Bücher von Harry Eilenstein
Astrologie
Magie
Meditation
Kabbala
Religion allgemein
Ägypten
Indogermanen
Germanen
Kelten
Psychologie
Kunst
Drama
Kontakt: www.HarryEilenstein.de / Harry.Eilenstein@web.de
Impressum: Copyright: 2011 by Harry Eilenstein – Alle Rechte, insbesondere auch das der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors und des Verlages (nicht als Fotokopie, Mikrofilm, auf elektronischen Datenträgern oder im Internet) reproduziert, übersetzt, gespeichert oder verbreitet werden.
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783748135081
Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“
Die Göttin Huldar ist eine der wenigen germanischen Göttinnen, die von der Römerzeit („Hludana“) über die Wikingerzeit („Huldar“) bis in die heutige Zeit („Frau Holle“) bekannt ist.
Auch wenn es im Detail viele Unterschiede in den Überlieferungen aus den verschiedenen Zeiten gibt, so sind ihre grundlegenden Eigenschaften doch immer gleich geblieben.
Der Name „Hulda“ stammt von der altnordischen Wortwurzel „huld“ für „verborgen“.
Von dieser Wurzel leitet sich drei Worte ab:
Mit „hulda“ wurden drei zusammengesetzte Worte gebildet:
Die Grundbedeutung von „huld“ ist in allen diesen Worten und Wortkombinationen das „nicht sichtbar sein“.
Das zusammengesetzte Verb „bregda-hjálmi“ und vor allem das Substantiv „hulda-höttr“ könnte sich auf die „Tarnkappe“ des Zwerges Alberich in der Sigurd-Sage beziehen. Das dort in der Regel mit „Kappe“ übersetzte Wort bedeutet eigentlich „Cape“, also „Mantel, Umhang“. Solch einen unsichtbar machender Mantel besitzt auch der keltische Toten- und Meeresgott Mannan mac Lir.
Der Ursprung dieses Motivs liegt wahrscheinlich in der Unsichtbarkeit der Seele, wenn sie den Körper verlassen hat.
Eine Parallelentwicklung dazu ist das Falkengewand der Frigg/Freya, durch das man sich in einen Falken verwandelt und ebenso die Schwanenhemden der Walküren. Dieses Kleidungsstück ist verdeutlicht und „technisiert“ das Erlebnis, daß man, wenn man mit seiner Seele seinen Körper verlassen hat („Astralreise“), über ihm schwebt und wie ein Vogel fliegen kann.
Interessanterweise gibt es auch einen „hulids-hjálmr“, also einen Helm, der eine Verborgenheit hervorruft. Dieser scheint näher an der „Tarn-Kappe“ als an dem „Tarn-Cape“ zu sein. Dieser magische Helm erinnert auch an den Ögishelm („Schreckenshelm“), durch den sich der Zwerg Fafnir in der Sigurd-Sage in einen Drachen verwandelt. Da der Drachen bzw. die Schlange ein Bild für den Totengeist in seinem Hügelgrab ist (der Drachenhort sind die goldenen Grabbeigaben), entspricht auch der „Helm, der unsichtbar macht“ der Erscheinung der Seele, die man nicht sehen kann, sofern man nicht hellsichtig ist.
Aus dem Namen „Hulda“ und aus dem Unsichtbarkeit-Umhang und dem Unsichtbarkeits-Helm ergibt sich, daß Hulda eng mit dem unsichtbaren Reich der Toten verbunden gewesen sein muß. Ein enger Zusammenhang der Hulda mit der Jenseitsherrin Hel ist also sehr wahrscheinlich.
Das altnordische „huld“ leitet sich von dem germanischen „hulda“ ab, das eine etwas andere Bedeutung als in der altnordischen Sprache hatte: „Fleisch, Leiche“.
Dieser Bedeutungswandel bestätigt, daß sich die Bedeutung „Unsichtbarkeit“ des altnordischen „huld“ aus der Bedeutung „Toter“ des germanischen „haltha“ gebildet hat. Die Unsichtbarkeit ist eine Qualität der Toten, d.h. genauer gesagt der Totenseelen.
Das altnordische „huld“ gehört auch zu dem Adjektiv „hol“ und dem Substantiv „holr“ mit den Bedeutungen „hohl, Höhle, geneigt, Schräge, Hang, Bogen“ usw. Die Grundvorstellung ist demnach etwas Gebogenes mit einem Innenraum, in dem sich etwas verbirgt – von der Höhle und der Mulde über die Kappe bis hin zur Unsichtbarkeit. Mit diesem Wort ist auch „Hel“ verwandt, deren Name letztlich „Höhle“ im Sinne von „Grabkammer in einem Hügelgrab“ bedeutet. Huldar ist somit ursprünglich auch mit Hel identisch gewesen.
Das germanische Wort „haltha“ stammt wiederum von dem indogermanischen Verb „skel“ für „schlagen, hauen, schneiden“ und „Schräge, Neigung, Abgeschnittenes“ ab. Das Wort „haltha“ hat sich schrittweise von „skel“ über „kel“ zu „hel“ entwickelt und erhielt im Germanischen noch ein „d“-Suffix angehängt, wodurch schließlich nach einer Vokalverschiebung das Wort „huld“ entstand.
Es gibt noch einen zweiten „roten Faden“, den man zur Ergründung der Bedeutung des Namens „Hulda“ verfolgen kann.
Das germanische Wort „haltha“ hat neben der Grundbedeutung „Neigung“ auch die Nebenbedeutung „Zu-Neigung“, die die eine Hinwendung zu einer Person ist, bei der man den Oberkörper wie beim intensiven Zuhören ein wenig dieser Person entgegenbeugt.
