Der Kim Schepper-Zyklus:
Band 1: Kim Schepper und die Kinder von Marubor
Band 2: Kim Schepper und der Aufstand der Schatten
Band 3: Kim Schepper und das Weinen der Zeit
Band 4: Kim Schepper und das Lächeln der Ewigkeit
Band 5: Kim Schepper und die Angst der Erde
Wolfgang Brunner
KIM SCHEPPER und die Angst der Erde
Originalausgabe 2017
Books on Demand GmbH
ISBN 9783746070162
Umschlaggestaltung:
Mathias Beckmann, Sandra Hartwig
www.mattesschwarz.de
Copyright 2017 Wolfgang Brunner
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Zitat auf der Buchrückseite mit freundlicher Genehmigung des Literaturblogs „Buchwelten“
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Für Michael Ende,
den Zauberer der Worte
DIE KINDER VON MARUBOR
Die dreizehnjährige Kim ist schockiert, als sie erfährt, dass ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Tom, der angeblich durch einen Unfall ums Leben kam, in Wirklichkeit ein Opfer geheimer Experimente der Firma Kirkos Marubor wurde, die nicht nur an Tom, sondern auch an anderen Kindern durchgeführt wurden, um der Menschheit angeblich zu Unsterblichkeit zu verhelfen. Bei einem mitternächtlichen Treffen auf dem Friedhof erfährt sie, dass sämtliche Kinder, an denen die Firma Untersuchungen vorgenommen hat, durch inszenierte Unfälle aus dem Weg geschafft wurden, nachdem die Forschungen außer Kontrolle gerieten.
Doch die Opfer sind nicht tot. Mit Hilfe von Gaia wurde ihnen zu einer Existenz zwischen Leben und Tod verholfen. Dieser Zustand wird von den Kindern als gering lebend bezeichnet und sie nennen sich selbst die Loa. Gaia selbst scheint durch die fragwürdigen Experimente gefährdet zu sein und wendet sich mit der Bitte um Hilfe an die Kinder.
Kim trifft auf ihren totgeglaubten Bruder. Die mit ihren Geschwistern wieder vereinten Loa beschließen, das Geheimnis und die Machenschaften der Firma Kirkos Marubor zu enträtseln.
Immer intensiver spüren sie, dass sie durch ein starkes, emotionales Band miteinander verbunden sind. Diesen Zusammenhalt nennen sie "Hockerband". Einer Prophezeiung nach werden sich durch dieses Hockerband gering lebende und lebende Geschwister in die Kriegerwesen „Draugar“ verwandeln, um als Kriegerwesen die Bedrohung Gaias durch Kirkos Marubor und deren Schergen, den so genannten Machtgierern abzuwenden.
Kim und ihre Freunde treffen auf der nahe gelegenen Leuchtturminsel, auf der in unterirdischen Laborräumen die schrecklichen Experimente durchgeführt wurden, auf Herrn Froese, einen alten Mann, der früher bei Kirkos Marubor als Putzmann beschäftigt war und den Kindern Hilfe anbietet. Er hat den „Dolittle-Übersetzer“ erfunden, eine Apparatur,mit der die Frequenzen der Ultraschallrufe von Fledermäusen für Menschen hörbar und verständlich gemacht werden können Zusammen mit Herrn Froese dringen die Freunde immer tiefer in die zwielichtige Geschäftspolitik von Kirkos Marubor ein.
Die Smith, ein hundert Jahre altes Segelschiff, das nicht im Wasser, sondern auf dem Grundstück von Tabitha Heimes liegt, dient den Kindern und den sie unterstützenden Erwachsenen als Unterschlupf und Kommandozentrale.
Bald ist Kim überzeugt, dass die Machtgierer die Weltherrschaft anstreben und der Erde Schaden zufügen wollen. Sie glaubt, dass Kitsune ein Abgesandter des Bösen ist, der mit den Produkten seiner Firma außerdem die Menschheit unterjochen und beherrschen will.
Es gilt, die Kinder aller Experimente zu vereinen, um den Kampf gegen Kirkos Marubor aufzunehmen. Doch noch verstecken sich die Probanden aus den anderen Untersuchungen, denen die Flucht aus den unterirdischen Laboren geglückt ist, auf der Leuchtturminsel.
Als die Kinder mit ihren Müttern, Herrn Froese und Betty auf der Leuchtturminsel nach den Vermissten suchen, tauchen die Forscher ebenfalls dort auf. Während einer dramatischen Verfolgungsjagd geraten Kims Bruder Tom und der ehemalige Putzmann in die Gewalt der Machtgierer.
DER AUFSTAND DER SCHATTEN
Mit Fledermaus Bettys Hilfe gelingt Tom und Herrn Froese die Flucht.
Um Unterstützung im Kampf gegen Kitsune und sein Machtimperium Kirkos Marubor zu erhalten, machen sich die Schattenkinder auf den Weg nach Idolos, der Welt der Totenschatten. Währenddessen suchen Kim und ihre Freunde in Herrn Froeses Wohnung nach dem Prototyp eines verkleinerten „Dolittle-Übersetzers“, als überraschend die-Machtgierer auftauchen. Den Gefährten gelingt, geschützt durch ihre Schatten, die Flucht. Kim macht sich auf Anraten ihres Schattens Mik ebenfalls nach Idolos auf, um den Schattenkindern bei ihrer Mission beizustehen.
Die Welt der Totenschatten wird von Scato, einem Tyrannen, beherrscht, der den Schatten einredet, dass sie ohne ihre Werfer, die schließlich tot seien, nichts wert sind. Kim und die Schattenkinder erfahren, dass der einzige Weg, um die Hilfe der Schatten zu erlangen, der ist, Scato als Freund zu gewinnen. Dies sei aber schwierig, da Scato als äußerst verdrießlicher Zeitgenosse gilt.
Daher bietet der von dem Schatten Seittam geplante Aufstand gegen Scato für Kim und ihre Freunde eine willkommene Alternative: Sie könnten die Totenschatten in Ihrem Freiheitsbegehren unterstützen und dann als Gegenleistung auf deren Hilfe im Kampf gegen die Machtgierer hoffen. Bettys Schatten taucht in Idolos auf. Kim bittet ihn, Herrn Froese von den Zuständen in Idolos zu berichten.
Einige hundert Kilometer entfernt in der wirklichen Welt bemerkt die über achtzig Jahre alte Meta Quetschke, eine Jugendfreundin von Cornelius Froese, verdächtige Veränderungen in der Ozonschicht. Obwohl Meta sich längst in den Ruhestand begeben könnte, arbeitet sie noch immer auf freiwilliger Basis in einem Institut für Umwelt, Klima und Erdenergie. Die Erinnerung an eine Begebenheit aus Metas Kindheit, als sie, zusammen mit Cornelius Froese, beim Spielen im Wald einen merkwürdigen Stein mit einer eingravierten Schrift gefunden hat, lässt sie den Entschluss fassen, Cornelius nach vielen Jahren wieder ausfindig zu machen.
Als Kitsune erfährt, dass sich die Kinder mit den Schatten der Toten (und auch der Lebenden) gegen ihn verbünden wollen, macht er sich mit Hilfe seines Schattens ebenfalls auf den Weg nach Idolos.
