Für Korey und Justice,
weil ihr mein bestes Ich aus mir herausholt
und mein Leben mit so viel Freude erfüllt.

Über die Autorin

Dr. Robyn L. Gobin ist klinische Psychologin, Achtsamkeitstrainerin, Rednerin, Wissenschaftlerin und Universitätsprofessorin. Angetrieben von ihrem Glauben und dem Bedürfnis, einen Unterschied in der Welt zu bewirken, möchte Robyn anderen helfen, ihre Gedanken positiv zu beeinflussen und den eigenen Wert wahrzunehmen. Als Kind erlebte sie in ihrer afroamerikanischen Gemeinde Schamgefühle, Sprachlosigkeit und mangelndes Wissen über psychische Gesundheit mit, und das weckte in Robyn den Wunsch, das allgemeine Wohlbefinden in der gesamten schwarzen Community zu steigern. Mit diesem Ziel im Hinterkopf erlangte sie den Masterabschluss und den Doktortitel in klinischer Psychologie an der University of Oregon.

Als Traumatherapeutin mit dem Spezialgebiet psychische Gesundheit von Frauen und ethnisch diverser Bevölkerungsgruppen unterstützt Robyn Überlebende sexueller Gewalt dabei, ihr Leben zurückzuerobern. Ihre Forschung zielt darauf ab, das Leid verschiedener traumatisierter Patient*innengruppen zu reduzieren, unter anderem das von Kriegsveteran*innen. Sie war Mitglied verschiedener Gremien und Komitees in Organisationen rund um psychische Gesundheit und trägt ihre Arbeit aktiv in die Welt hinaus.

Zusätzlich zu diesen beruflichen Belangen liegt es Robyn am Herzen, Stigmata und Schamgefühle im Zusammenhang mit dem Thema psychische Gesundheit in der afroamerikanischen Community abzubauen. Sie spricht gern auf Frauenrechtskonferenzen und verbindet in Workshops psychologische und spirituelle Elemente, um so für die verschiedenen Herausforderungen des Lebens Hilfestellung geben zu können. Vor Kurzem erhielt Robyn die Citizen Psychologist Citation der American Psychological Association als Auszeichnung für ihre maßgebende Arbeit daran, ethnischen Minderheiten den Zugang zu psychologischen Behandlungen zu erleichtern und der nächsten Generation kulturell diverser Führungspersonen im Feld Psychologie den Weg zu bereiten. Robyn ist stolze Frau von Korey und hingebungsvolle Mutter von Justice, ihrem vierbeinigen Schützling. In ihrer Freizeit macht Robyn es sich gerne mit ihrer Familie und einem Film auf dem Sofa bequem, nährt ihre spirituelle Seite beim Lesen oder probiert neue Rezepte aus.

Robyn L. Gobin
Das kleine Buch der Selbstfürsorge
Mit Stress umgehen lernen, Ängste reduzieren und Wohlbefinden fördern

Über dieses Buch

Sich selbst ernst nehmen 

Im Leben das emotionale Gleichgewicht zu halten und seine Bedürfnisse stets im Auge zu haben ist manchmal gar nicht so leicht. Schnell handeln wir im Autopilotmodus. Kleine Rituale der Selbstfürsorge helfen dabei, mehr bei sich selbst zu sein. Und genau das bietet dieses Buch. Schritt für Schritt klopfen die Leser*innen ihre Lebensfelder ab und prüfen, ob Änderungsbedarf besteht: 

Manchmal bedeutet Selbstfürsorge auch, sich selbst Fehler zu verzeihen, in Beziehungen Grenzen zu setzen oder einen Termin beim Zahnarzt wahrzunehmen, den man schon lange aufgeschoben hat. Wichtig ist, am Ball zu bleiben – mit diesem Begleiter an Ihrer Seite!

Robyn L. Gobin ist klinische Psychologin, Achtsamkeits­trainerin, Rednerin, Wissenschaftlerin und Universitätsprofessorin.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2021

Copyright der Originalausgabe: © 2019 Callisto Media Inc

Die Originalausgabe ist 2019 unter dem Titel The Self-Care Prescription: Powerful Solutions to Manage Stress, Reduce Anxiety and Increase Well-Being bei Althea Press erschienen.