Daraus hat sich dann das gotische „hulps“, das althochdeutsche „hold“, das mittelhochdeutsche „holt“ und schließlich das neuhochdeutsche „hold“ gebildet. Alle diese Adjektive bedeuten „hold, geneigt, zugetan, zugeneigt, wohlgesonnen, treu“. Das Substantiv dazu ist „Huld“ im Sinne von „die Wohlgesonnene“, von dem es einige Ableitungen wie z.B. „Unhold“ für „Feind, Dämon“ gibt.
Im Altenglischen wurde das germanische „holtha“ zu „hold“ und im Schwedischen zu „huld“.
Von dieser Bedeutung der „Zu-Neigung“ ausgehend bedeutet der Name „Hulda“ die „Huldvolle“, womit die anteilnehmende und helfende Zuneigung gemeint ist. Dies ist eine der Grundeigenschaften aller Muttergöttinnen.
Der Name der Göttin „Hulda“ wird somit in erster Linie wohl „die Hilfreiche und Fürsorgliche (im Jenseits)“ bedeutet haben. Diese Kern-Bedeutung war jedoch von einem Umfeld von Assoziationen umgeben, in denen der Unsichtbarkeits-Mantel und der Ögishelm (der seinen Träger in einen Drachen verwandelte) die beiden wichtigsten Gegenstände gewesen sind.
Zu diesen Namens-Assoziationen kommen natürlich noch eine ganze Reihe mythologischer Assoziationen hinzu, die im Folgenden beschrieben werden.
Im „Ynglingatal“ („Bericht über die Könige vom Geschlecht der Ynglinge“), das das eine der Grundlagen des von Snorri Sturlusons um ca. 1220 n.Chr. verfaßten Geschichtswerkes „Heimskringla“ („Weltkreis“) ist, erscheint „Hulda“ als eine zauberkundige Frau.
Vanlande, Swegdes Sohn folgte auf seinen Vater und herrschte über den Bereich von Uppsala. Er war ein großer Krieger und zog weit in verschiedenen Ländern umher. Einst bezog er sein Winterquartier in Finnland bei Snae dem Alten und erhielt seine Tochter Driva zur Frau. Im Frühjahr brach er wieder auf und ließ Driva zurück und obwohl er versprochen hatte, innerhalb von drei Jahren zurückzukehren, kehrte er auch nach zehn Jahren noch nicht wieder zurück.
Da sandte Driva eine Nachricht zu der Zauberin Huld und sie sandte ihren Sohn Visbur, den sie von Vanlande empfangen hatte, nach Schweden. Driva gab der Zauberfrau Schätze dafür, daß sie entweder Vanlande so behext, daß er nach Finnland zurückkehrt, oder daß sie ihn tötet.
Huld wird hier „seidkona“, d.h. „Seidir-kundige Frau“ genannt. „Seidir“ ist im engeren Sinne die Kunst, den Göttermet und andere Ritual- und Zaubertränke herzustellen und im weiteren Sinne die Zauberkunst allgemein.
Als diese Hexerei vor sich ging, weilte Vanlande in Uppsala und es überkam ihn ein großes Verlangen, nach Finnland zu gehen, aber seine Freunde und Berater sprachen dagegen und sagten, daß sich die Zauberkünste der finnischen Leute in diesem Verlangen, dorthin zu gehen, zeigten.
Daraufhin wurde er sehr müde und legte sich zum Schlafen nieder. Als er jedoch ein wenig geschlafen hatte, schrie er auf und sagte, daß die Mara auf ihn trampelte. Seine Männer eilten zu ihm, um ihm zu helfen, aber als sie seinen Kopf hielten, trampelte sie auf seinen Beinen; und als sei seine Beine ergriffen, packte sie seinen Kopf – und das war sein Tod.
Das Wort „Mara“ ist verwandt mit „Mähre“ (Pferd) und mit „Nachtmahr“ (Geist, der Alpträume verursacht). Die „Mara“ wurde offenbar als ein Pferd angesehen, daß den Schlafenden zertrampelt. Das Zertrampeln von einem Pferd wurde als eine der schändlichsten Todesarten angesehen. Auf diese Weise wurde u.a. Sigurds Tochter Schwanhild von König Jörmunrek getötet.
Die Schweden nahmen seinen Leib und verbrannten ihn an einem Fluß, der Skytaa hieß und errichteten einen stehenden Stein über ihm.
So sang Thjodolf:
Und Vanlande wurde in seiner Sterbestunde
von der Macht von Grimhilds Tochter,
der Zauberin, zu dem Wohnort gezerrt,
an dem Männer Odin von Angesicht zu Angesicht begegnen.
Seine treues Gefolge trug seine Leiche,
zu Tode zertrampelt, zum Ufer der Skytaa,
an dem sie sie mit schweren Herzen verbrannten –
den guten Fürsten, der von Hexenkünsten getötet worden war.
Der Ort, an dem man Odin von Angesicht zu Angesicht sieht, ist Walhall, d.h. das Jenseits.
Visbur folgte auf seinen Vater Vanlande. Er heiratete die Tochter von Aud der Reichen und gab ihr als Mitgift drei große Bauerngüter und einen Goldschmuck. Sie hatten zwei Söhne: Gisle und Ond.
Visbur jedoch verließ sie und nahm eine andere Frau, woraufhin Aud mit ihren beiden Söhnen zu ihrem Vater zurückkehrte.
Visbur hatte einen Sohn, der Domald genannt wurde und seine Stiefmutter Aud gebrauchte Hexenkunst, um ihm zu schaden.
Als nun der eine von Visburs Söhne zwölf und der andere dreizehn Jahre alt war, gingen sie zu dem Wohnort ihres Vaters und verlangten die Mitgift ihrer Mutter, aber er gab sie ihnen nicht.
