Hanser E-Book
Das verzehrende Leben
der Dinge
Versuch über die Konsumtion
Carl Hanser Verlag
ISBN 978-3-446-24857-1
Alle Rechte vorbehalten
© Carl Hanser Verlag München 2015
Umschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München
Motiv: Vincent van Gogh, Ein Paar Schuhe, © akg-images
Satz: Satz für Satz, Barbara Reischmann, Leutkirch
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Wir werden die Sofas, auf denen wir sitzen, und die Sofas werden wir.
Technisches Manifest der futuristischen Malerei*
Wir sind Ackerland für die Dinge.
Friedrich Nietzsche
Einleitung: Die Verbrauchskraft
Das Abfließen
Die Assimilation der Nahrung
Der belebende und der bereichernde Kreislauf:
William Harveys Blut und
François Quesnays Ökonomie
Produktivität der Natur und der Ökonomie
Die Arbeit des Feuers:
Von der Alchimie zur Industrie
Das Feuer der Arbeit
Wandlungen der Güterliebe
Anhang
Dank
Anmerkungen
Personenregister
Um Missverständnissen vorzubeugen: Dieses Buch ist kein weiterer Beitrag zur sogenannten Konsumtionsgeschichte, die seit etwa 30 Jahren die Güterkonsumtion aus ökonomischer, statistischer, soziologischer, psychologischer, ästhetischer, semiotischer, gendertheoretischer, kulturwissenschaftlicher und noch manch anderer Sicht darstellt. So vielfältig und komplex die Konsumtionsgeschichte ihren Gegenstand behandelt – sie ignoriert die Tatsache, dass Konsumtion letztlich das physische Zusammentreffen des konsumierten Objekts mit dem konsumierenden Subjekt bedeutet, mehr und genauer noch der Verzehr des einen durch den anderen. Nichts anderes besagt ja das lateinische consumere. Es bezeichnet den Verzehr des Brennstoffs durch das Feuer und der Nahrung durch den biologischen Organismus. Dass die klassische politische Ökonomie die Konsumtion als Vernichtung definiert, zeigt, dass sie anders als die neuere Konsumtionsgeschichte noch eine lebendige Vorstellung vom tatsächlichen Geschehen hat.1 Angesichts der digitalen Entwirklichung allen tatsächlichen Geschehens erscheint die Frage der konsumierenden Vernichtung gleichermaßen antiquiert wie aktuell. Antiquiert, weil in der virtuellen Welt die wirklichen Dinge eine immer geringere Rolle spielen. Aktuell, weil damit auch der Begriff und die Erfahrung der Konsumtionsvernichtung eine fundamental andere Bedeutung erhalten.
Dabei ist die ökonomische Bedeutung von Vernichtung naturgemäß enger und flacher als die existentielle, religiöse, philosophische und mythologische, obwohl alle diese in ihr mitschwingen. Am nächsten kommt der tief im kollektiven Unbewussten wurzelnden Vorstellung des Verbrauchs als Vernichtung noch der ökonomische Begriff des Gutes. Das Gut (the good, le bien, il bene) enthält die reine – geistige – Essenz der Dinge, die im Normalzustand hoffnungslos mit der unreinen niederen Materie vermischt ist. Sie aus dieser Mischung zu befreien ist die Aufgabe aller Vernichtung, die deshalb stets nur Vernichtung des Unrein-Niederen, nie des Rein-Geistigen ist. Im Gegenteil, ihr Ziel ist die Erlösung des Rein-Geistigen von seiner Verstrickung ins Unrein-Materielle, wie in der alttestamentarischen Apokalypse und den zahlreichen Versionen der Weltvernichtung im Weltbrand. In den Mythen der Kulturbildung und im Märchen vom Prinzen, der in eine Kröte verwandelt wird, bedeutet die Tötung des Ungeheuers das Ende der niederen Materie und den Aufbau der höheren geistigen Kultur aus dem zerstückelten oder zerschmetterten Urkörper. Der viehzüchtende Nomade Abel wird vom agrikulturellen Kain getötet. Die vom Pflug aufgerissene Erde, das vom Mühlstein zermalmte Korn, die in der Presse zerquetschte Traube und Olive sind Kulturleistungen ersten Ranges. Für die Klassiker der frühkindlichen Psychoanalyse (Melanie Klein, Winnicott) sind die Akte infantiler Objektzerstörung nichts anderes als erste Schritte der Ichwerdung gegen die fremde, feindliche Umwelt. Miltons Satan und Goethes Mephisto sind Vernichtungskräfte, die das Gute hervorbringen, indem sie das Böse anstreben.