All rights reserved. First published in English by Althea Press, a Callisto Media Inc imprint.

Übersetzung: Larissa Jolitz

Coverfoto: © Ksenia Zvezdina (www.istockphoto.com)

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsjahr dieser E-Book-Ausgabe: 2021

ISBN der Printausgabe: 978-3-7495-0111-3

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0211-0 (EPUB), 978-3-7495-0213-4 (PDF),  978-3-7495-0212-7 (EPUB für Kindle).

1. Warum Ihnen Selbstfürsorge wichtig sein sollte

„Ach, man kennt das ja. Ich hab viel um die Ohren und seit Wochen nicht vernünftig geschlafen, aber ich komm zurecht.“ Diese Antwort erhielt ich vor ein paar Jahren von einer Kollegin, als ich sie fragte, wie es ihr gehe. Die Worte sind mir im Gedächtnis geblieben, denn ich glaube, vielen von uns kommen sie bekannt vor. Im Laufe der Jahre hat mir so manche*r Patient*in in Therapiesitzungen Ähnliches erzählt und ich selbst habe mich zweifellos streckenweise genauso gefühlt. Unsere verschiedenen Verpflichtungen zerren so lange an uns, bis wir schließlich zerschlissen wie ein ausgeleiertes T-Shirt sind; wir fühlen uns dünnhäutig und kaum noch einen Deut wert. Wir träumen von Sandstränden und kristallklarem Meer, aber der Zeitpunkt scheint nie günstig für einen Urlaub. Wir spielen viele Rollen – Elternteil, Arbeitnehmer*in, Ehepartner*in, Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester, Student*in, und die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. Jede dieser Rollen verlangt uns ein gewisses Maß an Zeit, Geld und Kraft ab und erschöpft uns langsam von Tag zu Tag.

1.1 Selbstfürsorge ist maßgebend

Selbstfürsorge ist heutzutage in aller Munde. Auch Sie haben wahrscheinlich schon Tausende Postings dazu in sozialen Medien gesehen und den Begriff in der Werbung gehört. Selbstfürsorge wird als Heilmittel für nahezu alles verkauft. Alle möglichen Leute empfehlen sie: Ärzt*innen und Blogger*innen, Life-Coaches und Therapeut*innen. Meistens läuft so ein Selbstfürsorge-Tipp darauf hinaus, sich eine Mani- und Pediküre zu gönnen, ein gutes Essen, eine exotische Reise oder ein langes, heißes Bad. Alle Welt rät Ihnen, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, aber wenn man mal vom Verwöhnen und der „Me-Time“ absieht – was ist Selbstfürsorge eigentlich und warum ist sie so wichtig?

Kurz gesagt bedeutet Selbstfürsorge, sich um sich selbst zu kümmern. Doch das geht über gelegentlichen Luxus hinaus; es heißt auch, in allen wichtigen Bereichen des Lebens Verantwortung für das eigene Wohlbefinden zu übernehmen. Dazu gehört gezielter Zeitaufwand, um herauszufinden, wer man ist und was man braucht, und diese Bedürfnisse dann auch zu erfüllen, um glücklich, gesund und im eigenen Leben gegenwärtig zu sein.

Wenn wir unserer Familie, der Arbeit und anderen Pflichten „erlauben“, unsere gesamte Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen – ohne unsere Ressourcen für uns selbst einzusetzen –, fühlen wir uns letztendlich körperlich erschöpft, emotional abgekapselt von uns selbst und unseren Lieben und (obwohl wir doch eigentlich jeden Tag 24 Stunden zur Verfügung haben) permanent gehetzt. Sollten wir es dann doch einmal wagen, uns eine Auszeit von alldem zu nehmen, haben wir Schuldgefühle, gewisse Dinge kommen zu kurz oder wir müssen doch immerzu an all die Punkte denken, die sich auf unserer To-do-Liste anhäufen, während wir angeblich dabei sind, uns zu entspannen.