Es war offenbar üblich, daß eine Frau nach einer Trennung ihre Mitgift wieder mitnehmen konnte („Gütertrennung“).
Da sagten sie, daß der Goldschmuck der Tod des besten Mannes in seinem ganzen Volk sein solle, und kehrten wieder heim. Dann begannen sie wieder mit Zaubergesängen und mit Hexenkunst, um zu erproben, ob sie ihren Vater töten könnten.
Die Seherin Huld sagte, daß sie dies durch ihre Zauberkünste erreichen könne und daß in der Sippe der Ynglinge immer jemand einen seiner Verwandten töten solle. Sie stimmten zu, daß es so geschehen solle. Da versammelten sie Männer, zogen unerwartet des Nachts zu Visbur und verbrannten ihn in seinem Haus.
An dieser Stelle wird Huld als „völva“ bezeichnet, d.h. als eine „Stab-Frau“, also eine Seherin mit einem Zauberstab. Dieser Stab symbolisiert den Weltenbaum und somit auch die Verbindung der Seherin zu den Ahnen und Göttern im Jenseits.
Das Zaubern der Huld wird hier auch „sida“ genannt – sie ist also auch hier eine „seidkona“.
So singt Thjodolf:
Haben die wütenden Zungen der bellenden Feuer-Hunde
Visburs Blut auf seinem eigenen Herd geleckt?
Haben die Flammen die Wohnung
seiner Seele hier auf Erden verzehrt?
In Wahnsinn habt ihr gehandelt,
die ihr den Forst-Feind, das rote Feuer, den Nacht-Dieb,
den grausamen Bruder der tobenden See,
gegen euren Vater und Fürsten freigesetzt habt!
Der „Bruder der See“ ist der Feuergott Logi. Logis Brüder sind der Meeresgott Hler und der Windgott Kari.
In dieser Sage erscheint Huld als eine zauberkundige Frau und nicht als Göttin. Da in der Heimskringla jedoch alle Götter zu Königen, Königinnen und andern Menschen der Vorzeit umgedeutet worden sind, könnte Huld einst durchaus als zauberkundige Göttin angesehen worden sein.
Diese Version der Saga ist um ca. 1800 n.Chr. aus älteren Quellen zusammengestellt worden. In diese Sage sind sehr viele ältere Motive aus anderen Mythen und historisch-mythologischen Berichten eingearbeitet worden.
Die Götter sind in dieser Saga zu Königen und Menschen früherer Zeiten umgedeutet worden.
In den folgenden Stammbäumen sind Götter fett gedruckt, Riesen fett/kursiv und Könige kursiv.
Die Unterscheidung zwischen Göttern und Riesen sowie zwischen Göttinnen, Riesinnen und zauberkundigen Seherinnen ist oft kaum möglich, da die Riesen die Ahnen der Götter sind und die Könige und Seherinnen von den Göttern abstammen. Zwischen Riesen, Göttern, Königen, Seherinnen und normalen Menschen bestehen keine prinzipiellen, sondern nur graduelle Unterschiede.
In dem Stammbaum erscheint Huld zweimal. Ihr Charakter und die Art der Erzählungen über sie sind jedoch gleich, sodaß man die beiden Seherin/Zauberinnen bzw. Göttinnen als dieselbe Gestalt ansehen kann.
In dem Stammbaum erscheinen mehrere Gründer von Königsdynastien, sodaß ein wesentlicher Aspekt der Huldar-Saga die Darstellung der Abstammung dieser Königshäuser von Huld gewesen ist.
Die Dynastie der norwegischen Säminger
Skadi erscheint auch am Anfang der Völsungen-Saga zusammen mit Sigi Odin-Sohn. Dort ist sie jedoch schon zu einem Mann umgedeutet worden. Skadi ist die Tochter des ehemaligen Göttervaters Tyr-Thiazi gewesen. Das heißt, daß sie ursprünglich seine Mutter, Frau und Tochter gewesen sein wird. Diese Dreiheit ergab sich aus den Wiedergeburts-Vorstellungen (siehe auch „Wiederzeugung „ in Band 51).
Die Dynastie der nordnorwegischen Halogi-Könige
Logi ist ein Sohn des Tyr-Riesen Fornjotr. Die Wurzel dieser Stammbäume in der früheren Tyr-zentrierten Religion ist hier sehr deutlich. Das bedeutet, daß auch Huldar aus diesen Mythen vor 500 n.Chr., also aus der Zeit vor der Absetzung des Tyr als nordgermanischer Göttervater durch Thor und Odin stammt.
Die Dynastie der norwegischen/schwedischen Ynglinge
In Skirnir-Lied ist Gerdr die Tochter des Tyr-Riesen Gymir. Gymir ist mit Hler, dem Bruder des Logi, identisch. Gymir ist der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr als Riese in der Wasserunterwelt.
Möglicherweise ist der Feuergott Logi eine Umdeutung des Sonnenfeuers des Sonnengott-Göttervaters Tyr.
Wenn dies zutreffen sollte, wird der Windgott Kari, der der dritte dieser Brüder ist, die Seelen (Atem, Wind) darstellen. Dieser „Seelen-Wind“ kommt auf den erhaltenen Darstellungen des Tyr aus dem Mund des Tyr (siehe Band 3).
Diese drei Brüder, die die Söhne des Tyr-Riesen Fornjotr sind, stellen anscheinend Aspekte des Tyr dar.
Die Dynastie der nordnorwegischen Rabennest-Leute
Die Rabennest-Leute sind vor allem Ketil Forelle, dessen Sohn Grim Struppig-Wange, dessen Sohn Pfeile-Odd und dessen Sohn An Bogenbieger, deren Sagas sehr viele Elemente der alten Tyr-Mythen enthalten (siehe auch die Sagas dieser Männer in Band 79).