Dort existiert eine Legende: Um die Schatten der Toten aus der Tyrannei zu befreien, muss dem Fürsten Scato eine Frage gestellt werden, auf die er keine Antwort weiß.
Froese wird immer öfter von unheilvollen Träumen aus der Kriegszeit heimgesucht. Als Betty ihm Scatos Namen nennt, erkennt er, dass es sich bei dem diktatorischen Herrscher über die Welt der Totenschatten um seinen ehemaligen Kommandeur handelt.
Ausgerüstet mit dieser Information macht sich Froese nun ebenfalls auf den Weg nach Idolos, um Scato die legendäre, unbeantwortbare Frage zu stellen. Es gelingt ihm, Scato zu überlisten, so dass dieser sich an sein Versprechen halten und seinen Untertanen die Freiheit schenken muss.
In der Zwischenzeit ist auch Kitsune in Idolos angekommen, wo er sich mit Scato verbündet.
DAS WEINEN DER ZEIT
Nach ihrer Rückkehr aus Idolos in die Welt der Sterblichen beschließen Kim und ihre Freunde zunächst die Erdenkinder zu retten und Verbündete im Kampf gegen die Machtgierer zu finden.
Meta Quetschke macht sich derweil auf den Weg, um ihren Freund aus Kindheitstagen, Cornelius Froese, aufzusuchen.
Jorden und Lurra, die Erdenkinder, befinden sich weiterhin auf der Leuchtturminsel, wo sie, auf gedanklichem Weg Verbindung mit Gaia aufnehmen.
An einem Ort namens Pars Pro Toto, der nur in ihren Köpfen existiert, erfahren sie vom sogenannten Pugna, einem bevorstehenden Kampf um das Wohl das Erde.
Die Zeitkinder Antes und Utopia, die in die Fänge der Machtgierer geraten sind, sollen in die Laborräume unter dem Leuchtturm zurückgebracht werden.
Jaron scheint zu ahnen, was ihre Gegner planen und schlägt vor, zur Leuchtturminsel zurückzukehren, um sämtliche Forschungsanlagen zu fluten, damit keine weiteren Untersuchungen an den gefangengenommenen Kindern durchgeführt werden können. Der Plan gelingt und die Zeitkinder können gerettet werden.
Auch Agneau, Renard Kitsunes geschiedene Frau, spielt mit dem Gedanken, sich zusammen mit ihrem Sohn Galu an den Ort zu begeben, wo sich die Kinder für einen Krieg rüsten.
Scato gelingt es, die Schatten aller Lebenden zu unterjochen. Als Agneau, Galu und Meta schließlich Buchstedt erreichen, finden sie eine trostlose, menschenleere Stadt vor.
Kuningaz rät den Kindern immer wieder aufs Neue, das Aufhocken konsequent zu üben, und zwar so lange, bis sie es fertigbringen, sich endgültig in Draugar zu verwandeln, um Gaia in dieser Gestalt zur Seite stehen zu können.
Feuer, Wasser, Luft und Erde sind die wichtigsten Vertreter
Als sich Meta Quetschke der Gruppe um Kim Schepper anschließt, zeigt sie den geheimnisvollen Stein, von dem sie auf merkwürdige Weise nach Buchstedt geleitet worden war.
Antes und Utopia, die Kinder der Zeit, vermeinen, darin die wahre Gestalt der Zeit zu erkennen und beginnen, um sie zu weinen. Dabei verwandeln sich Meta Quetschke und Cornelius Froese auf zauberhafte Weise in Kinder.
Scato hat die Asen, kleine Lichtpunkte, die sich zu riesigen Drachen zusammenschließen können, aus dem Bestiarium befreit, einem Ort, wo sich der Menschheit noch völlig unbekannte Wesen aufhalten. Zusammen mit ihnen macht er sich auf die Suche nach den Erdenkindern, die er schließlich auf der Leuchtturminsel findet. Doch die ebenfalls aus dem Bestiarium stammenden Frankins, riesige, engelsgleiche Kreaturen, verhindern, dass die Kinder der Erde in Gefangenschaft geraten.
In einem abgelegenen Teil der alten Bunkeranlagen der berüchtigten Wolfsschanze, wo einst eines von Hitlers Führerhauptquartieren lag, hat Kitsune eine Ausweichmöglichkeit für seine teuflischen Pläne geschaffen.
Kim und ihre Freunde fassen den wagemutigen Entschluss, mit Hilfe der Totenschatten auf der Smith über die Ostsee nach Danzig zu fahren, um Kitsunes Pläne zu durchkreuzen.
Als sie in See stechen, geraten sie allerdings in eine Auseinandersetzung mit Scato und seinen Asen-Drachen, bei der es diesem gelingt, die Ewigkeitskinder in seine Gewalt zu bringen.
DAS LÄCHELN DER EWIGKEIT
Während Tenebrae und Cordero zusammen mit Scato und den Ewigkeitskindern auf den Asen-Drachen nach Polen fliegen, lässt sich Kitsune von einem Fahrer mit dem Auto zur Wolfsschanze bringen.
Kim und ihre Freunde machen sich mit der Smith auf den Weg zur Leuchtturminsel, um die Erdenkinder Lurra und Jorden vor den Machtgierern zu retten. Auf der Fahrt wird Cornelius Froese von Erinnerungen an seine Zeit im Krieg geplagt. Er muss an die Zeit zurückdenken, in der er als Kriegsverletzter mit der Wilhelm Gustloff, einem Passagierschiff, von Polen nach Deutschland gebracht werden sollte.
Während dieser Reise bekam er von einem Soldaten ein sogenanntes Astrolabium, ein Gerät zur Bestimmung von Sternenpositionen, geschenkt. Wie sich später herausstellt, ist in diesem Astrolabium die wahre Gestalt der Ewigkeit versteckt, wie seinerzeit die der Zeit im Tachys. Cornelius erinnert sich mit Schrecken daran, dass die Gustloff durch einen Torpedobeschuss im Meer versank und das Astrolabium dabei verlorenging, als er sich in ein Rettungsboot retten konnte.
Einige der Kinder erfahren von Gaia, dass es noch drei weitere Gegenstände gibt, in denen sich, wie im Tachys, die wahren Körper der Ewigkeit, der Liebe und der Erde befinden. Es handelt sich dabei um besagtes Astrolabium, um einen Armreif und einen Ring. Alle drei Gegenstände müssen gefunden werden, damit der Pugna (das Spiel zur Rettung der Erde) beginnen kann.
Nachdem Kim und ihre Freunde es geschafft haben, die Erdenkinder nach einem Kampf gegen die Feuergeister, den Farisilles aus dem Bestiarium, an Bord der Smith zu bringen, nehmen sie mit Hilfe der Segel, die aus Totenschatten bestehen, ihre Fahrt nach Polen auf.
Unterwegs gelingt es den Kindern sogar, sich in nahezu perfekte Draugar zu verwandeln.
Doch die ruhige Überfahrt auf der Smith wird abrupt unterbrochen, als sie von den Bisderks, den Wassergeistern aus dem Bestiarium, angegriffen werden. Kim gelingt es jedoch, die Kreaturen zu überlisten und sie sogar auf ihre Seite zu bekommen. Als sie sich dem Wrack der Gustloff nähern, beschließen sie, einen Teil des Schiffes mit Hilfe der Bisderks zu bergen, um das darauf verlorengegangene Astrolabium zu suchen.
