Estep, Jennifer Kill the Queen

Lesen was ich will!
www.lesen-was-ich-will.de

 

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Vanessa Lamatsch

 

© Jennifer Estep 2018
Published by Arrangement with Jennifer Estep
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Kill the Queen« bei Harper Voyager, New York 2018
© ivi, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2020
Karte: Virginia Norey
Covergestaltung: zero-media.net, München
Coverabbildung: FinePic®, München

 

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Widmung

Für meine Mom, meine Grandma und Andre – für eure Liebe, eure Geduld und alles andere, was ihr mir über die Jahre geschenkt habt.

 

Und für mein Teenager-Ich, das jedes Fantasy-Epos verschlungen hat, das es in die Finger bekommen konnte – dafür, dass du endlich dein eigenes High-Fantasy-Buch geschrieben hast.

Karte

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Zitat

Die Herrinnen des Sommers sind schön und apart
Mit hübschen Bändern und Blumen so zart.

 

Die Herrinnen des Winters sind kalt und hart
Eisige Kronen aus Splittern sind ihre Art.

Bellonischer Kinderreim

Teil I

Das königliche Massaker

1

Der Tag des königlichen Massakers begann wie jeder andere.

Damit, dass ich etwas vollkommen Nutzloses tat.

»Warum muss ich den Kuchen backen?«, grummelte ich.

Ich starrte auf das Mehl, den Zucker und die Butter, die auf dem Tisch aufgereiht standen, zusammen mit Messbechern, einem kleinen Messer, einem Nudelholz und einer Schüssel voller Honigmoosbeeren und Blutkrisp-Äpfel.

Isobel machte eine Geste mit ihrer Hand, die die Zutaten einschloss. »Es ist ein Zeichen des Respekts, dass ein Mitglied der königlichen Familie den traditionellen Willkommenskuchen für den andvarischen Botschafter anfertigt. Lord Hans hat für das heutige Mittagessen Moosbeeren-Apfelkuchen verlangt.«

»Du bist doch die Küchenmeisterin, nicht ich«, murrte ich. »Du solltest den Kuchen backen. Deine Magie wird dafür sorgen, dass er fantastisch schmeckt und aussieht.«

Meister waren diejenigen, deren Magie ihnen erlaubte, mit besonderen Objekten oder Elementen zu arbeiten, wie Metall, Glas und Holz, um erstaunliche Dinge zu schaffen. Isobels Macht half ihr, unglaubliche Nachspeisen aus ganz normalem Mehl, Zucker und Butter zu zaubern, weswegen sie auch seit über zwanzig Jahren die oberste Bäckerin hier im Palast der Sieben Türme war.

Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Ich mag eine Küchenmeisterin sein, aber die Andvarianer haben sehr feine Sinne. Sie würden merken, wenn ich den Kuchen an Eurer Stelle backe. Sie können die Absichten jeder Person, die mit ihrem Essen in Berührung kommt, erschnuppern, selbst wenn es nur um den Diener geht, der ihren Wein einschenkt. Das ist einer der Gründe, warum man sie nicht vergiften kann.«

Ich schnaubte. »Das ist doch nur ein altes Märchen, das die Andvarianer selbst in die Welt gesetzt haben, um zu verhindern, dass Leute versuchen, sie zu vergiften. Ihre Sinne sind nicht besser als die von allen anderen auch. Nur Murkse wie ich besitzen diese Art von Magie.« Ich tippte mir auf die Nase. »Ich mag ja einen verstärkten Geruchssinn haben, aber selbst ich kann nicht die Absichten von Leuten erschnüffeln.«

Isobel runzelte die Stirn. »Ihr wisst, dass ich das Wort ›Murks‹ nicht mag, besonders, wenn es auf Euch angewendet wird.«

Für Murkse interessierte sich eigentlich niemand, weil unsere Magie uns nichts schaffen ließ – im Gegensatz zu den Meistern, die heiß umworben waren und für ihre eindrucksvollen Fähigkeiten bewundert wurden. Die meisten Murkse hatten nur einen kleinen Funken Macht, ein kleines bisschen, das irgendetwas an ihnen verstärkte, wie meine superempfindliche Nase. Das ging kaum als Magie durch, besonders, wenn man es mit den luftigen Baisers, den Kuchen aus Zuckerwatte oder den anderen Köstlichkeiten verglich, die Isobel schuf. Wenn es um Magie ging, wurden Murkse als schwächer und von geringerem Wert erachtet als Meister, Magier und Morphe. Daher der Begriff Murks.

Ich zuckte mit den Achseln. »Wir wissen doch, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes ein Murks bin.«

Isobel verzog das Gesicht, widersprach aber nicht.

»Außerdem ist Lord Hans beschaffen wie ein Gargoyle. Ich habe ihn Pfefferradieschen essen sehen, als wären sie so süß wie diese Äpfel hier. Himmel, ich könnte ihm wahrscheinlich ein großes Glas voller Wurmwurzgift eingießen und er bekäme davon lediglich Bauchweh. Und zwar nur leichtes.«

Isobels Lippen zuckten, doch dann bedachte sie mich mit einem strengen Blick, um mich auf meinen Platz zu verweisen, auch wenn sie damit auf verlorenem Posten kämpfte. Ich war in dieser Hinsicht ziemlich unverbesserlich.

»Trotzdem müsst Ihr den Kuchen anfertigen, Lady Everleigh. Ihr wart die Einzige, die … verfügbar war.«

»Ach, wirklich?« Ich zog eine Braue hoch und Isobel senkte ihre dunkelbraunen Augen.

Verfügbar? Nun, das war nur eine nette Art, um auszudrücken, dass es mal wieder an der Zeit war, mir als Lady Everleigh Saffira Winter Blair meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein paar schicke Namen, die letztendlich wenig bedeuteten. Trotzdem reichten sie – zusammen mit der Abstammung, die mit ihnen einherging – für meine Cousine, Königin Cordelia Alexandra Sommer Blair, aus, um mich antanzen zu lassen wie einen dressierten Affen, wann immer eine sogenannte königliche Gegenwart erforderlich war. Oder um Dinge zu tun, wie den Morgen darauf zu verschwenden, einen Kuchen für einen ausländischen Botschafter zu backen, der wahrscheinlich keinen einzigen Bissen davon essen würde.

Isobel verzog erneut das Gesicht, sodass sich Falten in ihre bronzefarbene Haut gruben, dann strich sie ihr ergrauendes Haar zurück, wie sie es immer tat, bevor sie schlechte Nachrichten überbrachte. »Ich fürchte, es geht nicht nur um einen Kuchen. Lord Hans hat dreizehn davon angefordert. Moosbeeren-Apfelkuchen ist nicht nur sein Lieblingsdessert, sondern auch das der Enkelin des andvarischen Königs. Sie gehört ebenfalls zum Gefolge des Botschafters. Ich glaube, sie heißt Gemma.«

Ich warf einen Blick zu dem Stapel von Backformen, die halb versteckt hinter den Schüsseln voller Äpfel lagen. In mir stieg Wut darüber auf, dass immer ich für solche Aufgaben ausgewählt wurde, doch der glühende Stich erstickte schnell unter kalter, betäubender Akzeptanz.