Auf nichts anderes zielt die Vernichtung in der Konsumtion. Das Reine, das sie aus der Vermischung mit dem Unreinen zu befreien sucht, ist der Nutzen des Gutes. Dass das Gut als materieller Träger des Nutzens dabei verlorengeht, erinnert an bestimmte militärische Operationen, bei denen die Rettung einer strategisch wichtigen Position deren Vernichtung bedeutet. Aber was ist und, vor allem, wie vollzieht sich eigentlich der Verbrauch von Dingen durch den Menschen?
Bei der Konsumtion von Nahrung ist der Fall klar. Nahrung wird einverleibt, verdaut, assimiliert, in ihrer ursprünglichen Form vernichtet und umgewandelt in die Körpersubstanz des Konsumenten. Wie aber soll man sich die Konsumtion der nicht essbaren Dinge vorstellen? Ein Tisch, ein Stuhl, ein Rock, ein Schuh wird nicht wie ein Butterbrot verzehrt, sondern benutzt und gebraucht. Der Gebrauch tut diesen Dingen augenscheinlich nicht dasselbe an wie der Verbrauch der Nahrung. Die komische Ausnahme ist der von Charlie Chaplin in Goldrausch zum Verzehr gekochte Schuh. Warum lässt die Ökonomie, die so entschieden vom Gebrauch spricht (etwa in der Gegenüberstellung von Gebrauchswert und Tauschwert), diesen ihr offenbar zentralen Terminus im Begriff des Verbrauchs verschwinden?
Der Augenschein täuscht. Nur im Moment des Gebrauchs erscheint das Objekt physisch unverändert. Über einen längeren Zeitraum hin zeigen sich an ihm Spuren des Gebrauchs und der Abnutzung. Vielbenutzte Treppenstufen werden ausgetreten, Kleidungsstücke (wie der Mantel in Gogols Erzählung) abgetragen. Die Lippen der Gläubigen tragen im Lauf der Jahrhunderte einen sichtbaren Teil der Ikonen ab. Wo bleibt in allen diesen Fällen die verschwundene Materie?
Findet nach den Gesetzen der Aktion, der Reaktion und der mechanischen Friktion ein mikroskopischer Transfer vom benutzten Objekt auf den Benutzer statt, vergleichbar dem Sand im Stundenglas, der von der oberen in die untere Hälfte fließt, oder dem Gummi des Autoreifens, der sich als Bremsspur auf die Straßendecke überträgt? Küsst der Gläubige den Fuß des Michelangelo-Moses im Petersdom nicht in derselben Erwartung, mit der er im Brot und im Wein des Abendmahls das Blut und das Fleisch Christi in sich aufnimmt?
Es bedurfte nicht der Psychoanalyse, um den Anfang des menschlichen Verhältnisses zur Außenwelt mit der oralen Phase gleichzusetzen. Und seit es die Ökonomie als System der Befriedigung der materiellen Bedürfnisse des Menschen gibt, also seit Aristoteles, wird die Nahrung als Basis alles Ökonomischen angenommen. Auf ihr baut sich alles Weitere auf: Bekleidung, Behausung, Luxus. Dass der Gebrauch aller, auch der nicht essbaren Dinge, ökonomisch als ihr Verbrauch bezeichnet wird, erklärt sich also damit, dass die Ökonomie mit der Nahrungsbeschaffung begann und sich von diesem Ursprung so wenig lösen kann wie der Erwachsene von seiner Kindheit. Bevor wir sehen, wie auch die politische Ökonomie im 18. Jahrhundert bei der Neuerfindung des Ökonomischen zu den Quellen des Nahrungskomplexes zurückkehrte, wollen wir noch einmal einen Blick auf die Vorstellung vom Verbrauch als einer Art Transfer des Verbrauchten auf den Verbraucher werfen.