Ehe wir uns versehen, führen wir vielleicht sogar ein Leben, das wir gar nicht mehr als das unsere wiedererkennen. Arbeit und Verpflichtungen nehmen uns derart in Beschlag, dass keine Zeit mehr bleibt, Freund*innen zu treffen, Träume zu verfolgen, auszuruhen oder Familie und Partner*innen nah zu sein. Tagein, tagaus handeln wir mechanisch, streichen Punkte von der To-do-Liste und die ganze Zeit über sind wir überlastet, unglücklich und unerfüllt. Wir fühlen uns machtlos, als säßen wir nur auf dem Beifahrersitz. Wir haben vergessen, wie einflussreich wir eigentlich sein können und wie viel Kontrolle wir in unserem Leben tatsächlich ergreifen können.

Wenn uns jemand fragt, wie es uns geht, antworten wir vielleicht wie meine Kollegin: „Ich komm zurecht.“ Aber das ist genau der Punkt: Ich möchte, dass Sie mehr als nur „zurechtkommen“. Ich möchte, dass Sie sich selbstsicher, energiegeladen und motiviert fühlen, als federführende Kraft in Ihrem eigenen Leben. Sie sollen aktiv darauf einwirken, in welche Richtung es läuft. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben – um Sie und uns alle daran zu erinnern, dass wir eine Wahl haben. Sie können jederzeit anfangen und einen neuen Weg einschlagen. Sie können das Steuer ergreifen und den Kurs verändern. Klar, das wird nicht immer einfach. Aber in all dem Geschehen sollen Sie nie sich selbst und Ihre eigenen Bedürfnisse aus den Augen verlieren. Auf sich selbst aufzupassen ist sogar das Beste, was Sie für Ihre Arbeit, Ihre Familie und Ihre Freund*innen tun können. Selbstfürsorge ist nicht nur unerlässlich für das Wohlbefinden, sondern auch, um im Alltagsleben gut zu funktionieren.

Ich möchte gleich zu Beginn klarstellen, dass es bei der Selbstfürsorge nicht einfach nur darum geht, sich gut zu fühlen. Natürlich wird Ihnen vieles Spaß machen, was Sie für Ihre Selbstfürsorge unternehmen, doch das wird nicht immer der Fall sein. Selbstfürsorge ist nicht zwangsläufig spaßig oder entspannend, hin und wieder werden Sie auch keine Lust darauf haben. Manchmal beinhaltet Selbstfürsorge, sich selbst für Fehler der Vergangenheit zu verzeihen; in Beziehungen Grenzen zu setzen; diesen einen Termin bei einem*r (Zahn-)Arzt*(Zahn-)Ärztin zu machen, den Sie schon so lange aufschieben; abends nichts zu unternehmen, weil Sie Schlaf nachholen müssen; oder eine Arbeitsstelle oder Beziehung hinter sich zu lassen, aus der Sie herausgewachsen sind.

Bei der Selbstfürsorge geht es darum, sich selbst zur Priorität zu machen, unabhängig von Ihren Lebensumständen. Selbstfürsorge soll in erster Linie Balance in ein Leben zurückbringen, das vor lauter Pflichten und Verantwortungen aus dem Gleichgewicht geraten ist.

1.2 Wie geht Selbstfürsorge?

Die populäre Auffassung von Selbstfürsorge, wie sie oft in Zeitschriften, Blogs und Fernsehbeiträgen vermittelt wird, beinhaltet typischerweise Eisbecher, Schaumbäder, Massagen und Pediküren. Solche Verwöhnstrategien nach dem Motto „Gönn dir was!“ können im Selbstfürsorgeprogramm durchaus eine Rolle spielen, richtige Selbstfürsorge ist jedoch eine viel substanziellere und ganzheitliche Angelegenheit, die jeden Lebensbereich berührt. Sich den eigenen Bedürfnissen zu widmen, heißt also nicht nur, von Zeit zu Zeit etwas Schönes zu unternehmen, sondern auch, sich in Selbstreflektion zu üben und einzuschätzen, wie die Dinge in Ihrem Leben stehen, wo Sie Veränderungen wollen oder brauchen und wie Sie diese am besten herbeiführen. Selbstfürsorge bedeutet, einen aufrichtigen Blick in den Spiegel zu werfen und Veränderungen vorzunehmen, die Ihrem Leben mehr Gleichgewicht, Sinn, Gehalt und Erfüllung verleihen.