Tenebrae und Cordero zweifeln immer mehr an der Richtigkeit, Kitsune weiterhin zu dienen. Zunehmend sind sie davon überzeugt, dass es vielleicht besser für sie wäre, die Fronten zu wechseln und sich Gaias Armee anzuschließen. Nach einer diesbezüglichen Auseinandersetzung mit Scato können Tenebrae und Cordero glücklicherweise auch noch die Asen dazu überreden, sich ebenfalls für Gaias Seite zu entscheiden. Dadurch erlangen auch die beiden Ewigkeitskinder ihre Freiheit wieder und sie fliegen alle gemeinsam auf den Asen-Drachen zurück zur Smith.
Als Kitsune an der Wolfsschanze ankommt, findet er Scato ohne Tenebrae, Cordero, die Ewigkeitskinder und die Asen vor und ist außer sich vor Wut. Andererseits kann Scato berichten, dass allen Menschen auf dieser Welt, bis auf wenige Ausnahmen, ihre Schatten gestohlen wurden.
Kitsune gelingt es plötzlich, seinem Namen „das Tier“ alle Ehre zu machen, denn er wird zum Gestaltwandler, der sich in einen Fuchs verwandeln kann. In dieser Gestalt ruft er sämtliche Tiere der Erde zu sich, um sie in seine Armee zu rekrutieren. Damit verhärten sich die Fronten der Guten und Bösen immer mehr.
Kim und die Loa finden tatsächlich das verschwundene Astrolabium auf dem Wrack der Gustloff, worauf die Ewigkeit ihre wahre Gestalt zurück erhält. Und, wie schon durch den Tachys, verwandeln sich zwei Erwachsene, dieses Mal sind es Agneau und Cordero, in Kinder zurück.
Als Kim vor Erschöpfung in Ohnmacht fällt, erwacht sie in Gaias Welt Pars Pro Toto, wo sie das erste Mal auf Kuningaz, den König der Draugar, trifft.
Es dämmerte bereits, als die Smith von Norden her auf Port Gdañsk, wie der Danziger Hafen auf polnisch hieß, zusteuerte.
Tabitha hatte die Strecke mit Hilfe der Totenschatten schneller zurückgelegt, als sie dachte. Die Segel, die die Werferlosen gebildet hatten, fingen den Wind so geschickt ein, dass das Schiff manchmal sogar bis zu zehn Knoten erreichte und sich dem Zielhafen in Polen schnell näherte.
„Wenn ihr genau hinseht, könnt ihr da vorne die Spitzen von Verladekränen erkennen“, versuchte Tabitha das Rauschen des Fahrtwindes zu übertönen.
Cassian stand neben Calla am Bug der Smith und starrte angestrengt in die von Tabitha gezeigte Richtung. „Ich sehe nichts“, beklagte er sich nach einer Weile.
„Siehst du denn nicht die spitzen Dinger da vorne?“ Calla deutete auf den Küstenstreifen, der nur noch ganz schwach in der zunehmenden Dämmerung zu erkennen war.
„Ich dachte, das wären Bäume.“
„Das sind die Spitzen von Kränen“, sagte Jaron, der sich zusammen mit Kim zu ihnen gesellt hatte.
„Aber in diesem Licht kann man sie tatsächlich mit Baumspitzen verwechseln.“
„Das sind doch keine Bäumespitzen,
die dort am Küstenstreifen blitzen.
Und während wir an Bord hier sitzen,
kommen die Bösen echt ins Schwitzen,
weil wir in Windeseile flitzen,
zu dem Versteck, das sie besitzen,
wo wir den Sieg ihnen stibitzen
und sie mit Wasser nass bespritzen.“
Betty keckerte übermütig und flatterte zu Keylan. „Mit Wasser nass bespritzen“, wiederholte sie den letzten Reim und streckte ihre Zunge in Richtung Alea, die ihr aber keine Beachtung schenkte.
„Wir haben es geschafft“, flüsterte Kim und lehnte sich an Jaron. „Wir sind von Deutschland nach Polen gefahren ...“
„Und haben auf der Überfahrt auch noch Wassergeister besiegt und das Wrack der versunkenen Gustloff geborgen“, setzte Jaron hinzu.
„Und wir sind wie Meta und Cornelius zu Kindern geworden“, meldete sich Cordero zu Wort und stellte sich zusammen mit Agneau hinter Kim und Jaron.
„Ist ne ganze Menge passiert, als wir unterwegs waren“, bejahte Galu.
„Ja, das stimmt“, sagte Kim. „Und wir haben es geschafft, uns in Draugar zu verwandeln.“ Sie machte eine kurze Pause, bevor sie fortfuhr. „Ich muss immer wieder an Kuningaz denken. Er sah so niedlich aus und wirkte aber trotzdem so weise.“
„Der König der Draugar ist total weise“, bemerkte Tom. „Sonst hätte er uns doch niemals das Aufhocken lehren können.“
„Da hast du jetzt auch wieder recht, Tom“, bestätigte Kim die Aussage ihres Bruders. „Ohne ihn hätten wir es niemals geschafft, uns nach der Verwandlung so koordiniert zu unterhalten. Ich kann mich noch gut an das erste Mal erinnern, als wir alle durcheinander geredet haben.“
„Ja, das war lustig“, rief sich Calla das Chaos ins Gedächtnis zurück.
„Na ja“, wehrte Alea ab. „Lustig? Ich weiß nicht. Ich fand das damals alles sehr befremdlich und verwirrend. Man hat ja kein Wort in dem Tohuwabohu verstanden.“
„Das war ja das Lustige daran“, erklärte Calla.
„Spielverderberin“, maulte Betty.
„Keinen Sinn für lustig' Sachen,
die wir so immer alle machen.
Bist nie lustig, nur genervt,
ein jeder Witz wird gleich entschärft.
Warum, Alea, bist du nur
bei Witzen von uns so krass stur?“
Alea gefror der bissige Ausdruck im Gesicht und sie starrte Betty an, als hätte diese sie gerade über alle Maßen beleidigt.
„Was ist, du Wunderschöne?
Jetzt fehl'n dir wohl die Wiedertöne?“
„Wiederworte“, verbesserte Keylan. „Es heißt Wiederworte, Betty.“
„Das reimt sich aber nicht,
nur wenn ich umstell' mein Gedicht. Dann müsst ich anderweitig klagen
und es mit diesen Worten sagen:
Jetzt fehl'n dir wohl die Wiederworte,
du wunderschöne Sahnetorte.“
„Das ist ja wohl die Höhe“, schrie Alea und wurde knallrot im Gesicht. „Du kannst wohl nichts anderes tun, als mich zu beleidigen, du zerrupfte Fledermaus.“
„Zerrupft, zerrupft, was soll das heißen? Soll ich dich in den Hintern beißen?“, schimpfte Betty entrüstet und flatterte wild mit den Flügeln.
„Ich soll dich beleidigt haben?
Wie kannst du so 'ne Lüge wagen?