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Jeder kennt das Gefühl, dass Gegenstände durch ihren täglichen Gebrauch vertraut werden, dass sie scheinbar etwas von der eigenen Person annehmen. Das ist ein aus der Literatur bekanntes Motiv. Von einer der Figuren in Balzacs Comédie humaine heißt es: »Und welche Kommentare über sein Leben und seine Sitten standen nicht für jeden, der die Kleidung eines Menschen zu entziffern versteht, in dem geschrieben, was er anhatte …«2
Knut Hamsun lässt in seinem Roman Hunger den Ich-Erzähler eine Art unio mystica mit seinen Schuhen erleben. In einem Moment Bergson’scher Unwillkürlichkeit versetzt ihr Anblick ihn in eine »phantastische, fremdartige Stimmung«. Ihm ist, »als hätte ich einen guten Freund getroffen und einen losgerissenen Teil meines Selbst wiederbekommen; ein Wiedererkennungsgefühl durchzittert meine Sinne, Tränen treten mir in die Augen, und mir ist, als seien meine Schuhe ein leise rauschender Ton, der mit entgegenschlägt. …Wie wenn ich meine Schuhe nie zuvor gesehen hätte, fange ich an, ihr Aussehen zu studieren; ihre Mimik, wenn ich den Fuß bewege; ihre Form, das abgenützte Oberleder, und dabei entdecke ich, dass ihre Falten und weißen Nähte ihnen Ausdruck verleihen, ihnen Physiognomie geben. Etwas von meinem eigenen Wesen war in diese Schuhe übergegangen, sie wirkten auf mich wie ein Hauch gegen mein eigenes Ich, ein atmender Teil von mir selbst.«3
Schließlich ein nichtliterarischer Text Flauberts. In einem Brief an Louise Colet beschreibt er, wie »allein der Anblick eines alten Paar Stiefels etwas zutiefst Trauriges und bitterlich Melancholisches« (melancolie amère) habe. »Wenn man an all die Schritte denkt, die man darin gemacht hat, um wer weiß wohin zu laufen, an all das Gras, durch das man gestreift ist. An all den Dreck, den man sich aufgesammelt hat … das geplatzte Leder, das da auseinanderklafft, sieht aus, als wolle es einem sagen: ›… und nun, du Esel, kauf dir neue, gelackt, glänzend, krachend, die werden auch wie ich, wie du eines Tages, wenn du viele Stiefelschäfte verfleckt und viele Oberleder durchgeschwitzt haben wirst.‹«4
Van Goghs Gemälde Schuhe hat seit Heideggers Kunstwerk-Aufsatz vielleicht deshalb immer wieder die existentialphilosophische Aufmerksamkeit auf sich gezogen5, weil es den merkwürdigen Übergangszustand von Gebrauch in Verbrauch darstellt. Die unausgesprochene Botschaft lautet: Der Preis für den Gebrauch der Dinge ist ihr Verzehr. Da es sich offenkundig nicht um einen Verzehr im Sinne einer Einverleibung handelt, spricht der Volksmund instinktsicher vom Zahn der Zeit, der an den Dingen nagt – ohne sie zu verschlingen.
Georg Simmels Denkbild der Ruine weist in ebendiese Richtung. Seine Ruine ist nicht das durch künstliche menschliche Einwirkung (Bomben, Dynamit), sondern durch natürlichen Verfall (Witterung, Zahn der Zeit) teilzerstörte Bauwerk. Der natürliche Verfall menschengemachter Dinge ist nichts anderes als die von der Natur praktizierte Form des Verbrauchs. Für Simmel besteht die Faszination der Ruine darin, dass die vom Menschen vorübergehend in die Form eines künstlichen Produkts gezwungene Natur sich hier erneut und mit Macht regt. »Der Verfall (ist) die Rache der Natur für die Vergewaltigung, die der Geist ihr durch die Formung nach seinem Bilde angetan hat.«6
Van Goghs Schuhe sind Ruinen im Sinne Simmels, weil ihr Verbrauch durch menschliche Benutzung reiner Naturverbrauch ist. Die von der Natur des Fußes, seiner Physiologie, dem Schuh verpasste Modellierung ist die Zerstörung von dessen ursprünglich »künstlicher« – ihm in der Produktion verliehenen – Form. Mehr noch, mit seiner Ausdünstung durchdringt der Fuß das Oberleder und die Innensohle, assimiliert es auf eine der organischen Assimilation ähnliche Weise. Das Gefühl der Zugehörigkeit der Dinge des täglichen Gebrauchs zum eigenen Körper hat hier seinen physiologischen Grund.
Eine Allegorie des Verhältnisses von Assimilation, Verbrauch und Ruinierung kann man das Krawattenritual nennen, dem um 1800 der englische Dandy Beau Brummell einen Teil seiner Berühmtheit verdankte. Es begann damit, dass sein Diener ihm auf einem Tablett mehrere frisch gestärkte linnene Halstücher (die damalige Form der Krawatte) vorlegte. Brummell wählte eines davon aus. Durch Anheben des Kinns machte er den Hals frei für das Anlegen des Tuchs – eine scheinbar einfache, tatsächlich aber raffiniert luftige Bindung. Der letzte und entscheidende Schritt bestand im langsamen Absenken des Kinns, dergestalt, dass es mit seiner Unterseite das Tuch in Falten presste. Die Faltung war ein Produkt des Zufalls und der Willkür, oder mit dem damals herrschenden philosophisch-literarischen Modebegriff zu sprechen: des Genies. Zum Brummellschen Ritual gehörte, dass es bei unbefriedigendem Ergebnis so lange wiederholt wurde, bis die Faltung ästhetisch perfekt war. Eine misslungene Krawatte erhielt keine zweite Chance. Es galt Balzacs unerbittlicher Satz: »La cravate c’est l’homme.«
Brummells Krawattenverbrauch war conspicuous consumption in reinster, dem Zerstörungsritual des Potlatsch nahekommender Form. Zugleich aber war er ein Akt der Produktion. Denn aus der Zerstörung (Konsumtion, Ruinierung) des frischen Tuchs ging die Krawatte hervor. Seine Krawattenproduktion folgt demselben Gesetz wie die Produktion von Omeletts aus zerschlagenen Eiern und von Tischen aus gefällten Bäumen. Die Ökonomie hat dafür die Zwillingsbegriffe der »produktiven Konsumtion« und »konsumtiven Produktion« geprägt.