Wenn man den in der Huldar-Saga berichtete Stammbaum auf die wichtigsten Ahnen reduziert, ergibt sich die auf der folgenden Seite dargestellte Übersicht. In ihm sind die eben dargestellten Ursprungs-Stammbäume der vier skandinavischen Königshäuser enthalten.
In diesem Zusammenhang ist Huld vor allem die zauberkundige Mutter der Könige von Norwegen und Schweden.
Der Stammbaum von Huld der Älteren und Huld der Jüngeren
- nach der jüngeren Version der Huldar-Saga -
„Thiazi“ ist eine Variante des Namens des ehemaligen Göttervaters „Tyr“ und ebenso der Name „Ölvaldi“, der „All-Herrscher“ bedeutet – Ölvaldi ist der Göttervater als oberster Gott, Thiazi der alte Göttervater als Jenseits-Riese am Abend und Thiazi der am Morgen wiedergeborene junge Göttervater.
Huld ist in der Überlieferung eine Gestalt, die zwischen Göttin und Seherin steht. Ihre beiden Töchter Thorgerd und Irpa (Yrpa) sind hingegen aus anderen Quellen als Göttinnen bekannt.
Dieser Stammbaum ist wahrscheinlich erst eine jüngere Zusammenstellung. Daher ist es recht fraglich, ob um 900 n.Chr., als die germanische Religion zumindestens auf Island noch das allgemeine Weltbild gewesen ist, Hulda bereits als die Tochter der (Men-)Glöd (=Freya) angesehen worden ist. Der Stammbaum zeigt aber zumindestens, daß man Glöd (Freya-Menglöd), Huld, Thorgerdr und Irpa als ähnliche Göttinnen ansah, da sie sonst wohl nicht als Großmutter, Mutter und Töchter zu einer Sippe zusammengefaßt worden wären.
Im Folgenden werden nur die Teile der Saga, die sich auf Huld beziehen, aufgeführt. Die fortgelassenen Teile, die ca. die Hälfte des Textes umfassen, beziehen sich auf andere Angehörige der Sippe und deren Heiraten, Ehebrüche und Kriege.
1. Teil: Huld die Ältere
Dort, wo in Schweden jetzt der Lögrinn (Mälarsee) liegt, war vordem die Landschaft Lagarstöd, bis Gefjun das Land von Gylfi erhalten und daraus die Insel Seeland gebildet hatte.
In dieser Landschaft wohnte die zauberkundige Jörd mit ihren Töchtern Eik und Embla auf einem Hof, der nach ihr Jardardalr hieß. Die Dänen nannten ihn aber später Herthu-Tal und erwiesen der Jörd göttliche Ehren.
Jörd ist die Erdgöttin.
… … …
Njörd hatte die Skadi zur Frau, eine Tochter des Riesen Thjassi, die sich aber aus Liebe zu den Bergen von ihm trennte. Sie heiratete Odin, mit dem sie viele Söhne gewann, deren ältester Sämingr war.
Njörd ist wie Hler der ehemalige Göttervater Tyr in der Wasserunterwelt.
… … …
Der Riese Hringvölnir hatte vor seinem Tode mit der Eik eine Tochter erzeugt, welche Huld hieß und bei dem Riesen Örnir erzogen wurde.
Huld erscheint in dieser Sage somit als eine Riesin, da ihr Vater der Riese Hringvölnir („Ring-Stab“) und ihre Mutter die Riesin Eik („Eiche“ ist), die wiederum die Tochter der Erdgöttin/Erdriesin Jörd („Erde“) und des Gottes Tyr-Njörd ist.
Um sie hielt Heimir an, ein Sohn des Agnarr Vandlisson, der vorher die Hringja, Gylfi's Schwester, zur Frau gehabt hatte. Auf der Heimfahrt mit ihr wird er jedoch von dem zauberkundigen Finnenhäuptling Frosti, dem Sohn des Kari Fornjotsson, erschossen und Huld entführt.
Huld lernte bei Frosti mancherlei Zauberkünste.
Da sie aber nicht sein Nebenweib werden wollte, entfloh sie ihm und nahm in einer Waldhöhle ihre Wohnung.
Die drei Söhne des Riesen Fornjotr („uralter Reise“ = Tyr-Ymir) verkörpern drei Elemente. Ihre Namen entsprechen ihrem Element: Hler ist das Meer, Kari der Wind und Logi das Feuer.
Frosti ist auch im Flateyarbok einer der Nachkommen des Windgottes Kari. Die Finnen wurden von den Germanen häufig den Riesen gleichgesetzt – entsprechend war „Finnland“ eine beliebte Umschreibung für „Jenseits“. Die Zauberkunst der Finnen wird häufig erwähnt – es war auch schon damals so, daß die unbekannten Zauber, die in von den Magiern und Zauberinnen ferner Länder ausgeübt wurden, als besonders wirksam angesehen wurde.
Das Wohnen in einer Waldhöhle ist ein typisches Merkmal für die Seherinnen der Germanen und erscheint auch mehrfach in der Huldar-Saga. „Waldhöhle“ ist eine Umschreibung für „Hügelgrab“. Im Harbardlied werden die Hügelgräber „Waldwohnungen“ genannt. Huldar ist somit vermutlich eine Jenseitsgöttin – auch wenn Seherinnen ihr Wissen generell von den Ahnen in den Hügelgräbern erhalten haben.
Da begab es sich, daß Odin auf der Jagd von einem Hirsch nach dieser Höhle gelockt und hier wohl aufgenommen wurde. Er begrüßte die Huld sofort bei ihrem Namen, während er den seinigen verleugnete.