Genannt hab' ich dich wunderschön,
das ist doch nicht obszön.
Sahnetorte nannt' ich dich,
ist das nicht überaußerordentlich?“
„Betty wird immer besser“, flüsterte Keylan zu Cassian und nickte beeindruckt.
„Aber nur, wenn es um Auseinandersetzungen mit Alea geht“, gab Cassian zur Antwort. „Ansonsten ...“
„Schweige still, du Bösverräter“, wandte sich Betty an ihn.
„Sonst werde ich zum Übeltäter
und hau dir ein's über die Rübe,
dass es kaputt geht, dein Getriebe.“
„Was habe ich gesagt?“, wandte sich Cassian an Keylan und grinste. „Wenn sie mich beleidigen will, haut das mit den Reimen nicht so gut hin wie bei Alea.“
„Schluss jetzt!“, unterbrach Cornelius. „Wir sollten uns überlegen, wie es weitergeht, wenn wir in Danzig angekommen sind.“
„Dann geht es doch weiter zu dieser Wolfsschanze“, bemerkte Lynn.
„Das schon. Aber wie wollen wir dort hinkommen?“
Lynn zuckte mit den Schultern und wandte sich mit fragendem Blick an Cornelius. „Zu Fuß?“
Cornelius schüttelte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen den Kopf. „Das ist zu weit, Lynn“, sagte er und aus seiner Stimme klang der „alte“ Herr Froese heraus. „Von hier zur Wolfsschanze sind es über 200 Kilometer. Das ist ein weiter Weg.“
„Puh!“, entfuhr es Calla. „Das ist echt weit. Das schaffen wir doch niemals.“
„Wieso denn?“, warf Cornelius ein und sah zu Tabitha. „Wir haben doch eine Menge Helfer.“
Tabitha nickte und sah nach oben zu den Segeln aus Schatten. Kim folgte ihrem Blick und lächelte, als sie sich daran erinnerte, wie die Werferlosen in Buchstedt die Smith ans Meer gebracht hatten.
„Ihr meint, die Schatten könnten die Smith tragen?“
„Haben sie doch in Buchstedt auch getan“, sagte Tom.
„Aber wenn uns jemand sieht?“, gab Alea zu bedenken. „Wir werden doch bestimmt Aufmerksamkeit erregen.“
„Wer sollte uns denn bitteschön sehen?“, entgegnete Meta. „Mittlerweile wird es auf der ganzen Welt so aussehen wie in Buchstedt. Glaubst du denn, dass noch irgendein Mensch außer uns seinen Schatten besitzt?“
„Meta hat wahrscheinlich recht“, bestätigte Kim. „So wie Scato und seine bösen Helfer in Buchstedt gewütet haben ...“
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass alle Menschen mehr schattenlos und ohnmächtig sein sollen“, entgegnete Alea.
„Du konntest dir auch bis vor kurzem nicht vorstellen, dass wir aufhocken und uns in Draugar verwandeln“, hielt Jaron dagegen.
„Überhaupt alles, was in letzter Zeit passiert ist“, bemerkte Cassian. „Stimmt's?“
Alea nickte. „So gesehen ist wirklich nichts mehr unmöglich“, gab sie zu.
„Also“, fasste Cornelius zusammen, „ich denke auch, dass es mittlerweile nur noch sehr wenige Menschen auf der Erde gibt, die, wie wir, noch ihre Schatten besitzen. Die meisten werden Scatos Schergen zum Opfer gefallen sein. Ich denke, wir können es also ohne weiteres wagen, uns von den Werferlosen mit der Smith zur Wolfsschanze bringen zu lassen.“
„Aber werden die Schatten denn so viel Energie haben?“, wandte Kim ein.
„Zum einen“, mischte sich Trebla jetzt in die Diskussion ein, „sind wir Totenschatten wirklich sehr stark. Und zum anderen dürft ihr nicht vergessen, wie viele wir sind.“ Er deutete in den Himmel über der Smith, wo dunkle Silhouetten durch die Luft wuselten. „Und das sind bei weitem noch nicht alle. Sehr viele haben sich in den Schatten versteckt, die von den Dingen auf der Smith geworfen werden. Sie ruhen sich aus, bis sie wieder an der Reihe sind, die anderen abzulösen.“
„Das schaffen wir bestimmt“, bemerkte Julian.
„Wir schaffen das, wir schaffen das“, trällerte Betty.
„auf diese Schatten ist Verlass.
Die bringen uns zur Schanze flott
in ihrem Totenschatten-Trott.“
„Hör auf, Betty“, murmelte Alea. „Ich bitte dich.“
„Ist schon gut, du Sahnetorte,
ich spar mir meine weisen Worte!“
„Wir sind gleich im Hafen“, unterbrach Tabitha den Zank. „Wenn wir in Danzig sind, werden wir sehen, ob es noch Menschen gibt, die nicht schattenlos und ohne Bewusstsein sind.“
Alle schwiegen eine Weile. Nur das leise Flattern der Schattensegel und das Rauschen der Gischt, die sich am Bug der Smith brach, waren zu hören. Sie kamen der Hafenanlage jetzt rasant näher und Tabitha nahm einen angestrengten Gesichtsausdruck an, als sie am Steuerrad stand und sich auf den richtigen Kurs konzentrierte.
„Wo legen wir an?“, fragte Vivian.
„Das ist doch völlig egal“, antwortete Meleth.
„Ist bestimmt keiner anwesend, der das kontrolliert“, meinte Cordero.
„Ja, wir haben freie Platzwahl“, grinste Agneau und legte freundschaftlich einen Arm um Corderos Schultern. „Wie im Kino.“
„Das alles hier ist aber bedeutend spannender wie im Kino“, bemerkte Kim.
„Manchmal wünschte ich mir allerdings, das alles wäre nur ein Film und wir könnten jederzeit aussteigen und zurück in unser altes Leben“, seufzte Lisa.
„Wenn wir die Machtgierer besiegt haben, wird genau das passieren“, tröstete Kim ihre Mutter.
Die Schattensegel begannen immer lauter zu flattern, je näher sie sich der Küste näherten.
Geschickt manövrierte Tabitha das Schiff in eine engere Wasserstrasse, die in den hinteren Teil der Hafenanlage führte.
„Ich versuche, so nah wie möglich ans Land zu kommen“, bemerkte sie und warf einen hilfesuchenden Blick zu Trebla, der nur wenige Meter neben ihr schwebte. „Kannst du deinen Leuten sagen, sie sollen die Geschwindigkeit drosseln? Vielleicht können sich ein paar von ihnen vom Segel trennen, dann werden wir doch automatisch langsamer.“
Trebla nickte und machte sich auf den Weg.
„Wenn die Schatten uns mit der Smith zur Wolfsschanze tragen, können wir uns ein wenig ausruhen“, bemerkte Kim.
„Das können wir“, bestätigte Lisa.