So war das Leben in Sieben Türme.

Oder zumindest war mein Leben im Palast so, seitdem ich nach der Ermordung meiner Eltern vor fünfzehn Jahren hier angekommen war. Von mir wurde erwartet, hinzugehen, wo man mich hinschickte, zu tun, was man mir befahl, und dabei immer ein sonniges Lächeln zur Schau zu stellen und blumige Plattitüden von mir zu geben, beispielsweise darüber, wie dankbar ich für kaum vorhandene, jämmerliche Freigiebigkeiten war, die mir erwiesen wurden. Waisen hatten kein Recht auf eine freie Wahl oder Ehrgeiz und noch weniger auf Meinungen. Das hatte ich schon vor langer Zeit gelernt. Aber es gehörte zu den Dingen, die ich nur schwer akzeptieren konnte, egal, wie viel sinnlose Benimmregeln, leere Höflichkeiten und politische Dreckarbeit ich auch von mir geben oder auf Befehl abspulen sollte.

»Ich habe die Orangenflocken vergessen.« Isobels Stimme klang weich und mitfühlend. »Lasst sie mich holen und dann fangen wir an, Evie.«

Abgesehen von meinen Eltern war Isobel die einzige Person, die mich je Evie nannte, und selbst sie tat es nur, wenn niemand anders sie hören konnte. Auch so eine Eigenheit des Hofzeremoniells. Isobel gehörte außerdem zu den wenigen Leuten, die nicht deswegen nett zu mir war, weil sie das musste, sondern weil sie es sein wollte. Als ich noch jünger gewesen war, hatte ich unzählige Stunden in dieser Küche verbracht. Ich hatte in einer Ecke gesessen, gelesen und Isobel dabei beobachtet, wie sie aus Bergen von Mehl und massenweise Zucker überwältigend schöne, köstliche Konditorwaren erschuf.

Isobel nannte mich liebevoll ihre Vorkosterin, nachdem mein verstärkter Geruchssinn es mir immer ermöglichte, zu erkennen, wie gut ein Kuchen gelungen war, bevor ich auch nur einen Bissen davon gegessen hatte – doch eigentlich war das nur ihre Ausrede dafür, mir Leckereien zuzustecken. Seitdem meine eigene Mutter gestorben war, hatte Isobel diese Rolle in gewisser Weise übernommen, doch sie musste trotzdem ihre Pflicht tun. Heute beinhaltete diese Pflicht, mich dazu zu bringen, Kuchen zu backen.

Isobel legte mir eine warme, tröstende Hand auf den Arm und drückte ihn leicht. Dann eilte sie zu einer der Vorratskammern voller Sirup, Gewürze und anderer Zutaten.

Unser Kuchentisch stand in der hinteren Ecke der Küche, ein Stück entfernt von den anderen Vorbereitungstischen, aber auch entfernt von der Wärme der Öfen und der konkurrierenden Kälte der metallenen Kühler, die an der gegenüberliegenden Wand aufgereiht standen. Es war kurz nach acht Uhr morgens und eine verwirrende Anzahl von Leuten bewegte sich durch die Küche. Junge Pagen brachten Frühstücksbestellungen. Jugendliche Bedienungen trugen Tabletts. Küchenmeister schlugen Eier auf und brieten geräucherte Würstchen.

Alle trugen Königin Cordelias Farben: schwarze Stiefel und enge Hosen sowie langärmlige scharlachrote Tuniken, deren Säume mit Goldfäden bestickt waren. Ich war ebenso bekleidet – ergänzt von einer schwarzen Schürze – und passte damit wunderbar zum Rest der Arbeiter.

Ich war ja auch eine von ihnen – zumindest in der Hinsicht, die wirklich zählte.

Ein Großteil des Küchenpersonals ignorierte mich. Sie hatten schon vor langer Zeit verstanden, dass ich nur ein weiteres Zahnrad im Getriebe des Palasts war, dass ich auftauchte, meine Pflicht tat und mir meinen Unterhalt verdiente, genau wie sie. Außerdem waren sie viel mehr daran interessiert, den ersten Klatsch des Tages auszutauschen: wer länger schlief, wer nach zusätzlichem Mochana gefragt hatte, um seinen Kater zu behandeln, und wer wen aus dem Schlafzimmer dieses verheirateten Lords oder jener verheirateten Lady hatte schleichen sehen.

Einige der neueren Arbeiter beäugten mich, anscheinend getrieben von der Frage, ob ich wohl einen Anfall bekommen würde, weil ich auf Kuchendienst gesetzt worden war. Aber meine Miene blieb ausdruckslos. Ich gab niemals meine wahren Gefühle preis, nicht einmal ansatzweise, nicht einmal hier. Man wusste nie, wer zusah oder was derjenige mit der Information anfangen würde.

Das Leben im Palast war mörderisch. Alle versuchten ständig, sich Vorteile zu sichern, ob nun gegenüber Freunden oder Feinden. Egal, ob es um Geschäftsabschlüsse, politische Gefallen, arrangierte Ehen oder lediglich darum ging, wer beim heutigen Mittagessen am Tisch der Königin sitzen durfte. Der Alltag war ein ständiges Schlachtfeld, auf dem täglich Leute aufstiegen oder ihren Niedergang erlebten, während jeder jedem in den Rücken fiel, um die eigene Position zu stärken. Von der Küche bis zum Thronsaal war der gesamte Palast eine einzige große Arena – nur dass hier mit bissigen Worten, vergifteten Gerüchten und kalten Drohungen gekämpft wurde statt mit Schwertern, Schilden und Dolchen, wie es die richtige Gladiatoren taten.

Meine Stellung, meine Magie und mein Reichtum mochten im Vergleich zu anderen unbedeutend sein – um nicht zu sagen nicht vorhanden –, aber ich war trotzdem eine Blair, ein Mitglied der königlichen Familie, und war deswegen zur Zielscheibe für mehr als eine Intrige geworden. Zumindest, bis die Leute verstanden hatten, dass ich keinerlei Macht besaß, die ich zu ihrem Vorteil hätte einsetzen können. Trotzdem konnte ich es mir nicht erlauben, Schwäche zu zeigen. Niemandem etwas anzuvertrauen, besonders nicht meine Gefühle, war eine Lektion, die ich auf die harte Tour gelernt hatte, als ich erst zwölf Jahre alt gewesen war … während meines ersten Monats im Palast. Das war vielleicht die einzige wirklich nützliche Fähigkeit, die ich perfekt beherrschte.

Trotzdem sorgten die neugierigen Blicke der Arbeiter dafür, dass ich erneut diesen scharfen Stich der Wut empfand. Das Gefühl drohte, meine kühle Fassade zu durchbrechen. Daher schloss ich die Hände um die Tischkante und konzentrierte mich auf den kühlen Stein unter meinen Handflächen. Robuster, solider Granit, glatt gerieben von der ständigen Benutzung in der Küche.

Aufgerieben, genau wie ich.

Isobel kehrte mit einem Glas zurück, das mit etwas gefüllt war, das aussah wie kristallisierte, orangefarbene Schneeflocken. Selbst durch den geschlossenen Stöpsel konnte ich die scharfe Süße der Zitrusfrüchte riechen.