Das Verirren auf der Hirschjagd ist in den Sagas eine sehr beliebte Umdeutung für die Hirschjagd, die dem Opfer eines Hirsches in den Tyr-Ritualen vorausging. Tyr nahm auf seiner Jenseitsreise dann die Gestalt dieses Hirsches (in anderen Ritualen die Gestalt eines Stieres) an, um auf magische Weise seine Zeugungskraft abzusichern, die er für seine Wiederzeugung mit der Jenseitsgöttin brauchte.
Aufgrund dieses Motivs heißt das Hügelgrab z.B. im Zusammenhang mit der Walküre Brünhild und dem Tyr-Helden Sigurd „Hindin-Hügel“ (Hindin = Hirschkuh). Der wiedergeborene Tyr wird folglich als Hirsch-Kitz von der Göttin als Hindin gestillt – dieses Motiv hat sich in der Szene erhalten, in der der junge Sigurd in der Wildnis von einer Hindin gestillt wird.
Nach mancherlei Gesprächen über Runen und Zauberei verbrachten sie die Nacht miteinander, am nächsten Morgen aber nannte auch sie ihn bei seinem Namen und erklärte ihm, daß sie ihn zu sich habe locken lassen, um womöglich von ihm ein Kind zu bekommen, was sich aber jetzt als unmöglich erwiesen habe.
Huld zählt offenbar zu den Riesinnen wie Gunnlöd oder Rindr, mit denen sich Odin im Jenseits vereint. Die Höhle im Wald, in der Hulda lebt, ist folglich ein Bild für das Jenseits – die bekannteste dieser Höhlen ist die der Riesin Hel („Höhle“). Alle diese Riesinnen sind letztlich die Göttin im Jenseits (Frigg/Freya), mit der sich die Toten bei der Wiederzeugung vereinen, die der Wiedergeburt vorausgeht.
Auch die Zauberkunst paßt in dieses Bild, denn die Magie wurde damals nicht so sehr als persönliche Leistung, sondern als eine Handlung der Ahnen bzw. Götter, die von ihnen aus dem Jenseits heraus in das Diesseits herüberwirkte und daher auch mit den „magischen Jenseitsgesetzen“ die üblichen Naturgesetze im Diesseits außer Kraft setzen konnte. Die Leistung des Magiers oder der Zauberin bestand darin, diesen Kontakt zu den Ahnen bzw. Göttern herzustellen.
Aus dieser Auffassung der Magie und dieser Vorgehensweise beim Zaubern ergab sich, daß die Wesen des Jenseits die Zauberkunst beherrschten. Die Magie ist sozusagen das normale Handwerk der Wesen im Jenseits. Aus diesem Grund wurden die zauberkundigen Männer und Frauen auch vor allem als Seher und Seherinnen bezeichnet: Sie waren in der Lage, das Jenseits sowie die Ahnen und Götter in ihm zu sehen und daher auch mit ihnen Kontakt aufzunehmen und von ihnen Rat und Hilfe zu erhalten, d.h. Magie zu bewirken.
Da verhieß ihr Odin anderweitige Nachkommen, denen Tempel geweiht und Opfer gebracht werden würden, und ihr selber bestimmt er, daß solche Ehren auch einem von ihr abstammenden und mit ihr gleichnamigen Weibe und dessen Kindern zuteil werden sollten.
Ursprünglich hat sich die Göttin mit dem Sonnengott-Göttervater Tyr nachts im Jenseits vereint, ihn dann am Morgen wiedergeboren, sich nach seinem Tod am Abend wieder mit ihm vereint, ihn dann am Morgen wiedergeboren usw. Dadurch war Tyr er selber, aber auch sein eigener Vater und sein eigener Sohn, denn alle „Inkarnationen“ des Tyr waren immer derselbe Tyr.
Als dann die Mythen dahingehend geändert wurden, daß die Göttin auch sich selber wiedergeboren hat, wurden Gott und Göttin durch die gemeinsame Geburt zu Geschwistern, wodurch das Inzest-Motiv (Freyr und Freya) entstand. Durch diese gemeinsame Wiedergeburt wurde auch die Göttin zu ihrer eigenen Mutter und zu ihrer eigenen Tochter.
Dieses Motiv der gemeinsamen Wiedergeburten von Jenseitsgöttin und Sonnengott-Göttervater werden der Ursprung der beiden Huldars sein – auch wenn sie in dieser Saga nicht mehr Mutter und Tochter sind, sondern einige Generationen zwischen ihnen liegen.
Auf ihre Frage, welchen Mann sie nehmen solle, wies Odin sie an den, der zuerst zu ihrer Behausung kommen werde, und zog dann seines Weges.
Es kam jedoch Logi, des Finnenhäuptlings Frosti Sohn, ein Halbriese wie sein ganzes Geschlecht. Den nahm Huld und gewann mit ihm eine Tochter Namens Gerdr. … … …
Gerdr ist in der Edda die Tochter des Gymir, der mit Ägir und Hler identisch ist. Alle drei verkörpern als Riese bzw. Gott das Meer – ursprünglich ist dieser Gott der Tyr-Riese in der Wasserunterwelt gewesen.
Der Charakter der Huld der Älteren
Huld die Ältere ist die Tochter des Riesen Hringvölnir und der Eik, die die Tochter der Erdgöttin Jörd ist.
Huld erlernt die Zauberkunst von dem Riesen Frosti, dem Sohn des Windgottes/Windriesen Kari, der der Sohn des Urriesen Fornjotr (Tyr-Ymir) ist.
Sie lebt wie eine Seherin in einer Waldhöhle.
Sie rief Odin durch Magie zu sich und vereinte sich mit ihm. Sie haben jedoch keine Kinder zusammen.
Huld und der Feuergott Logi, der ein Bruder des Windgottes Kari ist (in dieser Sage ein Sohn des Kari) haben zusammen die Tochter Gerdr (eine Riesin), die in der Edda die Frau des Gottes Freyr ist.
