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Inhaltsverzeichnis

PERSONEN DER HANDLUNG
PROLOG
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
EPILOG
ANMERKUNG DES AUTORS
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EPILOG

Donnerstag, 20. Mai
Vereinte Nationen
New York City

 

Oberst Jacques Gamoudi stand vor der UN-Vollversammlung, die eine der außergewöhnlichsten Sitzungen erlebte, die in dem großen runden Saal jemals stattgefunden hatten. Er war auf allen vier Seiten von kugelsicherem Glas umgeben, seine Aussagen wurden von insgesamt 74 Dolmetschern übersetzt.

Das Glas war die Idee von Admiral Arnold Morgan und gehörte zu den spektakulären Sicherheitsmaßnahmen zu Gamoudis Schutz vor dem gesetzlosen Frankreich – dessen Vertreter nicht anwesend waren. Der Admiral hatte auch die Fragen konzipiert, die der freundliche nordafrikanische Diplomat, der mittlerweile als UN-Generalsekretär fungierte, dem Oberst stellte.

Die Befragung dauerte zwei Stunden, danach lag der internationale Ruf der Republik Frankreich in Scherben. Bei dem Wortwechsel, der weltweit übertragen wurde, waren unter anderem folgende Sätze zu hören:

 

F: Und Sie persönlich haben an der Spitze der großen Streitmacht in Riad gestanden, die den saudischen König gestürzt hat?

G: Ja, Sir.

F: Wer hat Sie dafür angeworben?

G: Die französische Regierung, Sir.

F: Wie viel wurde Ihnen dafür von der französischen Regierung gezahlt?

G: Fünfzehn Millionen Dollar, Sir.

F: Können Sie das zweifelsfrei beweisen?

G: Ja, das kann ich.

F: Und wer war für die Zerstörung der saudischen Ölfelder und Verladeplattformen verantwortlich?

G: Die französische Marine, Sir. Zwei U-Boote, die Améthyste und die Perle. Froschmänner sowie Marschflugkörper, die von den getauchten U-Booten abgeschossen wurden.

F: Und für die Zerstörung des King-Khalid-Luftwaffenstützpunkts?

G: Französische Spezialkräfte, Sir, die von Dschibuti aus ins Land gebracht wurden. Spezialisten, in Frankreich ausgebildet, haben die Flugzeuge gesprengt.

F: Können Sie die Namen der französischen Befehlshaber nennen?

G: Ja, Sir, wenn Sie das wünschen.

F: Warum haben Sie sich dazu entschieden, als Zeuge gegen Ihr Land auszusagen?

G: Weil auf direkte Anweisung des französischen Präsidenten insgesamt sechs Attentatsversuche auf mich unternommen wurden, nachdem ich die Befehle ausgeführt hatte.

F: Und wer hat Sie vor den Attentätern gerettet?

G: Die US-amerikanische Marine, Sir. Ihr verdanke ich mein Leben.

F: Wissen Sie, warum sie Ihnen das Leben gerettet hat?

G: Ja, Sir. Damit die Welt von dem Vorgehen Frankreichs erfährt.

F: Werden Sie jemals wieder nach Frankreich zurückkehren?

G: Nein, Sir.

 

Nachmittags um 15.25 Uhr entschuldigte sich der UN-Generalsekretär im Namen der Vollversammlung beim Präsidenten der Vereinigten Staaten für die Missbilligung der amerikanischen Aktionen in der Straße von Hormus und im Roten Meer. Die Entschuldigung wurde vom amerikanischen UN-Botschafter offiziell angenommen.

Am folgenden Morgen eröffnete Admiral Morgan höchstpersönlich die Verhandlungen mit König Nasir über die Zukunft der saudischen Ölindustrie. Saudi-Arabien sollte nach wie vor den gleichen Anteil an den Erlösen aus dem Erdölverkauf erzielen, allerdings würden die USA für die Sicherung und die weltweite Vermarktung des Öls zuständig sein.

Admiral Morgan war überrascht vom mühelosen Verlauf der Verhandlungen und der Leichtigkeit, mit der der saudische König Frankreich abservierte und bekräftigte, dass er zumindest in naher Zukunft mit Frankreich nichts mehr zu tun haben wolle.

Arnold Morgans persönlicher Meinung zufolge grenzte das Verhalten des Königs gegenüber seinem ehemaligen Verbündeten bereits an Verrat.

Aber schließlich wusste er nichts von dem Gespräch zwischen dem König und dem französischen Präsidenten, das folgendermaßen geendet hatte:

»Herr Präsident, Ihr Verhalten gegenüber einem sehr engen Freund von mir ist völlig untragbar. Als Beduine kann ich den Verrat an einem solch guten und loyalen Soldaten und, wie ich annehme, gemeinsamen Freund alles andere als gutheißen.

Falls es Ihnen hilft, will ich Sie daran erinnern, dass ich mich eingehend mit den Werken von E. M. Forster beschäftigt und über ihn in Harvard meine Abschlussarbeit in Englischer Literatur verfasst habe. Das ist alles, was Sie wissen müssen.«

Aber der französische Präsident wusste es nicht und würde es wahrscheinlich auch nie erfahren.

 

 

Zwei Jahre später
Boise, Idaho

 

Die beiden Boeings der königlich-saudischen Luftwaffe setzten nacheinander auf dem kleinen Flughafen südlich der Hauptstadt von Idaho auf. Hier in der Gebirgsregion des amerikanischen Mittleren Westens lag das neue Zuhause von Mr. und Mrs. Jack McCaffrey.