Nehmen wir zum Beispiel an, Sie kämpfen seit Monaten stillschweigend mit chronischen Schmerzen, Angstgefühlen oder Depressionen und stellen keinerlei Besserung fest. In dieser Situation könnte Selbstfürsorge bedeuten, sich selbst ehrlich einzugestehen, dass Sie mit dem Leid nicht alleine fertig werden, und sich verletzlich zu zeigen, indem Sie Hilfe bei einem*r Arzt*Ärztin oder einem*r Therapeuten*Therapeutin suchen. Das kann schwerfallen, da viele von uns überzeugt sind, wir seien schwach, wenn wir unsere Probleme nicht allein lösen können. Nichts könnte der Wahrheit ferner liegen. In einer Gesellschaft, die Eigenständigkeit so hochachtet wie unsere, ist es in Wirklichkeit ein Zeichen von Stärke, wenn Sie um Hilfe bitten. Zu lernen, wirklich auf sich selbst Acht zu geben, mag also nicht immer vergnüglich sein, und Sie stoßen dabei vielleicht auf das eine oder andere mentale Hindernis, das es zu überwinden gilt – aber auch das gehört zur Selbstfürsorge.

1.3 Was dieses Buch zu bieten hat

Ich sage Ihnen jetzt das Gleiche wie meinen Patient*innen: Ich kann nicht zaubern. Dieses Buch hier genauso wenig. Es wäre toll, wenn ich einen Zauberstab hätte, mit dem ich Ihren ganzen seelischen Schmerz verschwinden lassen und all Ihre Probleme lösen könnte, aber das ist schlichtweg unmöglich. Ich kann Ihnen keine magische Antwort auf alles bieten, aber dafür Wissen und erprobte Vorgehensweisen weitergeben, mit deren Hilfe Sie sich Ihr Leben ganz bestimmt so aufbauen können, wie Sie es sich wünschen – Stein für Stein. Ich werde nicht von Ihrer Seite weichen, wenn Sie die nötigen Anstrengungen und die harte Arbeit in Angriff nehmen, um die gewünschten Veränderungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Das wird Ihnen etwas Offenheit abverlangen; bleiben Sie am Ball und wenden Sie die Tipps und Techniken an, die ich Ihnen hier vorschlage. Dann habe ich keinen Zweifel daran, dass Sie am Ende dieser Erfahrung das nötige Rüstzeug für Ihre weitere Selbstfürsorge-Reise haben, klarer und kompetenter als zu Beginn Ihrer Bemühungen.

Dieses Buch ist um die sechs grundlegenden Dimensionen des Wohlbefindens gegliedert, so wie sie vom US-amerikanischen National Wellness Institute beschrieben werden: den körperlichen, spirituellen, emotionalen, geistigen, beruflichen und sozialen Bereich. Durch Selbstfürsorge sollen Sie sich nicht nur gut fühlen und gut aussehen; alles an Ihnen soll versorgt werden: Körper, Seele und Geist. Ich vergleiche die sechs Dimensionen des Wohlbefindens gerne mit einem Auto. Jedes Einzelteil erfüllt eine wichtige Funktion für das Fahrzeug als Ganzes. Wenn eines davon kaputt geht – die Bremsen sich zum Beispiel abnutzen –, läuft das ganze Auto nicht mehr so, wie es soll. Zwar können Sie es weiterhin fahren, auch wenn die Bremsen mal erneuert werden müssten, aber damit gehen Sie ein ernsthaftes Risiko für sich selbst und das Auto ein.

Genauso wie dieses Auto können auch wir „zurechtkommen“ und weiter funktionieren, wenn wir uns nur um manche Dimensionen unseres Wohlbefindens kümmern, aber das birgt seine Schattenseiten. Damit wir auf Dauer reibungslos „laufen“, müssen wir uns regelmäßig „tunen“ und klug genug sein, um Warnsignale aus dem einen oder anderen Lebensbereich nicht zu ignorieren. Wir würden ja auch kein brandneues Auto kaufen und jahrelang damit herumfahren, ohne jemals Kontrollen oder Ölwechsel durchführen zu lassen. Ebenso müssen Körper, Seele und Geist gepflegt werden. Lassen Sie uns kurz einen Blick darauf werfen, was zu den jeweiligen Dimensionen des Wohlbefindens gehört.

Körperlich: Hier dreht sich alles um Ihre Körperfunktionen. Um bestmöglich zu funktionieren, braucht Ihr Körper vernünftige Ernährung, Bewegung und gesunde Gewohnheiten.