Die Küchenmeisterin stellte das Glas zu den anderen Zutaten auf den Tisch. »Wann immer Ihr so weit seid, Lady Everleigh.«

Auf diese Weise ließ Isobel mich subtil wissen, dass Evie verschwunden war und es Zeit wurde, dass Everleigh ihre Pflicht tat.

Wieder kochte in meinem Herzen Wut darüber hoch, dass mir nicht einmal etwas so Einfaches vergönnt war wie ein Spitzname von jemandem, den ich liebte. Für einen verrückten Moment dachte ich darüber nach, mir die Schürze vom Leib zu reißen und aus der Küche zu stürmen. Doch Auster, der Hauptmann der Garde der Königin, würde mich aufspüren, mir einen langen, strengen Vortrag darüber halten, dass meine Handlungen ein schlechtes Licht auf Cordelia werfen würden, und mich wieder hierherbringen. Was um einiges demütigender und zeitaufwendiger wäre, als die verdammten Kuchen jetzt gleich zu backen.

Ich diente den Launen der Königin, genau wie alle anderen auch. Und heute wollte die Königin, dass ich dreizehn Kuchen buk.

»Tanz, kleines Äffchen, tanz«, murmelte ich.

Dann griff ich mit einem Seufzen nach einer Schüssel, um damit zu beginnen, die Zutaten zu vermischen.

 

Zwei Stunden später goss ich die finale Portion Moosbeeren-Apfelfüllung in die letzte Kuchenform, dann griff ich nach den Orangenflocken.

»Ob man nun ein Küchenmeister ist oder nicht, das Geheimnis liegt darin, es mit den Orangenflocken nicht zu übertreiben«, wies Isobel mich an, wie sie es schon bei den vorherigen Kuchen getan hatte. »Die meisten Leute verwenden die Flocken, als wären sie so gewöhnlich wie Salz. Aber wenn man zu viel Orange verwendet, schmeckt der Kuchen nach nichts anderem mehr. Also umrundet einmal die Form und klopft dabei dreimal sanft mit dem Zeigefinger an das Glas. Das ergibt genau die richtige Menge.«

Ich tat, was sie sagte, und beobachtete, wie die winzigen, zerbrechlichen Körner sich wie parfümierte Schneeflocken mit der Fruchtfüllung verbanden. Dann atmete ich tief ein, ließ die Luft über meine Zunge gleiten und nahm alle Gerüche in mich auf. Die buttrige Kruste, die süßen Früchte, der Hauch von Orange, der sanft darüber schwebte. Köstliche Aromen, die nur noch intensiver und wohlriechender werden würden, sobald dieser Kuchen mit den anderen im Ofen stand.

Trotz meiner eigenen herablassenden Meinung zu meiner Murksmagie war mein verstärkter Geruchssinn einer der Gründe, warum ich mich immer zu Isobel und der Küche hingezogen gefühlt hatte. All die süßen Düfte hier sorgten dafür, dass die bittere Realität meines Lebens ein wenig leichter zu ertragen wurde.

»Perfekt! Das ist mein Mädchen.« Isobel strahlte mich an und ich erwiderte ihr Lächeln.

Sie legte noch ein paar Streifen Teig über die Füllung, sodass ein hübsches Kreuzmuster entstand, dann schob sie den Kuchen in den Ofen. Isobel hatte Mitleid mit mir gehabt und mir dabei geholfen, den Teig anzufertigen, auch wenn sie darauf bestanden hatte, dass ich die Moosbeeren-Apfelfüllung ganz allein anfertigte und die Orangenflocken darüber streute, denn, wie sie erklärte, war das der wirklich wichtige Teil.

Ich half Isobel häufig, da ich es genoss, Zeit mit ihr zu verbringen. Die Küche war mein liebster Zufluchtsort, den ich viel mehr schätzte als andere, weniger freundliche Bereiche des Palasts. Isobel hatte nach und nach eine akzeptable Köchin aus mir gemacht, obwohl ich keine Meisterin war. Doch nachdem ich so viele Kuchen hintereinander angefertigt hatte, wusste ich alle Zutaten, Mengen und Bewegungen auswendig und fühlte mich, als könnte ich die Kuchen im Schlaf backen. Genauso wie ich fähig war, höfliche Nichtigkeiten in mehreren Sprachen von mir zu geben, und die Verbeugungen und Tänze mehrerer Kulturen kannte. Das waren nur ein paar der belanglosen Fähigkeiten, die ich in meiner Funktion als inoffizielle Vertreterin der Königin erlernt hatte.

Während Königin Cordelia und die restlichen meiner Blair-Cousins und -Cousinen mit Botschaftern und Ähnlichem zu tun hatten, war ich für alle Termine zuständig, für die sie dank ihrer unendlichen Wichtigkeit und ihrer engen Terminpläne keine Zeit hatten.

Frühstücksempfänge, Wohltätigkeitsessen, Teegesellschaften. All das und mehr besuchte ich jede Woche, sowohl hier im Palast als auch draußen in der Stadt. Meistens war es gar nicht so schlimm. Gewöhnlich musste ich nur lächeln, nicken und Hände schütteln sowie den Leuten für ihre Zeit danken, ihre Musik, Kunst oder Waren bewundern und kurze, unendlich vage Reden darüber halten, wie enttäuscht Königin Cordelia doch darüber war, dass sie selbst nicht anwesend sein konnte. Meistens bekam ich zumindest ein kostenloses Essen für meine Mühe.

Aber selbst solche Termine konnten einige Gefahren bergen. Vor ein paar Monaten, als der Cousin dritten Grades des Königs von Vacuna von den südlichen Inseln zu Besuch gewesen war, hatte ich an einem traditionellen Festessen teilgenommen – was beinhaltete, die rohe Leber eines frisch getöteten, wilden Ebers zu essen.

Unter den wachsamen Blicken und gelenkt von den genauen Anweisungen des Cousins hatte ich die Haut des Ebers durchtrennt und meine Hände durch jede Menge schmierige, klebrige Dinge geschoben, über die ich gar nicht so genau nachdenken wollte. Der Gestank von Blut und Eingeweiden hatte mir fast den Atem geraubt, doch ich hatte die Leber gefunden, sie herausgezogen und so wenig davon gegessen, wie es gerade noch der Höflichkeit entsprach. Dann, während der Cousin des Königs und der Rest seines Gefolges voller Begeisterung den Rest des Ebers zerteilt und gegrillt hatten, hatte ich mich davongeschlichen und mich in den Topf des goldenen Kakibaumes übergeben, den sie der Königin als Zeichen der Freundschaft mitgebracht hatten. Es war der nächstgelegene Behälter gewesen und ich hatte im Anschluss die Erde im Eimer umgegraben, um alles zu verstecken. Der Cousin des Königs war allerdings zutiefst enttäuscht gewesen, als der Baum ein paar Tage später eingegangen war.

