Reinhold W.
Elise W. (dessen Ehefrau)
Brigitte, Lisa und Sabine (dessen Töchter)
Gerhard und Thomas (Ehemänner von Brigitte und Sabine)
Anna (uneheliche Tochter von Lisa)
Tom (Freund von Lisa)
(In Lisas Schlafzimmer. Sie liegt im Bett und schläft. Anna kommt herein.)
Anna: Guten Morgen Mama. Darf ich noch zu dir ins Bett kuscheln? Oder müssen wir gleich aufstehen?
Lisa: Nein, komm nur. Wir haben viel Zeit. Ich habe sowieso keine Lust aufzustehen. Am liebsten würde ich noch Tage im Bett bleiben, rumgammeln und einfach nichts tun.
(Anna kuschelt an ihre Mutter)
Anna: Bist du wieder traurig Mama?
Lisa: Ja, Schatz.
Anna: Dabei ist doch heute Heiliger Abend. Ich bin schon ganz aufgeregt. Freust du dich nicht auf die vielen Geschenke, auf die vielen Lichter und... und ach, alles das eben?
Lisa: Nein.
Anna: (schaut erstaunt fragend auf) Ja wie... nein? Du bist schon die ganze Zeit so komisch. Seit alle von Weihnachten sprechen, spinnst du.
Lisa: Ob man das spinnen nennen kann? Aber es stimmt. Weißt du wie man die vier Wochen vor dem Heiligen Abend nennt?
(Anna kuschelt sich wieder an und überlegt)
Anna: Oh...irgendwas mit sinnen, oder so?
Lisa: Ja, so ähnlich. Man nennt sie auch die besinnliche Zeit. Besinnen kann heißen, nachdenken über alles Mögliche. Zum Beispiel über das Christkind, wie das wohl war, in der Nacht als es geboren wurde? Ich überlege oft, ob ihm kalt war. Mir ist am Heiligen Abend immer ganz kalt.
Anna: Mir nicht! Mir ist immer ganz heiß, wegen der vielen Geschenke.
Lisa: (schaut ins Leere) Ich habe die besinnliche Zeit dazu genutzt, um über mich und meine Familie nachzudenken.
Anna: Über mich auch?
Lisa: Nein, mit dir hat das nichts zu tun, auch wenn du zu meiner klitzekleinen Familie gehörst. (fängt an Anna zu kitzeln)
Anna: Halt... Mama, nein... bitte nicht kitzeln! Will lieber schmusen. (grunzt leise) Und über was hast du nachgedacht?
Lisa: Ich habe an die vielen Weihnachtsfeste gedacht, die waren, als ich Kind war. Du weißt doch, dass Oma und Opa früher eine Gaststätte bewirtschafteten? Dort war an Weihnachten immer viel los. Wir, deine Tanten und ich, mussten viel arbeiten. Am Heiligen Abend wurde die Gaststätte erst um zwei Uhr nachmittags geschlossen, dann konnten wir erst feiern. Dein Opa hat jedes Jahr eine Gans gebraten. Es gab Rotkraut und Kartoffeln dazu. Ich habe mich riesig auf diese Stunden gefreut. Heute überlege ich mir warum, denn sie waren alle gleich schrecklich. Der äußere Rahmen passte zum Fest, aber der innere nicht... vielleicht hatte ich gehofft, dass es einmal anders abläuft. Erst hat sich Opa vollgefressen, dann vollgesoffen, und dann gab es Krach.
Anna: Warum hast du mir nie davon erzählt? Ich bin doch schon so groß!
Lisa: Ja Schatz. Nur musste ich, bis heute, nie darüber nachdenken. Die ganzen Jahre habe ich an Weihnachten entweder gearbeitet oder wir waren verreist. Letztes Jahr waren wir bei Oma in Frankfurt, erinnerst du dich? Hm... dieses Jahr kann ich mich nicht wieder drücken.
Anna: Wegen mir müssen wir nicht dorthin. Die Geschenke können wir auch morgen noch kurz abholen.
Lisa: Du nervst mich mit deinen Geschenken. Natürlich sind die für dich ganz wichtig, aber Weihnachten hat doch wohl einen anderen, einen ernsthafteren Sinn.
Anna: Einen besinnlichen Sinn?
Lisa: (lacht) Ja, so ähnlich.
(Lisa und Anna in der Küche am Frühstückstisch. Es klingelt)
Lisa: Gehst du aufmachen? Es ist bestimmt Marlies.
Anna: Immer ich! (geht und öffnet die Tür)
Lisa: Hallo Marlies, komm setz dich. Hast du schon Tee getrunken?
Marlies: Hallo Lisa, nein noch nicht, ich kann aber einen gebrauchen. (holt sich Geschirr aus dem Schrank und bedient sich)
Lisa: Na, wie war der Spätdienst gestern?
Marlies: Oh... frag mich nicht! Auf der Station geht es drunter und drüber. Alle wollen heim, und die, die dableiben müssen, sind unheimlich traurig. Es ist schon schlimm, Weihnachten im Krankenhaus sein zu müssen.