„Und es wäre auch ziemlich ratsam“, mischte sich Keylan in das Gespräch ein. „Wer weiß, wie viel Energie wir benötigen, wenn wir bei Kitsunes Wolfsschanze ankommen und gegen ihn antreten müssen.“
„Was machen wir eigentlich mit den Bisderks?“, wollte Calla wissen. „Brauchen die nicht Wasser?“
„Oh!“ Kim schürzte die Lippen. „Daran haben wir noch gar nicht gedacht“, stimmte sie Callas Überlegungen zu. Sie lief zur Reling und sah ins Wasser, wo bereits nach wenigen Augenblicken Medina Elche auftauchte und neugierig zu ihr hochblickte.
„Was ist?“, erkundigte sich der Wassergeist.
„Ich ... äh ... wir haben vergessen, euch zu fragen, ob ihr nur im Wasser leben könnt. Ich meine ... wir erreichen in wenigen Augenblicken den Hafen von Danzig und dann geht es auf dem Landweg weiter. Ihr müsst mit uns kommen ...“
Sari Flau durchbrach dicht neben Medina Elche die Wasseroberfläche und schüttelte sich wie ein Seeelefant. „Was ist los? Los ist was?“
Medina Elche wandte sich mit einem wütenden Schnauben an seinen Artgenossen und fauchte. „Wir sind erlöst, schon vergessen? Du musst nicht mehr reden wie im Bestiarium. Ich verbiete dir, so zu reden, Sari Flau. Verstanden?“
„Schon gut, schon gut“, brummte dieser und wandte sich dann mit einem freundlicheren Gesicht an Kim. „Was gibt’s?“
„Ich habe gerade erklärt, dass ...“
„Wir müssen nicht unbedingt im Wasser sein“, unterbrach Medina Elche. „Wasser ist zwar hilfreich, aber nicht zwingend notwendig.“
„Das ist gut“, freute sich Kim. „Sehr gut sogar. Wir werden nämlich wahrscheinlich auf der Smith weiterreisen.“
„Mit einem Schiff? Auf dem Land?“
„Ja genau. Die Schatten, die uns die ganze Zeit als Segel gedient haben, werden das Schiff und uns tragen.“
„Das nenne ich aber mal eine außergewöhnliche Reiseart“, trötete Sari Flau.
„Gib uns einfach Bescheid, wenn wir an Bord kommen sollen“, sagte Medina Elche.
„In Ordnung“, erwiderte Kim. „Es wird nicht mehr lange dauern, also bleibt am besten in der Nähe.“
„Machen wir“, bestätigte Sari Flau. „Ich sag' schon mal den anderen Bescheid.“ Mit einem lauten Prusten tauchte er wieder unter.
„Dann ist die Sache schon mal erledigt“, murmelte Kim und begab sich zurück auf die Kommandozentrale, um den anderen die erfreuliche Nachricht zu überbringen.
„Die Stelle da vorne“, sagte Tabitha gerade, als Kim den Raum betrat. „Die ist gut.“
„Die Bisderks brauchen nicht unbedingt Wasser“, sagte Kim nur und stellte sich zwischen Lisa und Tom.
„Gut“, bemerkte Cornelius. „Wir können sie also einfach auf der Smith mitnehmen und müssen uns keine Gedanken darüber machen, wie wir sie befördern könnten.“
„Ich werde in ein paar Minuten anlegen“, teilte Tabitha mit.
„Erstes Etappenziel erreicht!“, bemerkte Meta und grinste. „Bommelding!“
Während im circa 60 Kilometer entfernten Elblag die Frankins zusammen mit den anderen Wesen aus dem Bestiarium, die auf Gaias Seite standen, geduldig auf die Ankunft der Kinder warteten, steuerte Tabitha die Smith geschickt an den ausgewählten Landeplatz.
„Ich hätte nie gedacht, dass wir Polen so schnell erreichen“, bemerkte Kim.
„Sooo schnell war das jetzt auch nicht“, konterte Alea. „Wir haben jede Menge erlebt.“
„Das stimmt schon. Aber irgendwie kommt es mir trotzdem sehr schnell vor.“
„Du machst dir Gedanken, wie es jetzt weitergeht, stimmt's?“, vermutete Jaron und legte eine Hand auf Kims Schulter. „Der große Endkampf rückt immer näher und wir haben keine Ahnung, was uns an der Wolfsschanze erwartet.“
„Du hast recht“, gab Kim zu. „Je näher wir Kitsune kommen, desto aufgeregter werde ich. Dieses Pars Pro Toto, das Pugna-Spiel und die Verwandlung in Draugar ... ich weiß echt nicht, wie wir das alles in den Griff bekommen sollen.“
„Keine Sorge“, mischte sich Cornelius in das Gespräch ein. „Wir kriegen das schon hin.“
„Davon bin ich auch vollkommen überzeugt“, bestätigte Meta.
„Wir müssen einfach nur auf unsere Stärken vertrauen“, beschwichtigte Agneau. „Wir sind so weit gekommen, dass wir die letzte Etappe nun auch noch schaffen werden.“
„Geschafft!“, sagte Tabitha und ließ das Steuerrad los. „Wir haben angelegt.“
„Sollen wir schon loslegen?“, erkundigte sich Trebla.
„Wir müssen erst die Bisderks an Bord holen“, sagte Kim.
„Die Asen sind auf jeden Fall da“, bemerkte Calla und deutete in die Luft, wo hell schimmernde Pünktchen umher schwirrten.
„Gut“, antwortete Kim knapp und begab sich zusammen mit Jaron und Tom auf das Deck, wo sie nach Backbord rannten.
„Medina Elche?“, rief Kim über die Reling und starrte auf die glatte Wasseroberfläche. „Seid ihr bereit, an Bord zu kommen?“
Es dauerte nicht lange und alle zehn Bisderks erschienen.
„Wir sind bereit“, verkündete Medina Elche und kletterte mit geschickten Bewegungen an Bord. Dabei stießen seine gewaltigen Hörner immer wieder mit einem dumpfen Klopfen an die Planken. Sari Flau und die anderen folgten ihrem Anführer und standen wenige Augenblicke später neben Kim. Meerwasser tropfte aus ihren langen Haaren aufs Deck und eine Weile war das hektische Scharren ihrer Hufe zu hören.
„Wollt ihr an Deck bleiben oder lieber nach unten gehen?“, erkundigte sich Jaron.
„Wir bleiben hier“, bestimmte Medina Elche.
„Okay“, sagte Kim. „Dann können wir den Totenschatten jetzt Bescheid geben, dass sie die Smith an Land tragen können.“
„Ich bin gespannt, ob das auch wirklich funktioniert“, gab Jaron zu bedenken.
„Sie sind stark genug“, meinte Tom zuversichtlich. „Und außerdem hat Papa, äh, Papas Schatten gesagt, dass sie sehr viele sind.“
„Lasst uns den anderen Bescheid geben, dass die Bisderks an Bord sind.“ Kim warf Medina Elche noch ein Lächeln zu und rannte dann zurück in die Kommandozentrale.
Kitsune bemerkte erst, dass er die ganze Zeit an seinen Fingernägeln gekaut hatte, als eine Stelle an seinem rechten Zeigefinger zu bluten begann.
„Wieso hast du mir von dieser Prophezeiung nichts erzählt?“, fragte er zum wiederholten Mal.