Aufgrund meiner Magie verbanden sich Gerüche und Erinnerungen in meinem Kopf oft, sodass allein der Gedanke an die Leber dafür sorgte, dass meine Nase zuckte. Plötzlich schlug der süße, verlockende Duft der backenden Kuchen um, wurde sauer und verdorben. Also sammelte ich die dreckigen Schüsseln, Löffel und Messbecher ein, stellte sie in die nächstbeste Spüle und zog meine Schürze aus.

»Hier.« Isobel drückte mir eine rote Papiertüte in die Hand. »Ein paar Pflaumenküchlein. Für Euch und diesen alten Miesepeter unten im Verlies.«

»Verleumdest du schon wieder Alvis’ Charakter?«

Sie schnaubte. »Wenn es stimmt, ist es keine Verleumdung. Er ist der mürrischste Mann, der mir je begegnet ist.«

Ich grinste. »Alvis nennt dich ›diese Frohnatur aus der Küche‹.«

Isobel schnaubte wieder. »Besser Frohnatur als …«

Flüstern breitete sich im Raum aus und sorgte dafür, dass Isobel verstummte. In der Ferne hörte man Absätze über den Boden klappern wie Donner, der einen nahenden Sturm ankündigt. Alle hörten auf, sich zu unterhalten, und wandten sich ganz ihrer Arbeit zu, konzentrierten sich so intensiv darauf wie nie zuvor. In der Küche wurde es unheimlich still, abgesehen von dem Stampfen der Messer auf den Schneidebrettern und dem Ticken der Uhren, die an den Öfen die Backzeit der Kuchen runterzählten.

Eine Frau um Mitte vierzig erschien am Ende der Küche. Auch sie trug eine scharlachrote Tunika, doch auf ihrem Kleidungsstück prangte über dem Herzen Königin Cordelias Wappen mit der Morgensonne in Goldfäden. Außerdem war ihre Tunika maßgeschneidert für ihren starken, schlanken Körper, genauso wie die enge schwarze Hose. Ihre Füße steckten in niedrigen, schwarzen Stöckelschuhen statt der praktischeren Stiefel. Alles an ihr wirkte gleichzeitig glatt und scharf, von ihrem ordentlichen blonden Dutt über die kantigen Wangenknochen bis zu ihrer spitzen Nase. Die Frau wäre schön gewesen, hätte sie nicht missbilligend den Mund verzogen, als wäre sie dauerhaft unzufrieden mit allen Menschen um sich herum.

Maeven, die Küchenvögtin, ließ ihren Blick durch den Raum gleiten. Ihr Blick huschte von einem Arbeiter und einem Arbeitstisch zum nächsten. Nach mehreren Sekunden stummer Prüfung schnippte sie mit den Fingern in Richtung der drei Wachen, die hinter ihr standen, beladen mit Kisten voller Flaschen. »Wieso steht ihr einfach nur da rum? Stellt sie ab und holt die anderen aus dem Weinkeller. Ich will, dass der Rest des Champagners für das Mittagessen sofort gebracht wird.«

Die Wachen stellten die Kisten ab und verschwanden eilig.

Wieder schnippte Maeven mit den Fingern, diesmal in Richtung einiger junger Kellner. »Ihr drei. Geht los und helft ihnen.«

Ihre seidige, glatte Stimme blieb ruhig, doch die drei Kellner zuckten trotzdem zusammen und setzten sich in Bewegung, wobei sie in ihrer Eile fast über ihre eigenen Füße stolperten. Maeven führte die Küche inzwischen seit über einem Jahr – seitdem der vorherige Vogt in den Ruhestand gegangen war – und die Arbeiter hatten schnell gelernt, dass sie selbst an ihren besten, sanftesten Tagen mit eiserner Faust regierte.

»Der andvarische Botschafter ist ein wichtiger Würdenträger und ich möchte, dass bei diesem Essen alles perfekt ist«, rief Maeven. »Verstanden?«

Die Arbeiter zogen die Köpfe ein und wichen ihrem Blick aus. Maeven nickte, offenbar befriedigt, dass sie alle angemessen verängstigt hatte, um weiter brav zu gehorchen. Erneut sah sie sich in der Küche um und bemerkte, dass ich neben Isobel stand. Ihr Blick huschte kurz zu den Kisten voller Champagner, doch dann kleisterte sie sich ein Lächeln ins Gesicht und kam zu uns.

»Gefahr im Verzug.« Isobel trat zurück, schnappte sich einen feuchten Lappen und fing an, das Mehl vom Tisch zu wischen, womit ich mich der Küchenvögtin allein stellen musste.

»Feigling«, flüsterte ich.

Isobel grinste kurz, arbeitete aber weiter.

Maeven hielt vor mir an. Aus der Nähe betrachtet war sie sogar noch schöner – besonders ihre dunklen, amethystfarbenen Augen. »Lady Everleigh. Mir war nicht bewusst, dass Ihr … der Küche einen Besuch abstattet.«

Einen Besuch? Das war Maevens Art, mir klarzumachen, dass ich mich in ihrem Revier befand, nicht auf meinem, und dass meine Gegenwart vielleicht toleriert wurde, aber niemals wirklich willkommen sein würde. Als müsste man mich noch mal an meine niedrige Stellung erinnern.

Ich zeigte mein übliches nichtssagendes, freundliches Lächeln, passend zu ihrer vorgetäuschten Freundlichkeit. »Ja, ich musste die Kuchen für den andvarischen Botschafter backen. So ist es Tradition.«

»O ja, die Kuchen.« Maevens Blick glitt über meinen Körper und erneut schürzte sie missbilligend die Lippen. Nicht ein Korn Mehl oder Zucker oder irgendwelche anderen Flecken verunzierten ihre Tunika, doch dasselbe ließ sich von mir nicht behaupten. Zuckerkörner klebten an meinen Fingern wie feuchter Sand, während sich Streifen von Mehl über meine Kleidung zogen wie Farbe. Außerdem waren mehrere Strähnen meines schwarzen Haares aus meinem Zopf entkommen und hingen mir ins Gesicht. Ich pustete gegen eine der Strähnen, aber natürlich fiel sie einfach wieder nach unten.

Maevens Miene hellte sich auf, als hätte ein anderer, angenehmerer Gedanke sie von meinem unordentlichen Auftreten abgelenkt. Sie wedelte mit der Hand in Richtung der Kisten. »Könnte ich Euch für ein wenig Champagner begeistern? Ich würde gerne eine königliche Meinung dazu hören. Außerdem … kostet Ihr doch immer Dinge für Isobel.«

Das mochte nach einer ganz unschuldigen Aufforderung klingen, doch mich erfüllte sofort Misstrauen. Maeven hatte mich noch nie gebeten, irgendetwas für sie zu kosten. Und außerdem: Hielt sie mich für eine Säuferin? Selbst Cousin Horatio, der Blair-Trunkenbold, hätte zu dieser Stunde noch keinen Champagner in sich hineingegossen. Er hätte mindestens bis elf Uhr gewartet.