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Niemand war im 19. Jahrhundert von der Identität von Konsumtion und Produktion so besessen wie Karl Marx. Sätze wie »Die Produktion ist unmittelbar Konsumtion, die Konsumtion ist unmittelbar Produktion« (Grundrisse) durchziehen wie das Thema einer Fuge sein gesamtes Werk. Dass die Nahrungsaufnahme und Verdauung in allen ökonomischen Theorien als die Urkonsumtion verstanden wird, haben wir bereits gesehen. Doch während dies gewöhnlich nur nebenbei erwähnt wird, macht Marx daraus einen Kult. Von der Physiologie seiner Zeit übernahm er den Begriff des Stoffwechsels und inthronisierte ihn als die Zentralmetapher seiner Produktions-Konsumtions-Theorie. Die produktive Arbeit, heißt es in der berühmten Stelle im Kapital, »verbraucht ihre stofflichen Elemente, ihren Gegenstand und ihr Mittel, verspeist dieselben und ist also ihr Konsumtionsprozeß«.7
Ohne Marx’ sprachmächtige Metaphorik hätte das Begriffspaar der produktiven Konsumtion und der konsumtiven Produktion wohl kaum die Karriere gemacht, die bis zu Joseph Schumpeters schöpferischer Zerstörung und schließlich zum ökologischen Problembewusstsein der zerstörerischen Konsumtion der Natur durch die Produktion führte 8 Dabei erkannte Marx nicht als Erster das Janusgesicht der Konsumtion. 50 Jahre vor ihm nahm Jean-Baptiste Say in seinem Traité d’économie politique (1803) das alles vorweg. Sein Beispiel der Suppe, die vom Arbeiter konsumiert und, in Arbeitskraft umgewandelt, sich auf das Produkt übertrage (»On change de la soupe en mousseline«), könnte bis in den Sprachwitz hinein von Marx stammen.9
Aber auch Say war der Erste nur darin, dass er der Sache einen neuen Namen gab. Was die Sache selber betraf, stand er auf den Schultern anderer, und zwar nicht auf denen seines Lehrmeisters und Vorbilds Adam Smith, für den die Konsumtion so selbstverständlich das Ziel aller Produktion war, »that it would be absurd to attempt to prove it«. Zu den Ironien der Geistesgeschichte der Ökonomie gehört, dass der Begründer der Theorie der industriellen Produktion einem traditionellen Begriff der Produktion anhing, während die scheinbar anachronistische Theorie, gegen die er sich durchsetzte, einen ungleich moderneren Produktionsbegriff vertrat.
Die scheinbar anachronistische Theorie war die der Physiokratie, nach der allein die Landwirtschaft in ihrer Produktion neue Werte schuf, während die Industrie, die vorhandene Rohstoffe zu fertigen Produkten verarbeitete, steril blieb. Diese Fixierung auf die »alte« und Missachtung der »neuen« Industrie rückte die Physiokratie in dem Maße an den Rand der ökonomischen Diskussion, in dem die industrielle Revolution sich als die Siegerin der Geschichte und die Landwirtschaft als ein zwar notwendiger, aber allem Fortschritt entgegenstehender Zweig der Ökonomie erschien. Die Situation ähnelte dem heutigen Verhältnis der »modernen« Dienstleistungs- und Informationsökonomie zur Realwerte produzierenden Industrie.
Was aber war am Produktionsbegriff Adam Smiths traditionell? Was machte trotz der entschiedenen Unmodernität der Landwirtschaft den Produktionsbegriff der Physiokratie »modern«? Und wie konnte es dazu kommen, dass die industrielle Ökonomie unter der Fahne von Adam Smiths Produktionsbegriff schließlich den Sieg über jene davontrug?
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Adam Smiths Produktionsbegriff ist anthropozentrisch. Schon der für seine Theorie zentrale Terminus »division of labour« verweist darauf. Was geteilt wird, ist die ursprünglich ganze Arbeit des Menschen, die man mit dem aristotelischen Begriff der Poiesis bezeichnen kann. Sie besteht aus dem Zusammenspiel des menschlichen Geistes und der menschlichen Hand bei der Bearbeitung eines Stücks roher Natur und seiner Umformung in ein Kulturprodukt, egal, ob es sich um die Herstellung eines Armreifs oder den Bau eines Hauses handelt. Ohne den Einsatz der menschlichen Hand ist keine Poiesis vorstellbar. Dass die Hand mittels Werkzeugen und Maschinen ihren Wirkungskreis extrem erweitern kann, ändert nichts daran, dass sie die Quelle aller Poiesis bleibt. Keine noch so fortgeschrittene manufakturelle Arbeitsteilung macht ihr dieses Privileg streitig.