Scato klebte an der gegenüberliegenden Wand und bewegte sich nicht. „Ich habe es dir jetzt schon ein paar Mal gesagt“, knurrte er nach ein paar Sekunden. „Weil ich dachte, dass sie unwichtig ist, eine Lüge ...“
„Und plötzlich glaubst du daran?“, blaffte Kitsune. „In dem Moment, als die Tiere draußen aufgehört haben, zu schreien, hast du deine Meinung von einer Sekunde auf die andere geändert und der Weissagung Glauben geschenkt? Einfach so?“
„Ja, einfach so“, äffte Scato den Machtgierer nach. „Sie ist mir in dem Moment einfach wieder eingefallen, weil es eben so passend war. Diese Stille, die ...“
„Schnauze!“, bellte Kitsune. „Wenn es stimmt, was du sagst, und die Kinder sich soeben in diese Draugar - was immer das bedeuten soll - verwandelt haben, dann ...“
„Hast du ein Problem“, beendete Scato den Satz und erntete dafür einen bösen Blick von Kitsune.
„Was weißt du über diese Draugar?“
Scato rutschte an der Wand entlang nach unten auf den Boden, wo er sich wie eine riesige Schlange auf Kitsune zubewegte, um sich schließlich vor ihm als wabernde Nebelgestalt wieder zu manifestieren. „Ich weiß überhaupt nichts von diesen Draugar. Sie scheinen Kämpfer für die Erde zu sein ...“
„Wo sind die Farisilles?“, unterbrach Kitsune. „Ich will, dass sie sich vor diesem Gebäude positionieren und für meine Sicherheit sorgen.“
Scato schwebte ein paar Meter zur Seite und stieß ein krächzendes Geräusch aus, das wie ein verzerrtes, verächtliches Lachen klang. „Hast du etwa Angst, großer Kitsune?“, bemerkte er in einem süffisanten Tonfall, als schien er die Furcht seines Partners in gewisser Weise zu genießen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass dir irgendetwas Angst verursachen könnte.“
„Ich habe keine Angst“, widersprach Kitsune. „Ich möchte nur sichergehen, dass mir niemand zu nahe kommt. Solange ich nicht weiß, um was es sich bei diesen Draugar handelt, will ich kein Risiko eingehen.“
„Vielleicht wissen die Farisilles etwas über die Draugar“, überlegte Scato laut.
„Sie sollen sowieso hierher kommen“, bemerkte Kitsune. „Dann kann ich sie fragen.“
„Ich werde sie bringen“, sagte Scato und huschte aus dem Raum.
„Es beginnt“, flüsterte Gaia und ging vor Kuningaz in die Hocke. „Ich spüre es ...“
„Wir wussten, dass es eines Tages soweit sein würde“, antwortete die Schildkröte und hob den Kopf, um Gaia in die Augen zu sehen.
„Der Kreis schließt sich.“ Die Liebe blickte zu Kuningaz und lächelte. „Was hätten wir nur damals dafür gegeben, als wir unsere wahren Gestalten opferten, um das Böse daran zu hindern, sich auf der Welt auszubreiten, an genau jenem Punkt wieder zu stehen, an dem wir uns jetzt befinden.“
Gaia nickte. „Obwohl wir wussten, dass unsere Retter noch nicht geboren waren, haben wir das Risiko auf uns genommen.“
„Doch nun stehen euch meine Draugar bald zur Verfügung“, sagte Kuningaz. „Sie werden stark sein und das Böse bezwingen.“
„Und der Pugna ...“
„Ja, der Pugna“, wiederholte die Liebe. „Ist es übrigens nicht an der Zeit, die Ewigkeit in Form ihrer wahren Gestalt zu uns nach Pars Pro Toto zu holen?“
Gaias Blick wanderte zu dem überdimensionalen Spielbrett vor ihnen und sie nickte der Liebe zu. „Es schadet nicht, rechtzeitig mit den Vorbereitungen zu beginnen“, bejahte sie den Vorschlag. „Wer weiß schon, wie schnell es dazu kommt, dass das Spiel beginnt.“ Sie sah der Liebe tief in die Augen und stieß ein leises Seufzen aus. „Nun fehlen nur noch unsere Gestalten.“
„Die Kinder werden sie euch zurück bringen“, bemerkte Kuningaz voller Überzeugung.
„Sie müssen sich beeilen.“ Die Liebe blickte auf die Kugel, in der die Zeit steckte und die schon am Rand des Spielfelds bereitlag.
„Sie wissen, was sie tun müssen. Ich werde sie auf die Dringlichkeit hinweisen.“
„Deam, der Armreif, ist bereits in ihrem Besitz.“ Die Schildkröte krabbelte in Richtung Pugna-Spielfeld. „Und den Ring werden sie auch noch finden.“
„Aber solange sie ihn nicht haben, kann Gaia nicht aus dem Armreif befreit werden“, beteuerte die Liebe.
„Das stimmt“, gab Kuningaz zu. „Sie können also erst mit den beiden Verwandlungen beginnen, wenn sie an der Wolfsschanze sind.“
„Du musst ihnen sagen, wer im Besitz von Obis ist“, bat die Liebe den König der Draugar.
„Sobald sie sich wieder in Draugar verwandeln, werde ich ihnen das weitere Vorgehen erklären“, antwortete die Schildkröte. „Sie haben noch so viel zu tun“, seufzte das Tier.
„Lasst uns die Ewigkeit hierher holen“, erinnerte die Liebe.
„Die Bisderks sind an Bord“, verkündete Kim.
„Wir können also los“, sagte Tom zu Trebla.
„Dann packen wir es an“, erwiderte dieser und warf Fesoj einen auffordernden Blick zu. „Komm, mein lieber Freund.“
Die beiden Totenschatten schwebten ohne ein weiteres Wort aus der Kommandozentrale.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte Calla wissen.
„Candela und ich werden die Zeit noch einmal nutzen und aufhocken“, sagte Tenebrae.
„Das ist eine gute Idee“, stimmte Umbra zu. „Vielleicht sollten wir das alle noch einmal machen. Schließlich bleibt uns nicht mehr besonders viel Zeit, bis es ernst wird.“
„Sag sowas nicht“, jammerte Calla. „Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit.“
„Wir nähern uns dem Tag der Entscheidung“, flüsterte Kim. „Wir müssen jetzt stark sein.“
„Sind wir denn stark genug?“ Vivians Stimme klang niedergeschlagen.
„Wir sind die Zukunft“, gab Kim zur Antwort. „Schon vergessen?“ Sie schenkte Julians Schwester ein aufmunterndes Lächeln und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Überleg' doch mal, was wir bis jetzt alles geschafft haben.“ Sie sah einen nach dem anderen der Umstehenden an. „Die Hälfte von uns hat sogar den Tod besiegt. Unsere Geschwisterliebe ist derart groß, dass wir uns mittlerweile in ein Wesen verwandeln können, das Bruder und Schwester beherbergt.“ Sie hielt einen Moment inne und sah Lisa in die Augen. „Wir haben die Schatten der Toten auf unserer Seite. Die Asen, Frankins und Bisderks kämpfen mit uns. Vivian ...“ Kim fasste Vivian ans Kinn und drehte ihren Kopf, damit sie sich in die Augen sehen konnten. „Wir sind sowas von stark“, flüsterte sie. Und mit lauter Stimme wandte sie sich an ihre Freunde. „Wir werden siegen!“, schrie sie.