»Ihr seid die Expertin. Ich bin mir sicher, der Champagner, den Ihr ausgesucht habt, ist in Ordnung. Aber vielen Dank für das Angebot.«

Enttäuschung blitzte in ihren Augen auf, doch sie lächelte mich erneut an. Nun, soweit sie überhaupt lächeln konnte. »Ich werde Euch ein Glas reservieren.«

»Das klingt wunderbar.«

Die Wachen und die Kellner kehrten zurück, beladen mit weiteren Kisten. Maeven nickte mir zu, dann ging sie mit großen Schritten und klappernden Absätzen zu ihnen hinüber. Sie schnappte sich eine der Flaschen, musterte das Etikett und nickte befriedigt, bevor sie weitere Befehle blaffte.

»Was war das denn?«, murmelte ich Isobel zu, die den Tisch inzwischen gesäubert hatte.

Sie beäugte die andere Frau. »Keine Ahnung, aber es gefällt mir nicht. Ihr solltet jetzt gehen, während sie abgelenkt ist.«

»Ich kann auf mich selbst aufpassen, selbst wenn es um anspruchsvolle Küchenvögtinnen geht.«

Statt über meinen Witz zu lachen, runzelte Isobel die Stirn. »Irgendwas stimmt nicht mit dieser Frau. Vielleicht liegt es daran, dass sie aus Morta stammt. Ich mochte die Mortaner noch nie. Ständig fallen sie irgendwo ein und versuchen, Land zu erobern, das ihnen nicht gehört.«

»Dass Maeven aus einem anderen Königreich stammt, macht sie nicht automatisch böse.«

»Nein«, antwortete Isobel. »Aber es macht sie auch nicht zu einer Freundin.«

»Sei vorsichtig mit diesen griesgrämigen Kommentaren«, zog ich sie auf. »Du fängst schon an, wie Alvis zu klingen.«

Isobel schnaubte. »Ich müsste schon viel schlimmere Dinge sagen, um wie Alvis zu klingen.«

»Ja, müsstest du. Aber du weißt ja, wie mürrisch er wird, wenn ich zu spät komme. Wir sehen uns bei dem Mittagessen, in Ordnung? Heb mir ein Stück Kuchen auf.«

»Natürlich. Das habt Ihr Euch verdient, Evie.«

Ich zwinkerte ihr zu, dann machte ich mich auf den Weg. Mein gewundener Pfad zwischen all den Pagen, Kellnern und Küchenmeistern hindurch führte mich an der Stelle vorbei, an der Maeven die Flaschen untersuchte. Unsere Blicke trafen sich und erneut nickte sie mir zu. Ich erwiderte die Geste, während ich an ihr vorbeiging.

Ich erreichte die Schwingtüren, die aus der Küche führten. Gerade als ich sie aufschieben wollte, sorgte irgendetwas dafür, dass ich innehielt und über die Schulter zurücksah. Maeven beobachtete mich immer noch, ihre Finger um eine Champagnerflasche geschlossen. Ihre dunklen, lackierten Fingernägel hatten dieselbe Farbe wie ihre Augen. Sie sahen aus wie amethystfarbene Krallen, die versuchten, das grüne Glas zu durchstoßen.

Maeven lächelte mir ein letztes Mal zu, dann drehte sie sich um und schob die Flasche zurück in die Kiste.

Drei Lächeln an einem Morgen. Und keines davon hatte auch nur ansatzweise Maevens kalte Augen erreicht. Isobel hatte recht. Maeven war definitiv keine Freundin.

Aber das war in Sieben Türme ja nichts Neues.

2

Meine Pflichten des Vormittags, ob nun in königlichem Dienst oder nicht, waren noch nicht erfüllt. Daher verdrängte ich meine Unruhe wegen Maeven in der Küche, während ich durch die weitläufigen Flure der öffentlichen Bereiche im Erdgeschoss lief.

Der Palast der Sieben Türme war das Kronjuwel von Svalin, der Hauptstadt des Königreichs Bellona. Sieben Türme war ursprünglich einmal eine Mine gewesen, in der Arbeiter Zährenstein, Fluorstein und mehr aus dem Berg gemeißelt hatten. Doch dank Ophelia Ruby Winter Blair, einer Steinmeisterin, die zu meinen Vorfahren gehörte, war die Mine in ein Wunder aus Marmor, Granit und Zährenstein verwandelt worden. Über die Jahre war der Palast vergrößert und erweitert worden, sodass man ihn mittlerweile durchaus mit einem Berg oder einer eigenständigen Stadt vergleichen konnte.

Sieben Türme erinnerte mich immer wieder an einen von Isobels vielschichtigen, aufwendigen Kuchen. Eine breite, massive Basis mit Steintreppen und Metallaufzügen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mauern nach oben führten, wie Stränge aus Zuckerguss und Bänder aus gehärtetem Zucker. Der Palast schraubte sich empor in die Seite des Berges. Auf jedem Stockwerk befanden sich Balkone und Terrassen, bevor sich das Gebäude zu einer Reihe von sieben hohen Zährensteintürmen verjüngte, die scheinbar in den Himmel stachen. Daher der Name Sieben Türme.

Ich blieb an einem der Fenster stehen. Unter mir stürzte der Fluss Summanus von den umgebenden Nadelbergen ins Tal und glitzerte in der Sonne wie ein schäumender Teppich aus Saphiren und Diamanten. Sieben gepflasterte Brücken erstreckten sich vom Palast über den Fluss in Richtung Stadt. Auf der anderen Seite des Wassers befanden sich Gebäude aller Größen und Formen, die meisten von ihnen verziert mit kleinen Palastturm-Imitaten aus Metall. Am schönsten war dieser Ausblick bei Nacht, wenn sich die Lichter der Stadt in den Türmen spiegelten und sie glänzen ließen wie goldene, silberne oder bronzefarbenen Spitzen von Julfest-Bäumen.

Ein weißes Schaufelrad-Boot, an dessen Seite der Name Delta Queen zu erkennen war, tuckerte über den Fluss und näherte sich langsam einer riesigen, runden Arena am Rand der Stadt. Ich kniff die Augen zusammen, konnte aber die Symbole auf den weißen Flaggen an den Türmen der Kuppel über der Arena nicht erkennen. Somit konnte ich auch nicht sagen, welche Gladiatorentruppe diese Arena ihr Zuhause nannte.

Gladiatorentruppen waren in Andvari, Unger, Morta und den anderen Königreichen der letzte Schrei. Zu den beliebtesten Gesprächsthemen zählte, welchen Gladiator eine Person am meisten schätzte, welche Truppen sie in den verschiedenen Ligen und Wettbewerben anfeuerte und welche Gladiatoren und Truppen sie nicht ausstehen konnte.

Hier in Bellona hatten die Gladiatorentruppen jedoch eine ganz besondere Bedeutung und erfreuten sich einer besonders begeisterten Anhängerschaft. Vor langer Zeit war Bryn Bellona Winter Blair eine einfache Gladiatorin gewesen, die sich langsam nach oben gekämpft … und letztendlich vollkommen unterschiedliche Regionen zu einem großen Königreich vereint hatte, das ihr zu Ehren Bellona getauft wurde. Bryn hatte auch die mortanischen Invasoren zurückgetrieben und auf typische Gladiatorenart den mortanischen König in einem klassischen Duell besiegt. Sie war aufgrund ihrer Stärke, ihres Mutes und ihrer Gewitztheit zur ersten Königin von Bellona gekrönt worden.