Ganz anders der physiokratische Produktionsbegriff. Er ist nicht anthropozentrisch, sondern physiozentrisch konzipiert. Nichts anderes besagt der Kernsatz der Physiokratie über die Natur als den einzig realen Produzenten. Real ist für das physiokratische Denken das Produkt der Natur darin, dass es zuvor keine Existenz hatte. Daher auch die andere physiokratische Definition: Das Produkt der Natur sei ihr Geschenk an den Menschen. Das ausgesäte Weizenkorn vervielfältigt sich in der Erde ohne Zutun des Menschen allein durch die »Arbeit« der Natur, die aus diesem Grunde physiokratisch verstanden nicht Arbeit, sondern Schöpfungskraft ist.
Nicht ex nihilo entsteht das physiokratische Produkt, wohl aber aus den Naturbestandteilen Samen, Erde, Wasser, Luft, Licht. Deren Zusammenwirken ist das Urmodell der produktiven Konsumtion. Das Weizenkorn entnimmt, wie jeder Organismus, seine Nahrung, die zu seinem Wachstum und seiner Reifung erforderlichen Stoffe und Kräfte aus der Umwelt, konsumiert und assimiliert sie sich und wird zur Pflanze, deren vervielfachte Frucht im physiokratischen Sinne reales Produkt ist. Grundsätzlich nicht anders verstehen die Physiokraten die industrielle Produktion als »die Formung eines Stücks Rohstoff durch die Konsumtion anderer Naturprodukte mit dem Ziel, daraus ein nützliches Produkt hervorgehen zu lassen«.10 »Steril« ist das Industrieprodukt, weil die Arbeit, die es enthält, selber Naturprodukt ist: Nahrung (Says Suppe!), die sich, in Arbeit umgewandelt, also konsumiert, vernichtet, auf das Industrieprodukt überträgt. Das aber ist für den Physiokraten keine produktive Wertschöpfung, sondern ein steriler Nullsummen-Vorgang. Für den älteren Mirabeau sind nur Lebewesen zur produktiven Konsumtion fähig, weil sie ihre Nahrung ständig, auch im Schlaf, assimilieren, »was man von einem Ballen Seide oder Wolle nicht sagen kann«.11
Wie sehr die Ontologie des Produkts als Synthese von Material und Arbeit die Physiokratie beschäftigte, zeigt schließlich die Überlegung ihres Begründers François Quesnay, ob ein Schuster, der ein Paar Schuhe verkauft, »damit sowohl das Leder, aus dem er es gefertigt hat, als auch seine Arbeit verkauft«.12 Man fühlt sich an Alice im Wunderland erinnert, die sich angesichts der Grinsekatze (Cheshire Cat) verwundert, oft habe sie »a cat without a grin« erlebt, nie aber »a grin without a cat«.
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Man versteht die Physiokratie, ihr Produktionsideal der Landwirtschaft und ihren Anspruch auf ökonomische Allgemeingültigkeit erst, wenn man sie im Zusammenhang mit dem Paradigmenwechsel des 18. Jahrhunderts vom mechanistischen zum vitalistischen Weltbild sieht. Die Natur, das von Gott aufgezogene Uhrwerk der Welt, wurde zum lebendigen, sich aus eigener Kraft bewegenden und reproduzierenden Organismus. Analog die Ökonomie: Als Handelsökonomie weniger an der Produktion als an der Distribution der Güter interessiert, war sie eine Art Uhrwerk der Verteilung. Im Zeitalter der Mechanik und des Merkantilismus wurden die Dinge nicht hervor-, sondern an sich gebracht.13 Kein Zufall, dass die Biologie und die Politische Ökonomie als neue Wissensdisziplinen etwa gleichzeitig entstanden und eine zum Verwechseln ähnliche Vorstellung von der Entstehung des Lebens und des Reichtums hatten. Wie die Lebenskraft der Biologie die Selbstgeneration und die potentiell unendliche Vermehrung der Lebewesen, so ermöglichte die Produktivkraft der Ökonomie die potentiell grenzenlose Steigerung der Güterproduktion.
Einen Begriff von der Grenzenlosigkeit der biologischen Vermehrung gibt Buffon mit seinem Beispiel des Ulmensamens, der ohne die Nahrungskonkurrenz anderer Lebewesen in 150 Jahren zu einem die gesamte Erdoberfläche bedeckenden Ulmenwald, ja eigentlich sogar zu einer soliden Nutzholzmasse von 1.000.000.000.000 Kubikmeilen würde.