Sozial: Wir sind auf menschlichen Kontakt ausgelegt. Uns geht es am besten, wenn wir gesunde Beziehungen mit Menschen führen, die uns ehrlich mögen, respektieren und aufbauen.

Geistig: Genau wie unser Körper braucht auch unser Kopf Training! Sie sind niemals zu alt, um etwas Neues zu lernen. Für geistiges Wohlbefinden widmen Sie sich Aktivitäten, die Ihre Kreativität ankurbeln und Ihren Verstand schärfen.

Beruflich: Das Leben ist zu kurz, um einer Arbeit nachzugehen, mit der Sie sich nicht gut fühlen. Berufliches Wohlbefinden heißt, Sinn aus Ihrer Arbeit zu schöpfen und zu wissen, wie Sie mit einer suboptimalen Jobsituation umgehen.

Spirituell: Wenn wir uns spirituell gesund fühlen, sind wir uns unserer selbst jenseits des Körperlichen bewusst und empfinden Sinn und Bedeutung in unserem Leben.

Emotional: Ach, die Gefühle … Sind sie unangenehm, glauben wir, nicht mit ihnen leben zu können, sind sie angenehm, würden wir sie auf keinen Fall missen wollen. In Wirklichkeit sollten wir ein ganzes Spektrum an Emotionen empfinden, Freude genauso wie Schmerz. Beim emotionalen Wohlbefinden geht es darum, die volle emotionale Erfahrung zuzulassen und die Fähigkeit auszubilden, mit schmerzhaften und intensiven Emotionen zurechtzukommen.

Jedes der folgenden sechs Kapitel beginnt mit einer allgemeinen Beschreibung, warum der jeweilige Bereich wichtig ist und was es braucht, um darin gesund und ausgeglichen zu bleiben. Dann wird es persönlich, indem ich Sie in Diskussionen und Aktivitäten einführe, die Ihnen dabei helfen, eine eigene Vision davon zu kreieren, wie Sie jeden Bereich des Wohlbefindens für sich gestalten wollen. Ich gebe Ihnen auch bewährte Strategien und Techniken für eine positive Geisteshaltung (neudeutsch: Mindset) mit auf den Weg, die Sie in jeder Kategorie antreiben in Richtung Ihrer persönlichen Ziele.

Jede meiner Übungen kann auf Ihre konkrete Lage und Ihre Bedürfnisse zugeschnitten werden. Es geht ja darum, Selbstfürsorge so in Ihr Leben zu bringen, wie es für Sie gut umsetzbar ist. Da gibt es kein Patentrezept! Wenn Sie sich die Strategien durchlesen, möchte ich Sie ermutigen, auch einmal über den Tellerrand hinauszublicken und sich jede Technik auf kreative Art zu eigen zu machen.

1.4 Ihren eigenen Weg finden

Inzwischen haben Sie schon mitbekommen: In diesem Buch steckt eine ganze Menge! Da jeder Bereich der Selbstfürsorge seinen Teil dazu beiträgt, Ihr allgemeines Gleichgewicht herzustellen, empfiehlt es sich, auch an allen sechs zu arbeiten. Wenn Sie beim Aufschlagen dieses Buches allerdings ein ganz bestimmtes Problem im Sinn hatten – wenn Sie zum Beispiel das Gefühl haben, beruflich in einer Sackgasse zu stecken –, blättern Sie ruhig direkt weiter zu Kapitel 5, in dem es um berufliche Selbstfürsorge geht, und starten Sie dort. Aber tun Sie sich selbst einen Gefallen: Versuchen Sie, sich nach und nach durch alle Kapitel zu arbeiten, denn alle Fertigkeiten und Übungen in diesem Buch bauen aufeinander auf und verstärken sich gegenseitig.

Nicht jeder Ratschlag wird für jeden gleich gut funktionieren. Dieses Buch steckt randvoll mit starken Übungen, Hilfestellungen und Techniken, sodass Sie in jeder Lage etwas Passendes für sich persönlich finden können. Ich empfehle Ihnen aber, alles zumindest einmal auszuprobieren. Bleiben Sie danach ruhig bei den Techniken, die bei Ihnen am besten geklappt haben, und vernachlässigen Sie die weniger nützlichen. Die Art und Weise, wie Sie Ihr Leben verbessern, muss für Sie gut machbar und auch auf lange Sicht durchzuhalten sein.