Die Geschichten über Bryn mochte ich von allen Erzählungen am liebsten. Als ich noch jünger gewesen war, hatte ich versucht, so stark, mutig und wild zu sein wie sie, auch wenn das Leben im Palast mich schnell kalt und bitter hatte werden lassen.

Ich hatte noch nie ein Gladiatorenspektakel besucht, aber ich hatte schon viel darüber gehört. Zum Teil Zirkus, zum Teil ein Publikumssport, zum Teil Kampf. Die meisten Wettkämpfe waren relativ zahm, mit Gladiatoren, die nur bis zum ersten Blut kämpften oder sich mit Gargoyles, Strixen und anderen Kreaturen maßen. Doch hin und wieder wurde ein Kampf im schwarzen Ring verkündet, entweder zwischen zwei rivalisierenden Truppen oder manchmal auch zwischen zwei Gladiatoren aus derselben Truppe – sehr zum Vergnügen der Massen, die einen Haufen Geld dafür bezahlten, zu sehen, wie die Gladiatoren bis zum Tod kämpften.

Das Schaufelrad-Boot stampfte an der überkuppelten Arena vorbei und verschwand aus meinem Blickfeld, also ging ich weiter.

Sonnenlicht fiel durch die Fenster und glänzte auf den goldenen, silbernen und bronzefarbenen Fäden in den Wandteppichen, die vor den grauen Granitwänden hingen. Der Boden bestand aus demselben Gestein, auch wenn er hier poliert worden war, bis er glänzte. Hölzerne Regale mit Vitrinen zogen sich an den Wänden entlang. In jeder davon wurde irgendeine historische Statue, ein Schwert oder eine andere Kostbarkeit ausgestellt. Die Juwelen an den Artefakten leuchteten im Sonnenlicht so hell wie die Augen eines Gargoyles.

Doch das Eindrucksvollste im ganzen Palast waren die Säulen.

Früher einmal hatten sie die alten Minentunnel gestützt, auch wenn sie mir immer eher wie die Knochen eines alten, mythologischen Wesens erschienen waren. Ein paar der Säulen waren schmal genug, dass ich die Arme darum schließen konnte, doch die meisten bildeten massive Monolithen, breiter als sieben Männer, die nebeneinanderstanden.

Ob sie nun schmal oder breit waren, lang oder kurz, alle Säulen waren mit Figuren überzogen, die die Geschichten Bellonas erzählten: Gladiatoren mit Schwertern und Schilden in den Händen. Speere, die aus dem Boden schossen oder von der Decke herabsausten, als zielten sie auf Feinde. Steingargoyles, die ihre Flügel weit ausbreiteten und ihre dicken, gebogenen Hörner gegen Strixe – riesige, falkenähnliche Vögel mit metallischen Federn und rasiermesserscharfen Schnäbeln und Krallen – richteten. Caladriusse, die hoch in der Luft schwebten, ihre wahre Macht in ihren kleinen, eulenartigen Körpern verborgen.

Alle Säulen bestanden aus Zährenstein. Die Besonderheit des Gesteins lag darin, dass es seine Farbe verändern konnte, von einem hellen, leuchtenden Sterngrau zu einem dunklen, vollen Mitternachtsblau, je nach Sonneneinfall und anderen Faktoren. Die wechselnden Farben des Zährensteins ließen die Gladiatoren und Kreaturen zum Leben erwachen, sodass es wirkte, als würden sie sich gegenseitig um die Säulen herum verfolgen, in einem ständigen Kampf um Dominanz und Sieg. Ähnliche Säulen schmückten auch das Äußere des Palasts und stützten die Balkone.

Ich war erst zwölf Jahre alt gewesen, als ich vom Anwesen meiner Eltern im Norden hierhergekommen war. Damals hatte ich mich vor den flackernden Figuren gefürchtet, trotz des stetigen Scheins der Fluorstein-Lampen, die in die Wände eingelassen waren. Zu dieser Zeit hatte ich nicht verstanden, dass diese Säulen einfach nur Säulen waren – und dass es die Menschen innerhalb des Palasts waren, die mich wirklich verletzen konnten.

An einem normalen Tag wären in diesem Gang jede Menge Leute unterwegs gewesen, beschäftigt mit ihren jeweiligen Angelegenheiten. Diener, die Essen und Getränke zu den Sitzungen der Palastvögte, Gildenmeister und Bezirkssenatoren brachten, die alles verwalteten – von Sieben Türme über die Stadt Svalin bis zum Rest von Bellona. Wachen, die in den Fluren patrouillierten. Und natürlich Adelige: Lords und Ladys mit Geld, Macht, Privilegien und Einfluss, die versuchten, noch mehr Macht anzuhäufen oder noch bessere Geschäfte auszuhandeln, mit dem jeweiligen Vogt, Gildenmeister, Senator oder Angehörigen der königlichen Familie, den sie gerade ins Visier genommen hatten.

Doch heute war Samstag, was bedeutete, dass die Arbeit der Woche erledigt und als einziger Termin das Mittagessen mit dem andvarischen Botschafter angesetzt war. Also waren die Flure leer, abgesehen von ein paar Wachen und Dienern, die ihre Runden drehten. Erst später würden sich die Gänge wieder füllen.

Ich stieg mehrere lange Treppen nach unten, bis ich das unterste Stockwerk des Palasts erreicht hatte, tief vergraben im Fels des Berges. Das Verlies, wie Isobel es nannte. Hier unten war ich dem Fluss näher als dem Himmel und die Luft war kühl und feucht. Die Fluorsteine, die in die Ecken der Decke eingelassen waren, erzeugten mehr Schatten, als sie bannten. Aber mir machte das stille Dämmerlicht nichts aus, genauso wenig wie das unheimliche Echo meiner Stiefelschritte auf den Pflastersteinen. Die kühle Ruhe war eine willkommene Erleichterung nach der Hitze, dem Lärm und der Anspannung in der Küche.

Ich hielt vor einer Tür an, die aus blauen, schwarzen und silbernen Buntglasscherben bestand, welche wie ein Puzzle zusammengefügt waren, um das Bild eines Waldes zu bilden. Kurz bewunderte ich die Kunstfertigkeit der Darstellung, dann klopfte ich an, drehte den Türknauf und trat ein.

Die Tür führte in eine Werkstatt, die wie ein achtstrahliger Stern geformt war. Die Mitte des Raums wurde von einem Tisch eingenommen, auf dem in wildem Chaos Schneidzangen, Beißzangen und Stapel weicher Poliertücher verteilt lagen. Kurze, schmale Gänge führten in acht kleine Nischen, die zusätzlichen Platz boten. Anders als in den dämmrigen Fluren vor dem Raum waren hier mehrere Reihen Fluorsteine in die niedrige Decke eingelassen. Sie alle strahlten gleißendes Licht aus, als hätte jemand winzige Sonnen in den dunklen Granit gesetzt.