Ein leichter Ruck ging durch den Rumpf der Smith, als die Schatten das Schiff aus dem Wasser hoben.
„Auf zur Wolfsschanze“, sagte Cornelius und umarmte Meta. „Jetzt zeigen wir es diesen Verbrechern.“
„Das werden wir“, bestätigte Meta. „Und wie wir es ihnen zeigen werden.“
Der Rumpf der Smith schwebte über die Hafenmauer und schabte für einen Moment leicht am Steinboden, bevor er sich etwa drei Meter über dem Erdboden befand. Die Totenschatten nahmen sofort „Fahrt“ auf und lenkten die Smith in Richtung Osten.
„Leute“, meldete sich Cordero zu Wort und hielt das zu einem Dreieck verwandelte Astrolabium in die Höhe. „Da passiert irgendetwas.“
„Was meinst du?“ Agneau stellte sich neben ihn, um das Dreieck in seiner Hand in Augenschein zu nehmen.
„Es wird immer wärmer“, erklärte Cordero.
„Sie holen sie zurück“, bemerkte Meleth. „Sie holen die Ewigkeit nach Pars Pro Toto.“
„Du meinst, wie sie es mit dem Tachys gemacht haben?“, erkundigte sich Meta.
„Ja, genau. Du sagtest, dass die Kugel plötzlich weg war, stimmt's?“
Meta nickte zustimmend. „Ich hatte sie eingesteckt und irgendwann bemerkt, dass sie einfach verschwunden war.“
„Als wir in Pars Pro Toto waren, haben wir sie gesehen. Die Liebe hat sie in ihre Obhut genommen.“
„Die wahren Körper von Zeit, Ewigkeit, Liebe und Erde sind wichtig für den Pugna“, ergänzte Agneau die Überlegungen ihrer Tochter.
„Aua!“, schrie Cordero und ließ das Dreieck fallen, das aussah, als hätte es sich in ein glühendes Stück Metall verwandelt. „Es ist irre heiß.“
Noch während das verwandelte Astrolabium durch die Luft flog, löste es sich vor den Augen der erstaunten Kinder in Nichts auf. Die Umrisse des ehemaligen Stern-Nehmers wurden kurzzeitig undeutlich und schimmerten rötlich. Mit einem leisen, fast unhörbaren Klirren verschwand das Dreieck von einer Sekunde auf die andere.
„Wow“, bemerkte Keylan. „Das sah aus wie ein Filmeffekt.“
„War aber die Realität“, bemerkte Kim.
„Ein neuer Spielstein für den Pugna befindet sich nun in Pars Pro Toto“, flüsterte Agneau beeindruckt.
Cordero sah auf den Armreif an seinem Handgelenk. „Und hier ist der nächste“, sagte er. „Hat irgendjemand eine Idee, was wir mit ihm machen sollen?“
„Hab Geduld, lieber Agnello“, wandte sich Agneau an ihn. „Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir wissen werden, was zu tun ist.“
Cordero krümmte sich plötzlich zusammen und hielt sich den Bauch. Sein Gesicht verzerrte sich, als hätte er Schmerzen.
„Was ist los?“, erkundigte sich Agneau erschreckt.
„Ich ... ich weiß nicht“, stöhnte Cordero. „Ich hatte dieses Gefühl schon einmal, als wir ...“
„... uns auf dem Rücken der Asen-Drachen befanden“, beendete Tenebrae den Satz. „Er hat von einem Ruf gesprochen. Ein König würde ihn zu sich rufen, ein Tier.“
„Kitsune?“, unterbrach Lynn erschrocken.
„Eben nicht“, verneinte Tenebrae. „Er glaubte die ganze Zeit, er müsse sich in irgendetwas verwandeln. Aber Cordero wollte das nicht und hat sich dagegen gewehrt.“
„Was soll das?“, murmelte Agneau und beugte sich näher zu Cordero. „Was ist nur mit dir los?“
„Das Tier ruft mich erneut. Sie brauchen unsere Hilfe, Agneau“, ächzte Cordero.
„Welches Tier? Was meinst du mit unsere Hilfe?“
„Der König ist ... eine ... Schildkröte“, presste Cordero zwischen seinen vor Schmerz verzerrten Lippen hervor.
„Schild ...?“ Kim sprach das Wort nicht zu Ende. „Du meinst doch nicht etwa Kuningaz? Wieso sollte er mit dir in Kontakt treten? Du bist kein Teil eines Draugar.“
„Es geht um Agneau und mich“, stöhnte Cordero. „Wir sind Tiere! Gestalt ... wandler wie Kitsune!“
„Tiere? Gestalt-was?“ Calla tastete nach Keylans Hand.
„Agnello! Was ist …?“ Agneau stockte mitten im Satz und verdrehte die Augen nach oben. Mit einem leisen Stöhnen kippte sie vornüber direkt in Corderos Arme, der sie auffing und an sich drückte.
„Ich spüre ein Lamm in mir“, jammerte Agneau.
„Mama, was ist plötzlich los mit dir?“, schrie Galu und kniete sich neben die beiden, die abgehackte Laute ausstießen.
„Es hört sich an, als kämpften sie dagegen an, sich in irgendetwas zu verwandeln“, bemerkte Cornelius.
„Hört auf damit“, forderte Meleth, die wie ihr Bruder neben Agneau und Cordero in die Hocke gegangen war. „Was ist nur los mit euch?“
„Wir sind die guten Tiere“, brachte Cordero mühsam hervor. „Wir sind die Lämmer!“
„Die Lämmer?“, wiederholte Kim mit einem leichten Kopfschütteln. „Was passiert denn nun schon wieder?“
Mit einem erleichterten Seufzen richtete sich Cordero auf und streichelte Agneau über die schweißnasse Stirn. „Es ist vorbei. Der Anfall ist vorüber“, stöhnte er.
„Was ist mit euch gerade passiert?“ Meta schaute ratlos von Cordero zu Agneau, die sich ebenfalls langsam zu erholen schien.
Cordero starrte die Kinder aus stumpfen Augen an. „Ich hatte soeben eine Vision. Agneau und ich sind ebenfalls Teil dieses Jahrtausende alten Plans“, erklärte er. „Diese Schildkröte ist unser König.“ Cordero sah aus, als befände er sich noch immer in einer Art Trance.
„Kuningaz?“, wiederholte Kim ihre Vermutung von vorhin.
„Ich kenne seinen Namen nicht“, gab Cordero zur Antwort. „Aber Agneau und ich wurden geboren, um dem bösen Tier die Stirn zu bieten, dem Fuchs. Die Schildkröte sagt, unsere Aufgabe sei es, in die Reihen der Feinde vorzudringen, um den letzten noch fehlenden Gegenstand zu holen.“
„Obis, der Ring“, flüsterte Meleth.
„Der Fuchs wird im Kampf alle Tiere auf seiner Seite haben“, erklärte Cordero weiter. „Nur wir Lämmer werden es sein, die ihm trotzen. Aber der Fuchs weiß nichts davon.“ Cordero sah Kim an und lächelte. „Du hast bereits einmal den Namen eines Tiers enttarnt“, bemerkte er. „Renard und Kitsune ... beide Namen, sein Vor- und Nachname, bedeuten Fuchs.“ Er beugte sich näher zu Kim und flüsterte. „Sieh nach, was unsere Namen bedeuten. Agneau Kohitsuj und Agnello Cordero. Sieh nach!“ Dann schloss er die Augen und fiel erschöpft in Ohnmacht.