1.5 Auf geht’s!

Meine ehrliche Hoffnung ist es, dass Ihnen dieses Buch Skills vermittelt, um Ihre Gesundheit und Ihr Glück zur Priorität zu machen, obwohl das Leben Ihnen jede Menge Herausforderungen beschert und Hindernisse in den Weg stellt. Unterm Strich kann man sagen: Ich möchte Ihnen helfen, Ihr bestes Leben zu leben. Mit den Techniken aus diesem Buch lassen sich Selbstfürsorge-Strategien erwiesenermaßen effektiv in Ihr Leben einbinden. Aber wie der Autor John C. Maxwell sagte: „Dreams don’t work unless you do!“ (Sinngemäß: „Träume gehen erst in Erfüllung, wenn du dafür sorgst.“)

Ich glaube fest an Ihr Potential, im Leben nicht nur gut auszusehen, sondern sich auch gut zu fühlen. So viele von uns beherrschen die Kunst, nach außen einen guten Eindruck zu machen, perfekt. Wir sind Profis darin, die „Ich komm zurecht“-Maske zu tragen. Wir verpacken uns hübsch – modische Kleidung, nettes Lächeln und positive Ausstrahlung –, aber innen drin sieht die Lage weniger rosig aus. Wir genießen das Leben nicht mehr, sehnen uns nach tieferer Verbundenheit und haben uns selbst aus den Augen verloren, während wir uns um alle anderen gekümmert haben. Hiermit lade ich Sie ein, sich selbst an erste Stelle zu rücken. Es ist an der Zeit, nicht mehr länger auf „irgendwann“ zu warten. Lernen Sie heute, besser auf sich Acht zu geben.

Es ist durchaus möglich, ein*e wunderbarer*e Partner*in, Elternteil, Freund*in und / oder Familienmitglied zu sein und trotzdem gut für sich selbst zu sorgen. Ich werde Ihnen zeigen wie. Manche der Strategien werden Ihnen vielleicht bekannt sein, andere sind möglicherweise neu und kommen Ihnen seltsam vor. Wenn Sie auf etwas Bekanntes oder Altbewährtes stoßen, versuchen Sie einmal, diese Methode mit anderen Augen zu betrachten. Um das Meiste aus diesem Buch herauszuholen, brauchen Sie drei Dinge: Aufgeschlossenheit, einen Stift und ein Notizbuch. Während Sie auf diesen Seiten voranschreiten, ermuntere ich Sie, das Notizbuch zu nutzen, um Tagebuch zu führen, Listen zu erstellen und zu planen, wie Sie die verschiedenen Tipps umsetzen wollen. Nehmen Sie sich täglich oder wöchentlich so viel Zeit wie möglich, um dieses Buch zu lesen und die Strategien darin einzuüben. Unter anderem zeigt Ihnen dieses Buch auch, wie Sie mehr Zeit für sich selbst gewinnen, es ist also in Ordnung, wenn Sie klein anfangen. Ihr Leben lässt sich nicht über Nacht umkrempeln. Erst einmal müssen Sie überhaupt anfangen.

Mein Ziel für Sie lautet: Wenn Sie mit diesem Buch fertig sind, werden Sie so viele Vorteile der Selbstfürsorge genießen, dass Sie den Wunsch verspüren, Ihrer Selbstfürsorge-Praxis die größtmögliche Zeit in Ihrem Terminplan einzuräumen. Sind Sie bereit? Dann los! Ich drücke Ihnen die Daumen.

2. Familie, Freund*innen, Freizeit – soziale Selbstfürsorge

Beginnen Sie hier, wenn …

Beginnen Sie mit sozialer Selbstfürsorge, wenn Sie vorhaben:

2.1 Ihre sozialen Bedürfnisse

Wir Menschen sind auf Gemeinschaft programmiert. Vom ersten Atemzug an sind wir darauf aus, mit anderen zu kommunizieren und Beziehungen aufzubauen. Zwar sind unsere körperlichen Fähigkeiten bei der Geburt noch stark eingeschränkt, aber gerade deshalb sind wir bereits als Kleinkinder mit hoch entwickelter sozialer Intelligenz ausgestattet. Sie ermöglicht es, uns zu verständigen, Zeichen zu deuten und unser Verhalten so zu gestalten, dass uns die grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Zugehörigkeit und Schutz sicher ist. Wenn wir heranwachsen und unabhängiger werden, kann unser Bedürfnis nach gesellschaftlichen Beziehungen wegen anderer Anforderungen des Erwachsenenlebens zu kurz kommen. Unser Alltag füllt sich mit Arbeit, Rechnungen und Verpflichtungen in der Familie und wir finden immer weniger Zeit für soziale Selbstfürsorge.