Das Licht erhellte die gesamte Werkstatt, inklusive der acht Alkoven mit ihren Glasvitrinen voller Metall und kostbarer Edelsteine. Der Inhalt der Vitrinen war nach Farben geordnet. In der ersten befanden sich nur die klarsten, weißesten Diamanten und Silberplatten, in der letzten schließlich mitternachtsschwarze Onyxsteine und die schwärzesten Barren Kalteisen. Dazwischen gab es Pinktöne sowie verschiedene Schattierungen von Gelb, Rot, Grün, Purpur und Blau. Edelsteine und Metall in all diesen Farben glitzerten und glänzten hinter ihren Vitrinenscheiben, sodass es fast wirkte, als wäre ich in einen juwelenbesetzten Regenbogen getreten.

Ein älterer Mann kauerte auf einem Hocker am Tisch, den Kopf gesenkt, um mit der Fluorsteinlampe an seiner Stirn sein neuestes Projekt zu beleuchten. Gelocktes, grauschwarzes Haar stand um das Lederband herum ab, mit dem die Lampe an seinem Kopf befestigt war, und seine Haut zeigte fast dieselbe Farbe wie die polierten Onyxsplitter, die neben seinem Ellbogen auf einem weißen Tuch lagen.

Der Mann hob weder den Kopf noch rief er mir eine Begrüßung zu. Alvis hielt nicht viel von Höflichkeit oder Etikette. Stattdessen spähte er durch das große, frei stehende Vergrößerungsglas auf dem Tisch und nutzte die Pinzette in seiner Hand, um einen der Onyxsplitter vom Tuch zu heben. Dann beugte er sich vor und ließ den Splitter an die richtige Stelle in dem Schmuckstück vor sich fallen.

Erst nachdem ich das leise Klicken gehört hatte, mit dem der Edelstein seinen Platz fand, löste ich mich von der Tür, ging zu Alvis hinüber und stellte den Beutel mit Pflaumenküchlein, den Isobel mir gegeben hatte, auf den Tisch. Dann beugte ich mich über seine Schulter und sah ebenfalls durch das Vergrößerungsglas.

Eine rosenförmige Brosche mit Blütenblättern aus pinken Diamanten, Blättern aus Smaragden und Dornen aus Onyx war auf dem gepolsterten Arbeitsplatz befestigt. Die Lupe ließ mich jedes auserlesene Detail klar erkennen, von den herzförmigen Diamanten über die nadeldünnen Onyxdornen bis zu dem feinen Muster, das in die goldene Fassung geritzt worden war.

»Nette Idee«, murmelte ich. »Allerdings finde ich diese pinken Diamanten etwas übertrieben. Ich hätte stattdessen gute, alte Rubine verwendet.«

»Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass man dich nicht fürs Denken bezahlt?«, grummelte Alvis. »Wir werden dafür bezahlt, zu schaffen, was der Kunde will. Und das schließt Edelsteine in grellen Farben mit ein.«

Er griff nach einem weiteren Onyxsplitter und ließ ihn an die vorgesehene Stelle fallen. Dann wartete er, bis der Stein mit einem Klicken seinen Platz fand, bevor er die Hand hob und damit über dem Schmuckstück herumwedelte. Der Geruch von Magie breitete sich über der Brosche aus und winzige goldene Spangen bogen sich, um die Onyxsplitter an ihrem Platz zu befestigen.

Alvis war ein Metallsteinmeister, der bereits seit über dreißig Jahren in Sieben Türme lebte. Ursprünglich stammte er aus Andvari, doch er hatte schon vor langer Zeit beschlossen, dass er seine Magie lieber dazu einsetzen wollte, die kostbaren Edelsteine und das Metall zu formen, die seine Landsleute aus ihren Minen holten, statt selbst im Boden herumzuwühlen. Also hatte er sein Heimatland verlassen und sich die Stellung als königlicher Juwelier in Sieben Türme ergattert, wo er Schmuckstücke für Adelige, Senatoren und für jeden anderen anfertigte, der sich seine Dienste leisten konnte.

Ich hatte Alvis ungefähr einen Monat nach meiner Ankunft im Palast kennengelernt – nachdem strenge Tests ergeben hatten, dass ich ein Murks war, der außer einem verstärkten Geruchssinn keine magischen Fähigkeiten besaß. Natürlich stimmte das nicht, absolut nicht, aber die Ermordung meiner Eltern hatte mich gelehrt, meine andere Kraft versteckt zu halten, falls jemand versuchen sollte, sie – und mich – für finstere Zwecke einzusetzen.

Da ich eine Waise ohne Geld oder Macht war, war von mir verlangt worden, ein Handwerk zu erlernen, um zu den Kosten meiner königlichen Ausbildung und Unterbringung beizutragen. Daher meine Lehre bei Alvis. Man brauchte keine Magie, um Juwelen zu polieren oder Metall zu biegen. Und Alvis war dafür berüchtigt, einen so großen Verschleiß an Lehrlingen zu haben wie adelige Damen an Ballkleidern. Ein paar Stunden seiner fröhlichen Gesellschaft reichten aus, um Jungen wie Mädchen schluchzend aus seiner Werkstatt fliehen zu lassen, mit dem Schwur auf den Lippen, niemals zurückzukehren.

Alvis hatte es nicht gefallen, dass ihm ein weiterer Lehrling aufgedrängt wurde – besonders nicht ein Mädchen mit königlicher Abstammung, das ständig verschwinden musste, um an irgendwelchen Empfängen teilzunehmen. In den ersten drei Monaten meiner Ausbildung hatte er kein Wort mit mir gesprochen. Er hatte nur brummend auf den Edelstein, das Metall oder irgendetwas anderes gezeigt, was ich ihm bringen sollte. Ich war viel zu sehr in meiner Trauer um den Tod meiner Eltern und den darauffolgenden grausamen Verrat versunken gewesen, um mich über sein mürrisches Auftreten zu ärgern. Sein stummes Brüten hatte perfekt zu meiner eigenen finsteren Laune gepasst.

Trotzdem … ständig von glitzernden Juwelen und glänzenden Metallen umgeben zu sein, hatte geholfen, mich aus meinem Leid zu reißen. Ich hatte ausreichend Neugier entwickelt, um anzufangen, mit den Edelsteinen und Fassungen herumzuspielen – in dem Versuch, etwas ebenso Schönes zu schaffen, wie Alvis es ständig tat. Natürlich hatte er mich angeblafft, ich solle damit aufhören. Aber ich war genauso stur wie er und hatte ihn schließlich mürbe gemacht, indem ich ihn ständig mit Fragen gelöchert und Dinge durcheinandergebracht hatte, bis er endgültig beschlossen hatte, es wäre vielleicht doch besser, wenn er mir alles beibrachte, was er wusste.

Ich würde nie eine echte Meisterin werden wie Alvis, und meine Schmuckstücke waren nur ein schwacher Abklatsch seiner Kunstwerke, aber ich genoss die Arbeit. Es beruhigte mich, passende Juwelen und Metalle auszusuchen und sie dann zu biegen, zu drehen und zu formen, bis etwas Neues entstand. Ich fühlte mich dabei, als brächte ich ein wenig Glück in das Leben von Menschen, als würde ich ihnen einen kleinen Gegenstand schenken, der sie an einen schönen Moment erinnerte und ihnen noch jahrelang Freude bereitete. Ich zog Befriedigung aus diesem Gedanken und fühlte mich auf eine Weise nützlich, wie es mir bei meiner Tätigkeit als königliche Lückenbüßerin bei all diesen langweiligen Empfängen, Mittagessen und Teegesellschaften nicht gelang.