Die vier Farisilles standen vor dem Gebäude, in dem sich Kitsune die meiste Zeit aufhielt und verströmten eine unglaubliche Hitze. Die Schreie der anderen Tiere waren abrupt verstummt, als die Feuergeister in Erscheinung traten.
„Was könnt ihr mir über die Draugar sagen?“, forderte der Machtgierer seine Verbündeten auf.
„Mit welchen Gegnern bekommen wir es zu tun?“
Scato stand etwas abseits und beobachtete die Begegnung argwöhnisch.
„Die Draugar sind uralte Wesen“, begann der Anführer der Farisilles zu erklären. „Sie sind, wie wir, Kinder der Erde. Aber die Draugar sind bedeutend mehr als nur ihre Kinder.“ Er hielt einen Moment inne, um nach den richtigen Worten zu suchen. „Die Draugar verkörpern die sieben guten Eigenschaften Gaias.“
„Was soll das nun wieder bedeuten?“ Kitsune scharrte missmutig mit den Füßen auf dem Boden, der von Millionen von Schatten übersät war.
„Du kennst doch sicherlich die sieben Todsünden?“, erkundigte sich der Farisille mit donnernder Stimme.
„Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Eifersucht“, zählte der Machtgierer die Laster auf. „Wie könnte ich diese wunderbaren Dinge nicht kennen?“, fügte er seiner Liste hinzu.
„Und die Draugar verkörpern genau das Gegenteil dieser sieben Dinge. Sie stellen nämlich die sieben guten Eigenschaften von Gaia dar.“
„Die da wären?“, knurrte Kitsune.
„Liebe, Weisheit, Wille, Ordnung, Ernst, Geduld und Barmherzigkeit“, nannte der Feuergeist die sieben Werte.
„Pah!, blaffte Kitsune. „Die Draugar stellen diese verweichlichten Eigenschaften dar? Und das soll mir gefährlich werden? Dass ich nicht lache.“ Er stieß ein verächtliches Lachen aus und wandte sich an Scato. „Danke, Scato, dass du mir die Farisilles gebracht hast. Sie sollen hier Wache halten.“ Er ging auf den Fürsten der Totenschatten zu und schenkte ihm ein zufriedenes Grinsen. „Die Erklärung genügt mir vollkommen“, sagte er. „Die Draugar machen mir keine Angst. Sie wollen Zorn mit Liebe und Neid mit Barmherzigkeit bekämpfen ... Das ist absolut lächerlich und nicht der Rede wert.“
„Unterschätze die Kinder nicht“, mahnte Scato, aber Kitsune wehrte seine Warnung mit einer unwirschen Handbewegung ab.
„Ich habe kein Angst vor denen“, zischte er. „Und jetzt, wo ich weiß, mit welchen Waffen sie gegen mich kämpfen wollen, schon gar nicht.“
Die beiden Frankins Y'Shanil und Y'Eth saßen geduldig am Flussufer und sahen in die Richtung, aus der sie die Kinder erwarteten.
„Sie werden bald hier sein“, sagte Y'Shanil und betrachtete die über den Marktplatz wuselnden Vampire, Werkatzen und Gnome. „Spürst du die Anspannung, die in der Luft liegt?“
Y'Eth nickte mit besorgtem Gesichtsausdruck. „Du hast Recht. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse beginnt.“
„Das meinte ich“, bestätigte der erste Frankin. „Der Zeitpunkt ist nah.“
Sie lehnten sich aneinander und schlossen die Augen. Es sah aus, als hätten sie vor, sich vor dem großen Kampf noch einmal auszuruhen.
„Hast du die Ruhe bemerkt, die sich vorher über das Land gelegt hat?“, fragte Y'Eth nach einer Weile, die Augen weiterhin geschlossen.
„Du meinst, es war wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm?“
„Nein.“ Y'Eth schüttelte den Kopf. „Ich meinte eher, dass die Kinder auf dem besten Weg sind, sich in perfekte Draugar zu verwandeln, so wie es uns vor Jahrtausenden überliefert wurde.“
„Wenn sie tatsächlich zu Draugar wurden, dann ist der Ausbruch des Krieges nicht mehr fern“, prophezeite Y'Shanil und holte lautstark Luft.
Kim saß vor dem Laptop der Heimes und fühlte sich an den Augenblick erinnert, als sie herausgefunden hatte, dass Renard Kitsune „Fuchs“ bedeutete.
„Das kann doch nicht wahr sein“, flüsterte Lisa und hob ihre zitternde Hand an die Stirn.
„Da steht es aber Schwarz auf Weiß“, bemerkte Meta.
Kim hatte „Das Wort Lamm in verschiedenen Sprachen“ gegoogelt und dann über einen Umweg folgendes Ergebnis erzielt:
Baskisch – Arkume
Englisch – Lamb
Französisch – Agneau
Italienisch – Agnello
Japanisch – Kojhitsu
Latein – Agnus
Maltesisch – Haruf
Portugiesisch – Cordeiro
Schwedisch – Lamm
Spanisch – Cordero
„Das ist ja wirklich wie bei Kitsunes Namen“, bemerkte Calla erstaunt. Sie sah Agneau und Cordero mit großen Augen an. „Eure Vor- und Nachnamen bedeuten also Lamm.“
„Aber was hat das zu bedeuten?“, fragte sich Agneau. „Und wieso hatte ich vorhin solche Schmerzen im Unterleib?“
„Ich glaube, wir können uns in Tiere verwandeln“, vermutete Cordero. „Als ich auf dem Rücken des Asen-Drachen saß und das erste Mal so etwas erlebte, fühlte es sich an, als könnte ich mich jederzeit in ein Lamm verwandeln. Ich spürte dieses Tier in mir, habe mich aber dagegen gesträubt.“
„Du denkst, ihr seid also so eine Art Gegentier zu Kitsune?“, überlegte Kim laut.
„Kann sein“, gab Cordero zur Antwort. „Ich weiß es doch selbst nicht. Aber die Schildkröte sagte zu mir, dass wir uns in Lämmer verwandeln sollen, um Kitsune etwas zu entwenden.“
„Entwenden? Was denn?“ Cornelius trat neugierig einen Schritt näher.
„Sie sagte etwas, das wie Ovis klang. Oder ...“
„Obis“, berichtigte Meleth. „Das ist der Name des Rings, von dem die Liebe sprach, als wir uns in Pars Pro Toto befanden.“
„Der Ring befindet sich also bei Renard Kitsune?“
„Sieht so aus“, sagte Kim enttäuscht. „Den werden wir nie und nimmer in die Hände bekommen.“
„Aber genau deswegen sollen Agneau und ich uns doch in Lämmer verwandeln“, stellte Cordero fest. „Diese Schildkröte sagte, dass der Fuchs Macht über sämtliche Tiere hat.“
„Also auch über euch?“, erkundigte sich Jaron.