Definieren können wir soziale Selbstfürsorge als die Pflege unseres Bedürfnisses nach menschlichem Miteinander. Dazu gehört, uns um bestehende Beziehungen und Freundschaften zu kümmern, neue Kontakte zu knüpfen und in unseren Beziehungen Grenzen zu setzen, um sie gesund zu halten. Soziale Selbstfürsorge ist wichtig, da sie sich positiv auf unser Zugehörigkeits- und Verbundenheitsgefühl auswirkt. Die angeborene menschliche Sehnsucht nach einem Zugehörigkeitsgefühl erfüllt sich darin, als Mitglied einer Gruppe anerkannt zu werden (zum Beispiel in der Familie, dem Freundes- und Kolleg*innenkreis und / oder bei organisierten Gruppenaktivitäten wie Mannschaftssport, Kursen oder Kartenspielrunden) oder sich als Teil von etwas Größerem zu fühlen (zum Beispiel durch Ehrenämter, Beiträge oder Arbeit für einen guten Zweck und humanitäre Tätigkeiten). Das soziale Verbundenheitsgefühl drückt aus, wie nah wir uns anderen Menschen fühlen.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass soziales Miteinander förderlich für unsere geistige Gesundheit ist. Ein Mangel an zwischenmenschlichen Beziehungen hingegen wird mit schwächerer Gesundheit, erhöhtem Stress sowie Depression, Einsamkeits-, Angst- und Schuldgefühlen in Verbindung gebracht. Soziale Selbstfürsorge durch häufigen Kontakt zu Freund*innen, Familienunternehmungen, Hobbys und organisierte Gruppenaktivitäten erhöht somit unsere Chancen auf Gesundheit, Glück und Ausgeglichenheit.

Was wünschen Sie sich von Ihrem Sozialleben?

Ein entscheidender erster Schritt für die Verbesserung Ihrer sozialen Selbstfürsorge ist es, sich eine persönliche Vision zu schaffen. Damit meine ich, in einem Satz zu formulieren, wie Sie Ihr Leben mit anderen Menschen gerne sehen würden. Sobald Sie sich darüber klar geworden sind, können Sie mit weiteren Schritten in Richtung dieses Ziels beginnen. Ihre Vision sollte Ihnen richtig Lust darauf machen, Ihr Sozialleben auf eine neue Stufe zu heben. Überlegen Sie sich beim Formulieren Ihrer Vision auch, warum Sie Ihr gesellschaftliches Leben auf diese Weise verändern möchten. Fragen Sie sich: „Warum ist mir Gemeinschaft wichtig? Was gewinne ich dadurch, mir Zeit für soziale Selbstfürsorge zu nehmen?“ Wenn Sie persönliche Gründe dafür feststellen, warum soziale Selbstfürsorge für Ihr Leben von Bedeutung ist, kann Sie das motivieren, sie auf der Prioritätenliste weiter nach oben zu schieben, auch wenn andere Verpflichtungen dringender erscheinen.

Hier ein paar Fragen, die Ihnen bei Ihrer persönlichen Vision und dem „Warum“ helfen können. Schnappen Sie sich Ihr Notizbuch und versuchen Sie, die Beantwortung dieser Fragen nicht nur als reine Denkübung zu sehen. Werden Sie ruhig kreativ, lassen Sie alle Sinne miteinfließen. Rufen Sie sich ein lebhaftes und detailliertes Bild vor Augen, wie Ihre soziale Selbstfürsorge in Zukunft aussehen soll: Wen und was sehen Sie? Was schmecken Sie? Welche Gerüche liegen in der Luft? Welche Emotionen haben Sie?

Soziale Selbstfürsorge praktisch umsetzen