Ein anderes Beispiel für die unendliche Produktivität und Manipulierbarkeit, die das 18. Jahrhundert der Lebenskraft zuschreibt, ist Linnés Plan, in Lappland (»unser Westindien«) Zimt und Orangen zu kultivieren.14 Die ökonomische Konsequenz der botanischen Schwärmerei war die Agrarrevolution. Sie ging der industriellen nicht nur chronologisch voraus, sondern bestimmte sie fast genetisch. In der Definition der Landwirtschaft als manufacture d’institution divine15 zeigt sich der völlig unromantische Rationalismus der Physiokratie. Mirabeau der Ältere, von dem diese Definition stammt, hätte ebenso gut den Acker als eine Maschine zur Herstellung von Getreide bezeichnen können.
Damit kommen wir zurück zur Frage: Was war modern am Produktionsbegriff der Physiokraten? Und wie kam es, dass am Ende nicht die Physiokraten, sondern Adam Smith mit dem Großen Sprung der industriellen Revolution identifiziert wurde?
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Die Definition des physiokratischen Ackers als eine Fabrik oder eine Maschine zur Produktion von Weizen ist das missing link zwischen Landwirtschaft und Industrie. Und zwar nicht der noch weitgehend mit der menschlichen Hand operierenden manufakturellen Industrie Adam Smiths, sondern der 100 Jahre später voll entfalteten automatisierten Produktionsweise. Es ist, als seien die Selbsttätigkeit und die Selbstproduktion der Natur, die die Physiokraten im Acker am Werk sahen, auf die Maschinerie übergegangen. In einem Gedankenexperiment kann man die Passage in den Grundrissen, in der Marx die Industrieproduktion als selbsttätigen, vom Arbeiter emanzipierten Maschinenvorgang schildert, ins Physiokratische zurückübersetzen. Man ersetze lediglich die Worte »Maschine« und »Maschinerie« durch »Acker« und »Erde« und den Arbeiter durch den Bauern:
Die Maschine erscheint in keiner Beziehung als Arbeitsmittel des einzelnen Arbeiters. Ihre differentia specifica ist keineswegs, wie beim Arbeitsmittel, die Tätigkeit des Arbeiters auf das Objekt zu vermitteln; sondern diese Tätigkeit ist vielmehr so gesetzt, dass sie nur noch die Arbeit der Maschine, ihre Aktion auf das Rohmaterial vermittelt – überwacht und sie vor Störungen bewahrt. Nicht wie beim Instrument, das der Arbeiter als Organ mit seinem eigenen Geschick und Tätigkeit beseelt, und dessen Handhabung daher von seiner Virtuosität abhängt. Sondern die Maschine, die für den Arbeiter Geschick und Kraft besitzt, ist selbst der Virtuose, der eine eigene Seele besitzt und in den in ihr wirkenden mechanischen Gesetzen und zu ihrer beständigen Selbstbewegung, wie der Arbeiter Nahrungsmittel, so Kohlen, Öl etc. konsumiert … Die Tätigkeit des Arbeiters, auf eine bloße Abstraktion beschränkt, ist nach allen Seiten hin bestimmt und geregelt durch die Bewegung der Maschinerie, nicht umgekehrt.16
Mit seinem anthropozentrischen Verständnis der Produktion hatte Adam Smith zu dieser vom Menschen emanzipierten Produktionsrealität keinen Zugang. Bevor er der Theoretiker und Prophet der industriellen Massenproduktion werden konnte, musste er sich von seinem handwerklichen Produktionsbegriff trennen. Das geschah auf dem Umweg über die Arbeitsteilung. Die wurde für ihn das Instrument der Liquidierung des Handwerks. Offenkundig war dies eine Möglichkeit, um zur Vorstellung einer vom einzelnen Menschen und seiner Poiesis abgelösten unpersönlichen Arbeit zu gelangen.
Ein anderer führte über die Bewegungen der Himmelskörper. Den jungen Adam Smith interessierten sie so sehr, dass er über sie ein Buch – The History of Astronomy – schrieb. Die Kraft, die das Sternensystem bewegte und zusammenhielt, nannte er: invisible chain. Als er später für das vom menschlichen Einzelwillen unabhängige ökonomische Geschehen das Bild der invisible hand prägte, war dies eine leicht erkennbare Übertragung. Aber war der Weg, der die Physiokraten über die Landwirtschaft zur modernen Ökonomie führte, nicht auch ein Umweg? Und beginnt der Weg jeder Avantgarde nicht häufig dort, wo die Verhältnisse am rückständigsten sind?