Die Wurzeln der Mythen der Huld liegen in der alten, Tyr-zentrierten Religion der Nordgermanen vor 500 n.Chr.
2. Teil: Huld die Jüngere
Nun starben sowohl Freyr als auch Godhjalti. Dem ersteren folgte sein Sohn Fjölnir in der Herrschaft, dem letzteren aber sein Sohn Sverdhjalti.
… … …
Sverdhjalti aber fiel auf einer Heerfahrt und ihm folgte sein Sohn Himinleygr in der Herrschaft.
… … …
Himinleygr hatte einen Sohn Namens Haddbroddr.
… … …
Haddbroddr verirrte sich einmal auf der Jagd, kam an einen Hof, in welchen er Einlaß findet, und ward hier von einem wunderschönen Weibe begrüßt, welches ihn bewirtete und durch Gespräch und Harfenspiel trefflich unterhielt. Dies war Glöd, die Herrin des Hauses. Drei Nächte teilte er mit ihr das Lager und erzeugte mit ihr die Huld, an der sich Odins und der Stammmutter Huld Weissagung erfüllen sollte.
Sehr wahrscheinlich ist diese Glöd, die auf einem Hof im Wald wohnt, mit der Göttin Freya-Menglöd identisch. Huldar, Freya-Menglöd, Skadi und Gerdr sind zumindestens in dieser Saga mehr oder weniger dieselbe Göttin – die Wiederzeugungs-Geliebte und die Wiedergeburts-Mutter im Jenseits.
Haddbroddr ist ein Urururenkel des Odin. Der Männername „Haddbroddr“ hat die Bedeutung „Langhaar-Stirn“. Der Name „Hadding“, also „Langhaariger“ ist ein Beiname der beiden Alcis-Söhne des Tyr und sekundär auch des Tyr selber. Dieses Motiv stammt von den langen Mähnen der beiden Alcis, wenn sie als die beiden Rosse vor dem Sonnen-Streitwagen des Tyr erscheinen.
Glöd gibt dem Haddbroddr über die Geburt der Huld Bescheid und verkündet ihm zugleich seines Vaters Tod, indem sie ihn sogleich heimkehren heißt, aber ihn auch für den Fall schwer bedroht, daß er die Tochter nicht gut aufnehme, die sie ihm schicken werde, sowie sie ihr drittes Jahr erreicht habe.
Da ging Haddbroddr heim und übernahm die Regierung seines Reiches. Er heiratete und gewann mit seiner Frau einen Sohn, welcher Heimgestr Huldar-Bruder genannt wurde. Nach einigen Jahren brachte ihm ein bejahrtes Weib die dreijährige Huld als sein Kind. Da er sie aber nicht annahm, trug das Weib sie wieder fort.
Da brachte Glöd die Huld nach Finnland zu Snär dem Alten zur Erziehung. Kurz darauf erschien sie aber dem Haddbrodd im Traum und verhieß ihm zur Vergeltung seiner Schuld eigenes Unglück und seinem Hause den Verlust seines Reiches auf volle 700 Jahre.
Nicht lange darauf stürzte er auch wirklich auf der Jagd mit seinem Pferde, trug eine Lähmung davon und starb nach kurzer Frist. Seine vier Brüder rissen das Reich an sich. Der junge Heimgestr wurde in der Landschaft, welche man später Halogaland nannte, in Sicherheit gebracht, wo er bei einem Bauern Namens Frekan aufwuchs.
Dieselbe Szene der abgelehnten Tochter und der anschließenden Verfluchung wird auch in der Heimskringla über König Vanlande berichtet. Hier ist die Wiederzeugung zusammen mit der Jenseitsgöttin in der Unterwelt zu einem Todesfluch durch diese Göttin nach der Vereinigung mit ihr umgedeutet worden – ein Vorgang, der aufgrund der Angst vor dem Tod bei vielen Dingen zu beobachten ist, die ursprünglich einmal dem Toten im Jenseits geholfen haben …
Auch Glöd (Freya-Menglöd), die Mutter von Huld der Jüngeren, beherrscht die Zauberkunst: Sie kann zum einen anderen Menschen im Traum erscheinen und ihnen etwas verkünden und sie kann zum effektive Flüche aussprechen und so den Tod eines Menschen verursachen.
Thori aber, der Sohn des Snaer dem Alten, erzeugte den Norr, Gorr und die Goi.
Seine Schwester Drifa war inzwischen im Hause ihres Vaters Snaer und befreundete sich sehr mit der jungen Huld, welche ungemein zauberkundig wurde und bald als Huld seidkona, bald als Huld Völva oder Trollfrau bezeichnet wurde.
Diese Begriffe bezeichnen alle drei eine Zauberin: „Völva“ ist die „Stabträgerin“, d.h. eine Frau, die in der Lage ist, den Weltenbaum (= „Stab“) entlang vom Diesseits ins Jenseits zu reisen; eine „Seidkona“ ist eine „Sudkunst-Frau“, d.h. eigentlich die Priesterin, die den Göttermet braut; und die „Trollkona“ ist eine „Trollfrau“, was bedeutet, daß sie wie die Trolle die Zauberkunst beherrscht.
Inzwischen kam König Vanlandi, begleitet von Gnapi, einem Sohn des Skolpnir und der Sylgja, einer Schwester des Vikings Mysingr, auf einer ostwärts unternommenen Heerfahrt zu einem alten Steinbewohner, der ihm zum Dank für ein Geschenk den dreifachen Rat gab, nie nach Finnland zu fahren und jedenfalls dort kein Weib zu nehmen, wenn er es aber doch tun würde, den Finnen getreulich sein Wort halten und überdies sich vor den Nachkommen Odins und der Skadi wohl hüten solle, da diese ihm und seinem Hause gefährlich seien.