Jack und Giselle standen am Eingang zur winzigen Ankunftslounge und erwarteten ihren Gast, der wie immer von einer Entourage aus 47 Familienmitgliedern und Mitarbeitern begleitet wurde ... nicht der Rede wert im Vergleich zu dem aus 3000 Personen bestehenden Gefolge seines Vorgängers auf dem saudischen Thron.

Sie füllten das größte Hotel am Ort, der König jedoch bestand darauf, die drei Tage im Haus der McCaffreys zu verbringen – wir haben zusammen eine große Schlacht geschlagen, ich wohne unter deinem Dach.

Es war, für seine Verhältnisse, ein relativ bescheidenes Dach, unter dem der König sein Zelt aufschlug: ein schönes, mit weißen Säulen versehenes Haus im Kolonialstil am Rand der kleinen Stadt vor den schneebedeckten Sawtooth Mountains, die im Osten 2000 und jenseits davon fast 3400 Meter hoch aufragten.

Die Familie war mit ihren beiden Jungen nach Idaho gezogen, sobald die UN-Anhörungen abgeschlossen waren. Niemals war Jack glücklicher als hier in den zwar anderen, aber nicht weniger geliebten Bergen.

Von seinem Vermögen hatte er sich das große Haus und ein weiteres großes Chalet in Sun Valley gekauft, eine Reihe von Skiläden aufgezogen und – bislang drei – Bergführerzentren eröffnet, die von Anfang an gut liefen.

Die Jungen, die jetzt Andy und John hießen, hatten sich schnell in ihrer amerikanischen Schule eingelebt. Mit ihnen und Giselle verbrachte Jack viele fröhliche Stunden, in denen sie die von unzähligen kalten blauen Seen umgebenen Idaho Peaks erkundeten.

Jack und Giselle hatten sich in einer ganz besonderen Gegend im Südwesten des Staates niedergelassen, und zwar dort, wo einst viele baskische Emigranten aus den Pyrenäen auf der Suche nach billigem Land eingewandert waren, um auf den Berghängen Schafe zu züchten.

Überall in Idaho stieß man auf die baskische Vergangenheit. Sie zeigte sich in den Restaurants, in manchen Gepflogenheiten und den zeitlosen Geschichten, die unter den ansässigen Farmern weitererzählt wurden. Im Payette County konnte man sogar die berühmten scharfen Chorizo kaufen, die Würste, die noch immer von den Immigranten der vierten Generation hergestellt wurden.

Die McCaffreys hatten unter den Menschen dieser fernen, aber doch gemeinsamen Kultur ein irdisches Paradies gefunden. Selbst die hohen Berge sahen in einem bestimmten Licht wie die Pyrenäen aus. Sie hatten ihren Namen geändert, nicht weil sie Repressalien seitens Frankreichs fürchteten – die neue Regierung hatte sich bei Jacques in aller Form entschuldigt –, sondern weil sie sich zu einem Neuanfang entschlossen hatten.

Dann erschien der saudische König, er trug westliche Kleidung, vollführte mit dem rechten Arm die charakteristische Begrüßungsgeste der Beduinen, während er die Stufen vom Flugzeug herunterkam. In seiner Miene lag das Lächeln eines Mannes, dessen Ölindustrie wieder aufgebaut war und florierte, und er betrat amerikanischen Boden mit all dem Selbstvertrauen eines politischen Partners der Vereinigten Staaten.

Einige örtliche Fotografen machten ihre Aufnahmen, als der König direkt auf seinen ehemaligen Panzerkommandanten in Riad zuschritt und ihn umarmte. »Jacques«, rief er mit einem strahlenden Lächeln aus. »Oberst Jacques Gamoudi!«

In seiner rechten Hand hielt er ein Geschenk, eine ledergebundene, mit Goldschnitt versehene Erstausgabe von E. M. Forsters Two Cheers for Democracy. Als Widmung hatte er geschrieben: Für den Chasseur, meinen Freund ... as salam alaikum, Friede sei mit dir. Nasir.

ANMERKUNG DES AUTORS

Ich möchte betonen, dass es keineswegs meine Absicht war, die französische Nation als skrupellos und hinterhältig darzustellen. Ich habe lediglich einen Staat herausgegriffen, um dem Zweck dieses fiktionalen Werks zu entsprechen, das im Jahr 2010 spielt.

Ich hätte auch Großbritannien nehmen können, doch steht dieses Land den USA zu nahe und ist ihm loyal verbunden. Natürlich hätte ich mich für Deutschland oder Spanien oder sogar Irland entscheiden können, aber keines dieser Länder verfügt über die maritime Stärke und das Know-how Frankreichs.

Ich hoffe, ich habe die Franzosen gerecht und wirklichkeitsgetreu dargestellt, auch wenn ich sie manchmal als Helden und manchmal als Schurken auftreten lasse. Aber das gehört eben zu den Risiken beim Verfassen von »Techno-Thrillern« – die Schurken sind allesamt nur Fiktion, doch hole ich eben manchmal weit aus, und gelegentlich werden dabei ganze Nationen von meiner Tastatur, der weiß glühenden Lanze, versengt! Nichts für ungut (hoffe ich).