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Es ist Zeit, von der produktiven zur eigentlichen Konsumtion, dem Endverbrauch durch das Individuum, zurückzukehren. Fast möchte man es eine Reise nennen, die hier ihren Abschluss findet. Am Beginn steht die Begegnung des Konsumenten und des Konsumgegenstands auf gleicher Augenhöhe. Das handwerklich gefertigte Ding zeigt unübersehbar die Spuren seiner individuellen Entstehung. Es ist der Abgesandte, der seine Nachricht – die Poiesis des Herstellers – auf dem kürzesten Weg zum Konsumenten bringt. Alle drei sprechen die gleiche Sprache. Die Handarbeit des Produzenten gelangt unverfälscht in die Hände des verbrauchenden Empfängers. Unverfälscht, weil auch die handwerkliche Arbeit »produktive Konsumtion« ist. Vom Gegenstand verzehrt, absorbiert, assimiliert, wird sie der Gegenstand. Sie kann nicht wie das Lewis-Carroll’sche Katzengrinsen körperlos herumirren.
Dieses Goldene Zeitalter findet, wie unzählige Male beschrieben und beklagt, in der Maschinisierung und Industrialisierung der Produktion sein Ende. Wie die große Industrie in der Produktion den Arbeiter, so ergreift in der Konsumtion das serielle Massenprodukt den Konsumenten. Beide werden zum winzigen Anhängsel mächtiger Apparate. Fabrik und Warenhaus sind nur die entgegengesetzten Enden ein und derselben Sache.
Das Verhältnis von industrialisierter Güterwelt und individueller Konsumtion lässt sich mit dem Modebegriff der Asymmetrie charakterisieren. Anstatt auf gleicher Augenhöhe und im »Duell« begegnet der Verbraucher seinem Gegenstand en masse, wie einer Phalanx oder einer Lawine. Oder vielmehr: Er begegnet immer noch dem einzelnen Gegenstand, aber dieser ist klar erkennbar nicht mehr »Individuum«, sondern Atom einer gleichförmigen seriellen Masse. Es ist umgekehrt wie im Straßenverkehr, der nicht aus Menschen, sondern aus Autos zu bestehen scheint. Doch während man, wenn man genau hinschaut, im Auto den Fahrer erkennt, erweist sich der Konsumgegenstand bei genauerem Hinschauen zunehmend als das, was er tatsächlich ist: die Kopie einer industriellen Massenauflage. Die Kopie enthält keine menschliche Spur mehr.
Je höher entwickelt, mechanisiert, rationalisiert und automatisiert die Produktionstechnik, umso unpersönlicher, gesichtsloser, »kälter« die von ihr ausgestoßenen Produktkopien. Nach dem ökonomischen Gesetz des mit dem geringsten Aufwand zu erzielenden größten Ertrags verändert sich auch die materielle Konsistenz des Produkts. Sein »spezifisches Gewicht« nimmt ab. Mit jedem Produktivitätsschub wird es leichter und billiger, bis die Wertminderung sich als zunehmende Minderwertigkeit erweist: als Schund.
Dieser Prozess kommt zu keinem Ende, weil die Dematerialisierung endlos fortschreitet, mit der Folge, dass das, was gestern noch Schund war, am neuesten Stand der Verschundung gemessen, bereits heute solide, gewichtig, fast generös erscheint. Die industrielle Nostalgie findet auf den Flohmärkten statt, den Erholungsreservaten des von der Massenproduktion gebeutelten Konsumenten.
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Der Gebrauch und die Konsumtion der aktuellen Massenproduktion bleiben davon nicht unberührt. Am Beispiel van Goghs, Flauberts und Hamsuns sahen wir, was sich im Gebrauch der Dinge durch den Menschen abspielt. Die Gebrauchsspuren, die der Benutzer an den Schuhen hinterlässt, sind der Abdruck seiner persona, fotografisch gesprochen: die Fixierung seiner physischen Emanation in ihrem Material.17 Bildlich kann man sich den Vorgang vorstellen als ein Hinüberfließen des personalen Fluidums des Trägers auf den Gegenstand.
Gleichzeitig verläuft dieser Strom jedoch in der umgekehrten Richtung. Denn in dem Maße, in dem der nagelneue, fabrikfrische Schuh durch den Fuß seines Träger-Besitzers zum gebrauchten wird, überträgt sich seine industrielle Uniformität auf den Fuß und seinen Träger. In der anfänglichen Unbequemlichkeit neuer Kleider und Schuhe wird die Differenz von individuellem Verbraucher- und seriellem Produktkörper fühlbar. Hört das Zwicken und Zwacken nach einigen Tagen auf, ist der Körper des Trägers ein weiteres Stück industrialisiert.
Was Virginia Woolf in anderem Zusammenhang18 über die Kleidung sagt, gilt für alle industriell hergestellten Gebrauchsgegenstände: Wir tragen und benutzen sie, aber ebenso tragen und benutzen sie uns. Sie sind Doppelagenten, mit denen die Industrie die intimste menschliche Lebenssphäre infiltriert. Wie weit diese strategische Mimikry geht, zeigen die industriellen Verfahren der Nostalgifizierung. Die Gebrauchsspuren, die zu hinterlassen in früheren Zeiten dem individuellen Konsumenten vorbehalten war, werden heute in die serielle Fertigung z. B. künstlich ausgeblichener und abgetragener Jeans einbezogen.