Ein „Steinbewohner“ ist ein „Riese“. Der „Stein“ ist ein Hügelgrab – später stellte man sich vor, daß die Riesen in abgelegenen Gegenden in den Bergen wohnten.
Dennoch fuhr Vanlandi im nächsten Frühjahr, von Gnapi vergeblich gewarnt, nach Finnland. Von dem alten Snaer gut aufgenommen, verliebt er sich in dessen Tochter Drifa und heiratet sie, reiste aber im Frühjahr ohne sie heim, mit dem Versprechen, innerhalb dreier Jahre zu ihr zurückzukehren.
Da er sich trotzdem im dritten Jahre dazu überreden ließ, nicht nach Finnland zu gehen, verließ ihn Gnapi.
Da Vanlandi erfuhr, daß der Riese Glamr, des Klaufi Bruderssohn, seinen Vater getötet hatte, erschlug er ihn, heiratete aber dessen Tochter Birta und erzeugte mit ihr den Heidir.
Drifa dagegen suchte zunächst vergeblich den Vanlandi durch Zauber zu sich zu locken.
Inzwischen war Heimgestr Haddbroddsson auf Heerfahrt gezogen. Er hatte dabei einen Kampf mit Stigandi, einem Sohne des Riesen Rangbeinn und einer Schwester von Audr dem Reichen. Diesen Kampf hatte er durch die Hilfe seiner in Walgestalt auftretenden Schwester Huld siegreich bestanden.
Die Verwandlung in einen Wal war damals anscheinend eine der üblichen magischen Künste, denn dies wird in der Heimskringla auch von einem Magier des dänischen Königs Harald Blauzahn berichtet und ebenso in der Saga von Fridthjof dem Kühnen sowie an in anderen Erzählungen.
Insgesamt trieb er sich zehn Jahre auf Heerfahrt herum.
Drifa aber bewog, nachdem Vanlandi zehn Jahre fortgeblieben war, durch reiche Geschenke die Huld, ihn durch Zauber entweder zu ihr zurückzubringen oder zu töten. Da ihn seine Leute jedoch nicht ziehen ließen, trat ihn die Mahr, bis er starb, und sein Sohn Visburr folgte auf ihn als Herrscher.
Diese Geschichte über Vanlandi ist offensichtlich alt, da sie bereits um ca. 1220 n.Chr. von Snorri Sturluson in seinem Geschichtswerk „Heimskringla“ berichtet wird. Die Wahrscheinlichkeit ist somit recht groß, daß auch die anderen Teile der Saga schon recht alt sind, auch wenn die Saga als Ganzes vielleicht aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt und bearbeitet worden ist.
Audr der Reiche im Südmänner-Land hatte einen Sohn Sölvi, welcher geboren wurde, als Visburr ein Jahr regiert hatte. Mit ihm wuchs Heidir Gnapason auf, der um ein Jahr jünger war.
Aud ist eine der vielen Formen des Tyr. Er erscheint in „Gylfis Vision“ als Sohn der Nachtgöttin Nott (Jenseitsgöttin) und des Naglfari (Tyr).
Inzwischen erklärte Heimgestr seinem Pflegevater Frekan, daß er das Land verlassen wolle, um ihn keiner Gefahr seitens seiner Oheime auszusetzen und da dieser hiervon nichts wissen wollte, drang er darauf, daß wenigstens seine Schwester Huld geholt werde.
Inzwischen hatte der Riese Svadi, bei dem der junge Heidir drei Jahre lang geblieben war, den alten Snaer in Finnland besucht, sich mit der Huld befreundet, sie aber doch nicht bewegen können, ihm in seine Heimat zu folgen. Auf der Heimreise aber war er durch den Riesen Helreginn von Elivogar erschlagen worden.
Die „Eiswogen“ („Eliwagar“) sind ein Bild für das Eis-Jenseits im Norden, was daher sozusagen der natürliche Wohnort der Riesen war, die die Ahnen der Götter gewesen sind. Aus der Kombination des Motivs des Eis-Jenseits mit dem Motiv der Riesen, die dort wohnen, entstand das Bild der Eisriesen. Das Urbild dieser Eisriesen ist der Riese Frosti, der Sohn des Windriesen Kari.
Sowohl Svadi („Schwarzer“) als auch Helreginn („Hel-Herrscher“) sind Tyr-Riesen.
Auch Frekans Boten wurden von eben diesem Riesen angefallen und nur dadurch gerettet, daß sie noch rechtzeitig die Huld um Hilfe anriefen.
Hier wird Huld bereits wie eine Göttin um Hilfe angerufen.
Die Fähigkeit, innere Notrufe hören zu können, also „fortgeschrittene Telepathie“, ist aber durchaus auch von Yogis, Sufis, Heiligen, Medien und anderen „spirituellen Spezialisten“ bekannt. Es könnte sich bei diesen Berichten über die Huld also durchaus auch um Dinge handeln, die in genau dieser Weise stattgefunden haben – oder zumindestens dem Verfasser dieser Saga aus eigenen Erlebnissen bekannt gewesen sind.
Diese von den Sehern und Seherinnen der Germanen überlieferten Fähigkeiten werden auch über die ihnen nah verwandten Druiden berichtet.
Obwohl Snaer und zumal Drifa ihn nur ungern gehen ließen, folgte Huld ihnen doch nach dem Naumu-Tal, wo sie fortan einsam in einer Waldhütte wohnte.
Dies ist der bei den Germanen übliche Wohnort einer Seherin, der auch von Huld der Älteren sowie von (Men-)Glöd, der Mutter von Huld der Jüngeren berichtet wird. Die „Waldhütte“ wird der „Waldhöhle“, also dem Hügelgrab entsprechen.
