser Stelle ein Mensch mit böser Zunge behaupten, der beste Sex in Deutschland fände im Freien hinter unseren Häusern statt. Jedoch ohne unsere Anwesenheit.
Du magst es direkt und gerne etwas derber? Genauso läuft's unter Bettwanzen. So etwas wie ein präkoitaler Flirt wurde bei ihnen bislang noch nie beobachtet. Stattdessen schleicht sich das Männchen von schräg hinten an das Weibchen heran, zückt seinen zu einem spitzen Bohrer geformten Penis und rammt ihn dem Weibchen mit Kawumm in den Leib. Das bedeutet: Irgendwo in den Leib! Rücken, Bauch oder Kopf, das ist für das Männchen alles eins. Hauptsache rein das Ding in die Braut und diese dann, viel hilft viel, kräftig vollpumpen mit allem, was geht!
Das männliche Wanzensperma wandert dann durch die flüssigkeitsgefüllte Leibeshöhle bis an den Ort seiner Bestimmung. Auf dem Weg dorthin behandelt der Körper des Weibchens die männlichen Spermien wie feindliche Bakterien und löscht sie aus, wo immer es geht. Diese Armada des weiblichen Immunsystems überwindet die Bettwanze durch die schiere Menge ihrer Besamung. Hätte das Tier die Größe und das Gewicht eines erwachsenen Menschenmannes, so entspräche dies einem Erguss von 30 Litern »feinster Sahne«. Nicht selten kommt es vor, dass ein Weibchen von derart vielen Männchen nacheinander brutal besamt wird, dass es schließlich an seinen Begattungswunden stirbt.10
Da wir gerade über sexuelle Unfreiwilligkeiten sprechen: Enten gehören zu den wenigen Vogelarten, deren Männchen über einen äußeren Penis verfügen. Und was für einen! Ein Männchen der Gattung der Argentinischen Ruderente kam auf ein stolzes Einsatzmaß von 42,5 cm. Das war länger als der gute Herr Erpel selbst.11
Wer Enten aufmerksam bei der Balz beobachtet, wird Zeuge eines interessanten und für manch zarte Seele erschreckenden Schauspiels: Eine Gruppe von Männchen schwimmt gemeinsam auf ein Weibchen zu und bedrängt es von allen Seiten. Das arme Entlein, das keine Chance hat zu fliehen, wird nacheinander von den Erpeln rangenommen und besamt.
Was jedoch edlen Moralisten schnell als Vorgang einer Gruppenvergewaltigung erscheint, ist möglicherweise für die Dame gar nicht so unangenehm. Diese nämlich ist sehr wohl in der Lage, das Eindringen der Erpelpenisse zu unterbinden. Die Penes der Erpel sind spiralförmig gebogen. Eine Penetration kann also nur dann stattfinden, wenn die Vagina des Weibchens entspannt ist und im Inneren eine entsprechende Spiralwindung aufweist. Presst die Dame ihren Beckenboden zusammen, ist in diesen kein Eindringen mehr möglich. Es könnte also durchaus sein, dass Frau Ente die Überdosis rabiater Männlichkeit schwer zu schätzen weiß.12
Ganz anders dagegen geht es bei den Indischen Stabschrecken zu. Die überwiegende Mehrheit von ihnen ist weiblich. Das hält sie jedoch nicht davon ab, mit sich selbst Nachkommen zu zeugen. In diesen Kreisen ist die Jungfrauengeburt also eine ziemlich gewöhnliche Sache.13 Kommt es allerdings doch einmal zwischen einem Weibchen und einem der wenigen Männchen zum Akt, so lässt sich der Herr bemerkenswert viel Zeit. Bis zu zehn Stunden kann das Begattungsspiel angeblich andauern. Wobei dies im australischen Busch vermutlich niemanden beeindrucken würde. Manche Beuteltiermännchen haben so lange und unermüdlich mit so vielen unterschiedlichen Partnerinnen nacheinander Sex, dass die Prozedur sie letzten Endes umbringt.14