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Doch nun endlich zur Verbrauchskraft. Das Wort, das man in keinem Wörterbuch und Lexikon findet, wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Hegelschüler, Ideenhistoriker und philosophisch-politisch-ökonomischen Denker Lorenz von Stein geprägt. Er war Zeitgenosse von Marx und wie dieser stark beeinflusst von der zeitgenössischen Biologie. Seine Terminologie ist biologisch gesättigt, etwa wenn er, wie Marx, von der Einverleibung der Naturkräfte in den Produktionsprozess spricht. Der Neologismus Güterleben, den er selbstbewusst an die Stelle der Nationalökonomie und der Politischen Ökonomie setzt, ist keine stilistische Willkür. Stein meint damit tatsächlich das Leben der Güter. Das Gut aber ist für ihn anders als die Ware bei Marx etwas, dessen Dasein sich nicht in seiner Marktfunktion erschöpft. Es ist mindestens ebenso vom Menschen und seiner physischen Natur geprägt, »sein persönliches Leben in der Welt der Dinge … der wirtschaftliche Körper des Menschen«.19
Verbrauchskraft ist, was im Vorgang der Konsumtion zwischen dem Gut und dem Konsumenten geschieht. Sie ist eine Art wechselseitigen Einander-Abarbeitens, ein »Duell«, bei dem das Gut einen Widerstand darstellt bzw. leistet, den der Verbraucher, um in den Genuss des Nutzens zu gelangen, zu überwinden hat. Mit dem Satz: »Eine solche bestimmte Konsumtionskraft hat sowohl der einzelne Mensch als der Gegenstand«20 erklärt Stein das Gut zum gleichberechtigten Partner und Gegenspieler des Menschen im Konsumtionsverhältnis.
Wohlgemerkt, es handelt sich hier nicht um die konsumtive Produktion, in der das Gut entsteht, sondern um die individuelle Endkonsumtion, in der es zugunsten des Konsumenten vernichtet wird. Aber wird durch diese »produktive Konsumtion« der Endkonsument nicht seinerseits zum »Gut«?
Dieser Zirkelschluss lässt sich vermeiden, wenn man mit Alfred Marshall die individuelle Endkonsumtion als »negative Produktion«21 oder, wie man auch sagen könnte, als Produktion im Rückwärtsgang versteht. Sie wäre dann das Herausholen oder Absaugen des Nutzens, den die Produktion zuvor in das Gut hineinarbeitete. Lebhafte Einblicke, wie man sich das vorzustellen hat, liefert Gaston Bachelard in seiner Psychoanalyse der Materie in La terre et les rèveries de la volonté. Die hier geschilderten Szenen zwischen der Materie und dem Ich könnten ebenso gut Produktions- wie Konsumtionsakte sein. Übergeordnet ist der Begriff des Kampfes und des Kräftemessens zwischen dem Ding und dem Ich. Formulierungen wie »Die Materie offenbart uns unsere Kräfte«, »Das Gleichgewicht zwischen unserer Kraft und dem Widerstand der Materie«, »Provokation der Materie«, »Wut der Materie«, »Kampf gegen die Substanzen« (»la matière nous révèle nos forces«, »l’équilibre de notre force et de la resistance de la matière«, »provocation de la matière«, »colère de la matière«, »matière domptée«, »combat contre les substances«) suggerieren ein gewalttätiges Geschehen, das jedoch zugleich die intimste Vereinigung zum Ziel hat. Deutlicher als mit der Erwähnung des Aktes der pénétration matérielle, dem die intimités du sujet et de l’objet (qui) s’échangent22 folgen, lässt sich die erotische Seite der Konsumtion nicht aussprechen. Hier hat das uralte Klischee vom verweichlichenden und entkräftenden Einfluss der Luxuskonsumtion seinen Ursprung. Hier vollzieht sich zwischen dem materiellen Gut und dem es ge- und verbrauchenden Menschen ein dem biologischen Geschehen der Nahrungsassimilation vergleichbarer, ja letztlich von dieser als Urtyp sich herleitender Vorgang der Güter-Assimilation.
Daher der Vorschlag, die beiden ökonomischen Begriffe des Gebrauchswerts und des Tauschwerts durch den des Verbrauchs- oder Assimilationswerts zu ergänzen. Der Assimilationswert wäre demnach ein Verwandter des Gebrauchswerts, weil er sich wie dieser auf die physisch-materielle Seite des ökonomischen Gegenstands bezieht. Er sucht den physischen Vorgang der Konsumtion zu beschreiben. Er fragt, wie diese die beiden daran beteiligten Seiten – den Konsumenten und das Gut – erfasst und verändert. Er bezeichnet das Maß, in dem diese beiden Parteien sich aneinander abarbeiten und dabei in ihrer materiellen Substanz abnutzen und erschöpfen.