Halogi war der zauberkundigen Beherrscher von Halogaland. Er war aus dem Geschlechte des Logi Fornjot-Sohn. Halogi kam einst auf der Rückkehr von einer Heerfahrt in das Naumu-Tal und wurde von Frekan gastlich aufgenommen.
Er überwinterte bei ihm und stieß bei einer Gelegenheit auf die Wohnung der Huld, geriet mit ihr in ein Gespräch, warb um sie und heiratete sie mit Heimgests Zustimmung.
Es scheint recht passend zu sein, daß ein Zauberer-Seher eine Zauberin-Seherin heiratet. Es ist auch für den germanischen Priesterstand gut denkbar, aber keineswegs sicher, daß des öfteren innerhalb dieses Standes geheiratet wurde.
Er zog mit ihr nach Halogaland zurück und gewann mit ihr eine Tochter, welche Thorgerdr genannt ward, und als ihres Vaters besonderer Liebling den Beinamen Holgabrud erhielt.
„Thorgerdr“ war eine wichtige Kriegs- und Schutzgöttin in Island. Ihr Name bedeutet „Schutz/Beschützerin des Thor“.
Ihr Beiname „Holgabrud“ bedeutet „Braut des Holga“. Da das Halogaland nach Haloga/Holga benannt worden war, ist Thorgerdr somit die Braut des Landes, womit wohl Frau des Landes im Sinne „Beschützerin des Halogalandes“ gemeint ist. „Holga“ wird jedoch auch mit dem Namen „Helgi“ identisch sein, der „Heiler, Heiliger“ bedeutet und der ein Beiname des Tyr gewesen ist.
Aufgrund ihres Beinamens muß Thorgerdr einst die Frau des Tyr-Helgi gewesen sein. Ihr Name „Thorgerdr“ könnte daher recht neu sein und sie als „Gerdr des Thor“ bezeichnen, also als die Göttin Gerdr, die Thor nach der Absetzung des Tyr dem Tyr fortgenommen und selber zur Frau erwählt hat – so wie auch Freyr die Gerdr dem Tyr-Gymir fortgenommen hat.
Thorgerdr Holgabrudr wird daher ursprünglich die Göttin Freya als „Braut“ des Tyr gewesen sein.
Später ward ihnen noch eine Tochter geboren, die Yrpa. Heimgestr aber kam auf einer Reise, die er unternahm, um den Holgi zu besuchen, zu dem Bauern Kleggi und erzeugte mit dessen Tochter die Lofn, welche er als sein Kind anerkannte und bei Holgi erziehen ließ. Bald darauf ernannte ihn dieser als Häuptling über Naumudal.
Auch Lofn „(Liebe“) ist eine Asin. Sie ist vermutlich ein verselbständigter Aspekt der Göttin Freya.
In dieser Saga erscheinen die Göttinnen Huldar, Skadi, Gerdr, Freya-Menglöd, Lofn, Thorgerdr und Yrpa als eine einzige Sippe. Das läßt zumindestens vermuten, daß der Charakter dieser Göttinnen sehr ähnlich gewesen ist oder daß diese Namen sogar als Aspekte derselben Göttin aufgefaßt worden sind.
… … …
Sokni hieß ein Häuptling im Sokna-Tal, ein schwedischer Wikinger, der sich dort niedergelassen hatte. Der hörte von Holgi und fuhr nordwärts, um sich mit ihm zu messen.
Holgi war mit Heimgest auf einem Kriegszug unterwegs, als er dahin kam. Als er aber den Hof angreifen wollte, versagten ihm und den Seinigen die Waffen und er selbst wurde von einem Weibe gefangen genommen. Es war dies die Königin Huld, welche ihn indessen im Frieden ziehen ließ, mit dem Rat, sich in Zukunft nicht mehr mit überlegenen Gegnern anzulegen.
Huld beherrschte offenbar auch einige Arten von Kampfzauber, gegen die normale Wikinger hilflos waren. Auch diese Kunst wird von den Druiden berichten. Diese Magie der Seherinnen war eleganter als die Ekstase der Ulfhedinn und der Berserker – und letztlich auch noch deutlich wirksamer …
Nachdem Holgi im Herbste heimgekommen war, träumte Hundingr im folgenden Winter einmal, daß er mit seinen Brüdern fremden Heerleuten erliegen werde, falls sie deren Angriff nicht zuvorkommen würden.
Er bezog den Traum auf Holgi und Heimgest und trotz der Bedenken Hemings wurde ein Angriff auf diese beschlossen und ein Heeresaufgebot erlassen, unter dem Vorwand, daß der Zug den Orkneys gelte.
Holgi wurde indessen von Huld noch rechtzeitig genug gewarnt, um sich rüsten zu können. Als die Brüder herannahten, beginnt sofort der Kampf, in welchem Haldingi, Hrotti, Hardgripnir und Vandill der Starke auf Holgi's Seite standen. Das Eingreifen der Huld zusammen mit der jungen Thorgerdr entschied den Sieg und die angreifenden Brüder mußten schließlich fliehen.
Hier findet sich sowohl die eigentliche Fähigkeit der Seherinnen (eben die Fähigkeit, die Zukunft vorhersehen zu können) sowie die Kriegsmagie.
Da unternahmen Holgi und Heimgestr miteinander einen Kriegszug zum Inselgoten-Land, über das damals Frodi herrschte. Der war ein Sohn des Havardr Starkhand, des Sohnes des Herleifr, des Sohnes des Fridfrodi, des Sohnes des Fridleifr, des Sohnes des Skjöldr Odin-Sohn.
Frodi ist die Saga-Varianten des Gottes Freyr. Er wurde auch Fridfrodi, d.h. „Friedens-Frodi“ genannt.