Außerdem mochte ich das Geld, das mir die Arbeit mit Alvis einbrachte.

Ich war zwar eine Cousine der Königin, aber trotzdem musste ich für mein bescheidenes Zimmer und meine Verpflegung zahlen. Und der Lehrling des königlichen Juweliers wurde durchaus gut bezahlt. Außerdem ließ Alvis mich das Geld behalten, das ich mit den Stücken verdiente, die ich anfertigte oder verkaufte, abzüglich der Materialkosten. Dank Isobels Einfluss und meiner eigenen harten Arbeit bekam ich inzwischen regelmäßig Aufträge von den Küchenangestellten. Sogar einige der ärmeren, unbedeutenderen Adeligen hatten bereits Schmuckstücke bei mir in Auftrag gegeben.

Dank meiner Lehre war ich vertraut mit Leichtsinn und Oberflächlichkeit. Ich hatte mehr als einmal gesehen, wie Adelige aus dem Palast gejagt wurden, weil sie ihren Reichtum verprasst hatten. Meine Finanzen gehörten zu den wenigen Dingen in meinem Leben, die ich kontrollieren konnte, also sparte ich fast mein gesamtes Einkommen und zahlte alles auf mein Konto bei der Königlichen Bank ein. Mein Plan war, all dieses Geld zu nehmen, auf das Anwesen meiner Familie zurückzukehren, es wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen und gleichzeitig meinen eigenen kleinen Juwelierladen zu eröffnen. Mit diesem Ziel im Blick sparte ich seit Jahren und war fast so weit, meinen Traum wahr werden zu lassen.

Ich brauchte eigentlich nur noch die Erlaubnis der Königin, den Palast zu verlassen – und ich bemühte mich seit drei Monaten, diese endlich zu erhalten. Obwohl ich später in diesem Jahr achtundzwanzig werden würde, war die Königin immer noch mein offizieller Vormund. Aber natürlich war die Königin sehr beschäftigt und bisher war es mir nicht gelungen, mir einen Moment ihrer Zeit zu sichern. Vielleicht konnte ich heute beim Mittagessen mit ihr sprechen.

Ich hoffte darauf, dass Alvis und Isobel mich begleiten würden, wenn ich den Palast verließ. Winterwind, das Anwesen meiner Familie, lag nur wenige Meilen von der andvarischen Grenze und auch nicht allzu weit von Unger entfernt. Ich wollte mich um die beiden kümmern, wie sie sich um mich gekümmert hatten. Es wäre ein schöner Ort, an dem sie ihre goldenen Jahre verbringen könnten. Außerdem würde ihr ständiges Gekabbel beide jung und frisch halten. Während all der Jahre, die ich jetzt im Palast verbracht hatte, war es zumindest so gewesen.

Alvis legte noch ein paar Onyxsplitter an ihre Plätze, dann wedelte er erneut mit der Hand über der Brosche herum. Diesmal breitete sich der Duft seiner Magie in der ganzen Werkstatt aus, viel stärker als vorhin, sodass der Geruch in meiner Nase brannte.

Die meisten Leute – oder zumindest ihre Gefühle – rochen nach Essen. Pfeffrige Wut, essigähnliche Anspannung, der Knoblauchduft von Schuldgefühlen. Aber nicht bei Alvis. Er roch nach Metall, vermischt mit zerstoßenem Stein und einem deutlichen Hauch von Magie – als hätte er so lange mit Gold und Silber gearbeitet, dass ihre Essenz in seine Haut eingezogen war.

Alvis senkte die Hand und der Duft seiner Magie verschwand. Ich spähte erneut durch die Lupe. Die letzten Goldklammern schlossen sich und vervollständigten das Schmuckstück. Dann leuchteten die pinkfarbenen Diamanten einer nach dem anderen auf, bis die Juwelen viel heller strahlten als bisher.

Nicht nur war Alvis ein Meister, der Metall biegen und formen konnte, er konnte seine Magie auch in die Steine übergehen lassen. Die meisten Juwelen glichen sich darin, dass sie Magie aufnehmen konnten, aber die Art und Weise, wie sie diese Magie zurückspiegelten, war unterschiedlich. Sie ergänzten und verstärkten damit die Macht und die Fähigkeiten ihres Trägers. Rubine strahlten Stärke aus, Smaragde verbesserten die Geschwindigkeit und so weiter.

Pinke Diamanten reflektierten Schönheit. Die Rosenbrosche war schon für sich allein genommen wunderschön, doch dank der Magie, die jetzt in den Diamanten pulsierte, würde sie auch dafür sorgen, dass die Trägerin noch schöner wirkte. Eine subtile Magie und ein kleiner Tarnzauber – aber einer, für den Alvis’ Kunden großzügig bezahlten.

»Sehr hübsch«, sagte ich, als die Diamanten wieder zu ihrer normalen Farbe verblasst waren. »Sie haben ziemlich viel deiner Macht aufgenommen. Der Effekt sollte mehr als ein Jahr halten, selbst wenn die Kundin die Brosche jeden Tag trägt.«

»Du solltest es wissen«, antwortete Alvis. »Schließlich hast du die Steine letzte Woche ausgesucht.«

Die meisten Leute rümpften die Nase über meine Murksmagie, aber Alvis hatte das nie getan, weil sie ziemlich nützlich dabei war, zu entscheiden, welche Juwelen für welches Schmuckstück verwendet werden sollten. Alvis mochte ein Metallsteinmeister sein, aber ich musste nur an einem Tablett voller Edelsteine schnüffeln und meine Murksmagie verriet mir, in welchen Steinen sich bereits ein Funken Magie versteckte – im Gegensatz zu denen ohne Magie. Juwelen, die von sich aus diesen Funken besaßen, nahmen mehr Magie auf, konnten sie besser speichern und reflektierten sie bereitwilliger. Das wiederum erlaubte es Alvis, kraftvollere Schmuckstücke zu erschaffen und viel höhere Preise dafür zu verlangen.

»Und ich habe das sehr gut gemacht wie immer.«

Alvis tat mein Eigenlob mit einer unwirschen Geste ab, doch gleichzeitig hoben sich seine Mundwinkel zu einem winzigen Lächeln. Dann sah er mich endlich an und auf seiner Stirn bildeten sich die üblichen Falten. »Was hast du getan? Dich in Mehl gewälzt?«

Ich starrte die weißen Streifen an, die sich über meine Tunika zogen. »Etwas in der Art.«

»Kurz bevor du aufgetaucht bist, war ein Page hier unten. Die Königin möchte, dass ein Opal-Gedächtnisstein beim heutigen Mittagessen platziert wird.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß wirklich nicht, warum sie dieses Schlangennest auch noch aufzeichnen will.«

»Diese Schlangen sind meine Verwandten.«

Er schnaubte. »Und sie würden dich beißen, vergiften und umbringen, wenn sie es könnten und es ihnen Cordelias Wohlwollen einbringen würde.«